Kenduskeag - Kommentare

Alle Kommentare von Kenduskeag

  • 6 .5

    In jüngerer Vergangenheit scheint Regisseur Clint Eastwood (Erbarmungslos, Gran Torino) Gefallen daran gefunden zu haben, die Heldentaten des kleinen Mannes auf die große Leinwand zu bringen und so nahm er sich nach Pilot Sullenberger und der Notlandung auf dem Hudson River sowie den mutigen Rettern beim Anschlag auf den Thalys-Zug erneut eines realen Ereignisses an, beim dem ein Einzelner durch sein Handeln eine noch größere Katastrophe verhindern konnte.

    Der von einer Polizeikarriere träumende Richard Jewell (Paul Walter Hauser) hat kürzlich seinen Job als Wachmann an einem College verloren, konnte nun aber eine Anstellung für einen privaten Sicherheitsdienst bei den Olympischen Spielen in Atlanta ergattern. Richard, der noch Zuhause bei seiner Mutter Barbara (Kathy Bates) wohnt, hat einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn gepaart mit einem ebenso starken Geltungsbedürfnis, weshalb er bei seiner Arbeit immer wieder aneckt und von seinen Kollegen als penibel und kleinkariert wahrgenommen wird. Eines Abends jedoch entdeckt Richard im Olympia Park einen verdächtigen Rucksack, in dem sich tatsächlich eine Bombe befindet...

    Eastwoods auf den realen Begebenheiten des Bombenanschlags auf die Olympischen Spiele 1996 basierendes Drama lebt vor allem von seiner emotional ergreifenden Geschichte, die Empörung über das Handeln von FBI und Pressevertretern auslöst, die das Leben des Protagonisten im weiteren Verlauf der Handlung zu einem regelrechten Spießrutenlauf werden lassen. Speziell in der ersten Hälfte entfaltet "Der Fall Richard Jewell" dabei eine gewisse Sogwirkung und sorgt für Anspannung und Nervenkitzel. Da man von Anfang an um seine Unschuld weiß, steht man als Zuschauer automatisch auf Richards Seite, obgleich der autoritätshörige Waffennarr auch einige Charakterzüge offenbart, die ihn nicht sonderlich sympathisch erscheinen lassen.

    In der zweiten Hälfte tritt Eastwoods Film zwar kurzzeitig auf der Stelle, doch tut dies dem Unterhaltungswert insgesamt keinen Abbruch. Als schwerwiegender erweist sich hingegen, dass die von Olivia Wilde (Don't Worry Darling) und John Hamm (Top Gun: Maverick) verkörperten Nebenfiguren sehr eindimensional gezeichnet sind und der Film somit eine allzu vereinfachte Einteilung in Gut und Böse vornimmt. Ein wenig kaschiert wird dies durch einen gewohnt charismatisch auftretenden Sam Rockwell (The Green Mile) in der Rolle als Richards unerfahrener Anwalt, der dem Protagonisten beherzt unter die Arme greift, was für einige berührende Einzelmomente sorgt.

    36
    • 5 .5
      über Elle

      Der zwischen Psychodrama und Groteske wandelnde "Elle" von Paul Verhoeven (Total Recall, Starship Troopers) weiß mit einer nuanciert agierenden Hauptdarstellerin und reichlich schwarzem Humor zu gefallen, ist jedoch mit einer Vielzahl an nur halbherzig angegangenen Themen und wenig interessanten Nebenfiguren überfrachtet.

      Die alleinstehende Computerspiel-Unternehmerin Michèle (Isabelle Huppert) wird in ihrem Zuhause von einem maskierten Mann überfallen und brutal vergewaltigt. Sie meldet die Tat jedoch nicht der Polizei, da sie seit den traumatischen Ereignissen in ihrer Kindheit kein Vertrauen in die Behörden mehr hat. Damals zog ihr psychopathischer Vater mordend durch die Nachbarschaft und tötete scheinbar wahllos 27 Menschen. Michèle trifft daher nur einige Sicherheitsvorkehrungen und vertraut sich lediglich einigen Freunden um ihren Ex-Mann Richard (Charles Berling) an. Dann aber meldet sich der Vergewaltiger mit anzüglichen Textnachrichten bei ihr...

      "Elle" profitiert in erster Linie von einer stark aufspielenden Isabelle Huppert, die das ebenso komplexe wie facettenreiche Innenleben der toughen Unternehmerin, die kein Blatt vor den Mund nimmt und mit allen Wassern gewaschen zu sein scheint, glaubhaft darzustellen weiß. Statt sich allerdings auf die Aufarbeitung der Vergewaltigung und die damit einhergehenden sexuellen Fantasien der Protagonistin zu konzentrieren, macht Verhoeven im weiteren Verlauf immer neue Baustellen auf und lässt Michèle mit jeder noch so unbedeutenden Nebenfigur aneinandergeraten. Obgleich von ihrer Affäre Robert (Christian Berkel) über den Lover ihrer Mutter (Raphaël Lenglet) bis hin zu einem heimlich in sie verliebten Arbeitskollegen (Arthur Mazet) so ziemlich jede männliche Figur des Films ein Motiv für die Tat hätte, stellt sich zu keiner Zeit ein wirkliches Whodunit-Feeling ein. Vielmehr fragt man sich als Zuschauer, welche absurde Wendung der Film wohl als nächstes nehmen wird.

      Hätte sich Verhoeven auf einige wesentliche Aspekte beschränkt, hätte "Elle" zweifellos das Potenzial für ein differenziertes Psychogramm gehabt. So aber erweckt sein Film den Eindruck, als ob viele Themen allein um der Provokation willen angeschnitten werden, ein Großteil dieser jedoch letztlich ins Leere läuft.

      31
      • 7

        Der auf einem Roman von Robert Harris basierende "Der Ghostwriter" unter der Regie von Roman Polanski (Chinatown, Der Pianist) ist ein in stilvolle Bilder gehüllter Politthriller, der trotz seines ruhigen Erzähltempos zu fesseln weiß und dabei bis zum Schluss unvorhersehbar bleibt.

        Nur widerwillig lässt sich der Ghostwriter (Ewan McGregor) auf den Auftrag ein, den sein Agent Rick Ricardelli (John Bernthal) für ihn an Land gezogen hat. Er soll die Memoiren des ehemaligen britischen Premierministers Adam Lang (Pierce Brosnan) fertigstellen, dessen früherer Ghostwriter unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen ist. Lang steht wegen seiner Rolle im Irakkrieg unter gewaltigem Druck, da ihm vorgeworfen wird, Terrorverdächtige an die USA ausgeliefert zu haben, welche dort zu Tode gefoltert wurden. Um dem Zugriff von Presse, internationalem Strafgerichtshof und aufgebrachten Angehörigen der im Krieg gefallenen Soldaten zu entkommen, hat sich der Ex-Premier daher in seine Ferienvilla auf der Insel Martha's Vineyard zurückgezogen. Vor Ort angekommen, wird auch der Ghostwriter schon bald in das politische Ränkespiel hineingezogen und muss um sein eigenes Leben fürchten...

        Polanskis Thriller befasst sich auf ebenso nuancierte wie spannungsgeladene Art und Weise mit den Mechanismen der Macht sowie dem dazugehörigen Intrigenspiel und setzt dabei immer wieder zynische Seitenhiebe gegen das politische Establishment - speziell gegen die Regierungen von George W. Bush und Tony Blair. Ohnehin ist "Der Ghostwriter" trotz all der düsteren Verschwörungen und Mordkomplotte ein Film, der auch immer wieder Anflüge trockenen Humors zeigt und so manchen gelungenen Oneliner bereithält.

        Ein Actionfeuerwerk sollte man als Zuschauer hingegen nicht erwarten. Vielmehr lebt Polanskis Film von seiner ausführlichen Charakterzeichnung, den bissigen Dialogen und den immer neuen Wendungen. Als besonders lobenswert erweisen sich zudem der von Alexandre Desplat (Grand Budapest Hotel, Shape of Water) komponierte Score sowie die starken Performances der Castmitglieder, zu denen u.a. noch Olivia Williams (The Sixth Sense) und Tom Wilkinson (Batman Begins) sowie Eli Wallach (Zwei glorreiche Halunken) in einer seiner letzten Rollen gehören.

        Störend hingegen fällt auf, dass es sich Polanski dann und wann zu einfach macht, wenn es um den Informationsfortschritt des Protagonisten geht. So gelangt dieser etwa durch eine kurze Internetrecherche an Geheimnisse, von denen selbst der Ex-Außenminister (Robert Pugh) nichts gewusst haben will und kann nur deshalb die letzten Stunden seines Ghostwriter-Vorgängers rekonstruieren, weil dessen Navi praktischerweise noch seine letzte Zieladresse abgespeichert hatte. Wer sich jedoch an solch kleineren Drehbuchschwächen nicht stört und sich auf das eher gemächliche Tempo des Films einlassen kann, bekommt mit "Der Ghostwriter" packende Thrillerunterhaltung mit politischem Zündstoff geboten.

        37
        • über Forum

          "...ist unsere aktualisierte Startseite, die nicht nur deutlich moderner aussieht und übersichtlicher ist, sondern auch mehr Raum für redaktionelle Inhalte bietet..."
          ~ Lisa Ludwig, Chefredakteurin ~

          Wenn schon von der Community keine positiven Reaktionen auf die jüngsten Änderungen kommen, muss man sich als Chefredakteurin wohl fleißig selbst auf die Schulter klopfen. Die Meinung, dass die Startseite jetzt deutlich moderner und übersichtlicher ist, dürfte Frau Ludwig jedenfalls ziemlich exklusiv haben.

          Die Erklärung dafür, warum die Gästebuch-Funktion in letzter Zeit weniger genutzt wurde, erscheint mir auch ganz simpel. Als Neuling auf dieser Seite findet man schlicht kaum noch andere User, da ja die Kommentarspalte auf der Startseite so stark eingeschränkt wurde. Da muss man sich schon eine ganze Weile durchklicken, bis man auf die Community stößt und sich mit anderen vernetzen kann. Wenn ich neu auf MP wäre, würde mir wahrscheinlich gar nicht auffallen, dass man hier selbst Kommentare zu Filmen und Serien schreiben und sich in den Unterkommentaren mit anderen Usern darüber austauschen kann.

          41
          • 7

            "Seraphim Falls" ist ein geradlinig erzählter, mit einigen Gewaltspitzen versehener Western unter der Regie des 2021 verstorbenen David Von Ancken, der hauptsächlich für seine Mitarbeit an TV-Serien (u.a. "Californication" und "The Order") bekannt war.

            Drei Jahre nach Ende des amerikanischen Bürgerkriegs wird Gideon (Pierce Brosnan) vom grimmigen Mr. Carver (Liam Neeson) und weiteren Männern über die verschneiten Berge Nevadas gejagt. Seine Flucht führt den Trapper, der sich nur mit einem Jagdmesser gegen seine ihm offenkundig nach dem Leben trachtenden Verfolger zur Wehr setzen kann, durch die menschenleere Wildnis...

            Von Anckens einziger Kinofilm bietet ein klassisches Verfolgungsszenario, welches dank der zahlreichen Finten des Verfolgten jedoch genügend Abwechslung bereithält, sodass man gerne bis zum Schluss mitfiebert. Seinen besonderen Reiz bezieht "Seraphim Falls" zudem daraus, dass lange Zeit nichts über die Hintergründe der Hetzjagd erzählt wird und man somit als Zuschauer nicht genau weiß, wem man nun die Daumen drücken soll. Und selbst dann, wenn die vielen Andeutungen allmählich ein Gesamtbild ergeben, bleibt das Verhältnis zu den Charakteren doch immer noch ambivalent, gehen mit ihrer Hintergrundgeschichte doch komplexe Fragen um Schuld, Sühne und Selbstjustiz einher.

            Da Von Anckens Western neben herrlichen Landschaftsaufnahmen und überzeugenden Leistungen der Castmitglieder, zu denen u.a. noch Anjelica Huston (Hexen hexen), Ed Lauter (Geboren am 4. Juli) und Michael Wincott (The Crow) zählen, auch immer wieder mit neuen Plotideen aufwartet, verzeiht man ihm auch ein paar Längen sowie den sehr episodisch wirkenden Handlungsaufbau. Speziell Fans von "The Revenant" (2015) sollten unbedingt einen Blick riskieren, scheint sich Iñárritu doch in mancherlei Hinsicht von Von Anckens Werk inspiriert haben zu lassen.

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            • 6 .5
              über Life

              "Life" von Daniél Espinosa (Safe House, Morbius) ist ein über weite Strecken fesselnder SciFi-Horrorfilm, der zwar nicht besonders originell daherkommt, dafür aber bekannte Genremotive gekonnt variiert.

              Ein sechsköpfiges Team der internationalen Raumstation ISS unter der Leitung von Dr. Miranda North (Rebecca Ferguson) wird damit beauftragt, eine Bodenprobe vom Mars zu untersuchen. Dabei stoßen sie auf einen außerirdischen Organismus in Form eines Einzellers, welcher durch den Mikrobiologen Dr. Derry (Ariyon Bakare) wieder aufgepäppelt wird. Schon bald zeigt sich jedoch, dass die Crew die Gefahr, welche von dem stetig größer werdenden Organismus ausgeht, gewaltig unterschätzt hat...

              Espisonas Werk zeichnet sich nicht durch besondere Innovationen aus und liefert auf inhaltlicher Ebene im Grunde nur Altbekanntes, punktet dafür aber mit einer straffen Inszenierung, die "Life" zu einem sehr kurzweiligen Filmvergnügen macht, das den Puls seiner Zuschauer auch dank seines klaustrophobischen Settings immer wieder in die Höhe zu treiben versteht. Dabei kann sich Espinosa auch auf sein Darstellerensemble verlassen, welchem u.a. noch Ryan Reynolds (Deadpool) und Jake Gyllenhaal (Nightcrawler) angehören.

              Mögen einige Dialoge auch etwas gekünstelt oder pathetisch klingen und die einzelnen Charaktere relativ austauschbar und unterentwickelt erscheinen, ergibt sich doch ein schnörkelloser SciFi-Schocker, der dank guter Special Effects und einigen hübschen Weltraumimpressionen auch visuell überzeugen kann.

              35
              • 8 .5

                Der einst mit seiner brutalen Rache-Trilogie berühmt gewordene Park Chan-wook (Oldboy, Die Taschendiebin) schlägt in seinen Filmen schon seit geraumer Zeit andere Töne an. Statt drastischer Bilder von roher Gewalt dominiert nunmehr eine tiefe Sinnlichkeit, die jedoch zugleich von Argwohn und Zweifeln begleitet wird. Und so ist auch der neueste Streich des Südkoreaners eine ebenso zärtliche wie tragische Mischung aus Liebesdrama und Kriminalthriller, was "Die Frau im Nebel" zu einem der großen Highlights des Kinojahres werden lässt.

                Hae-Jun (Park Hae-il) ist ein von chronischen Schlafstörungen geplagter Kommissar in der Küstenstadt Busan, der seine in Ipo wohnende Ehefrau (Lee Jung-hyun) nur an den Wochenenden sehen kann. Eines Tages wird er mit dem Fall eines passionierten Bergsteigers (Yoo Seung-mo) betraut, der allem Anschein nach beim Klettern in den Tod gestürzt ist. Schon bald gerät jedoch Song Seo-rae (Tang Wei), die als Altenpflegerin arbeitende Witwe des Verstorbenen, ins Visier der Ermittler, weshalb Hae-Jun sie mehrmals verhört und bis tief in die Nacht observiert. Nach und nach fühlt sich der Kommissar immer mehr zu der geheimnisvollen Verdächtigen hingezogen...

                Speziell zu Beginn legt Parks noirartige Thrillerromanze ein sehr hohes Tempo vor und wirft sein Publikum direkt mitten ins Geschehen. Da nebenbei auch andere Fälle des Kommissars thematisiert werden, erhält der Zuschauer somit eine Vielzahl an Informationen, die eine hohe Aufmerksamkeit erforderlich machen. Ohnehin ist "Die Frau im Nebel" so detailreich und geradezu überbordend in seinem Reichtum an behandelten Themen und Ideen, dass eine Sichtung unmöglich ausreicht, um sämtliche Einzelheiten des Films zu erfassen.

                Gleiches gilt auch für die zahlreichen visuellen Kniffe, zeichnet sich der Film doch durch viele raffinierte Kamerafahrten und Szenenübergänge aus, die für sich genommen schon zum Staunen einladen, zugleich aber auch immer eine Bedeutung für die Geschichte haben. Insofern werden vor allem diejenigen Zuschauer bei Parks Werk auf ihre Kosten kommen, die Freude am Entschlüsseln der teils kryptischen Bildsprache haben.

                Bei aller Tragik und Melancholie, die Parks Film und besonders die im Mittelpunkt stehende Beziehung der beiden Hauptfiguren durchzieht, verfügt "Die Frau im Nebel" jedoch auch über auflockernden Humor, etwa bei einer kuriosen Verfolgungsjagd mit einem Schildkrötendieb oder bei der Anwendung eines schrägen Massagegeräts. Erwähnenswert sind darüber hinaus der treibende Score, der allein schon die Spannung immer wieder in die Höhe steigen lässt, sowie die guten Leistungen der Castmitglieder, unter denen Tang Wei als mysteriöse Witwe in dieser fintenreichen Variation von Hitchcocks "Vertigo" (1958) noch einmal besonders hervorsticht.

                29
                • 8 .5

                  Mit dem auf Michael Blakes gleichnamigem Roman basierenden „Der mit dem Wolf tanzt“ feierte Kevin Costner (Postman, Open Range) sein viel umjubeltes Regiedebüt und schuf ein bildgewaltiges Westernepos, welches als eindringliches Plädoyer für Toleranz und Völkerverständigung dient.

                  Unionslieutenant John Dunbar (Kevin Costner) hat sich im Amerikanischen Bürgerkrieg eine schwere Verletzung zugezogen, weshalb ihm nun die Amputation eines Beines droht. Todessehnsüchtig reitet er über das Schlachtfeld auf die feindlichen Soldaten der Konföderation zu, wird von ihren Kugeln jedoch verfehlt, woraufhin die als Freitod gedachte Aktion von seinen Vorgesetzten als Heldentat gefeiert wird, aufgrund derer die Union den Sieg erringt. Zur Belohnung darf sich Dunbar seinen nächsten Einsatzort selbst aussuchen und wählt den im Grenzland zu den Indianern gelegenen Außenposten Fort Sedgwick. Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände erfährt jedoch niemand in der Armee von Dunbars Aufenthaltsort, sodass der Lieutenant vergeblich auf Unterstützung wartet. Schließlich beschließt er, auf eigene Faust in Kontakt mit den Sioux um den aufgeschlossenen Schamanen Strampelnder Vogel (Graham Greene) und den misstrauischen Krieger Wind in seinem Haar (Rodney A. Grant) zu treten…

                  Costners imposanter Spätwestern beeindruckt mit herrlichen Landschaftspanoramen, einer ebenso fesselnden wie emotional berührenden Geschichte sowie einem hohen Maß an Authentizität. Letztere wird u.a. dadurch erreicht, dass sämtliche Indianerrollen mit Nachfahren der amerikanischen Ureinwohner besetzt wurden und zahlreiche Dialoge in der Lakota-Sprache geführt werden.

                  Dabei zählt „Der mit dem Wolf tanzt“ zu jener Sorte von Filmen, die beweisen, dass ein langsames Erzähltempo in Kombination mit einer langen Laufzeit nicht zwangsläufig einen langweilen Film ergeben muss. Obwohl sich Costner sehr viel Zeit nimmt, um Figuren und Schauplätze einzuführen und die Annäherung zwischen dem Lieutenant und den Sioux nur ganz allmählich vonstattengeht, weiß der Film stets die Neugier des Zuschauers auf das Kommende wach zu halten. Hierzu trägt auch der gut ausgewählte Cast in entscheidender Weise bei, zu welchem u.a. noch Mary McDonnell (Independence Day), Wes Studi (Feinde – Hostiles) und Floyd Westerman (The Doors) gehören.

                  Getragen von einem einnehmenden Score des James Bond-Stammkomponisten John Barry ergibt sich so ein monumentales Filmerlebnis, welches hinsichtlich seiner differenzierten Darstellung der amerikanischen Ureinwohner in der Tradition von Werken wie „Der gebrochene Pfeil“ (1950) steht und seinerseits über Genregrenzen hinweg auf Filme wie „Last Samurai“ (2003) und „Avatar“ (2009) Einfluss nahm.

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                  • 4

                    Bei „Hexenkessel“ handelt es sich um eine frühe Regiearbeit von Martin Scorsese (Shutter Island, The Wolf of Wall Street), welche erstmals die Mafia ins Zentrum des Geschehens rückte, ein Thema, welchem Scorsese bis ins Alter treu bleiben sollte. Darüber hinaus stellt der Film auch die erste Zusammenarbeit mit Scorseses Stammschauspieler Robert De Niro dar, dem die Darstellung des neurotischen Ganoven Johnny Boy zum Durchbruch verhalf.

                    Der Kleinkriminelle Charlie (Harvey Keitel) arbeitet als Schuldeneintreiber für seinen Onkel Giovanni (Cesare Danova), einem hochrangigen Mitglied der La Cosa Nostra. Da sein Onkel sehr zufrieden mit Charlies Arbeit ist, will er ihm die Leitung eines Restaurants im Manhattaner Stadtviertel Littly Italy übertragen. Ärger bereitet dem aufstrebenden Ganoven vor allem sein unzuverlässiger Cousin Johnny Boy (Robert De Niro), der bei dem zwielichtigen Michael (Richard Romanus) in der Kreide steht. Außerdem will Charlie die Beziehung mit seiner an Epilepsie leidenden Nachbarin Teresa (Amy Robinson) vor seinem Onkel verheimlichen…

                    „Hexenkessel“ dürfte aus heutiger Sicht beinahe nur noch für Filmhistoriker und hartgesottene Scorsese-Fans, die die Anfänge der Regielegende ergründen wollen, reizvoll sein, finden sich hier doch bereits nahezu sämtliche Merkmale, welche auch sein späteres Schaffen kennzeichnen. Dazu zählen etwa die markanten Kamerafahrten oder der Einsatz von Rockmusik. Auch führt uns der Film bereits an die Orte, an denen auch viele spätere Werke Scorseses spielen: Ins Kino, ins Restaurant, in die Kirche, an den Billardtisch, auf die nächtlichen Straßen von New York.

                    Doch kann auch die stimmige Milieuatmosphäre nicht verbergen, dass „Hexenkessel“ auf der Handlungsebene nur sehr wenig zu bieten hat. Speziell die extrem zähe erste Hälfte des Films fühlt sich wie eine bloße Aneinanderreihung von unzusammenhängenden Anekdoten aus der Mafiawelt an, die gar keinen richtigen Erzählfluss aufkommen lassen.

                    Hinzu kommt, dass die Gespräche zwischen den beiden Protagonisten fortwährend um die gleichen Themen kreisen. Immer wieder ermahnt Charlie seinen Cousin, endlich seine Schulden zu begleichen, doch dieser zieht sich jedes Mal wieder aus der Affäre. Nur unterbrochen von einigen kurzen Gewalteruptionen schleppt sich die Geschichte auf diese Weise ihrem Ende entgegen.

                    26
                    • 5
                      über Basic

                      Die Erzählform des unzuverlässigen Erzählens gewann durch diverse Kinoerfolge in den 90er Jahren zunehmend an Popularität, sodass sich beinahe ein eigenes Subgenre herausbildete, bei dem Geschichten erzählt wurden, die sich letztlich als unwahr entpuppten. Auch der von Actionexperte John McTiernan (Predator, Stirb langsam) inszenierte Thriller „Basic“ bedient sich dieser besonderen Erzählform, macht seinem Publikum jedoch anders als die meisten Filme dieser Art schon früh klar, dass ihm hier zahlreiche Ammenmärchen aufgetischt werden.

                      Der inzwischen als Ermittler für die Drogenbekämpfungsbehörde arbeitende frühere Army Ranger Tom Hardy (John Travolta) wird zu einem Militärstützpunkt in Panama gerufen, wo er gemeinsam mit Julia Osborne (Connie Nielsen), Kommandeurin der Militärpolizei, den Tod von Sergeant West (Samuel L. Jackson) aufklären soll, der während einer von ihm angeführten Übungsmission im Regenwald zusammen mit vier jungen Soldaten ums Leben gekommen ist. Hardy und Osborne befragen daher die Soldaten Dunbar (Brian Van Holt) und Kendall (Giovanni Ribisi), welche als Einzige von der Übungsmission lebend zurückgekehrt sind. Während der Vernehmung verstricken sich die beiden Soldaten allerdings zunehmend in Widersprüche…

                      Wie schon zuvor in „Wehrlos – Die Tochter des Generals“ (1999) mimt Travolta in McTiernans Thriller einen süffisant agierenden Militärermittler, der an einem Armeestützpunkt in einem mysteriösen Mordfall ermittelt. Ohnehin erweckt „Basic“ von Beginn an den Eindruck, als habe man ähnliche Szenarien zuvor schon häufiger gesehen – Filme wie „Eine Frage der Ehre“ (1992) oder „Joint Security Area“ (2000) lassen grüßen.

                      Vor allem in Bezug auf das hier aufgezogene Verwirrspiel und die damit einhergehenden Wendungen scheint „Basic“ jedoch unbedingt noch einen draufsetzen zu wollen und schlägt im weiteren Verlauf einen Haken nach dem nächsten. Dieses Rätselraten birgt zwar durchaus einen gewissen Unterhaltungswert, doch übertreibt es McTiernans im Dauerregen von Panama spielender Thriller alsbald mit seinen immer neuen Wendungen und büßt damit sehr viel an Glaubwürdigkeit ein.

                      Erschwerend hinzu kommt, dass die Charaktere entweder zu unsympathisch oder zu unterentwickelt sind, als dass sich der Zuschauer großartig dafür interessieren würde, wer den sadistischen Sergeant denn nun auf dem Gewissen hat. „Basic“ fehlt es somit schlicht an emotionalem Tiefgang, um mit seinen mehr oder weniger überraschenden Wendungen für Verblüffung beim Zuschauer sorgen zu können und hinterlässt daher einen allenfalls mittelmäßigen Eindruck.

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                      • 6

                        Aus heutiger Sicht überrascht es, dass es überhaupt bis ins Jahr 1999 dauerte, ehe die erste großangelegte Star Trek-Parodie in die Lichtspielhäuser kam, flimmerte die Original-Serie doch immerhin schon in den 60er Jahren über die heimischen Bildschirme. Das lange Warten dürfte sich für die meisten Trekkies aber durchaus gelohnt haben, stellt der von Dean Parisot (Dick und Jane, R.E.D. 2) inszenierte „Galaxy Quest“ doch eine charmante Hommage dar, die einerseits respektvoll mit dem Original umgeht, andererseits aber auch eigene Ideen einbringt.

                        Jason Nesmith (Tim Allen), Gwen DeMarco (Sigourney Weaver) und Alexander Dane (Alan Rickman) bildeten vor vielen Jahren das Starensemble einer populären SciFi-Fernsehserie. Inzwischen sind sie und ihre einstigen Mitstreiter zu ihrem Unmut aber nur noch bei Fan-Conventions gefragt. Als Jason jedoch von einer Gruppe uniformierter Personen, die sich als außerirdische Thermianer entpuppen, um Hilfe gebeten wird, finden sich die Seriendarsteller plötzlich in einer sehr realen Weltraumschlacht wieder, bei der sie den Kampf gegen den reptiloiden General Sarris (Robin Sachs) aufnehmen müssen…

                        Parisot wählt für seine SciFi-Parodie einen recht umständlichen Einstieg, sodass es einige Zeit dauert, bis „Galaxy Quest“ so richtig Fahrt aufnimmt. Ist die recht lahme Anfangsphase, die wohl hauptsächlich dazu dient, die Beziehungsdynamiken innerhalb des Protagonistenteams zu beleuchten, allerdings erst einmal überstanden, entwickelt sich ein durchaus spaßiges und phasenweise auch spannendes Abenteuer, bei dem das Star Trek-Franchise und seine Anhängerschaft auf die Schippe genommen wird, ohne dabei den nötigen Respekt zu verlieren oder allzu sehr in Klamauk abzudriften.

                        Und auch wenn längst nicht jede Pointe ins Schwarze trifft, so kann sich Parisot doch jederzeit auf seinen bestens aufgelegten Cast verlassen, zu welchem u.a. noch Tony Shalhoub (Monk), Justin Long (Jeepers Creepers) und Sam Rockwell (Jojo Rabbit) zählen. Da zudem auch die Effekte insgesamt überzeugen können, ergibt sich trotz mancher Schwächen eine muntere Komödie im All.

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                        • 6

                          "African Queen" von John Huston (Die Spur des Falken, Moby Dick) ist ein aus heutiger Sicht recht beschaulicher Abenteuerklassiker, der vor allem von seinem sich wunderbar ergänzenden Hauptdarstellerpaar, den amüsanten Dialogen und einer Prise Romantik lebt.

                          Deutsch-Ostafrika 1914: Rose Sayer (Katharine Hepburn) wirkt gemeinsam mit ihrem Pastorenbruder Samuel (Robert Morley) als Missionarin in einer kleinen Siedlung am Fluss Ulanga, wo sie der raubeinige Kapitän Allnutt (Humpfrey Bogart) von Zeit zu Zeit mit Proviant versorgt. Als dann jedoch der 1. Weltkrieg ausbricht und deutsche Soldaten in das Dorf einfallen, wird Samuel niedergeschlagen und erliegt kurz darauf seinen Kopfverletzungen. Allnutt und Rose fliehen daraufhin aus der zerstörten Siedlung und fahren mit Allnutts kleinem Dampfboot 'African Queen' den als unüberwindlich geltenden Fluss hinab, da Rose sich in den Kopf gesetzt hat, mit selbst gebauten Torpedos ein strategisch wichtiges Schiff der Deutschen zu versenken...

                          Die Ausgangslage von Hustons Klassiker mag zunächst nach einem spektakulären Kriegsfilm klingen, doch ist "African Queen" über weite Strecken ein eher ruhiges Zweipersonenstück, welches vom Schlagabtausch der beiden ungleichen Hauptfiguren lebt. Dieser verläuft zwar ohne große Überraschungen und kommt bisweilen auch ein wenig schmalzig daher, sorgt aber dank der bestens aufgelegten Hepburn und Bogart auch für viel Heiterkeit.

                          Darüber hinaus ist jederzeit spürbar, welch großen Einfluss Hustons Film bis heute auf das Abenteuergenre ausstrahlt, ist doch erst kürzlich mit "Jungle Cruise" (2021) ein Quasi-Remake in die Kinos gekommen. Erwähnenswert ist zudem die aufsehenerregende Entstehungsgeschichte des Films, hatte die Crew um Regisseur Huston es doch seinerzeit in Uganda mit extrem widrigen Drehbedingungen zu tun, welche wiederum Clint Eastwood für "Weißer Jäger, schwarzes Herz" (1990) als Vorlage dienten.

                          Wer sich somit darauf einstellt, dass "African Queen" nur wenig Action bietet und in erster Linie vom munteren Geschlechterkampf geprägt ist, kann mit Hustons Klassiker trotz kleinerer Längen und einer undifferenzierten Darstellung der Deutschen als tumbe Bösewichte dennoch recht viel Freude haben.

                          25
                          • 7 .5

                            Die während der Regency-Epoche spielende Romanverfilmung "Sinn und Sinnlichkeit" unter der Regie von Ang Lee (Der Eissturm, Tiger & Dragon) behandelt auf sensible Weise Konfliktfelder zwischen Tradition und Moderne, Armut und Reichtum, Leidenschaft und Pflichterfüllung und kombiniert diese mit einer zu Herzen gehenden Geschichte, hervorragenden Castleistungen und erlesenen Bildern der südenglischen Landschaft.

                            Die ungleichen Schwestern Elinor (Emma Thompson) und Marianne (Kate Winslet) müssen gemeinsam mit ihrer Mutter (Gemma Jones) und dem Nesthäkchen Margaret (Myriam Francois-Cerrah) ihr Zuhause verlassen, da nach dem Tod des Vaters dessen gesamtes Erbe ihrem älteren Halbbruder (James Fleet) zufällt. Nur durch Heirat könnten die nunmehr nahezu mittellosen Schwestern finanzielle Sicherheit erreichen. Sowohl für Elinor als auch für Marianne kommt jedoch nur eine Liebesheirat in Frage. Ihre Beziehungen scheinen allerdings unter keinem guten Stern zu stehen...

                            Lees elegant inszeniertes Werk besticht vor allem durch seine präzise Charakterzeichnung, welche die vornehmen Damen und Herren des frühen 19. Jahrhunderts zum Leben erweckt und dem Zuschauer das so unterschiedliche Schwesternduo rasch ans Herz wachsen lässt. Getragen wird "Sinn und Sinnlichkeit" dabei vom damaligen Who's Who britischer Schauspielkunst, zu dem in weiteren Rollen u.a. noch Imelda Staunton (Downtown Abbey), Hugh Grant (Paddington 2) und Alan Rickman (Stirb langsam) gehören, wobei besonders Rickman mit seinem nuancierten Spiel neben den beiden Hauptdarstellerinnen Thompson und Winslet für einige sehr berührende Momente zu sorgen weiß.

                            Überraschenderweise ist Lees Film dabei gar nicht so ernst und trocken geraten, wie es auf den ersten Blick vielleicht scheinen mag. Vielmehr zeichnet sich vor allem die erste Filmhälfte durch sehr viele bissige Dialoge und lakonischen Witz aus und hält zudem unter den verschiedenen Verwandten der Schwestern einige herrlich komische Nebenfiguren parat. Angesichts dieser vielen Vorzüge fällt es auch nicht sonderlich negativ ins Gewicht, dass einige Beziehungsgeflechte - wie etwa die gemeinsame Vergangenheit des von Rickman verkörperten Colonels mit Mariannes Verehrer John Willoughby (Greg Wise) - hätten noch intensiver ausgearbeitet werden können.

                            31
                            • 6

                              Der von Sam Raimi (Tanz der Teufel, Ein einfacher Plan) inszenierte "Schneller als der Tod" ist ein zwar weitgehend vorhersehbarer, aber durchaus unterhaltsamer 90er Jahre Western, der vor allem mit seiner gut eingefangenen Atmosphäre und dem prominenten Schauspielensemble punktet.

                              Ellen (Sharon Stone) trifft im Wüstennest Redemption ein, wo ein Wettbewerb für Duellanten stattfindet, zu dem Revolverhelden aus nah und fern in die Stadt kommen. Zu den Teilnehmern gehören auch der tyrannische Bürgermeister Herod (Gene Hackman), dessen Sohn Fee (Leonardo DiCaprio) sowie Herods frühere rechte Hand Cort (Russell Crowe), der nun zum Glauben gefunden hat. Auch Ellen lässt sich für den Wettbewerb einschreiben, da sie mit dem Bürgermeister noch eine alte Rechnung zu begleichen hat...

                              Die Handlung von Raimis bislang einzigem Ausritt ins Westerngenre gestaltet sich recht eindimensional und hangelt sich fast ausschließlich von einer Duellrunde zur nächsten. Da in den meisten Fällen schon vorher klar ist, wer diese für sich entscheidet, schlägt das Spannungsbarometer entsprechend selten aus. Einen gewissen Unterhaltungswert hat das mit einigen für den Regisseur typischen Gewaltspitzen versehene Treiben aber dennoch, was vor allem am gut agierenden Cast liegt, dem u.a. noch Tobin Bell (Saw), Lance Henriksen (Aliens) und Gary Sinise (Forrest Gump) angehören. Besonders Gene Hackman hat sichtbar Spaß an seiner Bösewichtrolle und gibt den fiesen Bürgermeister mit sehr viel Charisma. Darüber hinaus wissen auch die zahlreichen Anspielungen auf Genreklassiker wie "Spiel mir das Lied vom Tod" (1968) zu gefallen.

                              Die Motive der einzelnen Charaktere wurden hingegen weniger gut ausgearbeitet. So wandelt speziell der von Crowe verkörperte Priester auf seltsame Weise zwischen rückgratlosem Feigling und mutigem Rebell und auch das Handeln von Ellen, Herod und Co. ist für den Zuschauer nicht immer ganz nachvollziehbar. Dank Raimis flüssiger Inszenierung in Kombination mit einem stimmigen Alan Silvestri Score ergibt sich letztlich aber dennoch ein mehr als passabler Gesamteindruck.

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                                Nachdem er sich zwischenzeitlich mit anderen Themen befasst hatte, wandte sich Genrevater George A. Romero (Die Nacht der lebenden Toten, Crazies) Mitte der 80er abermals seinen geliebten Zombies zu. Entstanden ist dabei mit "Day of the Dead"- der in Deutschland auch unter dem Titel "Zombie 2 - Das letzte Kapitel" firmiert - ein teils kammerspielartiger Horrorfilm, der zwar über hervorragende Effekte verfügt, jedoch in Sachen Spannung und Nervenkitzel nur wenig zu bieten hat.

                                Die Menschheit ist von den Zombiehorden überrannt worden. Einer kleinen Gruppe Überlebender um die Wissenschaftlerin Sarah (Lori Cardille) ist es allerdings gelungen, sich in einem unterirdischen Bunker zu verschanzen. Dort herrschen nun Angst und Misstrauen, führt Sarahs Kollege Dr. Logan (Richard Liberty) doch schreckliche Experimente an den eingefangenen Untoten durch, während das Militär um den machtbesessenen Captain Rhodes (Joseph Pilato) der Gruppe unbedingt seinen Willen aufzwingen will...

                                Wie so oft bei Romero stehen die Zombieattacken auch in "Day of the Dead" zunächst gar nicht so sehr im Vordergrund. Stattdessen fokussiert sich der Film lange Zeit über auf die zwischenmenschlichen Konflikte und die damit verbundene Gesellschaftskritik. Einige interessante Ansätze sind somit durchaus vorhanden, doch sind die Dialoge zwischen Wissenschaftlern und Militärs schlicht zu platt und die Charaktere zu stereotyp angelegt, als dass das Interesse über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten werden könnte. Erschwerend hinzu kommt, dass auch die Leistungen der weitgehend unbekannten Darstellerriege allenfalls mittelmäßig ausfallen und die Untoten in ihrer Rolle als Versuchskaninchen, denen Kopfhörer aufgesetzt und Bücher in die Hand gedrückt werden, sehr viel von ihrem Schrecken einbüßen.

                                Als einziger großer Trumpf des Films verbleibt somit die hervorragende Arbeit des Effektteams um Tom Savini, ist es doch erstaunlich anzusehen, wie realistisch die Bilder von Bisswunden, abgehackten Armen und abgerissenen Köpfen auch heute noch wirken. Wer sich abseits der grandiosen Effekte jedoch auch eine clevere und mitreißende Handlung wünscht, kommt bei "Day of the Dead" eher nicht auf seine Kosten.

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                                • 7

                                  "Der diskrete Charme der Bourgeoisie" ist ein surrealistischer Genremix unter der Regie von Luis Buñuel (Der Würgeengel, Belle de Jour), der sich mit der Welt der Träume und des Irrationalen befasst und dabei die absurden Bräuche der Oberschicht persifliert.

                                  Vier Angehörige der Bourgeoisie um den korrupten Botschafter von Miranda (Fernando Rey) treffen zu einem gemeinsamen Abendessen beim Anwesen des befreundeten Ehepaars Sénéchal ein. Die überraschte Hausherrin Alice Sénéchal (Stéphane Audran) hatte die Gäste jedoch erst für den morgigen Abend erwartet und geht daher davon aus, dass es bei der Verabredung der Freunde mit ihrem Ehemann Henri (Jean-Pierre Cassel) zu einem Missverständnis gekommen ist. Kurzerhand beschließt die Gruppe, zu einem nahegelegenen Restaurant zu fahren. Doch auch dort können sie nicht ungestört essen, da in der Lokalität eine Totenfeier stattfindet. Die Freunde beschließen daher, sich für einen anderen Tag zu verabreden, doch immer wieder kommt ihnen etwas dazwischen...

                                  Buñuels oscarprämiertes Werk lässt sich nur schwer einer Genregattung zuordnen, enthält der Film doch sowohl Elemente eines Dramas, als auch einer grotesken Komödie sowie eines Horrorfilms. Als roter Faden dient dabei der Spott über das Großbürgertum - inklusive seiner seltsamen Marotten und seinem ständigen Bestreben, den Schein von einem perfekten Leben im Luxus aufrecht zu erhalten.

                                  Mit fortschreitender Laufzeit gleitet Buñuels Film dabei immer mehr ins Surreale ab und lässt die Grenzen zwischen Traum und Realität verschwimmen. Dies führt sogar soweit, dass wir Traum-im-Traum Sequenzen zu sehen bekommen, in denen der eine Protagonist vom Traum eines anderen träumt. Hierbei könnten insbesondere jene Zuschauer auf ihre Kosten kommen, die etwa vom Konzept von Nolans "Inception" (2010) begeistert waren.

                                  Nachfolgend eine mögliche Interpretation:
                                  Die sechs Hauptfiguren sind allesamt tot und in einer Art Limbus oder Hölle gefangen, wo sie aufgrund ihrer im Leben begangenen Verbrechen dazu verdammt sind, ihre Pläne jedes Mal aufs Neue scheitern zu sehen. Für diese Interpretation spricht, dass sich das Motiv des Todes (angefangen bei der Totenfeier im Restaurant) durch den gesamten Film zieht und zudem immer wieder angedeutet wird, dass die sechs Freunde in allerlei dubiose Machenschaften verwickelt sind (Drogenhandel, Kriegsverbrechen, Giftmord, Korruption, Pakt mit untergetauchten Nazis). Auch lässt sich mit dieser Verdammnis zur ewigen Wiederholung erklären, warum man die Hauptfiguren in kurzen Zwischensequenzen die immergleiche Landstraße entlanglaufen sieht.
                                  Ihre Träume könnten derweil sinnbildlich für den Wunsch nach Läuterung stehen. Besonders markant erscheint in diesem Zusammenhang die Szene, in der sich die sechs Freunde plötzlich auf einer Theaterbühne wiederfinden. Diese lässt sich so interpretieren, dass die Freunde den unbewussten Drang verspüren, ihre Verbrechen öffentlich zu machen und somit doch noch Seelenfrieden zu erlangen.

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                                  • 5

                                    Bei "Der kleine Horrorladen" unter der Regie von Frank Oz (Der dunkle Kristall, The Score) handelt es sich nach der B-Movie Version aus den 60ern bereits um die zweite Verfilmung des gleichnamigen Musicals. Die schräge Mischung aus Gruselkomödie und Gesangsdarbietungen gilt Vielen schon als Kultklassiker, dürfte aber all jene, die sich für Musik und Humor des Films nicht erwärmen können, auf eine echte Geduldsprobe stellen.

                                    Der unsichere Seymour (Rick Moranis) arbeitet als Gehilfe im kurz vor der Pleite stehenden Blumenladen des strengen Mr. Mushnik (Vincent Gardenia) und ist heimlich in seine Kollegin Audrey (Ellen Greene) verliebt. Um das Geschäft zu retten, erwirbt Seymour bei einem Chinesen eine seltene neue Pflanze, die schon bald zur Hauptattraktion des Ladens wird. Als Seymour jedoch bewusst wird, dass sich das 'Audrey 2' getaufte Gewächs von Blut ernährt und mit enormer Geschwindigkeit größer wird, droht ihm die Sache buchstäblich über den Kopf zu wachsen...

                                    Mit seinen sympathischen Hauptfiguren, den großartigen praktischen Effekten und den an alte Musicalklassiker erinnernden Kulissen verfügt Oz' Horrorkomödie zweifellos über einen gewissen Charme, doch gibt die dünne Story im Grunde nicht genügend her, um damit einen Spielfilm von mehr als 90 Minuten zu füllen. Erschwerend hinzu kommt, dass "Der kleine Horrorladen" nur dann begeistern kann, wenn man mit den zahlreichen dargebotenen Songs etwas anzufangen weiß, vergehen hier doch selten mehr als 5 Minuten zwischen zwei Gesangseinlagen.

                                    Und auch die versammelte Comedy-Prominenz der 80er, welche sich für Gastauftritte gegenseitig die Klinke in die Hand gibt, vermag nichts am mittelmäßigen Gesamteindruck zu ändern, fallen die Cameos von John Candy (Ein Ticket für Zwei), James Belushi (Red Heat), Steve Martin (Vater der Braut) und Bill Murray (Und täglich grüßt das Murmeltier) doch entweder sehr kurz aus oder fühlen sich seltsam losgelöst vom Rest der Handlung an.

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                                    • 6
                                      über Everest

                                      Der auf dem verheerenden Unglück vom Mai 1996 basierende "Everest" ist ein in teils spektakuläre Bilder gehülltes Bergsteigerdrama unter der Regie des Isländers Baltasar Kormákur (The Deep, Der Eid), das trotz eines Mangels an emotionaler Durchschlagskraft für recht gelungene Unterhaltung sorgt.

                                      Der erfahrene Bergsteiger Rob Hall (Jason Clarke) ist Mitgründer eines Unternehmens, welches kommerzielle Gipfelbesteigungen auf den Mount Everest anbietet. Im Mai 1996 will er mit zwei weiteren Bergführern und acht zahlenden Kunden abermals den Aufstieg wagen. Zu den Expeditionsteilnehmern zählen dabei auch der texanische Familienvater Beck (Josh Brolin) und der bereits einmal am Aufstieg gescheiterte Postboste Doug (John Hawkes). Da aufgrund der vielen zeitgleich startenden Expeditionen ein dichtes Gedränge und lange Wartezeiten am Berg zu erwarten sind, versucht Rob sich mit den Leitern der Konkurrenzunternehmen abzustimmen, kann jedoch mit Ausnahme des draufgängerischen Scott Fischer (Jake Gyllenhaal) keinen von einer Zusammenarbeit überzeugen...

                                      Kormákurs Katastrophendrama lässt sich zunächst ausgiebig Zeit, um sein großes Personentableau einzuführen und dessen akribische Vorbereitung auf die Bergbesteigung zu zeigen. Trotz dieser recht langen Einführungsphase reicht die Zeit jedoch nicht aus, um als Zuschauer eine nähere Verbindung zu den einzelnen Charakteren aufzubauen, was sich im Hinblick auf den weiteren Handlungsverlauf noch als problematisch erweisen wird. Sobald sich die Expedition dann schließlich an den Aufstieg macht, sind die allesamt in dicke Anoraks gehüllten Figuren ohnehin manchmal nur schwer voneinander zu unterscheiden.

                                      Wesentlich interessanter als die Einzelschicksale gestaltet sich daher die Auseinandersetzung mit dem Geschäftsmodell Everest, vermag Kormákurs Film doch aufzuzeigen, dass das Gewinnstreben bei der Gipfelbesteigung längst eine viel größere Rolle als etwa die Leidenschaft für Sport und Natur spielt und Rücksicht unter den teils völlig irre agierenden Gipfelstürmern ein Fremdwort zu sein scheint. Besonders deutlich wird dies etwa anhand einer markanten Szene an einer engen Felsstufe (dem sogenannten Hillary Step), in der ein regelrechter Stau entsteht, der letztlich alle zur Umkehr zwingt. Da sich "Everest" im weiteren Verlauf jedoch hauptsächlich auf die Aufarbeitung des Unglücks konzentriert, verpasst der Film die Chance, sich noch eingehender mit der Kommerzialisierung des Bergsteigens zu befassen.

                                      Obwohl lange Zeit über nüchtern und sachlich gehalten, möchte "Everest", der mit u.a. Emily Watson (Roter Drache), Keira Knightley (Fluch der Karibik) und Sam Worthington (Avatar) in den weiteren Rollen recht prominent besetzt ist, im Schlussdrittel doch noch die großen Emotionen auffahren, was ihm aber aufgrund der erwähnten Versäumnisse bei der Figurenzeichnung nicht recht gelingen mag. Als über weite Strecken spannendes Katastrophendrama hinterlässt Kormákurs Film aber dennoch einen insgesamt positiven Eindruck.

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                                      • 7 .5

                                        Mit "Moonrise Kingdom" gelang Wes Anderson (Die Tiefseetaucher, Grand Budapest Hotel) ein im für den Regisseur typischen Stil gehaltenes modernes Märchen, das sich durch sehr viel Fantasie, schrullige Charaktere und eine zwar simpel anmutende, aber sich als durchaus tiefgründig erweisende Geschichte auszeichnet.

                                        1965 auf der kleinen Insel New Penzance: Der zwölfjährige Sam (Jared Gilman) schleicht sich heimlich aus dem Pfadfinderlager, um sich mit seiner gleichaltrigen Brieffreundin Suzy (Kara Hayward) zu treffen und mit ihr zu fliehen. Als der Gruppenleiter Ward (Edward Norton) das Verschwinden des Jungen bemerkt, macht er sich zusammen mit den anderen Pfadfindern auf die Suche, wobei sie vom Inselpolizisten Sharp (Bruce Willis) unterstützt werden. Zu ihrer Überraschung jedoch wollen Sams Pflegeeltern, für den Fall, dass der Junge wiedergefunden wird, ihn nicht mehr bei sich aufnehmen...

                                        Anderson steigt direkt zu Beginn mit der ihm eigenen Puppenhaus-Ästhetik ein und kreiert im Handumdrehen eine von allerlei skurrilen Bewohnern bevölkerte Inselwelt, die den Zuschauer mit ihrer farbprächtigen Ausstattung und ihrem liebevollen Blick für Details rasch in ihren Bann zu schlagen vermag. Die inhaltlichen Schwerpunkte, die Anderson in "Moonrise Kingdom" setzt, stehen jedoch in starkem Kontrast zu dieser bunten Fassade, befasst sich der Film doch u.a. mit Themen wie Mobbing, Kindeswohlgefährdung und dysfunktionalen Familien.

                                        Trotz ihrer schrägen Eigenheiten nimmt Anderson seine beiden jungen Protagonisten und ihre Sorgen und Ängste dabei jederzeit sehr ernst und erzählt durch ihre Augen von den Absurditäten der Erwachsenenwelt. Da fällt es auch nicht sonderlich negativ ins Gewicht, dass Tilda Swintons Rolle als Jugendamtmitarbeiterin recht eindimensional auf Bösewicht getrimmt ist oder dass die in weiteren Nebenrollen auftretenden Frances McDormand (Fargo) und Bill Murray (Ghostbusters) ihr komödiantisches Talent nur in Ansätzen ausspielen dürfen, erweist sich das Gesamtbild dieser ungewöhnlichen Liebesgeschichte zweier junger Außenseiter doch als ungemein stimmig und herzerwärmend.

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                                        • 5

                                          Mit "Match Point" schuf Altmeister Woody Allen (Der Stadtneurotiker, Vicky Cristina Barcelona) ein in der Londoner High Society angesiedeltes Beziehungsdrama mit Thrillerelementen, das erst kurz vor der Zielgeraden Fahrt aufnimmt und nach einer langen Durststrecke doch noch interessante Inhalte bietet.

                                          Der aus einfachen Verhältnissen stammende Chris Wilton (Jonathan Rhys Meyers) hat seine Karriere als Profispieler aufgegeben, um in London als Tennislehrer zu arbeiten. Zu seinen Schülern gehört auch Tom Hewett (Matthew Goode), Spross einer wohlhabenden Industriellenfamilie, mit dessen Schwester Chloe (Emily Mortimer) Chris eine Liebesbeziehung eingeht und auf diese Weise Zugang zu den höheren Kreisen erhält. Kompliziert wird die Sache allerdings, als Chris Toms attraktive Verlobte Nola (Scarlett Johansson) kennenlernt, mit welcher er schon bald eine leidenschaftliche Affäre beginnt...

                                          Allens an Originalschauplätzen gedrehtes und mit pompösen Opernklängen unterlegtes Drama erzählt von Glück und Schicksal, Ehrgeiz und Zufall sowie der Sehnsucht nach einem Leben in Wohlstand. Dies allerdings auf so spröde und vorhersehbare Weise, dass sich die ersten 80 Minuten, in denen der Film in aller Ausführlichkeit die sich bereits früh anbahnende Affäre zwischen Chris und Nola beleuchtet, zum Teil wie Kaugummi ziehen, was weder durch die ansprechende Kameraarbeit noch die guten Darstellerperformances ausgeglichen werden kann.

                                          Im letzten Drittel verlässt Allens Drama dann aber überraschend die Schiene der sich im Kreis drehenden Streitgespräche über Eifersucht und unerfüllte Kinderwünsche und setzt doch noch ein paar neue Akzente. Wer bis hierhin durchgehalten hat, wird somit zumindest mit einem gelungenen Finale belohnt, welches auf einer zynischen Schlussnote endet.

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                                          • 6 .5

                                            Der von eigenen Jugenderfahrungen des Regisseurs Greg Mottola (Superbad, Paul – Ein Alien auf der Flucht) inspirierte „Adventureland“ ist ein ebenso charmanter wie tragikomischer Coming of Age-Film mit 80er Jahre-Vibe, der zwar keine sonderlich originelle Geschichte erzählt, dafür aber mit vielschichtigen Charakteren und einem gut harmonierenden Cast punkten kann.

                                            Sommer 1987: Der schüchterne College-Absolvent James (Jesse Eisenberg) nimmt einen Ferienjob im Freizeitpark ‚Adventureland‘ in seiner Heimatstadt Pittsburgh an, um seinen Traum von einem Journalismusstudium in New York finanzieren zu können. Anfangs ist James noch wenig begeistert von der eintönigen und schlecht bezahlten Arbeit an den Buden. Dies ändert sich jedoch schlagartig, als er seine neue Kollegin Emily (Kristen Stewart) kennenlernt, in die er sich Hals über Kopf verliebt und die seine Gefühle auch zu erwidern scheint. James ahnt jedoch nicht, dass Emily zeitgleich eine Affäre mit dem verheirateten Mike (Ryan Reynolds) hat…

                                            Die erste große Liebe, der erste Sex, Nächte im Partyrausch und ein unvergesslicher Sommer – Mottolas Film enthält all die bekannten Zutaten, die sich in so vielen Genrebeiträgen finden lassen. Die Stärken von „Adventureland“ liegen somit auch weniger in dem nach bewährten Mustern funktionierenden Handlungsverlauf, sondern in den ambivalenten Figuren und ihrer stimmigen Chemie untereinander. Darüber hinaus löst Mottola einzelne Situationen anders auf, als man zunächst meinen könnte und unterwandert damit die Zuschauererwartungen. Als Idealbeispiel hierfür dient der von Reynolds verkörperte Monteur, der wohl in den meisten anderen Fällen zum fiesen Gegenspieler des Protagonisten stilisiert worden wäre, hier aber ein glaubwürdiger Charakter mit durchaus nachvollziehbaren Motiven bleibt.

                                            Zum positiven Gesamteindruck trägt neben dem mit allerlei populären 80er Hits bestückten Soundtrack vor allem auch das bestens aufgelegte Darstellerensemble bei, zu dem u.a. noch Margarita Levieva (Der Mandant), Kristen Wiig (Brautalarm) und Bill Hader (ES Kapitel 2) zählen. Dankenswerterweise verzichtet „Adventureland“ zudem weitgehend auf den genretypischen Fäkalhumor. Da fällt es auch nicht sonderlich negativ ins Gewicht, dass der Film nicht die emotionale Wirkung des in einem vergleichbaren Setting spielenden „Ganz weit hinten“ (2013) entfaltet.

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                                            • 6

                                              Der für das Genre wegweisende Zombieklassiker "Die Nacht der lebenden Toten" von Horrorexperte George A. Romero (Creepshow, Stark - The Dark Half) gefällt durch eine recht schaurige Atmosphäre und einige erschütternde Schockmomente, enthält jedoch auch über ein paar Spannungsdurchhänger und handwerkliche Fehler.

                                              Barbra (Judith O'Dea) besucht mit ihrem Bruder Johnny (Russell Streiner) das Grab ihres Vaters, als sie unversehens von einem blasshäutigen Mann attackiert werden. In Panik flüchtet Barbra vor dem Unbekannten und lässt ihren verletzten Bruder allein zurück. Sie versteckt sich in einem einsam gelegenen Farmhaus, wo sie auf den sich ebenfalls auf der Flucht befindenden Ben (Duane Jones) trifft. Durch dessen Schilderungen sowie durch die Sondersendungen im Radio erfährt die aufgrund des Erlebnisses auf dem Friedhof völlig verstörte Barbra, dass sich ähnliche Phänomene im ganzen Bundesstaat häufen. Schon bald ist das Farmhaus von Untoten umzingelt...

                                              Romeros Regiedebüt hat inzwischen schon weit über fünfzig Jahre auf dem Buckel, wirkt aber noch älter, was neben dem klassischen Schwarzweiß-Look wohl hauptsächlich dem geringen Produktionsbudget geschuldet sein dürfte, welches keinen Spielraum für aufwendige Kulissen und Effekte bot. Entsprechend sieht man den Zombies ihre geschminkten Gesichter deutlich an und auch Beleuchtung und Schnitt wirken nicht immer wie aus einem Guss. Gleichwohl verfügt Romeros Werk auch aufgrund dieser Makel über einen rohen, ungeschliffenen Charme.

                                              Inhaltlich grenzt sich "Die Nacht der lebenden Toten" derweil in vielerlei Hinsicht von früheren Genrevertretern ab, sind die Zombies bei Romero doch keine willenlosen Voodoo-Sklaven mehr, sondern sich von Menschenfleisch nährende Untote, die nur getötet werden können, indem man ihr Gehirn auf irreparable Weise schädigt. In Romeros Erstlingswerk, welches nach der kurzen Eröffnungsszene auf dem Friedhof schon bald zum Kammerspiel mutiert, stehen die Zombies jedoch lange Zeit über gar nicht so sehr im Fokus, da sich der Film zunächst vor allem auf die zwischenmenschlichen Konflikte konzentriert. Durch die Sondersendungen in Radio und Fernsehen, welche sich die mit der Zeit größer werdende Gruppe im Farmhaus anhört und -sieht, erhält der Film zudem bisweilen den Charakter einer Reportage.

                                              In den ersten beiden Dritteln gibt es jedoch auch immer wieder weniger interessante Passagen. So etwa, wenn Barbra Ben noch einmal die Geschehnisse vom Friedhof schildert, über die der Zuschauer bereits Bescheid weiß. Und auch die Darstellerleistungen sind mit Ausnahme des gut aufspielenden Duane Jones allenfalls als solide zu bezeichnen. Dafür weiß allerdings das gelungene Schlussdrittel mit seiner bitterbösen Pointe ausreichend zu entschädigen.

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                                              • 7
                                                Kenduskeag 16.01.2023, 14:34 Geändert 16.01.2023, 14:37

                                                „Das Wiegenlied vom Totschlag“ ist ein unter dem Einfluss des Vietnamkrieges entstandener Spätwestern, der ganz unterschiedliche Töne auf der Klaviatur anschlägt und damit eine ungewöhnliche Kombination aus zynischem und frivolem Humor, vertauschten Geschlechterrollen und extremen Gewaltdarstellungen bietet.

                                                Die soeben erst aus der Gefangenschaft der Cheyenne entkommene Kathy Lee (Candice Bergen) wird von einem von der Kavallerie bewachten Goldtransport mitgenommen, als plötzlich Kathys Entführer den Transport überfallen und die Soldaten brutal massakrieren. Nur dem unbedarften Soldaten Honus (Peter Strauss) und Kathy selbst gelingt die Flucht, woraufhin sie sich gemeinsam einen Weg durch das Feindesland bahnen. Während der um seine getöteten Kameraden trauernde Soldat auf Rache sinnt, versucht die junge Frau ihm die Beweggründe der Cheyenne begreiflich zu machen und ihm die Gräueltaten der Weißen vor Augen zu führen…

                                                Der von Ralph Nelson (Lilien auf dem Felde, Die Brut des Bösen) inszenierte Western grenzt sich in vielerlei Hinsicht von früheren Genrebeiträgen ab und erzählt auf ebenso radikale wie ungeschönte Weise von den im Krieg zwischen Ureinwohnern und Siedlern begangenen Grausamkeiten. Schon die packende Auftaktsequenz zeichnet sich durch ein hohes Maß an Brutalität aus und weiß mit ihren drastischen Bildern der skalpierten Soldaten zu schockieren. Doch ist dies noch nichts im Vergleich zu den entsetzlichen Gewalttaten, die uns Nelson später im Finale präsentieren wird.

                                                Der im starken Kontrast zu Anfang und Ende stehende Mittelteil des Films hingegen erinnert eher an eine Schwarze Komödie, die auf zynische Weise von Kriegsopfern und Profiteuren erzählt und dabei auch von der Gegensätzlichkeit des Protagonistenpaares lebt. Während die desillusionierte Kathy über ein loses Mundwerk verfügt und in jeder noch so heiklen Situation ihre Frau steht, tritt ihr männlicher Begleiter speziell zu Beginn eher ängstlich und zögerlich auf und bringt die toughe junge Frau mit seinen naiven Vorstellungen vom Leben der Ureinwohner einige Male zur Weißglut. Mit hervorragenden Schauspielleistungen kann Nelsons Western zwar nicht glänzen, ist aber mit u.a. John Anderson (Psycho) und Donald Pleasence (Halloween) in den weiteren Rollen dennoch gut besetzt.

                                                Was dann schließlich im letzten Drittel des Films geschieht, ist so unerwartet und verstörend, dass es wohl kaum einen Zuschauer kaltlassen dürfte. Besonders für Fans der Werke eines Sam Peckinpah oder Quentin Tarantino dürfte „Das Wiegenlied vom Totschlag“ daher in jedem Fall eine Empfehlung wert sein.

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                                                • 7 .5

                                                  "Hotel Ruanda" unter der Regie des Nordiren Terry George (Mütter & Söhne, Ein einziger Augenblick) basiert auf der Lebensgeschichte von Paul Rusesabagina, welcher derzeit eine langjährige Gefängnisstrafe wegen Terrorismusunterstützung absitzt. So umstritten der ehemalige Hotelmanager und seine Rolle während des Völkermords heute ist, so eindringlich und emotional aufwühlend ist Georges Drama.

                                                  1994: Nachdem das Flugzeug des ruandischen Präsidenten beim Landeanflug auf Kigali abgeschossen wurde, schlagen die Rassenunruhen zwischen der Bevölkerungsmehrheit der Hutus und der politisch einflussreichen Minderheit der Tutsi in blutigen Massenmord um. Manager Paul Rusesabagina (Don Cheadle) übernimmt in dieser dramatischen Situation die Leitung eines mit Touristen aus aller Welt belegten Vier-Sterne-Hotels, da der belgische Direktor das Land verlassen hat. Durch Bestechung gelingt es Paul, seine Frau Tatiana (Sophie Okonedo) und die gemeinsamen Kinder sowie einige Nachbarn und Freunde mit in das Hotel zu nehmen. Schon bald darauf kommen dort immer mehr Flüchtlinge an, die Schutz vor den gewaltbereiten Milizkämpfern suchen. Unterstützung erhofft sich Paul von der internationalen Gemeinschaft, doch zeigt diese kein Interesse daran, das Morden in Ruanda zu beenden...

                                                  Nach etwas holprigem Start, bei dem der Zuschauer in kurzer Zeit mit sehr vielen Namen und geschichtlichen Zusammenhängen konfrontiert wird, entwickelt sich "Hotel Ruanda" zu einem gleichsam fesselnden wie bewegenden Werk über eine der dunkelsten Stunden der jüngeren Menschheitsgeschichte. Der im Mittelpunkt stehende Hotelmanager, aus dessen Sicht die schrecklichen Geschehnisse in Ruanda erzählt werden, fungiert dabei als heldenhaft agierender Retter in der Not, der weit über tausend Menschen durch seinen Einsatz vor dem Tod bewahrt. Georges Film steht damit in mancher Hinsicht in der Tradition von Werken wie "Schindlers Liste" (1993), setzt neben den emotionalen Aspekten jedoch auch immer wieder auf Anspannung und Thrill, welche in einer packenden Konvoi-Szene ihren Höhepunkt finden.

                                                  Unbedingt erwähnenswert ist zudem die starke Performance des ansonsten eher in Nebenrollen auftretenden Don Cheadle, welchem mit u.a. Joaquin Phoenix (Joker), Jean Reno (Die purpurnen Flüsse) und Nick Nolte (Der schmale Grat) weitere Schauspielhochkaräter zur Seite gestellt werden.

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                                                  • 7 .5

                                                    Der durch Fotografie und die Inszenierung von Musikvideos berühmt gewordene Anton Corbijn (Control, A Most Wanted Man) schuf mit "The American" einen packenden, stilvoll gefilmten Thriller mit einem feinen Gespür für Suspense und einer Prise Action.

                                                    Ein unter wechselnden Tarnnamen auftretender Auftragsmörder (George Clooney) soll auf Geheiß seines Bosses (Johan Leysen) vorübergehend in einem italienischen Bergdorf untertauchen und auf weitere Anweisungen warten, da seit seiner letzten Mission ein schwedisches Killerkommando hinter ihm her ist. Vor Ort erregt der Fremde die Aufmerksamkeit des Paters Benedetto (Paolo Bonacelli) und nimmt die Dienste der Prostituierten Clara (Violante Placido) in Anspruch. Außerdem soll er für die geheimnisvolle Mathilde (Thekla Reuten) eine spezielle Langwaffe mit Hohlspitzgeschossen anfertigen, die es der Frau ermöglichen soll, ihr Ziel auch aus größerer Entfernung nahezu geräuschlos zu treffen. Schon bald jedoch muss der Killer erneut um sein eigenes Leben fürchten...

                                                    "The American" enthält einige Anspielungen auf die "James Bond"-Filme, ist den meisten Ablegern der Agentenreihe allerdings qualitativ überlegen, was neben den erlesenen Bildern der Abruzzen auch dem konsequenten Spannungsaufbau zu verdanken ist. Trotz seiner insgesamt eher ruhigen Gangart und der klassisch gehaltenen Story weiß Corbijns Thriller somit für eine gute Portion Nervenkitzel zu sorgen.

                                                    Dazu nimmt sich der Film genügend Zeit, um jeden Schritt des abgebrühten Protagonisten nachvollziehbar darzustellen und etwa in aller Ausführlichkeit zu zeigen, wie dieser an die Einzelteile für die Waffe gelangt und diese schließlich zusammensetzt. Jederzeit verlassen kann sich Corbijn zudem auf seinen mit der Coolness eines Steve McQueen agierenden Hauptdarsteller, vermag Clooney seinem Charakter doch mit minimalen Mitteln Leben einzuhauchen.

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