Kenduskeag - Kommentare

Alle Kommentare von Kenduskeag

  • 5

    Nachdem er sich zwischenzeitlich mit anderen Themen befasst hatte, wandte sich Genrevater George A. Romero (Die Nacht der lebenden Toten, Crazies) Mitte der 80er abermals seinen geliebten Zombies zu. Entstanden ist dabei mit "Day of the Dead"- der in Deutschland auch unter dem Titel "Zombie 2 - Das letzte Kapitel" firmiert - ein teils kammerspielartiger Horrorfilm, der zwar über hervorragende Effekte verfügt, jedoch in Sachen Spannung und Nervenkitzel nur wenig zu bieten hat.

    Die Menschheit ist von den Zombiehorden überrannt worden. Einer kleinen Gruppe Überlebender um die Wissenschaftlerin Sarah (Lori Cardille) ist es allerdings gelungen, sich in einem unterirdischen Bunker zu verschanzen. Dort herrschen nun Angst und Misstrauen, führt Sarahs Kollege Dr. Logan (Richard Liberty) doch schreckliche Experimente an den eingefangenen Untoten durch, während das Militär um den machtbesessenen Captain Rhodes (Joseph Pilato) der Gruppe unbedingt seinen Willen aufzwingen will...

    Wie so oft bei Romero stehen die Zombieattacken auch in "Day of the Dead" zunächst gar nicht so sehr im Vordergrund. Stattdessen fokussiert sich der Film lange Zeit über auf die zwischenmenschlichen Konflikte und die damit verbundene Gesellschaftskritik. Einige interessante Ansätze sind somit durchaus vorhanden, doch sind die Dialoge zwischen Wissenschaftlern und Militärs schlicht zu platt und die Charaktere zu stereotyp angelegt, als dass das Interesse über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten werden könnte. Erschwerend hinzu kommt, dass auch die Leistungen der weitgehend unbekannten Darstellerriege allenfalls mittelmäßig ausfallen und die Untoten in ihrer Rolle als Versuchskaninchen, denen Kopfhörer aufgesetzt und Bücher in die Hand gedrückt werden, sehr viel von ihrem Schrecken einbüßen.

    Als einziger großer Trumpf des Films verbleibt somit die hervorragende Arbeit des Effektteams um Tom Savini, ist es doch erstaunlich anzusehen, wie realistisch die Bilder von Bisswunden, abgehackten Armen und abgerissenen Köpfen auch heute noch wirken. Wer sich abseits der grandiosen Effekte jedoch auch eine clevere und mitreißende Handlung wünscht, kommt bei "Day of the Dead" eher nicht auf seine Kosten.

    27
    • 7

      "Der diskrete Charme der Bourgeoisie" ist ein surrealistischer Genremix unter der Regie von Luis Buñuel (Der Würgeengel, Belle de Jour), der sich mit der Welt der Träume und des Irrationalen befasst und dabei die absurden Bräuche der Oberschicht persifliert.

      Vier Angehörige der Bourgeoisie um den korrupten Botschafter von Miranda (Fernando Rey) treffen zu einem gemeinsamen Abendessen beim Anwesen des befreundeten Ehepaars Sénéchal ein. Die überraschte Hausherrin Alice Sénéchal (Stéphane Audran) hatte die Gäste jedoch erst für den morgigen Abend erwartet und geht daher davon aus, dass es bei der Verabredung der Freunde mit ihrem Ehemann Henri (Jean-Pierre Cassel) zu einem Missverständnis gekommen ist. Kurzerhand beschließt die Gruppe, zu einem nahegelegenen Restaurant zu fahren. Doch auch dort können sie nicht ungestört essen, da in der Lokalität eine Totenfeier stattfindet. Die Freunde beschließen daher, sich für einen anderen Tag zu verabreden, doch immer wieder kommt ihnen etwas dazwischen...

      Buñuels oscarprämiertes Werk lässt sich nur schwer einer Genregattung zuordnen, enthält der Film doch sowohl Elemente eines Dramas, als auch einer grotesken Komödie sowie eines Horrorfilms. Als roter Faden dient dabei der Spott über das Großbürgertum - inklusive seiner seltsamen Marotten und seinem ständigen Bestreben, den Schein von einem perfekten Leben im Luxus aufrecht zu erhalten.

      Mit fortschreitender Laufzeit gleitet Buñuels Film dabei immer mehr ins Surreale ab und lässt die Grenzen zwischen Traum und Realität verschwimmen. Dies führt sogar soweit, dass wir Traum-im-Traum Sequenzen zu sehen bekommen, in denen der eine Protagonist vom Traum eines anderen träumt. Hierbei könnten insbesondere jene Zuschauer auf ihre Kosten kommen, die etwa vom Konzept von Nolans "Inception" (2010) begeistert waren.

      Nachfolgend eine mögliche Interpretation:
      Die sechs Hauptfiguren sind allesamt tot und in einer Art Limbus oder Hölle gefangen, wo sie aufgrund ihrer im Leben begangenen Verbrechen dazu verdammt sind, ihre Pläne jedes Mal aufs Neue scheitern zu sehen. Für diese Interpretation spricht, dass sich das Motiv des Todes (angefangen bei der Totenfeier im Restaurant) durch den gesamten Film zieht und zudem immer wieder angedeutet wird, dass die sechs Freunde in allerlei dubiose Machenschaften verwickelt sind (Drogenhandel, Kriegsverbrechen, Giftmord, Korruption, Pakt mit untergetauchten Nazis). Auch lässt sich mit dieser Verdammnis zur ewigen Wiederholung erklären, warum man die Hauptfiguren in kurzen Zwischensequenzen die immergleiche Landstraße entlanglaufen sieht.
      Ihre Träume könnten derweil sinnbildlich für den Wunsch nach Läuterung stehen. Besonders markant erscheint in diesem Zusammenhang die Szene, in der sich die sechs Freunde plötzlich auf einer Theaterbühne wiederfinden. Diese lässt sich so interpretieren, dass die Freunde den unbewussten Drang verspüren, ihre Verbrechen öffentlich zu machen und somit doch noch Seelenfrieden zu erlangen.

      33
      • 5

        Bei "Der kleine Horrorladen" unter der Regie von Frank Oz (Der dunkle Kristall, The Score) handelt es sich nach der B-Movie Version aus den 60ern bereits um die zweite Verfilmung des gleichnamigen Musicals. Die schräge Mischung aus Gruselkomödie und Gesangsdarbietungen gilt Vielen schon als Kultklassiker, dürfte aber all jene, die sich für Musik und Humor des Films nicht erwärmen können, auf eine echte Geduldsprobe stellen.

        Der unsichere Seymour (Rick Moranis) arbeitet als Gehilfe im kurz vor der Pleite stehenden Blumenladen des strengen Mr. Mushnik (Vincent Gardenia) und ist heimlich in seine Kollegin Audrey (Ellen Greene) verliebt. Um das Geschäft zu retten, erwirbt Seymour bei einem Chinesen eine seltene neue Pflanze, die schon bald zur Hauptattraktion des Ladens wird. Als Seymour jedoch bewusst wird, dass sich das 'Audrey 2' getaufte Gewächs von Blut ernährt und mit enormer Geschwindigkeit größer wird, droht ihm die Sache buchstäblich über den Kopf zu wachsen...

        Mit seinen sympathischen Hauptfiguren, den großartigen praktischen Effekten und den an alte Musicalklassiker erinnernden Kulissen verfügt Oz' Horrorkomödie zweifellos über einen gewissen Charme, doch gibt die dünne Story im Grunde nicht genügend her, um damit einen Spielfilm von mehr als 90 Minuten zu füllen. Erschwerend hinzu kommt, dass "Der kleine Horrorladen" nur dann begeistern kann, wenn man mit den zahlreichen dargebotenen Songs etwas anzufangen weiß, vergehen hier doch selten mehr als 5 Minuten zwischen zwei Gesangseinlagen.

        Und auch die versammelte Comedy-Prominenz der 80er, welche sich für Gastauftritte gegenseitig die Klinke in die Hand gibt, vermag nichts am mittelmäßigen Gesamteindruck zu ändern, fallen die Cameos von John Candy (Ein Ticket für Zwei), James Belushi (Red Heat), Steve Martin (Vater der Braut) und Bill Murray (Und täglich grüßt das Murmeltier) doch entweder sehr kurz aus oder fühlen sich seltsam losgelöst vom Rest der Handlung an.

        29
        • 6
          über Everest

          Der auf dem verheerenden Unglück vom Mai 1996 basierende "Everest" ist ein in teils spektakuläre Bilder gehülltes Bergsteigerdrama unter der Regie des Isländers Baltasar Kormákur (The Deep, Der Eid), das trotz eines Mangels an emotionaler Durchschlagskraft für recht gelungene Unterhaltung sorgt.

          Der erfahrene Bergsteiger Rob Hall (Jason Clarke) ist Mitgründer eines Unternehmens, welches kommerzielle Gipfelbesteigungen auf den Mount Everest anbietet. Im Mai 1996 will er mit zwei weiteren Bergführern und acht zahlenden Kunden abermals den Aufstieg wagen. Zu den Expeditionsteilnehmern zählen dabei auch der texanische Familienvater Beck (Josh Brolin) und der bereits einmal am Aufstieg gescheiterte Postboste Doug (John Hawkes). Da aufgrund der vielen zeitgleich startenden Expeditionen ein dichtes Gedränge und lange Wartezeiten am Berg zu erwarten sind, versucht Rob sich mit den Leitern der Konkurrenzunternehmen abzustimmen, kann jedoch mit Ausnahme des draufgängerischen Scott Fischer (Jake Gyllenhaal) keinen von einer Zusammenarbeit überzeugen...

          Kormákurs Katastrophendrama lässt sich zunächst ausgiebig Zeit, um sein großes Personentableau einzuführen und dessen akribische Vorbereitung auf die Bergbesteigung zu zeigen. Trotz dieser recht langen Einführungsphase reicht die Zeit jedoch nicht aus, um als Zuschauer eine nähere Verbindung zu den einzelnen Charakteren aufzubauen, was sich im Hinblick auf den weiteren Handlungsverlauf noch als problematisch erweisen wird. Sobald sich die Expedition dann schließlich an den Aufstieg macht, sind die allesamt in dicke Anoraks gehüllten Figuren ohnehin manchmal nur schwer voneinander zu unterscheiden.

          Wesentlich interessanter als die Einzelschicksale gestaltet sich daher die Auseinandersetzung mit dem Geschäftsmodell Everest, vermag Kormákurs Film doch aufzuzeigen, dass das Gewinnstreben bei der Gipfelbesteigung längst eine viel größere Rolle als etwa die Leidenschaft für Sport und Natur spielt und Rücksicht unter den teils völlig irre agierenden Gipfelstürmern ein Fremdwort zu sein scheint. Besonders deutlich wird dies etwa anhand einer markanten Szene an einer engen Felsstufe (dem sogenannten Hillary Step), in der ein regelrechter Stau entsteht, der letztlich alle zur Umkehr zwingt. Da sich "Everest" im weiteren Verlauf jedoch hauptsächlich auf die Aufarbeitung des Unglücks konzentriert, verpasst der Film die Chance, sich noch eingehender mit der Kommerzialisierung des Bergsteigens zu befassen.

          Obwohl lange Zeit über nüchtern und sachlich gehalten, möchte "Everest", der mit u.a. Emily Watson (Roter Drache), Keira Knightley (Fluch der Karibik) und Sam Worthington (Avatar) in den weiteren Rollen recht prominent besetzt ist, im Schlussdrittel doch noch die großen Emotionen auffahren, was ihm aber aufgrund der erwähnten Versäumnisse bei der Figurenzeichnung nicht recht gelingen mag. Als über weite Strecken spannendes Katastrophendrama hinterlässt Kormákurs Film aber dennoch einen insgesamt positiven Eindruck.

          34
          • 7 .5

            Mit "Moonrise Kingdom" gelang Wes Anderson (Die Tiefseetaucher, Grand Budapest Hotel) ein im für den Regisseur typischen Stil gehaltenes modernes Märchen, das sich durch sehr viel Fantasie, schrullige Charaktere und eine zwar simpel anmutende, aber sich als durchaus tiefgründig erweisende Geschichte auszeichnet.

            1965 auf der kleinen Insel New Penzance: Der zwölfjährige Sam (Jared Gilman) schleicht sich heimlich aus dem Pfadfinderlager, um sich mit seiner gleichaltrigen Brieffreundin Suzy (Kara Hayward) zu treffen und mit ihr zu fliehen. Als der Gruppenleiter Ward (Edward Norton) das Verschwinden des Jungen bemerkt, macht er sich zusammen mit den anderen Pfadfindern auf die Suche, wobei sie vom Inselpolizisten Sharp (Bruce Willis) unterstützt werden. Zu ihrer Überraschung jedoch wollen Sams Pflegeeltern, für den Fall, dass der Junge wiedergefunden wird, ihn nicht mehr bei sich aufnehmen...

            Anderson steigt direkt zu Beginn mit der ihm eigenen Puppenhaus-Ästhetik ein und kreiert im Handumdrehen eine von allerlei skurrilen Bewohnern bevölkerte Inselwelt, die den Zuschauer mit ihrer farbprächtigen Ausstattung und ihrem liebevollen Blick für Details rasch in ihren Bann zu schlagen vermag. Die inhaltlichen Schwerpunkte, die Anderson in "Moonrise Kingdom" setzt, stehen jedoch in starkem Kontrast zu dieser bunten Fassade, befasst sich der Film doch u.a. mit Themen wie Mobbing, Kindeswohlgefährdung und dysfunktionalen Familien.

            Trotz ihrer schrägen Eigenheiten nimmt Anderson seine beiden jungen Protagonisten und ihre Sorgen und Ängste dabei jederzeit sehr ernst und erzählt durch ihre Augen von den Absurditäten der Erwachsenenwelt. Da fällt es auch nicht sonderlich negativ ins Gewicht, dass Tilda Swintons Rolle als Jugendamtmitarbeiterin recht eindimensional auf Bösewicht getrimmt ist oder dass die in weiteren Nebenrollen auftretenden Frances McDormand (Fargo) und Bill Murray (Ghostbusters) ihr komödiantisches Talent nur in Ansätzen ausspielen dürfen, erweist sich das Gesamtbild dieser ungewöhnlichen Liebesgeschichte zweier junger Außenseiter doch als ungemein stimmig und herzerwärmend.

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            • 5

              Mit "Match Point" schuf Altmeister Woody Allen (Der Stadtneurotiker, Vicky Cristina Barcelona) ein in der Londoner High Society angesiedeltes Beziehungsdrama mit Thrillerelementen, das erst kurz vor der Zielgeraden Fahrt aufnimmt und nach einer langen Durststrecke doch noch interessante Inhalte bietet.

              Der aus einfachen Verhältnissen stammende Chris Wilton (Jonathan Rhys Meyers) hat seine Karriere als Profispieler aufgegeben, um in London als Tennislehrer zu arbeiten. Zu seinen Schülern gehört auch Tom Hewett (Matthew Goode), Spross einer wohlhabenden Industriellenfamilie, mit dessen Schwester Chloe (Emily Mortimer) Chris eine Liebesbeziehung eingeht und auf diese Weise Zugang zu den höheren Kreisen erhält. Kompliziert wird die Sache allerdings, als Chris Toms attraktive Verlobte Nola (Scarlett Johansson) kennenlernt, mit welcher er schon bald eine leidenschaftliche Affäre beginnt...

              Allens an Originalschauplätzen gedrehtes und mit pompösen Opernklängen unterlegtes Drama erzählt von Glück und Schicksal, Ehrgeiz und Zufall sowie der Sehnsucht nach einem Leben in Wohlstand. Dies allerdings auf so spröde und vorhersehbare Weise, dass sich die ersten 80 Minuten, in denen der Film in aller Ausführlichkeit die sich bereits früh anbahnende Affäre zwischen Chris und Nola beleuchtet, zum Teil wie Kaugummi ziehen, was weder durch die ansprechende Kameraarbeit noch die guten Darstellerperformances ausgeglichen werden kann.

              Im letzten Drittel verlässt Allens Drama dann aber überraschend die Schiene der sich im Kreis drehenden Streitgespräche über Eifersucht und unerfüllte Kinderwünsche und setzt doch noch ein paar neue Akzente. Wer bis hierhin durchgehalten hat, wird somit zumindest mit einem gelungenen Finale belohnt, welches auf einer zynischen Schlussnote endet.

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              • 6 .5

                Der von eigenen Jugenderfahrungen des Regisseurs Greg Mottola (Superbad, Paul – Ein Alien auf der Flucht) inspirierte „Adventureland“ ist ein ebenso charmanter wie tragikomischer Coming of Age-Film mit 80er Jahre-Vibe, der zwar keine sonderlich originelle Geschichte erzählt, dafür aber mit vielschichtigen Charakteren und einem gut harmonierenden Cast punkten kann.

                Sommer 1987: Der schüchterne College-Absolvent James (Jesse Eisenberg) nimmt einen Ferienjob im Freizeitpark ‚Adventureland‘ in seiner Heimatstadt Pittsburgh an, um seinen Traum von einem Journalismusstudium in New York finanzieren zu können. Anfangs ist James noch wenig begeistert von der eintönigen und schlecht bezahlten Arbeit an den Buden. Dies ändert sich jedoch schlagartig, als er seine neue Kollegin Emily (Kristen Stewart) kennenlernt, in die er sich Hals über Kopf verliebt und die seine Gefühle auch zu erwidern scheint. James ahnt jedoch nicht, dass Emily zeitgleich eine Affäre mit dem verheirateten Mike (Ryan Reynolds) hat…

                Die erste große Liebe, der erste Sex, Nächte im Partyrausch und ein unvergesslicher Sommer – Mottolas Film enthält all die bekannten Zutaten, die sich in so vielen Genrebeiträgen finden lassen. Die Stärken von „Adventureland“ liegen somit auch weniger in dem nach bewährten Mustern funktionierenden Handlungsverlauf, sondern in den ambivalenten Figuren und ihrer stimmigen Chemie untereinander. Darüber hinaus löst Mottola einzelne Situationen anders auf, als man zunächst meinen könnte und unterwandert damit die Zuschauererwartungen. Als Idealbeispiel hierfür dient der von Reynolds verkörperte Monteur, der wohl in den meisten anderen Fällen zum fiesen Gegenspieler des Protagonisten stilisiert worden wäre, hier aber ein glaubwürdiger Charakter mit durchaus nachvollziehbaren Motiven bleibt.

                Zum positiven Gesamteindruck trägt neben dem mit allerlei populären 80er Hits bestückten Soundtrack vor allem auch das bestens aufgelegte Darstellerensemble bei, zu dem u.a. noch Margarita Levieva (Der Mandant), Kristen Wiig (Brautalarm) und Bill Hader (ES Kapitel 2) zählen. Dankenswerterweise verzichtet „Adventureland“ zudem weitgehend auf den genretypischen Fäkalhumor. Da fällt es auch nicht sonderlich negativ ins Gewicht, dass der Film nicht die emotionale Wirkung des in einem vergleichbaren Setting spielenden „Ganz weit hinten“ (2013) entfaltet.

                28
                • 6

                  Der für das Genre wegweisende Zombieklassiker "Die Nacht der lebenden Toten" von Horrorexperte George A. Romero (Creepshow, Stark - The Dark Half) gefällt durch eine recht schaurige Atmosphäre und einige erschütternde Schockmomente, enthält jedoch auch über ein paar Spannungsdurchhänger und handwerkliche Fehler.

                  Barbra (Judith O'Dea) besucht mit ihrem Bruder Johnny (Russell Streiner) das Grab ihres Vaters, als sie unversehens von einem blasshäutigen Mann attackiert werden. In Panik flüchtet Barbra vor dem Unbekannten und lässt ihren verletzten Bruder allein zurück. Sie versteckt sich in einem einsam gelegenen Farmhaus, wo sie auf den sich ebenfalls auf der Flucht befindenden Ben (Duane Jones) trifft. Durch dessen Schilderungen sowie durch die Sondersendungen im Radio erfährt die aufgrund des Erlebnisses auf dem Friedhof völlig verstörte Barbra, dass sich ähnliche Phänomene im ganzen Bundesstaat häufen. Schon bald ist das Farmhaus von Untoten umzingelt...

                  Romeros Regiedebüt hat inzwischen schon weit über fünfzig Jahre auf dem Buckel, wirkt aber noch älter, was neben dem klassischen Schwarzweiß-Look wohl hauptsächlich dem geringen Produktionsbudget geschuldet sein dürfte, welches keinen Spielraum für aufwendige Kulissen und Effekte bot. Entsprechend sieht man den Zombies ihre geschminkten Gesichter deutlich an und auch Beleuchtung und Schnitt wirken nicht immer wie aus einem Guss. Gleichwohl verfügt Romeros Werk auch aufgrund dieser Makel über einen rohen, ungeschliffenen Charme.

                  Inhaltlich grenzt sich "Die Nacht der lebenden Toten" derweil in vielerlei Hinsicht von früheren Genrevertretern ab, sind die Zombies bei Romero doch keine willenlosen Voodoo-Sklaven mehr, sondern sich von Menschenfleisch nährende Untote, die nur getötet werden können, indem man ihr Gehirn auf irreparable Weise schädigt. In Romeros Erstlingswerk, welches nach der kurzen Eröffnungsszene auf dem Friedhof schon bald zum Kammerspiel mutiert, stehen die Zombies jedoch lange Zeit über gar nicht so sehr im Fokus, da sich der Film zunächst vor allem auf die zwischenmenschlichen Konflikte konzentriert. Durch die Sondersendungen in Radio und Fernsehen, welche sich die mit der Zeit größer werdende Gruppe im Farmhaus anhört und -sieht, erhält der Film zudem bisweilen den Charakter einer Reportage.

                  In den ersten beiden Dritteln gibt es jedoch auch immer wieder weniger interessante Passagen. So etwa, wenn Barbra Ben noch einmal die Geschehnisse vom Friedhof schildert, über die der Zuschauer bereits Bescheid weiß. Und auch die Darstellerleistungen sind mit Ausnahme des gut aufspielenden Duane Jones allenfalls als solide zu bezeichnen. Dafür weiß allerdings das gelungene Schlussdrittel mit seiner bitterbösen Pointe ausreichend zu entschädigen.

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                  • 7
                    Kenduskeag 16.01.2023, 14:34 Geändert 16.01.2023, 14:37

                    „Das Wiegenlied vom Totschlag“ ist ein unter dem Einfluss des Vietnamkrieges entstandener Spätwestern, der ganz unterschiedliche Töne auf der Klaviatur anschlägt und damit eine ungewöhnliche Kombination aus zynischem und frivolem Humor, vertauschten Geschlechterrollen und extremen Gewaltdarstellungen bietet.

                    Die soeben erst aus der Gefangenschaft der Cheyenne entkommene Kathy Lee (Candice Bergen) wird von einem von der Kavallerie bewachten Goldtransport mitgenommen, als plötzlich Kathys Entführer den Transport überfallen und die Soldaten brutal massakrieren. Nur dem unbedarften Soldaten Honus (Peter Strauss) und Kathy selbst gelingt die Flucht, woraufhin sie sich gemeinsam einen Weg durch das Feindesland bahnen. Während der um seine getöteten Kameraden trauernde Soldat auf Rache sinnt, versucht die junge Frau ihm die Beweggründe der Cheyenne begreiflich zu machen und ihm die Gräueltaten der Weißen vor Augen zu führen…

                    Der von Ralph Nelson (Lilien auf dem Felde, Die Brut des Bösen) inszenierte Western grenzt sich in vielerlei Hinsicht von früheren Genrebeiträgen ab und erzählt auf ebenso radikale wie ungeschönte Weise von den im Krieg zwischen Ureinwohnern und Siedlern begangenen Grausamkeiten. Schon die packende Auftaktsequenz zeichnet sich durch ein hohes Maß an Brutalität aus und weiß mit ihren drastischen Bildern der skalpierten Soldaten zu schockieren. Doch ist dies noch nichts im Vergleich zu den entsetzlichen Gewalttaten, die uns Nelson später im Finale präsentieren wird.

                    Der im starken Kontrast zu Anfang und Ende stehende Mittelteil des Films hingegen erinnert eher an eine Schwarze Komödie, die auf zynische Weise von Kriegsopfern und Profiteuren erzählt und dabei auch von der Gegensätzlichkeit des Protagonistenpaares lebt. Während die desillusionierte Kathy über ein loses Mundwerk verfügt und in jeder noch so heiklen Situation ihre Frau steht, tritt ihr männlicher Begleiter speziell zu Beginn eher ängstlich und zögerlich auf und bringt die toughe junge Frau mit seinen naiven Vorstellungen vom Leben der Ureinwohner einige Male zur Weißglut. Mit hervorragenden Schauspielleistungen kann Nelsons Western zwar nicht glänzen, ist aber mit u.a. John Anderson (Psycho) und Donald Pleasence (Halloween) in den weiteren Rollen dennoch gut besetzt.

                    Was dann schließlich im letzten Drittel des Films geschieht, ist so unerwartet und verstörend, dass es wohl kaum einen Zuschauer kaltlassen dürfte. Besonders für Fans der Werke eines Sam Peckinpah oder Quentin Tarantino dürfte „Das Wiegenlied vom Totschlag“ daher in jedem Fall eine Empfehlung wert sein.

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                    • 7 .5

                      "Hotel Ruanda" unter der Regie des Nordiren Terry George (Mütter & Söhne, Ein einziger Augenblick) basiert auf der Lebensgeschichte von Paul Rusesabagina, welcher derzeit eine langjährige Gefängnisstrafe wegen Terrorismusunterstützung absitzt. So umstritten der ehemalige Hotelmanager und seine Rolle während des Völkermords heute ist, so eindringlich und emotional aufwühlend ist Georges Drama.

                      1994: Nachdem das Flugzeug des ruandischen Präsidenten beim Landeanflug auf Kigali abgeschossen wurde, schlagen die Rassenunruhen zwischen der Bevölkerungsmehrheit der Hutus und der politisch einflussreichen Minderheit der Tutsi in blutigen Massenmord um. Manager Paul Rusesabagina (Don Cheadle) übernimmt in dieser dramatischen Situation die Leitung eines mit Touristen aus aller Welt belegten Vier-Sterne-Hotels, da der belgische Direktor das Land verlassen hat. Durch Bestechung gelingt es Paul, seine Frau Tatiana (Sophie Okonedo) und die gemeinsamen Kinder sowie einige Nachbarn und Freunde mit in das Hotel zu nehmen. Schon bald darauf kommen dort immer mehr Flüchtlinge an, die Schutz vor den gewaltbereiten Milizkämpfern suchen. Unterstützung erhofft sich Paul von der internationalen Gemeinschaft, doch zeigt diese kein Interesse daran, das Morden in Ruanda zu beenden...

                      Nach etwas holprigem Start, bei dem der Zuschauer in kurzer Zeit mit sehr vielen Namen und geschichtlichen Zusammenhängen konfrontiert wird, entwickelt sich "Hotel Ruanda" zu einem gleichsam fesselnden wie bewegenden Werk über eine der dunkelsten Stunden der jüngeren Menschheitsgeschichte. Der im Mittelpunkt stehende Hotelmanager, aus dessen Sicht die schrecklichen Geschehnisse in Ruanda erzählt werden, fungiert dabei als heldenhaft agierender Retter in der Not, der weit über tausend Menschen durch seinen Einsatz vor dem Tod bewahrt. Georges Film steht damit in mancher Hinsicht in der Tradition von Werken wie "Schindlers Liste" (1993), setzt neben den emotionalen Aspekten jedoch auch immer wieder auf Anspannung und Thrill, welche in einer packenden Konvoi-Szene ihren Höhepunkt finden.

                      Unbedingt erwähnenswert ist zudem die starke Performance des ansonsten eher in Nebenrollen auftretenden Don Cheadle, welchem mit u.a. Joaquin Phoenix (Joker), Jean Reno (Die purpurnen Flüsse) und Nick Nolte (Der schmale Grat) weitere Schauspielhochkaräter zur Seite gestellt werden.

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                      • 7 .5

                        Der durch Fotografie und die Inszenierung von Musikvideos berühmt gewordene Anton Corbijn (Control, A Most Wanted Man) schuf mit "The American" einen packenden, stilvoll gefilmten Thriller mit einem feinen Gespür für Suspense und einer Prise Action.

                        Ein unter wechselnden Tarnnamen auftretender Auftragsmörder (George Clooney) soll auf Geheiß seines Bosses (Johan Leysen) vorübergehend in einem italienischen Bergdorf untertauchen und auf weitere Anweisungen warten, da seit seiner letzten Mission ein schwedisches Killerkommando hinter ihm her ist. Vor Ort erregt der Fremde die Aufmerksamkeit des Paters Benedetto (Paolo Bonacelli) und nimmt die Dienste der Prostituierten Clara (Violante Placido) in Anspruch. Außerdem soll er für die geheimnisvolle Mathilde (Thekla Reuten) eine spezielle Langwaffe mit Hohlspitzgeschossen anfertigen, die es der Frau ermöglichen soll, ihr Ziel auch aus größerer Entfernung nahezu geräuschlos zu treffen. Schon bald jedoch muss der Killer erneut um sein eigenes Leben fürchten...

                        "The American" enthält einige Anspielungen auf die "James Bond"-Filme, ist den meisten Ablegern der Agentenreihe allerdings qualitativ überlegen, was neben den erlesenen Bildern der Abruzzen auch dem konsequenten Spannungsaufbau zu verdanken ist. Trotz seiner insgesamt eher ruhigen Gangart und der klassisch gehaltenen Story weiß Corbijns Thriller somit für eine gute Portion Nervenkitzel zu sorgen.

                        Dazu nimmt sich der Film genügend Zeit, um jeden Schritt des abgebrühten Protagonisten nachvollziehbar darzustellen und etwa in aller Ausführlichkeit zu zeigen, wie dieser an die Einzelteile für die Waffe gelangt und diese schließlich zusammensetzt. Jederzeit verlassen kann sich Corbijn zudem auf seinen mit der Coolness eines Steve McQueen agierenden Hauptdarsteller, vermag Clooney seinem Charakter doch mit minimalen Mitteln Leben einzuhauchen.

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                        • 7
                          über Fargo

                          Der von den Coen Brüdern (No Country for Old Men, True Grit) inszenierte "Fargo" versteht sich als schwarzhumorige Krimi-Groteske, die ein gleichsam liebevolles wie kurioses Porträt der Provinzbewohner im Norden der USA zeichnet.

                          Autoverkäufer Jerry Lundegaard (William H. Macy) steckt in großen finanziellen Schwierigkeiten. Aus diesem Grund heuert er die Kriminellen Carl (Steve Buscemi) und Gaear (Peter Stormare) an, die Jerrys Ehefrau Jean (Kristin Rudrüd) entführen sollen, um von ihrem wohlhabenden Vater (Harve Presnell) eine hohe Lösegeldsumme zu erpressen. Schon beim Transport der Entführten zum Versteck der beiden Verbrecher kommt es jedoch zu einer blutigen Auseinandersetzung, in Folge derer die gewiefte Polizistin Marge Gunderson (Frances McDormand) auf den Fall aufmerksam wird...

                          "Fargo" kombiniert auf gelungene Weise skurrile Situationen, schräge Charaktere und derbe Gewaltspitzen mit einem zwar nicht besonders innovativen, aber durchaus clever aufgezogenen Kriminalplot, der immer wieder kleinere Überraschungen bereithält. Hinzu kommt die stark eingefangene winterliche Atmosphäre des verschneiten Minnesota und ein sehr spielfreudiges Darstellerensemble, aus dem Frances McDormand als schwangere Polizeibeamtin, die eine einnehmende Herzlichkeit mit Bestimmtheit und Bauernschläue verbindet, besonders hervorsticht.

                          Hier und da hätten die Coen Brüder zwar die Spannungsschrauben noch etwas fester stellen können und einige für die Haupthandlung irrelevante Szenen - wie etwa das Treffen der Polizistin mit ihrem alten Bekannten Mike (Steve Park) - auch ganz streichen dürfen, doch auch so kann "Fargo" mit seiner fein abgestimmten Mischung aus Humor und Thrill blendend unterhalten.

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                          • 6 .5

                            Mit der einfühlsam erzählten Tragikomödie "Garden State" legte 'Scrubs'-Star Zach Braff (Wish I Was Here, Abgang mit Stil) sein Regiedebüt vor und schuf ein von eigenwilligen Charakteren bevölkertes Werk über Depressionen, Kindheitstraumata und die unbändige Kraft echter Freundschaft.

                            Seit eines schrecklichen Vorfalls in seiner Kindheit nimmt der mäßig erfolgreiche Schauspieler Andrew (Zach Braff) auf Anweisung seines als Psychiater arbeitenden Vaters (Ian Holm) Psychopharmaka ein und fühlt sich in Folge dessen lethargisch und abgestumpft. Zur Beerdigung seiner Mutter kehrt Andrew nach vielen Jahren in seine Heimat New Jersey zurück und trifft dort neben mehreren alten Bekannten auch die notorische Lügnerin Sam (Natalie Portman), deren leicht verquere, jedoch zugleich liebenswerte Art ihn magisch anzieht. Mit ihrer Unterstützung gelingt es Andrew nach und nach, sich den Dämonen seiner Vergangenheit zu stellen...

                            Braffs mit einigen schrägen Ideen angereichertes und mit einem sich gut einfügenden Indie-Pop Soundtrack unterlegtes Debütwerk überzeugt vor allem dank der stark ausgearbeiteten Charaktere und ihren mitunter seltsamen Eigenheiten, die dem Zuschauer schnell ans Herz wachsen. Speziell Braff und Portman wissen dabei als zwei einsame Seelen, die mit der Zeit zueinander finden, sehr zu gefallen, doch auch die Nebenrollen sind mit u.a. Ann Dowd (Hereditary) und Peter Sarsgaard (Orphan - Das Waisenkind) passend besetzt.

                            Während Braffs Film in den ersten beiden Dritteln noch eine ausgezeichnete Balance zwischen anrührenden und von subversivem Humor geprägten Situationen findet, gerät das letzte Drittel allzu gefühlsduselig. Andrews Charakterwandlung und der damit einhergehende Druck auf die Tränendrüse wirkt in dieser Phase zu forciert, worunter einerseits die Leichtigkeit des Films, aber vor allem auch dessen skurriler Witz leidet. Trotz dieser Schwächen ist "Garden State" allein schon dank seines verschrobenen Charmes und des bestens aufgelegten Casts allemal eine Sichtung wert.

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                            • 4

                              2001 ebbte die Welle der nach dem großen Erfolg von "Scream" (1996) erschienen Slasher schon wieder ab, sodass der von Jamie Blanks (Düstere Legenden, Long Weekend) inszenierte "Valentine" als verspäteter Trittbrettfahrer angesehen werden kann. Gleichzeitig offenbart der nach konventionellen Genreregeln funktionierende Horrorstreifen auch, warum der Hype um das Subgenre so rasch schon wieder zum Erliegen kam, ist Blanks Werk doch extrem klischeebelastet und vorhersehbar.

                              Auf der Beerdigung ihrer Freundin Shelley (Katherine Heigl), die von einem Unbekannten in der Leichenhalle der Universität ermordet wurde, treffen sich die einstigen Schulkameradinnen Paige (Denise Richards), Kate (Marley Shelton), Lily (Jessica Cauffiel) und Dorothy (Jessica Capshaw) nach vielen Jahren wieder. Als die Freundinnen zum bevorstehenden Valentinstag morbide Grußkarten erhalten, denken sie sich zunächst nichts Böses dabei, doch dann schlägt der Killer abermals zu...

                              Schon die Eröffnungsszene des Films, die uns in die gemeinsame Schulzeit der Protagonistinnen zurückführt und gleich zu Beginn eindeutige Hinweise auf den Täter liefert, strotzt nur so vor Stereotypen und wirkt auf skurrile Weise überzeichnet, sodass man sich als Zuschauer zwangsläufig fragt, ob "Valentine" ein ernstgemeinter Slasher oder nicht eher doch eine Parodie auf das Genre sein möchte. Dieser Eindruck wird im weiteren Verlauf sogar noch verstärkt, wenn etwa Shelleys Date permanent von sich selbst in der dritten Person spricht, ein notgeiler Polizist Paige belästigt oder Kate sich ihre Haare wäscht, indem sie ihren Kopf in die Toilette steckt. Was "Valentine" mit ein paar recht kreativen Mordsequenzen und einem durchaus bedrohlich wirkenden Killer an Pluspunkten einfährt, macht er sich mit solch unfreiwillig komischen Szenen wieder zunichte.

                              Darüber hinaus leidet der Spannungsaufbau sehr darunter, dass die Hintergrundgeschichte des Mörders gleich zu Anfang erzählt wird und somit auch dessen Identität für die meisten Zuschauer leicht zu erraten sein dürfte. Dass die weiblichen Charaktere des Films sich extrem oberflächlich und zickig verhalten und ihre männlichen Pendants zumeist als perverse Lüstlinge skizziert werden, trägt dann auch nicht unbedingt dazu bei, dass man sich mit ihnen identifiziert oder mit ihnen mitfiebert.

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                                Der sich zwischen elegischem Kunstkino und von Gewalt und Brutalität geprägtem Wikingerepos bewegende "Walhalla Rising" unter der Regie des Dänen Nicolas Winding Refn (Drive, Only God Forgives) gefällt durch bildgewaltige Naturpanoramen und ein paar intensiv-dreckige Kampfszenen, erfordert aufgrund seines enorm langsamen Handlungsfortschritts gepaart mit zahlreichen Zeitlupensequenzen jedoch auch sehr viel Geduld und Durchhaltevermögen.

                                Nordschottland im 11. Jahrhundert: Der schweigende Krieger Einauge (Mads Mikkelsen) wird von heidnischen Wikingern als Sklave gefangen gehalten und muss in brutalen Zweikämpfen gegen andere Gefangene antreten. Erst mit Hilfe des jungen Are (Maarten Stevenson) gelingt ihm eines Tages die Flucht. Alsbald treffen die ungleichen Weggefährten auf eine Gruppe Kreuzfahrer, die sich auf die Reise ins Heilige Land vorbereiten und Einauge und dem Jungen anbieten, sie zu begleiten. Die Fahrt gerät jedoch zu einem wahren Höllentrip...

                                Refns in sechs Kapitel unterteiltes Historienepos verweigert sich gängigen Erzählstrukturen und fühlt sich über weite Strecken wie eine bloße Aneinanderreihung einzelner Fragmente an. In langen Einstellungen werden immer wieder die Gesichter der auftretenden Charaktere sowie die nebelverhangene, unwirtliche Landschaft um sie herum gezeigt, während die wenigen Dialoge mit vielen Pausen und in bedeutungsschwangerem Tonfall vorgetragen werden. Das hat bisweilen den Charme einer Theaterinszenierung, fühlt sich allerdings nicht sonderlich authentisch an und gestaltet sich in nur wenigen Momenten wirklich mitreißend.

                                Zuschauer, die Wert auf erzählerische Klarheit und emotionale Ankerpunkte legen, werden deshalb zwangsläufig entnervt abschalten. Wer hingegen vollends in der mystischen Atmosphäre aufgeht und etwa nicht hinterfragt, wovon sich die Kreuzfahrer in all der Zeit ernähren, kann mit Refns religiös angehauchtem Trip in die Finsternis jedoch auf seine Kosten kommen.

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                                  Kenduskeag 08.01.2023, 12:16 Geändert 08.01.2023, 12:27

                                  Nur wenige Wochen bevor Bill Clintons Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky publik wurde, kam mit dem von Barry Levinson (Rain Man, Sleepers) inszenierten "Wag the Dog" eine zynische Politsatire in die amerikanischen Kinos, welche die späteren Ereignisse um Clintons Lügen und die von ihm während des Amtsenthebungsverfahrens veranlasste Operation Desert Fox im Irak gewissermaßen vorwegnahm. Obwohl Levinsons Film somit sehr schnell von der Realität eingeholt wurde, weiß die schwarzhumorige Auseinandersetzung mit dubiosen Machenschaften im US-Wahlkampf jedoch auch heute noch zu überzeugen und hat angesichts der mediengesteuerten Kriegsführung dieser Tage gar an zusätzlicher Brisanz gewonnen.

                                  Als die Nachrichtenagenturen zwei Wochen vor der Wahl darüber berichten, dass der US-Präsident eine Schülerin sexuell belästigt haben soll, ersucht dessen Wahlkampfteam um Winifred Ames (Anne Heche) den zwielichtigen Conrad Brean (Robert De Niro) um Rat. Um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von dem Sexskandal abzulenken, schlägt dieser vor, zum Schein einen Krieg gegen Albanien anzuzetteln. Unter der Führung des Hollywood-Produzenten Stanley Motss (Dustin Hoffman) soll ein aufwendiges Medienspektakel inszeniert werden, welches der US-Bevölkerung eine tatsächliche Bedrohung durch die Osteuropäer vorgaukelt...

                                  "Wag the Dog" greift die Theorie auf, wonach die USA häufiger Kriege allein aus wahltaktischen Gründen führen und dabei den Einfluss der Medien zu Propagandazwecken zu nutzen wissen. Zugleich klingt in Levinsons Satire jedoch auch Kritik am Filmgeschäft an, in dem hohen Einspielergebnissen mehr Bedeutung beigemessen wird als dem künstlerischen Wert der Produktionen. Getragen wird der mit vielen amüsanten Ideen angereicherte Blick hinter die Kulissen der Macht dabei von einem gut aufspielenden Darstellerensemble, welchem in kleinen Nebenrollen u.a. noch Kirsten Dunst (Spider-Man), William H. Macy (Fargo) und Woody Harrelson (No Country for Old Men) angehören.

                                  Zwar hätte "Wag the Dog" die eine oder andere Tempoverschärfung gut getan und auch den Dialogen fehlt es zuweilen am letzten Feinschliff, doch auch so zeigt Levinsons Satire auf bissige Weise die Mechanismen des Wahlkampfzirkus' auf und hält dem voyeuristischen, nach immer neuen Skandalen gierenden Publikum den Spiegel vor.

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                                    Zum Abschluss der „Cold Prey“-Trilogie wird die Vorgeschichte des Killers aus dem Berghotel beleuchtet. Der finale Teil der Reihe ist dabei ein wenig konventioneller inszeniert als seine Vorgänger, packt dafür aber in Sachen Spannung und Thrill sogar noch eine kleine Schippe drauf.

                                    1988: Hedda (Ida Marie Bakkerud) und Siri (Julie Rusti) sind mit vier weiteren Freunden in den Bergen von Jotunheimen unterwegs, da sie Gerüchte über ein mysteriöses Hotel gehört haben, in dem angeblich die Geister der früheren Besitzer umgehen sollen. Vor Ort angekommen, finden sie das Hotel allerdings so heruntergekommen und rattenverseucht vor, dass sie beschließen, lieber an einem nahegelegenen Bergsee zu übernachten. Als sich Siri und ihr Freund Knut (Sturla Rui) in der Nacht vom Lagerplatz entfernen, um ungestört Zeit zu zweit verbringen zu können, geraten sie jedoch in die Fänge des Killers…

                                    „Cold Prey 3“, welcher zunächst mit einer Rückblende in die Kindheit des Killers startet, wird seinem Titel nicht ganz gerecht, da in diesem finalen Teil beinahe frühlingshafte Temperaturen herrschen und die Charaktere nur noch aus Angst vor dem Mörder – jedoch nicht mehr vor Kälte – zittern müssen. Hatte sich der zweite Teil der Reihe noch „Halloween II“ (1981) zum Vorbild genommen, so orientiert sich der Abschluss der Trilogie, welcher spürbar schneller in die Vollen geht als seine Vorgänger, ein wenig am Subgenre des Backwoodhorrors und damit an Filmen wie „The Texas Chainsaw Massacre“ (1974) oder „Wrong Turn“ (2003).

                                    Auf die Vorgeschichte des Killers einzugehen statt eine weitere Fortsetzung des Geschehens zu kreieren, erweist sich dabei als goldrichtige Entscheidung, obgleich auch dieser dritte Teil den vertrauten Erzählmustern des Genres folgt und keine größeren Überraschungen bietet. Doch wird der Geschichte zumindest eine minimal andere Note hinzugefügt, wenn die Gefahr aufgrund der neuen Figurenkonstellation plötzlich von mehr als einer Person ausgeht und sich das Horrorszenario statt auf den engen Fluren eines Hotels oder Krankenhauses nunmehr in den norwegischen Wäldern abspielt.

                                    Hier und da ist „Cold Prey 3“ ein wenig zu dunkel geraten und speziell gegen Ende treffen die Charaktere einige recht dämliche Entscheidungen, doch liegt das Prequel trotz dieser Mängel letztlich sogar hauchzart vor seinen beiden Vorgängern und erweist sich somit als überraschend gelungenes Finale der Horrortrilogie.

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                                      „Cold Prey 2“ knüpft inhaltlich nahtlos an seinen Vorgänger an und setzt die Geschichte um den bevorzugt mit einem Eispickel agierenden Killer und das verlassene Berghotel konsequent fort. Hauptschauplatz ist diesmal ein Krankenhaus, in dem der Killer abermals Angst und Schrecken unter seinen Opfern hervorruft.

                                      Die nach den furchtbaren Ereignissen im Berghotel traumatisierte Jannicke (Ingrid Bolsø Berdal) wird auf der Straße aufgelesen und in ein nahegelegenes Hospital gebracht. Anhand ihrer Beschreibung findet die Polizei mehrere Leichen in einer Gletscherspalte, welche zur Obduktion ebenfalls in das Krankenhaus überführt werden. Voller Entsetzen muss Jannicke dort mit ansehen, wie der totgeglaubte Killer zu neuem Leben erwacht…

                                      Schon „Halloween II“ (1981) wusste die von schwachem Lichtschein erhellten Krankenhausflure effektiv für sein Horrorszenario zu nutzen und so fühlt sich die „Cold Prey“-Fortsetzung über weite Strecken tatsächlich wie ein Remake des Slasher-Klassikers an. Ähnlich wie Michael Myers erhält auch der Killer aus dem Berghotel in dieser Fortsetzung zunehmend übernatürliche Fähigkeiten sowie einen Nimbus der Unbesiegbarkeit verpasst, was ihm mitunter eine geradezu mystische Aura verleiht.

                                      Wie schon der Vorgänger benötigt auch „Cold Prey 2“ eine gewisse Anlaufzeit, ehe das Gemetzel so richtig losgeht, welches diesmal allerdings eine Spur blutiger und expliziter ausfällt. Abermals gestaltet sich der Handlungsverlauf weitgehend vorsehbar und die Charaktere treffen nicht immer nachvollziehbare Entscheidungen, doch weiß auch dieser Teil mit einem gut aufgelegten Cast und atmosphärischen Schneebildern zu punkten, sodass das Niveau des Vorgängers letztlich gehalten werden kann und Genrefreunde erneut auf ihre Kosten kommen.

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                                        Der von Roar Uthaug (The Wave, Troll) inszenierte „Cold Prey“ ist ein norwegischer Slasher nach altbekanntem Strickmuster, der dem Subgenre inhaltlich zwar nichts Neues hinzufügt, dank seiner eisigen Atmosphäre und einem überzeugenden Cast aber für insgesamt gelungene Horrorunterhaltung sorgt.

                                        Jannicke (Ingrid Bolsø Berdal) macht sich mit vier Freunden auf, um in den Bergen von Jotunheimen Snowboard zu fahren. Als sich Morten Tobias (Rolf Kristian Larsen) dabei ein Bein bricht, begibt sich die Gruppe mit dem Verletzten zu einem verlassenen Hotel, das offenbar schon seit den 70er Jahren keine Gäste mehr empfangen hat und die Freunde notgedrungen die Nacht verbringen. Als sie am nächsten Morgen Hilfe holen wollen, fällt ihnen jedoch auf, dass sie nicht allein sind…

                                        Statt auf eine innovative Geschichte oder ausufernde Gewaltexzesse setzt Uthaugs Film von Beginn an auf eine stimmungsvolle Ausarbeitung des einsam gelegenen Schauplatzes sowie einen ruhigen, aber kontinuierlichen Spannungsaufbau. Dabei benötigt „Cold Prey“ zwar eine Weile, um Fahrt aufzunehmen und gestaltet sich aufgrund der vielen bekannten Genreversatzstücke auch recht vorhersehbar, hat aber auch aufgrund der verhältnismäßig gut ausgearbeiteten Charaktere reichlich Suspense und Thrill zu bieten. Dank Uthaugs handwerklichem Geschick in Kombination mit den durchaus imposanten Bildern der norwegischen Berglandschaft hebt sich „Cold Prey“ somit ein wenig von der Masse vergleichbarer Slasherfilme ab.

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                                          13 Jahre lang werkelte Regisseur James Cameron (Terminator, Titanic) an einer Fortsetzung seines Blockbusterhits, der seinerzeit zum nach Einspielergebnis erfolgreichsten Film aller Zeiten avanciert war. Nun lässt sich "Avatar: The Way of Water" endlich in den Lichtspielhäusern begutachten und entführt sein Publikum abermals in die fantastische Welt von Pandora.

                                          Über eine Dekade ist seit der großen Schlacht gegen die Menschen vergangen. Jake Sully (Sam Worthington) lebt seither als Stammesführer unter den Na'vi und hat mit seiner Frau Neytiri (Zoe Saldana) drei leibliche Kinder. Darüber hinaus hat das Paar den Menschenjungen Spider (Jack Champion) und die Jugendliche Kiri (Sigourney Weaver), die aus dem toten Avatar-Körper von Dr. Augustine geboren wurde, bei sich aufgenommen. Die Menschen um Generalin Ardmore (Edie Falco) haben derweil im Geheimen einen Plan ersonnen, um Pandora doch noch unter ihre Herrschaft zu bringen. Hierzu wurden einige der gefallenen Soldaten, darunter auch der boshafte Oberst Quaritch (Stephen Lang) als Na'vi geklont und sollen nun Jagd auf Jake und seine Familie machen...

                                          Die Fortsetzung des SciFi-Spektakels lebt abermals von den beeindruckenden Bildern Pandoras und seiner Geschöpfe. Speziell den Aufnahmen der atemberaubenden Unterwasserwelt, welche ab dem zweiten Filmdrittel im Mittelpunkt des Geschehens steht, ist jederzeit anzumerken, dass in sie die ganze visionäre Kraft des Filmemachers geflossen ist. Zu den Highlights zählen dabei etwa die Auftritte der Tulkun, riesiger walähnlicher Meeresbewohner, welchen im letzten Filmdrittel eine zentrale Rolle zukommt.

                                          Während "Avatar: The Way of Water" somit in Sachen Tricktechnik erneut Maßstäbe setzt, offenbart der Film in erzählerischer Hinsicht immer wieder Schwächen. Aus dem großen Konflikt zwischen Menschen und Na'vi, der noch den ersten Teil dominierte, wird in der Fortsetzung eine persönliche Fehde zwischen Jake und dem auf Rache sinnenden Oberst Quaritch. Andere menschliche Charakter treten nur noch am Rande auf und erst sehr spät im Film wird die Motivation der Invasoren ein wenig ausführlicher beleuchtet. Cameron verpasst in diesem Zusammenhang die Chance, der Welt von Pandora noch mehr Tiefe zu verleihen und stellt stattdessen das Duell Mann gegen Mann in den Vordergrund, welches jedoch schlicht nicht interessant genug ist, um über die mehr als dreistündige Laufzeit die Spannung aufrecht zu erhalten.

                                          Abseits des Konflikts zwischen Jake und Quaritch fühlt sich die "Avatar"-Fortsetzung über weite Strecken wie ein Coming of Age-Werk an, nimmt sich der Film doch sehr viel Zeit, um sich mit Jake und Neytiris (Adoptiv-)Kindern und ihren Sorgen, Ängsten und Streitereien zu beschäftigen. Mehr als jedes andere Werk des Regisseurs zuvor ist "Avatar: The Way of Water" daher auf ein jugendliches Zielpublikum zugeschnitten, welches mit Themen wie Mobbing, Außenseitertum und dem Aufbegehren gegen die Elterngeneration hier viele Identifikationsmöglichkeiten findet. Alsbald beginnen diese immergleichen Konfliktsituationen allerdings ein wenig zu langweilen, wenn sich etwa zum wiederholten Male ein Kind ohne Erlaubnis allein davongemacht hat und sich die verbliebenen Familienmitglieder nun erneut auf die Suche begeben. In diesem Zusammenhang fällt zudem auf, dass der sonst für seine starken Frauencharaktere bekannte Cameron in "Avatar: The Way of Water" ein streng patriarchales Familienbild zeichnet, bei dem das Wort des Vaters als Gesetz gilt.

                                          Zuschauer, die sich schon für den Vorgänger begeistern konnten, werden somit voraussichtlich auch an der Fortsetzung ihre Freude haben. Wer jedoch auf eine erzählerische Weiterentwicklung gehofft hatte, könnte mit der Rückkehr nach Pandora eine kleine Enttäuschung erleben.

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                                          • 8 .5

                                            Als "Brokeback Mountain" 2005 erschien, kam die Geschichte über zwei schwule Cowboys einem Tabubruch gleich, weshalb der Film unter der Regie von Ang Lee (Der Eissturm, Life of Pi) speziell in den USA kontroverse Debatten auslöste. Unabhängig von seiner politischen und gesellschaftlichen Brisanz und seinem Vorläuferstatus für vergleichbare Werke ist Lee ein ungemein intensives und berührendes Westerndrama gelungen, welches durch hervorragende Darstellerleistungen, malerische Landschaftsaufnahmen und eine mit sehr viel Fingerspitzengefühl erzählte Geschichte besticht.

                                            Wyoming 1963: Der junge Rancher Ennis Del Mar (Heath Ledger) und der etwa gleichaltrige Rodeoreiter Jack Twist (Jake Gyllenhaal) heuern bei einem Schafzuchtbetrieb an, um über den Sommer hinweg eine Schafherde auf dem Brokeback Mountain zu hüten. Bei der Arbeit auf dem Berg kommen sich die beiden Männer näher und verlieben sich schließlich ineinander. Die strikten Gesellschaftskonventionen und Moralvorstellungen in der Provinz machen es ihnen jedoch unmöglich, ihre Liebe öffentlich auszuleben, zumal Ennis kurz vor der Hochzeit mit seiner Verlobten Alma (Michelle Williams) steht. Obwohl Ennis und Jack sehr darum bemüht sind, den Schein zu wahren und Niemanden von ihrem Geheimnis erfahren zu lassen, lässt sie doch ihre Zuneigung füreinander auch in den nächsten Jahren nicht los...

                                            "Brokeback Mountain" erzählt auf ebenso nachvollziehbare wie einfühlsame Weise eine tragische Liebesgeschichte, die mit dem Klischee des harten Cowboys bricht, der keine Emotionen zeigt und ausschließlich den Frauen nachsteigt. Getragen von einem ausgezeichneten Ensemble, dem in weiteren Rollen u.a. noch Anne Hathaway (Interstellar), Linda Cardellini (Green Book) und Randy Quaid (Schöne Bescherung) angehören, entwickelt sich so ein ergreifendes Filmerlebnis, dessen Handlung einen Zeitraum von rund zwanzig Jahren umfasst und welches somit als sensibles Porträt zweier in den gesellschaftlichen Verhaltensnormen gefangener Männer zu begeistern weiß.

                                            Neben seiner enormen Bildgewalt und der detaillierten 60er und 70er Jahre Ausstattung zeichnet sich Lees Film zudem dadurch aus, dass auch die Nebenfiguren sehr facettenreich angelegt sind. So zählen zu den spannungsreichsten Szenen des Films etwa jene, in der sich Jack beim Familienessen mit seinem Schwiegervater (Graham Beckel) anlegt oder auch jene, in der Ennis zu Besuch bei Jacks Eltern ist, schwingt in diesen Momenten doch stets das Gefühl mit, dass die Lage jederzeit eskalieren könnte und sich die Beteiligten womöglich gegenseitig an die Gurgel gehen.

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                                              Der vorweihnachtliche Episodenfilm "Tatsächlich...Liebe" unter der Regie von Richard Curtis (Radio Rock Revolution, Alles eine Frage der Zeit) erzählt in neun lose miteinander verknüpften Geschichten vom schönsten und zugleich schmerzhaftesten Gefühl der Welt. Der starbesetzte Liebesreigen zeichnet sich dabei durch reichlich Situationskomik, ein emotionales Auf und Ab sowie sehr viel britischen Charme aus.

                                              Der alternde Rockstar Billy Mack (Bill Nighy) will es noch einmal wissen und hat einen weihnachtlichen Coversong aufgenommen. Auf der anschließenden Promotour nimmt Billy -sehr zum Missfallen seines langjährigen Managers Joe (Gregor Fisher) - kein Blatt vor den Mund und gibt unumwunden zu, dass es sich um eine Platte von mangelhafter Qualität handelt.
                                              Derweil muss sich der frisch gewählte Premierminister David (Hugh Grant) erst mit seinen neuen Aufgaben vertraut machen. Bei seiner Ankunft in der Downing Street verliebt er sich in die Hausangestellte Natalie (Martine McCutcheon), hält jedoch aufgrund ihres Arbeitsverhältnisses eine gemeinsame Zukunft für unmöglich.
                                              Indes müssen Daniel (Liam Neeson) und sein Stiefsohn Sam (Thomas Brodie-Sangster) den Tod der Ehefrau und Mutter verarbeiten. Daniel ist sehr besorgt, da sich Sam seit der Beerdigung fortwährend in seinem Zimmer einschließt, findet jedoch schließlich heraus, dass nicht allein der Verlust der Mutter den Jungen bedrückt...

                                              "Tatsächlich...Liebe" ist nicht frei von Kitsch, begeistert allerdings mit vielen witzigen Ideen, mitreißenden Musikeinlagen, pointierten Dialogen und einem bestens aufgelegten Cast. Die einzelnen Episoden sind dabei von unterschiedlicher Qualität, wobei aber nur der Handlungsstrang um den in die USA reisenden Botenjungen deutlich abfällt. Zu den Highlights zählt derweil etwa die Episode über das Ehepaar Harry (Alan Rickman) und Karen (Emma Thompson), die den Zuschauer auf eine wahre Achterbahn der Gefühle schickt. Den beiden Schauspielschwergewichten Rickman und Thompson ist dabei jederzeit anzumerken, dass sie in ihrer Karriere schon häufig zusammengearbeitet haben und sie sich mühelos die Bälle zuspielen können.

                                              Die Episode um Juliet (Keira Knightley) und Mark (Andrew Lincoln) fängt hingegen mit einer starken Hochzeitssequenz an, baut aber im weiteren Verlauf ein wenig ab. Ähnliches gilt für die Geschichte von Sarah (Laura Linney) und Karl (Rodrigo Santoro), die zu keinem befriedigenden Ende geführt wird. Genau andersherum verhält es sich mit der Episode um den Premierminister oder auch jener um den einsamen Schriftsteller Jamie (Colin Firth), welche im Finale noch einmal richtig Fahrt aufnehmen. Die wohl skurrilste Episode stellt derweil jene über die Bodydoubles John (Martin Freeman) und Judy (Joanna Page) dar, die sich bei ihrer Arbeit näherkommen.

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                                              • 7 .5

                                                Mit "Der Mann, der Liberty Valance erschoss" schuf Genreveteran John Ford (Höllenfahrt nach Santa Fe, Früchte des Zorns) einen gleichsam kritischen wie wehmütigen Abgesang auf den Wilden Westen, der sich mit Themen wie Legendenbildung, Pressefreiheit und der Gründung einer neuen Zivilisation auseinandersetzt und dabei durch ausgezeichnete Darstellerleistungen, atmosphärische Schwarzweiß-Bilder sowie eine differenzierte Charakterzeichnung besticht.

                                                Die örtliche Presse ist in Alarmbereitschaft versetzt, als der alte Senator Ransom Stoddard (James Stewart) mit seiner Ehefrau Hallie (Vera Miles) überraschend in der Kleinstadt Shinbone im Westen der USA eintrifft. Niemand scheint sich einen Reim darauf machen zu können, warum der angesehene Politiker die weite Reise aus Washington auf sich genommen hat, um nach Shinbone zu kommen. Den neugierigen Journalisten erklärt der Senator, dass er zur Beerdigung seines langjährigen Freundes Tom Doniphon (John Wayne) angereist ist, woraufhin die Pressevertreter die Geschichte hören wollen, welche die beiden Männer verband. Stoddard erzählt ihnen, wie er als junger Juraabsolvent in den Westen kam. Damals wurde die Postkutsche in der er saß, von dem gefürchteten Banditen Liberty Valance (Lee Marvin) und dessen Gefolgsleuten überfallen, er selbst jedoch von dem vorbeikommenden Tom Doniphon gerettet. Während der idealistische Stoddard den Banditen nun unbedingt vor Gericht stellen und hinter Gittern bringen wollte, vertrat Doniphon die Ansicht, dass Valance nur durch Waffengewalt zu besiegen sei...

                                                Fords Spätwestern brachte erstmals die beiden Genrelegenden Stewart und Wayne zusammen, welche hier beide den jeweiligen Rollentypus verkörpern, der sie berühmt gemacht hatte. Während Stewart den aufrechten und gesetzestreuen Idealisten repräsentiert, stellt Wayne den leicht ruppigen, aber herzensguten Mann der Tat dar, der seine Angelegenheiten lieber mit dem Colt statt mit Wortgewalt löst. Stewarts Figur steht damit stellvertretend für ein neues, zivilisiertes Amerika, derweil Waynes Charakter die Werte verkörpert, die im alten Westen gefragt waren. Das Aufeinanderprallen dieser Gegensätze zieht sich entsprechend wie ein roter Faden durch den gesamten Film.

                                                Ein ebenso bedeutsames Thema in Fords Western, welches ebenfalls eng mit dem dargestellten Epochenumbruch verknüpft ist, ist die für das Genre typische Mythenbildung und die Heroisierung einzelner Charaktere. Auf eindrückliche Weise gelingt es Ford darzulegen, dass sich hinter den meisten dieser Westernmythen kaum mehr als Schall und Rauch verbirgt und das Handeln der alten Legenden längst nicht immer so heldenhaft war. Hierbei spricht Ford insbesondere auch die Rolle der Presse an. Ein Aspekt, welcher in Zeiten von Fake-News und alternativen Fakten zusätzlich an Brisanz gewonnen hat.

                                                Hier und da trägt Fords Western auch aufgrund des schwermütigen Soundtracks vielleicht ein wenig zu dick auf, doch fällt dies angesichts seiner zahlreichen Stärken kaum ins Gewicht. Als Genrefreund sollte man lediglich darauf eingestellt sein, dass man hier nur wenig Action und keine weiten Landschaftspanoramen zu sehen bekommt, ist "Der Mann, der Liberty Valance erschoss" doch eher ein dialoggetriebenes Drama, welches sich vornehmlich in Innenräumen abspielt. Das einzige echte Manko des Films ist somit das Alter des Hauptdarstellers, ist der damalige Mittfünfziger James Stewart doch schlicht zu alt, als dass man ihm die Rolle des jungen Collegeabsolventen abnehmen könnte. Die schauspielerische Klasse Stewarts und aller weiteren Castmitglieder lässt aber auch über diesen Malus einigermaßen hinwegsehen.

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                                                • 6
                                                  Kenduskeag 13.12.2022, 12:40 Geändert 13.12.2022, 12:42

                                                  Der von Tim Burton (Sleepy Hollow, Big Fish) inszenierte "Mars Attacks!" versteht sich als schrullige Hommage an SciFi-Comics und B-Movies der 50er Jahre und kann dabei mit einigen skurrilen Ideen sowie einem spielfreudigen Ensemble überzeugen.

                                                  Als unzählige fliegende Untertassen mit unbekannter Absicht vom Mars auf die Erde zusteuern, beruft US-Präsident James Dale (Jack Nicholson) eine Krisensitzung im Weißen Haus ein, um auf die Ankunft der Außerirdischen vorbereitet zu sein. Während der bärbeißige General Decker (Rod Steiger) zu einem Präventivschlag rät, können Pressesprecher Jerry Ross (Martin Short) und Prof. Kessler (Pierce Brosnan), Vorsitzender der Raumfahrtakademie, den Präsidenten davon überzeugen, den Marsianern einen freundlichen Empfang zu bereiten. Somit wird ein Begrüßungskomitee in die Wüste Nevadas entsandt, welches die Neuankömmlinge willkommen heißen soll...

                                                  Ähnlich wie viele Katastrophenfilme verfügt "Mars Attacks!" über ein sehr großes Figurenensemble, welches zunächst in aller Ausführlichkeit vorgestellt wird. Dem prominenten Cast, welcher zu den größten Vorzügen von Burtons SciFi-Parodie zählt, gehören dabei u.a. noch Glenn Close (Eine verhängnisvolle Affäre), Annette Bening (American Beauty), Natalie Portman (V wie Vendetta) und Michael J. Fox (Zurück in die Zukunft) an. Das gut aufgelegte Ensemble ist es dann auch, welches einige schwache oder schlecht gealterte Pointen halbwegs auszugleichen vermag. Diese fallen neben den gelungenen Gags umso mehr auf, da "Mars Attacks!" zeitweise wie eine Sitcom geschnitten ist, bei der nur noch die Lacher aus der Konserve fehlen. Weniger stark ins Gewicht fallen hingegen einige schwache CGI-Effekte, da diese glücklicherweise keinen allzu großen Anteil am Film ausmachen und Burton auch immer wieder auf detailreiche Setbauten und praktische Effekte setzt.

                                                  Seine stärksten Momente hat Burtons Film derweil immer dann, wenn er auf muntere Weise Filme wie "Kampf der Welten" (1953), "Angriff der Killertomaten" (1978) oder auch die "Godzilla"-Reihe zitiert, weshalb speziell Fans abseitiger oder auch trashiger SciFi-Kost ihre Freude an "Mars Attacks!" haben dürften. Verbunden wird dies mit einer zynischen Sichtweise auf Politik und Gesellschaft, zeichnen sich die Regierungsvertreter in Burtons Film doch in erster Linie durch ihre Naivität im Angesicht der Bedrohung durch die Marsianer aus. So könnte man dem Film gar eine Geisteshaltung zusprechen, laut der das Streben nach friedlichen Lösungen im Angesicht von Krieg und Terror nicht mehr als gutgläubiges Wunschdenken ist.

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                                                  • Kenduskeag 08.12.2022, 17:07 Geändert 08.12.2022, 17:07

                                                    So weit draußen gehe ich dann doch eher selten fischen, aber ein paar Filme hab ich dann doch zusammen bekommen. Hab alle genommen, denen ich mindestens 7 Punkte (=sehenswert) gegeben habe und die bei unter 500 Bewertungen stehen.

                                                    https://letterboxd.com/castlerock/list/filmempfehlungslistennetzwerk/

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