Kenduskeag - Kommentare

Alle Kommentare von Kenduskeag

  • 10

    Das Gesicht einer hübschen, begehrenswerten Frau. Unser Blick streift ihre vollen Lippen, ihre Nase, ihre Augen. Verharrt bei einem Auge, das sich plötzlich wie vor Entsetzen weitet. Das Bild färbt sich rot. Eine Spirale erscheint, wechselt von lila zu grün zu orange. Zieht uns hinein, tiefer und tiefer - mitten in das Reich der Toten.

    Seit einer seiner Kollegen bei einem Einsatz von einem Häuserdach in den Tod gestürzt ist, ist der unter starker Höhenangst leidende John 'Scottie' Ferguson (James Stewart) schwer traumatisiert und hat seinen Dienst bei der Polizei von San Francisco quittiert. Seine platonische Freundin Midge (Barbara Bel Geddes) versucht ihn daher aufzumuntern und eine neue Aufgabe für ihn zu finden. Da meldet sich unerwartet Scotties alter Schulfreund Gavin Elster (Tom Helmore) und bittet den Ex-Polizisten, seine Frau Madeleine (Kim Novak) zu beschatten. Diese benimmt sich in letzter Zeit recht sonderbar und scheint immer wieder Orte aufzusuchen, die in Zusammenhang mit ihrer schrecklichen Familiengeschichte stehen...

    Der Titel von Alfred Hitchcocks ebenso rätselhaftem wie vielschichtigem Psychothriller bezieht sich auf den medizinischen Fachausdruck für Schwindelgefühl, welches im Verlauf der Handlung - in doppeldeutiger Hinsicht - eine zentrale Rolle einnimmt. Die clever konstruierte und mit gleich mehreren überraschenden Wendungen versehene Geschichte erzählt dabei auf einnehmende Weise von Wahn und Obsession, von Liebe und Depression, von Verlustangst und dem Bestreben, einen Menschen den eigenen Vorstellungen entsprechend umformen zu können. Dabei vermischen sich immer wieder Traum und Wirklichkeit, sodass "Vertigo" zahlreiche Ansätze zur Interpretation liefert, welche gar soweit gehen, dass sich die gesamte Erzählung lediglich in der Fantasie des von Schuldgefühlen geplagten Protagonisten abspielt.

    Neben grandiosen Schauspielleistungen und einem starken Bernard Herrmann Score begeistert Hitchcocks Thriller auch auf visueller Ebene, bietet "Vertigo" doch zahlreiche traumhafte Aufnahmen von San Francisco und Umgebung und weiß zudem besonders durch seine markante Farbgebung Akzente zu setzen. Berühmt ist der Film darüber hinaus für den nach ihm benannten Kameraeffekt, welcher später u.a. auch in "Der weiße Hai" (1975), "Poltergeist" (1982) und "Der Herr der Ringe: Die Gefährten" (2001) Verwendung fand und der Scotties Höhenangst eindrucksvoll zu unterstreichen weiß.

    34
    • 6

      Das erschütternde Drama "In my Country" unter der Regie von John Boorman (Beim Sterben ist jeder der Erste, Excalibur) befasst sich anhand von Einzelschicksalen mit den Verbrechen der Apartheid sowie deren Aufarbeitung durch die Wahrheits- und Versöhnungskommission.

      Südafrika 1995: Die Radiomoderatorin Anna Malan (Juliette Binoche) ist froh über das Ende der staatlich festgelegten Rassentrennung in ihrem Land und möchte zur Versöhnung zwischen Schwarzen und Weißen beitragen, indem sie an den Anhörungen teilnimmt, bei denen Mitbürger von den grausamen Verbrechen erzählen, die ihnen in den vergangenen Jahrzehnten angetan wurden. Dabei lernt sie den Afroamerikaner Langston Whitfield (Samuel L. Jackson) kennen, der eine kritische Haltung gegenüber den Aufarbeitungsprozessen einnimmt und im Bitten der Täter um Amnestie keine aufrichtige Reue erkennen kann. Trotz ihrer gegensätzlichen Positionen arbeiten Anna und der Journalist alsbald zusammen und decken so noch weitere Gräueltaten auf...

      Auf beinahe dokumentarische Art und Weise erzählt Boormans Drama von den Grausamkeiten der Apartheid, von Folter und Mord sowie vom Wunsch nach Frieden und Aussöhnung zwischen Tätern und Opfern. Die einzelnen Geschichten, welche der Kommission im Verlauf des Films vorgetragen werden, sind dabei wahrhaft grauenerregend, erzielen jedoch nicht immer die volle emotionale Wirkung, da Boormans Film immer wieder in Gefahr gerät, lediglich die Betroffenheit der Anwesenden darzustellen. So hätte es "In my Country" etwa deutlich besser zu Gesicht gestanden, die Protagonistin als toughe Powerfrau zu zeigen, statt sie gleich mehrmals einen Heulkrampf bekommen zu lassen. Darüber hinaus hätte Boorman einige intensive Momente durchaus noch länger ausspielen können, springt der Film doch mitunter sehr schnell von einer Szene zur nächsten und erscheint daher an vielen Stellen unrund und abgehackt.

      Gleichzeitig enthält das Apartheidsdrama jedoch auch einige sehr berührende Momente, wozu erstaunlicherweise besonders jene Szenen zählen, in denen die Hauptfiguren fröhlich sind und miteinander lachen, tanzen und singen. Zudem gibt es ein paar sehr hübsche Landschaftsbilder vom afrikanischen Kontinent zu sehen und auch der Cast, dem u.a. noch Menzi Ngubs Ngubane (How to steal 2 Million) und Brendan Gleeson (Brügge sehen...und sterben?) angehören, macht seine Sache insgesamt recht ordentlich, sodass "In my Country" nicht nur für Geschichtsinteressierte durchaus einen Blick wert ist.

      27
      • 4

        Elf Jahre nach dem dritten Teil schob Horror-Altmeister Wes Craven (Nightmare on Elm Street, Red Eye) Teil 4 seiner Erfolgsreihe "Scream" hinterher und brachte so abermals das Grauen in die Kleinstadt Woodsboro. Leider ist Cravens letzte Regiearbeit jedoch nicht mehr als ein lahmer Aufguss, der die Qualitäten der Vorgänger vermissen lässt und sich in völlig misslungenen Meta-Gags verliert.

        Anlässlich der Präsentation ihres neuesten Buches kehrt Sidney Prescott (Neve Campbell) in ihre Heimatstadt Woodsboro zurück, wo sie auf ihre alten Weggefährten Dewey (David Arquette) und Gale (Courteney Cox) trifft. Doch schon unmittelbar nach ihrer Ankunft beginnt abermals eine unheimliche Mordserie, die frappierende Gemeinsamkeiten zu den früheren Ghostface-Taten aufweist. Zu allem Unglück scheint der Killer auch noch Sidneys Cousine Jill (Emma Roberts) und ihren Freundeskreis ins Visier genommen zu haben...

        Zeichnete die vorherigen "Scream"-Teile trotz aller Anspielungen und Meta-Spielereien auch immer noch eine clever erdachte und zum munteren Miträtseln einladende Geschichte sowie ein gewisser Gruselfaktor aus, so ist hiervon in Teil 4 kaum noch etwas übrig geblieben. Stattdessen wird der Anteil an Querverweisen und Film-im-Film Sequenzen nun noch einmal deutlich erhöht, was bereits beim überlangen Mehrfach-Prolog beginnt, der als Auftakt geradezu katastrophal missraten ist und an die schwächeren Beiträge der "Scary Movie"-Reihe erinnert.

        Deutlich gelungener fällt dagegen das Wiedersehen mit der alten Garde der Hauptakteure aus, obgleich Neve Campbell in diesem Film relativ lustlos agiert und somit eher die kleinen Reibereien zwischen dem von Arquette verkörperten Sheriff und der von Cox gespielten Journalistin bei Laune halten. Wenig vorwerfen lässt sich auch der Riege an Jungdarstellern, zu welcher u.a. noch Hayden Panettiere (I love you, Beth Cooper) und Rory Culkin (Lords of Chaos) zählen.

        Doch ist "Scream 4" in seinem Verlauf viel zu ausrechenbar und die Zahl der innovativen Ideen viel zu überschaubar, als dass der Film den Spannungsregler für längere Zeit im oberen Bereich halten könnte. Stattdessen nimmt die Selbstbezüglichkeit einen viel zu großen Raum ein, sodass die Handlung immer wieder ausgebremst wird und beinahe jede Dialogzeile mit einer ironischen Brechung enden muss.

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        • 5

          Mit "Der Teufelshauptmann" schuf Regielegende John Ford (Früchte des Zorns, Der Schwarze Falke) einen extrem sentimentalen und pathosgeschwängerten Kavallerie-Western, der ein sehr wehmütiges und beschönigendes Bild der US-Armee zeichnet und zugleich einen roten Handlungsfaden vermissen lässt.

          Der kurz vor der Pensionierung stehende Hauptmann Nathan Brittles (John Wayne) zieht nur kurze Zeit nach der vernichtenden Niederlage am Little Big Horn zu seiner letzten Patrouille aus. Er hat den Auftrag erhalten, die junge Olivia Dandridge (Joanne Dru) und ihre Tante (Mildred Natwick) sicher zur nächsten Postkutschenstation zu eskortieren. Die attraktive Olivia wird dabei von zwei rivalisierenden Jung-Offizieren unter Brittles' Kommando umworben. Sie lässt die beiden Männer jedoch im Unklaren darüber, an wen sie ihr Herz vergeben hat, was unterwegs zu einigem Ärger führt...

          Zu beschreiben, worum es in "Der Teufelshauptmann" überhaupt geht, gestaltet sich als äußerst schwierig. Ist Fords Western nun ein bloßes Loblied auf den Mut der kampftüchtigen US-Armee oder doch eher ein Film über einen alternden Anführer auf seiner letzten Mission? Oder soll vielleicht die Dreiecksbeziehung zwischen Olivia und ihren beiden Verehrern das Kernthema bilden? Selbst nach Ende des Films lässt sich das kaum beantworten, erscheint "Der Teufelshauptmann" doch über weite Strecken wie eine bloße Aneinanderreihung von für sich genommen zwar recht unterhaltsamen Szenen, die aber nicht zu einem großen Erzählbogen zusammengefügt werden. Spätestens bei einer Kneipenschlägerei im letzten Drittel, welche ebenso gut aus einem Spencer/Hill-Streifen stammen könnte, wird es dann regelrecht kurios und der Film scheint endgültig seinen Fokus verloren zu haben.

          Positiv hervorzuheben sind indes die mittels des Technicolor-Farbverfahrens gedrehten Landschaftsbilder des Monument Valley sowie die guten Leistungen der Castmitglieder. Speziell Hauptdarsteller John Wayne liefert eine Performance ab, die wohl mit zu den besten seiner frühen Karriere zählen dürfte. Dies kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass von der ideenarmen Geschichte letztlich nur ein Ohrwurm von den Soldatenliedern bleibt.

          24
          • 5 .5

            Nach dem gewaltigen Erfolg von "Das Schweigen der Lämmer" gewann das Subgenre des Serienkillerfilms in den 90ern zunehmend an Popularität. Im Zuge dessen erschien auch "Jennifer 8" unter der Regie von Bruce Robinson (Whitnail & I, The Rum Diary), welcher sich als recht atmosphärischer Genrevertreter entpuppt, der jedoch unter so einigen Logiklücken leidet und bisweilen etwas zäh daherkommt.

            Als auf einer Mülldeponie eine abgetrennte Frauenhand gefunden wird, nimmt sich der erst kürzlich in die Stadt gezogene John Berlin (Andy Garcia) gemeinsam mit seinem Partner Freddy Ross (Lance Henriksen) der Sache an. Schon bald glaubt Berlin, einem Serienmörder auf der Spur zu sein, der es auf blinde Frauen abgesehen hat. Wichtige Informationen erhofft sich Berlin von der ebenfalls blinden Helena (Uma Thurman), deren Mitbewohnerin dem Killer bereits zum Opfer gefallen ist und von der er annimmt, dass sie die Nächste sein könnte...

            "Jennifer 8" punktet vor allem mit vielen stark eingefangenen Bildern von regennassen oder schneebedeckten Straßen und dunklen Häuserschluchten. Darüber hinaus verfügt Robinsons Film über einen gut aufgelegten Cast, dem u.a. noch Kathy Baker (Edward mit den Scherenhänden) und John Malkovich (Burn After Reading) angehören. Dabei erreicht er jedoch zu keiner Zeit die Intensität von Filmen wie "Sieben" (1995) oder dem bereits erwähnten "Das Schweigen der Lämmer" (1991), sondern bewegt sich die meiste Zeit über im soliden Mittelmaß.

            Störend fallen zudem einige Ungereimtheiten auf, die sich durch die ganze Geschichte ziehen. So gibt es etwa kaum eine plausible Erklärung dafür, warum Helena den Killer nicht hören kann, während dieser sie in ihrer Badewanne fotografiert. Darüber hinaus lässt sich auch den Gedankengängen der Ermittler mitunter nur schwer folgen und auch das Motiv des Täters erweist sich als sehr weit hergeholt. Trotz aller Mängel ist "Jennifer 8" aber dann doch noch unterhaltsam genug, als dass man als Zuschauer gerne bis zum Schluss am Ball bleibt. Wer sich für Filme wie die ähnlich gelagerten "...denn zum Küssen sind sie da" (1997) oder "Der Knochenjäger" (1999) begeistern kann, kann somit auch hier getrost einen Blick riskieren.

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            • 7 .5

              Der von Franklin J. Schaffner (Planet der Affen, The Boys from Brazil) inszenierte "Papillon" ist ein ebenso fesselnder wie bewegender 70er Jahre-Blockbuster, der mit aufwendigen Kulissen, starkem Schauspiel sowie einer in ihren Grundzügen zwar altbekannten, aber dennoch abwechslungsreichen Geschichte auftrumpft.

              In den 1930er Jahren werden hunderte französische Strafgefangene in die Strafkolonie Französisch-Guayana deportiert, wo sie abgeschirmt von der Außenwelt und unter menschenunwürdigen Bedingungen in ewiger Verbannung leben. Zu den Gefangenen gehört auch der aufgrund eines tätowierten Schmetterlings auf seiner Brust von allen nur 'Papillon' gerufene Henri Charrière (Steve McQueen), der wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, obgleich er wiederholt seine Unschuld beteuert. Während der Überfahrt freundet sich Papillon mit dem Fälscher Louis Dega (Dustin Hoffman) an, welcher in einer Kapsel in seinem Enddarm größere Geldmengen bei sich führt. Da dies unter den Gefangenen jedoch ein offenes Geheimnis darstellt, muss der schmächtige Dega fürchten, dass man ihn töten wird, um an sein Geld zu gelangen. Als Papillon hiervon erfährt, bietet er sich Dega als Leibwächter an. Im Gegenzug soll der Fälscher ihm durch Bestechung der Wärter zur Flucht verhelfen...

              "Papillon" erzählt die teils spektakuläre Geschichte eines Mannes, dessen unbändiger Freiheitsdrang ihn trotz aller Folter und allen Elends immer weiter kämpfen lässt. Das mag zwar für den modernen Zuschauer recht beliebig klingen, sind doch seither zahlreiche ähnlich gelagerte Gefängnisfilme erschienen, doch entfaltet Schaffners Werk auch heute noch eine gewisse erzählerische Wucht und weiß auch dank der großartigen Leistungen von McQueen und Hoffman nach wie vor zu begeistern. Als weiterer Vorzug des Films erweist sich zudem, dass "Papillon" nicht ausschließlich innerhalb der Gefängnismauern spielt, sondern durch das tropische Inselsetting zugleich auch einen starken Abenteuercharakter entfaltet. Angesichts dessen lässt sich auch über einige langatmige Passagen - wie etwa die Darstellung von Papillons Einzelhaft - problemlos hinwegsehen.

              Erwähnenswert ist außerdem, dass Schaffners Film in einigen Teilen mit nur sehr wenigen oder sogar ganz ohne Dialoge auskommt. Statt auf pathetische Reden setzt Schaffner vielmehr auf die Kraft der Bilder in Kombination mit dem wunderbaren Jerry Goldsmith Score. So wird etwa auch die Freundschaft zwischen Papillon und Dega hauptsächlich anhand von Blicken und Gesten vermittelt.

              26
              • 6

                Der auf einem Roman von Josephine Leslie basierende "Ein Gespenst auf Freiersfüßen" vermengt auf charmante Weise Geistergeschichte, Romanze und Komödie und weiß dabei durch gute Kameraarbeit und überzeugende Darsteller zu gefallen.

                London zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Die selbstbewusste Witwe Lucy Muir (Gene Tierney) entschließt sich ein Jahr nach dem Tod ihres Ehemannes an die Küste zu ziehen und dort zusammen mit ihrer kleinen Tochter Anna (Natalie Wood) ein neues Leben zu beginnen. Entgegen aller Bedenken des Maklers erwirbt sie die direkt am Meer gelegene Villa Gull Cottage, in der der Geist des vorherigen Eigentümers - eines bärbeißigen Seemanns - seit dessen Selbstmord umherspuken soll. Und tatsächlich macht die Witwe bald Bekanntschaft mit jenem Geist, der sich ihr als Captain Daniel Gregg (Rex Harrison) vorstellt und schon nach kurzer Zeit ein Auge auf die attraktive junge Frau zu werfen scheint...

                Die eher dünne, fabelähnliche Geschichte scheint auf den ersten Blick nicht allzu viel herzugeben, gewinnt aber durch das inszenatorische Geschick von Joseph L. Mankiewicz (Alles über Eva, Cleopatra) und die wunderbare Chemie zwischen dem Hauptdarstellerpaar an Qualität. Dennoch gestaltet sich speziell die erste Filmhälfte etwas monoton und hätte durchaus ein paar zusätzliche Handlungsimpulse vertragen können, sodass in dieser Phase lediglich die mit Seefahrtsmetaphern gespickten Dialoge zwischen dem Geist und der Witwe bei Laune halten.

                Etwas abwechslungsreicher gestaltet sich indes die zweite Hälfte des Films, in der die Protagonistin die Memoiren des Captains niederschreibt und mit dem Autor Miles Fairley (George Sanders) ein Nebenbuhler auf den Plan tritt. Dabei erweist sich Mankiewicz' Geisterromanze besonders unter emanzipatorischen Gesichtspunkten als interessant, verfügt der Film mit Mrs. Muir doch über eine bemerkenswert starke und unabhängige Frauenfigur, die weder auf ihre Rolle als Mutter noch auf die Rolle der Liebhaberin reduziert wird und die den ganzen Film über eigenständige Entscheidungen trifft.

                23
                • 7

                  Der blutige Spätwestern "The Wild Bunch" unter der Regie Sam Peckinpahs (Getaway, Convoy) versteht sich als schonungslose Auseinandersetzung mit Themen wie Rechtlosigkeit und Gewalt, begeistert mit einigen spektakulären Actionszenen und scheut sich dabei nicht vor drastischen Bildern.

                  Amerika zur Zeit der mexikanischen Revolution: Der alternde Pike Bishop (William Holden) ist Anführer einer Bande Gesetzloser, die beim Überfall auf die Kasse einer Eisenbahngesellschaft in einen Hinterhalt von Kopfgeldjägern unter der Führung von Bishops einstigem Freund Deke Thornton (Robert Ryan) geraten. Die Schießerei endet in einem brutalen Massaker, bei dem auch zahlreiche Unbeteiligte getötet werden. Bishop selbst kann jedoch mit seinen verbliebenen Gefährten entkommen und flüchtet über die Grenze nach Mexiko, wo sie Bekanntschaft mit dem skrupellosen General Mapache (Emilio Fernández) machen, der der Bande einen Deal vorschlägt...

                  Schon eine Szene während des Vorspanns gibt die Richtung für den weiteren Verlauf von Peckinpahs bleihaltiger Westernballade vor. Darin sind spielende Kinder zu sehen, die Skorpione und Ameisen eingefangen haben und diese gegeneinander kämpfen lassen. Anschließend decken die Kinder Gras über die Tiere und zünden sie an. Auf diese Weise verdeutlicht Peckinpahs Film anschaulich die menschliche Freude am Töten und die Sinnlosigkeit von gewalttätigen Auseinandersetzungen jeder Art. Obwohl auch im späteren Verlauf die explizite Darstellung der Gewalt eine große Rolle spielt und einzelne Momente gar aus einem Splatterfilm stammen könnten, verherrlicht "The Wild Bunch" das Vorgehen der Protagonisten jedoch zu keiner Zeit. Vielmehr erscheinen die Taten von Pike Bishop und seiner Bande ähnlich verabscheuenswürdig wie jene des mexikanischen Generals oder die der Kopfgeldjäger.

                  Da zudem auch der Cast, dem u.a. noch Ernest Borgnine (Der Flug des Phoenix), Warren Oates (In der Hitze der Nacht) und Ben Johnson (Die letzte Vorstellung) angehören, zu überzeugen weiß, verzeiht man Peckinpahs Western auch ein paar kleinere Längen, welche u.a. durch einige Rückblenden entstehen, die wohl den Charakteren zusätzlich Tiefe verleihen sollen, jedoch letztlich wie bloßes Füllmaterial wirken.

                  26
                  • 7 .5

                    Angelehnt an Homers "Odyssee" und mit zahlreichen Verweisen auf Bibel und Popkultur versehen, schufen die Coen-Brüder (The Big Lebowski, True Grit) mit "O Brother, Where Art Thou?" ein episodenhaftes Roadmovie, das mit guten Schauspielleistungen, charmanten Gesangseinlagen und einer guten Portion schrägen Humors zu unterhalten weiß.

                    Mississippi 1937: Ulysses Everett McGill (George Clooney) gelingt mit seinen Freunden Pete (John Turturro) und Delmar (Tim Blake Nelson) die Flucht aus einer Gruppe von aneinandergeketteten Strafgefangenen. Gemeinsam machen sich die drei Männer auf den Weg zu einem Tal, wo Ulysses die Beute aus seinem letzten Raubzug versteckt haben will. Dabei müssen sie sich beeilen, denn in wenigen Tagen soll das Tal durch den nahegelegenen Staudamm geflutet werden. Zudem müssen sie aufpassen, nicht wieder von der Polizei gefasst zu werden. Auf ihrer Reise durch den Bundesstaat begegnen sie allerlei skurrilen Gestalten und geraten in so manch brenzlige Situation...

                    Vom Start weg legt "O Brother, Where Art Thou?" ein recht gutes Tempo vor. Ohne längere Einführung wird der Zuschauer direkt in das Geschehen geworfen und lernt die drei Protagonisten erst nach und nach durch ihr Verhalten auf der Flucht kennen. Munter bedient sich der Film dabei bei Begriffen und Motiven aus der griechischen Mythologie, was sich schon beim Namen des von Clooney verkörperten Sträflings zeigt. So tauchen dann im weiteren Verlauf des Films u.a. ein an den Fährmann erinnernder Draisinen-Fahrer, verführerische Sirenen oder auch ein dem Zyklopen Polyphem ähnelnder Bibelverkäufer in Gestalt von John Goodman auf. Angereichert wird dies mit christlicher Symbolik, einem klaren Plädoyer gegen Rassenhass sowie reichlich Countrymusik.

                    Zum Erfolg dieser ungewöhnlichen Mischung, die darüber hinaus auch einige herrliche Landschaftsbilder und ein wenig Action bereithält, trägt derweil vor allem auch das großartig aufspielende Schauspielensemble bei, welchem u.a. noch Holly Hunter (Das Piano) und Charles Durning (Tootsie) angehören und das die zumeist etwas begriffsstutzigen, dafür aber mit einer gewissen Bauernschläue gesegneten Charaktere zum Leben erweckt.

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                    • 7
                      über Sabrina

                      Die Dreiecksromanze "Sabrina" markiert einen entscheidenden Wendepunkt im Wirken von Billy Wilder (Sunset Boulevard, Manche mögen's heiß), wandte sich der zuvor hauptsächlich auf düstere Noir-Stoffe abonnierte Regisseur doch fortan mehr und mehr dem Komödienfach zu. Die in stilsichere Schwarzweiß-Bilder gehüllte Aschenputtel-Variation über eine unglücklich verliebte Chauffeurstochter vereint dann auch entsprechend melancholische und heitere Elemente zu einem charmanten Filmerlebnis.

                      Die schüchterne Sabrina (Audrey Hepburn) ist seit frühester Kindheit in David Larrabee (William Holden) verliebt, den Angehörigen einer wohlhabenden Familiendynastie, für die Sabrinas Vater (John Williams) als Chauffeur tätig ist. David ist ein Lebemann und Frauenheld, der bereits mehrere gescheiterte Ehen hinter sich hat und sich damit ganz und gar von seinem älteren Bruder Linus (Humphrey Bogart) unterscheidet, der schon seit langer Zeit alleinstehend ist und in erster Linie das Wohlergehen der Firma im Sinn hat. Nach einer zweijährigen Ausbildung zur Köchin in Paris kehrt das einst zurückhaltende Mädchen als kultivierte junge Dame nach Hause zurück, wo ihr ihr Schwarm David erstmals die erhoffte Aufmerksamkeit schenkt. Linus indes betrachtet die sich anbahnende Verbindung zwischen der Chauffeurstochter und seinem jüngeren Bruder mit Skepsis...

                      Im Vergleich zu manch späteren Werken des Regisseurs ist "Sabrina" weniger temporeich angelegt und brennt auch nicht solch ein Feuerwerk an genialen Pointen ab, obgleich auch dieser Film einige sehr starke Lacher hervorbringt. Vielmehr startet die Geschichte um das unglückliche Mauerblümchen eher schwermütig. So wird Sabrina in einer frühen Szene von Linus gar bei dem Versuch ertappt, sich in der Autogarage das Leben zu nehmen. Erst mit ihrer Kochausbildung in Paris verändert sich nicht nur das Selbstbewusstsein der Protagonistin, sondern auch die Tonalität des Films. Dennoch bewahrt sich Wilders Werk bis zum Schluss eine gewisse Wehmut.

                      Die Geschichte selbst ist derweil sehr klassisch angelegt und lässt sich in groben Zügen schon recht früh erahnen. Dank Wilders Gespür für doppelbödige Dialoge sowie des gut aufspielenden Darstellerensembles, aus dem die bezaubernde Audrey Hepburn mit ihrem gewinnenden Charme noch einmal besonders hervorsticht, kommt jedoch zu keiner Zeit Langeweile auf. Wem also der Sinn nach einer leicht märchenhaft angehauchten Liebeskomödie steht, ist bei "Sabrina" definitiv an der richtigen Adresse.

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                      • 6 .5

                        Der von Steven Soderbergh (Ocean's Eleven, Contagion) inszenierte Psychothriller "Side Effects" befasst sich mit Themen wie Medikamentensucht, Machtgier, Depressionen und dem großen Einfluss der Pharmaindustrie und kombiniert diese mit einem geradezu labyrinthischen Geflecht aus Lügen und Intrigen.

                        Die 28-Jährige Emily Taylor (Rooney Mara) leidet schon seit Jahren an starken Depressionen. Ihr einst glückliches, luxuriöses Leben mit ihrem Ehemann Martin (Channing Tatum) fand ein jähes Ende, als Martin wegen Insiderhandels zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Während Martin noch glaubt, dass sich mit seiner Entlassung alles zum Guten wenden wird, begeht Emily mit ihrem Wagen einen Selbstmordversuch. Daraufhin nimmt der Psychiater Dr. Jonathan Banks (Jude Law) sich der jungen Frau an und verschreibt ihr ein neuartiges Antidepressivum. Zunächst scheint das Medikament erfolgreich seine Wirkung zu entfalten, sodass Emily sich vorübergehend besser fühlt. Dann aber treten plötzlich furchtbare Nebenwirkungen auf...

                        "Side Effects" startet eher schleppend und nimmt sich ausgiebig Zeit, um die wichtigsten Charaktere einzuführen und insbesondere das Krankheitsbild der Protagonistin zu beleuchten. Spätestens ab der Mitte nimmt Soderberghs Thriller jedoch merklich an Fahrt auf und entwickelt sich zu einem fesselnden Spiel um Täuschung und Machtmissbrauch. Wohl um den Gemütszustand der Protagonistin für den Zuschauer noch deutlicher zu machen, setzt Soderbergh auf eine milchige Optik und viele Grautöne. Wie vom Regisseur gewohnt, geht "Side Effects" dabei auf ebenso nüchterne wie betont sachliche Art an die brisante Thematik heran und verzichtet fast vollständig auf Action und lockere Sprüche. Zum insgesamt positiven Eindruck trägt indes vor allem auch die stark aufspielende Darstellerriege bei, zu welcher u.a. noch Vinessa Shaw (The Hills have Eyes), Ann Dowd (Hereditary) und Catherine Zeta-Jones (Die Maske des Zorro) zählen.

                        Leider opfert Soderbergh seine Anklage gegen die Skrupellosigkeit der Pharmaindustrie im späteren Verlauf mehr und mehr zugunsten immer neuer Wendungen, welche sich nicht immer ganz stimmig in das Gesamtgeschehen einfügen und zum Teil recht übertrieben erscheinen. Somit verhindert das Vorantreiben des Thrillerplots letztlich ein noch kraftvolleres Plädoyer gegen eine Gesellschaft, die an ihrer eigenen Medizin zu Grunde zu gehen droht.

                        30
                        • 6

                          Der von Actionspezialist Renny Harlin (Cliffhanger, Tödliche Weihnachten) inszenierte Psychothriller "Mindhunters" bietet ein recht munteres Katz-und-Maus-Spiel mit Anleihen bei Agatha Christie, das zwar sehr konstruiert und nicht in Gänze durchdacht erscheint, dafür aber mit einigen Wendungen für launige Unterhaltung sorgt.

                          Sara Moore (Kathryn Morris) und J.D. Reston (Christian Slater) gehören einer Gruppe von FBI-Agenten an, die im Zuge einer Profilerausbildung von ihrem Vorgesetzten Jake Harris (Val Kilmer) auf eine abgelegene Insel gebracht werden, wo sie die Jagd auf einen Serienkiller simulieren sollen, welcher unter dem Decknamen 'Der Puppenspieler' auftritt. Schon bald zeigt sich jedoch, dass es auf der Insel nicht mit rechten Dingen zugeht und aus dem Prüfungsverfahren wird tödlicher Ernst...

                          "Mindhunters" erinnert mit seinem Szenario einer von der Außenwelt abgeschotteten Gruppe, welche sich wahlweise einer übernatürlichen Macht oder eines fallenstellenden Killers erwehren muss, an Filme wie "D-Tox" (2002) oder "Saw" (2004) oder auch an so manchen Gruselhausbeitrag wie "Das Geisterschloss" (1999) oder "Haunted Hill" (1999). Trotz einiger derber Gewaltspitzen und überraschender Splattereffekte herrscht in Harlins Psychothriller jedoch keine allzu düstere Grundstimmung vor, was auch an so manch lockerem Spruch liegt, den die Protagonisten auf den Lippen haben.

                          Wer die Vorgänge nicht allzu sehr hinterfragt und über die eine oder andere Ungereimtheit hinwegsehen kann, bekommt aber dennoch eine über weite Strecken packende Serienmörderjagd geboten, zu der auch der solide agierende Cast, dem u.a. noch LL Cool J (Deep Blue Sea), Jonny Lee Miller (Trainspotting) und Clifton Collins jr. (187 - Eine tödliche Zahl) angehören, seinen Beitrag leistet.

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                          • 5

                            "Das Auge" unter der Regie Stephan Elliotts (Ein schräger Vogel, Priscilla - Königin der Wüste) ist ein psychedelisch angehauchter Mysterythriller und zugleich ein Remake des gleichnamigen französischen Films von 1983, der zwar eine durchaus interessante Geschichte erzählt, dabei aber über weite Strecken sehr wirr und spannungsarm daherkommt.

                            Der den Decknamen 'Das Auge' tragende Überwachungsspezialist Stephen Wilson (Ewan McGregor) wird mit der Observation eines Diplomatensohns (Steven McCarthy) beauftragt, dem vorgeworfen wird, Geld von einem Treuhandkonto veruntreut zu haben. Stephen vermutet, dass der Mann von seiner Geliebten Joanna (Ashley Judd) erpresst wird. Als Joanna ihren Liebhaber vor Stephens Augen auf grausame Weise umbringt, reift in dem Agenten die Erkenntnis, dass er einer Serienmörderin auf der Spur ist, die quer durchs Land zieht, um reihenweise Männer zu verführen und anschließend zu töten. Schon bald erliegt auch Stephen, der sehr unter der Trennung von Ehefrau und Tochter leidet, der erotischen Ausstrahlung der attraktiven Killerin...

                            Um der Handlung von Elliotts Mysterythriller in all ihren Details folgen zu können, bedarf es einer hohen Aufmerksamkeit seitens der Zuschauer, vermischt der Film doch Rückblenden, Träume und Visionen und springt in rascher Folge von einem Schauplatz zum nächsten. Sonderlich spannungsintensiv geht es dabei zwar kaum einmal zu, doch ist jederzeit spürbar, dass dem Film mit dem Roman von Marc Behm eine starke Buchvorlage zugrunde liegen muss. Gelungen sind darüber hinaus auch einige kreative Szenenübergänge, welche die Vermischung von Traum und Realität zusätzlich betonen.

                            Insgesamt gestaltet sich "Das Auge" jedoch viel zu unzusammenhängend und episodenhaft, um einen Handlungsfluss zu erzeugen, welcher den Zuschauer auf ähnliche Weise in den Bann ziehen könnte, wie es die begehrenswerte Serienmörderin mit dem Protagonisten tut.

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                            • 7 .5

                              Es sagt eine Menge über die Qualität eines Films aus, wenn es ihm gelingt, ein Thema unterhaltsam und mitreißend zu präsentieren, für das sich viele (europäische) Zuschauer sonst überhaupt nicht interessieren. Zu diesen Filmen zählt das von Bennett Miller (Capote, Foxcatcher) inszenierte Sportdrama "Moneyball", das sich mit der hierzulande eher unpopulären Sportart Baseball sowie damit verbundenen Statistiken beschäftigt.

                              Billy Bean (Brad Pitt) ist Teammanager der Oakland Athletics, einem der finanzschwächsten Vereine in der Major League Baseball. Der sportliche Erfolg bleibt schon seit längerer Zeit aus und die wenigen Topspieler des Clubs wechseln zu potenten Konkurrenten. Da begegnet Billy dem jungen Peter Brand (Jonah Hill), der in Yale Wirtschaft studiert hat und mittels eines computergestützten Statistikverfahrens Baseballspieler herausfiltert, die im klassischen Auswahlverfahren durchs Raster gefallen sind, da ihre eigentlichen Stärken aufgrund anderer Ausschlusskriterien nicht erkannt wurden. Gemeinsam stellen die beiden Männer auf Basis dieses neuen Verfahrens ein völlig verändertes Team für Oakland zusammen, welches sich anschickt, die bisher geltenden Gesetze des Baseball ad absurdum zu führen...

                              Millers visuell ansprechendes, vornehmlich in gedeckten Grüntönen gehaltenes Sportdrama zeichnet sich nicht unbedingt durch besonders intensive Spannungshöhepunkte oder dramatische Zuspitzungen aus, begeistert dafür aber mit einer einnehmenden, clever aufgebauten Geschichte, pointierten Dialogen sowie einem stark aufspielenden Cast, zu dem u.a. noch Chris Pratt (Jurassic World) und Philip Seymour Hoffman (Glaubensfrage) gehören.

                              Miller lässt sich dabei ausreichend Zeit, um seinem Publikum die wichtigsten Charaktere und ihre Beweggründe näher zu bringen, sodass sich der Löwenanteil des Films abseits des Feldes abspielt und "Moneyball" so eher zum Porträt eines ehrgeizigen Managers wird, der sich nicht damit abfinden will, dass der Erfolg allein den wohlhabenden Clubs vorbehalten ist. Vorwerfen kann man Millers Film dabei allenfalls, dass er sich nicht stärker gegen die Skrupellosigkeit auf dem Transfermarkt positioniert, sind die hier dargestellten Zustände doch wahrlich erschütternd.

                              Doch auch so ist "Moneyball" ein vielschichtiges Sportdrama geworden, das trotz seiner ruhigen Gangart keine Langeweile aufkommen lässt.

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                              • 4

                                Mit "Blade II" ging die Horroraction um den sonnenlichtresistenten Vampirjäger nach dem Erfolg des Erstlings seinerzeit in die zweite Runde. Auf dem Regiestuhl nahm dafür der spätere Oscar-Preisträger Guillermo del Toro (Pans Labyrinth, Shape of Water) Platz, der der Fortsetzung auch sogleich seinen Stempel aufdrückte und für eine deutlich stilisiertere Optik sorgte. Wie schon der Vorgänger krankt jedoch auch "Blade II" an einer uninteressanten, allein von Kampfeinlagen geprägten Handlung sowie - im wahrsten Sinne des Wortes - blassen Charakteren.

                                Halbvampir Blade (Wesley Snipes) befindet sich auf der Suche nach seinem Freund und Mentor Whistler (Kris Kristofferson), welcher mit dem Vampirvirus infiziert und verschleppt wurde. Nach der erfolgreichen Befreiung und Heilung seines Freundes muss sich der Vampirjäger schon der nächsten Herausforderung stellen, ist doch eine neue Mutation im Umlauf, die Menschen und Vampire in eine neue, furchteinflößende Gattung verwandelt, die unter dem Namen 'Reaper' bekannt ist. Notgedrungen muss sich Blade mit einer Gruppe von Vampiren verbünden, um die neue Bedrohung unschädlich zu machen...

                                Selbst auf einem Bierdeckel ließe sich der dünne Plot von "Blade II" mühelos zweimal niederschreiben, dient die Jagd nach den Reapern doch lediglich als Aufhänger für eine schier endlose Abfolge von Kampfsequenzen, welche von recht beeindruckenden Martial Arts-Einlagen bis hin zu CGI-lastiger Luftakrobatik reichen. Mag die Action anfangs noch einigermaßen unterhalten, nutzt sich dieses immergleiche Konzept mit der Zeit zunehmend ab, sodass trotz der von del Toro gut eingefangenen Atmosphäre schon bald erste Ermüdungserscheinungen auftreten.

                                Hinzu kommt, dass sämtliche Charaktere vollkommen austauschbar und profillos daherkommen, was das Mitfiebern mit ihnen zusätzlich erschwert. Daran kann auch der solide agierende Cast, dem u.a. noch Leonor Varela (Der Schneider von Panama), Ron Perlman (Hellboy) und Thomas Kretschmann (A Taxi Driver) angehören, wenig ändern. Seine Stärken offenbart del Toros Film indes vor allem immer dann, wenn das kreative Kreaturendesign im Vordergrund steht und "Blade II" auf diese Weise ein wenig Bodyhorror bietet. So ist es dann auch wenig verwunderlich, dass die Autopsie eines Reapers zu den wenigen Highlights dieses ansonsten reichlich faden Blutsaugeractioners zählt.

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                                • 5

                                  Mit der Comicverfilmung "R.E.D. 2" unter der Regie Dean Parisots (Galaxy Quest, Dick und Jane) macht sich die Seniorenbande um den pensionierten Geheimagenten Frank Moses ein zweites Mal auf, um die Welt vor der Vernichtung zu retten. Herausgekommen ist dabei eine hektisch erzählte Fortsetzung, die sich einzig aufgrund des spielfreudigen Starensembles ins Mittelmaß rettet.

                                  Ex-Agent Frank Moses (Bruce Willis) möchte eigentlich nur seinen Ruhestand mit seiner Lebensgefährtin Sarah (Mary-Louise Parker) genießen, wird jedoch jäh von seiner Vergangenheit eingeholt. Während des Kalten Krieges waren er und sein bester Freund Marvin (John Malkovich) an einer Geheimoperation beteiligt, bei der eine vom Physiker Dr. Edward Bailey (Anthony Hopkins) entwickelte Kernwaffe nach Russland geschmuggelt werden sollte. Nun werden Frank und seine Freunde als Terroristen gejagt und müssen an Informationen über den Verbleib der Sprengkörper gelangen, um eine Katastrophe zu verhindern...

                                  Schon früh zeichnet sich ab, dass die haarsträubende Handlung von Parisots Actionkomödie nur dazu dient, die Protagonisten von einer skurrilen Situation zur nächsten rund um den Globus zu schicken. Zu wirr ist die Geschichte um die Jagd nach der Kernwaffe, um als Zuschauer wirklich nachvollziehen zu können, wer nun wieder wem aus welchen Gründen ans Leder will. Zudem ist auch in visueller Hinsicht ein Qualitätsabfall gegenüber dem recht charmanten Vorgänger zu spüren, sehen doch speziell die Actionsequenzen nicht mehr so ästhetisch aus wie noch unter Parisots Regievorgänger Robert Schwentke (Flightplan, Der Hauptmann).

                                  Erschwerend hinzu kommt, dass auch die Gags nur noch selten zünden wollen, was aber durch den bestens aufgelegten Cast, welchem u.a. noch Helen Mirren (Die Queen), Catherine Zeta-Jones (Verlockende Falle) und Lee Byung-hun (I Saw the Devil) angehören, zumindest ein wenig ausgeglichen wird. Speziell der erst in der zweiten Filmhälfte auftretende Anthony Hopkins kann mit seiner Performance als gerissener Wissenschaftler so manche Schwäche der Comicverfilmung kaschieren.

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                                  • 5 .5
                                    über Red Eye

                                    Als 'Red Eye Flights' bezeichnet man im englischen Sprachraum Nachtflüge, welche bei Passagieren für gerötete Augen sorgen können. Der während eines solchen Nachtflugs spielende und von Horror-Altmeister Wes Craven (Nightmare on Elm Street, Scream) inszenierte "Red Eye" ist ein kurzweiliger, teils kammerspielartiger Thriller ohne besondere Innovationen oder überraschende Ideen.

                                    Die Hotelangestellte Lisa Reisert (Rachel McAdams) lernt am Flughafen den charmanten Jackson Rippner (Cillian Murphy) kennen, dem sie später in der Maschine nach Miami abermals begegnet. Während des Fluges stellt sich jedoch heraus, dass das Zusammentreffen der Beiden kein Zufall ist, sondern Teil eines grausamen Plans, der von Rippner ausgeheckt wurde. Dieser benötigt Lisas Hilfe, um einen hochrangigen Minister und dessen Familie zu ermorden, die in jenem Hotel untergebracht sind, für das Lisa arbeitet. Sollte sie nicht kooperieren, so droht Rippner mit der Ermordung von Lisas Vater (Brian Cox)...

                                    Cravens Thriller setzt von Beginn an auf Altbewährtes und kommt ohne große Umschweife zur Sache. Schon früh im Film sind die Fronten abgesteckt, sodass im weiteren Verlauf lediglich die Eskalation im Vordergrund steht. Das ist auch dank des gut aufspielenden Casts dann auch einigermaßen spannend, wenngleich "Red Eye" aus dem beengten Szenario nicht die Intensität herausholt, die man sich als Zuschauer im Idealfall wünschen würde. Auch aufgrund einiger Humorspitzen fühlt sich Cravens Flugzeugthriller nicht so düster und beklemmend an, wie es die Ausgangslage zunächst verspricht.

                                    Dank des ebenso rasanten wie actionreichen Finales steht am Ende aber dennoch solide Thrillerkost.

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                                      Der von Sönke Wortmann (Das Wunder von Bern, Die Päpstin) inszenierte "Der Vorname" ist eine kammerspielartige Komödie und zugleich eine Neuverfilmung des gleichnamigen französischen Kinohits, welche zwar sehr vielversprechend beginnt, der aber schon zur Halbzeit spürbar die Luft ausgeht.

                                      Der Literaturprofessor Stephan (Christoph Maria Herbst) und seine Ehefrau Elisabeth (Caroline Peters) laden zum Abendessen bei sich Zuhause ein. Neben dem Orchestermusiker René (Justus von Dohnányi), einem Freund seit Kindertagen, werden auch Elisabeths Bruder Thomas (Florian David Fitz) und seine schwangere Freundin Anna (Janina Uhse) erwartet. Schon bald kommt das Gespräch auf den Namen des ungeborenen Jungen, den die Anwesenden zu erraten versuchen. Als Thomas der Runde schließlich offenbart, dass sein Sohn den Namen 'Adolf' tragen soll, entbrennt darüber ein fürchterlicher Streit, der noch weitere Geheimnisse zu Tage fördert...

                                      Wortmanns Komödie gewinnt vor allem durch seine spannende Prämisse, die auf ein spitzzüngiges Dialogfeuerwerk im Stile von Polanskis "Der Gott des Gemetzels" (2011) hoffen lässt. Solange die Diskussion um die Namensgebung im Mittelpunkt steht, kann Wortmanns Film diese Erwartungen auch durchaus erfüllen, sorgen doch speziell die Auseinandersetzungen zwischen dem überheblichen Professor und seinem schmierigen Schwager für einige recht amüsante Wortgefechte, sodass es nur noch eine Frage der Zeit scheint, ehe sich die beiden Unsympathen an die Gurgel gehen werden. Hat der werdende Vater zunächst überhaupt keine Argumente auf seiner Seite, gelingen ihm im weiteren Verlauf einige Punktsiege, wenn er etwa anführt, dass die Angst vor dem Namen eines Massenmörders diesen unnötig verherrliche und auf einen Podest stelle (die Diskussion um den Namen Voldmorts in den Harry Potter Romanen lässt an dieser Stelle grüßen).

                                      Dann jedoch bricht die Namensdebatte abrupt ab und der Film wendet sich ausschließlich den Befindlichkeiten und Beziehungsgeflechten der Anwesenden zu, sodass "Der Vorname" in der zweiten Hälfte merklich an Biss verliert. Die nun deutlich seltener werdenden Pointen gestalten sich immer vorhersehbarer und bringen bestenfalls noch ein müdes Lächeln hervor, sodass Wortmanns Komödie sich eher schlecht als recht bis zum moralinsauren Ende hangelt.

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                                      • 7

                                        „Zerrissene Umarmungen“ unter der Regie des Spaniers Pedro Almodóvar (Alles über meine Mutter, Leid und Herrlichkeit) ist eine elegante Mixtur aus Liebesdrama, Thriller und Film Noir, welche mit mehreren Zeit- und Metaebenen jongliert.

                                        Der blinde Drehbuchautor Mateo Blanco (Lluis Homar) wird durch einen Zeitungsartikel unerwartet mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert. In den 90er Jahren führte er Regie bei einem Film und verliebte sich während der Dreharbeiten in seine Hauptdarstellerin Magdalena Rivero (Penélope Cruz), mit der er eine leidenschaftliche Affäre begann. Magdalenas eifersüchtiger Lebensgefährte Ernesto Martel (José Luis Gomez), der zugleich auch der Produzent des Films war, spionierte dem Paar jedoch hinterher und schreckte auch vor Gewaltanwendung nicht zurück, um Magdalena weiterhin an sich zu binden…

                                        „Zerrissene Umarmungen“ eröffnet gleich zu Beginn zwei Handlungsstränge, die zunächst keinerlei Zusammenhänge erkennen lassen, wodurch Almodóvars Werk eine leicht mysteriöse Note erhält und die Neugierde auf das Kommende geweckt wird. Erst ganz allmählich werden die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Handlungsfäden ersichtlich, womit auch die eine oder andere kleinere Überraschung einhergeht. Diese verschachtelte, aber nicht zu komplizierte Erzählweise ist es dann auch, die „Zerrissene Umarmungen“ maßgeblich von vergleichbaren Liebesdramen abhebt und dafür sorgt, dass Almodóvars Film bis zum Schluss unvorhersehbar bleibt.

                                        Neben der großartigen Kameraarbeit, welche sowohl die Vulkanlandschaft Lanzarotes als auch die farbenfrohen Inneneinrichtungen wunderbar einzufangen weiß, kann derweil vor allem das ausgezeichnete Schauspielensemble begeistern, das auch den Nebenfiguren Profil zu verleihen versteht und aus dem eine glänzend aufgelegte Penélope Cruz, die durch ihr Auftreten als Hauptdarstellerin im Film-im-Film sogar eine Doppelrolle verkörpert, noch einmal besonders hervorsticht.

                                        Vorwerfen kann man Almodóvars Werk allenfalls, dass die eine oder andere Altherrenfantasie bedient wird, was sich speziell in einer Szene direkt zu Beginn offenbart, in der der gealterte Drehbuchautor mit einer jungen Frau im Bett landet, die er zuvor auf der Straße angegraben hatte. Außerdem mangelt es „Zerrissene Umarmungen“ im Mittelteil ein wenig an Stringenz, wenn der Film etwa allzu ausführlich den Drogenkonsum des jungen Diego (Tamar Novas) beleuchtet und so seine Hauptfiguren zeitweilig aus den Augen verliert. Wesentlich gelungener hingegen sind die Momente, in denen Almódovar dem Medium Film selbst huldigt und munter aus der Filmgeschichte zitiert.

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                                        • 6

                                          Das von Terry Gilliam (König der Fischer, 12 Monkeys) inszenierte Fantasymärchen "Das Kabinett des Doktor Parnassus" zeichnet sich durch visuellen Einfallsreichtum und eine amüsant-schräge Geschichte aus, wirkt bisweilen aber in seiner Vielzahl behandelter Themen etwas überfrachtet und kann seine einzelnen Fragmente nicht immer zu einem stimmigen Ganzen zusammenfügen.

                                          Dr. Parnassus (Christopher Plummer) hat einst einen Pakt mit dem Teufel (Tom Waits) geschlossen, welcher ihm die Unsterblichkeit versprach. Seit langer Zeit zieht der uralte Mann nun schon zusammen mit seiner Tochter Valentina (Lily Cole) und seinen Assistenten Percy (Verne Troyer) und Anton (Andrew Garfield) mit seinem Wandertheater durch Großbritannien, zieht damit aber kaum noch Zuschauer an. Als die Theatertruppe beim Überqueren einer Brücke auf den dort erhängten Tony (Heath Ledger) stößt, retten sie den Fremden vor dem sicheren Tod und nehmen ihn bei sich auf. Tonys charismatische Art lockt bald schon ein großes Publikum zum Theater, doch verbirgt er - ebenso wie Parnassus selbst - ein düsteres Geheimnis...

                                          Gilliams mit unterschiedlichen Motiven geradezu vollgestopftes Werk lässt sich am ehesten als fantasievolle Fabel mit allerlei gesellschaftskritischen Zwischentönen bezeichnen, der es zwar bisweilen an einem stringenten Erzählfaden mangelt, jedoch allein schon aufgrund des kreativen Worldbuilding und der gut aufgelegten Darstellerriege, aus der überraschend der junge Andrew Garfield noch einmal besonders hervorsticht, zu unterhalten weiß. Dabei springt die Geschichte permanent von einem Konflikt zum nächsten, was eine hohe Aufmerksamkeit seitens der Zuschauer erfordert. So steht mal der Wettstreit zwischen dem Doktor und dem Teufel im Vordergrund, dann wiederum Antons Eifersucht gegenüber Tony und schließlich das angespannte Verhältnis zwischen dem Doktor und seiner Tochter.

                                          In visueller Hinsicht wissen derweil vor allem die im heutigen London spielenden Szenen zu gefallen, während die Darstellung der Traumwelten des Doktors dagegen aufgrund der recht schwachen CGI-Effekte merklich abfällt. Hier hätte beispielsweise der Einsatz von Stop-Motion Technik - wie etwa in Tim Burtons "Beetlejuice" (1988) - das Gesamtergebnis deutlich aufgewertet.

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                                          • 7 .5

                                            In "Helden der Wahrscheinlichkeit" versammelt Anders Thomas Jensen (Adams Äpfel, Men & Chicken) erneut sein wahrscheinlich liebstes Schauspielensemble um sich, um eine wahnwitzige Geschichte über Trauerbewältigung, Rachsucht, Zufall und Schicksal zu erzählen, die wahrscheinlich viele Zuschauer emotional berühren, aber zugleich auch herzhaft lachen lassen wird.

                                            Der Statistikexperte Otto (Nikolaj Lie Kaas) hat kürzlich seinen Job verloren. In der S-Bahn begegnet er der Teenagerin Mathilde (Andrea Heick Gadeberg) und ihrer Mutter, welcher er seinen Sitzplatz anbietet. Unmittelbar darauf entgleist die Bahn und Mathildes Mutter und viele andere Fahrgäste kommen ums Leben. Da sich unter den Todesopfern auch der Kronzeuge in einem Mordprozess befand, ist Otto der festen Überzeugung, dass ein Attentat auf die Bahn verübt wurde. Zusammen mit seinen Freunden Lennart (Lars Brygmann) und Emmenthaler (Nicolas Bro) wendet er sich mit seinem Verdacht an Mathildes Vater Markus (Mads Mikkelsen), einen heimgekehrten Kriegsveteran, der auf Rache für seine tote Ehefrau sinnt...

                                            Jensens neuester Streich vereint Dramaelemente, Gewalteskalation und viel makabren Humor zu einem gleichsam nachdenklichen wie unterhaltsamen Werk, das auch auf visueller Ebene zu überzeugen weiß und von Jensens Stammpersonal an hochkarätigen dänischen Schauspielern getragen wird. Dabei ist "Helden der Wahrscheinlichkeit" trotz aller Derbheit und Brutalität geprägt von einer sympathischen Herzlichkeit, die sich vor allem aus dem wunderbaren Zusammenspiel der skurrilen Charaktere ergibt, sodass es auch nicht sonderlich negativ auffällt, dass nicht jede Pointe ins Schwarze trifft und die Übergänge zwischen humorvollen und ernsten Momenten manchmal etwas holprig sind.

                                            Wer Filme mag, die gleichsam bitterböse wie bewegend sind und dazu noch mit ein paar krachenden Actionszenen aufwarten können, wird mit Jensens Werk mit großer Wahrscheinlichkeit auf seine Kosten kommen.

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                                            • 6

                                              An einen Horrorklassiker wie Kubricks "Shining" ebenso wie an die Romanvorlage von Stephen King anzuknüpfen und es dabei letztlich allen Zuschauer gleichermaßen recht zu machen, dürfte vom Schwierigkeitsgrad her der Quadratur des Kreises gleichkommen. Regisseur Mike Flanagan (Oculus, Das Spiel) wagte sich an das ambitionierte Unterfangen und schuf mit "Doctor Sleeps Erwachen" einen durchaus unterhaltsamen Mix aus Alkoholikerdrama und Mysteryhorror, der allerdings den sich zwangsläufig aufdrängenden Vergleich mit dem Vorgänger klar verliert.

                                              Der inzwischen erwachsene Danny Torrance (Ewan McGregor) ist wie einst sein Vater dem Alkohol verfallen und versucht, seine mit dem Shining einhergehenden Fähigkeiten vor seiner Umwelt zu verbergen. Spontan entschließt er sich zu einer Busfahrt in die Kleinstadt Frazier, wo sich der hilfsbereite Billy Freeman (Cliff Curtis) seiner annimmt, ihn zu den Treffen der Anonymen Alkoholiker einlädt und ihm einen Job im Hospiz vermittelt, wo Danny aufgrund seines empathischen Umgangs mit den Sterbenden schon bald als 'Doctor Sleep' bekannt ist. Über eine Wandtafel in seiner Wohnung kommuniziert Danny mit der jungen Abra Stone (Kyliegh Curran), einem Mädchen, dessen Shining noch ausgeprägter als Dannys ist. Unterdessen zieht eine sich der "Wahre Knoten" nennende Gruppe von Nomaden unter der Führung der durchtriebenen Rose the Hat (Rebecca Ferguson) durchs Land und sucht nach Menschen, die über außergewöhnliche Begabungen verfügen...

                                              Setzte Kubrick in seinem Horrorklassiker vor allem auf eine beinahe kammerspielartige Atmosphäre und ein überschaubares Figurenensemble, erzählt Flanagan nun in beinahe epischer Breite eine mehrere Handlungsstränge umfassende und sich über verschiedene Bundesstaaten erstreckende Geschichte, die neben den Horrorelementen auch recht viel Effektaction bietet. So beginnt "Doctors Sleeps Erwachen" zunächst mit einer längeren Einführungsphase, in der das weitere Leben des kleinen Danny und seiner Mutter nach den schrecklichen Ereignissen im Overlook Hotel beleuchtet wird. Dieser Part wirkt insofern etwas befremdlich, als dass die aus "Shining" bekannten Charaktere nunmehr von anderen Darstellern verkörpert werden, zugleich aber Frisuren und Kleidung 1 zu 1 aus Kubricks Vorgänger übernommen wurden.

                                              Etwas interessanter als dieser Rückblick in Dannys Kindheit fällt da schon die Einführung der Antagonistin Rose und ihrer Gefährten aus, zumal Rebecca Ferguson in ihrer Schurkenrolle vollkommen aufgeht und für die meisten schauspielerischen Highlights des Films verantwortlich ist. Schon in der Szene, in der ein neues Mitglied für ihre Gemeinschaft rekrutiert wird, deutet sich jedoch an, dass Flanagans ausufernde Erzählweise zu einigen Längen führen wird, ist der grobe Ablauf der Geschichte doch zu vorhersehbar, um eine solch stolze Laufzeit zu rechtfertigen. Zu Gute halten kann man Flanagan und King aber immerhin, dass sie durchaus etwas Neues und Eigenständiges auf die Beine stellen wollen und trotz zahlreicher Anspielungen und Querverweise nicht nur eine bloße Kopie des Vorgängers erstellen.

                                              Erwähnenswert ist außerdem der Umgang mit einem alten Konflikt, der stets dazu führte, dass sich King von Kubricks Werk distanzierte, ist Jack Torrance in Kings Roman doch anders als in Kubricks Verfilmung kein wahnsinniger Psychopath, der im Overlook Hotel endgültig Amok läuft, sondern vielmehr ein Opfer des von dunklen Mächten heimgesuchten Ortes. "Doctor Sleeps Erwachen" rehabilitiert Jack Torrance nun in gewisser Weise, indem der Film das Hotel selbst als Quelle des Bösen herausstellt und Danny in einer emotionalen Szene bei den Anonymen Alkoholikern seines Vaters gedenken lässt. Hätte sich Flanagan noch mehr auf die Dramenaspekte fokussiert und das zum Teil überbordende Actiongetöse reduziert, hätte womöglich gar erneut ein Genreklassiker entstehen können.

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                                              • 5 .5

                                                "Eine Frage der Ehre" unter der Regie von Rob Reiner (Stand by Me, Misery) ist ein recht langatmiges Gerichtsdrama, das trotz seiner handwerklichen Qualitäten und seines Star-Aufgebots nur phasenweise Spannung zu erzeugen weiß und eine tiefergehende Auseinandersetzung mit der von strikter Hierarchie und blindem Befehlsgehorsam geprägten Welt des US-Militärs vermissen lässt.

                                                Auf dem Marinestützpunkt Guantanamo Bay ist ein Soldat ums Leben gekommen, nachdem er von zwei Kameraden auf grausame Weise misshandelt wurde. Die beiden mutmaßlichen Täter müssen sich nunmehr vor dem Militärgericht wegen Mordes verantworten. Überraschend wird der unerfahrene Navy-Offizier Daniel Kaffee (Tom Cruise) mit der Verteidigung der beiden Angeklagten betraut, wobei ihm die ranghöhere JoAnne Galloway (Demi Moore) zur Seite steht. Gemeinsam wollen sie beweisen, dass es sich bei der Attacke auf den getöteten Soldaten um eine gezielte Strafaktion handelte, die von Colonel Nathan Jessep (Jack Nicholson), dem Kommandeur der Bodentruppen in Guantanamo Bay, befohlen wurde...

                                                Reiners Werk unterscheidet sich von vergleichbaren Justizfilmen vor allem dadurch, dass der im Mittelpunkt stehende Prozess vor einem Militärgericht und somit unter völlig anderen Bedingungen stattfindet. Nur in wenigen Szenen des Films gelingt es Reiner jedoch, die Besonderheiten dieser nach eigenen Regeln geführten Parallelwelt herauszustellen und zu hinterfragen. Vielmehr verschiebt sich der Fokus schon bald fort von der furchtbaren Tat und dem dahintersteckenden Motiv hin zu einem diffusen Ehrbegriff, an dem sich Reiners Film insbesondere in Person des Angeklagten Dawson (Wolfgang Bodison) abarbeitet. Obwohl die unterschiedlichen Positionen bereits früh abgesteckt sind, benötigt "Eine Frage der Ehre" in der Folge sehr lange, um wirklich in Schwung zu kommen. Stattdessen drehen sich die Dialoge lange Zeit über im Kreis, da es der Verteidigung an Beweisen mangelt, um die Gegenseite festzunageln.

                                                Eine Schwäche des Films besteht außerdem im Mangel an Sympathieträgern, mimt Tom Cruise den Junganwalt doch mit einer großen Portion Überheblichkeit und Arroganz, während der ihm gegenüber stehende Colonel als durch und durch bösartig charakterisiert wird und auch die beiden Angeklagten aufgrund ihres Mangels an Schuldbewusstsein und Reue keine Sympathiepunkte einfahren können. Die von Demi Moore verkörperte Lt. Commander Galloway wird zwar anfangs noch als unabhängig und tough eingeführt, verkommt aber im Verlauf der Handlung zur bloßen Stichwortgeberin für den Protagonisten. Ironischer Weise ist es neben den visuellen Qualitäten vor allem der gut aufspielende Cast, dem u.a. noch Kevin Bacon (Mystic River), Kevin Pollak (Hostage) und J.T. Walsh (Breakdown) angehören, der "Eine Frage der Ehre" letztlich noch ins Mittelmaß hievt.

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                                                • 7

                                                  Angelehnt an den Fall des Zodiac-Killers, der Ende der 60er Jahre in der San Francisco Bay Area mehrere Menschen ermordete und die Presselandschaft mit grotesken Briefen in Atem hielt, schuf Regisseur Don Siegel (Coogans großer Bluff, Flucht von Alcatraz) mit "Dirty Harry" einen grimmigen Polizeithriller, der sich durch einen psychologisch ambivalenten Hauptcharakter und eine ebenso rohe wie abgründige Atmosphäre auszeichnet.

                                                  Inspektor Harry Callahan (Clint Eastwood) ist ein zynischer Einzelgänger, der sich vor keiner Schmutzarbeit scheut und auch vor Gewalt nicht zurückschreckt, was ihm den Spitznamen 'Dirty Harry' eingebracht hat. Als ein im Stile eines Heckenschützen agierender Serienkiller San Francisco unsicher macht, wird Callahan auf den Fall angesetzt, um den sich selbst 'Scorpio' (Andrew Robinson) nennenden Mörder dingfest zu machen. Gemeinsam mit seinem neuen mexikanischen Partner Chico Gonzales (Reni Santoni) nimmt Callahan die Spur des Killers auf, muss jedoch schon bald feststellen, dass dieser die Polizeibeamten an der Nase herumzuführen versteht...

                                                  Siegels genreprägender Polizeithriller wurde bei Erscheinen kontrovers diskutiert, schien er doch eine konservative Antwort auf die seinerzeit aufkommende gegenkulturelle Jugendbewegung darzustellen und zugleich rechte Ideale zu repräsentieren. Darüber hinaus sahen Kritiker in der brutalen Vorgehensweise des Protagonisten einen Aufruf zu Selbstjustiz. Siegel verherrlicht die Methoden des schroffen Hauptcharakters allerdings keineswegs, sondern distanziert sich trotz aller Coolness, die Harry Callahan umgibt, doch an den entscheidenden Stellen immer wieder von dessen Taten. Vielmehr als an einer politischen Auseinandersetzung scheint Siegel daran interessiert, ein umfassendes Porträt der Stadt San Francisco zu zeichnen, indem er den Zuschauer sehr oft aus der Vogelperspektive heraus auf das Geschehen hinabblicken lässt und somit auch in dieser Hinsicht auf Abstand zu den Figuren geht.

                                                  Von Beginn an legt "Dirty Harry" ein recht hohes Tempo vor und reiht eine Actionszene an die nächste, da der Killer den Polizeibeamten kaum eine Verschnaufpause gewährt. Unter visuellen Gesichtspunkten ist Siegels Film dabei sehr gut gealtert und überzeugt mit einigen handgemachten Stunts. Lediglich die Nachtaufnahmen sind mitunter etwas zu dunkel geraten, sorgen aber gleichzeitig auch für einige sehr atmosphärische Bilder der kalifornischen Metropole.

                                                  Hauptdarsteller Clint Eastwood ist die Rolle des wortkargen Zynikers derweil wie auf den Leib geschrieben. Dank einiger lakonischer Oneliner sorgt "Dirty Harry" zudem trotz des pessimistischen Grundtons für das eine oder andere Schmunzeln.

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                                                  • 5

                                                    Nachdem er im dritten Teil eine Runde aussetzen musste, ist Meuchelmörder Michael Myers für Teil 4 des "Halloween"-Franchise zurück im Spiel. Die von Dwight H. Little (Zum Töten freigegeben, Mord im Weißen Haus) inszenierte Wiederkehr der Slasher-Ikone entpuppt sich jedoch als maximal durchschnittliche Horrorkost, der es vor allem an frischen Ideen fehlt.

                                                    Michael Myers (George P. Wilbur) hat die letzten zehn Jahre in einer psychiatrischen Klinik in Richmond verbracht und soll nun in eine andere Einrichtung verlegt wird. Während der Fahrt mit dem Krankentransport gelingt dem Serienkiller allerdings die Flucht und er macht sich erneut auf in seinen Heimatort Haddonfield, wo seine Nichte Jamie (Danielle Harris), seine letzte noch lebende Verwandte, wohnt. Als Dr. Loomis (Donald Pleasence) von Michaels Flucht erfährt, macht auch er sich auf den Weg, um dem Killer Einhalt zu gebieten...

                                                    Nachdem das Experiment des dritten Teils, das Franchise ohne Myers fortzusetzen, an den Kinokassen Schiffbruch erlitt, setzt Teil 4 wieder auf Altbewährtes und scheint vor allem darum bemüht, bloß kein Risiko mehr einzugehen und die Fans dadurch womöglich erneut zu verprellen. Dies hat jedoch zur Folge, dass "Halloween 4" ein reichlich generischer Slasherbeitrag geworden ist, der der Geschichte um den Killer von Haddonfield kaum etwas Neues hinzufügt. So entkommt Michael wie schon in John Carpenters Original dem Zugriff der für ihn zuständigen Krankenpfleger und hat es abermals auf eine Babysitterin und ihren Schützling abgesehen. Dass sich zwischenzeitlich eine Bürgerwehr in Haddonfield formiert, um dem Killer endgültig den Garaus zu machen, liest sich auf dem Papier zwar nach einem vielversprechenden Ansatz, wird aber letztlich nur halbherzig umgesetzt.

                                                    Dafür nimmt der bis dahin eher spannungsarme Film im letzten Drittel noch einmal deutlich an Fahrt auf und bietet ein sehr ordentliches Finale, das für Grusel und Nervenkitzel sorgt und das mit einem unerwarteten Paukenschlag endet, dem es leider aber an einer befriedigenden Begründung mangelt.

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