Kenduskeag - Kommentare

Alle Kommentare von Kenduskeag

  • 8

    Are you going to Scarborough Fair?
    Parsley, sage, rosemary and thyme,
    Remember me to one who lives there,
    For she once was a true love of mine.

    "Die Reifeprüfung" unter der Regie von Mike Nichols (Wer hat Angst vor Virginia Woolf?, Catch-22) ist eine wunderbar ausbalancierte Mischung aus Coming of Age Drama und Gesellschaftssatire, die sich durch großartige Schauspielleistungen, eine intelligente Symbiose von Bild und Ton sowie sehr viel feinsinnigen Humor auszeichnet.

    Nach erfolgreichem College-Abschluss kehrt der 20-Jährige Benjamin Braddock (Dustin Hoffman) in sein Elternhaus zurück, wo eine Party zu seinen Ehren stattfindet, auf der sich auch Mrs. Robinson (Anne Bancroft), die Ehefrau eines Geschäftspartners von Benjamins Vater, aufhält. Diese bittet den unerfahrenen jungen Mann alsbald, sie nach Hause zu fahren, wo sie mit einem Mal versucht, ihn zu verführen, worauf Benjamin jedoch zunächst nicht eingeht. Einige Tage später nimmt er dann aber doch Mrs. Robinsons Angebot an und beginnt eine Affäre mit ihr. Verkompliziert wird die Situation dadurch, dass Benjamins Eltern ihn dazu drängen, mit Elaine (Katharine Ross), der Tochter der Robinsons, auszugehen...

    Nichols Film, der zusammen mit Werken wie "Bonnie und Clyde" (1967) und "Easy Rider" (1969) einen völlig neuen Erzählstil etablierte und so die New Hollywood Ära einläutete, befasst sich mit Themen wie Identitätsfindung und der Auseinandersetzung der Generationen und nimmt dazu gezielt die konservativen Moralvorstellungen der US-Amerikaner auf die Schippe. Welch enormen Einfluss "Die Reifeprüfung" dabei auf nachfolgende Filme hatte, wird derweil schon in der Eröffnungsszene deutlich, welche später von Tarantino in "Jackie Brown" (1997) zitiert wurde. Und auch viele spätere Coming of Age Werke wie "Ferris macht blau" (1986) dürften sich hier viel abgeschaut haben.

    Neben den ausgezeichneten Performances von Hoffman, Bancroft und Co. besticht Nichols Film vor allem durch sehr viel Dialogwitz sowie ideenreiche Bildmontagen und Szenenübergänge. So rotiert der Protagonist etwa in einer Szene immer wieder zwischen Pool und Bett, während in einer anderen der eingängige Simon & Garfunkel Soundtrack zeitgleich zum Motor von Benjamins Auto zu stottern beginnt. Kreative Einfälle wie diese heben die im Grunde simple Story auf ein höheres Level und sorgen für ein noch heute begeisterndes Filmerlebnis, welches den Zuschauer gemeinsam mit dem jungen Protagonisten mit auf eine wahre Achterbahn der Gefühle nimmt.

    28
    • 6

      Spätestens seit seinem Oscar-Abräumer "Parasite" ist Regisseur Bong Joon-Ho (Snowpiercer, Okja) in aller Munde. 2006 gelang ihm mit "The Host" ein Überraschungshit an den Kinokassen, avancierte der ungewöhnliche Monsterfilm doch zum bis dahin erfolgreichsten südkoreanischen Film aller Zeiten.

      Sechs Jahre nachdem von einem amerikanischen Militärstützpunkt aus Formaldehyd in den Han-Fluss gekippt wurde, ist im Wasser eine gigantische, echsenähnliche Kreatur herangewachsen, die nun die Menschen an der Flusspromenade attackiert. Auf der Flucht vor dem Ungetüm verliert der einfältige Kang-du (Song Kang-ho) seine Tochter Hyun-seo (Ko Ah-sung) aus den Augen, die unmittelbar darauf von der Kreatur geschnappt wird. Da die Behörden von der Gefahr einer Virus-Epidemie ausgehen, werden kurz darauf alle, die mit dem Monster Kontakt hatten, in Quarantäne gesteckt. Während Kang-du noch um seine Tochter trauert, sendet diese ein überraschendes Lebenszeichen aus der Kanalisation, wohin sie von der Kreatur verschleppt wurde. Da Polizei und Ärzte ihnen keinen Glauben schenken wollen, machen sich Kang-du und die übrigen Familienmitglieder entgegen der Quarantänevorschriften selbst auf, um Hyun-seo zu retten...

      "The Host" vermischt auf mitunter bizarre Art und Weise unterschiedliche Genres, kombiniert klassisches Creature Feature mit Komödienelementen und Sozialkritik. Dazu bedient sich Bong Joon-Ho bei populären Vorbildern wie "King Kong" und "Godzilla", verleiht seinem Werk aber dennoch genügend Eigenständigkeit. Das im Mittelpunkt stehende Monster, welches Ähnlichkeiten mit der Kreatur aufweist, welche in "Das Relikt" (1997) ein Museum unsicher machte, wird dabei schon erstaunlich früh enthüllt, was dazu führt, dass auch die Action schon entsprechend früh losgeht. Trotz einiger eher schlecht gealterter CGI-Effekte macht die muntere Monsterhatz dabei auch heute noch Spaß, zumal auch die politische Dimension des Films einige interessante Ideen mit sich bringt.

      Das größte Manko von "The Host" stellt indes die deutlich zu lang geratene Laufzeit dar, welche immer wieder zu einigen zähen Passagen führt. Auch hätte der Gruselfaktor ruhig noch etwas verstärkt werden können, wofür sich speziell die Szenen in der Kanalisation angeboten hätten. Deutlich gelungener fällt hingegen die abwechslungsreiche Dynamik zwischen den einzelnen Familienmitgliedern aus, welche sich gemeinsam gegen den Staat verbünden, um die kleine Hyun-seo zu befreien.

      28
      • 7

        Wir ham kein Ronaldinho,
        Wir brauchen keinen Becks,
        Wir ham den Florian Kringe,
        Der Fette mit die Sechs!

        So sangen einst die Fans des BVB über Florian Kringe, einen Spieler, der es von der C-Jugend des Vereins bis ins Profi-Team geschafft hatte und Dortmund schließlich 2012 als Doublesieger verließ. Die Dokumentation "Nachspiel" des Regie-Duos Christoph Hübner und Gabriele Voss (Die Champions, Halbzeit) beleuchtet den Werdegang Kringes und zweier anderer früherer Juniorenspieler des BVB über einen Zeitraum von mehr als zwanzig Jahren und zeigt dabei drei erstaunlich reflektierte Ex-Kicker, die auf ebenso selbstkritische wie eloquente Weise auf die eigene Karriere zurückblicken und gleichzeitig Pläne für die Zukunft schmieden.

        Schlaglichtartig werden dazu einschneidende Ereignisse der drei ganz unterschiedlich verlaufenen Karrieren präsentiert. Während Kringe der Durchbruch zum Profi gelang, er aber häufig von Verletzungen zurückgeworfen wurde und schon mit 34 Jahren ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt bekam, schaffte es Heiko Hesse nur mit Müh und Not in die zweite Mannschaft des BVB, legte dafür aber anschließend eine steile Akademikerkarriere hin und arbeitet heute für die Finanzdirektion der Europäischen Kommission in Brüssel. Als Dritten im Bunde präsentiert die Dokumentation Mohammed Abdulai, der im Teenageralter aus Ghana nach Dortmund kam, sich aber beim BVB nicht durchsetzen konnte und später u.a. für Uerdingen und Wattenscheid kickte. Seine Situation gestaltete sich insofern besonders dramatisch, als dass die Aufenthaltsgenehmigung des heutigen Busfahrers viele Jahre lang an einen Spielervertrag geknüpft war, sodass er für den Fall, dass er keinen neuen Verein gefunden hätte, sofort ausgewiesen worden wäre.

        Neben den drei Ex-Spielern kommen außerdem u.a. noch BVB-Jugendkoordinator Lars Ricken und Spielerberater Thomas Kroth zu Wort, wobei das Wiedersehen zwischen Kringe und Ricken im Footbonaut - einem modernen Trainingskäfig mit programmierten Ballmaschinen - zu den emotionalen Highlights der melancholisch angehauchten Dokumentation zählen dürfte.

        26
        • 6 .5

          Der Thriller "Sabotage" zählt zur frühen Schaffensphase von Alfred Hitchcock (Der unsichtbare Dritte, Psycho) und bietet innerhalb seiner knappen Laufzeit von nur 74 Minuten effektives Spannungskino, welches sein Publikum mit ungeahnter Grausamkeit und Brutalität schockiert.

          Carl Verloc (Oskar Homolka) betreibt mit seiner Frau Sylvia (Sylvia Sidney) und ihrem kleinen Bruder Steve (Desmond Tester) ein Kino im Herzen von London. Der nach außen hin unscheinbare Mann führt insgeheim ein Doppelleben und verübt im Auftrag einer in der Stadt ansässigen Terrorzelle diverse Sabotageakte. Neben Verlocs Kino befindet sich ein Obstladen, in dem der aufgeschlossene Ted Spencer (John Loder) arbeitet, welcher ein Auge auf die verheiratete Sylvia geworfen hat. Als ein von Verloc herbeigeführter Stromausfall, der kurzzeitig die gesamte Stadt lahmlegt, nicht die von seinen Auftraggebern gewünschte Wirkung bei der Bevölkerung erzielt, entschließen sich diese, von nun an zu noch drastischeren Mitteln zu greifen. Dabei kommt Verloc ausgerechnet sein Nachbar, der Obsthändler, in die Quere...

          "Sabotage" startet trotz des gleich zu Beginn stattfindenden Blackouts eher unspektakulär, ja beinahe dröge. Was in heutiger Zeit wohl einen ganzen Katastrophenblockbuster füllen würde, wird hier innerhalb von wenigen Minuten abgehandelt und hat scheinbar kaum mehr als ein paar nörgelnde Kinobesucher zur Folge. Anschließend lässt sich Hitchcock ausgiebig Zeit, um die wichtigsten Charaktere zu etablieren und gibt dem Zuschauer dabei wie gewohnt auch schon einen Wissensvorsprung gegenüber der Polizei und der ahnungslosen Ehefrau des Kinobetreibers. Da Hitchcock sehr viel Dialogwitz einbaut, gestaltet sich die Anfangsphase seines Thrillers trotz der Terrorthematik fast schon heiter und amüsant, was die nachfolgenden Ereignisse umso entsetzlicher wirken lässt.

          In der Mitte des bis dahin grundsoliden, aber nicht sonderlich hervorstechenden Films kommt es dann zu einer längeren Suspense-Sequenz, die wohl mit zu den besten und intensivsten in der Karriere des Regisseurs gehören dürfte und die in ihrer überraschenden Konsequenz selbst heutige Zuschauer noch zu verblüffen vermag. Wie Hitchcock hier mit ganz einfachen Mitteln die Spannung bis zum Äußersten treibt, ist schlichtweg genial, weshalb diese Sequenz das große Highlight von "Sabotage" darstellt und dem damaligen Publikum unmissverständlich klargemacht haben dürfte, dass bei diesem Regisseur in Zukunft mit allem zu rechnen ist.

          Erwähnenswert sind außerdem noch einige Querverweise zu Hitchcocks späteren Werken. So gibt es hier einen Obsthändler mit falscher Identität (wie in "Frenzy" (1972)) und eine Vogelhandlung, von der eine Bedrohung ausgeht (wie in "Die Vögel" (1963)).

          24
          • 5

            Mit "Ein (un)möglicher Härtefall" probierten sich die Coen-Brüder (The Big Lebowski, True Grit) an einer Romantischen Komödie über Ehebruch und Scheidungsrecht, welche die amerikanische Upper-Class durch den Kakao zieht. Das Endergebnis fällt jedoch nur mittelmäßig aus, mangelt es der Komödie doch sowohl an Biss als auch an raffinierten Ideen.

            Der erfolgreiche Scheidungsanwalt Miles Massey (George Clooney) vertritt den wohlhabenden Rex Rexroth (Edward Herrmann), welcher anhand von Videoaufnahmen durch seine Frau Marilyn (Catherine Zeta-Jones) des Ehebruchs überführt wurde und nun droht, sein gesamtes Vermögen zu verlieren. Miles, der sich schon bald selbst zu der attraktiven Marilyn hingezogen fühlt, gelingt es jedoch, einen Zeugen ausfindig zu machen, welcher vor Gericht aussagt, dass die Betrogene ihren Mann nur deshalb geheiratet hat, um ihm das Geld aus der Tasche zu ziehen. Daraufhin heckt die nun leer ausgehende Marilyn einen Plan aus, um es dem Scheidungsanwalt heimzuzahlen…

            „Ein (un)möglicher Härtefall“ gefällt durch ansprechende Bilder und einen passenden Soundtrack mit bekannten Songs von Simon & Garfunkel, Edith Piaf und Elvis Presley. Darüber hinaus wissen auch die Darsteller, zu denen u.a. noch Richard Jenkins (Bone Tomahawk), Billy Bob Thornton (Sling Blade) und Cedric The Entertainer (Be Cool) zählen, insgesamt zu überzeugen, obgleich die Chemie zwischen Clooney und Zeta-Jones nicht immer hundertprozentig stimmig ist.

            Die Story allerdings erscheint von Beginn an reichlich hanebüchen und enthält einige logische Ungereimtheiten. So werden etwa Eheverträge allein dadurch ungültig, dass eine der Parteien sie zerreißt oder aufisst. Auch stellt sich die Frage, warum die Coens so viel Zeit mit belanglosen Nebenschauplätzen verschwenden, spielen doch weder der von Geoffrey Rush verkörperte Ehemann, der seine Frau in flagranti erwischt, noch Marilyns schwerreiche Freundinnen für den weiteren Verlauf der Handlung eine entscheidende Rolle. Und auch die schwülstige Rede des Protagonisten vor dem Fachkongress der Scheidungsanwälte hätte es nicht wirklich gebraucht. Auf diese Weise entstehen immer wieder Phasen, in denen die Geschichte kaum vorankommt und in denen auch viel zu viel Zeit bis zur nächsten Pointe vergeht, welche dann meist auch noch ziemlich vorhersehbar ausfällt.

            24
            • 8 .5

              Mit „Zwei glorreiche Halunken“ führt Regisseur Sergio Leone seine populäre Dollar-Trilogie zu einem gleichsam epochalen wie spektakulären Abschluss und schuf zugleich einen der einflussreichsten Western der Filmgeschichte.

              Zur Zeit des Amerikanischen Bürgerkriegs haben ein von allen nur ‚der Blonde‘ genannter Revolvermann (Clint Eastwood) und der Bandit Tuco (Eli Wallach) eine raffinierte Masche erdacht, um sich zu bereichern. Dazu liefert der Revolvermann den steckbrieflich gesuchten Banditen regelmäßig beim jeweiligen Sheriff eines Ortes ab, kassiert dafür die Belohnung und rettet Tuco stets unmittelbar vor dessen Hinrichtung. Anschließend fliehen die beiden Männer gemeinsam mit der Beute, welche sie untereinander aufteilen. Als Tuco jedoch aufgrund des für ihn deutlich höheren Risikos einen höheren Anteil fordert, wird er vom Revolvermann in der Wüste zurückgelassen, woraufhin der Bandit ihm blutige Rache schwört. Unterdessen ist der Auftragskiller Sentenza (Lee Van Cleef) auf der Suche nach einem Soldaten, der die Regimentskasse im Wert von 200.000 Dollar veruntreut haben soll. Schon bald kreuzen sich die Wege der drei ungleichen Männer…

              Leones legendärer Italowestern erzählt eine großangelegte Geschichte mit gigantischen Schauwerten und einem hervorragenden Ensemble, zu dem u.a. noch Mario Brega (Mein Name ist Nobody) und Ex-Fußballer Antonio Casas (Blutiges Blei) gehören. Dabei enthält das Finale der Dollar-Trilogie neben den klassischen Westernmotiven auch Elemente des Antikriegs- und des Buddyfilms und verfügt abermals über einen herausragenden Morricone Score. Trotz der fast dreistündigen Laufzeit bleibt „Zwei glorreiche Halunken“ dazu durchgängig spannend und unterhaltsam und besticht neben packender Action auch wieder durch mehr zynischen Humor als noch der Vorgänger.

              Abermals werden hier die Grundwerte des traditionellen Westernkinos über den Haufen geworfen und machen Platz für zwielichtige Gestalten, die aus Habgier und Eigensinn handeln. Mit seiner lockeren, von den Sticheleien der Hauptcharaktere geprägten Tonalität bildet „Zwei glorreiche Halunken“ zudem einen interessanten Kontrast zu Leones darauffolgendem Werk, in dem ein namenloser Mundharmonikaspieler das Lied vom Tod anklingen lassen sollte.

              29
              • 7 .5

                Selten war ein Filmtitel passender gewählt als der des zweiten Teils von Sergio Leones Dollar-Trilogie, geht es doch in diesem anders als noch im Vorgänger nicht nur um ein paar Geldsäcke, sondern um fünfstellige Kopfgeldbeträge sowie einen Banküberfall. Darüber hinaus hatte Leone für seine Produktion ein deutlich höheres Budget zur Verfügung und auch an den Kinokassen spielte der zweite Teil ein paar Dollar mehr ein.

                Der Kopfgeldjäger Douglas Mortimer (Lee Van Cleef) befindet sich auf dem Weg nach Tucumcari, einem kleinen Ort an der Grenze zu New Mexico, wo er auf der Suche nach neuen Verdienstmöglichkeiten ist. Bei seinem jüngsten Auftrag kommt ihm jedoch einer seiner Konkurrenten, der einseitig gelähmte Monco (Clint Eastwood) zuvor und kassiert die Prämie. Zur gleichen Zeit wird der berüchtigte Gangster 'El Indio' (Gian Maria Volonté) von seiner Bande aus dem Gefängnis befreit und schmiedet den Plan, die Bank von El Paso auszurauben, die als sicherste der ganzen Gegend gilt. Als die beiden Kopfgeldjäger davon erfahren, beschließen sie, gemeinsame Sache zu machen und das Kopfgeld für 'El Indio' und seine Bande unter sich aufzuteilen...

                "Für ein paar Dollar mehr" ist in vielerlei Hinsicht deutlich größer angelegt als der Erstling, wartet der Film doch u.a. mit mehr Schauplätzen und einem breiter aufgestellten Figurenensemble auf. Aus heutiger Sicht ungewöhnlich erscheint dabei die Entscheidung, abermals Clint Eastwood für die Hauptrolle zu besetzen und ihn eine ähnliche, jedoch nicht die identische Rolle wie im ersten Teil spielen zu lassen. Ebenso wie Eastwood ist auch Gian Maria Volonté wieder mit von der Partie und begeistert abermals in der Rolle des Bösewichts. Als kluge Entscheidung erweist sich zudem die Besetzung des genreerfahrenen Lee Van Cleef, welcher den Film als zweiter Hauptcharakter neben Eastwood zu bereichern weiß. In weiteren Rollen sind außerdem u.a. Luigi Pistilli (Im Blutrausch des Satans) und Klaus Kinski (Leichen pflastern seinen Weg) zu sehen.

                Insgesamt fällt der zweite Teil der Trilogie zwar nicht mehr ganz so packend und spannungsintensiv wie noch der überragende Vorgänger aus, bewegt sich aber dennoch auf einem sehr guten Niveau. Die eine oder andere Szene - wie das kuriose Hutduell - ist schlicht ein wenig zu lang geraten und auch der lakonische Humor ist hier spürbar seltener zu finden. Auch vermisst man ein wenig die gewitzten Aktionen wie sie der Vorgänger etwa mit den beiden drapierten Leichen auf dem Friedhof besaß. Dafür erscheinen die Bilder ein wenig detailreicher und auch Morricones Soundtrack wirkt im direkten Vergleich zum Vorgänger noch eine Spur verfeinert.

                29
                • 9

                  Mit dem stilprägenden Italowestern "Für eine Handvoll Dollar" schuf Regisseur Sergio Leone (Spiel mir das Lied vom Tod, Es war einmal in Amerika) einen grimmigen und kompromisslosen Filmmeilenstein, der mit nahezu allen zuvor geltenden Gesetzen des Genres und der Glorifizierung seiner Helden brach und seinen Hauptdarsteller zunächst in Europa und später auch in den USA zum Star werden ließ.

                  Auf der Suche nach einer lukrativen Einnahmequelle kommt Revolvermann Joe (Clint Eastwood) in den mexikanischen Wüstenort San Miguel, welcher von zwei rivalisierenden Familienclans beherrscht wird. Auf der einen Seite steht der von Sheriff John Baxter (Wolfgang Lukschy) angeführte, angloamerikanische Clan der Baxters, ihnen gegenüber der vom skrupellosen Ramón (Gian Maria Volonté) angeführte Clan der mexikanischen Rojos. Frühzeitig erkennt Joe, dass sein Platz in der Mitte sein muss und er nur an sein Ziel gelangt, indem er die verfeindeten Parteien gegeneinander ausspielt...

                  Leones Film, der zum Auftakt für seine erfolgreiche Dollar-Trilogie werden sollte, orientiert sich an der Handlung von Akira Kurosawas Samuraiklassiker "Yojimbo - Der Leibwächter" (1961) und transferiert diese auf clevere Art und Weise in den Wilden Westen. Mit ganz einfachen Mitteln gelingt Leone so ein ebenso hartes wie ungemein spannungsintensives Werk, das neben packender Action und einer zügig voranschreitenden Handlung sogar noch etwas Zeit für lakonischen Humor findet. Während die heruntergekommenen Behausungen im Wüstenkaff für ein hohes Maß an Authentizität sorgen und Ennio Morricones legendärer Score für die passende musikalische Untermalung sorgt, weiß auch der Cast, dem in weiteren Rollen u.a. noch Marianne Koch (Des Teufels General), Sieghardt Rupp (Unter Geiern) und Joseph Egger (Sissi - Die junge Kaiserin) angehören, vollauf zu überzeugen.

                  Dank der knappen Laufzeit von etwa 100 Minuten ist "Für eine Handvoll Dollar" darüber hinaus auch sehr kurzweilig und weniger ausufernd und pompös als spätere Werke des Regisseurs. Grade diese rohe Ungeschliffenheit macht jedoch den großen Reiz dieses herausragenden Westernklassikers aus.

                  34
                  • 5
                    über Godsend

                    "Godsend" unter der Regie von Nick Hamm (The Hole, Killing Bono) ist ein mit vielversprechenden Grundzutaten ausgestatteter Thriller mit Horror und SciFi Elementen, der sein Potenzial jedoch nicht auszuschöpfen versteht und letztlich im Mittelmaß versinkt.

                    Nachdem ihr Sohn Adam (Cameron Bright) bei einem Verkehrsunfall zu Tode gekommen ist, werden Paul (Greg Kinnear) und Jessie (Rebecca Romijn) vom Wissenschaftler Dr. Wells (Robert De Niro) aufgesucht, welcher das sogenannte 'Godsend Institute' leitet und behauptet, den verstorbenen Adam klonen zu können. Die verzweifelten Eltern gehen auf das Angebot ein, ahnen dabei jedoch nicht, dass ihr wiedergeborener Sohn sich in einigen Punkten sehr stark vom ersten Adam unterscheidet...

                    Hamms Thriller gefällt durch seine atmosphärischen Bilder einsamer Landstraßen und karger Wälder, welche die Stimmung der trauernden Eltern gut zu transportieren wissen. Darüber hinaus gibt es auch an den Leistungen der Castmitglieder wenig auszusetzen. So vermag Cameron Bright (Butterfly Effect) durchaus anzudeuten, dass er seinerzeit zu den talentierteren Kinderdarsteller gehörte und selbst die sonst eher als Model bekannte Rebecca Romijn (X-Men) macht ihre Sache neben den routiniert agierenden Kinnear und De Niro sehr ordentlich.

                    Das große Manko des Films stellt jedoch das recht spannungsarme und mit zahlreichen Logiklücken versehene Drehbuch dar, welches von Anfang an auf wackligen Beinen steht und gegen Ende dann auch noch eine reichlich abstruse Wendung bereithält. So fragt man sich als Zuschauer etwa, warum das Elternpaar schon unmittelbar nach der Beerdigung des Sohnes auf das Angebot des Wissenschaftlers eingeht und dabei nahezu keine Bedenken zu haben scheint, so als ob es völlig normal wäre, den Klon des eigenen Kindes aufzuziehen, ihm den gleichen Namen zu geben und alles Vergangene unter den Teppich zu kehren. In diesem Zusammenhang erscheint auch unglaubwürdig, dass Paul und Jessie offenbar jede Verbindung zu ihrem alten Leben kappen können, ohne dass Freunde oder Verwandte sich nach ihnen erkundigen.

                    So entwickelt sich im weiteren Verlauf eine unausgewogene Gruselmischung mit Motiven aus "Das Omen" (1976) und "Friedhof der Kuscheltiere" (1989), die speziell im letzten Drittel noch einmal stark abbaut.

                    25
                    • 7

                      Der von M. Night Shyamalan (The Sixth Sense, Unbreakable) inszenierte "The Village" ist ein fesselnder Mysterythriller mit sozialkritischen Aspekten, der mit einem prominenten Schauspielensemble und einer dichten, teils märchenhaften Atmosphäre aufwartet und sich dabei mit Themen wie Isolation, Verdrängung, Weltflucht und Selbsttäuschung auseinandersetzt.

                      Die blinde Ivy Walker (Bryce Dallas Howard) und der wortkarge Lucius Hunt (Joaquin Phoenix) sind Teil der Dorfgemeinschaft von Covington, einem sehr abgeschiedenen Ort, der von dichten Wäldern umgeben ist, in welchen bösartige Kreaturen lauern. Diese Ungeheuer, welche 'die Unaussprechlichen' genannt werden, haben mit den Dorfbewohnern einen Pakt geschlossen, wonach diese von den Kreaturen in Ruhe gelassen werden, sofern sie keinen Fuß in den Wald setzen. Lucius möchte dieses Gesetz nun brechen, um für den geistig behinderten Noah Percy (Adrien Brody) Medikamente aus der Stadt zu besorgen. Sein Anliegen wird vom Ältestenrat der Dorfgemeinschaft jedoch abgewiesen, da die Unternehmung ein zu großes Risiko darstelle. Als sich Lucius entgegen aller Warnungen dennoch in den Wald begibt, drohen die Ungeheuer über Covington herzufallen...

                      Shyamalans Thriller setzt mehr auf den Aufbau einer intensiven Gruselatmosphäre als auf einen schnellen Handlungsfortschritt und stellt zunächst in aller Ausführlichkeit die wichtigsten Charaktere und ihre Lebenssituation vor, wozu auch eine Dreiecksromanze zwischen Ivy, Lucius und Ivys Schwester Kitty (Judy Greer) gehört. Von Beginn an wird dabei deutlich, dass es innerhalb der Gemeinschaft nicht mit rechten Dingen zugeht und ein Geheimnis über dem Ort zu liegen scheint. Im weiteren Verlauf spielt Shyamalan dann auf geschickte Weise mit den Erwartungen der Zuschauer und lässt sie darüber im Unklaren, ob sich "The Village" eher zu einem Psychodrama oder zu einem waschechten Creature Feature entwickeln wird.

                      Getragen wird Shyamalans Film dabei von einem ausgezeichneten Cast, zu dem u.a. noch Sigourney Weaver (Alien), Brendan Gleeson (Brügge sehen...und sterben?) und William Hurt (Gottes vergessene Kinder) zählen. Neben der großartigen Kameraarbeit von Roger Deakins (No Country for Old Men, Sicario) fällt zudem besonders die Farbgebung ins Auge, weiß Shyamalan doch speziell die für die Handlung relevanten Rot- und Gelbtöne markant hervorzuheben.

                      Zwar hätten einige Themenfelder des Films durchaus noch etwas differenzierter behandelt werden können, doch auch so ist "The Village" als sehr gelungen zu bezeichnen.

                      36
                      • 5

                        Der von Zynismus geprägte und sich am Vorbild der großen Italo-Western orientierende "Ein Fremder ohne Namen" zählt zu den ersten Regiearbeiten von Clint Eastwood (Erbarmungslos, Million Dollar Baby), der hier abermals in seiner Paraderolle des wortkargen Rächers zu sehen ist. Während Eastwoods Film in visueller Hinsicht vollauf zu überzeugen weiß, erweist sich die recht einfallslose und moralisch fragwürdige Geschichte als großer Schwachpunkt.

                        Ein namenloser Fremder (Clint Eastwood) kommt in eine kleine Goldminenstadt und erschießt drei Revolvermänner, welche die Stadt zuvor tyrannisiert hatten. Die übrigen Bewohner des Ortes, die ihm mit einer Mischung aus Furcht und Bewunderung begegnen, unterbreiten dem Fremden nun ein Angebot: Er darf alle Annehmlichkeiten der Stadt genießen, wenn er im Gegenzug drei Gesetzlose ausschaltet, die in Kürze aus dem Gefängnis entlassen und schon bald in der Stadt erwartet werden. Der Fremde willigt ein und schwingt sich schon nach kurzer Zeit zum Herrscher über den ganzen Ort auf...

                        Für einen US-Western ist "Ein Fremder ohne Namen" ungewöhnlich hart und frei von jener Romantik, die den meisten früheren Genrebeiträgen innewohnt. Vielmehr trägt hier jede Figur ein dunkles Geheimnis mit sich und bewegt sich abseits von Nächstenliebe und Moral. Die Geschichte um einen fremden Revolverhelden, der in eine Stadt kommt, um dort aufzuräumen, dürfte indes bereits in den 70ern ein alter Hut gewesen sein, wenngleich Eastwood das Motiv ein wenig variiert. So dauert es dann auch eine ganze Weile, bis der Film so richtig Fahrt aufnimmt, verlegt sich Eastwood doch zunächst darauf, in aller Ausführlichkeit die Überlegenheit und Dominanz des Fremden gegenüber den feigen und einfältig erscheinenden Ortsbewohnern zu zelebrieren.

                        Mögen einige dieser Szenen sogar noch recht amüsant ausfallen, so gestaltet sich besonders der Umgang des Fremden mit den Frauen des Ortes als extrem entwürdigend. Gleich zu Beginn etwa gibt es eine Szene, in der eine Prostituierte den Fremden anrempelt, was dieser als Einladung versteht, sie in einem Stall zu vergewaltigen. So als ob der Film in übertriebener Weise die Männlichkeit des Protagonisten betonen müsse, genießt die Frau die Vergewaltigung schließlich nach einer Weile. Als ähnlich frauenverachtend erweist sich auch eine spätere Szene mit einer Hotelbetreiberin, die der Fremde in ihr Schlafzimmer zerrt und ebenfalls vergewaltigt. Diese Frau sorgt sich nach der Vergewaltigung gar um das Wohlergehen des Fremden und scheint von jetzt auf gleich romantische Gefühle für ihn entwickelt zu haben.

                        Abstoßende und zudem für den Fortgang der Handlung völlig irrelevante Szenen wie diese bremsen Eastwoods Western immer wieder aus und ziehen ihn unnötig in die Länge. Erschwerend hinzu kommt, dass die Hauptfigur als derart übermenschlich stark und treffsicher dargestellt wird, dass sie den Verbrechern haushoch überlegen ist und somit selbst im finalen Showdown kaum Spannung aufkommen will. Somit lohnt sich eine Sichtung von "Ein Fremder ohne Namen" hauptsächlich wegen des sehr schön eingefangenen Schauplatzes und der damit verbundenen Atmosphäre.

                        24
                        • 10

                          Das Gesicht einer hübschen, begehrenswerten Frau. Unser Blick streift ihre vollen Lippen, ihre Nase, ihre Augen. Verharrt bei einem Auge, das sich plötzlich wie vor Entsetzen weitet. Das Bild färbt sich rot. Eine Spirale erscheint, wechselt von lila zu grün zu orange. Zieht uns hinein, tiefer und tiefer - mitten in das Reich der Toten.

                          Seit einer seiner Kollegen bei einem Einsatz von einem Häuserdach in den Tod gestürzt ist, ist der unter starker Höhenangst leidende John 'Scottie' Ferguson (James Stewart) schwer traumatisiert und hat seinen Dienst bei der Polizei von San Francisco quittiert. Seine platonische Freundin Midge (Barbara Bel Geddes) versucht ihn daher aufzumuntern und eine neue Aufgabe für ihn zu finden. Da meldet sich unerwartet Scotties alter Schulfreund Gavin Elster (Tom Helmore) und bittet den Ex-Polizisten, seine Frau Madeleine (Kim Novak) zu beschatten. Diese benimmt sich in letzter Zeit recht sonderbar und scheint immer wieder Orte aufzusuchen, die in Zusammenhang mit ihrer schrecklichen Familiengeschichte stehen...

                          Der Titel von Alfred Hitchcocks ebenso rätselhaftem wie vielschichtigem Psychothriller bezieht sich auf den medizinischen Fachausdruck für Schwindelgefühl, welches im Verlauf der Handlung - in doppeldeutiger Hinsicht - eine zentrale Rolle einnimmt. Die clever konstruierte und mit gleich mehreren überraschenden Wendungen versehene Geschichte erzählt dabei auf einnehmende Weise von Wahn und Obsession, von Liebe und Depression, von Verlustangst und dem Bestreben, einen Menschen den eigenen Vorstellungen entsprechend umformen zu können. Dabei vermischen sich immer wieder Traum und Wirklichkeit, sodass "Vertigo" zahlreiche Ansätze zur Interpretation liefert, welche gar soweit gehen, dass sich die gesamte Erzählung lediglich in der Fantasie des von Schuldgefühlen geplagten Protagonisten abspielt.

                          Neben grandiosen Schauspielleistungen und einem starken Bernard Herrmann Score begeistert Hitchcocks Thriller auch auf visueller Ebene, bietet "Vertigo" doch zahlreiche traumhafte Aufnahmen von San Francisco und Umgebung und weiß zudem besonders durch seine markante Farbgebung Akzente zu setzen. Berühmt ist der Film darüber hinaus für den nach ihm benannten Kameraeffekt, welcher später u.a. auch in "Der weiße Hai" (1975), "Poltergeist" (1982) und "Der Herr der Ringe: Die Gefährten" (2001) Verwendung fand und der Scotties Höhenangst eindrucksvoll zu unterstreichen weiß.

                          34
                          • 6

                            Das erschütternde Drama "In my Country" unter der Regie von John Boorman (Beim Sterben ist jeder der Erste, Excalibur) befasst sich anhand von Einzelschicksalen mit den Verbrechen der Apartheid sowie deren Aufarbeitung durch die Wahrheits- und Versöhnungskommission.

                            Südafrika 1995: Die Radiomoderatorin Anna Malan (Juliette Binoche) ist froh über das Ende der staatlich festgelegten Rassentrennung in ihrem Land und möchte zur Versöhnung zwischen Schwarzen und Weißen beitragen, indem sie an den Anhörungen teilnimmt, bei denen Mitbürger von den grausamen Verbrechen erzählen, die ihnen in den vergangenen Jahrzehnten angetan wurden. Dabei lernt sie den Afroamerikaner Langston Whitfield (Samuel L. Jackson) kennen, der eine kritische Haltung gegenüber den Aufarbeitungsprozessen einnimmt und im Bitten der Täter um Amnestie keine aufrichtige Reue erkennen kann. Trotz ihrer gegensätzlichen Positionen arbeiten Anna und der Journalist alsbald zusammen und decken so noch weitere Gräueltaten auf...

                            Auf beinahe dokumentarische Art und Weise erzählt Boormans Drama von den Grausamkeiten der Apartheid, von Folter und Mord sowie vom Wunsch nach Frieden und Aussöhnung zwischen Tätern und Opfern. Die einzelnen Geschichten, welche der Kommission im Verlauf des Films vorgetragen werden, sind dabei wahrhaft grauenerregend, erzielen jedoch nicht immer die volle emotionale Wirkung, da Boormans Film immer wieder in Gefahr gerät, lediglich die Betroffenheit der Anwesenden darzustellen. So hätte es "In my Country" etwa deutlich besser zu Gesicht gestanden, die Protagonistin als toughe Powerfrau zu zeigen, statt sie gleich mehrmals einen Heulkrampf bekommen zu lassen. Darüber hinaus hätte Boorman einige intensive Momente durchaus noch länger ausspielen können, springt der Film doch mitunter sehr schnell von einer Szene zur nächsten und erscheint daher an vielen Stellen unrund und abgehackt.

                            Gleichzeitig enthält das Apartheidsdrama jedoch auch einige sehr berührende Momente, wozu erstaunlicherweise besonders jene Szenen zählen, in denen die Hauptfiguren fröhlich sind und miteinander lachen, tanzen und singen. Zudem gibt es ein paar sehr hübsche Landschaftsbilder vom afrikanischen Kontinent zu sehen und auch der Cast, dem u.a. noch Menzi Ngubs Ngubane (How to steal 2 Million) und Brendan Gleeson (Brügge sehen...und sterben?) angehören, macht seine Sache insgesamt recht ordentlich, sodass "In my Country" nicht nur für Geschichtsinteressierte durchaus einen Blick wert ist.

                            27
                            • 4

                              Elf Jahre nach dem dritten Teil schob Horror-Altmeister Wes Craven (Nightmare on Elm Street, Red Eye) Teil 4 seiner Erfolgsreihe "Scream" hinterher und brachte so abermals das Grauen in die Kleinstadt Woodsboro. Leider ist Cravens letzte Regiearbeit jedoch nicht mehr als ein lahmer Aufguss, der die Qualitäten der Vorgänger vermissen lässt und sich in völlig misslungenen Meta-Gags verliert.

                              Anlässlich der Präsentation ihres neuesten Buches kehrt Sidney Prescott (Neve Campbell) in ihre Heimatstadt Woodsboro zurück, wo sie auf ihre alten Weggefährten Dewey (David Arquette) und Gale (Courteney Cox) trifft. Doch schon unmittelbar nach ihrer Ankunft beginnt abermals eine unheimliche Mordserie, die frappierende Gemeinsamkeiten zu den früheren Ghostface-Taten aufweist. Zu allem Unglück scheint der Killer auch noch Sidneys Cousine Jill (Emma Roberts) und ihren Freundeskreis ins Visier genommen zu haben...

                              Zeichnete die vorherigen "Scream"-Teile trotz aller Anspielungen und Meta-Spielereien auch immer noch eine clever erdachte und zum munteren Miträtseln einladende Geschichte sowie ein gewisser Gruselfaktor aus, so ist hiervon in Teil 4 kaum noch etwas übrig geblieben. Stattdessen wird der Anteil an Querverweisen und Film-im-Film Sequenzen nun noch einmal deutlich erhöht, was bereits beim überlangen Mehrfach-Prolog beginnt, der als Auftakt geradezu katastrophal missraten ist und an die schwächeren Beiträge der "Scary Movie"-Reihe erinnert.

                              Deutlich gelungener fällt dagegen das Wiedersehen mit der alten Garde der Hauptakteure aus, obgleich Neve Campbell in diesem Film relativ lustlos agiert und somit eher die kleinen Reibereien zwischen dem von Arquette verkörperten Sheriff und der von Cox gespielten Journalistin bei Laune halten. Wenig vorwerfen lässt sich auch der Riege an Jungdarstellern, zu welcher u.a. noch Hayden Panettiere (I love you, Beth Cooper) und Rory Culkin (Lords of Chaos) zählen.

                              Doch ist "Scream 4" in seinem Verlauf viel zu ausrechenbar und die Zahl der innovativen Ideen viel zu überschaubar, als dass der Film den Spannungsregler für längere Zeit im oberen Bereich halten könnte. Stattdessen nimmt die Selbstbezüglichkeit einen viel zu großen Raum ein, sodass die Handlung immer wieder ausgebremst wird und beinahe jede Dialogzeile mit einer ironischen Brechung enden muss.

                              24
                              • 5

                                Mit "Der Teufelshauptmann" schuf Regielegende John Ford (Früchte des Zorns, Der Schwarze Falke) einen extrem sentimentalen und pathosgeschwängerten Kavallerie-Western, der ein sehr wehmütiges und beschönigendes Bild der US-Armee zeichnet und zugleich einen roten Handlungsfaden vermissen lässt.

                                Der kurz vor der Pensionierung stehende Hauptmann Nathan Brittles (John Wayne) zieht nur kurze Zeit nach der vernichtenden Niederlage am Little Big Horn zu seiner letzten Patrouille aus. Er hat den Auftrag erhalten, die junge Olivia Dandridge (Joanne Dru) und ihre Tante (Mildred Natwick) sicher zur nächsten Postkutschenstation zu eskortieren. Die attraktive Olivia wird dabei von zwei rivalisierenden Jung-Offizieren unter Brittles' Kommando umworben. Sie lässt die beiden Männer jedoch im Unklaren darüber, an wen sie ihr Herz vergeben hat, was unterwegs zu einigem Ärger führt...

                                Zu beschreiben, worum es in "Der Teufelshauptmann" überhaupt geht, gestaltet sich als äußerst schwierig. Ist Fords Western nun ein bloßes Loblied auf den Mut der kampftüchtigen US-Armee oder doch eher ein Film über einen alternden Anführer auf seiner letzten Mission? Oder soll vielleicht die Dreiecksbeziehung zwischen Olivia und ihren beiden Verehrern das Kernthema bilden? Selbst nach Ende des Films lässt sich das kaum beantworten, erscheint "Der Teufelshauptmann" doch über weite Strecken wie eine bloße Aneinanderreihung von für sich genommen zwar recht unterhaltsamen Szenen, die aber nicht zu einem großen Erzählbogen zusammengefügt werden. Spätestens bei einer Kneipenschlägerei im letzten Drittel, welche ebenso gut aus einem Spencer/Hill-Streifen stammen könnte, wird es dann regelrecht kurios und der Film scheint endgültig seinen Fokus verloren zu haben.

                                Positiv hervorzuheben sind indes die mittels des Technicolor-Farbverfahrens gedrehten Landschaftsbilder des Monument Valley sowie die guten Leistungen der Castmitglieder. Speziell Hauptdarsteller John Wayne liefert eine Performance ab, die wohl mit zu den besten seiner frühen Karriere zählen dürfte. Dies kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass von der ideenarmen Geschichte letztlich nur ein Ohrwurm von den Soldatenliedern bleibt.

                                24
                                • 5 .5

                                  Nach dem gewaltigen Erfolg von "Das Schweigen der Lämmer" gewann das Subgenre des Serienkillerfilms in den 90ern zunehmend an Popularität. Im Zuge dessen erschien auch "Jennifer 8" unter der Regie von Bruce Robinson (Whitnail & I, The Rum Diary), welcher sich als recht atmosphärischer Genrevertreter entpuppt, der jedoch unter so einigen Logiklücken leidet und bisweilen etwas zäh daherkommt.

                                  Als auf einer Mülldeponie eine abgetrennte Frauenhand gefunden wird, nimmt sich der erst kürzlich in die Stadt gezogene John Berlin (Andy Garcia) gemeinsam mit seinem Partner Freddy Ross (Lance Henriksen) der Sache an. Schon bald glaubt Berlin, einem Serienmörder auf der Spur zu sein, der es auf blinde Frauen abgesehen hat. Wichtige Informationen erhofft sich Berlin von der ebenfalls blinden Helena (Uma Thurman), deren Mitbewohnerin dem Killer bereits zum Opfer gefallen ist und von der er annimmt, dass sie die Nächste sein könnte...

                                  "Jennifer 8" punktet vor allem mit vielen stark eingefangenen Bildern von regennassen oder schneebedeckten Straßen und dunklen Häuserschluchten. Darüber hinaus verfügt Robinsons Film über einen gut aufgelegten Cast, dem u.a. noch Kathy Baker (Edward mit den Scherenhänden) und John Malkovich (Burn After Reading) angehören. Dabei erreicht er jedoch zu keiner Zeit die Intensität von Filmen wie "Sieben" (1995) oder dem bereits erwähnten "Das Schweigen der Lämmer" (1991), sondern bewegt sich die meiste Zeit über im soliden Mittelmaß.

                                  Störend fallen zudem einige Ungereimtheiten auf, die sich durch die ganze Geschichte ziehen. So gibt es etwa kaum eine plausible Erklärung dafür, warum Helena den Killer nicht hören kann, während dieser sie in ihrer Badewanne fotografiert. Darüber hinaus lässt sich auch den Gedankengängen der Ermittler mitunter nur schwer folgen und auch das Motiv des Täters erweist sich als sehr weit hergeholt. Trotz aller Mängel ist "Jennifer 8" aber dann doch noch unterhaltsam genug, als dass man als Zuschauer gerne bis zum Schluss am Ball bleibt. Wer sich für Filme wie die ähnlich gelagerten "...denn zum Küssen sind sie da" (1997) oder "Der Knochenjäger" (1999) begeistern kann, kann somit auch hier getrost einen Blick riskieren.

                                  28
                                  • 7 .5

                                    Der von Franklin J. Schaffner (Planet der Affen, The Boys from Brazil) inszenierte "Papillon" ist ein ebenso fesselnder wie bewegender 70er Jahre-Blockbuster, der mit aufwendigen Kulissen, starkem Schauspiel sowie einer in ihren Grundzügen zwar altbekannten, aber dennoch abwechslungsreichen Geschichte auftrumpft.

                                    In den 1930er Jahren werden hunderte französische Strafgefangene in die Strafkolonie Französisch-Guayana deportiert, wo sie abgeschirmt von der Außenwelt und unter menschenunwürdigen Bedingungen in ewiger Verbannung leben. Zu den Gefangenen gehört auch der aufgrund eines tätowierten Schmetterlings auf seiner Brust von allen nur 'Papillon' gerufene Henri Charrière (Steve McQueen), der wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, obgleich er wiederholt seine Unschuld beteuert. Während der Überfahrt freundet sich Papillon mit dem Fälscher Louis Dega (Dustin Hoffman) an, welcher in einer Kapsel in seinem Enddarm größere Geldmengen bei sich führt. Da dies unter den Gefangenen jedoch ein offenes Geheimnis darstellt, muss der schmächtige Dega fürchten, dass man ihn töten wird, um an sein Geld zu gelangen. Als Papillon hiervon erfährt, bietet er sich Dega als Leibwächter an. Im Gegenzug soll der Fälscher ihm durch Bestechung der Wärter zur Flucht verhelfen...

                                    "Papillon" erzählt die teils spektakuläre Geschichte eines Mannes, dessen unbändiger Freiheitsdrang ihn trotz aller Folter und allen Elends immer weiter kämpfen lässt. Das mag zwar für den modernen Zuschauer recht beliebig klingen, sind doch seither zahlreiche ähnlich gelagerte Gefängnisfilme erschienen, doch entfaltet Schaffners Werk auch heute noch eine gewisse erzählerische Wucht und weiß auch dank der großartigen Leistungen von McQueen und Hoffman nach wie vor zu begeistern. Als weiterer Vorzug des Films erweist sich zudem, dass "Papillon" nicht ausschließlich innerhalb der Gefängnismauern spielt, sondern durch das tropische Inselsetting zugleich auch einen starken Abenteuercharakter entfaltet. Angesichts dessen lässt sich auch über einige langatmige Passagen - wie etwa die Darstellung von Papillons Einzelhaft - problemlos hinwegsehen.

                                    Erwähnenswert ist außerdem, dass Schaffners Film in einigen Teilen mit nur sehr wenigen oder sogar ganz ohne Dialoge auskommt. Statt auf pathetische Reden setzt Schaffner vielmehr auf die Kraft der Bilder in Kombination mit dem wunderbaren Jerry Goldsmith Score. So wird etwa auch die Freundschaft zwischen Papillon und Dega hauptsächlich anhand von Blicken und Gesten vermittelt.

                                    27
                                    • 6

                                      Der auf einem Roman von Josephine Leslie basierende "Ein Gespenst auf Freiersfüßen" vermengt auf charmante Weise Geistergeschichte, Romanze und Komödie und weiß dabei durch gute Kameraarbeit und überzeugende Darsteller zu gefallen.

                                      London zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Die selbstbewusste Witwe Lucy Muir (Gene Tierney) entschließt sich ein Jahr nach dem Tod ihres Ehemannes an die Küste zu ziehen und dort zusammen mit ihrer kleinen Tochter Anna (Natalie Wood) ein neues Leben zu beginnen. Entgegen aller Bedenken des Maklers erwirbt sie die direkt am Meer gelegene Villa Gull Cottage, in der der Geist des vorherigen Eigentümers - eines bärbeißigen Seemanns - seit dessen Selbstmord umherspuken soll. Und tatsächlich macht die Witwe bald Bekanntschaft mit jenem Geist, der sich ihr als Captain Daniel Gregg (Rex Harrison) vorstellt und schon nach kurzer Zeit ein Auge auf die attraktive junge Frau zu werfen scheint...

                                      Die eher dünne, fabelähnliche Geschichte scheint auf den ersten Blick nicht allzu viel herzugeben, gewinnt aber durch das inszenatorische Geschick von Joseph L. Mankiewicz (Alles über Eva, Cleopatra) und die wunderbare Chemie zwischen dem Hauptdarstellerpaar an Qualität. Dennoch gestaltet sich speziell die erste Filmhälfte etwas monoton und hätte durchaus ein paar zusätzliche Handlungsimpulse vertragen können, sodass in dieser Phase lediglich die mit Seefahrtsmetaphern gespickten Dialoge zwischen dem Geist und der Witwe bei Laune halten.

                                      Etwas abwechslungsreicher gestaltet sich indes die zweite Hälfte des Films, in der die Protagonistin die Memoiren des Captains niederschreibt und mit dem Autor Miles Fairley (George Sanders) ein Nebenbuhler auf den Plan tritt. Dabei erweist sich Mankiewicz' Geisterromanze besonders unter emanzipatorischen Gesichtspunkten als interessant, verfügt der Film mit Mrs. Muir doch über eine bemerkenswert starke und unabhängige Frauenfigur, die weder auf ihre Rolle als Mutter noch auf die Rolle der Liebhaberin reduziert wird und die den ganzen Film über eigenständige Entscheidungen trifft.

                                      23
                                      • 7

                                        Der blutige Spätwestern "The Wild Bunch" unter der Regie Sam Peckinpahs (Getaway, Convoy) versteht sich als schonungslose Auseinandersetzung mit Themen wie Rechtlosigkeit und Gewalt, begeistert mit einigen spektakulären Actionszenen und scheut sich dabei nicht vor drastischen Bildern.

                                        Amerika zur Zeit der mexikanischen Revolution: Der alternde Pike Bishop (William Holden) ist Anführer einer Bande Gesetzloser, die beim Überfall auf die Kasse einer Eisenbahngesellschaft in einen Hinterhalt von Kopfgeldjägern unter der Führung von Bishops einstigem Freund Deke Thornton (Robert Ryan) geraten. Die Schießerei endet in einem brutalen Massaker, bei dem auch zahlreiche Unbeteiligte getötet werden. Bishop selbst kann jedoch mit seinen verbliebenen Gefährten entkommen und flüchtet über die Grenze nach Mexiko, wo sie Bekanntschaft mit dem skrupellosen General Mapache (Emilio Fernández) machen, der der Bande einen Deal vorschlägt...

                                        Schon eine Szene während des Vorspanns gibt die Richtung für den weiteren Verlauf von Peckinpahs bleihaltiger Westernballade vor. Darin sind spielende Kinder zu sehen, die Skorpione und Ameisen eingefangen haben und diese gegeneinander kämpfen lassen. Anschließend decken die Kinder Gras über die Tiere und zünden sie an. Auf diese Weise verdeutlicht Peckinpahs Film anschaulich die menschliche Freude am Töten und die Sinnlosigkeit von gewalttätigen Auseinandersetzungen jeder Art. Obwohl auch im späteren Verlauf die explizite Darstellung der Gewalt eine große Rolle spielt und einzelne Momente gar aus einem Splatterfilm stammen könnten, verherrlicht "The Wild Bunch" das Vorgehen der Protagonisten jedoch zu keiner Zeit. Vielmehr erscheinen die Taten von Pike Bishop und seiner Bande ähnlich verabscheuenswürdig wie jene des mexikanischen Generals oder die der Kopfgeldjäger.

                                        Da zudem auch der Cast, dem u.a. noch Ernest Borgnine (Der Flug des Phoenix), Warren Oates (In der Hitze der Nacht) und Ben Johnson (Die letzte Vorstellung) angehören, zu überzeugen weiß, verzeiht man Peckinpahs Western auch ein paar kleinere Längen, welche u.a. durch einige Rückblenden entstehen, die wohl den Charakteren zusätzlich Tiefe verleihen sollen, jedoch letztlich wie bloßes Füllmaterial wirken.

                                        26
                                        • 7 .5

                                          Angelehnt an Homers "Odyssee" und mit zahlreichen Verweisen auf Bibel und Popkultur versehen, schufen die Coen-Brüder (The Big Lebowski, True Grit) mit "O Brother, Where Art Thou?" ein episodenhaftes Roadmovie, das mit guten Schauspielleistungen, charmanten Gesangseinlagen und einer guten Portion schrägen Humors zu unterhalten weiß.

                                          Mississippi 1937: Ulysses Everett McGill (George Clooney) gelingt mit seinen Freunden Pete (John Turturro) und Delmar (Tim Blake Nelson) die Flucht aus einer Gruppe von aneinandergeketteten Strafgefangenen. Gemeinsam machen sich die drei Männer auf den Weg zu einem Tal, wo Ulysses die Beute aus seinem letzten Raubzug versteckt haben will. Dabei müssen sie sich beeilen, denn in wenigen Tagen soll das Tal durch den nahegelegenen Staudamm geflutet werden. Zudem müssen sie aufpassen, nicht wieder von der Polizei gefasst zu werden. Auf ihrer Reise durch den Bundesstaat begegnen sie allerlei skurrilen Gestalten und geraten in so manch brenzlige Situation...

                                          Vom Start weg legt "O Brother, Where Art Thou?" ein recht gutes Tempo vor. Ohne längere Einführung wird der Zuschauer direkt in das Geschehen geworfen und lernt die drei Protagonisten erst nach und nach durch ihr Verhalten auf der Flucht kennen. Munter bedient sich der Film dabei bei Begriffen und Motiven aus der griechischen Mythologie, was sich schon beim Namen des von Clooney verkörperten Sträflings zeigt. So tauchen dann im weiteren Verlauf des Films u.a. ein an den Fährmann erinnernder Draisinen-Fahrer, verführerische Sirenen oder auch ein dem Zyklopen Polyphem ähnelnder Bibelverkäufer in Gestalt von John Goodman auf. Angereichert wird dies mit christlicher Symbolik, einem klaren Plädoyer gegen Rassenhass sowie reichlich Countrymusik.

                                          Zum Erfolg dieser ungewöhnlichen Mischung, die darüber hinaus auch einige herrliche Landschaftsbilder und ein wenig Action bereithält, trägt derweil vor allem auch das großartig aufspielende Schauspielensemble bei, welchem u.a. noch Holly Hunter (Das Piano) und Charles Durning (Tootsie) angehören und das die zumeist etwas begriffsstutzigen, dafür aber mit einer gewissen Bauernschläue gesegneten Charaktere zum Leben erweckt.

                                          31
                                          • 7
                                            über Sabrina

                                            Die Dreiecksromanze "Sabrina" markiert einen entscheidenden Wendepunkt im Wirken von Billy Wilder (Sunset Boulevard, Manche mögen's heiß), wandte sich der zuvor hauptsächlich auf düstere Noir-Stoffe abonnierte Regisseur doch fortan mehr und mehr dem Komödienfach zu. Die in stilsichere Schwarzweiß-Bilder gehüllte Aschenputtel-Variation über eine unglücklich verliebte Chauffeurstochter vereint dann auch entsprechend melancholische und heitere Elemente zu einem charmanten Filmerlebnis.

                                            Die schüchterne Sabrina (Audrey Hepburn) ist seit frühester Kindheit in David Larrabee (William Holden) verliebt, den Angehörigen einer wohlhabenden Familiendynastie, für die Sabrinas Vater (John Williams) als Chauffeur tätig ist. David ist ein Lebemann und Frauenheld, der bereits mehrere gescheiterte Ehen hinter sich hat und sich damit ganz und gar von seinem älteren Bruder Linus (Humphrey Bogart) unterscheidet, der schon seit langer Zeit alleinstehend ist und in erster Linie das Wohlergehen der Firma im Sinn hat. Nach einer zweijährigen Ausbildung zur Köchin in Paris kehrt das einst zurückhaltende Mädchen als kultivierte junge Dame nach Hause zurück, wo ihr ihr Schwarm David erstmals die erhoffte Aufmerksamkeit schenkt. Linus indes betrachtet die sich anbahnende Verbindung zwischen der Chauffeurstochter und seinem jüngeren Bruder mit Skepsis...

                                            Im Vergleich zu manch späteren Werken des Regisseurs ist "Sabrina" weniger temporeich angelegt und brennt auch nicht solch ein Feuerwerk an genialen Pointen ab, obgleich auch dieser Film einige sehr starke Lacher hervorbringt. Vielmehr startet die Geschichte um das unglückliche Mauerblümchen eher schwermütig. So wird Sabrina in einer frühen Szene von Linus gar bei dem Versuch ertappt, sich in der Autogarage das Leben zu nehmen. Erst mit ihrer Kochausbildung in Paris verändert sich nicht nur das Selbstbewusstsein der Protagonistin, sondern auch die Tonalität des Films. Dennoch bewahrt sich Wilders Werk bis zum Schluss eine gewisse Wehmut.

                                            Die Geschichte selbst ist derweil sehr klassisch angelegt und lässt sich in groben Zügen schon recht früh erahnen. Dank Wilders Gespür für doppelbödige Dialoge sowie des gut aufspielenden Darstellerensembles, aus dem die bezaubernde Audrey Hepburn mit ihrem gewinnenden Charme noch einmal besonders hervorsticht, kommt jedoch zu keiner Zeit Langeweile auf. Wem also der Sinn nach einer leicht märchenhaft angehauchten Liebeskomödie steht, ist bei "Sabrina" definitiv an der richtigen Adresse.

                                            28
                                            • 6 .5

                                              Der von Steven Soderbergh (Ocean's Eleven, Contagion) inszenierte Psychothriller "Side Effects" befasst sich mit Themen wie Medikamentensucht, Machtgier, Depressionen und dem großen Einfluss der Pharmaindustrie und kombiniert diese mit einem geradezu labyrinthischen Geflecht aus Lügen und Intrigen.

                                              Die 28-Jährige Emily Taylor (Rooney Mara) leidet schon seit Jahren an starken Depressionen. Ihr einst glückliches, luxuriöses Leben mit ihrem Ehemann Martin (Channing Tatum) fand ein jähes Ende, als Martin wegen Insiderhandels zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Während Martin noch glaubt, dass sich mit seiner Entlassung alles zum Guten wenden wird, begeht Emily mit ihrem Wagen einen Selbstmordversuch. Daraufhin nimmt der Psychiater Dr. Jonathan Banks (Jude Law) sich der jungen Frau an und verschreibt ihr ein neuartiges Antidepressivum. Zunächst scheint das Medikament erfolgreich seine Wirkung zu entfalten, sodass Emily sich vorübergehend besser fühlt. Dann aber treten plötzlich furchtbare Nebenwirkungen auf...

                                              "Side Effects" startet eher schleppend und nimmt sich ausgiebig Zeit, um die wichtigsten Charaktere einzuführen und insbesondere das Krankheitsbild der Protagonistin zu beleuchten. Spätestens ab der Mitte nimmt Soderberghs Thriller jedoch merklich an Fahrt auf und entwickelt sich zu einem fesselnden Spiel um Täuschung und Machtmissbrauch. Wohl um den Gemütszustand der Protagonistin für den Zuschauer noch deutlicher zu machen, setzt Soderbergh auf eine milchige Optik und viele Grautöne. Wie vom Regisseur gewohnt, geht "Side Effects" dabei auf ebenso nüchterne wie betont sachliche Art an die brisante Thematik heran und verzichtet fast vollständig auf Action und lockere Sprüche. Zum insgesamt positiven Eindruck trägt indes vor allem auch die stark aufspielende Darstellerriege bei, zu welcher u.a. noch Vinessa Shaw (The Hills have Eyes), Ann Dowd (Hereditary) und Catherine Zeta-Jones (Die Maske des Zorro) zählen.

                                              Leider opfert Soderbergh seine Anklage gegen die Skrupellosigkeit der Pharmaindustrie im späteren Verlauf mehr und mehr zugunsten immer neuer Wendungen, welche sich nicht immer ganz stimmig in das Gesamtgeschehen einfügen und zum Teil recht übertrieben erscheinen. Somit verhindert das Vorantreiben des Thrillerplots letztlich ein noch kraftvolleres Plädoyer gegen eine Gesellschaft, die an ihrer eigenen Medizin zu Grunde zu gehen droht.

                                              30
                                              • 6

                                                Der von Actionspezialist Renny Harlin (Cliffhanger, Tödliche Weihnachten) inszenierte Psychothriller "Mindhunters" bietet ein recht munteres Katz-und-Maus-Spiel mit Anleihen bei Agatha Christie, das zwar sehr konstruiert und nicht in Gänze durchdacht erscheint, dafür aber mit einigen Wendungen für launige Unterhaltung sorgt.

                                                Sara Moore (Kathryn Morris) und J.D. Reston (Christian Slater) gehören einer Gruppe von FBI-Agenten an, die im Zuge einer Profilerausbildung von ihrem Vorgesetzten Jake Harris (Val Kilmer) auf eine abgelegene Insel gebracht werden, wo sie die Jagd auf einen Serienkiller simulieren sollen, welcher unter dem Decknamen 'Der Puppenspieler' auftritt. Schon bald zeigt sich jedoch, dass es auf der Insel nicht mit rechten Dingen zugeht und aus dem Prüfungsverfahren wird tödlicher Ernst...

                                                "Mindhunters" erinnert mit seinem Szenario einer von der Außenwelt abgeschotteten Gruppe, welche sich wahlweise einer übernatürlichen Macht oder eines fallenstellenden Killers erwehren muss, an Filme wie "D-Tox" (2002) oder "Saw" (2004) oder auch an so manchen Gruselhausbeitrag wie "Das Geisterschloss" (1999) oder "Haunted Hill" (1999). Trotz einiger derber Gewaltspitzen und überraschender Splattereffekte herrscht in Harlins Psychothriller jedoch keine allzu düstere Grundstimmung vor, was auch an so manch lockerem Spruch liegt, den die Protagonisten auf den Lippen haben.

                                                Wer die Vorgänge nicht allzu sehr hinterfragt und über die eine oder andere Ungereimtheit hinwegsehen kann, bekommt aber dennoch eine über weite Strecken packende Serienmörderjagd geboten, zu der auch der solide agierende Cast, dem u.a. noch LL Cool J (Deep Blue Sea), Jonny Lee Miller (Trainspotting) und Clifton Collins jr. (187 - Eine tödliche Zahl) angehören, seinen Beitrag leistet.

                                                28
                                                • 5

                                                  "Das Auge" unter der Regie Stephan Elliotts (Ein schräger Vogel, Priscilla - Königin der Wüste) ist ein psychedelisch angehauchter Mysterythriller und zugleich ein Remake des gleichnamigen französischen Films von 1983, der zwar eine durchaus interessante Geschichte erzählt, dabei aber über weite Strecken sehr wirr und spannungsarm daherkommt.

                                                  Der den Decknamen 'Das Auge' tragende Überwachungsspezialist Stephen Wilson (Ewan McGregor) wird mit der Observation eines Diplomatensohns (Steven McCarthy) beauftragt, dem vorgeworfen wird, Geld von einem Treuhandkonto veruntreut zu haben. Stephen vermutet, dass der Mann von seiner Geliebten Joanna (Ashley Judd) erpresst wird. Als Joanna ihren Liebhaber vor Stephens Augen auf grausame Weise umbringt, reift in dem Agenten die Erkenntnis, dass er einer Serienmörderin auf der Spur ist, die quer durchs Land zieht, um reihenweise Männer zu verführen und anschließend zu töten. Schon bald erliegt auch Stephen, der sehr unter der Trennung von Ehefrau und Tochter leidet, der erotischen Ausstrahlung der attraktiven Killerin...

                                                  Um der Handlung von Elliotts Mysterythriller in all ihren Details folgen zu können, bedarf es einer hohen Aufmerksamkeit seitens der Zuschauer, vermischt der Film doch Rückblenden, Träume und Visionen und springt in rascher Folge von einem Schauplatz zum nächsten. Sonderlich spannungsintensiv geht es dabei zwar kaum einmal zu, doch ist jederzeit spürbar, dass dem Film mit dem Roman von Marc Behm eine starke Buchvorlage zugrunde liegen muss. Gelungen sind darüber hinaus auch einige kreative Szenenübergänge, welche die Vermischung von Traum und Realität zusätzlich betonen.

                                                  Insgesamt gestaltet sich "Das Auge" jedoch viel zu unzusammenhängend und episodenhaft, um einen Handlungsfluss zu erzeugen, welcher den Zuschauer auf ähnliche Weise in den Bann ziehen könnte, wie es die begehrenswerte Serienmörderin mit dem Protagonisten tut.

                                                  29
                                                  • 7 .5

                                                    Es sagt eine Menge über die Qualität eines Films aus, wenn es ihm gelingt, ein Thema unterhaltsam und mitreißend zu präsentieren, für das sich viele (europäische) Zuschauer sonst überhaupt nicht interessieren. Zu diesen Filmen zählt das von Bennett Miller (Capote, Foxcatcher) inszenierte Sportdrama "Moneyball", das sich mit der hierzulande eher unpopulären Sportart Baseball sowie damit verbundenen Statistiken beschäftigt.

                                                    Billy Bean (Brad Pitt) ist Teammanager der Oakland Athletics, einem der finanzschwächsten Vereine in der Major League Baseball. Der sportliche Erfolg bleibt schon seit längerer Zeit aus und die wenigen Topspieler des Clubs wechseln zu potenten Konkurrenten. Da begegnet Billy dem jungen Peter Brand (Jonah Hill), der in Yale Wirtschaft studiert hat und mittels eines computergestützten Statistikverfahrens Baseballspieler herausfiltert, die im klassischen Auswahlverfahren durchs Raster gefallen sind, da ihre eigentlichen Stärken aufgrund anderer Ausschlusskriterien nicht erkannt wurden. Gemeinsam stellen die beiden Männer auf Basis dieses neuen Verfahrens ein völlig verändertes Team für Oakland zusammen, welches sich anschickt, die bisher geltenden Gesetze des Baseball ad absurdum zu führen...

                                                    Millers visuell ansprechendes, vornehmlich in gedeckten Grüntönen gehaltenes Sportdrama zeichnet sich nicht unbedingt durch besonders intensive Spannungshöhepunkte oder dramatische Zuspitzungen aus, begeistert dafür aber mit einer einnehmenden, clever aufgebauten Geschichte, pointierten Dialogen sowie einem stark aufspielenden Cast, zu dem u.a. noch Chris Pratt (Jurassic World) und Philip Seymour Hoffman (Glaubensfrage) gehören.

                                                    Miller lässt sich dabei ausreichend Zeit, um seinem Publikum die wichtigsten Charaktere und ihre Beweggründe näher zu bringen, sodass sich der Löwenanteil des Films abseits des Feldes abspielt und "Moneyball" so eher zum Porträt eines ehrgeizigen Managers wird, der sich nicht damit abfinden will, dass der Erfolg allein den wohlhabenden Clubs vorbehalten ist. Vorwerfen kann man Millers Film dabei allenfalls, dass er sich nicht stärker gegen die Skrupellosigkeit auf dem Transfermarkt positioniert, sind die hier dargestellten Zustände doch wahrlich erschütternd.

                                                    Doch auch so ist "Moneyball" ein vielschichtiges Sportdrama geworden, das trotz seiner ruhigen Gangart keine Langeweile aufkommen lässt.

                                                    29