Kenduskeag - Kommentare

Alle Kommentare von Kenduskeag

  • 7 .5

    Zu den letzten noch in seiner britischen Heimat entstandenen Spielfilmen Alfred Hitchcocks zählt der mit sehr viel Humor und Wortwitz angereicherte Mysterythriller „Eine Dame verschwindet“, dessen großer Einfluss auf nachfolgende Genrevertreter in jeder Minute des Films spürbar ist.

    Da eine Lawine die Weiterfahrt des Zuges von Budapest nach Basel unmöglich macht, sieht sich eine heterogene Reisegruppe gezwungen, in einem überfüllten Gasthof zu übernachten. Zu den Hotelgästen zählt auch die junge Iris Henderson (Margaret Lockwood), Tochter eines Marmeladenfabrikanten, die sich auf dem Weg zu ihrem Verlobten befindet. Als der Zug seine Weiterfahrt schließlich fortsetzen kann, lernt Iris am Bahnsteig Miss Froy (May Whitty), eine gutherzige Gouvernante älteren Semesters, kennen. Noch ehe sie in den Zug steigt, wird Iris jedoch von einem herabfallenden Blumenkasten am Kopf getroffen, woraufhin sich die hilfsbereite alte Dame ihrer annimmt und ihr auf der Fahrt Gesellschaft leistet. Als Iris nach kurzem Schlaf in ihrem Abteil erwacht, ist Miss Froy allerdings plötzlich wie vom Erdboden verschwunden. Mehr noch: Sämtliche Mitreisenden geben an, die alte Dame nie gesehen zu haben und behaupten, Iris sei einer Halluzination erlegen. Während die junge Frau allmählich an ihrem Verstand zu zweifeln beginnt, scheint einzig der Volksliedforscher Gilbert (Michael Redgrave) ihr Glauben zu schenken…

    Selbst im Vergleich zu vielen anderen Werken des Regisseurs zeichnet sich „Eine Dame verschwindet“ von Beginn an durch sehr viel verschmitzten Humor und skurrilen Charme aus. So sorgt bereits das erste Aufeinandertreffen der Zugreisenden in der überfüllten Herberge für einige witzige Wortgefechte und gelungene Situationskomik. Die Ausgangslage mit der verschwundenen Person, an die sich außer der Hauptfigur niemand zu erinnern scheint, dürfte zur Entstehungszeit des Films noch recht unverbraucht gewesen sein, wurde inzwischen aber schon häufiger aufgegriffen. Ein bekanntes Beispiel aus jüngerer Vergangenheit stellt etwa der Thriller „Flightplan“ (2005) mit Jodie Foster dar. Hitchcock versteht es jedoch ausgezeichnet, aus der bekannten Prämisse nahezu das Maximum an Spannung und Suspense herauszuholen. Darüber hinaus wartet die Geschichte im weiteren Verlauf immer wieder mit einigen kleinen Twists auf, die zusätzlich für Dramatik und Abwechslung sorgen.

    Neben den vielen erinnerungswürdigen Charakteren, zu denen etwa auch zwei (homosexuelle?) Cricket-Enthusiasten gehören, die angesichts ihrer Begeisterung für den Sport alles um sie herum vergessen, ist zudem das actionreiche Finale hervorzuheben, in dem Hitchcock die beengte Zugkulisse effektiv für seine Zwecke zu nutzen weiß.

    31
    • 7 .5
      über Rocky

      Mit dem Boxerdrama "Rocky" erklomm der zuvor weitgehend unbekannte Sylvester Stallone 1976 über Nacht den Kino-Olymp, entwickelte sich die Geschichte des Außenseiters, der zum Kampf gegen den Schwergewichtsweltmeister in den Ring steigt, doch zu einem enormen Überraschungserfolg bei Publikum und Kritikern und gewann mehrere Auszeichnungen.

      Der aus einfachen Verhältnissen stammende Rocky Balboa (Sylvester Stallone) lebt im Armenviertel von Philadelphia, wo er sich als Geldeintreiber sowie durch vereinzelte Amateurkämpfe seinen Lebensunterhalt verdient, da er seinen ursprünglichen Traum von der großen Karriere als Profiboxer längst aufgegeben hat. Während der verbitterte junge Mann darum bemüht ist, das Herz der schüchternen Zoogeschäft-Verkäuferin Adrianna (Talia Shire) zu gewinnen, sucht der amtierende Schwergewichts-Champion Apollo Creed (Carl Weathers) nach einem unerwarteten Ausfall nach einem neuen Herausforderer für den auf den Neujahrstag datierten Kampf um die Weltmeisterschaft...

      Das von John G. Avildsen (Karate Kid, Der knallharte Prinzipal) inszenierte Drama erzählt eine im Grunde simple Geschichte über den American Dream, besticht dabei jedoch durch differenzierte Charakterdarstellungen und eine stimmige Milieuzeichnung und schafft es so, das Publikum auf die Seite des von Stallone stark verkörperten Außenseiters zu ziehen, der sich entgegen aller Widerstände an die Spitze kämpft. Entsprechend stehen in "Rocky" die Boxkämpfe weniger im Vordergrund als vielmehr die Beziehungen der einzelnen Charaktere, ihre Träume und Schicksalsschläge. Über weite Strecken befasst sich das von Stallone persönlich verfasste Drehbuch gar ausschließlich mit der langsamen Annäherung von Rocky und Adrianna, weshalb sich der Film durchaus auch als Romanze einstufen lässt. Erwähnenswert sind neben dem grandiosen Soundtrack zudem auch die stark aufspielenden Nebendarsteller, zu denen u.a. Joe Spinell (Maniac), Burt Young (Convoy) und Burgess Meredith (Batman hält die Welt in Atem) zählen.

      So steht am Ende eine zwar überraschungsfreie, aber dafür emotional mitreißende Charakterstudie.

      38
      • 6

        Der von Robert Zemeckis (Zurück in die Zukunft, Contact) inszenierte "Allied" ist ein Weltkriegsmelodram klassischer Prägung, das einige spektakuläre Schauwerte und große Emotionen bietet, dabei aber nicht immer den richtigen Tonfall trifft und mitunter sehr dick aufträgt.

        Marokko 1942: Der kanadische Geheimdienstoffizier Max Vatan (Brad Pitt) begegnet in Casablanca der französischen Widerstandskämpferin Marianne Beauséjour (Marion Cotillard). Beide haben den Auftrag erhalten, den deutschen Botschafter in Marokko umzubringen. Zu diesem Zweck geben Max und Marianne vor, ein Ehepaar zu sein und hegen schon nach kurzer Zeit aufrichtige Gefühle füreinander. Nach dem erfolgreichen Attentat ziehen die beiden Agenten schließlich nach London, doch schon bald holt sie ihre Vergangenheit wieder ein, wird Max doch mit einer furchtbaren Anschuldigung konfrontiert...

        "Allied" ist insgesamt handwerklich routiniert in Szene gesetzt, obgleich Zemeckis mit dem Gebrauch des Weichzeichners mitunter etwas übertreibt und seine Spionageromanze deshalb zuweilen allzu künstlich aussieht. Auch über die Performances der Darsteller lässt sich kaum meckern, wenngleich weder Pitt noch Cotillard Glanzleistungen abliefern und unter den Nebendarstellern lediglich August Diehl als undurchsichtiger Nazi-Offizier hervorsticht. Als im negativen Sinn auffälliger hingegen erweist sich die etwas holprige Dramaturgie sowie die schwankende Tonalität. So erscheint es, als ob Zemeckis zuweilen selbst nicht wisse, ob er nun ein düsteres Kriegsepos oder doch eher einen munteren Agentenactionfilm im Stile von "Mr. & Mrs. Smith" (2005) vor sich habe. Wenn die beiden Protagonisten sich etwa während eines Sandsturms im Auto lieben oder während eines Fliegerangriffs ein Kind zur Welt gebracht wird, wähnt man sich als Zuschauer jedenfalls eher in einem absurden Groschenroman. Und auch Max' Fähigkeiten beim Kartenmischen hätten besser in einen Film wie "Die Unfassbaren" (2013) gepasst.

        Bei aller Kritik ist "Allied" aber dennoch über weite Strecken recht spannend und unterhaltsam geraten und sorgt mit abwechslungsreichen Schauplätzen und seiner grundsoliden Spionagestory für ein letztlich doch gelungenes Filmerlebnis.

        32
        • 7

          "Die Farbe des Geldes" basiert auf einem Roman von Walter Tevis, der auch die Vorlagen zum SciFi-Klassiker "Der Mann, der vom Himmel fiel" (1963) und der Miniserie "Das Damengambit" (2020) schrieb. Das von Martin Scorsese (Taxi Driver, The Wolf of Wall Street) inszenierte Sportdrama knüpft dabei an "Haie der Großstadt" (1961) an, in welchem ebenfalls Paul Newman in der Hauptrolle zu sehen war.

          Der inzwischen in einer Bar arbeitende ehemalige Poolbillard-Profi Eddie Felson (Paul Newman) entdeckt zufällig das große Talent des jungen Vincent (Tom Cruise) und nimmt den ungestümen Draufgänger unter seine Fittiche. Gemeinsam mit Vincents Freundin Carmen (Mary Elizabeth Mastrantonio) ziehen die beiden Männer von einer Billardhalle zur nächsten, wobei Eddie seinem Schützling beibringt, wie er durch geschickte Wetteinsätze und absichtliche Niederlagen andere Spieler abzocken kann. Auf diese Weise will Eddie den jungen Heißsporn einerseits in die Kunst des Bluffens einweisen und andererseits auf die Billardmeisterschaft in Atlantic City vorbereiten...

          "Die Farbe des Geldes" lebt weniger von der eher gewöhnlich daherkommenden Geschichte als von den hervorragend ausgearbeiteten Charakteren und ihren Konflikten sowie den damit einhergehenden Fragestellungen über Anstand und Moral, Alter und Jugend, Eitelkeit und Demut. Im Vergleich zu vielen anderen Werken des Regisseurs ist Scorseses Sportdrama daher deutlich intimer angelegt, fokussiert sich fast ausschließlich auf die Dynamik zwischen den drei Hauptcharakteren.

          Neben dem teils melancholischen, teils mitreißenden Blues- und Rock-Soundtrack und der virtuosen Kameraführung von Michael Ballhaus bleiben vor allem die starken Leistungen der Castmitglieder im Gedächtnis, zu denen in kleineren Nebenrollen u.a. noch Helen Shaver (Amityville Horror), Forest Whitaker (Panic Room) und John Turturro (The Big Lebowski) gehören. Insbesondere Paul Newman in der Rolle des lustlos gewordenen Mentors, der es angesichts der ungezügelten Art seines Schützlings selbst noch einmal wissen will, liefert eine beeindruckende Performance ab und hebt die im Grunde recht simple Story auf ein höheres Level.

          31
          • 6

            Der von Howard Hawks (Scarface, Ein Goldfisch an der Leine) inszenierte Westernklassiker "Red River" besticht durch eine in teils spektakuläre Bilder gehüllte Geschichte über den amerikanischen Gründermythos sowie den Konflikt zwischen Alt und Jung, gestaltet sich dabei aber auch etwas langatmig und inkonsequent.

            Thomas Dunson (John Wayne) hat es sich in den Kopf gesetzt, gemeinsam mit seinem Gehilfen Groot (Walter Brennan) und seinem Ziehsohn Matt (Montgomery Clift) in Texas nach geeignetem Land zu suchen, um eine große Rinderranch aufzubauen. Nach vierzehn Jahren harter Arbeit ist es den Männern schließlich gelungen, eine Viehherde mit über 9000 Tieren heranzuzüchten, doch ist die Nachfrage nach Rindfleisch in Folge des Sezessionskriegs inzwischen stark gesunken, sodass Dunson den Plan fasst, die gesamte Herde über den Red River nach Missouri zu führen, um die Tiere dort gewinnbringend zu verkaufen. Schon bald erweist sich das riskante Unternehmen als ebenso strapaziös wie gefährlich...

            "Red River" punktet mit beeindruckenden Aufnahmen der weiten Prärielandschaft, wozu auch eine aufsehenerregende Sequenz gehört, in der die Herde in Panik die Flucht ergreift und so eine Stampede auslöst. Außerdem wissen auch die Leistungen der Darstellerriege zu gefallen, wobei Montgomery Clift als sich gegen seinen diktatorischen Ziehvater auflehnende junge Führungspersönlichkeit die interessanteste Rolle zufällt, während Walter Brennan als gebissloser Kauz hauptsächlich für humorvolle Auflockerung zuständig ist. Hawks' Film fühlt sich trotz des Settings sowie einiger Schießereien dabei gar nicht so sehr nach einem typischen Genrebeitrag an, sondern erweckt eher den Eindruck, eine Geschichte über die amerikanische Historie sowie die damit einhergehenden Generationenkonflikte erzählen zu wollen, was durch den häufigen Einsatz der Erzählerstimme noch verstärkt wird.

            Dabei schleicht sich angesichts der stolzen Laufzeit von über 130 Minuten durchaus die eine oder andere Länge ein, zumal Dunsons Auseinandersetzungen mit seinen Wegbegleitern immer dem gleichen Muster folgen und dementsprechend vorhersehbar sind. Hinzu kommt, dass den wenigen Frauenfiguren im Film eigentlich eine bedeutsame Rolle zukommt, diese dafür aber im Vergleich zu ihren männlichen Pendants schlicht nicht gut genug ausgearbeitet wurden. Dies macht sich spätestens im halbgaren Finale bemerkbar, welches die letzte Konsequenz vermissen lässt und somit nicht die gewünschte Wirkung entfalten kann.

            29
            • 7
              Kenduskeag 01.07.2022, 12:11 Geändert 01.07.2022, 12:23

              "Knives Out" unter der Regie Rian Johnsons (Brick, Looper) ist ein sich mitunter am Rande der Selbstparodie bewegender Kriminalfilm, der das klassische Whodunit-Konzept auf gelungene Weise ins 21. Jahrhundert transferiert und dabei mit einer recht ausgeklügelten Geschichte, einer farbenprächtigen Ausstattung und einem gut aufgelegten Star-Cast punkten kann.

              Harlan Thrombey (Christopher Plummer) hat als erfolgreicher Autor von Kriminalromanen ein beträchtliches Vermögen angehäuft. Als der greise Patriarch am Morgen nach der Feier seines 85. Geburtstags tot in der Dachkammer seines Anwesens aufgefunden wird, deutet für die zuständigen Polizeibeamten alles auf einen Suizid hin. Dem von einem unbekannten Auftraggeber herbeibestellten Privatdetektiv Benoit Blanc (Daniel Craig) kommen jedoch rasch Zweifel an dieser Hypothese, sodass er die verbliebenen Familienmitglieder eingehend befragt. Ein besonderes Augenmerk richtet der Detektiv dabei auf Thrombeys Pflegerin Marta (Ana de Armas), die dem Verstorbenen eine gute Freundin war und sich noch in der Nacht seines Todes bei ihm aufhielt...

              "Knives Out" widmet sich im ersten Drittel hauptsächlich der Einführung der vielen Charaktere und ihrer teils sehr schrulligen Eigenheiten und schafft es so, die Atmosphäre einer typischen Agatha Christie Verfilmung aufzubauen. Der Großteil der in dieser Phase angesprochenen Details spielt im weiteren Verlauf jedoch keine Rolle mehr, sodass sich diese Einführungsphase zwar durchaus unterhaltsam gestaltet, aber eben auch recht losgelöst vom weiteren Verlauf des Films anmutet. Erst wenn dann zu Beginn des zweiten Akts die Umstände der Todesnacht näher beleuchtet werden, nimmt Johnsons Krimi deutlich an Fahrt auf und entwickelt trotz des eher langsamen Erzähltempos eine fesselnde Sogwirkung. Dies ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass der Zuschauer lange Zeit über einen Wissensvorsprung gegenüber dem Ermittler besitzt und so gleichermaßen mit der tatverdächtigen Person als auch mit dem Detektiv mitfiebert. Da fällt es auch nicht allzu negativ ins Gewicht, dass der eigenwillige Humor nicht immer zünden will und einzelne Entwicklungen - wie etwa der Inhalt von Thrombeys Testament - sehr früh vorherzusehen sind.

              Neben der guten Kameraführung und dem verspielten Produktionsdesign weiß indes auch der prominente Cast zu überzeugen, obgleich die u.a. in weiteren Rollen auftretenden Jamie Lee Curtis (Halloween), Toni Collette (Hereditary), Chris Evans (Snowpiercer) und Don Johnson (Django Unchained) nicht alle gleichermaßen viel zu tun bekommen und die eine oder andere Nebenfigur zugunsten einer etwas strafferen Inszenierung gerne auch gänzlich gestrichen hätte werden können. Positiv hingegen ist noch hervorzuheben, dass es Johnson bei aller Ironie und allem Klamauk sogar noch gelingt, ein paar treffsichere Spitzen in Richtung der amerikanischen Einwanderungspolitik abzufeuern.

              34
              • 9

                "Der Eissturm" unter der Regie des Taiwanesen Ang Lee (Tiger & Dragon, Life of Pi) ist eine atmosphärisch dichte Kombination aus Ehedrama, Coming of Age-Geschichte und Gesellschaftssatire, die mittels einer detailreichen Erzählweise und eines hervorragenden Casts ein präzises Porträt der amerikanischen Mittelschicht in Zeiten von Watergate-Affäre und Vietnamtrauma zeichnet.

                November 1973: Der schüchterne Teenager Paul Hood (Tobey Maguire) besucht ein Internat fernab seiner Heimat Connecticut, wo er erste Erfahrungen mit Drogen macht und sich in seine attraktive Mitschülerin Libbets (Katie Holmes) verliebt hat. Er begeistert sich für die Comics der Fantastic Four, die eine heile Familienwelt repräsentieren, die er Zuhause bei seiner eigenen Familie nicht mehr vorfindet, bei welcher er das bevorstehende Thanksgiving-Wochenende verbringen wird. Während Pauls Vater (Kevin Kline) seine Frau Elena (Joan Allen) mit der Nachbarin (Sigourney Weaver) betrügt, macht seine jüngere Schwester Wendy (Christina Ricci) erste sexuelle Erfahrungen mit den Jungs aus der Gegend. Da die Wetterdienste zudem extreme Kälte und Blitzeis prophezeien, verspricht es ein in gleich mehrfacher Hinsicht ungemütliches Feiertagswochenende zu werden...

                Lees Milieustudie lässt die Zeit der Lavalampen, Langhaarfrisuren und Flokatiteppiche wieder auferstehen und schafft so ein metaphernreiches Sittengemälde, in dem sich tragische und komische Momente stetig abwechseln. Neben den großartig eingefangenen Bildern der kalten Novemberlandschaft stechen dabei besonders die ausgezeichneten Leistungen des Darstellerensembles hervor, zu welchem u.a. noch Elijah Wood (Hooligans), Adam Hann-Byrd (Jumanji) und Henry Czerny (Mission: Impossible) zählen.

                Trotz der dramatischen Entwicklungen, welche die auf dem gleichnamigen Roman von Rick Moody basierende Geschichte schließlich nimmt, bleibt Lee seiner Linie bis zum Schluss treu und fokussiert sich ganz auf die kleinen Nuancen, statt sich unnötigerweise in Pathos zu ergehen. Umso größer ist letztlich die berührende Wirkung dieses stillen Film-Kleinods.

                34
                • 5

                  Die britisch-südafrikanische Koproduktion "Tiger House" ist ein mittelmäßiger Homeinvasion-Thriller, der kaum ein Klischee auslässt und recht bieder inszeniert wirkt, dafür aber mit einer gut aufgelegten Hauptdarstellerin punktet.

                  Die junge Turnerin Kelly (Kaya Scodelario) muss ihren Traum von der großen Sportkarriere begraben, da ihr Freund Mark (Daniel Boyd) ihr versehentlich einen Armbrustpfeil ins Bein geschossen hat. Der Beziehung des jungen Paares konnte dieser Vorfall jedoch ebenso wenig anhaben wie der Argwohn von Marks kontrollsüchtiger Mutter Lynn (Julie Summers), die strikt dagegen ist, dass ihr Sohn sich mit dem aus einfachen Verhältnissen stammenden Mädchen trifft. Eines Abends schleicht sich Kelly heimlich in Marks Zimmer, um ihren Freund anlässlich seines bevorstehenden Geburtstags zu überraschen, als plötzlich vier mit Gasmasken getarnte Einbrecher in das Haus eindringen...

                  Der Auftakt des Thrillers gestaltet sich unfreiwillig komisch, was vor allem der Tatsache geschuldet ist, dass Scodelario und Boyd viel zu alt für die Rollen sind, die sie verkörpern. Entsprechend absurd wirkt es, wenn der junge Mann von seiner Film-Mutter mit Hausarrest bestraft wird und ganz verschüchtert auf ihre Kritik an seiner Freundin reagiert. Sobald dann aber erstmal die Einbrecher ins Spiel kommen, bietet "Tiger House" durchaus etwas Nervenkitzel, obgleich auch die Verbrecher mit ihrem teils sehr tölpelhaften Verhalten mitunter für unfreiwillige Komik sorgen.

                  Größter Pluspunkt des Thrillers ist indes die überzeugende Hauptdarstellerin, die eine ganz ähnliche Rolle als toughe Sportlerin in Not später auch in Alexandre Ajas "Crawl" (2019) spielte. Wie sie den Antagonisten mittels ihrer Fähigkeiten als Turnerin immer wieder entkommt, weiß über weite Phasen recht ordentlich zu unterhalten und lässt dabei über so manch dämliche Drehbuchentscheidung einigermaßen hinwegsehen.

                  29
                  • 4

                    Für "Chucky 3" kehrte die berühmt-berüchtigte Mörderpuppe abermals von den Toten zurück, um ihre ahnungslosen Opfer in Angst und Schrecken zu versetzen. Der dritte Teil der Reihe unter der Regie des vornehmlich durch sein Mitwirken an der Mysteryserie "Lost" bekannten Jack Bender bietet jedoch nicht mehr als fade Durchschnittskost, der es an frischen Ideen, kreativen Kills und einem funktionierenden Spannungsbogen mangelt.

                    Die Machthaber des Spielzeugherstellers 'Good Guy' wollen ihr einstiges Erfolgsprodukt wieder auf den Markt bringen und nehmen daher die Produktion der sprechenden Puppen wieder auf. Auch die Überreste von Chucky (Stimme: Brad Dourif) werden dabei wieder verarbeitet, sodass die Mörderpuppe zu neuem Leben erwacht. Chuckys einstiger Widersacher Andy (Justin Whalin) ist derweil zu einem jungen Mann herangewachsen und besucht nach Jahren bei wechselnden Pflegefamilien nun eine Militärschule. In Windeseile hat Chucky diese ausfindig gemacht und stattet ihr einen Besuch ab. Diesmal hat er es jedoch nicht auf Andy, sondern auf dessen kleinen Freund Tyler (Jeremy Sylvers) abgesehen...

                    "Chucky 3" wiederholt das aus den beiden Vorgängern bekannte Konzept der mordlüsternen Killerpuppe, die ein Ritual an einem kleinen Jungen vollziehen will, um aus ihrem Plastikkörper zu entkommen, ohne der Geschichte neue Aspekte hinzuzufügen. Die Wahl einer Militärschule als Schauplatz für das blutige Treiben erweist sich zwar als recht ungewöhnlich, funktioniert aber letztlich so gut wie gar nicht, da die Mörderpuppe doch sehr viel von ihrer entsetzlichen Wirkung verliert, sobald sie sich an solch einem belebten Ort mit derart vielen bewaffneten Erwachsenen aufhält. Spätestens dann, wenn Chucky selbst zur Pistole greift und sich im schwachen Finale Schusswechsel mit den Militärschülern liefert, sind Spannung und Grusel auf dem absoluten Tiefpunkt angelangt.

                    Ein wenig besser glückt hingegen die Darstellung der zwischenmenschlichen Beziehungen. So leidet man durchaus mit Andy mit, wenn er vom fiesen Shelton (Travis Fine) zur Schnecke gemacht wird und auch die Lovestory zwischen ihm und De Silva (Perrey Reeves) sorgt für ein paar niedliche Momente, wenn die toughe junge Frau dem schüchternen Andy etwa entgegen aller Klischees den Umgang mit der Waffe beibringt.

                    26
                    • 5

                      In "Chucky 2" kehrt die wahnsinnige Mörderpuppe zurück, um erneut Jagd auf den kleinen Andy zu machen und somit aus dem Puppenkörper zu entfliehen. Regisseur John Lafia (Monster, The Rats) schuf ein recht solides Sequel, dessen Handlung zwar in weiten Teilen vorhersehbar ausfällt, das dafür aber mit plastischer Effektarbeit und einer guten Portion schwarzen Humors daherkommt.

                      Nach seinen grauenvollen Erlebnissen mit der Mörderpuppe Chucky (Stimme: Brad Dourif) ist Andy (Alex Vincent) bei Pflegeeltern untergekommen. Niemand glaubt ihm seine Geschichte von der bösartigen Puppe, in die der Geist eines Serienkillers gefahren ist, sodass auch seine Pflegeeltern unsicher sind, ob Andy nicht doch weiterer therapeutischer Hilfe bedarf. Derweil sind die verbrannten Überreste Chuckys in die Spielzeugfabrik zurückgebracht worden, wo die 'Good Guy'-Puppe wiederhergestellt wurde. Schon bald darauf hat diese Andys neuen Wohnort ausfindig gemacht...

                      Schon der Vorgänger war alles andere als ein Meisterwerk des Horrors, verfügte aber über einen leicht trashigen Charme und avancierte rasch zum Kulthit, dem noch viele Fortsetzungen folgen sollten. "Chucky 2" steht indes zu Beginn vor der schwierigen Aufgabe, eine halbwegs plausible Erklärung für das erneute Aufeinandertreffen zwischen kleinem Jungen und Killerspielzeug zu finden, was eher schlecht als recht gelingt. Das eine Investorengruppe irgendeinen Nutzen darin sehen sollte, einen Haufen Asche wieder in eine funktionstüchtige 'Good Guy'-Puppe zu verwandeln, erscheint jedenfalls alles andere als logisch.

                      Hat man den schwachen Einleitungsteil aber erstmal hinter sich gebracht, nimmt Chuckys zweiter Streich durchaus an Fahrt auf und sorgt für zwar vollkommen überraschungsfreie, aber doch halbwegs launige Horrorunterhaltung, welche in einem unerwartet starken Finale in der Spielzeugfabrik schließlich ihren Höhepunkt findet, in dem sich Spannung, Ekel und ätzender Humor auf gelungene Weise verbinden.

                      25
                      • 6

                        Der zum Frühwerk von Regielegende Alfred Hitchcock (Das Fenster zum Hof, Die Vögel) zählende "Die 39 Stufen" ist ein temporeicher Verfolgungsthriller mit einer unrealistischen, mitunter geradezu absurden Story, der aber auch dank seines trockenen britischen Humors für charmante Unterhaltung sorgt.

                        Richard Hannay (Robert Donat) besucht eine Veranstaltung in der Londoner Music Hall, als während des Auftritts eines Gedächtniskünstlers plötzlich Schüsse fallen und es zu einer Massenpanik kommt. Dabei lernt Richard die geheimnisvolle Annabelle Smith (Lucie Mannheim) kennen und lädt die attraktive junge Frau zu sich nach Hause ein. Dort offenbart Annabelle ihm schließlich, dass sie die Schüsse in der Music Hall abgegeben habe, da sie eine Geheimagentin sei und von einer ausländischen Organisation verfolgt werde. Noch ehe Richard sich jedoch einen Reim auf die Sache machen kann, wird Annabelle von zwei unbekannten Männern erstochen. Da allerdings alle Indizien gegen ihn sprechen, wird Richard nunmehr von der Polizei als vermeintlicher Mörder gejagt. Als einzige Anhaltspunkte um seine Unschuld zu beweisen, dienen ihm ein auf einer Landkarte markierter Ort in Schottland und Annabelles Hinweis auf die '39 Stufen'...

                        Anders als in vielen späteren Werken verzichtet Hitchcock in "Die 39 Stufen" auf eine tiefergehende Psychologisierung der Figuren und setzt stattdessen vollkommen auf das Muster des unschuldig Verfolgten, der seinen Häschern durch Tricks und Raffinesse immer wieder zu entkommen versucht. Die titelgebenden 39 Stufen entpuppen sich indes rasch als MacGuffin, welcher aber längst nicht so elegant eingebaut wird wie später etwa das Hotel in "Vertigo" (1958) oder die 40.000 Dollar in "Psycho" (1960). Ohnehin opfert Hitchcock hier die Logik des Geschehens so einige Male zugunsten einer Aneinanderreihung spannender Einzelmomente.

                        Für etwas Auflockerung sorgen derweil einige zynische Oneliner des Protagonisten, welche der recht abstrusen Handlung eine ironische Note verleihen. Im letzten Drittel schließlich, in welchem Richards Zugbekanntschaft Pamela (Madeleine Carroll) noch eine unerwartet große Rolle spielt, entwickelt sich der zuvor hauptsächlich von Verfolgungsjagden geprägte Film gar phasenweise zu einer waschechten RomCom. So bietet "Die 39 Stufen" letztlich kurzweilige Unterhaltung, fühlt sich aber speziell im Vergleich zu späteren Filmen des Regisseurs noch nach einem etwas unausgereiften Prototyp an.

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                        • 7 .5
                          über Birth

                          Das von Jonathan Glazer (Sexy Beast, Under the Skin) inszenierte Mysterydrama "Birth" befasst sich auf intensive Weise mit Themen wie Reinkarnation, Eifersucht und Trauerbewältigung und zeichnet sich dabei durch stilvoll-düstere Bilder, einen einnehmenden Soundtrack sowie ausgezeichnete Darstellerleistungen aus.

                          Zehn Jahre nach dem plötzlichen Tod ihres Ehemanns steht Anna (Nicole Kidman) kurz vor der Hochzeit mit ihrem neuen Freund Joseph (Danny Huston). Da taucht auf einer Geburtstagsfeier plötzlich ein mysteriöser Junge (Cameron Bright) auf, der behauptet, Annas verstorbener Ehemann Sean zu sein und der sie dazu auffordert, die Hochzeit mit Joseph platzen zu lassen. Glaubt Anna zunächst noch an einen makabren Scherz, kommen ihr nach und nach immer mehr Zweifel, ob der seltsame Junge nicht doch ihr wiedergeborener Ehemann sein könnte...

                          "Birth" ist ein ruhiges, in teils langen Kameraeinstellungen erzähltes Werk mit einer dichten, teils schaurigen Atmosphäre, welches sich hauptsächlich in einem großen New Yorker Appartementkomplex abspielt, der Assoziationen zu Polanskis Horrorklassiker "Rosemaries Baby" (1968) weckt. Die ebenso vielschichtige wie emotionale Geschichte wird dabei zwar nur langsam vorangetrieben, sorgt aber allein schon aufgrund der ungewöhnlichen Prämisse von Beginn an für Faszination. Regisseur Glazer versteht es zudem hervorragend, nicht alle Details haarklein durchzukauen, sondern genügend Rätsel und offene Fragen für den Zuschauer zu lassen, damit dieser das Puzzle selbstständig zusammensetzen kann. Besonders zu loben sind außerdem die großartigen Performances der Castmitglieder, zu denen u.a. noch Lauren Bacall (Tote schlafen fest), Anne Heche (Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast) und Peter Stormare (Fargo) zählen.

                          So steht am Ende ein elegant gefilmtes, teils verstörendes Werk, das den Zuschauer trotz seines gemächlichen Erzähltempos in seinen Bann zieht und auch im Nachgang noch genügend Diskussionsstoff bietet.

                          33
                          • 4 .5
                            Kenduskeag 19.06.2022, 11:39 Geändert 19.06.2022, 11:48

                            "Ein Hauch von Nerz" unter der Regie Delbert Manns (Marty, Ein Pyjama für Zwei) ist eine reichlich biedere RomCom, der es an Esprit, Tempo und zündenden Ideen mangelt.

                            Die arbeitslose Cathy Timberlake (Doris Day) steht an einer Straßenecke, als sie von einem vorbeifahrenden Auto mit Schmutzwasser bespritzt und ihre Kleidung dadurch ruiniert wird. Der auf Wiedergutmachung sinnende Besitzer des Wagens entpuppt sich als der wohlhabende Junggeselle Philip Shayne (Cary Grant), Eigentümer eines großen Firmenimperiums. Cathy ist vom ersten Augenblick an Feuer und Flamme für den attraktiven Philip, der ihr teure Geschenke macht und ihr anbietet, ihn auf seinen Geschäftsreisen zu begleiten. Gleichzeitig jedoch überfällt Cathy eine große Nervosität, sobald Philip sich ihr annähert...

                            Manns Film fühlt sich von Anfang an nach einem sehr konventionellen Genrevertreter an, in dem nahezu sämtliche bekannten Stereotypen verarbeitet werden. Der Kampf der Geschlechter fällt hier allerdings sehr zahm aus, da die von Doris Day verkörperte Protagonistin dem machohaften Aufreißer kaum einmal Kontra gibt. Entsprechend sorgt "Ein Hauch von Nerz" zwar hier und da für ein Schmunzeln, produziert aber nur sehr wenige wirklich starke Pointen. Etwas gelungener als die vorhersehbare und eher schleppend vorgetragene Haupthandlung ist da schon das Geschehen rund um Philips Mitarbeiter Roger (Gig Young) und dessen Therapiesitzungen bei seinem Psychiater.

                            Insgesamt jedoch erweist sich "Ein Hauch von Nerz" als zu brav und zu einfallslos, um durchgängig bei Laune zu halten, woran auch das durchaus charmante Sixties-Ambiente nichts zu ändern vermag.

                            26
                            • Bester Film:
                              Die zwölf Geschworenen
                              Sunset Boulevard
                              Anatomie eines Mordes
                              Das Fenster zum Hof
                              Zeugin der Anklage
                              Vertigo
                              Die Nacht des Jägers

                              Bester Darsteller:
                              Gregory Peck (Moby Dick)
                              Charles Laughton (Zeugin der Anklage)
                              Arthur O'Connell (Anatomie eines Mordes)
                              James Stewart (Das Fenster zum Hof)
                              Werner Peters (Der Untertan)

                              Beste Darstellerin:
                              Marlene Dietrich (Zeugin der Anklage)
                              Gloria Swanson (Sunset Boulevard)
                              Simone Signoret (Die Teuflischen)
                              Audrey Hepburn (Ein Herz und eine Krone)
                              Brigitte Fossey (Verbotene Spiele)

                              Beste Musik:
                              Orfeu Negro
                              Ben Hur
                              Zwölf Uhr mittags
                              Der Mann, der zuviel wusste
                              Die Nacht des Jägers

                              Lieblingsstar:
                              James Stewart
                              Audrey Hepburn
                              Gert Fröbe
                              Jack Lemmon
                              Grace Kelly

                              Lieblingsregisseur:
                              Alfred Hitchcock
                              Billy Wilder

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                                über Cop Car

                                "Cop Car" unter der Regie des für die Spider-Man Trilogie des MCU verantwortlichen Jon Watts ist ein schnörkelloser Roadmovie-Thriller mit ein paar Gewaltspitzen, der über keine sonderlich ausgefeilte Story verfügt, dafür aber dank gut aufgelegter Darsteller und einer großen Portion schwarzen Humors dennoch zu unterhalten versteht.

                                Die beiden Freunde Travis (James Freedson-Jackson) und Harrison (Hays Wellford) sind von Zuhause ausgerissen und durchstreifen zu Fuß den Bundesstaat Colorado. In einem kleinen Waldstück stoßen die zwei Jungen auf ein verlassenes Polizeiauto, welches sie nach kurzen Anlaufschwierigkeiten gestartet bekommen und damit davonfahren. Schon bald ist der Besitzer des Wagens - der zwielichtige Sheriff Kretzer (Kevin Bacon) - hinter den beiden Ausreißern her, sieht er sich durch die Jungen doch bei seinen finsteren Machenschaften gestört...

                                "Cop Car" verfügt über einen eher langsamen Aufbau und vermittelt zunächst das typische Gefühl eines Coming of Age-Films. So wird erst ganz allmählich deutlich, in welche Richtung sich die insgesamt doch sehr realitätsferne und mitunter kuriose Geschichte bewegen wird. So ist Watts Film trotz der knappen Laufzeit nicht unbedingt kompakt erzählt, sondern nimmt sich immer wieder Zeit, um einzelne Situationen - wie etwa das Öffnen einer Autotür mittels eines Schlaufentricks - in aller Ausführlichkeit auszuspielen.

                                Dass "Cop Car" dennoch nicht in Langeweile versinkt, liegt zum einen am spielfreudigen Cast, welchem u.a. noch Camryn Manheim (Twisted) und Shea Whigham (Kong: Skull Island) angehören, und zum anderen an der Unvorhersehbarkeit des Geschehens. Da zudem einige der politisch inkorrekten Pointen genau ins Schwarze treffen, lässt sich auch recht leicht über so manch unglaubwürdige Entwicklung hinwegsehen.

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                                  Kenduskeag 13.06.2022, 10:02 Geändert 13.06.2022, 10:10

                                  Mit dem in Echtzeit spielenden "Zwölf Uhr mittags" schuf der Österreicher Fred Zinnemann (Verdammt in alle Ewigkeit, Der Schakal) einen ebenso temporeichen wie kurzweiligen Westernklassiker, der mit simplen Mitteln sehr viel Spannung zu erzeugen weiß und zugleich großen Wert auf moralische Auseinandersetzungen legt.

                                  Sheriff Will Kane (Gary Cooper) hat seinen Posten als Ordnungshüter des kleinen Provinznests Hadleyville aufgegeben und die Quäkerin Amy Fowler (Grace Kelly) geheiratet. Unmittelbar nach der Trauung erreicht ihn jedoch die Nachricht, dass drei Mitglieder der gewaltbereiten Miller-Bande im Ort eingetroffen sind. Diese erwarten die Ankunft des 12-Uhr-Zuges, dem ihr Anführer Frank Miller (Ian MacDonald) entsteigen soll, der nach fünf Jahren im Gefängnis begnadigt wurde und nun auf Rache für seine damalige Verhaftung durch Sheriff Kane sinnt. Zur Mittagsstunde wird daher eine blutige Konfrontation erwartet...

                                  Zinnemanns Western läuft lediglich 85 Minuten, doch steckt in dieser kurzen Laufzeit mehr an ethischen und gesellschaftskritischen Diskursen als in manch dreistündigem Epos. Im Mittelpunkt steht dabei die Suche des Protagonisten nach Verbündeten, die ihm im Kampf gegen Frank Miller und seine Gefolgsleute beistehen. Mit zunehmender Verzweiflung muss der Sheriff jedoch erkennen, dass nahezu sämtliche Ortsbewohner ihm ihre Hilfe versagen. "Zwölf Uhr mittags" kreist dabei um Themen wie Gerechtigkeit, Feigheit, Ehre und die Sinnlosigkeit von gewalttätigen Auseinandersetzungen, an deren Ende es nur Verlierer geben kann. Eine besondere Rolle kommt dabei den Frauen in der Geschichte zu, wobei neben Kanes frisch angetrauter Gattin auch der Part seiner früheren Geliebten (Katy Jurado) von Bedeutung ist.

                                  Neben den großartigen Schwarzweiß-Bildern und den guten Leistungen der Castmitglieder, zu welchen u.a. noch Thomas Mitchell (Höllenfahrt nach Santa Fé), Lloyd Bridges (Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug) und Lee Van Cleef (Zwei glorreiche Halunken) zählen, bleibt indes speziell der von Dimitri Tiomkin komponierte Titelsong mit Ohrwurmcharakter im Gedächtnis. Vorwerfen lässt sich Zinnemanns Film allenfalls, dass sich die Handlung um den hilflos durch die Stadt tigernden Protagonisten nicht besonders abwechslungsreich gestaltet, da "Zwölf Uhr mittags" nun mal sehr geradlinig angelegt ist und sich von Beginn an auf den finalen Showdown ausrichtet.

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                                    "Höllenfahrt nach Santa Fé", welcher in Deutschland auch unter dem Alternativtitel "Ringo" firmiert, verhalf dem bis dahin hauptsächlich aus B-Movies bekannten John Wayne zum großen Durchbruch und gilt als einer der prägendsten Filme des Westerngenres. Der von Regielegende John Ford (Früchte des Zorns, Der schwarze Falke) inszenierte Klassiker enthält bereits zahlreiche Topoi, die bis in die Gegenwart hinein immer wieder aufgegriffen werden, fühlt sich aber auch wohl deshalb aus heutiger Sicht recht klischeehaft an.

                                    Eine bunt zusammengewürfelte Gruppe Reisender bricht mit einer Postkutsche von Tonto in Arizona auf. Ihr Ziel ist Lordsburg in New Mexico, welches sie jedoch nur erreichen können, indem sie durch das Gebiet der Apachen fahren, die sich bereits seit einiger Zeit auf dem Kriegspfad befinden. Unterwegs treffen die Reisenden auf den Outlaw Ringo (John Wayne), der noch eine Rechnung mit den drei Plummer-Brüdern offen hat, die seinen Vater und seinen Bruder ermordet haben...

                                    Fords Western lebt über weite Strecken von der Auseinandersetzung der einzelnen Mitglieder der heterogenen Reisegruppe, zu der etwa eine aus der Stadt vertriebene Prostituierte (Claire Trevor), ein ständig alkoholisierter Doktor (Thomas Mitchell) und eine vornehme Offiziersgattin (Louise Platt) zählen. Entsprechen kreisen zwei Drittel des Films hauptsächlich um die Betrachtung der sozialen Unterschiede zwischen den Reisenden sowie ihre jeweiligen Konflikte und Vorurteile. Erst im letzten Drittel bietet der bis dahin dialoggetriebene Film auch einige durchaus spektakuläre Actionszenen vor dem Hintergrund des in hübschen Schwarzweiß Bildern eingefangenen Monument Valley.

                                    Einerseits gestaltet sich Fords Genreklassiker recht kurzweilig und erzeugt speziell gegen Ende auch ein paar intensive Spannungsmomente, andererseits kommen die Charaktere aus heutiger Sicht doch recht stereotyp daher, sodass ihre individuellen Schicksale nicht durchgängig zu interessieren vermögen. So hat man etwa den Typus des gutherzigen Schurken, wie er hier von John Wayne verkörpert wird, inzwischen schon sehr häufig gesehen. Hinzu kommt, dass die Apachen hier ausschließlich als bösartige Wilde dargestellt werden und Ford es somit verpasst, auch ihren Standpunkt zu beleuchten.

                                    Trotz dieser Defizite steht am Ende jedoch ein nach wie vor recht unterhaltsamer Frühwestern, der nicht umsonst einem der größten amerikanischen Leinwandstars einen ersten Achtungserfolg bescherte.

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                                      2009 war das Vertrauen in Banken und Konzerne in Folge der Weltfinanzkrise so stark erschüttert wie selten zuvor, hatte die Pleite der Lehman Brothers und anderer Großbanken doch in zahlreichen Ländern zu einer enorm hohen Staatsverschuldung geführt und viele Unternehmen in die Insolvenz getrieben. "The International" unter der Regie Tom Tykwers (Lola rennt, Das Parfum) griff diese brandaktuelle Thematik auf und ließ sie zum Ausgangspunkt für einen über weite Strecken fesselnden Thriller werden, welcher sich an den großen Vorbildern aus den 70ern orientiert.

                                      Interpol-Agent Louis Salinger (Clive Owen) ermittelt gemeinsam mit der Staatsanwältin Eleanor Whitman (Naomi Watts) gegen die IBBC, eine global agierende Privatbank, welcher vorgeworfen wird, Profit aus Terrorismus, Waffenhandel und Putschversuchen zu schlagen. Als sich die Todesfälle im Umfeld der Bank häufen und sogar einer ihrer Kollegen durch eine Giftinjektion ermordet wird, müssen Salinger und Whitman bei ihrer Jagd nach den Strippenziehern schon bald auch um ihr eigenes Leben fürchten...

                                      Der sich lose an realen Ereignissen orientierende Thriller bietet zwar keine sonderlich originelle Story, weiß die typischen Genrezutaten in Form von Verfolgungsjagden, Attentaten und Abhöraktionen aber gut auszuspielen und so für einen recht hohen Unterhaltungswert zu sorgen. Wie der Titel des Films schon andeutet, reisen die beiden Protagonisten bei ihren Ermittlungen rund um den Globus, wobei die Vielzahl an unterschiedlichen Schauplätzen dazu führt, dass nicht alle gleichermaßen im Gedächtnis bleiben. Zu den Highlights hierbei lassen sich aber in jedem Fall die Begegnung mit einem Auftragskiller im italienischen Berufsverkehr sowie eine spektakuläre Schießerei im New Yorker Guggenheim Museum zählen.

                                      Schwächen offenbart "The International" vor allem bei den mitunter sehr gestelzt wirkenden Dialogen sowie einigen unglaubwürdigen Aktionen, wozu etwa die Art und Weise zählt, wie die beiden Protagonisten die Flugbahn von Gewehrkugeln berechnen. Auch ist Tykwers Thriller nicht frei von Klischees, welche der Story ein Stück weit ihre Unvorhersehbarkeit nehmen. Positiv hingegen zu erwähnen sind die Leistungen der Darstellerriege, der u.a. noch Patrick Baladi (Rush - Alles für den Sieg), Ulrich Thomsen (Adams Äpfel) und Armin Mueller-Stahl (Eastern Promises) angehören. Speziell Clive Owen erweist sich mit seinem stoischen Spiel als Idealbesetzung für die Hauptrolle des Agenten, der zum Ende hin auch noch eine interessante - wenngleich auch moralisch fragwürdige - Wandlung durchlebt.

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                                        Der von Simon West (Con Air, The Mechanic) inszenierte "Wehrlos" ist ein eher spannungsarmer Militärthriller mit einer sehr kruden Story, der aber zumindest visuell überzeugt.

                                        Der für die Militärstrafverfolgungsbehörde CID arbeitende Paul Brenner (John Travolta) lernt bei einer Reifenpanne Captain Elisabeth Campbell (Leslie Stefanson) kennen, die sich mit psychologischer Kriegsführung befasst und deren Vater der einflussreiche Generalleutnant Joseph Campbell (James Cromwell) ist. Kurz darauf wird Elisabeth ermordet auf dem Stützpunktgelände aufgefunden, wobei alles darauf hindeutet, dass sie vor ihrem Tod vergewaltigt und gefoltert wurde. Gemeinsam mit seiner Kollegin Sara Sunhill (Madeleine Stowe) setzt Brenner alles daran, um den Mörder dingfest zu machen...

                                        Die mit Abstand größte Stärke von Wests Film sind seine atmosphärischen, farbintensiven Bildern, die "Wehrlos" auch heute noch hochwertig aussehen lassen. Die Geschichte um geheime Sexvideos, Gruppenvergewaltigung und Machtspielchen innerhalb der Army hingegen weiß deutlich weniger zu überzeugen, gestaltet sie sich doch weder wirklich nachvollziehbar noch sonderlich fesselnd. Was Wests Thriller trotz der ungelenken Erzählweise noch ins Mittelmaß rettet, sind somit die überzeugenden Leistungen der Castmitglieder, zu welchen u.a. noch Clarence Williams III (Die Legende vom Ozeanpianisten), Timothy Hutton (Stark - The Dark Half) und James Woods (Es war einmal in Amerika) gehören.

                                        Als vollkommen unpassend erweisen sich derweil die flotten Oneliner, die speziell dem von Travolta verkörperten Protagonisten bei jeder sich bietenden Gelegenheit über die Lippen kommen. Diese sind für sich genommen zwar sogar recht witzig (wie etwa der Spruch über seinen Säufervater), hätten aber besser in eine launige Buddy-Komödie statt in einen doch ziemlich düsteren und brutalen Thriller gepasst und fühlen sich bei einer Mordermittlung schlichtweg deplatziert an. Dies führt sogar soweit, dass die emotionalen Momente des Films durch die Späße des Protagonisten einen Großteil ihrer Wirkung einbüßen.

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                                          36 Jahre nach dem ersten Teil streift Tom Cruise abermals die Fliegerjacke über und schwingt sich als Kampfpilot Maverick mit Überschallgeschwindigkeit in die Lüfte. Die Fortsetzung zu Tony Scotts Actionkracher begeistert mit spektakulären Flugsequenzen und packenden Kampfmanövern und dürfte zugleich ein wahres Freudenfest für all jene darstellen, die gerne in 80er Jahre Nostalgie schwelgen.

                                          Nachdem er sich beim Testflug eines neuartigen Hyperschallflugzeugs zum wiederholten Mal den Befehlen seiner Vorgesetzten widersetzt hat, befürchtet Pete 'Maverick' Mitchell (Tom Cruise), man könne ihn unehrenhaft aus der Navy entlassen. Stattdessen jedoch wird er aufgrund der Intervention des inzwischen zum Oberbefehlshaber der Pazifikflotte aufgestiegenen Tom 'Iceman' Kazanski (Val Kilmer) zur Eliteschule Top Gun abkommandiert, wo er eine Gruppe von Absolventen auf eine extrem gefährliche Mission vorbereiten soll, bei der eine unterirdische Atomanlage zerstört werden muss. Teil der Gruppe ist auch Bradley 'Rooster' Bradshaw (Miles Teller), der Sohn von Mavericks verstorbenem Freund 'Goose', der seinen neuen Ausbilder für den Tod seines Vaters verantwortlich macht...

                                          "Top Gun: Maverick" knüpft sowohl inhaltlich als auch von seiner Bildästhetik her an den zum Kultfilm avancierten Vorgänger an und bietet zahlreiche Querverweise und Referenzen. Dies fängt schon mit dem Eingangstext und der daran anschließenden Eröffnungsszene an, welche nahezu 1 zu 1 vom Original übernommen wurden. Überhaupt liefert die von Joseph Kosinski (Oblivion, No Way Out - Gegen die Flammen) inszenierte Fortsetzung wenig Neues, versteht es dafür aber, an die Stärken des Erstlings anzudocken.

                                          Zwar trägt die Fortsetzung mitunter sehr dick auf, wenn minutenlang alte Fotos begutachtet werden und immer wieder die bekannten Hits erklingen, schafft es aber dennoch, stets rechtzeitig das Tempo wieder anzuziehen, ehe "Top Gun: Maverick" zu einer überlangen Huldigung an das Original zu verkommen droht. Zum Erfolg trägt dabei auch der sichtlich spielfreudige Cast bei, dem in weiteren Rollen u.a. noch Jennifer Connelly (A Beautiful Mind), Jon Hamm (The Town) und Glen Powell (The Expendables 3) angehören.

                                          Speziell das fulminante Finale entschädigt dann für manch kleineren Durchhänger und drückt den Zuschauer angesichts der bombastischen Flugaction regelrecht in den Kinosessel.

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                                            über Tootsie

                                            Anders als viele andere Filme dieser Art, ist "Tootsie" unter der Regie Sydney Pollacks (Die drei Tage des Condor, Die Firma) keine überdrehte Geschlechtertauschkomödie mit schrillen Slapstick-Momenten, sondern vielmehr eine bissige Satire über das Filmbusiness und den dort vorherrschenden Sexismus, weshalb sich Pollacks Werk in Zeiten des Weinstein-Skandals und der MeToo-Bewegung nach wie vor aktuell anfühlt.

                                            Schauspieler Michael Dorsey (Dustin Hoffman) eilt der Ruf eines Querulanten voraus, der sich aufgrund seines Hangs zum Perfektionismus schon wiederholt mit Regisseuren angelegt hat und daher keine Rollenangebote mehr bekommt. Als für eine erfolgreiche Krankenhausserie eine weibliche Hauptrolle gesucht wird, verkleidet sich Michael kurzerhand als resolute Dorothy und erhält kurz darauf tatsächlich die Rolle als Krankenschwester. Während er so der attraktiven Julie (Jessica Lange) näher kommt, muss er sich gegen gleich mehrere übergriffige Männer erwehren...

                                            "Tootsie" unterscheidet sich von ähnlich angelegten Komödien vor allem durch das Fehlen sonst üblicher Sequenzen, die etwa die aufwendige Verwandlung vom Mann zur Frau oder die Gefahr des Entdecktwerdens in den Mittelpunkt stellen. Stattdessen rückt Pollacks Film die teils extrem frauenfeindlichen Gepflogenheiten der Filmbranche in den Fokus, setzt sich kritisch mit neurotischen Stars und selbstverliebten Regisseuren auseinander und holt so aus der im Grunde sehr simplen Story nahezu das Maximum heraus.

                                            Verlassen kann sich Pollack dabei neben einem großartig aufspielenden Dustin Hoffman auch auf die Riege der Nebendarsteller, zu denen u.a. noch Teri Garr (Die Zeit nach Mitternacht), Dabney Coleman (WarGames) und Bill Murray (Ghostbusters) zählen. So verfügt "Tootsie" trotz des vorhersehbaren Handlungsverlaufs und des altbackenen Soundtrack-Gedudels nach wie vor über einen hohen Unterhaltungswert.

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                                              Kenduskeag 31.05.2022, 13:13 Geändert 31.05.2022, 13:18

                                              "Ondine" unter der Regie von Neil Jordan (The Crying Game, Interview mit einem Vampir) ist ein poetisch angehauchtes Liebesdrama mit Fantasyelementen, das mit märchenhaften Bildern der irischen Küste, guten Darstellerleistungen und einer symbolisch aufgeladenen Geschichte zu gefallen weiß.

                                              Dem irischen Fischer Syracuse (Colin Farrell) geht eines Tages eine junge Frau ins Netz, die sich ihm als Ondine (Alicja Bachleda) vorstellt und die er in einer abgelegenen Fischerhütte vor den anderen Dorfbewohnern versteckt. Schon bald ist Syracuse der festen Überzeugung, dass die geheimnisvolle Schönheit ein mythisches Wesen sein muss, verhält sie sich doch sehr rätselhaft und scheint ihm mit ihrem Gesang Glück beim Fischfang zu bringen. Seine schwerkranke Tochter Annie (Alison Barry) ist indes der Ansicht, dass Ondine eine Selkie sein muss, die ihr Robbenfell abgestreift hat und nun an Land gekommen ist...

                                              Mit dem ruhig angelegten Drama nach eigenem Drehbuch stellt Neil Jordan einmal mehr sein Talent für das Geschichtenerzählen unter Beweis, obschon "Ondine" nicht ganz die Qualität einiger seiner früheren Werke erreicht. Dies liegt vor allem daran, dass Jordan die grausamen und düsteren Aspekte der Sage ausspart und stattdessen eher leichtes Wohlfühlkino bieten möchte. So fühlt sich "Ondine" trotz des alkoholkranken Protagonisten, der von seiner ebenfalls dem Alkohol verfallenen Ex-Frau und anderen Ortsbewohnern als Clown verspottet wird, nicht unbedingt nach einem deprimierenden Werk an, sondern bewegt sich vielmehr stets zwischen Melancholie und leisem Humor.

                                              Obgleich es der Geschichte zuweilen an Spannung und den Dialogen ein wenig an Cleverness mangelt, ist Jordan mit "Ondine" ein gefühlvolles Drama in mystisch-romantischer Atmosphäre gelungen.

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                                                Action-Legende Jackie Chan ist hauptsächlich für die Darstellung gutherziger Charaktere bekannt und speziell die westlichen Produktionen mit seiner Beteiligung verfügen fast immer über sehr viel Humor. Beides trifft jedoch nicht auf "The Foreigner" unter der Regie Martin Campbells (Die Maske des Zorro, Vertical Limit) zu, in dem Chan einen auf Rache sinnenden Vater mimt, der in Rambo-Manier seine Widersacher aufmischt.

                                                Der Alleinerziehende Quan Ngoc Minh (Jackie Chan) lebt seit seiner Flucht aus Vietnam mit seiner Tochter Fan (Katie Leung) in London. Als Fan bei einem Bombenanschlag, zu welchem sich eine Splittergruppe der IRA bekennt, getötet wird, setzt der verzweifelte Vater alles daran, um die Terroristen aufzuspüren und grausame Vergeltung an ihnen zu üben. Antworten auf seine Fragen erhofft er sich vom Politiker Liam Hennessy (Pierce Brosnan) zu erhalten, der früher selbst für die IRA kämpfte...

                                                "The Foreigner" ist ein grimmiger, ungeschönter Rachethriller, der zwar über keine sonderlich ausgeklügelte Story verfügt, dafür aber kompetent in Szene gesetzt ist und mit dem stark aufspielenden Jackie Chan in der Hauptrolle über einen echten Trumpf verfügt. Dabei hält sich Chan mit akrobatischen Kampfkunsteinlagen vergleichsweise zurück und überzeugt vielmehr als verbitterte Kombination aus MacGyver und John Rambo, der aus Alltagsgegenständen Bomben bastelt und Fallen im Wald aufstellt.

                                                Weniger fesselnd wird Campbells Thriller immer dann, wenn er sich zu sehr von seinem Hauptcharakter entfernt und auf das politische Ränkespiel fokussiert. Zwar weiß auch Pierce Brosnan mit seiner Performance als zwielichtiger Machtmensch durchaus zu gefallen, doch wirken speziell die außerehelichen Affären, die er und seine Frau (Orla Brady) eingehen, wie bloßes Füllmaterial und sorgen für ein paar unnötige Längen.

                                                Immer dann aber, wenn Chan wieder die Bühne betritt, bietet "The Foreigner" packende Actionunterhaltung.

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                                                  Kenduskeag kommentiert in loser Folge Lieblingsfilme seiner Buddys. Eine Aktion von Der Dude von Nebenan.

                                                  Kommentar Nr. 8: Gewidmet MareikeHB

                                                  Mit Mareike bin ich schon seit längerer Zeit befreundet und ich schätze ihre fairen und fundierten Kommentare genauso wie ihre freundliche und sympathische Art. Sie gehört zu den größten Klassikerfreundinnen unter meinen Buddys, weiß aber auch Filme neueren Datums zu schätzen. Zudem ist sie auch bei Community-Aktionen wie dem 80er Jahre Voting immer gerne dabei. Zu Mareikes Lieblingen gehören entsprechend ihrer Vorliebe einige Klassiker wie zB Zwölf Uhr mittags, Der unsichtbare Dritte oder Nur die Sonne war Zeuge, aber auch vergleichsweise neuere Werke wie Inland Empire und Gran Torino. Zu den Filmen, die wir beide hervorragend finden, gehören indes u.a. noch Das Fenster zum Hof, Mission und Jackie Brown.

                                                  Ausgesucht habe ich mir aus ihrer Liste eine satirische Komödie von Billy Wilder (Sunset Boulevard, Das Appartement) vor dem Hintergrund des Kalten Krieges, die durch ihr rasantes Tempo, hintersinnige Dialoge und eindrucksvolle Schwarzweiß-Bilder besticht.

                                                  Mr. MacNamara (James Cagney) ist Direktor der Coca-Cola Filiale in West-Berlin und träumt von einer Beförderung. Vom Vorstandsvorsitzenden des Konzerns wird er gebeten, dessen Tochter Scarlett (Pamela Tiffin) während ihres Aufenthalts in Berlin bei sich aufzunehmen. Schon bald stürzt sich die attraktive junge Frau ins Partyleben und verbringt die Nächte außerhalb des Hauses der MacNamaras. Als Scarlett ihrem schockierten Gastgeber schließlich offenbart, dass sie heimlich geheiratet hat, sieht dieser seine Karrierepläne dahinschwinden. Umso mehr, da es sich bei ihrem Gatten Otto (Horst Buchholz) um einen Kommunisten aus Ost-Berlin handelt…

                                                  „Eins, zwei, drei“ bietet ein ganzes Füllhorn an kuriosen Ideen und gelungenen Seitenhieben auf das angespannte Verhältnis zwischen Ost und West, auf Kapitalismus und Kommunismus sowie die deutsche NS-Vergangenheit. Die schlagfertigen Dialoge werden mit der Geschwindigkeit von Maschinengewehrsalven vorgetragen, sodass es geradezu unmöglich ist, sämtliche Details und Anspielungen in nur einer Sichtung zu erfassen. Als eines von vielen solcher witzigen Details sei etwa nur die Art und Weise genannt, wie Otto im DDR-Gewahrsam mittels Schlagermusik gefoltert wird. Neben den zahlreichen bissigen Pointen ist Wilders Komödie aber auch unter historischen Gesichtspunkten interessiert, liefert der Film doch einen spannenden Einblick in das gesellschaftliche Leben unmittelbar vor dem Mauerbau. Einige rasante Autoverfolgungsjagden sorgen darüber hinaus für eine Prise Action in dem ansonsten vornehmlich dialoggetriebenen Werk.

                                                  Woran es „Eins, zwei, drei“ im Unterschied zu manch anderer Wilder-Komödie allenfalls mangelt, sind Sympathieträger unter den Hauptfiguren, schielt hier doch jeder der Charaktere in erster Linie auf seinen eigenen Vorteil. Dazu sorgt die enorme Gagdichte dafür, dass manche Pointe im turbulenten Treiben einfach untergeht, was dem insgesamt hohen Unterhaltungswert aber letztlich kaum einen Abbruch tut.

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                                                  • 6 .5

                                                    "Berüchtigt" unter der Regie Alfred Hitchcocks (Das Fenster zum Hof, Psycho) ist eine eher einfach gehaltene Thrillerromanze, die durch gute Darstellerleistungen und hervorragende Kameraarbeit punktet.

                                                    Alicia Huberman (Ingrid Bergman), die Tochter eines kürzlich verurteilten Nazi-Spions, wird vom US-Geheimdienstmitarbeiter Devlin (Cary Grant) angeworben, um einer Bande von nach Brasilien geflohenen Nazis eine Falle zu stellen. Die junge Frau soll sich zum Schein auf die Avancen von Alexander Sebastian (Claude Rains) einlassen, der als einer der Köpfe der Bande gilt, und so dessen Vertrauen gewinnen. Die Mission wird jedoch dadurch verkompliziert, dass Alicia und Devlin schon bald Gefühle füreinander hegen...

                                                    "Berüchtigt" ist anders als manch anderer Hitchcock-Film sehr geradlinig angelegt und zeichnet sich nicht etwa durch Doppelbödigkeit oder überraschende Wendungen aus. Auch steht das Beziehungsgeflecht der Hauptfiguren hier deutlich mehr im Vordergrund, sodass der Film über weite Strecke eher einer Lovestory gleicht, bei der der Thrilleranteil nur Beiwerk ist. Dennoch gibt es aber auch hier ein paar intensive Spannungsmomente sowie einige für Hitchcock typische Motive (wie etwa die dominante Mutter) zu bewundern.

                                                    Wenngleich es der Geschichte ein wenig an Genialität mangelt, weiß "Berüchtigt" doch auf visueller Ebene dafür umso mehr zu gefallen. So bietet der Film nicht nur einige für seine Entstehungszeit erstaunlich lange Kamerafahrten, sondern weiß etwa auch den zeitweiligen Rauschzustand der Protagonistin kreativ zu visualisieren. Positiv hervorzuheben sind neben den starken Leistungen von Bergman, Grant und Co. außerdem vor allem die längere Partysequenz im Mittelteil sowie das gelungene Finale, dass die recht simpel gestrickte, aber nicht uninteressante Geschichte zu einem runden Abschluss führt.

                                                    Erwähnenswert ist zudem noch, dass die erste deutsche Synchronisation aus den Nazis Rauschgifthändler machte und dementsprechend auch Namen und Nationalitäten veränderte, da man so kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs die heikle Thematik scheute.

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