Kenduskeag - Kommentare

Alle Kommentare von Kenduskeag

  • 7

    In "The Cell" taucht die Psychiaterin Catherine (Jennifer Lopez) mittels modernster Technik in die Gedankenwelt des Serienkillers Carl Stargher (Vincent D'Onofrio) ab. Regisseur Tarsem Singh entfacht dazu einen wahren Bilderrausch, der über kleinere Storyschwächen hinweg sehen lässt.

    Der Krimianteil des Films ist im Grunde schnell erzählt. Psychopath Carl hat mehrere Frauen ermordet, eine weitere hält er noch an einem unbekannten Ort gefangen. FBI Agent Peter Novak (Vince Vaughn) bittet Catherine und ihr Team um Hilfe, um den Aufenthalt der Gefangenen zu erfahren. Wesentlich interessanter als dieser recht konventionelle Rahmen der Geschichte ist dann aber, was "The Cell" im Folgenden daraus macht.

    Sobald Catherine nämlich an die entsprechenden Geräte angeschlossen ist, findet sie sich in fantasievoll gestalteten Welten wieder, in denen sie Carl in unterschiedlichen Inkarnationen wiederbegegnet. Stück für Stück erkundet sie das facettenreiche Unterbewusstsein des Killers und gerät dabei immer wieder in die Gefahr, Traum und Realität zu verwechseln. Zwar liefert der Film keine wirklich tiefgehende Psychoanalyse, doch allein schon deren Ansätze vermögen zu faszinieren. Die Bewusstseinsebenen, die Catherine durchschreitet, reichen dabei von grotesk über brutal bis verstörend.

    Während J.Lo. und Vince Vaughn keine besonderen darstellerischen Akzente zu setzen vermögen (andererseits aber auch nicht negativ auffallen), darf Vincent D'Onofrio als eiskalter Frauenmörder mit dunkler Vergangenheit so richtig aufdrehen. Neben der visuellen Gestaltung ist seine Performance somit das klare Highlight des Films.

    "The Cell" lässt sich nicht uneingeschränkt jedem empfehlen, da Spannung und Dynamik zuweilen unter der ausführlichen Präsentation der Traumwelten leiden. Wer aber gerne einen Serienkillerstreifen der ganz anderen Art sehen möchte, darf getrost einen Blick riskieren.

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    • Die Novelle war okay, aber nicht das große Highlight. Lebendig gewordene Autos hat King ja schon oft thematisiert (Christine, Rhea M, Der Buick). Die Story bietet auch eigentlich nicht genug, um einen ganzen Film zu füllen. Naja...mal abwarten.

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      • Wie geht man am besten an diese Frage ran? Wenn es um Songs geht, die man sofort mit einem bestimmten Film verbindet, müssten hier eher "My Heart will go on" oder "I've had the time of my life" stehen. Aber manchmal gibt's eben auch alte Hits, die in einem neuen Film besonders gut eingesetzt werden. Die Liste würde wohl Morgen schon wieder ganz anders aussehen...

        "Heroes" David Bowie (The Perks of Being a Wallflower)
        "La mer" Charles Trénet (Mr. Bean macht Ferien)
        "For what it's worth" Buffalo Springfield (Lord of War)
        "Lose Yourself" Eminem (8 Mile)
        "Bang Bang" Nancy Sinatra (Kill Bill)
        "The Letter" The Box Tops (Sonnenallee)
        "Gran Torino" Jamie Cullum (Gran Torino)
        "The Times they are a-changin'" Bob Dylan (Watchmen)
        "Mad World" Gary Jules (Donnie Darko)
        "How deep is your love" Bee Gees (Adams Äpfel)

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        • 6 .5
          über Stoker

          Mit "Stoker" gab Regisseur Chan-wook Park sein US-Debüt, knüpfte aber gleichzeitig auch an den Stil seiner "heimischen" Filme an. Die interessante Mischung aus unkonventionellem Familiendrama und groteskem Psychothriller besticht durch eine elegante Inszenierung sowie ein stark aufgelegtes Hauptdarsteller-Trio.

          Als ihr innig geliebter Vater ausgerechnet an ihrem 18. Geburtstag zu Tode kommt, gerät die Welt der jungen Eigenbrötlerin India (Mia Wasikowska) endgültig aus den Fugen. Da beobachtet sie abseits der Trauergäste auf der Beerdigung einen mysteriösen Mann, der sich schließlich als ihr lange Zeit verreister Onkel Charlie (Matthew Goode) vorstellt. Kurzerhand zieht Charlie bei India und ihrer sich dem Alkohol hingebenden Mutter Evelyn (Nicole Kidman) ein, um ihnen dem Anschein nach in dieser schwierigen Situation beizustehen. Alsbald keimt in India jedoch der Verdacht auf, dass Onkel Charlie ein dunkles Geheimnis verbirgt...

          "Stoker" bezieht einen Großteil seiner Spannung aus der Ungewissheit über die rätselhaften Vorgänge, die auf dem vornehmen Familiensitz der Familie Stoker passieren. Kleine Details wie die vielen Schuhkartons, die India auf ihrem Bett ausbreitet, die Spinne, die sie an ihrem Bein entlang krabbeln lässt oder der düstere Keller, in den sie geschickt wird, deuten bereits auf etwas Schreckliches hin. Konkret sind diese Vorahnungen aber lange Zeit über nicht. Das Drehbuch aus der Feder des "Prison Break" Stars Wentworth Miller lässt uns eine ganze Weile im Dunkeln tappen, wenngleich sich zumindest ungefähr erahnen lässt, wohin die Reise gehen wird. Wer also mit derlei Rätselraten nichts anfangen kann, dürfte schon frühzeitig abgeschreckt werden.

          Chan-wook Park baut immer wieder auf kreative Schnitte sowie eine ausdrucksstarke Bildsprache und streut ein ums andere Mal kleine Huldigungen an Alfred Hitchcock ein, in dessen Tradition sich "Stoker" eindeutig sieht. Auf diese Weise kann er auch kleinere Spannungseinbrüche übertünchen, ohne dass diese zu stark ins Gewicht fallen würden. Der Story allerdings fehlt es ein wenig an der letzten Raffinesse, auch wenn es bis zum Schluss dauert, ehe alle Puzzleteile beisammen sind. Der ganz große Knalleffekt bleibt bei "Stoker" jedoch leider aus, überraschend in ihrer Intensität sind da schon eher die drastischen Gewaltausbrüche. Dank Parks markantem Stil und den drei hervorragend agierenden Protagonisten bleibt man aber dennoch gerne bis zum Ende dabei.

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          • 6 .5

            "The Rock" unter der Regie Michael Bays ist brachiales Krawall Kino, das keinen gesteigerten Wert auf eine intelligente Geschichte legt, dafür aber mit jeder Menge Action, einem ordentlichen Härtegrad und einigen launigen Sprüchen zu überzeugen vermag. Nicolas Cage als hyperaktive Laborratte und Sean Connery als mit allen Wassern gewaschener Ex-Agent ergeben ein stimmiges Buddy Duo, welches die von Terroristen besetzte Gefängnisinsel Alcatraz infiltrieren muss, um einen Giftgasanschlag zu verhindern.

            Unvorhersehbare Wendungen oder geistreiche Dialoge darf man bei "The Rock" nicht erwarten. Stattdessen setzt Bay wie üblich voll auf die Action Karte, bietet Verfolgungsjagden, Schießereien und Explosionen non Stop. Die Motivation der einzelnen Figuren bleibt zwar ein wenig schwammig und insbesondere die Hintergrundgeschichte des Vietnamveterans Hummel (Ed Harris) hätte zweifellos Potenzial für mehr geboten, doch weiß Bay diese Ungereimtheiten geschickt zu kaschieren, indem er Cage und Connery von einer Gefahr in die nächste schlittern lässt. Einzig das zwangsläufige Gerede über Patriotismus und vereinzelte Szenen mit den Strippenziehern im und um das Weiße Haus bremsen den Handlungsfluss ein wenig.

            Während besonders Connery und Harris darstellerische Akzente setzen können, fällt Cage dagegen zwar etwas ab, schafft aber immer noch rechtzeitig die Kurve, bevor seine überdrehte Performance zu nerven beginnt. Zudem nennt "The Rock" ein gut ausgewähltes Ensemble an Nebendarstellern rund um David Morse, Michael Biehn und Tony Todd sein Eigen.

            Wer nicht allzu sehr nach der Plausibilität des Geschehens fragt und nicht auf große Überraschungen hofft, kann mit Michael Bays 90er Jahre Actioner somit auf jeden Fall seinen Spaß haben.

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            • 6

              Daniel Craigs zweite 007 Mission fühlt sich wie ein Anhängsel des starken Vorgängers an. Ganz so, als seien noch ein paar Drehbuchseiten aus "Casino Royale" übrig gewesen, die ein wenig ausgebaut wurden. "Ein Quantum Trost" ist geradlinig, unterhaltsam und kurzweilig. Rauscht aber andererseits auch mit Karacho am Zuschauer vorbei, ohne einen prägenden Eindruck zu hinterlassen.

              Craig gibt den Agenten im Dienste Ihrer Majestät als knallharten Racheengel, der sich mit Urgewalt durch die Reihen seiner Feinde schießt und prügelt und dabei selten nur eine Miene verzieht. Für coole Sprüche oder Flirts mit den Bond Girls nimmt er sich kaum Zeit. Dementsprechend hat Gemma Arterton kaum mehr als einen Cameo Auftritt, während Olga Kurylenko vornehmlich als gleichberechtigte Kämpferin agiert. "Ein Quantum Trost" bietet stattdessen atemlose Action, Verfolgungsjagden zu Land, zu Wasser sowie in der Luft aufgelockert durch einige wenige zynische Oneliner.

              Regisseur Marc Forster lässt keine Längen aufkommen, schafft aber auch nichts Erinnerungswürdiges. Die zahlreichen Schauplätze rund um den Globus (u.a. London, Bregenz, Italien, Haiti und Russland) werden kaum einmal herausgestellt oder gar sinnvoll mit der Handlung verwoben. Auf dem Papier klingen Kampfeinlagen während einer Tosca Aufführung auf der Seebühne oder ein explosiver Showdown in einem Wüstenhotel deutlich spektakulärer, als sie es dann hier in der Umsetzung tatsächlich sind. Forsters Inszenierung bewegt sich vielmehr durchweg auf einem soliden Niveau, geht nie weit darüber hinaus. Gleiches gilt ebenso für Mathieu Almaric als Bösewicht oder die Durchschnitts-Story rund um geheime Ressourcen-Deals in der Wüste.

              Wäre "Ein Quantum Trost" nicht Teil der berühmten Agenten Reihe, wer weiß, ob der Film nicht inzwischen vollkommen in Vergessenheit geraten wäre. Für rund 100 Minuten Action-Kurzweil kann man allerdings auch deutlich schlechtere Entscheidungen treffen.

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              • 6 .5

                Auf flüchtigen Bahnen kreisen wir durch Raum und Zeit, verbunden durch zarte Bande mit all jenen, denen wir im Lauf unseres Lebens begegnen. Uns klammernd an einzelne Momente, die wie Blätter im Wind verwehen. Dazu verdammt, Namen mit Identität füllen zu wollen, die sich mit feinen Krallen in unserem Gedächtnis verankert haben.

                Ja, "Your Name" unter der Regie Makoto Shinkais ist ein Anime von poetischer Kraft, der mit wunderschönen Bildern und ausdrucksstarker Musik zu verzaubern vermag. Ein Film, der unzählige Deutungsansätze birgt, vom Kampf zwischen Tradition und Moderne und der Verwicklung von Zufall und Schicksal bis hin zur umtriebigen Suche nach einem Seelenverwandten in dieser Welt. Das volle Potenzial dieser vielen angerissenen Fragen kann er allerdings nicht ausschöpfen, kratzt Shinkais Film doch zu sehr an der hübsch anzusehenden Oberfläche und pfeift gar auf eine innere Logik.

                Im ersten Akt ist sein Anime nichts weiter als eine solide Körpertauschkomödie, in der die Schülerin Mitsuha alle paar Tage im Körper des etwa gleichaltrigen Taki erwacht - und dieser wiederum in ihrem. Daraus ergibt sich das übliche Abarbeiten von Klischees, wie man es bereits aus zahlreichen Hollywood Komödien kennt. Wenn dann etwa Taki zum fünften Mal den Busen seines Tauschkörpers befühlt, ist das ebenso einfallslos wie schlicht nicht mehr witzig. In dieser Phase wirkt "Your Name" wie ein lauer Spielfilmableger von Serien wie Ranma 1/2 mit einer guten Portion Zuckerguss.

                Erst durch einen unerwarteten Twist nimmt das Geschehen wieder Fahrt auf, fokussiert sich der Film auch wieder vermehrt auf seine beiden Protagonisten, während zuvor noch nichtssagende Nebenhandlungen um Mitsuhas Freunde und Takis Schwärmerei für seine Chefin dominierten. Von nun an wagt sich "Your Name" in neue Dimensionen vor, gewinnt an Komplexität. Dass sich die beiden Hauptfiguren dabei ineinander verlieben, dürfte indes wohl Niemanden überraschen. Die Nachvollziehbarkeit dieser Liebe wird jedoch leider dem Überraschungseffekt geopfert. Warum Mitsuha und Taki plötzlich Gefühle füreinander entwickeln, bleibt bis zum Schluss unverständlich. Zumal Taki kurz zuvor noch auf ein Date mit seiner Chefin aus war.

                Auch leistet "Your Name" nicht genügend Vorarbeit, um die beiden zentralen Charaktere näher zu beleuchten und somit eine tiefergehende emotionale Verbindung zum Zuschauer herzustellen. Mitsuha ist das Mädchen vom Land, das sich nach einem Leben in der Großstadt Tokio sehnt. Taki ist der Junge aus der Stadt, der sich selbst jede Menge Arbeit aufhalst. Viel mehr erfahren wir nicht über ihr beider Innenleben.

                So ist "Your Name" letztlich vor allem ein visueller Genuss, der inhaltlich an den großen Fragen des Lebens rührt, jedoch zu viel Zeit mit Kitsch und Albernheiten verschwendet, um eine tiefere Ebene zu erreichen.

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                • 8

                  Ins Kino gehen und dennoch an der frischen Luft sein - dieser Tage ist das möglich, der herzerwärmenden Verfilmung der Hape Kerkeling Biographie sei dank. Regisseurin Caroline Link (oscarnominiert für "Jenseits der Stille", Preisträgerin für "Nirgendwo in Afrika") schuf eine bewegende Tragikkomödie im 70er Jahre Ruhrpott Setting, in der vor allem der junge Hauptdarsteller wie einer der ganz Großen aufspielt.

                  Der kleine Hans Peter (Julius Weckauf) zieht mit seiner Familie vom Land zu den Großeltern in das vorstädtische Recklinghausen. Während der aufgeweckte Junge sich allmählich in der neuen Umgebung eingewöhnt, verändert sich die Situation in seiner Familie auf dramatische Weise. Mit seinen kleinen und großen Späßen versucht Hape eine wertvolle Stütze sein, während um ihn herum alles einzustürzen droht...

                  "Der Junge muss an die frische Luft" verfügt im Grunde nur über recht wenig Handlung. Vielmehr ist Link an einer ebenso humorvollen wie stimmigen Milieustudie des Ruhrgebiets und seiner Bewohner gelegen. So geht ihr Film auch nicht permanent mit dem Siegel des Kerkeling Biopics hausieren, sondern zeigt vielmehr großes Interesse an den vielen eigenwilligen Figuren und ihren Besonderheiten. Insbesondere die Darbietung des jungen Julius Weckauf ist dabei zum Brüllen komisch. Anzusehen wie er seine Mitmenschen parodiert und ihre Marotten perfekt widerspiegelt, ist allein schon das Eintrittsgeld wert. Ebenso weiß der Newcomer aber auch in ernsten Situationen zu überzeugen, etwa wenn er seinem Onkel vor versammelter Verwandtschaft die Leviten liest, weil er am Ende des Tages dann eben doch nicht nur als Clown abgetan werden möchte.
                  Bei aller Heiterkeit sind es ohnehin gleichsam die traurigen Momente, die "Der Junge muss an die frische Luft" aus der Masse deutscher Komödien hervorstechen lassen. Caroline Link meistert den schwierigen Balanceakt zwischen den Polen dabei jederzeit mit Bravour, versteht es gar, eine zuvor noch aberwitzige Szene später in einem melancholischen Kontext zu wiederholen - und beide Male die erwünschte Wirkung zu erzielen.

                  Wer in den 70ern schon alt genug war, wird zudem zahlreiche Anspielungen auf Fernsehserien und Unterhaltungsshows jener Dekade entdecken. So erreicht der Film in seinen besten Momenten die Unbeschwertheit einer fröhlichen Schlagerparty bei Sahnetorte und Eierlikör. Ab und an blitzt gar eine Spur von Meta-Humor auf, wenn etwa Hape seine Oma für verrückt erklärt, weil diese ihm eine große Karriere vorhersagt oder der Erzähler-Hape beteuert, er habe schon immer gewusst, was er wollte, während man seinem jüngeren Ich dabei zusieht, wie er sich in einem Katalog männliche Unterwäschemodels anguckt. Die Krönung dieser Doppeldeutigkeiten stellt letztlich die tragische Verbindung der Geschichte mit dem Schicksal des Sängers Roy Black dar.

                  Der gut ausgewählte Cast leistet derweil einen wertvollen Beitrag zum Gelingen des Films. Neben dem bereits erwähnten Hauptdarsteller seien hierbei exemplarisch die Leistungen von Luise Heyer als Mutter und Ursula Werner als liebenswerte Oma Bertha hervorgehoben. "Der Junge muss an die frische Luft" sticht zudem positiv aus dem Komödien-Einerlei heraus, indem hier dankbarer Weise auf aufgesetzt wirkende Gaststar-Cameos verzichtet wird.

                  Obgleich die Mittelklasse der 70er hier ordentlich durch den Kakao gezogen wird, fällt der Ton des Hape Biopics zu keiner Zeit bösartig aus. Vielmehr ist "Der Junge muss an die frische Luft" eine ergreifende Geschichte über Familienzusammenhalt - selbst in den dunkelsten Stunden.

                  P.S. Caroline Links nächster Film soll noch dieses Jahr erscheinen. Titel: "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl"

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                  • 8 .5
                    Kenduskeag 01.02.2019, 14:55 Geändert 01.02.2019, 14:56

                    "Beenden wir es so, wie wir es angefangen haben: Zusammen!"

                    Der ultimative Kampf zwischen Gut und Böse steht an. Das große Finale der Saga um den blitznarbigen Zauberer ist gekommen. 7.2 ist ein furioses Actionspektakel mit nur wenigen Atempausen, in dem Harry sich seinem größten Feind zum alles entscheidenden Duell stellen muss.

                    Ein Horkrux befindet sich in der Zaubererbank Gringotts - also runter mit dem Vielsafttrank und nichts wie los! Amüsant wie Helena Bonham Carter als Hermine im Körper von Bellatrix agiert. Das ist hohe Schauspielkunst, jemand anderen im Körper dessen zu spielen, den man selbst spielt und dabei auch noch so zu tun, als ahme man denjenigen nach, den man normalerweise spielt. Klar soweit?

                    Nächste Station: Hogwarts! Na klar, die Schule darf zum Abschluss nicht fehlen. Wo sonst sollte der Showdown stattfinden? Die Familiengeschichte der Dumbledores wird reichlich überhastet abgehakt. Da scheint ja doch Manches im Argen zu liegen, wenn der eine Bruder im Schloß wohnt, während der Andere in der Kneipe Butterbier ausschenkt. Immerhin zum gleichen Barbier scheinen die Dumbledores gegangen zu sein. Triumphal indes die Rückkehr des goldenen Trios, tosend der Applaus der letzten Aufrechten.

                    Voldemort spielt die finalen Karten aus. 'Wie oft hab ich meine Seele noch gleich gespalten? Hach, wer soll bei so vielen Morden noch mitzählen?' Die Zahl der Todesopfer schraubt sich in diesem Teil gar in neue Höhen. Da muss oftmals ein flüchtiger Kameraschwenk reichen, um zu erkennen, wen es diesmal erwischt hat. Ein emotionales Zwischenspiel im Zauberstab-Feuerwerk gönnt sich der Film einzig bei Prof. Snape. So viel Zeit muss sein, um diesem Rätselhaftesten aller Potter Charaktere in einer Denkarium Szene die Ehre zu erweisen ("Nach all den Jahren?" "Immer!").

                    Rowling rührt so deutlich wie nie zuvor an christlichen Motiven. Da ist der Opfertod, die Bereitschaft für eine gute Sache zu sterben. Der Glaube an ein Jenseits mit dem weisen Dumbledore als (klischeehafte) Vorstellung von Gott. Und zuletzt auch die Auferstehung, die glorreiche Rückkehr des Heilsbringers.

                    Wie war das noch? Keiner kann leben, während der Andere überlebt. Harry nimmt die Herausforderung an, stürzt sich mit Tom in die Tiefe. Ihre Gesichter verschwimmen zu einem, ja es ist auch etwas Böses in dem jungen Gryffindor und etwas Gutes in dem Mann mit dem falschen Lachen, scheint uns der Regisseur sagen zu wollen. Doch es endet, wie es enden muss.

                    David Yates inszeniert einen würdigen Abschluss der Saga, die Rekorde brach und Fans in aller Welt elektrisierte. So steht am Ende eine ungemein fantasievolle Filmreihe, die die Ideale ihrer Vorlage trotz aller Einschränkungen und Widrigkeiten auf wunderbare Weise auf die Leinwand zu transportieren vermag. Ein magisches Erlebnis.

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                    • 9

                      'Raus aus dem Schloß und hinaus in die weite Welt' lautet das Motto von Potter 7.1. Der Schauplatzwechsel kommt gerade rechtzeitig und bringt eine neue Dynamik in die Abenteuer des inzwischen jungen Mannes, der einst als 11 Jähriger aus allen Wolken fiel, als von Eulenschwärmen ausgetragene Briefe das Wohnzimmer seiner Verwandten fluteten.

                      Der erste Part der "Heiligtümer" entfaltet sich zum poetisch-melancholischen Roadmovie, das sich einerseits auf alte Stärken der Reihe besinnt, zugleich aber auch neue Wege einschlägt. Während dieser Teil für den Gelegenheitsgucker womöglich der Uninteressanteste sein dürfte, erfreut sich der Fan an zahlreichen emotionalen Momenten. Es war eine lange Reise bis hierhin und wer sie ganz mitgegangen ist, wird zufrieden feststellen, dass die Zweiteilung des großen Finales zur Folge hat, dass das Hetzen durch die Handlung bei halbem Informationsfluss der Vergangenheit angehört. Harry Potter 7.1 lässt sich Zeit und wer die Charaktere über die sechs Vorgänger hinweg ins Herz geschlossen hat, wird sich diese Zeit gerne nehmen.

                      Zudem scheint Regisseur David Yates die Kinderkrankheiten der Teile 5 und 6 überwunden und seinen eigenen Stil gefunden zu haben. In 7.1 präsentiert er uns epische Landschaftspanoramen, einen gruseligen Zwischenstopp in Godrics Hollow und eine spannende Infiltrierung des Zaubereiministeriums in bester Art des Spionagefilms. Wenn unser geliebtes Trio durch die menschenleere Einöde zieht, während aus dem Radio die Namen der Ermordeten erklingen, kommt außerdem gar ein gewisses Dystopie-Feeling auf.

                      Überhaupt erweist sich als größter Trumpf des Films, dass nunmehr wieder Harry, Ron und Hermine im Mittelpunkt stehen und unnötige Nebenhandlungen um ihre Loveinterests fallengelassen werden. Dadurch gewinnen ihre Diskussionen deutlich an Gewicht und fühlen sich auch nicht mehr wie mit angezogener Handbremse ausgetragen an. 7.1 bricht so in mehrfacher Hinsicht mit alten Mustern und bringt dadurch trotz einer betont langsamen Erzählweise neuen Schwung in die Reihe.

                      Zwar werden die Fantasyelemente spürbar zurückgefahren, doch punktet Yates Film dennoch mit Kreativität. So etwa, wenn in einer visuell eindrucksvollen Sequenz das Märchen der drei Brüder erzählt wird. Weniger gelungen ist dagegen die Einführung des Zweiwegespiegels, sodass sich der Buchunkundige fragen dürfte, weshalb Harry dauernd hilfesuchend auf eine Glasscherbe starrt.

                      Nicht zuletzt sind es aber auch die vielen kleinen und großen Abschiede, die die letzte Etappe vor dem endgültigen Schlusspunkt der Reihe ausmachen. Diese beginnen schon mit Hermine, die sich selbst aus dem Gedächtnis ihrer Eltern löscht. Wie schön ist es dann doch zu sehen, wenn solch ein Ende in den Armen eines Freundes geschieht.

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                      • 8 .5
                        Kenduskeag 29.01.2019, 14:45 Geändert 29.01.2019, 15:58

                        Bei Merlins Bart! Ist dieser Film dunkel! "Licht, bitte" möchte man Regisseur Yates in bester Koboldmanier zurufen. Ein wenig mehr Helligkeit hätte trotz gewollter Schwermut-Atmosphäre hier und da nicht geschadet.

                        Harrys sechstes Abenteuer beginnt mit einer spektakulären Brückenzerstörung durch die Todesser. Der Krieg der Zauberer ist nun auch in der Welt der Muggel angekommen. Dumbledore bringt den jungen Auserwählten um sein Date mit einer Kellnerin und schleift ihn stattdessen mit zu Horace Slughorn, der die nötige Polsterung für die Verwandlung in einen Sessel von Natur aus mitbringt und als neuer Zaubertränke Lehrer engagiert werden soll. Jim Broadbent als tüddeliger Trophäensammler erweist sich dabei als weiterer schauspielerischer Gewinn für die in dieser Hinsicht ohnehin über jeden Zweifel erhabene Reihe.

                        Harrys liebster Erzfeind Draco Malfoy bekommt wieder mehr Screentime, steht doch die Frage im Raum, ob er in den Kreis der Vertrauten Voldemorts aufgenommen wurde. Ungewöhnlich für die Reihe, entfernen wir uns dabei sogar kurzzeitig vom Protagonisten und erleben eine bedeutungsvolle Szene zwischen Dracos Mutter sowie Bellatrix und Snape mit. Im Hogwarts Express rächt sich der blonde Slytherin dann an aber an Harry für dessen Neugier auf die unfeine nicht-magische Art. Bis hierhin geht der Daumen eindeutig nach oben, das Drehbuch klebt nicht an der Vorlage, sondern interpretiert sie wunderbar eigenständig.

                        Ein weiteres Rätsel dieses Schuljahrs birgt alsbald die Frage nach der Identität des Halbblutprinzen. Jenes ominösen Zaubertrankgenies, das bevorzugt alte Schulbücher mit wertvollen Tipps bekritzelt. Yates räumt dieser Frage allerdings insgesamt erstaunlich wenig Raum ein und liefert bei der schlussendlichen Auflösung auch keinerlei Erklärungen mit, sodass der Durchschnitts-Muggel wohl mit einem großen Fragezeichen auf der Stirn abschalten wird. Schade, dass ausgerechnet der Namensgeber dieses sechsten Teils so kurz kommt.

                        Überhaupt verliert sich "der Halbblutprinz" im weiteren Verlauf allzu sehr in Nebenkriegsschauplätzen, die das Geschehen eher in die Länge ziehen als voranbringen. Ausgiebig widmet sich der Film dem Hin und Her der Lovestories. Da die Gefühle von Cormac, Romilda oder Lavender ("Ach, mein Won-Won") den geneigten Zuschauer jedoch weniger tangieren, leidet die Spannung mitunter beträchtlich. Zwar sorgen Szenen wie die Unterhaltung über schöne weibliche Haut oder Rons Liebestrankvollrausch für einige Lacher, bremsen die Handlung um den Halbblutprinz und Toms Riddles Vergangenheit (die im Vergleich zum Buch auch stark gekürzt wurde) aber eben deutlich aus. "Noch einmal jung sein und der frischen Liebe Leid erdulden" kommentiert Dumbledore das pubertäre Treiben und ein Hauch von Resignation klingt mit.

                        Dieser sechste Teil bietet zudem erstaunlich wenig Action. Mit Ausnahme der Fuchsbau Attacke im Mittelteil wird hier vergleichsweise wenig Krachbumm geliefert. Das Finale kommt dann schließlich vollkommen aus dem Nichts. Eben noch saß man bei einem Butterbier in Hagrids Hütte und betrauerte den Verlust einer gewissen Riesenspinne und schon geht's ans Eingemachte. Wer die Bücher nicht gelesen hat, dürfte allerdings rätseln, weshalb es unseren Helden denn nun zu einer Höhle im Nirgendwo verschlägt, in der zombieähnliche Wesen im Wasser lauern. Horkrux-Suche - ja nee is klar. Aber wieso ausgerechnet hier?

                        Das Ende hat's dann allerdings in sich, ist kompromisslos, schockierend und wirft allerlei neue Fragen auf, die in den letzten beiden Teilen der Saga beantwortet werden sollen. Auf geht's...

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                        • 1. Mittelerde
                          2. Hogwarts
                          3. Das Overlook Hotel
                          4. Die Villa Kunterbunt
                          5. Die Titanic
                          6. Die "Grüne Hölle" (Apocalypse Now)
                          7. Gotham City (Batmans Rückkehr)
                          8. Jigsaws "Folterlabyrinth" (Saw)
                          9. Die Stadt der verlorenen Kinder
                          10. Das Kloster (Der Name der Rose)

                          Nicht zwingend in der Reihenfolge. Alle 10 sind auf ihre Art wirkungsvoll.

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                          • 8 .5

                            Sie: Was schaustn da?
                            Ich: Harry Potter 5
                            Sie: 5? Wie viele Teile gibt's denn?
                            Ich: 8 plus zwei Tierwesen
                            Sie: Phantastische Tierwesen gehört zu Potter? Dachte das wäre so ne Naturdoku.
                            Ich: WTF?!

                            Vielleicht täuscht der Eindruck, aber nach dem pompösen Vorgänger wirkt "Orden des Phönix" ein wenig, als ob das Budget gekürzt wurde. Regisseur David Yates (inzwischen ein alter Hase in Rowlings magischer Welt) hatte wohl zunächst noch Schwierigkeiten, seinen Stil zu finden. Harrys fünftes Abenteuer wirkt weniger eigenständig, knüpft direkt an das Ende des "Feuerkelchs" an. Erstmals werden zudem in Rückblenden Ereignisse aus den Vorgängern gezeigt. Otto-Normal-Muggel, die jetzt noch neu zusteigen, dürften den Hogwarts-Express ratlos verlassen.

                            Dudley ist zum Möchtegern-Gangster geworden. Vertreibt Jüngere vom Kinderspielplatz. Wie gut für ihn, dass Harry bei ihm ist, als die Dementoren auftauchen. So kriegt er nur nen kleinen Knutscher. Mrs. Figg ist auch mit von der Partie. Etwas unbeholfen eingeführt die Nachbarin - aber das ist eher ein Versäumnis der vorherigen Teile.
                            Bei der Verhandlung im Ministerium trifft Harry dann auch schon auf seine Nemesis dieses Schuljahres - Umbridge, die pinke Plage. Imelda Staunton mimt die böswillige Katzenliebhaberin mit falschem Kichern absolut grandios ("Ich verlange Disziplin und Ordnung!"). Filch wird derweil ihre rechte Hand, bekommt mehr zu tun als je zuvor. Darf pausenlos neue Erlasse an die Wände klöppeln.

                            Yates hält sich nicht lange mit Nebenschauplätzen auf. Das sorgt einerseits für Kurzweil, lässt andererseits aber auch die vielen charmanten Details vermissen, die Rowlings Welt eben so zauberhaft machen. Harrys fünftes Jahr gleicht zuweilen einem straighten Politthriller, einem Duell zwischen Schulleitung und Ministerium. Selbst der titelgebende Orden bekommt nicht allzuviel zu tun.

                            Ein großer Lichtblick ist die verträumte Luna. Sie wandelt leichtfüßig zwischen schräger Außenseiterin und tapferer Kämpferin mit feinem Gespür für die Gefühle Anderer. Auch Harrys Lovestory mit Cho kommt voran. Ginny wirft ihnen heimlich eifersüchtige Blicke zu. Der Raum der Wünsche hingegen ist etwas einfallslos gestaltet. Da wäre noch Luft nach oben gewesen.

                            Okklumentik bei Snape wird zur psychischen Belastungsprobe ("Ihr Vater war ein Schwein!"). Hagrid hat seinen Halbbruder mitgebracht, der sich gleich in Hermines starke Hand verguckt. Die Weasley Zwillinge rufen die Anarchie aus. Dunkle Träume plagen Harry Tag und Nacht.

                            Der Showdown bietet viel Zauberstabgefuchtel. Jubel bricht aus, wenn Sirius, Lupin und Co. dazustoßen. Lucius Malfoy triffts voll auf die Zwölf, doch dann der Schock......Am Ende hat's dann sogar Fudge geschnallt ("Er ist wieder da").
                            Eher ein schwächerer Teil für meinen Geschmack. Die bunten Zwischentöne fehlen mir, die kleinen Kuriositäten, aber hey - es bleibt ein Potter. Im "Orden des Phönix" dominiert schwarz - und pink.

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                              Komm, wir fliegen durchs Warner Bros. Logo zu einem neuen Jahr in Hogwarts. Diesmal wird's international - die bulgarischen Jungs und die französischen Mädels sind zu Gast (wo haben die eigentlich das jeweils andere Geschlecht gelassen?).
                              Vorher wird's aber so richtig ernst. Die Eröffnungsszene stellt klar, dass hier keine halben Sachen gemacht werden. Anschließend geht's per Portschlüssel zur Quidditch WM. Das Spiel beginnt...und ist auch schon wieder vorbei! Komischer Schnitt. Danach gibt's Terror, inklusive Dunklem Mal am Himmel. Die Vorzeichen verdichten sich, dass Voldemort seine Kaffeepause beendet hat...
                              Mike Newell sitzt nun auf dem Regiestuhl. Der Look hat sich wieder etwas verändert. Krach Bumm Peng gibt's diesmal reichlich, denn drei trimagische Aufgaben wollen bewältigt werden. Jede Menge neue Figuren werden eingeführt, da reicht's für Draco nur noch zu einem Cameo als Frettchen. Mit dem neuen VgddK Lehrer stimmt was nicht (wie eigentlich jedes Mal). Mad-Eye zeigt den Kids unverzeihliche Flüche. Seamus kann nicht mal in Ruhe sein Kaugummi fixieren.

                              Derweil hält die Pubertät die Hogwarts Schüler fest im Griff. Harry liebt Cho, Cho liebt Cedric, Hermine liebt Ron, Myrte liebt Harry, Neville liebt das Tanzen und selbst Rita Kimmkorn will in der Besenkammer kuscheln. Ach ja und sogar Hagrid hat eine Frau gefunden, die größer ist als er. Dafür kämmt er sich sogar das Zottelfell.
                              Etwas wirklich Dramatisches passiert eigentlich lange Zeit über nicht. Nur Eiersuche mit nem Hornschwanz und so. Alle sprechen davon, dass das Turnier lebensgefährlich ist, aber die Sensationsgier scheint auch unter Zauberern weit verbreitet. Eine Absage kommt jedenfalls nicht in Frage. Show must go on.
                              Unterdessen rocken die Schicksalsschwestern den Weihnachtsball ("Can you dance like a hippogrif"). Flitwick setzt zum Stagedive an. Hermine geht mit Viktor, Ron nimmts ihr krumm.
                              Das Finale ist nichts für schwache Nerven. Spätestens jetzt schickt man besser die Kleinen ins Bett. Gab's zuvor immer wieder was zu lachen ("Die Hand an meine Hüfte"), ist nun Schluss mit lustig, wenn Wurmschwanz seinen unheilvollen Cocktail mixt. Dieser vierte Teil ist neben 7.2 möglicherweise der actionreichste von allen. Am Ende aber auch unerhört düster und bedrückend. Die Harry Potter Saga ist endgültig erwachsen geworden.

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                                Kenduskeag 23.01.2019, 14:41 Geändert 23.01.2019, 14:43

                                "Ich schwöre feierlich, ich bin ein Tunichtgut!"

                                Der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort - der Mexikaner Alfonso Cuarón übernahm für das dritte Potter Abenteuer den Regie-Staffelstab und schuf dank einer straffen Inszenierung und eines unverkennbaren Stils den wohl besten Teil der Reihe.
                                Die Beleidigungen seiner aufgeblasenen Tante Magda erträgt Harry nicht lange - also bläst er sie kurzerhand noch mehr auf. Herrlich anzusehen, wie sie einen Looping vollführt und dann wie ein Heißluftballon davonfliegt.

                                Der Grimm lässt sich kurz blicken und deutet gleich mal an, dass der dritte Teil deutlich düsterer daherkommt. Und schon beginnt die wilde Tour mit dem Fahrenden Ritter ("Tritt drauf, Ernie!"). Auch die Zugfahrt ist kein Zuckerschlecken mehr, kusswillige Dementoren sorgen für plötzlichen Kälteeinbruch. Harry wird ohnmächtig (das passiert ihm hier öfters).
                                Die neue große Bedrohung heißt Sirius Black. Voldemort hat erstmal Kaffepause. Der neue Dumbledore trägt lieber grau und wirkt auch nicht mehr ganz so freundlich. Prof. Flitwick hat auch irgendwas an sich machen lassen. Und selbst Hagrid hat seine Hütte woanders aufgestellt. Sei's drum, die Veränderungen fühlen sich im Hinblick auf die Vorgänger zwar nach einem krassen Bruch an, innerhalb dieses Films glücken sie aber.

                                Wahrsagen steht nun auf dem Stundenplan. Trewlaney sieht trotz dicker Brillengläser mehr als alle anderen - nur den Tisch vor ihrer Nase nicht. Bei Lupin stellen sich die Schüler (die hier auch nicht mehr so viel Wert auf ihre Uniformen legen) ihren größten Ängsten. Neville verpasst Snape gleich auch mal neue Kleidung. Magisch wird's, wenn Harry auf Seidenschnabel über den See gleitet ("Ich bin der König der Welt!"...ach ne, falscher Film...)

                                Die Potter Welt expandiert. Rowling lotet die Vergangenheit der Charaktere aus. Wer Freund und wer Feind ist, ist hier nicht mehr so eindeutig wie noch in den Vorgängern. Vielschichtiger, komplexer geht es nun zu. Mehr als ein Geheimnis wartet auf seine Enträtselung.
                                Unter den neuen Darstellern können besonders David Thewlis und Gary Oldman Akzente setzen. Aber auch das junge Trio hat sich weiterentwickelt. Im letzten Drittel hat dieser Teil dann beinahe mehr von einem waschechten Horrorfilm als von einem Fantasyspektakel. Die Natur schlägt zurück, die Peitschende Weide sowieso, aber auch Hippogreif, Ratte und Hirsch.

                                Die notwendige Neuausrichtung glückt. Cuarón gibt die Richtung für die kommenden Episoden vor. Gleichzeitig stellt er aber auch einen in sich funktionierenden Film auf die Beine, findet die passende Mischung aus fantasievollem Charme, Humor, Tempo und Spannung.

                                "Missetat begangen."

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                                  Und geb fast jetzt schon auf
                                  Die Filmseiten sind neu eingepackt
                                  Man kriegt sie sehr schlecht auf

                                  Jetzt les' ich Kängus Text mir durch
                                  Und schwitze, weil ich kämpf'
                                  Das neue Design hier
                                  Schmeckt wie tausend Jahre alter Senf

                                  Ach, hier steht...
                                  Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche ziehen
                                  Irgendwie dem übergroßen Trailerbild entfliehen
                                  Dann sehn Sie die Meinung Ihrer Freunde
                                  (Zumindest von ein paar)
                                  Und dann folgen auch schon 10 Seiten Trivia

                                  Aber erst den Nippel durch die Lasche ziehen
                                  Das Mausrädchen mal eben bis zum Anschlag drehn
                                  Da erscheint dann auch ein Label
                                  Und da klickst du ganz leicht drauf
                                  Und schon baut sich ein neuer Unsinn auf

                                  Früher war auch mehr Farbe
                                  Ich denk mir Mann oh Mann
                                  Wie komm ich denn jetzt eigentlich
                                  An die Kommentare ran
                                  Ich seh nur was von Streaming hier
                                  Ich komm da nicht mehr mit
                                  Wer von euch gibt mir bitte mal nen Tipp?

                                  Also erst den Nippel durch die Lasche ziehen...

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                                    "Angst, Potter?" "Träum weiter!"

                                    Auf geht's zum zweiten Jahr in der Schule für Hexerei und Zauberei! Vorher allerdings erwartet uns noch die Warnung eines glubschäugigen Hauselfen ("Dobby tut das nur zu Ihrem Wohl, Sir"), das zauberhafte Heim der Weasleys ("Sag mir, was genau ist die Funktion von Gummienten?") und eine spektakuläre Anreise mit einem fliegenden Ford ("Mein Zauberstab, sieh ihn dir an!").

                                    Charaktere und Schauplätze sind bereits aus dem Vorgänger bekannt, sodass der zurückgekehrte Chris Columbus einen deutlich direkteren Einstieg wählen kann. Die Zeit des bloßen Staunens ist vorbei, nun bekommen wir eine wesentlich komplexere Story erzählt, die fest in Rowlings magischer Welt verankert ist. Es geht um Rassismus, den hogwartschen Gründermythos und eine geheimnisvolle Kammer, die nach 50 Jahren abermals geöffnet wurde. Ein Monster geht um und hat es auf die nicht 'reinrassigen' Schüler abgesehen - dagegen wirkt die simple Steinchensuche aus dem ersten Teil wie Pipifax.

                                    Die Neuzugänge fügen sich derweil wunderbar ins Ensemble ein. Lockhart hat die Locken schön, Lucius Malfoy verteilt alte Tagebücher, die Maulende Myrte hält den Kopf aus der Kloschüssel. Die Stimmung ist insgesamt etwas düsterer, die Action dynamischer.
                                    Wir bekommen das beste Quidditchmatch der ganzen Reihe geliefert, inklusive anschließendem Wabbelarm des Protagonisten ("Ist auch gleich viel biegsamer"). Hermine und Ron ergeht es aber auch nicht besser. Sie wird erst zur Katze, dann versteinert, er spuckt Schnecken ("Besser raus als rein").
                                    Die Tricktechnik ist verbessert; Phoenix, Riesenspinne und Basilisk können sich nach wie vor sehen lassen. Nur das Episodenhafte behält Columbus bei, der große erzählerische Bogen ist nicht immer ersichtlich. Die ausgiebig vorbereitete Vielsafttrank-Aktion läuft ein wenig ins Leere, dafür werden hier schon einige Verbindungsstücke zu späteren Teilen gelegt (Horkrux!).

                                    So ganz nebenbei findet hier noch echter Unterricht statt (was ja in späteren Jahren deutlich zurückgefahren wurde). Neville ist wohl der Einzige, der nach dem Wichteln am Kronleuchter hängt, Rons Trinkgefäß bekommt einen Rattenschwanz spendiert und Alraunen sind erst erwachsen, wenn sie die Akne überstanden haben.

                                    Die Schreckenskammer ist dann schön schmuddelig, der perfekte Ort für eine Mega-Schlange, die bevorzugt durch Abflussrohre kriecht. Wir lernen, dass Ihr-wisst-schon-wer ein Faible für Wortspiele besitzt und nicht immer so nasenlos durch die Gegend lief. Außerdem erfahren wir, dass es tatsächlich Menschen... Verzeihung, Hauselfen gibt, die gerne Socken geschenkt bekommen. Harry mochte die alten von Onkel Vernon ja nie sonderlich.

                                    Und wir lernen, dass Hogwarts nicht Hogwarts ohne Hagrid ist.

                                    P.S. Schön brav bis zum Ende des Abspanns sitzen bleiben! Es folgt noch eine Szene mit dem guten Gilderoy.

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                                      Einen Kommentar zur "Harry Potter" Reihe zu verfassen, fühlt sich für mich beinahe an, als würde ich ein altes Fotoalbum hervorholen und meine Kinderbilder kommentieren - oder gar meine Kindheit als solche.

                                      Bei dieser Sichtung (es dürfte etwa die Zwanzigste gewesen sein) fiel mir einmal mehr auf, wie fröhlich-charmant der erste Teil selbst die düstersten Momente des Romans behandelt. Da fristet ein Junge ein erbärmliches Dasein in einem Schrank unter der Treppe und trotzdem gewinnt man zu keiner Zeit der Eindruck, hier finsteren Dramenstoff zu sehen. Ohnehin machen die Dursleys jedes Mal aufs Neue viel Spaß, die Drei sind einfach grandios gecastet.

                                      Selbiges trifft auch auf Hagrid zu, diesen liebenswerten Hünen mit Zottelfell, der Harry hinaus in die weite Zaubererwelt schubst. Ein paar Mal gegen die Backsteinmauer geklopft - und schon stehen Harry und der Wildhüter in der Winkelgasse. Von nun an reiht sich ein Wow-Effekt an den nächsten.

                                      Wenn es einen Oscar für den besten Cameo gäbe - ich würde ihn John Hurt als weisen Zauberstabmacher Ollivander verleihen. Wahnsinn, wieviel Ausstrahlung er in seine zwei, drei Minuten Leinwandzeit legt.
                                      Die Kobolde bei Gringotts sehen auch heute noch klasse aus. Hier macht es sich bezahlt, dass mit Masken statt CGI gearbeitet wurde. Und tadaaa - da ist er schon, der Stein des Anstoßes. Also der Ihr-wisst-schon-was im Verließ Ihr-wisst-schon-welches.

                                      Der Bahnhofsbeamte von Kings Cross (im zweiten Teil ist er auch wieder dabei) hat schon bessere Witze gehört. Die Weasleys hingegen wissen, was es mit dem ominösen Gleis auf sich hat. Ginny wünscht dem Blitznarbenträger noch schnell Glück, nicht ahnend, dass der Jahre später die gemeinsamen Kinder mit ihr zu eben jenem Gleis bringen wird.

                                      Tschuff, tschuff, die Dampflok fährt los. Ron hat Dreck an der Nase, sieht echt nicht schön aus. Hermine bindets ihm auf die Selbige. Peter Pettigrew wird fast gelb vor Neid. Wir erfahren, dass Zauberer richtige Naschkatzen sind...
                                      Apropos Katzen, da ist ja auch schon die gute Minerva und begrüßt die Neuankömmlinge in Hogwarts. Der sprechende Hut verteilt die Kids auf die vier Häuser. Susan Bones wird ein Hufflepuff. Das Mädchen, das hinterher noch eine tragende Rolle einnehmen wird, wenn sie im zweiten Teil kurzzeitig neben Harry stehen darf.
                                      Im weiteren Verlauf gelingt dem Auserwählten dann einfach alles. Jüngster Quidditchsucher, Trollbesieger, Geschenkeabstauber. Und dennoch wird Harry in diesem ersten Teil eher selten aktiv. So zaubert er beispielsweise kein einziges Mal (!) mit seinem Zauberstab und hat auch sonst mehr Glück als Verstand. Im Vergleich zum Roman wirkt er zudem deutlich braver, weniger rebellisch und sucht auch weniger die offene Konfrontation mit Draco. Vermutlich aber besser so, seine Sympathiewerte hätten vermutlich arg darunter gelitten.

                                      Die Handlung erscheint zumeist episodenhaft, ein roter Faden wird erst gegen Ende wieder erkennbar. "Stein der Weisen" lebt von den Wundern der magischen Welt, von der Einführung der Charaktere, deren Bedeutung für den weiteren Verlauf hier nicht einmal im Ansatz erkennbar ist. Selbst Volde... Ihr-wisst-schon-wer wirkt noch wie der Standard-Bösewicht.
                                      Grundlagen schaffen und sich dabei eng an die Vorlage halten, lautete das Credo von Chris Columbus. Die Effekte sind aus heutiger Sicht schon reichlich angestaubt, die Ausleuchtung ist teilweise miserabel.
                                      Aber diese wohlige Atmosphäre, wenn das Hedwig-Theme erklingt oder die Schüler zum ersten Mal die Große Halle betreten, die wird für immer bleiben...und meine Gänsehaut, wenn Neville Longbottom 10 Punkte bekommt.

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                                        Die Gier nach Macht und Geld fördert den Wahnsinn schneller als Plainview das Öl - so etwa ließe sich Paul Thomas Andersons Film über Aufstieg und Fall des Ölmagnaten Daniel Plainview (Daniel Day-Lewis) zusammenfassen. Was äußerst vielversprechend beginnt, entwickelt sich ab der zweiten Hälfte jedoch zu einer arg zähen Angelegenheit.

                                        Plainview ist zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Begriff, sich ein Erdöl-Imperium aufzubauen. Bei seiner Suche nach unentdeckten Ölvorkommen erhält er ein Angebot des jungen Paul Sunday (Paul Dano), der ihm das Land verkaufen will, auf dem sich die Farm der Sunday Familie befindet. Pauls Zwillingsbruder Eli (ebenfalls Paul Dano), ein ehrgeiziger Priester, fordert jedoch zusätzlich Unterstützung für seine Kirche. Alsbald entbrennt ein erbitterter Machtkampf...

                                        "There will be blood" startet mit einem stimmungsvollen Intro, welches ganz ohne Dialoge auskommt und die Ölmänner bei ihrer kräftezehrenden und gefährlichen Arbeit zeigt. In der Folge beleuchtet Andersons Film auf interessante Weise wie Plainview stetig seinen Reichtum und seinen Einfluss mehrt. Mit dem Auftreten des jungen Priesters zeichnen sich die ersten Konflikte ab, welche sich nach und nach immer mehr zuspitzen und in einem ebenso erschütternden wie spektakulär gefilmten Unfall in der Mitte des Films kulminieren. Bis hierhin ist "There will be blood" ein zwar langsam erzähltes, aber ausgesprochen fesselndes Erlebnis.

                                        Zu Beginn der zweiten Hälfte jedoch tritt Anderson aus unerfindlichen Gründen noch einmal kräftig auf die Bremse, ergibt sich in langen Kameraeinstellungen und schier endlosen Dialogen, während die Handlung auf der Stelle tritt. Versprach die erste Hälfte noch weitere Schritte auf der Eskalationsleiter zwischen Plainview und seinem fanatisch religiösem Widersacher, so zerfasert das Geschehen nun immer mehr, sodass etwa ein Mann (Kevin J. O'Connor) in den Vordergrund tritt, der behauptet, Plainviews Bruder Henry zu sein.

                                        Neben den eindrucksvollen Bildern und der authentischen Atmosphäre kann man "There will be blood" vor allem seine hervorragenden Darstellerleistungen zu Gute halten. Daniel Day-Lewis spielt den Protagonisten, einen egozentrischen Tyrannen, der stets den eigenen Vorteil im Sinn hat, mit aller Intensität. Ihm gegenüber steht Paul Dano, der als wahnhafter Prediger überzeugt. Neben diesen Beiden verblassen allerdings leider auch alle weiteren Darsteller zu unbedeutenden Randfiguren. Zwar bietet Plainview Sohn H.W. (Dillon Freasier) einiges an Potenzial, doch lässt uns Anderson zu wenig an seinem Gefühlsleben teilhaben, um eine starke Identifikation zu ermöglichen.

                                        Als merkwürdigster Aspekt innerhalb der Handlung erweist sich unterdessen das ziellose Rätselraten um Verwandtschaftsbeziehungen. Sind Paul und Eli tatsächlich Zwillinge oder handelt es sich um ein Täuschungsmanöver? Ist Henry wirklich Plainviews Bruder oder nur ein Hochstapler? Und wurde H.W. in Wahrheit von dem Ölmagnaten aufgezogen, nach dem sein leiblicher Vater ums Leben gekommen war? Bis zum Schluss gibt "There will be blood" keine Antwort darauf, wozu dieses Rätselraten dienlich sein soll.

                                        So ist Andersons Öl-Western ein recht sperriger Film, der viel Geduld einfordert, mit einem großartigen Cast und erhabenen Bildern punktet, letztere aber nicht vollauf zufriedenstellend mit Leben zu füllen vermag.

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                                          Gemeinhin gilt die Lüge als etwas Verwerfliches, etwas Unmoralisches. Sie stellt einen Akt der Täuschung dar, mit dem wir unser Gegenüber bewusst hinters Licht führen. "Hinters Licht führen" - in dieser Redensart klingt es bereits an: Die Lüge ist eng verbunden mit der Dunkelheit.
                                          Doch wie verhält es sich mit einer Lüge, die zum Wohle Aller ausgesprochen wird? Die gar der Aufrechterhaltung des Rechtsstaates und dem Schutz seiner Bürger dient? Um diese Fragen kreist das brillante Comicepos "The Dark Knight".

                                          Eine temporeiche Inszenierung, ein intelligentes Drehbuch und ein hervorragender Cast um den vielfach gelobten Heath Ledger als diabolischer Clownprinz des Terrors machen Christopher Nolans Großstadtthriller zu einem mitreißenden Erlebnis. Jedoch sind es besonders die vielen aufgeworfenen Moralfragen, die "The Dark Knight" aus der Masse der Comicverfilmungen hervortreten lassen.
                                          Darf ein Bösewicht der Öffentlichkeit als strahlender Held verkauft werden, wenn es dem Fortbestand der allgemeinen Ordnung nützt? Darf ein Jeder ausspioniert werden, um seine Sicherheit zu gewährleisten? Und wer entscheidet überhaupt darüber, welche Wahl letztlich getroffen wird? Kann ein Einzelner sich zum Beschützer einer ganzen Stadt aufschwingen und das Verbrechen bekämpfen, selbst gegen den Willen ihrer Bewohner? Und warum sollte diese Aufgabe ausgerechnet einem Milliardär zufallen, der von der Lebenswirklichkeit der einfachen Leute keine Vorstellung hat?

                                          "The Dark Knight" antwortet mit Ja und Nein. "Ja", indem der Film mit Batman einen Protagonisten präsentiert, der bereit ist, immense Opfer zu bringen, um den Frieden in Gotham zu wahren. Und "Nein" in Gestalt des Forschungsexperten Lucius Fox, der die ihm anvertraute Macht in Form eines umfassenden Überwachungsapparates zurückweist.

                                          Nolans Film befasst sich jedoch nicht nur mit der Debatte, ob der Zweck im Zweifelsfall die Mittel heiligt und das Abweichen von der Wahrheit als Akt der Güte aufgefasst werden kann, sondern hinterfragt auch unser Verständnis von Recht und Ordnung. Dazu nutzt er ein Ensemble an Figuren von denen Jede ein Doppelleben führt.
                                          Bruce Wayne etwa hält bei Tage die Fassade des überheblichen Playboys aufrecht, der ein Leben im andauernden Luxus auskostet, während er bei Nacht als maskierter Rächer auf Verbrecherjagd geht. Als Batman geht er eben gegen Jene vor, mit denen er als Bruce Wayne Geschäfte abschließt. Profitiert er also nicht selbst gar am meisten von seinem Alter Ego als dunkler Ritter, indem das Geld am Ende immer den Weg in seine Brieftasche findet?
                                          Eine solche Dualität kennzeichnet auch die Figur des Staatsanwalts Harvey Dent, der als weißer Ritter Gothams Gewalt und Korruption den Kampf ansagt, durch einen persönlichen Schicksalsschlag aber selbst zum Monster wird. Während er von allen anderen Aufrichtigkeit einfordert, erfüllt er selbst diese Anforderung nicht, als es am meisten darauf ankommt.
                                          Und sogar der dritte entscheidende Mann im Bunde, der aufrechte Commissioner Gordon, führt ein solches Doppelleben zwischen knallhartem Cop und liebevollem Familienvater.

                                          Der Einzige, der in diesem von Dualismus geprägten Ensemble keine zwei Seiten kennt, ist ausgerechnet der Joker. Eben dieses Fehlen einer verborgenen Seite macht ihn in Gotham zu einem Außenseiter und in den Augen der Meisten zu einem verrückten Spinner. Durch das Fehlen einer zweiten Seite passt der Joker nicht in das Weltbild der anderen Akteure, da ihrem Verständnis nach in Jedem etwas Verborgenes schlummern muss, das er der Welt nicht preisgibt. Der Joker jedoch macht sich gar über diese Denkweise lustig, indem er verschiedene Versionen seiner Hintergrundgeschichte erzählt. Dadurch, dass er nicht auf Geld, Ruhm oder Ehre abzielt, wirkt er für alle Anderen umso bedrohlicher. Als innerer Gegensatz des bösen Clowns vereint er somit, was die restlichen Figuren strikt voneinander trennen.

                                          "The Dark Knight" bietet eine vielschichtige Handlung, ausgezeichnete Actionszenen und hier und da auch ganz feinen, augenzwinkernden Humor. Als Mittelteil von Nolans Trilogie um den dunklen Ritter bildet der Film gleichsam deren fulminanten Höhepunkt und wartet zudem mit einem der einprägsamsten Bösewichte der Filmgeschichte auf.

                                          Why so serious?

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                                            "Milz an Großhirn, Milz an Großhirn..."

                                            Mag "Die Reise ins Ich" unter der Regie von Joe Dante (Gremlins, Meine teuflischen Nachbarn) bisweilen auch arg albern und überdreht sein, punktet die lockere SciFi Komödie doch mit einer guten Portion Charme und Ideenreichtum. Dennis Quaid und Meg Ryan lernten sich beim Dreh kennen und lieben und kamen hier beide vorher noch in den Genuss, Martin Short küssen zu dürfen.
                                            Das Tempo ist beinahe konstant hoch, die oscarprämierten Effekte sind auch heute noch sehenswert und einige starke Gags bringen nach wie vor das Zwerchfell in Wallung.

                                            Der Miniaturpilot im Hintern des Hypochonder - das ist auch heute noch ein ulkiger Spaß. Davon könnte ruhig mal Jemand ein Remake drehen...

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                                              Kenduskeag 15.01.2019, 12:11 Geändert 15.01.2019, 12:29

                                              Basierend auf zwei Kurzgeschichten der feministischen Autorin Angela Carter entfaltet Neil Jordan ein surreales Werk um Ängste und Bedürfnisse sowie aufkeimende weibliche Sexualität. Sein fantasievoller Trip in die Psyche einer Pubertierenden bedient sich bei grimmschen Märchen und verbindet diese mit schaurigem Werwolf-Horror.

                                              Die junge Rosaleen (Sarah Patterson) hat sich in ihrem Zimmer eingeschlossen und gibt sich ganz ihren Träumen hin. In diesen erzählt ihr ihre Großmutter (Angela Lansbury) von fahrenden Händlern, aufdringlichen Liebhabern und dem wilden Tier im Manne. Alsbald vermischen sich im Kopf der Heranwachsenden Traum und Realität...

                                              Jordans Horrormär verfügt über eine verschachtelte Erzählweise, sodass die Rahmenhandlung, in welcher Rosaleen in ihrem Bett liegt und träumt, gleich mehrere Binnenhandlungen umschließt. Nach und nach jedoch bricht der Regisseur die Grenzen zwischen den verschiedenen Erzählebenen auf, sodass sich Realität, Traum und Traum-im-Traum ineinander verstricken.

                                              Geprägt wird die Waldszenerie in Rosaleens Träumen von einem unverkennbaren Gothic-Look mit gewaltigen Pilzen, lebendig gewordenen Kuscheltieren und detailverliebten Behausungen. Die erotisch aufgeladene Geschichte ist unterdessen mit zahlreichen Metaphern auf die erblühende Sexualität und Selbstbestimmung der Frau versehen. Dank einer einnehmenden Gruselatmosphäre und einer meisterhaften Tricktechnik - insbesondere bei den Werwolf-Verwandlungen - überzeugt Jordans Film jedoch ebenso im Horrorbereich wie als Teenager-Psychoanalyse.

                                              Vorwerfen kann man dieser Rotkäppchen-Variante für Erwachsene nur wenig. Vielleicht einzig, dass sie als Kind ihrer Zeit heute nicht mehr ganz so gut funktioniert wie in den 80ern. Wer sich allerdings für Märchen oder Werwolffilme aus diesem Jahrzehnt begeistern kann, dem sei "Die Zeit der Wölfe" wärmstens empfohlen.

                                              Und die Moral von der Geschicht'
                                              Mädchen, weich vom Wege nicht!
                                              Bleib allein und halt nicht an;
                                              Traue keinem fremden Mann!
                                              Geh' nie bis zum bitt'ren Ende;
                                              Gib Dich nicht in fremde Hände!

                                              Deine Schönheit zieht sie an,
                                              Und ein Wolf ist jeder Mann!
                                              Merk Dir eines: In der Nacht
                                              Ist schon mancher Wolf erwacht.
                                              Weine um sie keine Träne!
                                              Wölfe haben scharfe Zähne!

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                                                Adam Wingards feiner Horrrorslasher "You're Next" attackiert erbarmungslos die vermeintlich letzten sicheren Bastionen unseres Zusammenlebens: Die eigene Familie und die eigenen vier Wände. Was als Satire über ein verkorkstes Clantreffen beginnt, entwickelt sich rasch zur brutalen Homeinvasion.

                                                Erin (Sharni Vinson) und ihr Freund Crispian (AJ Bowen) sind bei Crispians reichen Eltern eingeladen, die einen noblen Landsitz in völliger Abgeschiedenheit bewohnen. Auch Crispians drei ebenfalls erwachsene Geschwister und ihre jeweiligen Partner sind gekommen. Während die Geschwister beim Dinner alte Streitigkeiten wieder aufleben lassen, durchschlägt plötzlich ein Armbrustpfeil die Fensterscheibe - und der blutige Alptraum beginnt...

                                                Das herausstechendste Merkmal von "You're Next" ist zweifellos, wie geschickt Wingards Film die Balance zwischen fesselndem Überlebenskampf und bissigem, schwarzen Humor hält und dabei in beiden Bereichen ausgesprochen gut abliefert. Mit seiner geradlinigen Story erfindet er zwar das Rad nicht neu, sorgt aber dank des hohen Tempos und einiger Wendungen durchweg für kurzweilige Unterhaltung. Zudem kommen Freunde tougher Frauenfiguren im Horrorgenre hier voll auf ihre Kosten. Einzig der mitunter übertriebene Gebrauch der Wackelkamera fällt in der ansonsten starken Inszenierung etwas negativ ins Gewicht.

                                                Trotz einiger eher schwächerer Dialoge wissen auch die Darsteller rund um die kämpferische Sharni Vinson insgesamt zu überzeugen. Seine Regiekollegen Joe Swanberg (V/H/S) und Ti West (The House of the Devil) hat Wingard zusätzlich als kleines Schmankerl für Kenner miteingebaut. Somit stellt "You're Next" nicht die schlechteste Wahl für einen etwas alternativen Familienfilm dar.

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                                                  Im Remake von Tobe Hoopers Vorreiter des Terrorfilms kehrt der Killer mit der Kettensäge auf die große Leinwand zurück, um nichtsahnende Teenager zu meucheln. "Texas Chainsaw Massacre" unter der Regie des Deutschen Marcus Nispel liefert insgesamt solide Genrekost, hat aber auch immer wieder mit deutlichen Spannungseinbrüchen zu kämpfen.

                                                  Nach einer Eröffnungsszene im Doku-Stil, die zugleich die gruseligste des gesamten Films darstellt, braucht Nispels Remake eine ganze Weile, um Fahrt aufzunehmen. Allzu viel Zeit verschwendet der Regisseur mit der Einführung der farblosen Teenagergruppe. So vergeht eine gute halbe Stunde bis die berüchtigte Kettensäge angeworfen wird und in der nur ein originell inszenierter Suizid sowie die Eigenheiten der durchgeknallten Rednecks bei Laune halten.

                                                  Die Hochglanzbilder verschwitzter Teenie-Leiber lassen derweil die Handschrift des Produzenten Michael Bay erkennen - insbesondere Jessica Biels weibliche Vorzüge werden hier ausgiebig präsentiert. Die Handlung bleibt jedoch auch im weiteren Verlauf ohne Überraschungen, die Schockmomente kommen allesamt erwartungsgemäß. Immerhin sorgt R. Lee Ermeys Performance als verrückter Sheriff noch für einigen Spaß. Subtile Zwischentöne kennt "Texas Chainsaw Massacre" aber ebenso wenig wie das Erzeugen intensiver Momente abseits der Gewaltausbrüche, sodass am Ende nur der Eindruck des Mittelmaß zurückbleibt.

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                                                    Kenduskeag 12.01.2019, 14:18 Geändert 12.01.2019, 14:58

                                                    Mit "Spiel mir das Lied vom Tod" gelang Sergio Leone ein Western von monumentaler Größe. Wie steinerne Denkmäler einer längst vergangenen Epoche stehen sich die Revolvermänner in diesem majestätischen Epos gegenüber, behaken und belauern sich - ehe die Todesmelodie erklingt.

                                                    Leones Film handelt von falschen Erwartungen, zerschossenen Träumen und dem unaufhaltsamen Lauf der Zeit, bildet gleichsam Höhepunkt wie letztes Ausrufezeichen des klassischen Italo-Western. Auf elegante Weise verknüpft er die verschiedenen Handlungsstränge um den namenlosen Mundharmonikaspieler (Charles Bronson), den skrupellosen Killer Frank (Henry Fonda) und die taktierende Witwe Jill (Claudia Cardinale). Die ausgedehnte Exposition, in der die Figuren nach und nach in Stellung gebracht werden, mag dabei viel Geduld einfordern, doch spätestens der dynamisch erzählte Mittelteil, in dem sich die Konflikte immer mehr zuspitzen, entschädigt für dieses Warten.

                                                    Letztlich ist "Spiel mir das Lied vom Tod" nämlich auch genau dies - ein Film über das Warten. Das wird schon in der legendären Eröffnungsszene deutlich, in der drei Banditen der Ankunft eines Zuges harren und sich ihre Vorstellungen schließlich ebenso in Rauch auflösen wie jene der anderen Charaktere im weiteren Verlauf der Geschichte.

                                                    Dieser über allem schwebende Pessimismus spiegelt sich auch in den beeindruckenden, aber zugleich seltsam trostlosen Setbauten und Landschaftspanoramen wider. Was einst Staub war, kehrt hier alsbald zum Staub zurück - meist verursacht durch eine Kugel in den Schädel. Ebenso wie diese scheint auch die Kamera immer wieder in die Köpfe der Figuren eindringen zu wollen, indem sie ganz nah an ihre Gesichter heranfährt, sodass jede Furche auf Bronsons Wangen erkennbar wird und Fondas Augenpaar wie zwei leuchtend blaue Monde die Nacht erhellt.

                                                    Nur gelegentlich blitzt ein Humor so trocken wie Präriegras auf, zumeist jedoch präsentiert sich Leones Werk von einer dreckigen und ungeheuer düsteren Seite, durch Morricones melancholische Klänge ideal begleitet. Während Charles Bronsons minimalistisches Spiel perfekt zu seiner wortkargen Rolle passt, ragt derweil besonders Henry Fonda unter den Darstellern hervor, welcher mit einer wahrhaft diabolischen Präsenz erfolgreich gegen sein Image anspielt.

                                                    Mag die Erzählung, die geradewegs auf das finale Duell zwischen dem hell und dem dunkel gekleideten Revolvermann hinausläuft, trotz ihrer Verschachtelung auch recht simpel sein, so zählt Leones Westernklassiker jedoch zweifellos zu den Werken, die auch mehr als fünfzig Jahre später noch unterhalten und begeistern können.

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