lieber_tee - Kommentare

Alle Kommentare von lieber_tee

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    Jaws auf Safari.
    Idris Elba gegen einen durchgeknallten Löwen, was will man mehr...
    „Beast“ erfindet das Genre-Rad nicht neu, aber als altmodisches, herunter-destilliertes B-Movie überzeugt seine Zielstrebigkeit und sauber gerenderten digitalen Löwen. Das ist straff und geerdet, auch wenn die eindimensionale Darstellung einer dysfunktionalen Familie das Tempo immer wieder aus bremst. Die Mensch-als-Beute-Spannung in Kombination mit Vater-Töchter-Spannungen bekommt nur emotionale Tiefe, weil Elbas robuster Erlösungsbogen, vom gescheiterten Familienoberhaupt zum Löwenschlagenden Ritter, überzeugend von ihm gespielt wird. Was „Beast“ allerdings über den durchschnittlichen Kreaturenangriffsfilm abhebt ist seine Kameraarbeit, die hier wirklich gut zum Stil des Films passt.
    6 Löwen auf die Fresse hauen.

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    • 5
      lieber_tee 30.10.2022, 16:13 Geändert 30.10.2022, 23:17

      Maskiertes Keuchen.
      Dieser Trilogie-Closer ist besser geworden als sein Vorgänger. Was allerdings nicht sonderlich schwer war...
      David Gordon Greens vermutlich (und hoffentlich) letzter Eintrag in das Halloween-Universum beendet die seit 44 Jahren bestehenden Fehde zwischen Laurie und Michael. Jamie Lee Curtis darf sich mit (feministischem) Feuer aus ihrer ikonischen Rolle verabschieden. Aber es gibt auch viel zusätzliches Zeugs, das irgendwie billig und unaufrichtig wirkt, vielleicht völlig unabhängig von der Halloween-Serie besser funktioniert hätte. Das ganze Geschwurbel über die tiefere Bedeutung der Natur des Bösen und Traumata innerhalb von Familien bzw. Gemeinschaften führt den Film immer wieder an die falschen Stellen, weil er es ziemlich platt mit den Genre-Konventionen kombiniert. „Halloween Ends“ versucht phasenweise der Franchise-Formel einige neue Elemente hinzu zu fügen, pendelt dabei aber eher ungeschickt zwischen selbst-ernsten Trash, Liebesdrama und Slasher.
      Alles im allem ist diese Legacy-Trilogie geprägt von ungleichmäßiger Qualität. Sie ist auf der Suche nach einer Geschichte, die sie nie findet. Es gibt zu viele Nebenhandlungen, Themen und überflüssige Charaktere, die immer wieder einen packenden Slasher torpedieren.
      5 große Küchenmesser tief in jedes lebenswichtige Organ stecken.

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        Versuchskaninchen mit Kryptonit.
        Familien-Abenteuerkomödie, die sich an Kinder richtet und die Haustiere der Superhelden in den Mittelpunkt stellt. Auf dem Papier klang die Idee, Witze von „Secret Life of Pets“ abschreiben und ins DC-Universum transportieren, wie ein todsicherer Gewinner. Neben vereinzelte gelungene Lacher ist aber nur ein seltsam aufgesetzter, uninspirierter Versuch Merchandising-Produkte zu verkaufen entstanden. Dieses kunstlose, freudloses Durcheinander will irgendwas über Verantwortung, Teamgeist und herzliche Aufrichtigkeit zwischen Mensch und Tier erzählen, bleibt aber nur seelenloser und feiger Animationsschrott für schlichte Gemüter.
        4 Fellknäuel-Granaten.

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          lieber_tee 28.10.2022, 19:11 Geändert 29.10.2022, 17:34

          Die Bösen können nur Gewinnen, wenn die Guten nichts tun.
          Das südkoreanische Kino ist bekannt für Geschichten von Serienmördern und dunkler Rache. „Missing You“ ist ein solider Genre-Beitrag, der etwas zu Unrecht unter dem Radar läuft. Mit genug makabren Schocks und außergewöhnlichen Enthüllungen ist dieser Vergeltungsplan ein brutales Katz-und-Maus-Spiel mit ausreichendem Tempo. Die Drehungen und Wendungen sind arg konstruiert, es gibt genug Nervenkitzel, Blut und natürlich den obligatorischen Noir-Regen. Das Overacting und der seltsam blöde Humor sind gewöhnungsbedürftig.
          6 (vermeintlich) lustige Szenen, wenn der Polizeichef seine Polizisten gegen das Schienbein tritt, weil sie es vermasselt haben.

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            lieber_tee 24.10.2022, 21:39 Geändert 30.10.2022, 17:41
            über Athena

            Kaskaden aus Wut und Frustrationen.
            „Athena“ ist ein physischer Film, eine viszerale Tour de Force, kein explizit politischer. Zwischen Kriegsfilm und Bruderdrama als griechische Tragödie in immersivem „Echtzeit“-Design erzählt. Sein Fokus liegt auf dem visuellen Spektakel, nicht auf die sozialen Fragen. Der fortwährender Zustand der Unordnung ist so choreographiert, dass er fast organisch erscheint. Aus diesem Grund wirken seine Charaktere mehr wie Stereotypen, seine gesellschaftlichen Themen werden nur angekratzt. Das politische Pulverfass aus Rassismus, Spaltung und korrupter Autorität wird dadurch fühlbar, die Gesellschaft explodiert auf der Leinwand. Das ist ehrgeizig und energiegeladen, der Funke der Anspannung überträgt sich auf den Zuschauer.
            Ein filmisches und theatralisches Erlebnis, nicht tiefsinnig aber kraftvoll.
            7 provisorische Barrikaden.

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              lieber_tee 23.10.2022, 23:15 Geändert 30.10.2022, 17:42

              Zur Unendlichkeit und darüber hinaus?
              Wer akzeptiert, dass dieser Film fast nichts mit „Toy Story“ und seinen drei Fortsetzungen zu tun hat, erwartet ein futuristisches Abenteuer, das „Star Trek“ viel näher kommt als „Wall-E“. Die Geschichte des Astronauten Buzz Lightyear, bevor er zum Spielzeug wurde, wirkt eher wie ein Kurzfilm über einen liebenswerten Wichtigtuer, der auf Spielfilmlänge ausgedehnt wurde. Mit seinen sympathischen Anspielungen auf einige klassische Weltraumfilme und liebenswerten Figuren funktioniert das aber recht gut. Visuell beeindruckend gestaltetet, ist die sanft emotionale Geschichte über Altern und Sterblichkeit mehr „erwachsener“ als die letzten anderen verdisneyten Kitsch-Pixar-Filme geworden, ist geprägt von einer erhabenen Albernheit.
              7 Herzchen für Sox, die Katze.

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                lieber_tee 23.10.2022, 19:01 Geändert 24.10.2022, 00:09
                über Prey

                Prequel zur Predator-Serie.
                Eine gute „Predator“-Geschichte sollte aufregend inszenierte Szenen von Menschen haben, die gegen ein Alien kämpfen, mehr erwarte ich nicht. Um so sympathischer ist es, das Dan Trachtenberg sich in Bezug auf Einfachheit und Action-Horror deutlich an das Original orientiert, ohne von ihm erstickt zu werden. Seine kulturelle Besonderheiten und sein historisches Setting verleihen dem Film eine gewisse Autonomie, eingebunden in einen emotionalen Charakterbogen für die Hauptdarstellerin. Das Prequel gibt dem Franchise inhaltlich keinerlei neue Impulse, aber es erblödet sich auch nicht irgendwelche dumme Mythologien zu erzählen. Der Essenz des Originals treu bleibend, gibt es blutige Sequenzen, die mit einer begabten Inszenierung einher gehen, gepaart mit einer selbstbewussten und fesselnden Hauptfigur. Subthemen wie Coming-of-Age und ob die außerirdische Bestie oder die französischen Kolonisatoren der Feind sind inklusive. Das Ganze bleibt letztlich ein B-Picture, aber ein feines.
                7 echte Kriegerinnen.

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                  lieber_tee 21.10.2022, 02:02 Geändert 21.10.2022, 02:12

                  Fury Road in Slow-Motion.
                  Amirpour's postmoderne Adam-und-Eva-Geschichte hat sicherlich größere Ambitionen. Sie will irgendetwas über Ausbeutung und Missbrauch von (weiblichen) Körpern und Gefühlen erzählen, in modischen Accessoires verpackt. Entstanden ist ein trippiger, sonnenverbrannter, apokalyptischer Secondhand-Mad Max, wo der knochentrockenen Verfall der Gesellschaft in den Trümmern des Burning Man-Festivals stattfindet. Das schreit alles nach Kultklassiker, so richtig kommt der Film aber nicht voran. Es gibt keine fesselnde Erzählung, dafür aber umso mehr fesselnde Bilder. Am Ende bleibt nur hübsches, schleppendes Ornament-Kino übrig, dessen Gedanken eine lose Sammlung von Notizen in bizarren Glückskeksen sind.
                  6 schwangere Frauen, die Maschinengewehre schwingen.

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                  • 7 .5
                    über Nope

                    Angst und Staunen.
                    Peele bleibt ein Meister der Irreführung. Nach Spielberg-ähnlichen Ebenen des Popcorn-Spektakels strebend, ist sein Film vielleicht nicht konzeptionell sauber durchdacht, kann letztlich seine großen Ambitionen nicht voll erfüllen. Aber auf dem Weg dahin bietet „Nope“ eine intellektuelle, neugierig machende und spielerische Erfahrung, die die Grenzen des Horror- und Sci-Fi-Genres ausloten. Mysteriös in seiner Struktur entsteht ein Thriller, der urkomisch eine aus den Fugen geratene Western-UFO-Geschichte erzählt. Seine einfallsreichen Drehungen und Wendungen, voller Symbole und Allegorien auf das Geschäft des Spektakels, sind von tiefer Filmliebe geprägt.
                    7,5 Wolken, die sich nicht bewegen.

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                    • 7

                      Gut geölter Grusel.
                      „Black Phone“ ist vielleicht kein großartiger Horrorfilm, aber ein verdammt gut gemachter, der die Intelligenz der Zuschauer nicht beleidigt. Regisseur Scott Derrickson kehrt nach seinem Marvel-Rauswurf (ja, ja, „künstlerische Differenzen“ und so...) mit diesem düsteren Suspense-Thriller wieder zu seinen Wurzeln zurück. Ein begrenzter Ort, eine kleine Anzahl von Figuren und ein karges Erzählmodell erfordern inszenatorische Finesse, um diesen Kurzgeschichtenstoff auf Spielfilmlänge zu bringen. Das gelingt überraschend gut, weil hier übernatürliche Elemente mit einer Überlebensgeschichte und einem greifbaren Charakterbogen für seinen Protagonisten kombiniert werden. Weil der Film von seinem narrativen Antrieb lebt und nicht von billigen Schreckeffekten.
                      Kleines bösartiges Juwel.
                      7 gruselige Masken aufsetzen.

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                      • 5

                        Comicverfilmung mit Hundeblick.
                        Nachdem die Pandemie „Samaritan“ ausgebootet hat, wird er von Amazon im Meer von Streamingfilmen angespült. Das er kein beachtenswerter Film geworden ist überrascht nicht. Dieses irgendwie flügellahme Fließbandprodukt im Superheldenbrei lebt von Stallones Action-Mythos, aber sein Machismo ist hier mindestens so ergraut wie sein Bart. Mal wieder darf er den verknittert-mürrischen Höhlenbewohner spielen, der ein Herz für die kleinen Leute hat; ein zerfurchter Held für das Proletariat. Leider war Originalität in dieser düster-dunklen Superhelden-Dystopie im Urlaub, zwischen Rocky und Batman bleibt nur die Nachahmung einer Nachahmung mit einem müden Twist übrig.
                        5 böse Helme.

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                          lieber_tee 18.10.2022, 21:37 Geändert 18.10.2022, 21:41

                          Erstaunlich schlecht ...
                          Weibliche Ermächtigung in den Feuchtgebieten von North Carolina. Nun ja, für einen Film darüber, was es bedeutet, wild zu sein, ist er unglaublich makellos frisiert. Delia Owens Bestseller über Sex, Mord und Diskriminierung kommt als kitschig-klobiges Instagram-Video daher, jede Ecke und Kante zu einem 08/15-Drama poliert. Die eigentlich düstere Geschichte um Kindeswohlgefährdung, Missbrauch und mutmaßlichen Mord wird hier zu einem Werbespot für das Fremdenverkehrsamt, erzählt als Liebesschnulze, schlaffer Krimi und ödes Gerichtssaal-Drama. Da kann Daisy Edgar-Jones als Jungfrau in Nöten den Film auch nicht mehr retten.
                          4 digitale Vögel im Sumpf.

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                            lieber_tee 12.10.2022, 00:59 Geändert 12.10.2022, 07:43
                            über Lou

                            Action mit Arthrose.
                            Wieder einmal holt Netflix ein angestaubtes Drehbuch aus der mittleren Schublade und generiert daraus ein konstruiertes und vorhersehbares Survival-Action-Picture, dass teilweise seltsam stagnierend wirkt. Zum großen Teil lebt der Film vom beachtlichen Talent seiner Hauptdarstellerin. Allison Janney als Ü60er Kampf-Dame ohne Mütterlichkeit darf im Liam Neeson-Modus mürrisch und angepisst zeigen, das die Welt kein Spielplatz für Weicheier ist und kathartisch Schmerz und Wut in Gewalt verwandeln. Das und das herb-schöne Insel-Setting rettet den Film knapp vor seiner Mittelmäßigkeit. Über die letztlich ziemlich dösige Story mit seiner aufgesetzten Frauenermächtigung lege ich den Mantel des Schweigens.
                            5,5 Bösewichte mit einer Kaffeekanne zu Tode zu prügeln.

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                              lieber_tee 11.10.2022, 01:01 Geändert 12.10.2022, 07:44

                              Ein unerbittlicher Ritt durch die Phasen von Trauer und Schuld.
                              Bertino's Beschwörung einer vertrauten, häuslichen Welt, die auf mysteriöse Weise ins Chaos gerät, hat wahrscheinlich keinen einzigen gruseligen Moment, der Horrorfans neu sein wird, aber sie ist mit einer solchen technischen Kompetenz inszeniert, das ihre finsteren Beerdigungstöne ein ständiges Gefühl des Unbehagens erzeugen. Der Ambient-Sound-Design, die verstörende Musikpartitur, die verwirrende Bildgestaltung und die subtilen Spezialeffekte tragen zur spooky Gesamtwirkung bei, Irlands zutiefst menschliche Leistung gibt dem Film seine fesselnde Kraft. Geschickt wird hier eine verdrehte Vision des Bösen zu einem erschreckenden Ausmaß gesteigert. Ein vielleicht eher flüchtiges aber beängstigendes Seherlebnis, das von Nihilismus durchdrungen ist.
                              7 Finger in der Küche abschneiden.

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                                lieber_tee 31.08.2022, 02:24 Geändert 07.09.2022, 15:04

                                Implosion der Selbstzufriedenheit.
                                Wie kann ein Film in Japan spielen und die Hauptfiguren weiß oder schwarz sein? Allerdings ist das schon eine zu intellektuelle Frage für den Film... „Bullet Train“ ist eine hirnlose, selbstgefällige Comic-Action-Komödie, wo ein hippiehafter Brad Pitt glaubt Ryan Reynolds kopieren zu müssen. Ein Film, der glaubt, dass es ausreicht, Körpern zappeln zu lassen, seichten Humor anzuhäufen und einen geschwätzigen Flickenteppich an Story zu erzählen. In billiger Tarantino / Ritchie – Tradition, die zig Jahre zu spät kommt, bietet der Streifen ein anstrengendes, pseudo-cooles und bleiernes Oberflächenspektakel. Jeder Gag wird zu Tode geritten. Das funktioniert nicht mal als über-produzierter, idiotischer Spaß und ist in seiner künstlichen CGI-Häßlichkeit kaum anzuschauen. Allerdings offenbart der Film, das Chad Stahelski der wahre Mastermind hinter dem ersten John-Wick-Streifen war und nicht Leitch.
                                3 Zugunglücke.

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                                  lieber_tee 31.08.2022, 01:29 Geändert 31.08.2022, 01:30

                                  Verdonnerte Grobheiten.
                                  Die All Night Long-Trilogie hat den Ruf für grafische, unerschrockene Gewalt. Der erste ist allerdings nicht das Blutbad, das sich Gorebauer wünschen. Die Grobheiten sind eher beschränkt, die verstörende Stimmung steht im Vordergrund. In einer Welt aus Beton, anonymen Hochhäusern und Fabriken, wo donnernden Flugzeuge unablässig vorbeiziehen, soll eine nihilistische Studie über die Auswirkungen urbaner Entfremdung entstehen. Schade, dass der Film dieses Versprechen nicht einhalten kann. Die Aussage des Films ist überdeutlich. Viehische Gewalt lauert in uns allen und es braucht wenig, um sie an die Oberfläche zu bringen. Aber das furchtbar schlechte Schauspiel, die nicht überzeugende Charaktermotivationen und die ungewollt komischen Szenen zerstören jegliche Wirkungen, der schrille und ausbeuterische Umgang mit der Gewalt wirkt phasenweise albern. Es gibt interessante Ideen und Beobachtungen, aber Filmemacher Matsumura fehlt leider die Fähigkeit, sie zum Laufen zu bringen. Als Gesellschaftskritik sind sie zu plump konstruiert. Als Porträt über dunkle Instinkte ist das alles zu schlampig motiviert. Selbst als primitiver Gewaltporno greift er aufgrund seines Mangels an Blut zu kurz.
                                  4 mal auf Mädels kotzen.

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                                    lieber_tee 31.08.2022, 00:59 Geändert 31.08.2022, 15:09

                                    Willkommen in der Nostalgiefalle der 80er.
                                    Das der erste „Top Gun“ ein lächerliches Stück Scheiße war, ein ekeliger Film, der die militärische Aufrüstung und aggressive US-Kriegspolitik der 1980er Jahre propagierte, wird gerne vergessen, bzw passt vielleicht auch zum aktuellen Zeitgeist. Definitiv ist er ein nahezu grotesk idealisiertes Phänomen der Popkultur.
                                    Mehr als 30 Jahre nach seinem heroischen Auftritt von 1986 ist Captain Pete „Maverick“ Mitchell allerdings überhaupt nicht gereift. Er lebt weiterhin hochdekoriert und übermenschlich in einem Museum aus seinen glorreichen Tagen. Die Jacke und ihre Pfadfinderabzeichen zeugen davon was er für ein Marvel-Superheld ist, mit seinen Flugzeugen ist er verheiratet. Ein scheinbar nie alternder Cruise mit Stunt-Todes-Sehnsucht verkörpert diese Illusion perfekt. Er muss gar nicht mehr schauspielern, er ist der Mythos in Person. Und so ist nicht sonderlich verwunderlich, das „Maverick“ genauso abscheulich und idiotisch ist wie sein Vorgänger. Allerdings noch glatter und besser inszeniert, mit präzisen Actionszenen und ganz, ganz viel Tränen der Vergangenheit gefüllt.
                                    „Top Gun 2“ ist eine nostalgische Ode an sich selbst. Ein 80er Jahre Mensch-Gott darf wieder übernatürlich geschickte Heldentaten zeigen (da nutzt es auch nichts, das am Ende ihm jüngere Hiwis helfen). Natürlich muss er die Himmelsfahrt-Mission selbst fliegen, damit das angereicherte Uran in einer Senke im Star Wars-Modus nicht in die Hände des feindlichen Todesstern gerät. Prall gefüllt mit Wunscherfüllungsbemühungen, Läuterungen eines Generationenkonfliktes und sehnsuchtsvoller Vergebung werden Drehbuch-Emotionen künstlich synthetisiert. Die viel gelobte Action erinnert mehr an Flugsimulation-Ästhetik, in ihren ständigen Wiederholungen wirkt sie ermüdend, nicht dynamisch-kinetisch.
                                    Warum auch immer dieses militärische Rekrutierungsvideo mit männlichem Todeswunsch so abgefeiert wird... Warum auch immer dieser Altar für Amerikas Jugendbesessenheit so ein Erfolg hat... Wahrscheinlich weil die vertraute Formel mit einem weißen Supermann, der am Ende mit seinem vergebenden Sohn an dem Penis-Fetisch-Flugzeug gemeinsam herumfummelt und eine Frau als Trophäe mit Sportwagen bekommt, immer gut funktioniert.
                                    3 homoerotische Bindungen bei einem Beachfootballspiel.

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                                    • 7 .5

                                      Piratenradio als Initialisierung.
                                      Vincent Maël Cardonas Debütfilm siedelt seine Coming-of-Age-Geschichte in den frühen 80er Jahre an, ohne diese nostalgisch zu verklären. Das Porträt einer jungen Liebe fühlt sich in ihrer prägnanten Bildsprache authentisch an, hat ein gutes Gefühl für Zeit und Ort. Unbeschwert-humorvoll, verspielt-kreativ in der Wahl seiner filmischen Mittel, wird ein schmerzhaftes Beziehungsdreieck, die schwierigen familiären Bindungen und die Sehnsucht nach künstlerischem Streben als universelles Chaos erzählt, das zum Erwachsen-werden führt. „Die Magnetischen“ ist letztlich eine Liebeserklärung an einen bestimmten Moment in der Zeit, der für den weiteren Weg entscheidend ist.
                                      7,5 Suppenschüsseln stapeln.

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                                        lieber_tee 21.08.2022, 16:13 Geändert 21.08.2022, 21:04

                                        „John Wick“ mit Vampiren.
                                        „Day Shift“ bedient alles, was er verspricht, was allerdings nicht viel ist. Mal wieder darf ein erfahrener Stuntarbeiter den Job machen, den sonst niemand wollte. Mit einem tiefen Griff in die verstaubte Drehbuchschublade aus den 90ern und handwerklich sauber inszenierten Kampfsequenzen gibt es eine Kumpelkomödie als Vampirfilm. Zwischen blutigen und komischen Impulsen soll die cool klingende Idee einer geheimen bürokratischen Organisation, die Fantasy-Kreaturen überwacht (und tötet) im „MIB“ - Modus verwirklicht werden. Das Streaming-Publikum wird sich nicht beschweren. Bequem von seinem Sofa aus wird dieser Malen-nach-den-Zahlen-Film betrachtet, oder verschlafen.
                                        5 Pools reinigen.

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                                          lieber_tee 21.08.2022, 01:24 Geändert 21.08.2022, 09:05
                                          über Carter

                                          Digitale Amnesie.
                                          Ein Actionfilm muss nicht unbedingt eine clever Geschichte erzählen, die Optik und Dynamik ist oftmals wichtiger. „Carter“ ist so ein Streifen. Er legt mehr Wert auf seinen Stil als auf seine Substanz. Filmemacher Jung will treibendes Tempo, in dem er den Anschein erzeugt, das der Film ohne einen einzigen Schnitt gedreht wurde. Diese ehrgeizige One-Shot-Optik verstärkt allerdings nur den Videospiel-Charakter des Films, das immersive Echtzeitgefühl ist dabei wenig überzeugend, verkommt zu einem Gimmick. Die Dynamik geht immer wieder durch viel zu lange Monologe verloren und der Rest (bis auf vielleicht 3 beeindruckende Sequenzen) ist visuell eine Frechheit. Die Computereffekte sind besonders zum Ende unter aller Sau, extrem billig und künstlich, wirken unfertig und erinnern an Games aus den 90ern. Das ist über weite Strecken unanschaubar.
                                          4 Stimmen im Kopf.

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                                            lieber_tee 20.08.2022, 15:58 Geändert 20.08.2022, 16:21

                                            Statt Superhelden gibt es jetzt Superspione von den Russo-Brüdern...
                                            Mit donnernder Gedankenlosigkeit rollt ein weiterer Netflix-Möchtegern-Blockbuster über die Zuschauer. Dieser Gonzo-Film ist laut und bombastisch und leider beispielhaft für alle schlechten Trends im Actionfilmschaffen der letzten 15 Jahre. Angefangen bei einem hässlichen visuellen Stil mit breiigen Computereffekten, einer Kamera die ständig am falschen Ort steht, den falschen Ausschnitt wählt, wodurch keine räumliche Kontinuität erzeugt wird und ein Schnitt, der die Desorientierung unterstützt. Das Ganze ist ein Action-Blowjob, aufwändig, explosiv, wenn man denn was erkennen würde... Die dünne Story ist dabei noch das kleinste Problem. Das Ganze könnte noch schlimmer sein, aber eben auch besser. Zumindest hat der Streifen ein ordentliches Tempo und einen irren Chris Evans mit Pornobalken.
                                            5 mal mit der Straßenbahn Prag kaputt machen.

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                                              über Men

                                              Get Out für Frauen.
                                              Alle Beteiligten des Films leisten großartige Arbeit, indem sie eine irreale Welt erschaffen, die eine bedrohliche Atmosphäre mit Genre-Schwankungen heraufbeschwört. Ein bahnbrechender Kommentar über maskuline Pathologie kommt bei aller Mühe letztlich dabei nicht heraus, zu vertraut ist die Botschaft, das Frauen als Reaktion auf eigenen männlichen Selbsthass kontrolliert und gebrochen werden müssen. Das wird aber als spielerisch verdrehte Angelegenheit erzählt und inszeniert, mit mutigen und verstörenden Bildern, um am Ende in ein entfesselten, metaphorischen Karneval des Körperhorrors zu driften.
                                              7 männliche Geburten.

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                                                lieber_tee 04.08.2022, 00:08 Geändert 04.08.2022, 00:10

                                                „Da draußen herrscht der pure Darwinismus.“
                                                Dieser geradlinige Thriller verleiht seiner vertrauten Geschichte leider wenig Aufregung und Emotionen. Er weiß nicht so recht, ob er ein Actionfilm oder Drama über die Notlage von amerikanischen Ex-Soldaten sein will. So humanisiert er einen Militärveteranen, verlässt dabei aber nie seine Komfortzone und folgt vorhersehbaren Genre-Mustern. Der moralische Konflikt zwischen Loyalität und Bitterkeit wird zu einer allzu bekannte Geschichte über Verrat und Rache, wo ein Einzelkämpfern mal wieder die Welt retten muss. Das ist letztlich selten packend oder gar einnehmend, nur formelhafte Mittelmäßigkeit.
                                                4 Drehtage am Alexanderplatz in Berlin.

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                                                  über RRR

                                                  Fast & Furious mit Tigern.
                                                  Tiere werden geworfen, Bomben werden geworfen, Briten werden geworfen. „RRR“ wirft ständig irgendwas irgendwo hin, trifft aber selten. Das vierte „R“ könnte „retardierend“ heißen, da diesem aufgeblähten 3 Stunden-Popcorn-Actionfilm aus Tollywood, bereits nach eine Stunde das Benzin ausgeht und sich in Wiederholungen ergeht. Diese Ode an Machismo, Nationalismus und (homoerotische) Männerbindung, ergötzt sich von Minute zu Minute in spektakulären Übertreibung. Den beiden Protagonisten wird dabei keine erkennbare menschliche Qualität zugestanden. Und dann endet das alles in arg aufdringlichen Propaganda-Historien-Kitsch. Sicherlich kann dieses Epos als berauschend-übertriebener Live-Action-Cartoon konsumiert werden, mich hat das anfänglich fasziniert, dann nur noch ermüdet. Vielleicht ist mir diese Form des indischen Kinos zu fremd, vielleicht bewerte ich den Film mit einer zu großen eurozentristischen Sicht.
                                                  5 mal Huckepack kämpfen.

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                                                    lieber_tee 31.07.2022, 00:20 Geändert 31.07.2022, 00:23

                                                    Die märchenhafte Variante von „The Raid“.
                                                    Eine Jungfrau in Nöten verprügelt giftige Männlichkeit. Nun ja, als hirntotes R-Rated B-Movie funktioniert dieser simple Kampfsport-Film. Oder als gewalttätige Videospielverfilmung ohne Videospiel-Vorlage. Mit Spektakel über Substanz versucht Le-Van Kiet kantig und subversiv zu sein, aber mehr als eine Aneinanderreihung von kreativ choreographierten Kampfsequenzen schafft er nicht, da er ständig die erzählerische Kohärenz und Charaktertiefe enthauptet.
                                                    Die Prinzessin in Kriegsbekleidung ist nicht so ermächtigend, wie sie sein soll. Denn einfach eine arsch-tretende Frau vor die Kamera und ein paar emanzipatorische Witze ins Drehbuch zu werfen, macht noch keine Ermächtigung aus. Egal wie hart das Stunt-Training von Joey King auch gewesen war, sie sieht beim Fighten immer noch wie das engelhafte kalifornische Kind in der Netflix-Filmreihe „The Kissing Booth“ aus. Oder wie ein Mädel in einem Cosplay-TikTok-Video.
                                                    Da hatten die feministischen Rachethriller der 70er-Jahre mehr Eierstöcke.
                                                    5 willensstarke Prinzessinnen.

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