lieber_tee - Kommentare

Alle Kommentare von lieber_tee

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    lieber_tee 09.03.2021, 18:08 Geändert 09.03.2021, 18:10

    „Ich will der frische Wind nach dem Sturm sein.“
    Das Teil hat ordentliche Eierstöcke in der Hose. Mit seiner parteilichen Betrachtung von Rape and Revenge als Kick-Ass-Lesben-Rachefantasie, ist der Film dem Exploitation-Trash näher als dem Arthouse-Kino. Hier wird Terrorismus mit toxischer Männlichkeit gleich gesetzt. Knackig, ohne wenn und aber, auf 80 Minuten Fleisch ohne ein Gramm Geschwafel durchgebraten. In Hochgeschwindigkeit inszeniert, mit ikonischen Bildern versehen, ist dem Zuschauer zwar die emotionale und intellektuelle Seite egal, dafür gibt es mal wieder auf Netflix Ramsch aus Videotheken, den sich früher niemand traute mitzunehmen. Mag ich, vielleicht weil mir so eine konzentrierte Rotze näher ist als dieser aufgeblasene Blockbuster-Scheiß ala „Wonder Woman 2“ oder „Tenet“.
    6 mal einfach auf die Fresse hauen, ohne zu diskutieren.

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    • 5

      "Con Air" und "Assault on Precinct 13" im Eis.
      Im Film von Luis Quílez ist die Kälte eine Art Geisteszustand, der genauso oder wichtiger ist als das klaustrophobische Genre-Thema. Einfach und brutal erzählt sorgt der Regisseur überzeugend für eine beklemmende Atmosphäre. Leider kann sein Handwerk nicht die Mängel im Drehbuch, die enttäuschenden Enthüllungen und den schlaffen Subtext kompensieren. Und so ist diese Produktion wieder eine von den vielen stabilen Videothekenwaren, die Netflix wöchentlich heraus haut (nicht mehr, aber auch nicht weniger).
      5 Gefängnistransportbusausbrüche.

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      • 6
        über Red Dot

        Eiskalter Terror.
        Der spontane Campingausflug eines angespanntem Ehepaares in die schneebedeckten Berge Nordschwedens beginnt (bewusst) als formelhafter Survival-Thrillers, um dann das Überlebens-Setup neu zu kalibrieren. „Red Dot“ entwickelt sich zu einem ebenso knallharten wie arg konstruierten Furunkel am Arsch der Moral. Der Überlebens-Kampf von David und Nadja wird zu einem Krieg mit sich selbst, der Umwelt und ihren Angreifern. Am Ende gibt es keine Gewinner, sondern nur Opfer. Solide in Szene gesetzt, eher mittelprächtig gespielt, ist die gründliche Grimmigkeit beeindruckend, erzeugt keinen entspannten Eskapismus, eher einen tiefgefrorenen Albtraum. Die Kleinfamilie wird als knackig-kalte Genre-Übung dekonstruiert.
        6 abgetrennte Hundeköpfe.

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        • 7

          Buck trifft auf den Tatortreiniger.
          Bjarne Mädel als Bulle mit mangelnder professioneller Distanz und Angsterkrankung, der in die tiefsten Abgründe eines friesischen Dorfes tauchen muss, ist eine auf seinen Leib geschriebene Rolle. So betont sein eigenes TV-Regie-Debüt auch seine One-Man-Show, getragen von einem starken Ensemble. „Sörensen“ hat dabei eine ganz eigene Tonalität. Zunächst von lakonischen Humor geprägt, mutiert der Film zum Ende hin, etwas Holterdiepolter, in eine unfassbar bittere und bösartige Auflösung. So ganz sauber schafft es Mädel dabei nicht zwischen Drama und Schmunzelkrimi zu pendeln, denn die Themen Angststörung und sexueller Missbrauch werden zu sehr in das verpflichtende Korsett eines 90-Minüters gepresst. Allerdings ist der tragisch-komische Ton über weite Strecken des Films, in Wortwitz, feinen Alltagsbeobachtungen und begabten Schauspiel, ziemlich überzeugend. Und das Ganze sieht nicht nach biederer TV-Stangen-Ware aus.
          7 mal auf zu kalten Parkbänken sitzen.

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          • 5

            Ein Bankräuber, der sich selbst übergeben will.
            Liam Neeson ist wieder mal im Action-Modus seiner schauspielerischen Spätphase zurück und bewegt sich (wie der ganze Film) innerhalb der Grenzen seiner ebenso vertrauten wie zahmen Komfortzone. Er spielt die Rolle eines wütenden und missverstandenen Einzelgängers im Schlaf. Nur Neesons schroffes Gesicht verhindert, das die fadenscheinig-wackelige Prämisse, die auf Genre-Grabsteine steht, nicht zerbröckelt. Denn keiner kann zur Zeit so gut im Rentenalter Männer verprügeln und abknallen, die halb so alt sind wie er. „The Honest Thief“ ist ein angenehm unprätentiöses On-Demand-Produkt, das anderthalb Stunden des Lebens in Anspruch nimmt und danach sofort vergessen wird.
            5 Leckerlis für den Hund vom FBI-Agenten.

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            • Hab versucht "tribes of europa" zu gucken...
              ...bin gescheitert.
              Ich musste mich zu sehr schämen was ich da gerade schaue...
              Aber was soll man auch bei einer Zielgruppen-Jugend-Serie erwarten, die ausschließlich von Tatort-Machern gemacht wurde.

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              • 3

                Dieser Un-Film offenbart all das, was gerade im Superhelden-Genre, im gesamten Hollywood-Filmemachen, falsch läuft. Mich gruselt es schon, wenn diese biedere Filmmacherin den neuen Kino-Star-Wars-Film verwirklicht...Und rückblickend betrachtet, vielleicht war es besser, das 2020 kaum Blockbuster aus den USA im Kino liefen...

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                • Die Länge variiert bei den Folgen.

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                    "Ich mag keine Hunde"
                    Gebrandmarkte und extrem sadistisch gefolterte Frauen, die wie Schlacht-/ bzw. Zuchttiere behandelt werden, um als Anti-Aging-Material für alte weiße Männer zu dienen. Offensichtlich will der Film ein grantiger Kommentar auf die Welt der Kosmetik, Schönheit, Fleischproduktion und Tierversuchen sein, zugleich Ehe als eigenes genetisches Experiment darstellen. Die Bewältigung all dieser Themen im Rahmen eines Torture Porns oder Survival-Films ist eine große Herausforderung, gerade wenn der Filmemacher Dahl das alles auch noch bewusst als kernigen Genrefilm zusammenbringen will. Und so bleiben die sich aus einer patriarchalischen Nahrungskette befreienden Frauen irgendwo zwischen Kunst-Kino-Diskurs und Women-in-Prison -Exploitation stecken. Interessanter ist da schon, das der Filmemacher die von der Gesellschaft definierten Merkmale erotischer Perversionen (BDSM, Urolagnie) nutzt, um hier eine generische und genetische Verschmelzung von Geschlechter- / Klassenungleichheiten zu offenbaren. Das klingt jetzt alles aber schlauer von mir, als der Film ist.
                    5 mal sich anpissen lassen müssen.

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                    • 6 .5
                      lieber_tee 22.01.2021, 21:06 Geändert 23.01.2021, 02:50

                      Mit dem Telefon zwischen den Zeiten pendeln.
                      Vergangenheit und Gegenwart kollidieren hier in einer Ursache-Wirkungs-Beziehung. Die etwas verwirrenden Parallelen zwischen rückwärtigen und gegenwärtigen Zeiten ufern zunehmend in grellen Thriller-Motiven aus, werden aber von zwei exzellenten Schauspielerinnen und einer saftigen Optik zusammengehalten. Die verschiedenen Elementen aus verschiedenen Genres, mit irren (Zeitreise-)Wendung, sind packend erzählt, fesseln den Zuschauer bis zum Ende, greifen nicht auf dämliche Jumpscares zurück. Wer hier aber nach Logik sucht, oder gar das Ganze ernst nimmt, hat verloren.
                      6,5 mal das ehemalige Unheil abwenden.

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                      • 7 .5

                        Staffel 1: Nicht die Gerechtigkeit vergessen...
                        Die nicht mehr taufrische Serie „Ein guter Mensch“ aus der Türkei entwickelt sich (z.B. dank IMDb) zunehmend zu einem kleinen Hit. Nicht ohne Grund, denn (wenn man mal die Vorbehalte gegenüber Serien aus nicht populären Ländern abstreift und nicht nur unter dem Motto „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht“ filmisch lebt) die Show ist ein (langer) Blick wert. Der Zwölfteiler (über 800 Minuten!), mit teilweise Spielfilmlangen Episoden, schafft eine interessante Mischung aus skurrilen Humor, bitterer Tragik, Thrill und Cleverness. Er torpediert dabei sanft die patriarchalischen, anachronistischen und korrupten Strukturen in der türkischen Politik, Polizei und Verwaltung. Ist getragen von prägenden und starken Figuren, sei es der schrullig-missgelaunte Rächer mit Alzheimer, oder die scheinbar unterkühlte Kommissarin. Die Nebenhandlungen haben zwar manchmal einen Hang dazu die Krimi-Geschichte zu verdrängen, zu sehr ab zu schweifen, gehören im Gesamtkonzept aber zum verfolgten Thema. Nicht jede Wendung sitzt, manch Verlangsamung nervt, der erzählerische Reichtum und die Gesellschaftsbeobachtungen beeindrucken trotzdem. Denn die Aufklärung verliert nie ihre Faszination.
                        Irgendwie erinnert die Show an Nordic-Noir-Thrillern, mit düsteren Geheimnissen unter einer strahlend-südländischen Sonne.
                        „Ein guter Mensch“ ist eine echte Entdeckung. Überraschend selbst- bzw. stilbewusst und definitiv unkonventionell. Ein Vorschlag für Genre-Fans, die mal über den Mainstream-Netflix- und Öffentlich-rechtlichen-Fernsehen-Deckelrand schauen möchten.
                        7,5 mal alte Häuser wegen den schlechten Erinnerungen mit dem Bagger platt-walzen.

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                        • 6
                          lieber_tee 18.01.2021, 22:03 Geändert 19.01.2021, 01:29
                          über Godless

                          Staubige Landschaften und Frauen mit Pistolen.
                          „Godless“ ist ein auf mehr als sieben Stunden (!) gedehnter Gerechtigkeits- und Rache-Western, der für Fans der Filmgattung das Wagenrad nicht neu erfindet, aber mit seiner feministischen Perspektive zumindest teilweise Neuland betritt. Hier sind die Männer schwach und verletzt, die Frauen stark. Das World Building und der Mythenbau folgt klassischen Themen, eingebunden in sozialen Realitäten der Zeit. „Godless“ untergräbt (trotz weiblicher Sichtweise) nie die Genremotive. Die Ermächtigung von Frauen ist eine hübsch präsentierte Übersetzung von bekannten Klischees mit schwelende Geschlechterdynamik. Grimmig, aufregend, dann wieder träge aber immer visuell fesselnd, dehnt sich die Show zunehmend opernhaft, um am Ende nur noch peinlich zu werden. Der Schluss hat das positive Gesamterlebnis für mich doch arg strapaziert.
                          6 Panoramen des Sonnenuntergangs.

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                            lieber_tee 17.01.2021, 00:33 Geändert 19.01.2021, 01:31
                            über Mank

                            Der wohl bestaussehendste Film des Jahres 2020...
                            David Finchers ehrgeizig-über-stilisierte (Old-) Hollywood -Parabel über Selbstbesessenheit und Hybris ist eine scharfkantig-nüchterne Untersuchung über den Zusammenhang zwischen Unterhaltung, Medien und Politik. Das ist nicht jedermanns Sache, weil diese schattige Studie über die Kinogeschichte und deren Schnittstelle zur (aktuellen) Politik voller liebevoller und aseptisch verstreuter Hinweise auf alte Klassiker ist. Die nicht einfach zugängliche Reise (für Netflix-Kunden) in die Mechanik des Kinos und des Erzählens führt einen selbstzerstörerischen Krieg mit sich selbst. Das kann einem kalt lassen, für mich ist "Mank" ein cleverer Film von einem Filmliebhaber für Filmliebhaber.
                            7 mal gezielt und schwallartig den konservativen Medienmogulen ins Gesicht kotzen.

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                              lieber_tee 12.01.2021, 23:17 Geändert 12.01.2021, 23:35

                              „Mein Hirn muss sich vernebeln, damit ich klar denken kann“,
                              Die Prestige-Netflix-Serie schafft es tatsächlich, das zerebrale Spiel auch für weniger schachaffine Zuschauer zum Leben zu erwecken. Optisch üppig und latent düster gehört die Geschichte ganz Beth, die als frühreifes, emotional gestörtes Wunderkind, in einer Welt der Sucht und Selbst-Ermächtigung, versucht ihrem Kindheitstrauma zu entkommen. Anya Taylor-Joy verkörpert diese Figur betörend als autonomer Charakter mit magnetischer Präsenz, der befugt ist Pillen, Alk, Intellektualität und Sex zu geniessen. Die Männer in ihrem Leben drehen sich um ihre Anziehungskraft, nicht umgekehrt. Sie wird für ihre weibliche Emanzipation nicht bestraft. Die bittere Dunkelheit und ihre Schwächen sind neben den Schach-Fights der dramaturgische Bogen. Dieser gerät nie wirklich ins Stocken, auch wenn die siebenteilige Produktion etwa drei Folgen zu lang ist, weil die Motive zunehmend repetitiv werden. Denn für eine echte Auseinandersetzung über die Themen Feminismus, Drogensucht und Genius verharrt die Serie zu sehr an der lieb- gepolsterten Oberfläche. Vielleicht ist das der Grund warum „Damengambit“ als beste Serien des Jahres 2020 geadelt wird, sie schmerzt letztlich nie.
                              7 grüne Pillen.

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                                lieber_tee 11.01.2021, 17:47 Geändert 12.01.2021, 00:14
                                über Soul

                                Bei Coco steht alles auf dem Kopf.
                                „Soul“ ist ein Genuss für die Augen. Die Geschichte um einen Mann in der Midlife-Krise, der endlich mal seinen musikalischen Jazz-Traum verwirklichen will, dabei in mystisch-christliche Portale des Bewusstseins abdriftet, ist eine zarte existenzielle Reise, die sich bewusst im bekannten Rahmen der Disney- bzw. Pixar-Formel bewegt. Ohne zu sehr in Sentimentalität zu versinken, etwas „erwachsener“, bedient der Film das bekannte (amerikanische) Tellerwäscher-Motiv, das, wenn man fest daran glaubt, Träume war werden. Mit Philosophie-Light, visueller Eleganz und tierbasierten (Körpertausch-) Humor werden die Ursprüngen des Jazz und Sinn des Lebens sanft ironisch erforscht. Das hat all die Elemente und Ideen, die Pixar-Filme im Laufe der Jahre so beliebt gemacht haben. Farbenfrohe Bilder und sanfte Weisheit. Das die Geschichte letztlich etwas abgedroschen wirkt, bei weitem nicht so tiefsinnig ist wie sie sein will, macht nichts, dafür ist „Soul“ viel zu sympathisch.
                                7 Strichmännchen auf der Erde.

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                                  lieber_tee 10.01.2021, 17:11 Geändert 10.01.2021, 17:24

                                  Brücke zwischen Lebenden und Toten.
                                  Politische Doktorarbeit zu Ethnozentrismus, Kolonialismus und Aufklärung, Völkerkunde (nicht frei von Klischees), Melodram um weibliches Verlangen im Teenageralter und Genre-Horror. Offensichtlich will Bertrand Bonello viel. Einer merkwürdig fragmentierten Erzählweise folgend, schickt er uns auf eine Reise, die ständig danach schreit anspruchsvoll zu sein. Irgendwo zwischen Voodoo- und Gothic-Drama mit atmosphärischen Horror-Hommagen übt der Film dabei eine anstrengende bzw. angestrengte Faszination aus. Bonello taucht in Haitis Geschichte der Revolution und Wiedergeburt ein, gibt den Untoten ihre Wurzeln zurück. Er verbindet das (mehr oder weniger offensichtlich) mit dem bitteren Erbe des französischen Kolonialismus, um einen geistigen und psychologischen Nachhall in der Gegenwart als Coming-of-Age-Geschichte zu erzählen.
                                  Das Ergebnis fühlt sich an wie zwei unvollständig-verstreute Filme, voller betörender Momente. Mal als Allegorie klobig, dann klug, mal folkloristisch, dann abstrakt-politisch, garniert mit schlaffen Horror-Momenten. Die Unschlüssigkeit des Films, sein gewollt-intellektuell-anspruchsvoller Habitus das Offensichtliche zu vermeiden, erzeugte bei mir zunehmend eine Unzufriedenheit, eine Ungeduld. Vielleicht weil ich die vielen Metaebenen, Symbole und Sub-Plots nicht erkannt und verstanden habe. Die vollständige Quelle seiner Anziehungskraft konnte ich mir nicht erschliessen, die Ideen dahinter mochte ich aber.
                                  6 Mädchen, die bei Kerzenschein spirituelle Erfahrungen machen.

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                                    lieber_tee 10.01.2021, 00:15 Geändert 10.01.2021, 00:30

                                    Staffel 1: Chaos und Gemetzel.
                                    Auf dem ersten Blick ist „Black Summer“ eine weiter Variation von „The Walking Dead“. Allerdings ohne so melodramatisch und prätentiös aufgebläht zu wirken. Minimalistisch und fokussiert gelingt es der Show ein unerbittliches Zombiedrama zu liefern, das von treibender Hektik geprägt ist. Formal in seiner Konzentration brillant, politisch unterschwellig aufgeladen, entsteht durch die Verknappung von Raum und Zeit ein erschreckendes Zombie-Überlebens-Szenario, episodisch aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Die Charakterisierungen der Figuren entwickeln sich aus ihrem konkreten Handeln in Extremsituationen. Das ist nicht tiefsinnig, hat aber eben auch nicht diesen labernden Pathos wie bei seinem grossen Vorbild. Der Terror durch die hyperaktiven Untoten überträgt sich auf den zunehmend schwitzenden Zuschauer, besonders wenn die Jagd mit langen Handkamera-Plansequenzen inszeniert ist. Das ist alles nicht neu (und auch nicht so humoristisch-trashig wie die Z-Nation-Serie vom selben Macher John Hyams), aber die Betonung auf Action, auf diese bedrohliche Dynamik in Kooperation mit Fremden, die sich helfen (oder auch nicht), funktioniert besser als stundenlange Diskussionsrunden und Debatten über Ethik angesichts einer Zombie-Invasion.
                                    7 Tage im Armageddon überleben.

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                                      über U-235

                                      Klospülung Ahoi!
                                      Sven Huybrechts trashige Selbstmordmission im Zweiten Weltkrieg ist eine ziemlich irre Mischung aus "Inglourious Basterds" und „Das Boot“ auf Belgisch. Nazi-Exploitation, Abenteuerfilm und die Klaustrophobie von U-Boot-Filmen werden hin- und her-geschaukelt, erzeugen Wellen aus B-Action, jugendlicher Ultra-Macho-Haltung und selbst-aufopferndes Melodram in den Tiefen des Meeres. Nicht nur aus historischer Sicht ist das alles ebenso unsinnig wie amüsant... Das Gehirn geht für ein paar Stunden auf Tauchstation, um sich an den filmischen Klischees aus der Kriegszeit zu verschlucken, die wir eigentlich seit den sechziger Jahren hinter uns gelassen haben. Aber die Liebe zum Gene-Kino blubbert schön.
                                      6 spontane Hochzeitszeremonien.

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                                        lieber_tee 05.01.2021, 13:36 Geändert 05.01.2021, 13:51

                                        „Scream“ auf Speed, aber ohne Meta.
                                        Chaotisch, schnell und gewalttätig, um inhaltlichen Unsinn zu kaschieren, hetzt Patrick Lussiers Halloween-Slasher durch das Genre. Rastlosigkeit wird mit Spannung verwechselt, der tödliche Ernst ist ungewollt lustig. Die schlampige Handlung, die hauchdünnen Charaktere sind furchtbar, das Satirische wird durch billige Boshaftigkeit ersetzt. Wenn der Twist am Ende offenbart wird, offenbart diese Meuchelparade, das sie nie wirklich daran interessiert war, die potenziell interessanten gesellschaftspolitischen Implikationen zu vertiefen. Am Ende bleibt nur Tempo als nihilistische Übung für Gore und Pseudophilosophie.
                                        4 Kürbislaternen.

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                                          lieber_tee 04.01.2021, 13:59 Geändert 10.01.2021, 22:48
                                          über Sputnik

                                          In einer russischen Militäreinrichtung kann niemand Sie schreien hören...
                                          „Sputnik“ verbindet Monsterfilm mit einem spröden Drama, offensichtlich von Science-Fiction-Filmen aus den Achtzigern inspiriert. Aus Genre-Liebe, Schleim und einer beeindruckenden Lektion über effizienten, kostengünstigen Produktionsdesign entsteht ein düster-gut gefilmter Horrorfilm. Aber irgendwie hat mich das alles nicht so richtig berührt, war mir im Thrill zu sparsam und zunehmend zu generisch.
                                          5,5 Russische Ellen Ripleys.

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                                            lieber_tee 03.01.2021, 11:56 Geändert 03.01.2021, 19:44

                                            Tyler Durden trifft Clive Barker, haben sich aber nix zu sagen.
                                            Mit viel Ehrgeiz erzählt Regisseur Adam Egypt Mortimer die Coming-of-Age-Geschichte eines Studenten, dessen imaginärer Freund gar nicht so freundlich ist... Als Übung mit Stil, also auf technischer Ebene, ist dieser Film tatsächlich beeindruckend. Was fehlt ist die inhaltliche Substanz. In diesem Arthouse-Psycho-Horror-Drama lauert definitiv eine faszinierende Idee. Es ist schade, dass daraus nichts gemacht wird. Die gruselige Prämisse wird durch eine enttäuschende Reihe von Wendungen im letzten Akt verschleudert, die in Richtung zynischer Genrekonventionen steuern. Für eine Weile fasziniert der Film, aber er verliert seinen Weg und taucht in der letzten halben Stunde in den vollen Horrorfilmmodus ab, was dann aber nur noch banal und selbst-karikaturistisch wirkt. Seine Sicht auf männliche Subjektivität, innere Konflikte, psychische Gesundheit und okkulten Schwingungen ist nur noch ärgerlich platt.
                                            4,5 schizophrene Kumpel.

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                                              lieber_tee 02.01.2021, 12:07 Geändert 02.01.2021, 12:09

                                              Pilot für den Neustart von "Dexter".
                                              Die Geschichte um einen gestressten Berater einer High School, der seinen Schülern hilft, indem er ihre missbräuchlichen Verwandten ermordet, versucht Filmemacher Henry Jacobson als Serienmörder-Charakterstudie zwischen sympathisch und unheimlich darzustellen. Leider bedient er dabei zu sehr die generischen Slasher-Krimi-Motive und bietet am Ende eine selten dämliche Wendung. Trotz guter Lead-Performance von Seann William Scott und stilistisch grossartiger Retro-Arbeit (mit viel Sinn für grafische Gewalt) leidet „Bloodline“ an Originalität. Die verträumte, fieberhafte LA-Atmosphäre verliert sich in ein banales Drehbuch. Schade.
                                              5 mal zu stechen.

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                                                lieber_tee 01.01.2021, 19:26 Geändert 02.01.2021, 00:41
                                                über Mosul

                                                Call-of-Duty im Irak.
                                                „Mosul“ ist eine US-Produktion der Blockbuster-Brüder Anthony und Joe Rosso. Sie haben den Drehbuchbuchautor Matthew Michael Carnahan für das Buch und die erste Regiearbeit engagiert.
                                                Herausgekommen ist ein oberflächlicher Kriegs-Reisser, der definitiv nicht nach einen tieferen Sinn oder gar Nachhall strebt. Der Look ist quasi dokumentarisch (und in seinem Kamera-Wackeldackel-Schnitt-Gewitter-Style seit „Black Hawk Down“ veraltet), gewinnt allerdings durch die rein arabische Besetzung eine gewisse Authentizität. Leider wird dem schlichten Blut, Schweiss und Tränen- Plot eindeutig der Vorzug vor der Charakterisierung von Figuren gegeben. Die Action-Sequenzen sollen intim sein und eine lebhafte Dringlichkeit haben.
                                                Aber was nutzt es, wenn auf engstem Raum gegen eine unsichtbare Übermacht in den Strassen von Mossul gekämpft wird, wenn es an jeder Ecke knallt, wenn bei all der Hektik, der Film einem emotional oder menschlich komplett am Arsch vorbei geht. Ebenso ist das Politische (trotz prägenden Ort und Zeit) dem Film egal, wenn solch ein Satz fällt: „Wir reden nicht mehr über amerikanische Interventionen, wir haben das alles hinter uns gelassen“.
                                                5 mal durch zerfetze Häuser rennen.

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                                                  lieber_tee 31.12.2020, 16:48 Geändert 04.01.2021, 01:47

                                                  Meteor Has Fallen
                                                  Wenn Gestein aus dem All die Welt zu einer schwelenden Ruine ruiniert, Millionen Menschen ihr Leben und ihre Lieben dabei verlieren, kann nur ein elitärer, weißer, hetero US-Amerikaner mit patriotischen Grill-Master-Männlichkeitsideal die Menschheit und Kernfamilie retten, während um ihn herum die ethnischen Minderheiten brav zum sterben gecastet werden. Ich dachte, das reaktionäre Katastrophen-Vehikel bereits Ende der 90er ausgestorben sind. Hier bekommen wir ein seifiges, teils widerwärtig darwinistisches, Roland Emmerich-Familiendrama, ohne Geld für spektakuläre Effekte. Das ist dann so packend wie ein Juckreiz am Arsch, weil Regisseur Waugh wenig Gespür für die Dreifaltigkeit Action-Drama-Tempo hat und die CGI-Schnappschüsse das Niveau von verwaschenen Polaroids haben.
                                                  Und wer, um Gottes willen, will am Ende in solch einer postapokalyptisch versauten Ödnis leben?
                                                  3 Evakuierungsanrufe verpassen.

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                                                    "The Game" für Millennials.
                                                    Man kombiniert die "Saw" und "Hostel" Franchise-Formel mit der „Escape Room“-Idee und dem Influencer-Zeitgeist. Das ist dann abgefüttertes Patchwork-Genre-Kino der Neuzeit für jugendliches Zielpublikum. Es fehlen allerdings interessante Rätsel und denkwürdige Schocks. Da hilft das giftige Ende auch nicht. Denn dämlichen Hochglanz-Post-Baby Boomern, die selbstverliebt von Social Media besessen sind, aber keinen gesunden Menschenverstand haben, dabei anzuschauen wie sie sterben, ist kein grossartiger Filmgenuss.
                                                    Lauwarme Zeitverschwendung.
                                                    4 Eiserne Jungfrauen.

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