lieber_tee - Kommentare

Alle Kommentare von lieber_tee

  • 5

    Neo-Giallo aus Uruguay als Splatter-Fest.
    Diese letzte Matinee-Vorstellung ist eine blutgetränkte und nostalgische Reise in eine vergangene Ära der Kinos und eine Hommage an Slasher-Filme der sechziger und siebziger Jahre. Aber als Horrorfilm im weiteren Sinne ist er eine ziemlich zahme und träge Angelegenheit, trotz einiger Momente, deren Ekelgefühl einen zum Erröten bringen.
    5 mal die Tür zum Kino verriegeln.

    12
    • 5
      lieber_tee 29.01.2022, 02:16 Geändert 29.01.2022, 02:19

      Oberflächlicher Techno-Noir.
      Zone 414 gibt sich wirklich Mühe ein hart-gesottener Detektivkrimi in futuristischen Gewand zu sein. Mit seinem grobkörnigen Low-Tech-Industrieschmutz versucht er die niederen Instinkte seiner Figuren widerzuspiegeln. Die Themen über menschliches Mitgefühl und weibliche Emanzipation kommen allerdings nicht so recht rüber. Als dreister Blade Runner-Klon mit B-Movie-Budget grübelt sich Guy Pearce als Deckard für Arme durch den Film, um mit endlosen, erläuternden Dialogen bedeutungsvoll zu wirken. So tröpfelt das alles mehr schwerfällig als dramatisch in ein absehbares Ende. Warum ich den nicht schlechter bewerte weiß ich nicht.
      5 weinende Androiden.

      9
      • 5
        lieber_tee 29.01.2022, 01:39 Geändert 29.01.2022, 02:24

        Ein weiterer Angriff auf die Mittelmäßigkeit.
        War Fleischers erster Venom ein seltsam unzusammenhängender und aufgedunsener Beitrag im (Anti-) Superhelden-Genre, so ist Serkis Fortsetzung das deutlich kürzere Gegenteil. Schlicht, fokussiert und gerade heraus. Es gibt viel Knall, Peng und Puff, aber am Ende ist eigentlich nichts passiert. Bei all den ermüdenden Weltaufbau-Beiträgen, die einen vermeintlichen Sinn oder gar eine kulturelle Bedeutung generieren wollen, ist dieser Film so schlau sich völlig doof anzustellen. Jede Minute brüllt der Filmemacher den Zuschauer an, das er unbedingt Spaß haben soll und sein Hirn kostenlos in der Autogarage des Kinos abzugeben habe. Mit unbeholfener Aufrichtigkeit bewegen sich hier keine Charaktere, sondern nur Actionfiguren von A nach B. Dieser überstürzte Quatsch, mit seiner Kauderwelsch-Sprache und Hyperaktivität, wirkt wie ein überproduzierter B-Film, dem man seine Dummheit nicht böse ist. Ein guter Film ist er dadurch aber auch nicht.
        5 Symbionten, die böse Menschen fressen.

        17
        • 4
          lieber_tee 28.01.2022, 00:51 Geändert 28.01.2022, 02:19

          Ein trister Gang durch die sexistische Apokalypse.
          Der Film mag mit seiner hochkarätigen Besetzung anlocken, er ist aber nur ein verblüffend energiearmer Science-Fiction-Western. Je länger „Chaos Walking“ dauert, desto katastrophaler wird seine Geschichte. Aus mir unerklärlichen Gründen wird das eigentlich attraktive Konzept, männliche Denkprozesse zu visualisieren, kaum dramatisch genutzt. Mehr als stagnierende Charaktere und langweilige Action gibt es nicht. Tom Holland wirkt wie ein irritiertes Kind, dessen ersten Pupertätserfahrungen gegen über dem weiblichen Geschlecht seltsam dröge wirken, eine Chemie mit der bruchgelandeten Daisy Ridley ist kaum spürbar. Vielleicht hätte die Jugendbuch-Vorlage besser als 10-teilige Serie funktioniert, das hier ist nur eine schlappe Gurke.
          4 Männer ohne Geheimnisse.

          19
          • 7

            Blut und Unzucht.
            Soft-Erotik, moralische Doppeldeutigkeit, Verführung und Glauben. Verhoeven hat mehr Lebendigkeit als manch halb so alte Filmemacher. Er drückt wieder einmal auf seine typische Art und Weise frech alle Knöpfe, die kitzeln, provozieren, erregen und beleidigen sollen. Das ist ebenso vergnüglich wie klug. Und oberflächlich nur eine bissig-derbe Auseinandersetzung mit Katholizismus bzw. religiöse Keuschheit. Mit einem hinterhältigen Sinn für Humor ist dieser herrlich blasphemische und unmoralische Film auch ein weiblicher Befreiungsakt aus den starren männlichen Hierarchien,
            irgendwo zwischen Nunsploitation und Kunstkino.
            7 jungfräuliche Dildos.

            23
            • 5
              lieber_tee 25.01.2022, 01:27 Geändert 25.01.2022, 01:34

              Der Film hätte so was wie Lohn der Angst on Ice sein können,
              wenn er sich auf den suspensehaften LKW-Transport von Bohrköpfen auf vereisten Straßen beschränkt hätte. Stattdessen gibt es noch eine dramatische Rettung, eine Verschwörung und einen Rachethriller. Das Drehbuch ist von der ersten bis zum letzten Minute vorhersehbar und überladen, zum Ende hin stapeln sich dann die Ereignisse zu einem Brei aus Klischees. Knallige oder subtil packende, charakteristische Actionsequenzen fehlen völlig, mehr oder wenig solides Handwerk treibt den Film voran. Und Neesons knautschige Heldenperformance rettet „Ice Road“ auch nicht. Zu repetitiv ist diese Rolle von ihm geworden. Es wirkt so, als ob er von Film zu Film, von einem Set zum anderen schlurft, sein Gewehr schleppt und dabei immer das gleiche Holzfällerhemd trägt...
              5 verschüttete Bergleute.

              20
              • 4
                lieber_tee 22.01.2022, 20:35 Geändert 27.01.2022, 00:52
                über Old

                Alt werden ist kein Vergnügen.
                Shyamalan beherrscht, wie kaum ein anderer Filmemacher, die Kunst eine potenziell faszinierende Prämisse zu nehmen und sie durch seinen manierierten und dramatisch unbefriedigenden Stil zu verkacken. Gerne folgt auf eine gelungene Szene eine unfassbar peinliche.
                Sein Film „Old“ ist ein aktuelles Beispiel dafür. Er nimmt eine bizarre Comic-Vorlage, entfernt alles frivol-grenzwertige daraus und ergänzt es mit einer müden Twist-Rahmenhandlung. Um existenziellen Horror als absurdes Zeitraffer-Szenario zu generieren, um mit der Urangst des körperlichen Verfalls zu spielen, sind Charaktere und Dialoge notwendig mit dem sich der Zuschauer identifizieren kann. Hier wirkt aber alles gekünstelt und es gibt nur Deppen am Strand, die so flach wie platt getretene Sandburgen sind. Sobald die Prämisse etabliert ist, scheint Shyamalan nicht zu wissen, was er mit ihr anfangen soll. Sein Blick auf Flüchtigkeit bietet keinen Raum für Reflexion oder moralische Komplexität. Er findet nie die richtige Balance zwischen der Ernsthaftigkeit seiner existenziellen Themen und der Absurdität seiner Wendungen.
                Wäre "Old" innerhalb der Grenzen seiner Comic-Grundlage geblieben, hätte der Film ein grimmiges Körperhorror-Kurz-Filmchen werden können. Aber Shyamalan muss das alles überkompliziert und steif aufblasen, um sich letztlich damit selbst zu sabotieren. Obwohl es Momente von pulsbeschleunigenden Body-Horror gibt, ist das Tempo des Films meist schleppend und erschreckend unbeholfen gespielt.
                Das ist so würdelos anzuschauen.
                4 mal an Altersschwäche sterben.
                P.S. Was der Typ als Jurypräsident auf der Berlinale 2022 zu suchen hat ist mir ein Rätsel.

                17
                • 6
                  lieber_tee 22.01.2022, 01:39 Geändert 22.01.2022, 01:45

                  In einer abgelegenen Hütte den Frieden finden...
                  Im Prinzip ist es achtenswert, wenn eine Fortsetzung etwas anderes versucht, anstatt die gleichen Ideen aus dem ersten Teil zu recyceln. „Breathe 2“ setzt voraus, das der Zuschauer jetzt bereit ist mit dem Bösen des ersten Films mitzufiebern. Allerdings hat das bei mir nur bedingt funktioniert. Ein unfassbar abstoßendes Monster zur zentralen Figur zu verwandeln setz voraus, das ich eingeladen werde zu verstehen warum der moralische Kompass bei ihm in eine andere Richtung schlägt. Seine dunkle Seele wird aber hier kaum noch ausgelotet, der Wechsel vom Arschloch zum Retter wirkt erzwungen und mit erzählerischer Hektik kompensiert. Da habe ich wohl zu wenig Mitgefühl für einen Vergewaltiger und Mörder, auch wenn er ständig nach Erlösung schreit.
                  Das hier der blinder Protagonist eher wie Marvels Superheld Daredevil kämpft, ist dem Action-Genre geschuldet. Mit seiner imposanten physischen Präsenz kann Stephen Lang jedenfalls angeben. Als Knautschgesicht-Naturgewalt ragt er über den Film heraus.
                  Zwar fehlt der Fortsetzung die unbarmherzig-klaustrophobische Spannung seines Vorgängers, auch die inszenatorische Raffinesse, dafür gibt es schockierende Bilder und stilisierte Gewalt im Überfluss. Und die werden in feiner Grindhouse-Ästhetik serviert.
                  6 mal sich mit dem Hund anfreunden.

                  16
                  • 5 .5
                    lieber_tee 22.01.2022, 00:39 Geändert 27.01.2022, 01:32

                    The Long Goodbye of Bond.
                    Nach 15 Jahren und fünf Filmen zieht sich Daniel Craig von der Rolle zurück, die ihm internationalen Ruhm eingebracht hat. Was zunächst als mutiges Versprechen begann die Serie zu dekonstruieren und psychologisieren, endet albern und rührselig, hält dann doch wieder an den Traditionen der Reihe fest. Als direkte Fortsetzung von „Spectre“ wird der Film zu einem emotional aufgeblähten Endgame-Bond, mit einem mürrischen Agenten, dem ich keine Sekunde lang seine Emotionen abgenommen habe.
                    Ohne Frage kann Cary Joji Fukunaga großartig inszenieren, findet dynamische Bilder, wenn er nicht Drama erzählen muss. Das richtige Tempo findet er dabei aber nie, stattdessen eine aseptische Liebesgeschichte mit brav-monogamen Kern und schwerfällige Nostalgie. Der Film wirkt mehr wie eine marktorientierte Checkliste der größten Bond-Hits als ein fertiger Film.
                    Ich bin froh, das die Bonds, mit ihren kunstvollen Autorenakzenten und depressiven Psychoanalysen, endlich einen Abschluss finden. Vielleicht war ein solch über-produzierter, aufgeblähter Blockbuster, der nach fast 3 Stunden dann in Pathos ersäuft, notwendig, um solch einen großen tragischen Bogen zu erzählen.
                    Ich bin weder geschüttelt noch gerührt, sondern nur erleichtert das es vorbei ist.
                    Bitte 5,5 mal mehr Action im nächsten Bond.

                    18
                    • 6 .5
                      lieber_tee 22.01.2022, 00:03 Geändert 22.01.2022, 00:44

                      „Es gibt kein Recht. Es gibt nur die Macht des Mannes“
                      Ridley Scotts prestigeträchtiges #MeToo-Drama im Mittelalter folgt einer Rashomon-ähnlichen Geschichte. Sie beschreibt den alltäglichen Schrecken des Lebens von Frauen, die von den patriarchalischen und feudalen Normen des 14. Jahrhunderts marginalisiert und entmachtet werden. Ob die verschiedenen Perspektiven wirklich den Film voranbringen sei mal dahingestellt, sie stellen in ihrer Wiederholungen und überdeutlichen Didaktik oftmals die Geduld des Zuschauers auf die Probe. Den historischen Bezug in die heutige Zeit zu transportieren ist allerdings ehrenhaft. Und am Ende gibt sich Scott dann kampfeslustig, um diese männliche Eitelkeit knochenknirschend-brutal zu dekonstruieren. Das ist dann alles bei weitem nicht so komplex wie der Film glaubt, eher vereinfachend, aber dadurch fokussiert.
                      6,5 Vergewaltigungen bei Kerzenlicht.

                      18
                      • 7
                        über Nobody

                        Wehe wenn Papa wütend wird...
                        Der neueste Film von Ilya Naishuller beweist, dass er ein vielversprechender Action-Regisseur ist. Diesmal lässt er seine GoPro zu hause und inszeniert einen knackigen Klopper. Dieses Bestrafungskino, wo ein Pazifist zu einem rachsüchtigen Tier wird um seine Selbstachtung zurückzugewinnen, hat immer ein düster-komisches Zentrum. Die Symphonie aus Slapstick-Gewalt hat selbstbewussten Cartoon-Charakter. Nicht nur die Gib-mir-das-Kätzchen-Armband-zurück-sonst-hau-ich-dir-eins-aufs-Maul-Überstilisierung, sondern auch die überraschende Streetfighter-Präsenz vom Call Saul-Star machen den Film zu einem besseren Copy-and-Paste-John-Wick. Das Ergebnis ist keine Kunst, will gar nicht originell sein, es will voll draufhauen. Und das gelingt.
                        7 mal die Fresse polieren.

                        27
                        • 6 .5
                          lieber_tee 20.01.2022, 00:40 Geändert 20.01.2022, 14:13

                          Zeitreisende Puzzlebox.
                          „Last Night“ funktioniert in der ersten Hälfte wie ein peppiges 60er-Jahre Pop-Musical, mit begnadeter Montage aus Bild, Schnitt und Ton. Die repetitiven und nicht besonders beängstigenden Horror-Motive des zweiten Teils überzeugen weniger. Wright verherrlicht und entmystifiziert die Vergangenheit zugleich, aber seine Figuren sind nur glänzende Objekte und erst in zweiter Linie Menschen. So ist die wild gestylte Neon-Träumerei der Londoner Swinging Zeit zunächst berauschend. Wenn sie aber zu einem psychosexuell aufgeladenen Giallo mit Twist-Durcheinander und vermeintlichen #MeToo-Unterboden wird verschmelzen Stil und Substanz nie, da die Figuren flach sind und in einer mittelmäßigen Grusel-Geschichte stecken bleiben.
                          6,5 Warnungen vor einem Leben in der Stadt.

                          22
                          • 5
                            über Finch

                            Opa Hanks, ein Wauwau, ein Roboter und das Ende der Welt.
                            Bei "Finch" ist alles Konzept. Als postapokalyptisches Roadmovie erzählt, das mit langsamen Tempo voranschreitet, soll der Film herzergreifend und ästhetisch sauber erkunden, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. Mit den ethischen Fragen in Bezug auf Finchs Handeln setzt sich das Drehbuch dabei kaum auseinander, dafür gibt es zwischen den Lücken des Baukastenfilms ein paar melancholische Höhepunkte voll auf die Glocke. Diese vernebeln dann gerne die immanenten Grausamkeiten im Film, damit er auch ja eine familienfreundliche Kost bleibt.
                            5 mal Chappie füttern.

                            19
                            • 7
                              lieber_tee 17.01.2022, 23:20 Geändert 20.01.2022, 22:27

                              Anarchischer Troma-Film mit Mega-Budget.
                              Hier werden Versatzstücke knallig-grotesk in Szene gesetzt, eine sinnstiftende Geschichte ist zweitrangig. Diese irre Mischung aus düsteren Kriegsfilm, dysfunktionalen Familiendrama und Kaiju-Katastrophenfilm wird mit jugendlichen Übermut, viel Liebe zum Genrekino und greller Geschmacklosigkeit dargereicht. Nicht jeder Gag sitzt bei dieser blut-fröhlichen Comic-Fantasie, der Mangel an erzählerischen Schwung und ausgereiften Figuren wird aber von kreativen Irrsinn ausgeglichen.
                              7 mal zusehen, wie ein humanoider Hai einen Mann in zwei Hälften zerreißt.

                              17
                              • 6 .5
                                über Copshop

                                Badass-Blödelei mit Eiern.
                                Carnahan holt wieder seine alten Smokin' Aces-Moves raus und erschafft in typischer Tarantino-Tradition einen funky Thriller, der vom Grindhouse-Kino der 70er Jahre geprägt ist. Der Film ist sicherlich nicht großartig, aber es gibt energiegeladenen Teile, die verdammt gut funktionieren. Seine Visuals, Musik und brutale bzw. bleihaltige Gewalt mit Western-Einschlag wird von seiner handwerklich ordentlichen Klarheit unterstützt. Das hat genug Elan und Kraft, um die teilweise lächerliche Coolness, besonders bei seinen überzeichneten Figuren und Dialogen, zu kompensieren. Der Filmemacher nutzt das begrenze Setting einer Polizeistation im Nirgendwo, auch wenn er letztlich nichts Neues bietet.
                                6,5 mal in den Rücken schießen.

                                25
                                • 7 .5
                                  lieber_tee 15.01.2022, 17:36 Geändert 15.01.2022, 17:44

                                  Ins Gesicht spucken...
                                  „Wenn eine Gesellschaft frauenfeindlich und rassistisch ist, spiegelt sich das auch in den Pornos wieder, die sie hervorbringt.“
                                  Mit einer überzeugenden Hauptfigur bietet „Pleasure“ aus weiblicher Perspektive einen zwischen Unbehagen und Behagen pendelnden Blick auf die Pornoindustrie. Gerade weil die Motivation der Protagonistin für ihr Handeln, ihre radikale Selbstermächtigung, sich dem Zuschauer nicht immer erschließt, schreibt der Film seinem Publikum nicht vor, was es denken soll. Er verfällt nicht in moralischer Prüderie und stumpfer Dämonisierung. Die weibliche Komplizenschaft und Zustimmung männlicher Dominanz angesichts heftigen Zwanges, die degradierenden Casting-Prozesse, die Reduzierung auf den Körper, sind eine unangenehme Darstellung eines Kreislaufs aus Missbrauch und Machtstrukturen. Der (mehrheitlich) misogyne Charakter von Pornos spiegelt die Ausbeutung wieder, er zeigt was das mit den Menschen in diesem Gewerbe macht. Sexuell explizit, ehrlich, roh, und manchmal sogar witzig-süß ist „Pleasure“ auch ein Drama über Werte, Ehrgeiz und Freundschaft.
                                  7,5 Vaginalduschen damit die Muschi schön frisch ist.

                                  22
                                  • 6

                                    "Trauer kann eine schwierige Sache sein."
                                    Ein beunruhigender und sympathischer Slow-Thriller über Obsessionen und Paranoia. Seine labyrinthartige Spurensuche nach einem schwer fassbaren narrativen Ziel ist reichhaltig an Atmosphäre, aber am Ende ohne wirklichen Gewinn. Das Oberflächenkonzept zwischen Mysterium und nerdiger Nostalgie fällt dann doch etwas flach aus. Die Idee einem besessenen Einzelgänger, der die Trauer um seine vermisste Frau versucht zu kompensieren, in dem er creepy Signale auf Videotapes folgt, ist immer dann faszinierend wenn der Protagonist in seinen eigenen Kaninchenbau fällt, sicherlich nicht in seinen vagen Erklärungen.
                                    6 mal Bandsalat.

                                    13
                                    • 4

                                      Kreuzfahrtreise in den Kommerz.
                                      Das sich Disney immer wieder gerne selbst recycelt ist nichts Neues. Collett-Serra serviert uns also eine weitere Vergnügungspark-Attraktion, die buchstabengetreu die bekannte Formel Action, Humor und Romantik durch-kaut. Sicherlich ist Jungle Cruise „unterhaltsam“ (was immer dieses Unwort auch bedeuten soll), aber der Mangel an Originalität ödet mich an, das habe ich alles schon woanders und besser gesehen. Das ist so schrecklich gewöhnlich, hat keinerlei Identität. Wir bekommen im Prinzip die Fanfiction-Version von allen Fluch der Karibik-Filme mit einer etwas anderen Schaufensterdekoration geboten. Oder, böser formuliert, ein schimmeliges Indiana-Jones-Imitat. Trotz Abermillionen Dollar an Spezialeffekten, die praktisch in jeder Szene gezeigt werden, schafft es der Film nie echte Kinomagie zu beschwören. Das ist nicht mal ärgerlich, das ist einfach nur total egal. Filmemachen in seiner sichersten, faulsten und einfallslosesten Form.
                                      4 mal über Bord gehen.

                                      15
                                      • 5 .5
                                        lieber_tee 14.01.2022, 00:52 Geändert 14.01.2022, 00:56

                                        Marvels Götterdämmerung.
                                        Ok, „Eternals“ ist definitiv nicht so schlecht wie sein Ruf, aber wirklich gut leider auch nicht. Im Rahmen des MCUs gehört er eher zu den ehrgeizigen Projekten. Die auf divers gemachte Familien-Ursprungsgeschichte versucht nicht jede Komfortzone zu bedienen, von der generischen Superhelden-Norm abzuweichen, um moralische Zwickmühlen bzw. Menschlichkeit zu thematisieren. Leider wirkt die Geschichte dabei oft unnötig verdreht, die langen Erklärbär-Dialoge von zu vielen neu eingeführten Figuren ermüden. Das klobige Storytelling ist überladen, zu weitschweifig und sich wiederholend. Die Auslöschung der Erde, um neues Leben zu erschaffen, ist harter Tobak, sie hat mich allerdings bei dem ganzen Brimborium emotional kaum berührt. Und so bricht „Eternals“ nach und nach unter seinen widersprüchlichen Anforderungen in sich zusammen. Allerdings war ich schon überrascht und manchmal sogar begeistert, wie die Indie-Regisseurin Chloe Zhao ihren ersten Blockbuster eine starke visuelle Note gibt. Besonders dann, wenn sie die Schauwerte, die Effekte, in eine naturalistische Umgebung verordnet. Das Spektakuläre mit dem Philosophischem bzw. Menschlichem zu verschmelzen gelingt dem Film allerdings kaum. Er ist wunderschön, fühlt sich aber seltsam leer an.
                                        5,5 kosmische Energien.

                                        12
                                        • 6 .5
                                          lieber_tee 11.01.2022, 00:32 Geändert 11.01.2022, 00:42

                                          Feminismus -Trash.
                                          Jeder Pulp-liebende Genre-Fan, der eine gute Zeit mit völlig absurder Action haben will, bekommt hier einen wunderbar durchgeknallten Streifen. Seine aufrichtige und alberne Mischung aus Emanzipations-Story, Creature-Horror und Kriegs-Action hat pralle Eierstöcke. Die zentrale Prämisse dieses fröhlich-breiigen Horrorfilms setzt eine ordentliche Brise weibliche Wut und Raubtier-Mütterlichkeit in ein schlockiges B-Movie-Setup. Hat mir gefallen.
                                          6,5 Kreaturen auf der Tragfläche.

                                          20
                                          • 4
                                            lieber_tee 10.01.2022, 20:15 Geändert 10.01.2022, 20:19

                                            Die Panik ist zurück...
                                            Wenn das Drehbuch so clever wäre wie seine Protagonisten, hätte so was wie "Squid Game" entstehen können, stattdessen gibt es nur ein konstruiertes Chaos, das auf grelle Effekte gebürstet ist und wiedereinmal glaubt, das Hektik automatisch Spannung erzeugt. Die schlecht gemachte Fortsetzung eines eh mäßigen Vorgängers ist gefangen in idiotischen Szenen, wo Menschen sich ständig gegenseitig anschreien, während sie in sehr kurzer Zeit unrealistisch verworrene Rätsel lösen. Der wahre Star des Films ist das Produktionsdesign und die extravaganten Fallen. Der dritte Akt überstürzt schnell die bekannte Formel, um in ein glanzloses Finale einzutauchen, das die gleiche Geschichte versucht zu erneuern, bzw. Aspekte des ersten Teils neu zu konzipieren. Nun-ja...
                                            4 mal im Treibsand versinken.

                                            13
                                            • 6
                                              lieber_tee 10.01.2022, 19:02 Geändert 10.01.2022, 22:17

                                              Die Hitze bzw. die Sonneneruptionen steigen den Bewohnern von Rom zu Kopfe.
                                              Was hier zunächst noch als bizarre Selbstmordserie mit Leichenhausmorbidität beginnt, wird nach und nach ein klassischer Giallo in Whodunit-Manier, wo alle einen an der Klatsche haben. Natürlich werden ständig irgendwelche falsche Fährten und Verdächtige aus den Hut gezaubert und die Auflösung ist dann (genre-immanent) nicht logisch, aber klassisch. Die Geschichte ist bei den gelben Krimis aus Italien nie wirklich wichtig. Sie ist mehr Mittel zum Zweck, um eine unheilvolle Atmosphäre durch perfide Überraschungen, nackter Haut, Gewalt und expressionistischer Bildgestaltung zu erschaffen. Regisseur Armando Crispino ist darin durchaus begabt, unterstützt von einen entsprechend wirkungsvollen Score vom Meister Ennio Morricone. Die Stärke des Films liegt somit nicht in seiner Story, sondern in seiner flimmern-heißen Stimmung aus Wahn und Schrecken, die eine grausig entmoralisierte, misanthropische und misogyne Weltsicht vermittelt.
                                              6 nackte Leichen am Strand.

                                              11
                                              • 6 .5
                                                lieber_tee 09.01.2022, 20:34 Geändert 09.01.2022, 22:24

                                                Donnernde Stille in Dolby-Sourround.
                                                Krasinskis gekonnt inszenierter Nachfolger seines postapokalyptischen Thrillers aus dem Jahr 2018 funktioniert gut als Genreübung, bringt allerdings die Figuren, die Story und das World-Building des ersten Teils nicht voran. Der neue Film hat unweigerlich die Prägnanz des Vorgängers verloren, ist aber brillant darin zwei relativ einfache Handlungsstränge in konkurrierende Erzählungen zu verwandeln, die zu einem packenden Ergebnis verbunden werden. Dieses Follow-up bietet die solide Befriedigung von Spannung und Intensität, aber ohne Entdeckungsfreude.
                                                6,5 schalldichte Verstecke.

                                                14
                                                • 7 .5
                                                  lieber_tee 09.01.2022, 15:18 Geändert 09.01.2022, 22:26
                                                  über Dune

                                                  Die Wüste lebt...
                                                  Denis Villeneuves Interpretation der ersten Hälfte von Frank Herberts komplexem Roman ist erzählerisch stimmig. Er ist ein wunderschönes, sinnliches Eintauchen in ein faszinierendes World-Building. Der Film hat den richtigen epischen Umfang, versteht die ruhigeren menschlichen Grundlagen des Originalwerks. Auch wenn das Assimilieren verschiedenster Kulturen manchmal einen Hang zu Ethno-Trash hat und Hans Zimmer wiedereinmal penetrant jede Emotion mit überlauten Pathos einkleistert, der Filmemacher schafft es hervorragend die komplexe Welt von Dune mit kraftvoller und geduldiger Bildsprache mir verständlich zu machen, mich einzuladen diese Welt zu erkunden. Ich war erstaunt über die dunkle Schönheit dieser sonnenverbrannten Welt. Dieser Coming of Age-Messias hat für mich mehr neue Star-Wars-Vibes, als alle Star Wars Serien und Filme der letzten Jahre, die in ihrer Nostalgie selbst ersaufen. Dune erinnert mich daran, was ein Hollywood-Blockbuster sein kann.
                                                  7,5 Spice-getriebene Visionen.

                                                  29
                                                  • 4
                                                    lieber_tee 09.01.2022, 01:55 Geändert 09.01.2022, 02:20

                                                    Resident Evil: Jetzt mit 100% weniger Jovovich!
                                                    Johannes Roberts hat hier eine Videospieladaption geschaffen, die in ihrem eigenen Ursprung gefangen ist. Um sich möglichst klar von den freien Adaptionen eines Paul W.S. Anderson zu entfernen, kloppt er schon fast selbst-besoffen die wesentlichen Motive aus den ersten beiden Games zusammen. Bloß nicht den Fans vor den Kopf stoßen. Aber bei aller Ehre zur Werktreue, (der) Film funktioniert so nicht. Schablonenhafte Charaktere wanken wie Untote durch eine Geschichte, die eher an eine Checkliste aus abgenutzten Horror-Klischees erinnert. Seltsam energielos versucht der Film ins Ziel zu kommen, die breiige CGI-Action und der billige Direct-to-Video-Look geben ihm den Rest. Zwar sind einige Setpieces gelungen und manchmal schaut auch inszenatorische Begabung um die Ecke, aber das hilft dem Film letztlich nicht. Da sind die Anderson/Jovovich Filme deutlich besser.
                                                    4 Zombie-Hunde.

                                                    18