Miss_Jupiter - Kommentare

Alle Kommentare von Miss_Jupiter

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    Miss_Jupiter 14.01.2023, 09:46 Geändert 14.01.2023, 09:55
    über Her

    Die Liebe ist schon irgendwie seltsam. Sie ist die wunderbarste Sache, die es überhaupt für den Menschen gibt, gleichzeitig kann sie aber auch unglaublich verletzend, deprimierend, niederschmetternd und traurig sein, wenn sie irgendwann abhanden kommt. Ohne sie schnappt man bald nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen, aber mit ihr ist man für eine Weile im Paradies, wird dann aber plötzlich und oftmals unerwartet auf den desillusionierenden Boden der Tatsachen zurückgeholt. Die Liebe ist also an Ambivalenz nicht zu überbieten.
    Theodore (Joaquin Phoenix) wurde auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, weil er vor der Scheidung von seiner Frau Catherine (Rooney Mara) steht. Er hat zwar einen tollen Job als Briefeverfasser, aber ansonsten ist er der einsamste Mensch, den man sich vorstellen kann. Dies ändert sich, als er sich eines Tages hoffnungslos in die weibliche Stimme seines Betriebssystems verliebt. Samantha (Scarlett Johansson) heißt dieses "Wesen", ist körper- und geruchlos, verfügt aber über eine unerschöpfliche Klaviatur an Gefühlen und Emotionen und ist in der Lage, voll und ganz auf Theodore und seine Wünsche und Bedürfnisse einzugehen. Da Theodore keine Möglichkeit hat, konventionell auf Augen, Mimik etc. reagieren zu können, verliert er sich ganz und gar in Samantha's akustischer Präsenz...
    Spike Jonze erschuf mit "Her" ein hoch emotionales, intelligentes und wunderschönes, aber auch trauriges Meisterwerk, das die Liebe aus einer vollkommen ungewohnten Perspektive zeigt. Kann solch eine Liebe oder auch Beziehung zwischen einem Menschen aus Fleisch und Blut und einem aus Bits und Bytes zusammengesetzten "Etwas" funktionieren? Samantha zeigt Theodore die Welt aus einem vollkommen anderen Blickwinkel, lässt ihn an ihrer "Gefühlslage" teilnehmen und schafft es, dass er die Beziehung zu ihr als etwas vollkommen normales ansieht. Joaquin Phoenix spielt grandios, er stellt Theodore als verletzlichen, introvertierten, ruhigen und ungemein sympathischen Charakter dar, der es einfach nur verdient hat, wieder glücklich zu sein. Sein Gesicht zeigt die passenden Emotionen, wenn er sich mit Samantha unterhält und man kann sich in jede Gefühlslage hineinversetzen. Mit einem großartigen Soundtrack unterlegt, ist dieser genial inszenierte Streifen mit einer melancholischen Atmosphäre versehen, die gleichzeitig glücklich und traurig macht. "Her" haut mich emotional immer wieder aus den Schuhen, bringt mich aber dann wieder in eine hoffnungsvoll aufrechte Position. Er ist einer dieser Filme, der einem unheimlich viel bedeutet und ans Herz wächst. Absolute Empfehlung!

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    • 7 .5

      In Brandon Cronenberg's (Sohn von David) "Possessor" geht es um eine dubiose Organisation, die sich in das Bewusstsein fremder Personen einklinken kann. Dort angekommen, übernehmen bzw. steuern sie den "besetzten" Menschen und begehen somit Verbrechen, die sie zugunsten und zum Vorteil dieser Organisation nutzen. Tasya Vos (Andrea Riseborough) ist eine dieser Possessoren, die in andere hineinschlüpft. Dieser Prozess kann schmerzhaft sein und wirkt sich -je länger er andauert und je länger man in der fremden Person verweilt- negativ auf Psyche und Gehirn aus...
      Fazit: "Possessor" wirkt wie ein Albtraum und ist ein schwieriger, verstörender und visuell ungemein beeindruckender Film mit einer düsteren Atmosphäre und einer exzellenten Kameraarbeit ausgestattet. Die Idee dahinter ist erschreckend und abstoßend, aber andererseits höchst interessant und verlockend für (geistes)kranke Individuen. Das fremdsteuern bedeutet Identitäts- und Kontrollverlust desjenigen, der besetzt ist und für den Possessor bzw. Besitzer bedeutet es im Laufe der Zeit ebenso Lebensgefahr und Verlust von allem, was dessen Leben vorher ausgemacht hat. Die Skrupellosigkeit, die diese Organisation an den Tag legt, ist beachtlich und was aus den Auftragskillern bzw. ihren "Angestellten" im Nachhinein wird, scheint ihnen vollkommen egal zu sein. Tasya wird dies irgendwann klar, als sie sozusagen "feststeckt". Der Streifen gibt sich selbst eine hoffnungslose, menschenverachtende, bedrohliche und trostlose Note, die auch durch die brillianten Darsteller zutage tritt. Selbst Sex wirkt in "Possessor" absolut bedrohlich.
      Man kann nur hoffen, das so etwas in absehbarer Zukunft nicht zur schrecklichen Realität wird.
      Riseborough als Tasya und Christopher Abbott als Colin Tate spielen hier hervorragend, Jennifer Jason Leigh und Sean Bean sind in Nebenrollen zu sehen (*Spoiler* Sean überlebt :-D ). Die Brutalität in diesem Film wird schonungslos dargestellt, es fließt eine Menge Blut und doch ist hier der Tod oft wie ein ausdrucksvolles Gemälde zelebriert und inszeniert, das an Zynismus nicht mehr zu überbieten ist.

      Darauf eine E-Zigarette.

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      • 5 .5

        In Scott Cooper's "The Pale Blue Eye" tun sich Polizist Augustus Landor (Christian Bale) und der junge Kadett und Poet Edgar Allan Poe (Harry Melling) zusammen, um einen brutalen Mord an der Militärakademie aufzuklären. Die beiden Männer könnten vom Charakter her unterschiedlicher nicht sein, sind sich aber auf Anhieb sympathisch. Der Mord wirft viele Fragen auf und hinterlässt eine Menge Rätsel, die schließlich auf einen okkulten Hintergrund hinweisen...
        Der nach dem gleichnamigen Buch von Louis Bayard gedrehte Film ist äußerst behäbig, ruhig, sehr dialoglostig und manchmal sehr zäh inszeniert. Das Setting ist wunderschön dem 19. Jahrhundert entsprechend, die Moralvorstellungen jener Zeit werden in dem Streifen auf eine fast schon unnahbare und sogar zufällige Weise entblößt und die Rollenverteilung von Mann und Frau ist ganz klar geregelt. Da fällt Poe als sanfter Poet vollkommen aus der Rolle des starken unabhängigen Mannes, obwohl er ebenfalls an der Militärakademie verweilt. "The Pale Blue Eye" wirkt fast über die gesamte Spieldauer wie ein überdimensionales poesiehaftes Theaterstück, das den Schriftsteller Poe schon sträflich vernachlässigt und stattdessen die Handlung auf die Rätsel-Krimi-Ebene verlegt. Am Ende gibt es sogar einen Twist, der nicht unbedingt vorhersehbar ist und die Musik von Howard Shore ist gut ausgesucht und passend. Trotzdem hätte dem Film ein wenig mehr Suspense und Spannung gutgetan. So bleibt am Schluss nur ein dahinplätscherndes "kleines" Drama übrig, das am ehesten von seinen Darstellern lebt. In weiteren Rollen Gillian Anderson, Toby Jones, Timothy Spall, Lucy Boynton, Robert Duvall und Charlotte Gainsbourg. Kleiner Spoiler: * eine Szene erinnerte mich an das Ende von Poe's Geschichte "The Fall of the House of Usher". Btw Harry Melling's (Poe) Frisur ist schon fast originalgetreu und Bale ist großartig wie immer. Trotz der Düsternis und Melancholie, die recht gut im Film rüberkommt, komme ich leider bei meiner Bewertung nicht über eine 5.5 hinaus.

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        • 8
          Miss_Jupiter 08.01.2023, 12:19 Geändert 08.01.2023, 12:23

          Happy Bday, David, Mastermind of innovative music

          Gone, but not forgotten...

          https://www.youtube.com/watch?v=y-JqH1M4Ya8 (D. Bowie/Lazarus)

          Look up here, I'm in heaven
          I've got scars that can't be seen
          I've got drama, can't be stolen
          Everybody knows me now
          Look up here, man, I'm in danger
          I've got nothing left to lose
          I'm so high it makes my brain whirl
          Dropped my cell phone down below
          Ain't that just like me?
          By the time I got to New York
          I was living like a king
          There I'd used up all my money
          I was looking for your ass
          This way or no way
          You know, I'll be free
          Just like that bluebird
          Now, ain't that just like me?
          Oh, I'll be free
          Just like that bluebird
          Oh, I'll be free
          Ain't that just like me?

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            Miss_Jupiter 06.01.2023, 20:17 Geändert 07.01.2023, 11:35

            Rian Johnson's "Glass Onion: A Knives Out Mystery" mausert sich so ab Mitte der Handlung von einer vollkommen übertrieben albernen, nichtssagenden, zähen und abgefuckten Yuppie-Klamotte dann doch noch zu einem -nicht unbedingt überwältigenden, weil etwas unknifflig- Whodunit-Krimi, in dem der Meisterdetektiv Benoit Blanc (Daniel Craig) mal wieder involviert ist. Die Protagonisten verschlägt es diesmal auf eine abgelegene griechische Insel, auf der der Milliardär Miles Bron (Edward Norton) residiert und seine undurchsichtigen Freunde dorthin zu einem Wochenende einlädt. Auch Blanc ist zugegen. Dieses Wochenende ist eines, das alle Anwesenden wohl nie mehr vergessen werden...
            Fazit: "Glass Onion" will ungemein innovativ sein, verheddert sich aber zu sehr in Overacting mit abgedrehten und bekloppten Dialogen, was kaum Zeit dazu lässt, die Darsteller in allzu große Spiellaune zu versetzen. Letztendlich geben sich aber alle große Mühe. Edward Norton spielt hier leider unter seinem bisherigen hohen Niveau, was etwas schade ist. Dafür ist Janelle Monae trotz ihrer fast immer gleichen Mimik brilliant. Der Soundtrack ist klasse und die Location atemberaubend. Der Hauptdarsteller ist aber Miles' genial futuristisches Anwesen, dessen Architektur einen schwindelig werden lässt. Die hochkarätige Darstellerriege bestehend aus u.a. Kate Hudson, Dave Bautista, Kathryn Hahn, Hugh Grant, Ethan Hawke, Joseph Gordon-Levitt als Gong und Serena Williams (spielt sich selbst) täuscht aber nicht darüber hinweg, dass "Glass Onion" nicht an die Subtilität von "Knives Out" herankommt. Covid19 ist hier auch noch ein Thema, aber eher nur am Rande. *Spoiler* Das Slow-Motion-Ende birgt einen gewissen Humor, der sich vor allem in Edward Norton's Gesicht abzeichnet. Musste ziemlich laut loslachen bei dieser Szene. Kann man sich ansehen, aber es bleibt nicht sehr viel hängen.

            Alles klear?

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              Miss_Jupiter 01.01.2023, 12:13 Geändert 01.01.2023, 13:45

              "White Noise" umschreibt die Angst vor dem Tod im allgemeinen und das allzu frühe Ableben im besonderen. Diese diffuse Angst treibt die Eheleute Jack (Adam Driver) und Babbette (Greta Gerwig) Gladney um, die ihre Patchwork-Familie am Laufen halten. Noah Baumbach's Streifen ist eine absurde und hintersinnige Groteske mit satirischen Untertönen und schwankt zwischen Komödie und Drama hin und her. Kammerspielartige Szenen unterwandern die bisweilen apokalyptische Katastrophenhandlung, in der die Familie auf sich selbst zurückgeworfen wird. Der auf Adolf Hitler spezialisierte Uni-Professor Jack muss schließlich feststellen, dass seine Frau Babbette Geheimnisse vor ihm hat, die letztendlich die schlimmste Katastrophe für ihn darstellt.
              Noah Baumbach arbeitete hier mit hektischen Schnitten, die durch ungemein ruhige Passagen abgelöst werden. Grelle Farben und eine düstere Grundstimmung verursachen eine unsichere Gefühlslage bei allen Protagonisten und natürlich auch beim Zuschauer. Die farceähnliche, vollkommen unkonventionelle Story hat einen ganz eigenen, seltsamen und derben Humor, täuscht aber nicht darüber hinweg, dass der Film einen relativ ernsten Hintergrund hat. "White Noise" hat mehrere Handlungsstränge, die sich aber am Ende in ein Ganzes hineinfügen (lassen). Er berstet über vor aktuellen Themen, die ich aus Spoilergründen nicht benennen möchte. Die Darsteller sind allesamt großartig, besonders der geniale Adam Driver ist hier eine Wucht. In Nebenrollen sind die deutschen Schauspieler Lars Eidinger und Barbara Sukowa zu sehen. Die Protagonisten agieren in "White Noise" des öfteren sehr überzogen und ihre Handlungsweise wirkt übertrieben, passt aber exakt zum Handlungsverlauf und zum Inhalt dieses Films und bricht sich in den aberwitzigen Dialogen Bahn. Wer auf diese Art von Groteske/Satire steht, ist hier bestens aufgehoben. Für alle anderen ist dieser Film wohl eine absolute "Zumutung". Ich mag ihn, weil man solche Art Filme (hier Wortspiel: Art-Filme) nur sehr selten zu sehen bekommt. Noah Baumbach hat hier ein kleines Meisterwerk geschaffen, das die Gratwanderung zwischen Ernsthaftigkeit und Anspruch sowie hintergründigem Humor, gespickt mit unzähligen Metaphern auf die heutige Zeit mit ihren unzähligen Problemen und Schwierigkeiten, gekonnt und nuanciert schafft und exakt auf den Punkt bringt. Der Film bringt es tatsächlich fertig, den Finger in diverse Wunden zu legen.
              Das Ende ist dann ein versöhnliches, popbuntes und heiteres Bonmot, unterlegt mit LCD Soundsystem/New Body Rhumba. Sehenswert.

              https://www.youtube.com/watch?v=JG17jiPdbb0 (LCD Soundsystem/New Body Rhumba)

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                Miss_Jupiter 31.12.2022, 11:49 Geändert 31.12.2022, 12:06

                Ich dachte, auf Netflix gäbe es den 1. Teil von "A Quiet Place" zu sehen, aber es läuft "A Quiet Place 2". Hatte mich sehr darauf gefreut, aber ich war dann doch ein wenig enttäuscht. Im Fokus stehen eigentlich gehörlose Menschen und wie diese auf Gefahren reagieren bzw. aus diesem Grund nicht reagieren (können). Dieser Ansatz ist recht interessant und wird in vielen Szenen ohne jedweden Ton und unaufgeregt inszeniert, damit hörende Menschen sich in Gehörlose und deren Problematik hineinversetzen können. Die Erwartungshaltung einiger Zuschauer, die dieses Genre bevorzugen, wird wohl nicht ganz erfüllt werden, bei mir war es jedenfalls so. Es wäre mMn von Vorteil gewesen, die "Gefahr" in diesem Film weitaus subtiler darzustellen, als sie letztendlich dort präsentiert wird. "A Quiet Place 2" kümmert sich vielmehr um seine Protagonisten, die ständig nur auf leisen Sohlen bzw. barfuß und geräuschlos durch die Szenerie wandern, dabei sind sie immer auf der Hut. Die gehörlosen Kinder von Evelyn (Emily Blunt) sind besonders gefährdet, da sie wegen ihres Handicaps noch vorsichtiger agieren müssen. Der Streifen ist schon recht spannend und auch die Darsteller machen ihre Sache gut, vor allem Blunt, Cillian Murphy und Millicent Simmonds (auch im realen Leben gehörlos) als Evelyn's Tochter Regan spielen glaubwürdig. Trotzdem ist mir "A Quiet Place 2" eine Spur zu harmlos mit einigen ruhigen Längen und an manchen Stellen auch zu vorhersehbar, so dass meine Bewertung nicht so hoch ausfällt. Was mir -wie vorher schon angemerkt- gut gefallen hat, ist die positive und einfühlsame Heransgehensweise an die Gehörlosenwelt, in die hörende Menschen wohl nur schwerlich Zugang finden können und werden. Der Cliffhanger am Schluss wird auf einen 3. Teil hinauslaufen. Werde mir den 1. Teil noch anschauen, aber nur, um herauszufinden, ob dieser besser inszeniert ist.

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                  Miss_Jupiter 17.12.2022, 12:04 Geändert 17.12.2022, 13:05

                  Ben Affleck hat mit seinem Streifen "The Town" einen hoch spannenden, emotionalen und actiongeladenen Thriller erschaffen. Die Story über Banküberfälle, begangen von recht klugen, skrupellosen und jungen Typen, die diese Art der "Geldbeschaffung" schon von ihren Vätern geerbt haben, gibt einen Blick frei auf Charlestown, Stadtteil von Boston, in dem diese Überfälle gang und gäbe sind. Rudimentäre mafiöse Strukturen sind hier sicherlich vorhanden, aber ob diese jungen Männer vom Leben in diesem Ort so derart gefrustet zu sein scheinen, so dass ihnen keine andere Möglichkeit mehr bleibt, diese Antwort bleibt der Film letztendlich -zum größten Teil- schuldig. Aber das ist auch egal, denn "The Town" ist ein großartig inszeniertes Meisterwerk, dessen Darsteller allesamt genial agieren. Ben Affleck ist hier nicht nur der Regisseur, sondern auch der Hauptprotagonist Doug MacRay, der sich schließlich in die Geisel Claire (Rebecca Hall) eines Überfalls verliebt, was zu zusätzlichen großen Problemen führt. Die überwiegend irischstämmige "Gang" scheint den Cops immer einen großen Schritt voraus zu sein, aber dann gerät alles in mächtige Schieflage. Cop Frawley (Jon Hamm) ist entschlossen, die Jungs aus "dem Verkehr" zu ziehen, koste es, was es wolle. Daher macht er sich auf fiese Art und Weise an eine Freundin (klasse: Blake Lively) von Doug heran.
                  Der verstorbene Pete Postlethwaite ist hier in einer brillianten Nebenrolle als undurchsichtiger und brandgefährlicher "Florist" Fergie zu sehen, der im Hintergrund die Strippen zu ziehen scheint. Chris Cooper als Doug's Vater ist in einer (leider) kleinen, aber ungemein wichtigen und auch bitteren Szene zu sehen. Und Jeremy Renner als Jem stellt hier fast alle(s) in den Schatten, einfach nur umwerfend. Renner erhielt deswegen auch völlig zu recht Oscar-, Screen Actors Guild Award-, Satellite Award- und Golden-Globe-Nominierungen als bester Nebendarsteller. Pete Postlethwaite war während der Dreharbeiten schon schwer krank. 2011 wurde er ebenfalls posthum für den BAFTA-Award als bester Nebendarsteller nominiert. Der Film selbst erhielt Satellite-Award-Nominierungen in den Kategorien: Bester Film (Drama), Beste Regie, Bestes Drehbuch und Bester Schnitt.
                  Ben Affleck ist mit "The Town" eine höchst effektive und explosive Mischung aus Action, Romanze und Drama gelungen, die von Anfang bis Ende besticht und fesselt. Sehens- und empfehlenswerte Gangsterballade!

                  "'Go f.ck yourself"

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                    Miss_Jupiter 12.12.2022, 15:18 Geändert 12.12.2022, 15:50

                    Thomas M. Wright's Psychothriller/-drama "The Stranger" nach einem wahren australischen Kriminalfall kommt gänzlich ohne Gewaltszenen aus. Dafür überzeugt der Streifen mit einer unglaublich ruhigen, aber dennoch unangenehmen Inszenierung, einer intensiven sowie düsteren und seltsamen Atmosphäre, einem hypnotisierenden und schmerzhaften Soundtrack (im wahrsten Wortsinne für die Ohren) und abgedrehten Alptraumsequenzen à la David Lynch. Schon alleine diese Aufzählung machen den Streifen für mich besonders interessant. Auch die eigenwillige Bildsprache und die beiden genialen Hauptdarsteller Sean Harris ("Deliver Us from Evil", "Prometheus - Dunkle Zeichen", "The King") und Joel Edgerton ("Warrior", "The Gift", "It comes at Night") passen in "The Stranger" wie die Faust aufs Auge. Der Zuschauer weiß recht bald, was Henry (Sean Harris) noch nicht herausgefunden hat, doch das ist für den weiteren Verlauf der Handlung irrelevant, sogar eine weitere Motivation, an diesem Film dranzubleiben. Es ist ein raffiniertes, perfides Spiel, das der verdeckte Ermittler Mark (Edgerton) mit seinem "Opfer" Henry Teague eingeht, um das Schicksal eines entführten und vermutlich ermordeten kleinen Jungen aufzuklären. Mark vertraut sich Henry an und irgendwann auch umgekehrt, die "Freundschaft" der beiden Männer dient aber nur dazu, Henry zu überführen. Mich hat der Film wegen seiner ruhigen Art fasziniert, denn gerade deswegen baut er eine gefährliche Spannung auf, die man immer dann wahrnimmt, wenn Henry und Mark zusammen sind. Eine unterschwellige Gefahr geht auch vom Land Australien selbst aus, denn es ist in diesem Film recht trist und unspektakulär, dafür aber umso mysteriöser und irgendwie auch abgefahren dargestellt. Diesem traurigen Australien ist die Menschlichkeit abhanden gekommen und Mark fällt im Laufe seiner Ermittlungen in ein tiefes seelisches Loch, das mit der Annäherung an den mutmaßlichen Täter Henry noch weiter aufklafft. Dem Film fehlt jeglicher Sinn für Humor, der ist in diesem Fall (und ich meine auch damit den realen, weit zurückliegenden) absolut nicht angebracht.
                    Es gibt hier sehr viele, sehr negative Beurteilungen zu "The Stranger", den meisten ist er zu langatmig. Für mich war er alles andere als das. Wenn man sich hundertprozentig auf ihn einlässt, trifft er zielgenau in psychische Gefilde. Empfehlenswert!

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                      Miss_Jupiter 07.12.2022, 13:04 Geändert 07.12.2022, 13:10

                      Die 19jährige Tochter von Jimmy (Sean Penn) wird ermordet. Der Cop Sean (Kevin Bacon) ermittelt in dieser Sache gemeinsam mit seinem Kollegen (Laurence Fishburne). Dave (Tim Robbins) gerät irgendwann in Verdacht, mit dem Verbrechen etwas zu tun zu haben. Das Brisante daran: Jimmy, Sean und Dave sind alte Schulfreunde, die ein schreckliches Erlebnis verbindet, das in ihrer Kindheit passierte. Aber nur Dave ist bis in sein Erwachsenenalter hinein dadurch an Körper und Seele traumatisiert. Dass nun das Opfer zum Täter stilisiert wird, hat tiefgehende Gründe, die mit diesem furchtbaren Schicksal verknüpft sind...
                      Fazit: Clint Eastwood's Thrillerdrama "Mystic River" nach dem gleichnamigen Roman von Dennis Lehane ist ein komplexes, intensives, erschütterndes und sehr bitteres Meisterwerk, dessen schreckliche Wahrheiten, abgrundtiefe Verletzungen und bodenlose Schwärze jedem der drei einstigen Freunde innewohnt. Die Ermordung von Jimmy's Tochter bringt sukzessive Dinge ans Licht, die die Beteiligten für immer begraben und vor allem vergessen wollten. Je hartnäckiger Jimmy versucht, den Mörder seiner Tochter zu finden, desto mehr wird ihm und den anderen bewusst, wie das damalige Ereignis jeden von ihnen für immer und ewig verändert und individuell zerstörte Seelen hinterlassen hat. Nicht nur Jimmy, Sean und Dave entzweien sich aufgrund des Mordes, nein, auch ihre Angehörigen geraten tiefer und tiefer in einen Strudel aus gegenseitigem Misstrauen, Verzweiflung und schließlich verachtender gegenseitiger Abneigung. Die genial schonungslose und ehrliche Inszenierung und die großartigen Darsteller (u.a. Marcia Gay Harden und Laura Linney in hervorragenden Nebenrollen) hinterlassen nach der Sichtung ambivalente und zwiespältige Gefühle beim Zuschauer und das alles geht sehr unter die Haut. Am Ende des Films bleibt eine große Frage übrig sowie eine Ohnmachts- und Ungerechtigkeitsempfindung stellt sich ein.
                      Nach langer Zeit habe ich diesen anspruchsvollen Streifen noch mal gesehen und finde ihn immer noch herausragend.

                      “The reality is we're still 11-year-old boys locked in a cellar imagining what our lives would have been if we'd escaped.” —Sean Devine

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                        über Troll

                        'Das ist alles nur geklaut...'

                        Viel Neues bietet der norwegische Streifen "Troll" nicht. Bei den meisten Szenen stellt sich ein Déjà-Vu-Erlebnis ein. Ein bisschen was von "Godzilla", dann noch einiges von "King Kong" , "Kong: Skull Island" und selbst eine Szene im Freizeitpark hat mich ein wenig an "Jurassic World" erinnert. Aber das ganze ist kurzweilig und relativ spannend inszeniert mit sympathischen Darstellern und einem trockenen Humor versehen. Die Effekte überzeugen und der Troll ist schon recht imposant und ansehnlich, aber die meiste Zeit tat er mir leid. Seine traurigen Augen sieht man oft in Großaufnahme. Auch das erinnert an "King Kong".
                        Die Schlußszene löste bei mir ambivalente Gefühle aus, da die Protagonisten und hier insbesondere die Hauptdarstellerin Nora (Ine Marie Wilmann) nicht genau wissen, ob sie lachen oder weinen sollen. Ich hätte eher das zweite gemacht.
                        Der Mythos über die norwegischen Trolle ist an sich schon recht mysteriös und interessant. Filme über diese Fabelwesen gibt es wohl immer wieder. "Trollhunter" hat mir wesentlich besser gefallen (Found Footage Stil). Vielleicht sollte man diese Filme mal im FSK16 Style produzieren, was Spannung und Suspense angeht und evtl. auch mehr Horrormomente beinhaltet. Da würde bestimmt noch was gehen, denn solche Filme mag ich eigentlich sehr.
                        Dieser hier ist ganz ok.

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                          Miss_Jupiter 29.11.2022, 10:03 Geändert 29.11.2022, 10:05

                          In San Francisco wachsen überall über Nacht seltsame Pflanzen bzw. Blüten. Nach dieser Nacht sind die meisten Menschen wie verwandelt. Familie und Partner (er)kennen sie nicht mehr wieder. Ihre Persönlichkeit hat sich vollkommen verändert. Die seltsamen Blüten scheinen außerirdischer Natur zu sein und aus ihren riesigen Kokons entschlüpfen schließlich die "neuen" Invasoren. Diese versuchen, die riesige Stadt einzunehmen, um schnellstmöglich die gesamte Einwohnerschaft "umzuwandeln". Dr. Bennell (Donald Sutherland) von der Gesundheitsbehörde und dessen Mitarbeiterin Elizabeth Driscoll (Brooke Adams) gehen der Sache auf den Grund. Ob Bennell und Driscoll sowie deren Freunde Dr. Kibner (Leonard Nimoy), Nancy und Jack Bellicec (Veronica Cartwright, Jeff Goldblum) und Driscoll's Ehemann Geoffrey (Art Hindle) widerstehen und diesem schrecklichen Schicksal entkommen können, ist mehr als fraglich...
                          Fazit: Philip Kaufman's Streifen "Invasion of the Body Snatchers" von 1978 ist das gleichnamige Remake von Don Siegel (dtsch. "Die Dämonischen") aus dem Jahr 1956.
                          Kaufman's Film besticht durch eine leicht abgefahrene, düstere und sehr merkwürdig kalte und unangenehme Atmosphäre, eine spannende Inszenierung und eine ebenso abgefahrene wie auch unheimliche Soundkulisse. Die wunderschöne Stadt San Francisco wirkt auch bei strahlend hellem Tageslicht bedrohlich und entrückt, ihre Bewohnerinnen und Bewohner sind nicht mehr das, was sie zu sein scheinen und die Hauptprotagonistinnen und -protagonisten fühlen sich in ihrer Heimatstadt verfolgt und nicht mehr sicher. Alle Darsteller sind hier wirklich genial, vor allem Adams und Sutherland stechen hervor, aber auch der sehr junge Jeff Goldblum ist großartig als staksiger Hitzkopf. Die Effekte sind für die damalige Zeit hervorragend und stellenweise eklig und bizarr und die Laute, die aus manchen, weit aufgerissenen Mündern kommen, kratzen an Psyche und Nerven. Mir hat der Streifen mit seiner angsteinflößenden Paranoia immer sehr gut gefallen und ich kann ihn auch immer wieder anschauen, weil die Spannung manchmal einfach unerträglich erscheint. Den einzigen Humor, den man in "Invasion of the Body Snatchers" erwarten kann, ist der leicht sarkastische und zynische von Goldblum. In einer kleinen Nebenrolle ist Kevin McCarthy zu sehen, der damals in "Die Dämonischen" den Dr. Bennell spielte. Vom Re-Remake von 1993 mit Meg Tilly, Gabrielle Anwar und Forest Whitaker kann ich nur abraten.
                          Kaufman's "Invasion" ist eine garstige, surreale und verstörende Sci-Fi-Horrorperle, die auch heute immer noch erschreckt.

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                            Miss_Jupiter 27.11.2022, 12:02 Geändert 27.11.2022, 12:29

                            "Diabolique" ("Diabolisch") von Jeremiah S. Chechik von 1996 ist das Remake von Henri-Georges Clouzot's "Les Diaboliques" ("Die Teuflischen") von 1955 mit Simone Signoret.
                            Die beiden Lehrerinnen Nicole Horner (Sharon Stone) und Mia Baran (Isabelle Adjani) entledigen sich Mia's sadistischem Ehemann Guy (Chazz Palminteri). Obwohl Nicole Guy's Geliebte ist, halten die Frauen zusammen, da sie offensichtlich ein und dasselbe Ziel verfolgen. Nachdem Guy tot und beseitigt ist, verfällt die herzkranke Mia zusehends in Panik, während die nach außen hin harte Nicole einen kühlen Kopf bewahrt. Detective a.D. Voguel (Kathy Bates) hängt sich an die Fersen der beiden, da sie schon eine gewisse Vermutung hat...
                            Fazit: An das Original kommt "Diabolique" natürlich bei weitem nicht heran, da dieses ein Film-Noir-Thriller par excellence ist, dessen unnahbare Eleganz, kalte Atmosphäre und Spannungskurve seinesgleichen sucht. Trotzdem kann das Remake in Sachen Inszenierung und Suspense punkten und auch die Darstellerriege tut ihr Bestes. Stone erhielt dennoch für ihre Darstellung der Nicole Horner eine Goldene Himbeere, was ich persönlich ein wenig zu hart und ungerecht ihr gegenüber empfinde.
                            Der Twist am Ende ist selbstverständlich leicht vorhersehbar, dennoch unterhält der Film auf seine eigene Art und Weise. Adjani lässt sich gnädigerweise nicht zu Overacting-Szenen hinreißen, wie sie das in "Possession" verdeutlicht hat, obwohl dies ein genialer Film ist. Ihre ätherische und zerbrechliche Schönheit passt zur gedemütigten und gequälten Ehefrau wie die Faust aufs Auge. Palminteri als Guy bleibt dagegen nur die etwas undankbare Rolle als gewalttätiger Ehemann, der dann irgendwann fort ist. Kathy Bates hingegen ist mal wieder großartig als sterbenskranke, aber toughe Ermittlerin, die nicht mehr viel zu verlieren hat. In einer Nebenrolle spielt J.J. Abrams einen Fotografen.
                            "Diabolique" kann man sich guten Gewissens mal geben.

                            P.S. Moviepilot könnte mal den Zusatz "Erotikfilm" für "Diabolique" in "Psychothriller" umbenennen, denn ein Erotikfilm ist etwas vollkommen anderes.

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                              Miss_Jupiter 23.11.2022, 12:12 Geändert 23.11.2022, 12:14

                              Es ist der 28. August 1988. Auf der US-Air Base Ramstein in Rheinland-Pfalz findet an diesem Tag eine Flugschau statt. Als die italienische Kunstflugstaffel Frecce Tricolori an der Reihe ist, kollidieren 3 Flugzeuge und stürzen schließlich in die Menschenmenge unter ihnen. In diesem Flammeninferno sterben 70 Menschen (darunter viele Kinder), es gibt über 1.000 Verletzte. Kai Wessel's Film "Ramstein - Das durchstoßene Herz" beleuchtet nicht nur die Katastrophe, die Schicksale der Überlebenden und deren Angehörige, sondern auch die darauf folgenden Ungereimtheiten und sogar Skandale, die nach und nach ans Licht kommen. Zwei Ermittler stoßen bei ihren Recherchen auf konstantes Schweigen und Vertuschungen.
                              Die erschütternden emotionalen bzw. psychologischen Aspekte, die dieses furchtbare Ereignis für alle Beteiligten nach sich zieht, ist schon kaum auszuhalten. Aber auch die Empathielosigkeit der Amerikaner, die sich vollkommen aus der Verantwortung stehlen, sowie die unfassbaren Reaktionen der deutschen Regierung bzw. einiger hochrangiger Politiker:innen sind nicht nachzuvollziehen. Der Streifen zeigt auch die Verzweiflung der Ersthelfer:innen vor Ort, die bei ihrem Versuch, den Schwerstverletzten zu helfen, behindert wurden. Wenn dies nicht geschehen wäre, hätten viel mehr Menschen gerettet werden können. Ein junger Arzt musste hier schweren Herzens die Triage anwenden. Der Schmerz in seinen Augen ist unübersehbar.
                              Die überlebenden Opfer werden mit ihrer Trauer vollkommen alleine gelassen. Erst 30 Jahre später entschuldigte sich die Bundesregierung bei diesen Menschen, die alles verloren und auch heute noch mit den seelischen Wunden, posttraumatischen Belastungsstörungen und Depressionen zu kämpfen haben. Die körperlichen Wunden mögen verheilt sein, aber dieses Unglück wird sie bis an ihr Lebensende begleiten und nicht mehr loslassen.
                              "Ramstein - Das durchstoßene Herz" ist ein erschütterndes, eindringliches, anspruchsvolles und sehr intensiv inszeniertes Drama, das die Zuschauer:innen bis ins Mark trifft. Man mag sich kaum vorstellen, was die Menschen damals mitgemacht und gesehen haben. Diese Bilder manifestieren sich in schrecklichen Träumen, die sie immer noch heimsuchen. Die unzähligen Therapien, die viele machen mussten und immer noch müssen, helfen da nur rudimentär.
                              Wichtiger Streifen mit sehr guten Darsteller:innen, der eines deutlich macht: dieses Ereignis und vor allem die Verstorbenen und Überlebenden sollten niemals vergessen werden! Sehens- und empfehlenswert, aber schwer verdaulich und nichts für sensible Gemüter.

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                                Miss_Jupiter 22.11.2022, 12:41 Geändert 22.11.2022, 13:11
                                über 1899

                                So verwirrend, wie Moviepilot "1899" in diversen Artikeln darzustellen versucht, ist die Serie mMn nun doch nicht. An die Qualität von "Dark" kommt sie leider nicht heran, und "Dark" kann man mit gutem Gewissen als verwirrend (in positiver Hinsicht) bezeichnen.
                                Was mir an der Serie "1899" gut gefallen hat, war das stellenweise atemberaubende Setting, der Soundtrack (am Ende jeder Folge ertönt ein großartiger alter Rocksong, von Hendrix über Jefferson Airplane bis Deep Purple, etc.) sowie die Darsteller:innen, die zwar so wirken, als würden sie ständig in einem Traum herumwandeln und ansonsten nicht mehr viel mitbekommen, aber dennoch passt ihre Handlungsweise zum Inhalt. Wenn man genau aufpasst, kommt man eigentlich sehr schnell dahinter, was in "1899" geschehen ist. Die Namen der beiden Schiffe "Prometheus" und "Kerberos" lassen auch erahnen, worauf das Ganze hinausläuft. Kombinationsgabe ist hier gefordert und anders als in "Dark" ist das bei "1899" nicht ganz so kompliziert. Die letzte Folge hat dann keinen größeren Aha-Effekt, sondern man konnte so etwas nicht nur vermuten, nein, auch die Bestätigung dessen wurde genau auf den Punkt gebracht. Ein Mindfuck-Moment war das für mich persönlich leider nicht. Trotz einiger Schwächen ist die Serie gut anzuschauen, einige Längen kommen zwar auf, aber man kann getrost über sie hinwegsehen. Andreas Pietschmann ist als Kapitän der "Kerberos" wieder mit "an Bord", Emily Beecham ("28 Weeks Later", "Hail, Caesar!") spielt die angehende Ärztin Maura Franklin, die eine wesentliche, sehr mysteriöse und wichtige Rolle einnimmt.
                                Die "Dark"-Macher, das Ehepaar Jantje Friese und Baran bo Odar gaben sich bei der Detailgenauigkeit wieder sehr viel Mühe, und das sieht man "1899" an. Es ist eine internationale Produktion mit britisch-amerikanischen, polnischen, dänischen, schwedischen, spanischen, japanischen, portugiesischen und deutschen Darsteller:innen, die alle in ihrer Muttersprache reden, deshalb ist es am besten, die Serie im Original und nicht in der Synchro zu schauen. Auf jeden Fall bin ich auf die 2. Staffel mehr als gespannt!

                                Zum Inhalt gibt es von mir hier nichts, hierüber sollten die Zuschauer:innen selbst ihre Meinung bilden, denn bei dieser Serie scheiden sich wohl jetzt schon die Geister, von total positiver Resonanz bis hin zu "absolutem Müll", letzteres kann ich verneinen.
                                Noch ein Tipp: die Doku "Making 1899" von und mit bo Odar, Friese, dem Produktionsteam und vielen Darsteller:innen (ebenso auf Netflix wie auch die Serie) ist recht interessant. Dort wird u.a. die neueste virtuelle Technologie "The Volume" vorgestellt. Was für eine Riesen-Arbeit in solch einer Produktion steckt, wird in dieser Doku überdeutlich. Sehenswert!

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                                  Miss_Jupiter 20.11.2022, 12:30 Geändert 20.11.2022, 12:55
                                  über Krampus

                                  Der Krampus ist eine bitterböse Variante des Knecht Ruprecht (vorzugsweise vorzufinden im Ostalpenraum und in Österreich), der die nicht so braven Kiddies an Weihnachten "bestraft", und nicht nur die.
                                  Die US-Familie Engel (!) bekommt es an Weihnachten mit ebendiesem "Krampus" in der gleichnamigen Horrorkomödie zu tun. Nicht nur der Krampus sucht diese heim sondern auch noch seine recht garstige Gefolgschaft. Die traute Heimeligkeit ist vollkommen dahin...
                                  Fazit: Michael Dougherty's Streifen von 2015 lässt das Friede-, Freude-, Eierkuchen-Feeling, das gemeinhin an den Festtagen herrscht bzw. herrschen sollte zerplatzen wie einen bösen Traum. Nicht nur der "Krampus" zerstört hier alles, sondern schon im Vorfeld zerfleischen sich die lieben Familienmitglieder aus den unterschiedlichsten Gründen seelisch. Leider ist es oft so, dass gerade an solchen Tagen lange begrabene Fehden, Missverständnisse und falsch verstandene, tief drinnen verborgene Hassgefühle gegenüber Verwandten, die man nicht unbedingt um sich haben will, die aber just an den Feiertagen hereingeschneit kommen, zutage treten. Im Film ist das vielleicht etwas überzogen inszeniert und dargestellt, aber ein großer Funken Wahrheit wurde auf jeden Fall in sehr schwarzhumorigen Tönen und mit großem Wiedererkennungswert auf die Leinwand gebracht. Der Streifen ist spannend, nie langweilig, schwankt zwischen Horror und Satire hin und her und auch die Darsteller sind gut. Toni Collette als Sarah Engel versucht, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, aber irgendwann kann auch sie die freundliche Fassade nicht mehr aufrechterhalten und merkt, dass das Familienfest zur Farce mutiert. Schwester, Schwager nebst ihren frechen Blagen und Tante Dorothy mit ihrem losen Mundwerk nisten sich zu allem Überfluss auch noch bei ihnen ein. Die einzige, die hier Ruhe und ihren Mut bewahrt, ist die österreichische Mutter von Sarah's Ehemann (großartig: Krista Stadler), die das Geheimnis um den Krampus kennt. Ihr Enkel Max (Emjay Anthony) steht ihr zur Seite. "Krampus" ist ein kurzweiliges Horrorvergnügen, wobei das Wort "Vergnügen" eigentlich die Oberhand behält. Trotzdem hat der Film seine gruseligen Momente und die Effekte und das Make-Up sind hier klasse und düster in Szene gesetzt. Xmas der etwas anderen, "bissigen" Art (die Bedeutung des Wortes "bissig" kann man hier sehr weit auslegen!). Sehenswert.

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                                    über Psycho

                                    Die Sekretärin Marion Crane (Janet Leigh) unterschlägt Geld ihrer Firma, tauscht ihren Wagen gegen einen anderen ein und flüchtet mit diesem überhastet. Wegen des schlechten Wetters übernachtet sie in einem abgelegenen Motel, das von dem jungen Norman Bates (Anthony Perkins) geleitet wird. Dieses Motel wird Marion nicht mehr lebend verlassen...
                                    Alfred Hitchcock's "Psycho" ist ein Meilenstein des Psychothrillers und verdient somit auf jeden Fall den Titelnamen. Bis auf wenige Ausnahmen ruhig und gemächlich inszeniert, baut der Streifen seine Spannung sehr subtil und langsam auf und der Soundtrack prägt sich besonders gut ein und passt haargenau zu jeder Szene. Die psychologische Raffinesse, die Hitchcock hier bewies, war für dieses Genre prägend und in vielen nachfolgenden Filmen werden Badewannen- und besonders Duschszenen mit Gefahr für Leib und Leben assoziiert. Anthony Perkins spielte hier den an einer dissoziativen Persönlichkeitsstörung leidenden Menschen fulminant, sein harmloses und sympathisches Jungengesicht passt so gar nicht zu seinem ansonsten zerstörerischen und äußerst dunklen Charakter, für den er nichts kann. Mit langen Kamerafahrten bzw. -einstellungen zerrt der Film, besonders bei einer Erstsichtung, gehörig an den Nerven und alles ist bis zur letzten und kleinsten Nuance geschickt durchdacht und perfekt eingefangen. Jamie Lee Curtis' Mutter Janet Leigh wurde durch diese Rolle weltberühmt und auch immer wieder mit dieser in Verbindung gebracht. Da der Streifen in s/w gedreht wurde, wirkt er trotz allem sehr bedrohlich, vielleicht hätte eine Farbgebung einiges zunichte gemacht. Obwohl fast alles in "Psycho" strahlend hell erscheint, ist dieser Film einfach nur düster. Auch heute noch ein Meilenstein des anspruchsvollen Suspense-Kinos, sehens- und empfehlenswert.
                                    P.S. und kleiner Spoiler: Das "Haus" der Bates' konnte ich auf einer USA-Reise bewundern, es befindet sich in den Universal Studios in Los Angeles, aber es stand nicht auf einem Hügel.

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                                      Miss_Jupiter 10.11.2022, 16:14 Geändert 10.11.2022, 17:02

                                      Zuallererst einmal: Mila Kunis spielt in diesem Film absolut großartig.
                                      "Luckiest Girl Alive" beschreibt den seelischen Zustand einer Frau, die in ihrer Jugend gleich zwei schreckliche Erlebnisse durchleiden musste. Sie wurde von mehreren jungen Männern vergewaltigt und überlebt dann noch ein Schulmassaker.
                                      Das Perfide an der ganzen Sache: man gibt ihr selbst heute noch die Schuld an beiden Taten. Tiffany (Ani) Fanelli (Kunis) ist erfolgreich in ihrem Job, hat einen netten Mann an ihrer Seite und auch sonst scheint sie privilegiert zu sein. Aber ihre sehr düstere Vergangenheit verhindert es, dass sie glücklich sein kann.
                                      Die Aufarbeitung schiebt die furchtbar traumatisierte Frau immer wieder hintenan, da sie weitere Repressalien in ihrem Leben fürchtet, aber sie wird ihre Meinung noch ändern...
                                      Fazit: "Luckiest Girl Alive" ist die Verfilmung von Jessica Knoll's gleichnamigen Bestseller und ist ein kontroverser, aber auch sehr bitterer Streifen, der zwei brisante und überaus wichtige Themen aufgreift: Vergewaltigung und Amokläufe. Kunis gibt Ani sowie allen vergewaltigten und missbrauchten Personen hier eine Stimme, die aber ständig überstimmt zu werden droht, weil man leider -wie so oft- das Opfer aus nicht nachvollziehbaren Gründen zum Täter stilisiert. Der Film macht wütend und man kann einfach nicht begreifen, dass dermaßen viele Menschen eine Vergewaltigung bagatellisieren und immer und immer wieder die Opfer angreifen, die Schwierigkeiten haben, wieder ein normales Leben zu führen. Die Täter:innen machen es sich leider meistens sehr leicht, winden sich heraus und kommen oftmals ohne Bestrafung davon. Aus Angst, nicht ernstgenommen zu werden, schweigen die Opfer jahrelang. Dies wird in dem Film sehr gut und nachvollziehbar (in vielen Rückblenden) herübergebracht. Unterlegt ist die Szenerie mit Ani's Stimme aus dem Off.
                                      Eine schwer verdauliche Inszenierung gepaart mit -gottseidank wenigen- harten Gewaltszenen und guten Darsteller:innen machen aus "Luckiest Girl Alive" einen wirklich sehenswerten und anspruchsvollen Film. Mila Kunis ist mMn eine sehr unterschätzte Darstellerin. In weiteren Nebenrollen: Finn Wittrock ("American Horror Story"), Jennifer Beals, Connie Britton und Scoot McNairy.

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                                      • 5 .5

                                        Jon Amiel's "The Core" hatte ich vor kurzem nochmals geschaut. Ich kann mich leider irgendwie nicht richtig mit diesem Film anfreunden.
                                        Zum Inhalt: Da der Erdkern aus unerfindlichen Gründen aufgehört hat, sich zu drehen, löst sich das Magnetfeld um die Erde herum langsam in Wohlgefallen auf. Furchtbare Katastrophen sind die Folge.
                                        Einige namhafte Wissenschaftler:innen, alle Koryphäen auf ihrem Fachgebiet, sollen mit Hilfe eines Bohrfahrzeugs, angetrieben durch einen hochwirksamen Laser-Ultraschall-Bohrer sowie das Material Unobtainium, ins Innere der Erde und bis zum Kern vordringen, um dort Atomsprengköpfe zu platzieren. Diese sollen den Erdkern wieder zum Rotieren bringen. Dieses Unterfangen ist schwierig und lebensgefährlich und die Besatzung an Bord dieses seltsamen Objekts wissen nicht, ob sie wieder lebend aus dieser Geschichte herauskommen. Das Fortbestehen der Menschheit hängt aber von diesen Personen ab.
                                        So weit, so gut. Spannend ist der Film allemal, die Darsteller sind auch passabel, Hillary Swank, Aaron Eckhard, Bruce Greenwood, Delroy Lindo, Tchéky Karyo und der geniale Stanley Tucci vermögen es, einen klaustrophobischen Zustand bei den Zuschauer:innen hervorzurufen und versuchen alles menschenmögliche, zur vorherigen normalen Situation der Erde zurückzukehren. Die "Fahrt" oder auch die seltsame Reise zum Erdkern ist visuell annehmbar in Szene gesetzt, die wissenschaftlichen Details sind aber wohl -wie man oft lesen konnte- im Film alles andere als korrekt dargestellt- (ein Kritiker bezeichnete das alles als "dumme und plump dargestellte Physik", die jedweder Logik entbehrt) und trotzdem kann man über dies und jenes hinwegsehen. In sehr vielen Filmen geht es halt nicht immer logisch zu. Aber es könnte vielleicht durchaus möglich sein, dass so etwas mal eintritt, was man nicht hofft. Einige Klischées dürfen in "The Core" natürlich nicht fehlen, und es sind mMn ein paar davon zu viel. Z.B. der hochintelligente Computernerd, der alles weiß und alles kann, darf natürlich auch nicht fehlen. Auch die (CGI)Effekte wirken stellenweise billig produziert. Diese Sachen sind es dann auch, die ich an "The Core" bemängele, die mich irritieren und mich davon abhalten, ihn hoch zu bewerten. Langweilig ist er jedoch zu keiner Sekunde, da er rasant inszeniert ist. Mein heimlicher Favorit ist Richard Jenkins, der in einer hervorragenden Nebenrolle zu bewundern ist, ich mag diesen Typen. Ansonsten Durchschnitt.

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                                          Miss_Jupiter 02.11.2022, 12:51 Geändert 02.11.2022, 16:46

                                          Die Skandinavier können's einfach, wenn es um hoch anspruchsvolle, dramatische Krimi/Thriller-Serien geht (obwohl Dänemark nicht immer zu Skandinavien gezählt wird).
                                          In "Darkness" geht es um zwei Menschen, die dermaßen verkorkst, eiskalt, empathielos und brutal sind, dass es einen einfach nur graust. Ein Mann und eine Frau leben in einer unheilvollen Symbiose miteinander, eine gegenseitige kranke Abhängigkeit besteht und Sadismus und Kontrolle über andere Personen dominieren ihren kaputten Charakter. Man weiß zuerst nicht, wer von den beiden der/die Schlimmere ist. Sie entführen mehrere junge Mädchen und Frauen, die sie für lange Zeit gefangen halten, vergewaltigen, quälen, einige von ihnen schließlich töten und danach wie Müll entsorgen. Die Ermittler Louise (Natalie Madueño) und Jan (Kenneth M. Christensen) reiben sich bei der Suche nach den Täter:innen auf und gehen wegen der Grausamkeit der Verbrechen schon fast daran zugrunde...
                                          Fazit: Ich war von der Serie von der ersten Sekunde an fasziniert und gefesselt. Es entstehen überhaupt keine Längen und die Inszenierung ist hervorragend, meist sehr düster, verstörend und von einer atmosphärisch tiefen, dichten und intensiven Eiseskälte geprägt, die fast schon durch den Bildschirm auf die Zuschauer:innen zukriecht und sie einhüllt. Dazu passt der stellenweise genauso düstere und intensive Soundtrack. Die Darsteller:innen sind allesamt großartig, vor allem Signe Egholm Olsen ("Into the Wild") als Stine ist hier zu nennen. Eine derartige Skrupellosigkeit und Bösartigkeit habe ich in letzter Zeit bei keiner anderen bekannten Darstellerin in ihrer Schauspielkunst ausmachen können. Ein Blick in ihre emotionslosen kalten Augen genügt, um bei jemandem eine Gänsehaut zu hinterlassen.
                                          Die Vergangenheit von Anders (Mads Riisom) und Stine ist zwar furchtbar, durchzogen von Missbrauch, Ablehnung und weiterer psychischer sowie physischer Folter, entschuldigt aber in keinster Weise ihre schrecklichen Verbrechen, bedarf trotzdem dieser Erklärung, was nur sehr schwer zu verdauen und zu verarbeiten ist. Diese Serie ist starker, heftiger Tobak und die gezeigte Brutalität nur schwer mit anzusehen und vor allen Dingen auszuhalten. Die Kamera schwenkt nicht -wie in anderen Produktionen mit einer ähnlichen Thematik- gnädig weg, sondern hält gnadenlos drauf. Ich musste ein paarmal heftig schlucken, weil ich emotional total mitgenommen war. Bin jetzt gespannt auf die andere Staffel.
                                          Prädikat: sehens- und empfehlenswert, aber -wie immer bei solchen grenzwertigen Sachen hier eine Warnung von mir- für besonders labile Zeitgenoss:innen mit absoluter Vorsicht zu genießen.

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                                          • 8
                                            Miss_Jupiter 31.10.2022, 15:26 Geändert 31.10.2022, 16:06

                                            Passend zu Halloween schreibe ich heute mal was zu John Carpenter's "The Fog".
                                            Er hat schon 42 Jahre auf dem Buckel, erscheint heute eventuell ein wenig antiquiert zu sein, hat aber trotzdem noch einen ganz besonderen Charme, eine intensive, unheimliche Atmosphäre und darüber hinaus einen exquisiten Soundtrack vom Meister höchstselbst komponiert, den man immer wieder mit diesem Film assoziiert. Noch dazu ist er für die damaligen Verhältnisse hervorragend inszeniert. Carpenter verstand es bei "The Fog" auf höchst intelligente Weise, an die Urängste der Menschen zu appellieren, sie in den allermeisten Szenen zu triggern und vor allen Dingen die Furcht vor Nebel zu verstärken. Nebel ist undurchdringlich, oft gruselig, geheimnisvoll und man weiß nie, was einen nach einem halben Meter Grau in Grau erwartet, da man -falls überhaupt- nur Konturen erfassen kann. Diese Furcht hält sich im Film von Anfang bis Ende, der Nebel ist seltsam und leuchtet, was ihn noch furchteinflössender erscheinen lässt und was dann letztendlich aus ihm herauskommt, bringt Tod und Verderben über den kleinen kalifornischen Küstenort Antonio Bay. Die Bewohner:innen dieses Ortes sind nicht mehr sicher, da ihre Vorfahren etwas schreckliches getan und noch schrecklichere Schuld auf sich geladen haben. Der Nebel ist ein Synonym für Rache, welches recht geschickt in die Story verwoben wurde.
                                            Jamie Lee Curtis ist auch wieder mit von der Partie sowie ihre Mutter Janet Leigh. Hal Holbrook spielt den alkoholabhängigen Pater Malone, dem in "The Fog" eine besondere Rolle zuteil wird. Adrienne Barbeau spielt die aufopferungsvolle Mutter Stevie Wayne, die als Radiomoderatorin in einem Leuchtturm am Ende um ihr Leben kämpfen muss. Alle Darsteller:innen machen ihre Sache gut und "The Fog" gefällt mir um Längen besser als Carpenter's "Halloween", da er wesentlich subtiler und ruhiger daherkommt, die Gefahr bzw. Bedrohung bleibt sowieso erstmal sprichwörtlich "im Nebel", während Myers in "Halloween" recht vordergründig, hektisch und auch plump agiert.
                                            Im Grunde genommen ist "The Fog" ein Film über Schuld und Sühne.
                                            Zu Halloween ist und bleibt dieser Kultstreifen mein Favorit. Immer noch sehenswert.

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                                            • 7 .5

                                              "Guillermo del Toro's Cabinet of Curiosities" beinhaltet 8 Horrorstories, die unterschiedlicher nicht sein könnten und von 8 verschiedenen Regisseur:innen stammen. Ein paar davon sind nach H.P. Lovecraft's Kurzgeschichten gedreht, was mir sehr gefallen hat. Einige namhafte Darsteller tummeln sich darin wie z.B. Andrew Lincoln, Essie Davis, Peter Weller, Sofia Boutella, Rupert Grint, Crispin Glover, F. Murray Abraham, Tim Blake Nelson, David Hewlett und Ben Barnes.
                                              Die meisten Folgen sind recht ansehnlich, gruselig, unheimlich, mysteriös und zuweilen auch anspruchsvoll, einige wenige kommen bei mir nicht so gut weg, aber die sind die Ausnahmen von der Regel. Perfekt und in einzelnen Szenen oft auch relativ ruhig inszeniert mit einer großartigen Kameraarbeit, gut ausgewähltem Soundtrack und schönen Locations, einer durchweg düsteren Atmosphäre und einem Hauch Tragik versehen, gefiel mir diese Serie ausgesprochen gut. Die Folge mit Boutella und Weller ("The Viewing" von Panos Cosmatos) ist recht seltsam, aber gerade diese Story hat mich am Anfang stark an John Carpenter erinnert, wegen dem 70er Jahre Feeling und vor allem der Hintergrundmusik. Die Reminiszenz an ihn ist dort schon fast greif- und spürbar.
                                              Da ein paar Folgen -wie oben angeführt- nicht so gut gelungen, aber immer noch passabel sind, habe ich einen halben Punkt Abzug bei der Bewertung gegeben. Guillermo del Toro stellt die jeweiligen Folgen am Anfang immer persönlich vor. Sehenswert.

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                                              • 7 .5
                                                Miss_Jupiter 22.10.2022, 14:36 Geändert 23.10.2022, 12:38

                                                Mike Flanagan's "The Midnight Club" ist keine Horror-Serie im eigentlichen Sinne. Gruselige Momente sind hier selten zu finden, aber wenn sie denn stattfinden, bekommt man wirklich eine Gänsehaut. Der Fokus liegt hier eher auf den sterbenskranken Jugendlichen, die gemeinsam im hospizähnlichen Brightcliffe Manor ihre Zeit verbringen, die für einige dort die letzte sein wird. Hauptperson ist Ilonka (Iman Benson), die nach der Diagnose Schilddrüsenkrebs ihre bisherige Lebensplanung über Bord werfen muss und schließlich in Brightcliffe landet. Die Mitbewohner:innen sind zuerst sehr zurückhaltend und skeptisch ihr gegenüber, ganz besonders Anya (großartig: Ruth Codd, die im realen Leben auch nur ein Bein hat), die es besonders hart und schwer getroffen hat. Der Mitternachts-Club wird für die jungen Leute nicht nur zum Zeitvertreib, sondern bringt auch -wie Brightcliffe selbst- mysteriöse und sehr unheimliche Geheimnisse ans Licht...
                                                Fazit: Berührende und faszinierende Serie mit einer bedrückenden und traurigen Atmosphäre, bei der der Horror schleichend eintritt und sich auch in den verschiedenen Krankheiten der Protagonist:innen zeigt, was noch viel schlimmer ist. Der Tod ist an diesem Ort allgegenwärtig und die Jungs und Mädels versuchen gemeinsam, sich ihren Ängsten zu stellen, sie ggfs. zu überwinden, sich gegenseitig Halt zu geben und aufzufangen. Mike Flanagan versteht es, die Tabuthemen Krankheit und Tod in dieser Serie äußerst behutsam und ohne allzu großen Druck auf die Tränendrüse unter- und rüberzubringen. Es ist ihm gelungen. Die jungen Schauspieler:innen spielen durch die Bank weg richtig klasse, Overacting habe ich in "The Midnight Club" zu keiner Sekunde sehen können, was äußerst wohltuend ist. Da ich selbst betroffen bin (Schilddrüsenkrebs, geheilt), hat die Serie für mich noch einmal eine ganz eigene besondere und psychische Bewandtnis.
                                                Ein Wiedersehen gibt es mit Heather Langenkamp aus "Nightmare on Elm Street", in der sie die Nancy spielte.
                                                Die vielen negativen Beurteilungen hier kann ich nicht so ganz nachvollziehen.
                                                Sehenswert!

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                                                • 7 .5
                                                  Miss_Jupiter 20.10.2022, 17:52 Geändert 20.10.2022, 17:54

                                                  "The Lodge" von Veronika Franz und Severin Fiala ("Ich seh, ich seh") ist ein ungemein fieser, verstörender und abgrundtief böser Thriller mit Drama- und Horrorelementen, in dem die junge Grace (Riley Keough) mit den beiden Kids ihres Verlobten die Weihnachtstage in einer ziemlich abgelegenen Hütte verbringt. Die furchtbare Vergangenheit der Stiefmutter in spe holt sie aber dort ein. Mehr hier nicht zur Handlung...
                                                  Fazit: Der Streifen ist eher ruhig, aber recht unangenehm inszeniert. Kammerspielartige Szenen wechseln sich ab mit unheimlichen und mysteriösen Einwürfen, die irgendwann nichts mehr mit der Realität zu tun haben. Die Isolation der drei Personen ist fast am eigenen Leibe zu spüren, wenn draußen ein Wintersturm tobt, Strom und Wasser ausfallen und sich ganz langsam der Wahnsinn ausbreitet. Von wem er ausgeht, ist nicht ersichtlich. Und das ist das perfide an diesem Film, wer oder was verdunkelt die Seelen der drei Protagonist:innen in dem einsamen Haus, welches verloren in Eis und Schnee auf Erlösung hofft? Die Kamera ist immer recht nahe bei Keough, ihr verzweifeltes Gesicht in Close ups, ihre Augen lassen einen erschauern, drücken sie doch unvorstellbares Grauen und Wissen aus, das Grace einmal widerfahren ist und dass sie noch immer verfolgt. Die Kinder ihres Verlobten, Aidan (Jaeden Martell) und Mia (Lia McHugh) sind aber ebenso nicht das, was sie zu sein scheinen. Der ganze Film geht ziemlich auf die Psyche, jedenfalls hatte er einen heftigen seelischen Einschlag bei mir persönlich hinterlassen.
                                                  Eine böse, sehr beklemmende und düstere Atmosphäre wabert durch die Lodge und Soundtrack sowie einige Ansätze und Einstellungen in diesem Streifen erinnerten mich ein wenig an "Midsommar" (Musik) und "Hereditary" (Inhalt). Der Hammer in "The Lodge" ist aber Riley Keough, die wirklich eine starke Performance abliefert und auch sonst eine sehr gute Schauspielerin ist.
                                                  In weiteren Nebenrollen: Alicia Silverstone, Richard Armitage und Danny Keough.
                                                  Sehenswert.

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                                                    Miss_Jupiter 17.10.2022, 16:35 Geändert 17.10.2022, 16:54

                                                    Wes Craven's "Scream" (1996) ist auch heute noch für mich der beste Teil der Reihe. Dieses abgefahrene 90er Jahre-Feeling, der Soundtrack und vor allem die ganzen Ver- und Hinweise auf Filme, Filmzitate, Trilogien und Filmrätsel sind für eingefleischte Filmfans das Gelbe vom Ei. Diese Verweise kommen in "Scream" nicht zu kurz, der Humor sowieso nicht und die Darsteller sind auf ihre ganz eigene Art alle durch die Bank weg sympathisch, manchmal auch nett doof und naiv, laufen dabei aber immer Gefahr, Opfer des Killers mit der Edvard Munch-Maske zu werden. Zur Handlung bzw. Inhalt muss ich ja wohl hier nichts großartig mehr zu schreiben. Neve Campbell als gebeutelte Sidney Prescott ist die Hauptprotagonistin, deren äußerliches verletzliches Wesen sich aber bald verändert und sie sich tapfer zur Wehr setzt. Sie wird wohl für immer mit dieser Rolle in Verbindung gebracht werden, was letztlich positiv sein könnte, aber leider sieht man sie heutzutage nicht mehr oft in guten bzw. anspruchsvollen Streifen. Apropos anspruchsvoll: auch "Scream" ist in vielerlei Hinsicht anspruchsvoll, was man eigentlich von einem Horrorfilm nicht erwarten würde. Der Anspruch bezieht sich auf großartig und gefühlvoll dargestellte Beziehungen zwischen Sidney und ihren Freundinnen und Freunden und vor allem die unterschwellig inszenierte Kritik an den Medien, die immer und überall aufzufinden sind, wo etwas schreckliches passiert. Hier ist die sensationslüsterne Reporterin Gale Weathers (klasse: Courteney Cox) zu nennen, die irgendwann zarte Gefühle für den etwas tolpatschigen Deputy "Dewey" Riley (David Arquette) hegt.
                                                    Heute wirkt der Film vielleicht etwas antiquiert, aber ich sehe ihn immer noch gerne, besonders jetzt in der Vor-Halloween-Zeit. "Scream" versprüht trotz der gezeigten Gewalt dennoch einen ganz eigenen ironischen Charme, der die Zuschauer:innen um den Finger wickelt. Auch die vielen namhaften Nebendarsteller:innen wissen zu überzeugen, als da wären: Drew Barrymore, Matthew Lillard, Skeet Ulrich, Liev Schreiber, Rose McGowan und Jamie Kennedy.
                                                    "Scream" ist eine rasante Mischung aus Psychothriller, Horror- und Slashermovie, dessen gesamte Spannung und Dramaturgie eine Dynamik verbreitet, die von Anfang bis Ende zu fesseln weiß. Überzeugender und intelligenter Kultfilm!

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