Miss_Jupiter - Kommentare

Alle Kommentare von Miss_Jupiter

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    Miss_Jupiter 06.09.2023, 13:29 Geändert 06.09.2023, 19:15
    über Ruinen

    "The Ruins" (2008) von Carter Smith erzählt die Geschichte von 2 jungen amerikanischen Pärchen, die im mexikanischen Cancún Urlaub machen. Die Bekanntschaft mit dem Deutschen Mathias (Joe Anderson), der auf der Suche nach seinem Bruder ist, wird für die vier zu einem lebensgefährlichen Trip. Mathias vermutet seinen Bruder in der Nähe einer alten Maya-Ruine. Gemeinsam mit dem Griechen Dimitri machen sie sich auf den Weg dorthin. Der gestaltet sich schon als äußerst schwierig, denn der Pfad zur Ruine ist mit Gestrüpp versperrt. Die jungen Leute lassen sich davon aber nicht beirren, machen den Weg frei und gelangen schließlich zu der Stätte, die die meisten von ihnen nicht mehr lebend verlassen werden...

    Der Streifen ist zwar als Horrorfilm benannt, der wahre Horror kommt hier aber eher in Gestalt uralter Mythen, die man besser ruhen lassen sollte. "The Ruins" ergeht sich oft in vielen gewöhnungsbedürftigen Ekelszenen, die man nicht immer mit ansehen kann, weil sie schon ziemlich heftig sind. Der Maya-Kult wird hier übrigens fadenscheinig als "Feind" inszeniert, der alles, was ihn stört, aus dem Wege räumt und ihm insofern eine Bösartigkeit unterstellt, die mehr als fragwürdig erscheint.
    Die beiden US-Paare gelangen bald an ihre Belastungsgrenze und wissen nicht mehr, wie sie noch von dort fliehen können, denn einige Einheimische "bewachen" die Kultstätte und wehren sich mit Gewalt gegen sie.
    Irgendwann lässt auch der Geisteszustand der jungen Amerikaner zu wünschen übrig.

    "The Ruins" ist nicht unspannend, aber man fragt sich doch bald, weshalb die Touris nicht auf Warnungen gehört haben und kaum dort angekommen, fast direkt mit der Gefahr konfrontiert werden. Handys funktionieren natürlich dort oben nicht, Hilfe ist selbstverständlich auch keine zu erwarten und eine/r nach der/m anderen verliert sein/ihr Leben auf recht unschöne Weise.
    Mir hat am besten noch Jena Malone ("The Hunger Games", "Donnie Darko", "Sucker Punch", "The Neon Demon") als Amy gefallen, denn sie verhält sich am vernünftigsten und bewahrt die Ruhe.

    In weiteren Nebenrollen: Jonathan Tucker ("In the Valley of Elah") und Shawn Ashmore ("X-Men: Days of Future Past", "Acts of Violence").

    *Kleiner Spoiler*: die Pflanzenwelt rund um die Kultstätte hat es wahrlich "in sich" und "spricht".

    Der Film -gedreht nach der literarischen Vorlage "Dickicht" von Scott Smith- hat zwar eine bedrohliche Atmosphäre, aber man hätte noch viel mehr aus ihm herausholen können, so bleibt er für einmal schauen noch ganz ok, aber er wirkt leider nicht unbedingt lange nach, was man von einem richtig guten Horrorfilm eigentlich erwarten könnte. Schlussendlich bleibt er etwas blass. Trotzdem vergebe ich wegen den guten Spannungsmomenten, den schönen Naturaufnahmen und der ordentlichen Darsteller noch eine 6.0.

    33
    • 8 .5
      Miss_Jupiter 04.09.2023, 11:53 Geändert 04.09.2023, 12:13

      San Francisco in den 90ern. Der Journalist Daniel (Christian Slater) trifft sich mit dem Vampir Louis (Brad Pitt) in einem Hotelzimmer, um dessen wahre Geschichte auf Band aufzunehmen. Im Laufe des Gesprächs erfährt Daniel die tragischen Umstände, die zum Vampirdasein von Louis geführt haben...

      Vom Vampir Lestat (Tom Cruise) wurde Louis einst 1791 in die dunkle, ewige Welt hineingeworfen, nachdem seine Frau und sein Kind bei der Geburt starben. Der traurige und melancholische Louis will nach diesem Schicksalsschlag nicht mehr leben und gerät somit in Lestat's "Fänge". Fortan durchstreifen die beiden Untoten die Jahrhunderte, Lestat ist dabei immer auf der Suche nach Menschenblut, Louis weigert sich aber oft beharrlich, dafür einen Menschen ins Jenseits zu befördern und ihn plagt sein immer noch menschliches Gewissen.
      Nachdem die beiden die kleine Claudia (Kirsten Dunst) bei sich aufnehmen, die ihre Mutter verloren hat und sie zu eine der Ihren machen, wird die Konstellation zwischen dem Trio immer schwieriger. Eifersucht und ganz andere, noch menschlichere Gefühle machen sich zwischen Lestat, Louis und Claudia breit und führen zu immer heftigeren Disputen zwischen den beiden männlichen Vampiren, die beide um Claudia's Gunst buhlen. Louis und Claudia wollen sich schließlich von Lestat befreien...

      Neil Jordan gelang mit "Interview with the Vampire" ein atmosphärisch sehr dichtes, tragisches und bitteres Vampirdrama, das mit allen bekannten und gängigen Klischées über die Blutsauger aufräumt. Mit opulenten Bildern und einer überwältigend genauen Inszenierung der damaligen Jahrhunderte versehen, schwelgt der Streifen in einem zwar düsteren, aber auch bunten Ambiente, das den damaligen Kostümen und dem großartigen Setting zu verdanken ist. Der schwermütige und bombastische Soundtrack passt zur traurigen Handlung, in welcher sich die Untoten in ihrer "Welt" bald nicht mehr wohl und zu Hause fühlen, denn alles um sie herum verändert sich, nur sie selbst nicht, was diese schon fast an den Rand des Wahnsinns bringt. Die Meinungen -vor allem- zwischen Lestat und Louis gehen immer mehr auseinander, was Louis und Claudia dazu bringt, Lestat zu hassen. Louis ist sich bald nicht mehr sicher, ob er damals richtig handelte, indem er sich in eine Welt hineinmanövrieren ließ, die ihm zwar die Unendlichkeit und ewiges "Leben" brachte, aber ihn auch dazu verdammte, sein Dasein in Finsternis zu verbringen und dem Sonnenlicht für immer Lebwohl zu sagen.
      Sein Verweilen in New Orleans und danach in Paris führt Louis schließlich zu anderen Vampiren, deren Anführer Armand (Antonio Banderas) ihm sehr verlockend erscheint. In Paris schlägt das Schicksal dann noch mal erbarmungslos zu.

      In "Interview with the Vampire" nach Anne Rice gibt es relativ viele, fast schon homoerotische Momente zwischen Lestat, Louis und auch Armand, die jedoch nicht unbedingt sexueller Natur sind, sondern eher eine gewaltige und oft schon hoffnungslose Abhängigkeit zwischen starken und schwächeren Vampiren aufzeigt, die man in diesen Szenen sehr intensiv wahrnimmt. Jordan hat diese Szenen äußerst gefühlvoll dargestellt.
      Die Konflikte, die sich im Inneren von Louis abspielen, sind mehr als menschlich und das macht diesen Vampir zu einer fast schon sympathischen Figur, mit der man mitleidet. Lestat dagegen ist eine ambivalente Erscheinung, die sehr manipulativ handelt. Die beiden Schwergewichte Pitt und Cruise gehen in ihren Rollen nahezu auf, aber auch Dunst als Claudia spielt (in ihrem damals sehr jungen Alter von 11 Jahren) genial. In einer weiteren Nebenrolle: Stephen Rea als Vampir Santiago.

      "Interview with the Vampire" ist auch heute noch ein perfektes, pompöses und überzeugendes Film-Meisterwerk, das besticht, den Zuschauer auf eine intensive, lustvolle, gefährliche und blutige Reise mit seltenen humorvollen Momenten entführt und das die Vampire als Wesen mit menschlichen Gefühlen zeigt, die man in anderen Filmen dieses Genres auf diese Art nicht zu sehen bekommt. Insofern ist der Streifen nicht nur Mystery und Horror, sondern auch eine richtig anspruchsvolle Charakterstudie mit gut herausgearbeiteten Figuren. Manchmal bekommt man sogar den Eindruck, einem morbiden Theaterstück beizuwohnen.

      Äußerst sehenswert!

      29
      • 7

        Jason Reitman's "Ghostbusters: Legacy" ist eine liebevolle Hommage an die "Ghostbusters"-Filme der 80er und Anfang der 90er Jahre. Die Handlung in die Gegenwart zu verlegen ist vollkommen in Ordnung. Kinder bzw. Heranwachsende als neue Geisterjäger hineinzubringen, sowieso.

        Bei der Sichtung kommen viele Erinnerungen hoch, die fast schon nostalgische Gefühle hervorrufen. Schön inszeniert, mit der seit dem 2016er-Film vermissten wunderbaren Humor und ausreichend Spannung versehen, versöhnt "Legacy" mit dem vermurksten Vorgänger, der alles vermissen lässt, was dieser hier richtig macht. Man kommt wieder in den Genuss von Torwächter, Schlüsselmeister und Gozer, auch die Kulissen ähneln denen des 1984er "Ghostbusters" und natürlich werden zwei Darsteller in Höllenhunde verwandelt. Die jungen Schauspieler, angefangen bei McKenna Grace als wissenschaftsbegierig-nerdige Phoebe und Finn Wolfhard als ihr Bruder Trevor machen ihre Sache ausgezeichnet und man geht gerne mit ihnen auf eine abenteuerlich-gruselig-versponnene (Nostalgie)Reise, die viele tolle Momente beinhaltet und die auch ein Wiedersehen mit vielen kleinen (bösartigen) Marshmallow-Men und den "alten" Ghostbusters Venkman (Bill Murray), Stantz (Dan Aykroyd) und Winston (Ernie Hudson) bietet. Der Streifen ist ebenfalls zur Erinnerung an den verstorbenen Harold Ramis (Spengler) gedreht worden, er kommt hier als Geist vor, der selbstverständlich den Protagonisten bei ihrer Jagd auf Gozer und Konsorten hilft. Diese Szenen sind wirklich emotional berührend, großartig und gefühlvoll inszeniert.

        Kurzweilig, sympathisch, lustig, mit sehr vielen Anspielungen auf die alten Filme versehen und klasse Effekten, versteht es "Ghostbusters: Legacy" den Zuschauer wieder in das Flair und die Umgebung einer kultig-geisterhaften Vergangenheit zu katapultieren, in die man sehr gerne wieder eintaucht.

        In weiteren Nebenrollen: Carrie Coon, Paul Rudd, Ecto1 und Sigourney Weaver als Dana.

        Sehenswert.

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        • 10
          Miss_Jupiter 29.08.2023, 11:22 Geändert 29.08.2023, 11:28

          Der nicht mehr so taufrische Schauspieler Bob (Bill Murray), der gerade in Tokio einen Werbespot für Whiskey dreht und die junge, frisch vermählte Charlotte (Scarlett Johansson), die ihren Mann (Giovanni Ribisi) begleitet, lernen sich während einer schlaflosen Nacht an der Bar eines Luxushotels kennen. Aus der zufälligen Begegnung wird schnell eine ungewöhnliche Freundschaft. Gemeinsam erleben sie Tokio als eine ihnen fremdartige Metropole, die sie in amüsante, zuweilen verrückte und bizarre Situationen bringt. Die Erfahrungen, die sie in Tokio machen, ermöglichen ihnen schließlich den Blick auf ein ihnen bisher unbekanntes Leben mit ganz neuen Perspektiven, die sie vorher nicht kannten.

          Sofia Coppola ("The Virgin Suicides") gelingt in ihrem zweiten Film eine höchst emotionale, rührende, anmutige und bisweilen auch traumhafte, melancholische Parabel auf die Einsamkeit in der Fremde, die aber schon durch die vormals eigene Isolation hervorgerufen wird. "Lost in Translation“ ist unglaublich sehenswert und zeigt eine sehr unkonventionelle Romanze über Suchen, Finden und das Gefundenwerden mit einer wunderbaren Leichtigkeit. Das Geheimnisvolle und die Komik, die sich aus der Begegnung der beiden Hauptdarsteller ergeben, ist überaus unpathetisch und sympathisch und doch zeigt es sehr deutlich die Entfremdung in der Moderne.

          Ein kleiner, feiner Film einer wunderbaren Beziehung mit einer großen Wirkung und eine Geschichte über das Leben an sich: glaubwürdig, atmosphärisch, ohne Kitsch und deshalb äußerst real und intensiv, auch dank der beiden genialen Hauptdarsteller.

          Ein großartiges und absolut empathisches Meisterwerk!

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          • 6 .5
            Miss_Jupiter 28.08.2023, 10:39 Geändert 28.08.2023, 18:49
            über Extant

            Die Astronautin Dr. Molly Woods (Halle Berry) kehrt nach einer 13monatigen Weltraummission auf die Erde zurück. Sie war alleine im All, stellt jedoch fest, dass sie danach schwanger ist, was vollkommen unmöglich erscheint. Ihr Mann, der Wissenschaftler John Woods (Goran Višnjić, "The Girl with the Dragon Tattoo (Verblendung)", "The Boys") forscht an sogenannten "Humanics" (menschenähnliche Androiden) und hat einen Robotersohn namens Ethan (Pierce Gagnon) für sich und seine Frau erschaffen, da das Paar keine Kinder bekommen kann.
            Was jedoch seiner Frau oben im All zugestoßen ist, lässt sich mit menschlichen Maßstäben nicht mehr erfassen.

            Diese beiden Handlungsstränge (Ethan und Molly) ziehen sich durch die Serie "Extant" (vorhanden, existent) und beinhalten jede für sich schon fast eine ganz eigene Story. "Extant" ist wirklich klasse inszeniert, spannend und hat mit 13 Folgen (Staffel 1) eine lange Sehdauer. Berry spielt hier recht gut eine Frau, die bald nicht mehr zwischen Realität und Fiktion bzw. Visionen/Halluzinationen unterscheiden kann. Ihre mysteriöse Schwangerschaft ruft ihren Arbeitgeber auf den Plan, der alles daransetzt, ihre seltsame Nachkommenschaft und alles, was mit ihr zu tun hat, an sich zu reißen. Die Hintergründe sind zwar nachvollziehbar, bringen Molly und ihre Familie jedoch in große Gefahr. Sie werden bedroht und besonders Molly gerät ins Visier des Konzerns Yasumoto, dessen dubioser Oberguru (Hiroyuki Sanada, "John Wick: Kapitel 4", "Avengers: Endgame") ganz eigene Interessen verfolgt.

            Die Serie hätte noch mehr Potenzial haben können, hätten die Macher sie nicht manchmal auf TV-Serien-Niveau herabgesetzt, was ziemlich schade ist. Sie schwankt zwischen Kino-Erlebnis und TV-Format und kann sich nicht für eines der beiden entscheiden, was zeitweise ziemlich irritiert. Deshalb gebe ich hier auch nur eine Bewertung von 6.5. Hätte "Extant" das hohe Niveau bis zum Schluss halten können, wäre sogar eine 8.0 herausgekommen. So bleibt sie "nur" eine -zwar atmosphärisch dichte-, wenn auch hochwertige, aber sich selbst im Wege stehende Sci-Fi/Mystery/Drama/Thriller-Serie, deren tolle Darsteller aber vieles herausreißen. An Setting, Kameraführung und Spannungselementen gibt es jedoch nichts auszusetzen. Ab und an wird es sogar regelrecht düster, unheimlich und bedrohlich, vor allen Dingen bei den Szenen im Weltall gibt es richtiggehend gruselige Momente, die einem Sci/Fi-Horrorfilm in nichts nachstehen. Diese Szenen hätte es in "Extant" öfter geben müssen, dann wäre es nahezu perfekt gewesen.

            Der Fokus der Serie liegt auf so wichtigen Themen wie Humanität, außerirdisches Leben, künstlicher Intelligenz und traumatischen Erlebnissen wie z.B. der Tod geliebter Menschen und damit einhergehend großer Verluste, die die meisten der Darsteller er- bzw. durchlebt haben. Die Humanität lässt sich bei den Menschen oft vermissen, aber der Android Ethan ist hier menschlicher als alle anderen Protagonisten. Pierce Gagnon spielt diese Rolle wirklich großartig. In einer Nebenrolle als John's Kollegin Julie ist Meryl Streep's Tochter Grace Gummer zu sehen.

            "Extant" ist eine Mischung aus "The Astronaut's Wife", "A.I." und "Species" und ich habe im Sci/Fi-Genre schon weitaus üblere Serien gesehen. Ob ich jedoch die 2. Staffel mit Jeffrey Dean Morgan an Berry's Seite noch anschaue, weiß ich aber bis jetzt noch nicht.

            Mir erscheint die FSK 12 zu niedrig angesetzt, weil einige Szenen in der Serie schon relativ gewalttätig und für jüngere Zuschauer nicht geeignet sind. Bei Magenta TV, wo sie derzeit läuft, sind die meisten Folgen daher auch erst ab 16 und man muss eine PIN eingeben, um sie zu schauen, was ich auch absolut in Ordnung finde.

            Executive Producer: Steven Spielberg

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            • 7 .5
              Miss_Jupiter 25.08.2023, 12:35 Geändert 26.08.2023, 12:18

              Earl Brooks (Kevin Costner) hat einen tollen Job, einen Haufen Kohle, eine attraktive Frau (Marg Helgenberger) und eine hübsche und smarte Tochter (Danielle Panabaker). Doch er frönt einer dunklen "Leidenschaft", denn er ist ein Serienkiller. Wegen seiner "Sucht" geht er in allgemeine Selbsthilfegruppen, so dass er mit deren Hilfe jahrelang nicht mehr gemordet hat. Durch seine hohe Intelligenz hinterlässt er bei seinen Verbrechen keinerlei Spuren und wurde bis jetzt nicht von der Polizei behelligt.
              Jedoch hat er jetzt wieder seinen Jagdtrieb wiedergefunden und er setzt sein abartiges und brutales "Hobby" fort. Bei diesem Mord wird er aber von Mr. Smith (Dane Cook) beobachtet und fotografiert. Smith erpresst ihn, jedoch nicht um Geld, sondern um Mitnahme auf Brook's Killertouren und um selbst einen Menschen zu töten.
              Brooks ist eine gespaltene Persönlichkeit, seine andere "Hälfte", Marshall (William Hurt) setzt ihm immer mehr zu. Nicht nur sein böses Alter Ego, auch Smith und die toughe Polizistin Atwood (klasse: Demi Moore) nehmen ihn in die Mangel. Mr. Brooks sieht irgendwann nur noch einen schlimmen Ausweg für sich selbst, seine Umwelt und sein Seelenheil...

              Kevin Costner in einer ungewohnten Rolle als Mörder zu sehen, war schon etwas gewöhnungsbedürftig. Aber er macht seine Sache sehr gut und man nimmt ihm die psychisch gestörte Persönlichkeit ab. Hurt als Marshall ist in diesem Streifen eigentlich nur dazu da, um sich mit Brooks zu "unterhalten", was ansonsten ja niemand mitbekommt, da er nur in Brook's Gehirn existiert. "Mr. Brooks" weist keinerlei Längen auf und ist in manchen Szenen ziemlich brutal inszeniert, deswegen die FSK 18. Auch die Atmosphäre ist oft perfide, derb, düster und rauh und mit einem absurden schwarzen Humor "gewürzt", der aber hin und wieder gut tut.
              Durch die vielen Gespräche zwischen Brooks und Marshall erfährt man immer mal wieder etwas über Brook's Charakter, sein Verhältnis zu seiner Familie und dass er eigentlich ein vollkommen normaler Mensch ist, der von seiner schwarzen Seite in Abständen "überfallen" und zu schrecklichen Taten gezwungen wird. In die Enge getrieben, verwandelt er sich in einen Mann, der sich nur noch wehren will, sowohl gegen sein böses "Ich", als auch gegen diejenigen, die ihn unterdrücken und zur Strecke bringen wollen, was sogar verständlich ist. Der Zuschauer bringt eine gewisse Sympathie für ihn auf, die im Grunde genommen unvorstellbar erscheint und dennoch ist sie irgendwann da.

              Man blickt tief in die seelischen Abgründe eines Getriebenen sowie auf dessen unheilvolle Verbindung zu einem sehr bösen Teil in seinem Inneren, der seine furchtbare Sucht unter Kontrolle glaubte und leider scheiterte.

              Sehenswerter Streifen mit einem hervorragenden und ganz anderen Costner, der den Film auch trägt.

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              • 7
                Miss_Jupiter 24.08.2023, 11:46 Geändert 24.08.2023, 11:48

                In "The Purge 3: Election Year" möchte Senatorin Roan (Elizabeth Mitchell) ein für alle Mal die "Purge" abschaffen und nächste Präsidentin der USA werden. Die sozialkritischen Töne werden in diesem Teil der Reihe noch mehr angeschlagen. Dass die Armen in dem riesigen Land eliminiert werden sollen, um dem Staat nicht noch mehr auf der Tasche zu liegen und natürlich, um Wohnraum und sämtliche andere Kosten, die anfallen, einzusparen, ist schon zynisch genug. Dass die "Purge" von den sogenannten neuen Gründervätern vor Jahren abgesegnet wurden, macht die Sache kompliziert, denn Roan's Widersacher liegen auf der Lauer, um sie auszuschalten und sie verfügen über sehr viel Macht und Gefolgsleute, die für Geld alles tun. Ein paar weitere Purge-Gegner, Roan und ihr Security-Mann Leo (Frank Grillo) geraten in der Purge-Nacht in arge Bedrängnis und müssen sich nicht nur vor den Purgern selbst, sondern auch den Häschern der Regierung in Acht nehmen...

                Der Streifen ist relativ spannend und bietet durch die Bank weg eine höchst gefährliche Atmosphäre, aber einige Sachen dort widersprechen sich selbstverständlich, wie z.B. diese: die NFFA, New Founding Fathers of America, (die Ähnlichkeit zur NRA ist wahrscheinlich nur ein großer Zufall!) steht hinter den Waffennarren (-lobbyisten) und begründet dies -man lese und staune- mit christlicher Nächstenliebe. Man hält sich für unfehlbare und "gute" Menschen.
                Roan ist gegen Waffen, aber ohne Waffen kann man sich während der Purge nicht verteidigen, so what?

                Die Message hinter diesem Film (und den anderen Purge-Streifen) springt einem wahrlich ins Gesicht: die Reichen im Land können tun und lassen was sie wollen, und wenn sie morden, dann aus "menschlichen" Gründen. Selbst die Kirche schreckt in dieser brutalen Nacht vor Mord nicht zurück. Einfach nur krank.
                Dass einige kranke Hirne diese Filme vielleicht für ein solches Vorhaben missbrauchen könnten, ist eigentlich absolut unvorstellbar, oder etwa doch nicht?
                Auf jeden Fall bekommt man beim Schauen immer wieder ein sehr ungutes und mulmiges Gefühl in der Magengegend. Eine perverse Ungerechtigkeit zieht sich durch den gesamten Streifen. Dass Menschen einen solchen Hass auf "Unterprivilegierte" bekommen können und sich regelrecht darauf freuen, sie zu töten, ist abartig und abstoßend. Dass das ganze legitim ist, ist das Allerschlimmste.

                "The Purge 3" ist trotz einiger kleiner Abstriche recht seheswert und die Darsteller sind in Ordnung.

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                • 9
                  Miss_Jupiter 21.08.2023, 10:57 Geändert 21.08.2023, 17:04

                  Kommentar nur zu Staffel 1:
                  Wir schreiben das Jahr 1845. Die beiden Handelsschiffe "HMS Erebus" und "HMS Terror" sollen im Auftrag der Britischen Royal Navy nördlich von Kanada die Nordwest-Passage erkunden, die sogenannte Franklin-Expedition. Als beide Schiffe mit Beginn des zweiten Winters 1846 im lebensfeindlichen Eis feststecken, müssen die Kapitäne und ihre Mannschaften irgendwann einsehen, dass sie sich in Lebensgefahr befinden. Nach einiger Zeit gehen Proviant und Überlebenswillen verloren, Captain John Franklin ("Erebus", Ciarán Hinds) und Captain Francis Crozier ("Terror", Jared Harris), einst Freunde, jetzt Konkurrenten um höchstes Ansehen und Macht bei und über ihrer Mannschaft, sehen sich nicht nur mit den Unbillen der Natur sowie dem Ausgeliefertsein im ewigen Eis konfrontiert, sondern müssen auch gegen eine mysteriöse und furchtbare Kreatur ankämpfen, die sie seit Beginn an verfolgt...

                  Dan Simmon's gleichnamiger Roman von 2007 thematisiert die reale Franklin-Expedition und ergänzt diese mit Horrorelementen, die auch in der 1. Staffel der Serie eingebaut sind. Die Anthologie-Serie, dramaturgisch auf allerhöchstem Niveau, hatte mich von Beginn der ersten Folge an in ihrem Bann. Von Setting, Kostümen, und der authentischen Darstellung des entbehrungsreichen damaligen Lebens auf diesen Schiffen vollkommen begeistert, erschütterten mich der langsame Zerfall von Moral, das Fehlen jeglicher menschlicher normaler Verhaltensweisen und Gefühlen und etliche Grausamkeiten, die während der langen Zeit dieses Gefangenseins und der Isolation im Eis die Männer in ihrer ausweglosen und verzweifelten Lage in instinktgesteuerte und barbarische Zeitgenossen verwandelt. Nicht die Kreatur ist es, die hier den Horror langsam heraufbeschwört und der sich erbarmungslos in Körper und Seele eingräbt, sondern der Verlust rationalen Handelns, Mitleids und der Beginn dunkler, psychischer Abgründe und schonungsloser Gewalt, die die Menschen in ihrer düsteren, trost- und -hoffnungslosen Lage dazu bringt, Dinge zu tun, die sie normalerweise nicht tun würden. Hinzu kommen Krankheiten, Todesfälle, Stürme und natürlich die unheimliche, gewalttätige Bedrohung, die man sehr lange nicht zu Gesicht bekommt. Die Atmosphäre dieser Serie ist genauso von eisiger Kälte geprägt wie die Umgebung, in der die Schiffe gestrandet sind. Die genialen Bilder der vom Eis überzogenen Polar-Landschaften, weiße Weiten, wohin man auch schaut, Temperaturen von -50 Grad Celsius, Polarlichter, die eine gewisse Schönheit herbeizaubern und die immerwährenden Gefahren, die überall lauern und plötzlich hervorspringen können, zerren ganz schön am Nervenkostüm. Bei mir war es jedenfalls so. Die brillianten Darsteller, vor allem Hinds ("Harry Potter", "In Bruges") und Harris ("Chernobyl"), punkten hier an vorderster Front, auch Tobias Menzies als Cpt. James Fitzjames und Paul Ready als sehr sympathischer und besonnener Schiffsarzt Dr. Harry Goodsir spielen einfach großartig. Die Nebenrollen sind ebenso hervorragend besetzt, die seltsame "Lady Silence" (Nive Nielsen) fand ich klasse. Greta Scacchi ist als Ehefrau von Captain Franklin zu sehen.

                  In "The Terror" ist eine längst vergangene Epoche verdammt gut inszeniert und dargestellt worden und obwohl die Männer auf den zwei Schiffen mit vielen anderen zusammen sind, sind Abgeschiedenheit und vor allen Dingen Einsamkeit drumherum immer präsent und tun richtiggehend weh. Ihr Schicksal berührt in jeder Hinsicht.

                  Die Obsession beider Kapitäne wird hier sehr offensichtlich und geradeheraus gezeigt, zwei Dickköpfe, die mit aller Gewalt und übermäßigem Alkoholkonsum ihr Ego zelebrieren, wie es für Männer im 19. Jahrhundert gang und gäbe war. Dass sie damit ein schreckliches Szenario heraufbeschwören, ist ihnen zu Anfang nicht bewusst und sie verdrängen es erfolgreich. Die Folgen für sie und ihre Männer sind mit Worten kaum zu beschreiben. "Grauenhaft" ist noch harmlos ausgedrückt.

                  Somit beschreibt der Titel "The Terror" natürlich nicht nur den Namen des Schiffs, sondern auch das, was den Männern widerfährt.

                  Herausragende, endlos faszinierende, hochspannende, emotionale und anspruchsvolle Serie, die man gesehen haben sollte.

                  P.S. Mitproduziert wurde "The Terror" von Ridley Scott.

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                  • 8 .5
                    Miss_Jupiter 16.08.2023, 11:51 Geändert 16.08.2023, 12:43

                    Was tut man, wenn man nach dem Tod der Mutter traumatisiert zurückbleibt? Man geht auf Parties, bei denen Bewohner und Gäste Geisterbeschwörungen durchführen. So macht es jedenfalls die 17jährige Mia (großartig: Sophie Wilde) und glaubt, damit ihrer Trauer und ihrer Depression entfliehen zu können. Die Beschwörungen, die momentan unter Jugendlichen als der "Hit" grassieren, entpuppen sich als unheimliche, surreale und gewalttätige Ereignisse, die nicht nur Mia, sondern auch Riley (Joe Bird), den Bruder ihrer Freundin Jade (Alexandra Jensen) komplett verändern. Die Nachwirkungen dieser Séancen sind lebensgefährlich und nicht von dieser Welt...

                    Der australische Streifen "Talk to Me" ist nicht nur Horrorfilm sondern auch Drama, das die Thematik Trauer und Verlust in den Vordergrund stellt. Langsam und gemächlich (bis auf den Anfang!) baut sich der Film auf, um dann urplötzlich an der Spannungsschraube zu drehen. Man ist Zeuge dieser Beschwörungen und ohne Vorwarnung springt den Zuschauer ein Schockmoment an, der es dermaßen in sich hat, dass einem sprichwörtlich die Luft wegbleibt. Dies erinnerte mich ein wenig an den Aufbau in "Midsommar", der mich damals im Kino ebenfalls kalt erwischte. Genau so muss ein guter und, in diesem Falle, auch noch anspruchsvoller Horrorfilm sein. "Talk to Me" ist schockierend, gruselig und gleichzeitig ein wenig erschütternd, was auch den guten Darstellern zu verdanken ist. Schuld, Sühne und Vergebung spielen hier ebenfalls eine große Rolle und die geschickte und atmosphärisch dichte Inszenierung tut ihr Übriges dazu, dass man gebannt im Kinosessel hockt. Der Film ist auf jeden Fall anders als andere dieses Genres und die Bildsprache ist düster, derbe und erbarmungslos. Close Ups der Darsteller und hier vor allem von Mia verstärken noch das unangenehme Gefühl einer nicht (be)greifbaren Dunkelheit und Bedrohung und bewirken in der Psyche eine hervorkriechende Kälte, die nicht nur innen, sondern auch außen spürbar ist. Mich hat der Film auf jeden Fall abgeholt und ich kann verstehen, dass er nur positive Kritiken -auch im Vorfeld- erhielt.
                    Mia (Wilde) ist nicht unbedingt eine große Sympathieträgerin, aber man leidet mit ihr mit, obwohl man ihre Handlungsweise irgendwann nicht mehr nachvollziehen und verstehen kann. Manchmal hatte ich so das Gefühl, das sie vielleicht eine Psychose hat und nicht mehr durchblickt, was real und was Halluzination ist.

                    "Talk to Me" ist nicht nur ein packender und richtig fieser (hier: positiv gemeint) Horrorfilm, der es in sich hat und durch genial grauslige, eklige und dadurch höchst eindringliche und nachwirkende Effekte besticht, sondern auch ein kluges Coming-of-Age-Drama, das die Verzweiflung der Hauptprotagonistin in den Vordergrund stellt und alles darum herum geschickt aufbaut. Die Horrorelemente sind hier ebenfalls wohldosiert und durchdacht inszeniert und keinesfalls übertrieben. Wenn sie dann auftauchen, schütteln und berühren sie einen wahrhaft durch und durch, genauso wie auch das Ende von "Talk to Me".

                    Der mysteriöse Streifen bietet im Nachhinein viel Interpretationsspielraum für Spekulationen.

                    In einer hervorragenden Nebenrolle ist Miranda Otto ("HdR", "The Thin Red Line", "Homeland") als Jade's Mutter zu sehen.

                    Prädikat: Ausgezeichnet!

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                      Ang Lee's "The Ice Storm" (1997) nach dem gleichnamigen Roman von Rick Moody zeigt eindringlich, wie zwei befreundete -nach außen hin- perfekte Familien bzw. ihr "Idyll" langsam zerbricht. Im Jahr 1973 -zur Zeit des Vietnamkriegs, der Demos, der Post-Hippie-Generation, ihrer baldigen Sinnleere und der Watergate-Affäre- ist auch das Leben der Familien Hood und Carver aus den Fugen geraten. Die Beziehungen der Eheleute sind erkaltet, man macht sich gegenseitig etwas vor und versucht, das ideale Bild für die Umwelt aufrechtzuerhalten, was aber mehr und mehr misslingt. Janey Carver (Sigourney Weaver) und Ben Hood (Kevin Kline) haben eine Affäre, die Ben's Frau Elena (Joan Allen) aber schnell spitzkriegt. Trotzdem versuchen sie, alles so zu belassen, wie es ist und starten eine Art Verdrängungsmechanismus, der nicht nur ihnen, sondern auch ihren Kindern nicht gut bekommt. Die Erwachsenen sind nur noch mit sich selbst beschäftigt und merken nicht, dass ihr jugendlicher Nachwuchs selbst große Probleme zu wälzen hat, was schließlich zu einem Unglück führt, mit dem niemand gerechnet hatte. Nur der nächtliche Eissturm ist Zeuge davon und der schreckliche Schicksalsschlag könnte die beiden Familien wieder zueinanderführen...

                      "The Ice Storm" ist ein sehr ruhiger, leiser, aber dennoch beeindruckender und betroffen machender Film mit einer großartigen und ergreifenden Bildsprache, bemerkenswerten Aufnahmen des Eissturms und seiner überwältigenden und erschreckenden Schönheit und Kraft. Der Eissturm steht in diesem Streifen metaphorisch für verlorene Träume, Ideale und zerplatzte Hoffnungen, die unumkehrbar und somit auch unerreichbar sind. Die Bitterkeit in diesem Streifen macht emotional betroffen, man kann in den Gesichtern der hervorragenden Darsteller lesen, sie brauchen oft nicht zu reden, damit man ihre Gefühlslage versteht. Der Film bietet auch ein präzises Abbild und Porträt der frühen siebziger Jahre mit dem (falschen) Freiheitsgefühl, das sehr schnell als verlogen und moralisch daneben an die Oberfläche dringt. Materielle Wünsche sind schnell erfüllt, aber Gefühle, Liebe und Vertrauen sind unerreichbare Ziele.

                      Unterlegt mit einem tollen Soundtrack und mit einer traurig-deprimierenden Inszenierung versteht Lee es, die Protagonisten mit einer Kälte zu umgeben, die einen frösteln lässt. Zärtlichkeiten sind nur noch dazu da, den/die andere(n) ins Bett zu kriegen, um sich selbst besser und überlegen zu fühlen. Mit Liebe hat das Ganze dann nichts mehr zu tun. "The Ice Storm" zeigt das Auseinanderfallen einer nach Geborgenheit und Sicherheit lechzenden Gesellschaft, die sich selbst überdrüssig geworden ist und tut dies mit einer einzigartigen Intensität, die das heile Weltbild der ebenso heilen Familie ad absurdum führt.

                      Der Streifen ist ein intelligentes und anspruchsvolles kleines Meisterwerk, das seelische Abgründe offenbart, die in der Lage sind, komplexe und feste Beziehungsgeflechte auf lange Sicht zu zerstören. Mit ein wenig Humor durchsetzt erschüttert der Streifen aber dennoch auf ganzer Linie. Die Riege der Jungdarsteller (damals fast noch unbekannt: Christina Ricci, Elijah Wood, Tobey Maguire, Adam Hann-Byrd und Katie Holmes als "Libbets") ist hier glänzend in ihren Rollen der Kinder Carver/Hood besetzt und spielt genauso genial wie Kline, Weaver und Allen.

                      Ang Lee's "The Ice Storm" ist ein dramaturgisch wuchtiges, manchmal schroffes, quälend freudloses und atmosphärisch dichtes Drama, das immer wieder sehenswert ist.

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                        Miss_Jupiter 12.08.2023, 11:44 Geändert 12.08.2023, 12:11

                        Steven Spielberg's Verfilmung "Jurassic Park" nach Michael Crichton's Roman "Dino Park" von 1993 ist recht gut gealtert.
                        Dass Wissenschaftler die DNS von vor Millionen von Jahren ausgestorbenen Tieren im Blut von im Harz eingefangenen Moskitos erhalten, die einst deren Lebenselixier eingesaugt haben, ist so abenteuerlich wie auch realistisch. Der Milliardär John Hammond (Sir Richard Attenborough) macht dies möglich und erschafft auf der Insel Isla Nublar in der Nähe von Costa Rica neue Dinosaurier.
                        Was man mit Geld alles erreichen kann, sieht man ganz gut in diesem Streifen. Die von Hammond ("Ich habe keine Kosten gescheut.") hinzugezogenen Wissenschaftler Dr. Alan Grant (Sam Neill), Dr. Ellie Sattler (Laura Dern) sowie der Mathematiker und Chaosforscher Dr. Ian Malcolm (Jeff Goldblum) sollen Zeugen dieses Spektakels sein und ihren Senf dazugeben. Auch ein Anwalt ist mit von der Partie, die Expertisen der Wissenschaftler sollen dem Park eine positive Reputation verschaffen und dessen Sicherheit garantieren, damit dieser eine große Besucherzahl anlocken soll.
                        Der Schuss geht nach hinten los, als auf der Insel nach einem Sturm der Strom ausfällt und die Sicherheitszäune ihren Geist aufgeben. Die losgelassenen Dinos, und hier besonders ein recht schlecht gelaunter T-Rex, lassen ihrem Unmut freien Lauf und verwandeln den Park in ein Tollhaus, das einige Opfer fordert. Sattler, Grant und Malcolm müssen um ihr Leben fürchten...

                        Spielberg gelang mit "Jurassic Park" ein Kultstreifen, dessen Effekte auch heute noch großartig rüberkommen. Die Brutalität des Romans von Crichton ist darin erheblich abgemildert, so dass der Film noch "familientauglich" einzustufen ist. Ich habe das Buch und war über die Gewalt darin erstaunt, hatte ich doch schon den Film ein paarmal gesehen. Die Gewalt und die Ernsthaftigkeit im Buch stehen in keiner Relation zum Gezeigten in Spielberg's Film. Vielleicht trägt das auch zum Erfolg von "Jurassic Park" bei. Hält bzw. hielt sich immer noch im Rahmen des Erträglichen, ist viel harmloser und passt deswegen auch gut zu Drehbuch und Handlung. "Jurassic Park" ist eine Mischung aus Abenteuer, Sci-Fi und Monster/Kreaturenfilm und erweckt -trotz fehlgeschlagener Aussicht auf ein profitorientiertes Freizeitvergnügen- die Sehnsucht nach einem harmonischen Miteinander von Mensch und Dinosaurier, die in friedlicher Koexistenz auf der Erde leben könnten. Aber ich glaube, dass so etwas, sollte das Klonen von Dinos irgendwann möglich sein, nicht zu realisieren wäre. Es gäbe keinen Raum für die riesigen Tiere, und der Mensch würde sich von ihnen irgendwann gestört und bedroht fühlen, genauso, wie es heute auch schon beim Wolf der traurige Fall ist. Respekt gegenüber den Dinos fehlt gänzlich, wie es auch schon Malcolm im Film angesprochen hat. Die geklonten Dinos tun mir einfach nur leid. Wie so oft zählt leider nur das Geld. "Raubtierkapitalismus" passt hier als Wortspiel durchaus perfekt.

                        Ich finde vor allem die Darsteller passend ausgewählt, angefangen von Sam Neill als Kindern gegenüber skeptisch eingestellter Wissenschaftler und Jeff Goldblum als Ian Malcolm spielt genial den sarkastischen und realistischen Typen, der alles durchschaut und mit seiner Skepsis im Nachhinein Recht behält. Er sorgt mit seiner skurrilen Art auch für die nötige Dosis Humor.
                        In einer frühen Rolle und noch relativ unbekannt zu sehen: Samuel L. Jackson als kettenrauchender Ray Arnold.

                        Immer noch sehenswert, mit einer spannenden Atmosphäre, großartigem Soundtrack mit Wiedererkennungswert, schönen Aufnahmen der Insel und tollen Darstellern versehen (inklusive der Dinos) und auch ansonsten optisch überragend inszeniert, finde ich "Jurassic Park" am besten aus der (nachfolgenden) Reihe.

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                          Miss_Jupiter 07.08.2023, 18:07 Geändert 07.08.2023, 18:26

                          Frank Darabont's Verfilmung "The Mist" nach Stephen King gefällt mir auch heute noch sehr gut. Die beklemmende, sehr düstere und bedrohliche Atmosphäre des aufkommenden Nebels in dem kleinen Städtchen Castle Rock nach einem derben Unwetter ist schon richtig toll in Szene gesetzt. Zuerst lässt der Nebel sich über einem See blicken, sieht unnatürlich aus und wabert gemächlich näher an die Häuser am Ufer. Die Familie Drayton beobachtet dies mit gemischten Gefühlen. Als David Drayton (Thomas Jane) mit seinem kleinen Sohn Billy (Nathan Gamble) noch Besorgungen im Supermarkt tätigen will, lässt er seine Frau zu Hause zurück...
                          Die Bedrohung, die aus dem Nebel hervorkommt, bleibt erst mal längere Zeit unsichtbar, bevor sie zuschlägt. Die äußere Bedrohung weicht aber schließlich einer weitaus gefährlicheren im Inneren des Einkaufszentrums, in der die Menschen gefangen sind. Die religiös-fanatische Mrs Carmody (großartig und einfach nur widerlich in dieser Rolle: Marcia Gay Harden) versteht es auf perfide und geschickte Art und Weise, die verängstigten Kundinnen und Kunden in zwei Lager zu spalten. Von Angst und Wahnsinn getrieben und deswegen aufgestachelt, schließen sich ihr sehr viele an und verlieren ihren gesunden Menschenverstand und auch ihr Geisteszustand lässt bald zu wünschen übrig. Drayton bemerkt sehr schnell diese Veränderung und beschließt, mit ein paar anderen und natürlich seinem Sohn aus dem Zentrum zu fliehen. Alles ist besser, als bei diesen fanatischen und hoch gefährlichen Personen zu bleiben.

                          Darabont gelang hier ein beängstigendes und geradezu apokalyptisches Werk, das mit der Urangst des Menschen "spielt" und stellt die Isolation in dem Einkaufszentrum als vollkommenen Verlust jeglicher menschlicher Verhaltensweisen dar, die im Nachhinein fast nur noch instinktive und rudimentäre Züge tragen. Das mitanzusehen ist noch viel erschreckender als die furchtbare Gefahr im Nebel und die trostlose Hoffnungslosigkeit wird mit Aufzug des düsteren und undurchdringlichen Nebels offenbar. Er tilgt fast jegliches Tageslicht und taucht die Szenerie und ihre neuen "Bewohner" in ein unentrinnbares Mysterium, das jeder Vernunft widerspricht. Thomas Jane ist in diesem Streifen richtig klasse, er bemüht sich verzweifelt darum, für seinen Sohn so etwas wie Normalität zu schaffen, obwohl er genau weiß, dass diese Normalität niemals wiederkommen wird. Was ist jetzt außerhalb dieses Nebels? Besteht die Welt noch so, wie sie vorher war?

                          In weiteren Nebenrollen: Frances Sternhagen, Laurie Holden, Toby Jones, Andre Braugher und Jeffrey DeMunn.

                          Das Ende des Films lässt mich immer wieder erstarrt zurück, ich bekomme schweißnasse Hände und doch weiß ich, dass es kein gutes sein wird. Es verschlägt einem schier die Sprache und es ist eines der bedrückendsten Enden in einem Film, dem ich beiwohnen musste. Deswegen kann ich mir diesen Film nicht so oft anschauen, weil es einfach nur erschütternd ist.

                          Song am Ende, der einen noch tiefer mit in den Abgrund zieht:
                          Dead Can Dance / The Host of Seraphim (habe ein Video ohne Filmausschnitte ausgesucht)
                          https://www.youtube.com/watch?v=hThAlY3Q2Kw (Gänsehaut...)

                          Prädikat: Ausgezeichnet!

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                            Miss_Jupiter 05.08.2023, 11:40 Geändert 06.08.2023, 11:20

                            "The Big Short" (dtsch.: "Das große Shorten" oder "Der große Leerverkauf") bedeutet Raubtierkapitalismus "at its best" und in Reinform. Ich muss zugeben, dass ich mich in der Materie so gut wie nicht auskenne und die Thematik mir auch zu kompliziert erscheint, um da voll und ganz durchzublicken. Aber ein betrügerisches System, das überteuerte "Produkte" an Menschen verkauft bzw. in Anleihe- und Darlehensform vergibt, diese Menschen jedoch gar nicht die finanziellen Mittel haben, um diese Kredite zukünftig bedienen zu können, ist schon sehr perfide. Es ist somit profitorientiert und nur auf Gewinnmaximierung aus. Mit diesem betrügerischen System kommen diese Banker und Konsorten jahrelang durch, ihre "Kunden" aber verlieren alles: Job, Haus, evtl. Familie und schlimmstenfalls ihr Leben und stehen am Rande ihrer Existenz.
                            In dieser Ausgangslage durchschauen einige Investmentbanker und Broker dieses menschenverachtende System und versuchen mit ihren ganz eigenen Mitteln, diese Machenschaften publik zu machen, scheitern jedoch an den Mächtigen, die auf Teufel komm raus dieses System am Leben erhalten wollen, obwohl es schon ein totes Pferd ist. Resultat: das System bricht zusammen bzw. die sogenannte Immobilienblase (2007-2008) entsteht, die viele Menschen ihr gesamtes Hab und Gut kostet.

                            Adam McKay gelang mit "The Big Short" ein zynisches Werk, das in dokumentarischem Stil inszeniert ist, einige Darsteller direkt in die Kamera und damit die Zuschauer (an)sprechen und ihr Handeln erklären. Margot Robbie (as herself) liegt z.B. in der Badewanne und erläutert in verständlichen Worten, um was es geht.
                            Der ehemalige Arzt Dr. Michael Burry (Christian Bale), jetzt Hedgefonds-Manager, entdeckt zuerst, was schiefläuft und sieht die Finanzkrise kommen. Niemand glaubt ihm zunächst, aber auch Mark Baum (Steve Carell), Leiter eines Investmentunternehmens von Morgan Stanley, wird skeptisch. Sein Bruder beging wegen einer solchen Krise Selbstmord. Jared Vennett (Ryan Gosling), Makler bei der Deutschen Bank, kennt ebenfalls diese Risiken. Es gibt noch andere in diesem Bereich, die dann mitziehen. Es geht um Anleihenkäufe, -verkäufe, risikoreiche CDOs, Kurseinbrüche, eine Menge Zahlen und ein Auf und Ab an der Börse, dass es einem schon schwindelig wird. Der Film ist mit einer sonderbaren Art von schwarzem Humor versehen, bei dem man nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll. Zwischendurch werden reale Bilder von verzweifelten Menschen eingeblendet, die durch diese Krise alles verloren haben.

                            Alle Warnungen der Skeptiker, die sich selbst Risiken und Gefahren aussetzen, werden jedoch ignoriert, bis es dann zu spät ist. Die Lehman Brothers, Alan Greenspan, alle möglichen Rating-Agenturen, die ebenso falsche "positive" Ratings an faule Kredite vergeben und so viele andere Namen, die im Laufe der Handlung vorkommen, versinnbildlichen eine furchtbare Finanzpolitik, deren schlimmes Ende einen Haufen Verlierer hervorbringt. Die Schuldigen kamen meistens davon und einige mussten ins Gefängnis, aber der große Rest stand vor einem gewaltigen Scherbenhaufen, sowohl die Verursacher wie auch ihre Opfer. Diese Finanzkrise, die schließlich zu einer Weltwirtschaftskrise führte, war bis dato eine der schlimmsten in diesem Bereich.

                            Der Film hat ein gewaltiges Tempo, rasante Schnitte, eine sarkastisch-zynische Atmosphäre und bietet eine Reihe von namhaften und hevorragenden Darstellern, die dieses Desaster sehr lebendig, authentisch und menschlich auf die Leinwand bringen. Neben den oben genannten sind hier noch Brad Pitt, Finn Wittrock ("American Horror Story"), Rafe Spall, Hamish Linklater, Melissa Leo, Marisa Tomei, Karen Gillan, Anthony Bourdain und Selena Gomez (als sie selbst) zu sehen.

                            "The Big Short" ist ob seiner wahren Begebenheit ein äußerst anspruchsvoller, bitterer, aber auch humorvoller, zynischer und bisweilen sogar etwas trauriger Film über Ignoranz, endlose Gier, Geldgeilheit, Machtstreben und über skrupellose Zeitgenossen, die in ihrer eigenen Bubble leben und denen ihre Mitmenschen und menschliche Gefühle vollkommen fremd und egal sind. Dass sie so ganz nebenbei auch Leben zerstörten, hat sie nicht im mindesten berührt.

                            Song beim Abspann, was mich sehr gefreut hat, da ich riesiger Led Zep-Fan bin:
                            Led Zeppelin/"When the Levee Breaks"

                            https://www.youtube.com/watch?v=uwiTs60VoTM

                            Prädikat: Herausragend!

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                              "Godzilla vs. Kong" läuft eigentlich so ziemlich nach dem gleichen Strickmuster ab wie der Vorgänger "King of the Monsters". Das ganze beginnt dann erstmal in einem nachgebauten Skull Island, das von einem digitalen Gebäude umgeben ist, um ihn zu überwachen. Dann geht es nach Hong Kong und in die Antarktis, um Kong in die Hohlerde zu verfrachten. Man vermutet genau dort Kong's Heimat. Eine dubiose Firma funkt aber dazwischen, die ihr eigenes Süppchen kocht...

                              Adam Wingard's Streifen ist mal wieder ein Action-Feuerwerk bzw. ein Kampfgetümmel zwischen den beiden Titanen, die die Welt erneut in Atem hält. Die Effekte sind ganz gut, aber manchmal fiel mir auf, dass das CGI doch öfters recht künstlich aussah, was im Vorgänger besser gemacht wurde. Die Kämpfe zwischen Godzilla und Kong sind in etwa so ähnlich wie die in "King of the Monsters", aber mit erheblich mehr Zerstörungen. Die menschlichen Darsteller sind -neben Kong und Godzilla- ein wenig zweitrangig, Alexander Skarsgård und Rebecca Hall sind ein bisschen unterfordert, wie das oft in solchen Monsterfilmen ist. Millie Bobby Brown ist in diesem Film eher weniger zu sehen und agiert wie eine Spionin in geheimer Mission. Sie tut immer so, als wüsste und könnte sie alles, was mich auch im Vorgänger ein wenig genervt hatte. Aber alles in allem ist "Godzilla vs. Kong" ein kurzweiliger Film, der nicht zu lange dauert und bei dem man sich einfach zurücklehnt und das "Abenteuer" genießt. Logiklöcher gibt es selbstverständlich auch welche, aber die ganze Action lässt dies irgendwann vergessen. Manchmal erinnert die Story ein wenig an Jules Verne und einige Szenen erinnern einen auch an "Transformers" und "Pacific Rim".
                              Vor allem die Szenen in der Hohlerde haben mir gut gefallen, weil sie optisch großartig inszeniert wurden.

                              Aber ich glaube, die ganzen "Fortsetzungen" und Neuverfilmungen von und über "Godzilla" oder "Kong" gegen irgendetwas oder irgendwen haben sich auch so langsam irgendwann leider totgelaufen.

                              Ganz ok.

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                                Todd Robinson (Enkel des im Film von John Travolta dargestellten Elmer C. Robinson) verfilmte die wahre Geschichte der "Lonely Hearts Killers", die zwischen 1947 und 1949 in den USA ca. 20 Menschen umbrachten.
                                Das abartige und von Grund auf böse Paar Ray Fernandez (Jared Leto) und Martha Beck (Salma Hayek) macht sich an alleinstehende, vom Leben enttäuschte, reiche, meistens ältere Frauen heran, um sich bei ihnen einzuschleimen und an ihr Geld zu kommen. Fernandez geht dabei ziemlich perfide vor, sein gutes Aussehen ist ihm dabei eine große Hilfe. Die Opfer, im Glauben, Martha sei Ray's Schwester, nehmen die beiden mit offenen Armen auf, vertrauen ihnen schließlich ihr Geld an und verlieren meistens ihr Leben. Die gefährliche Martha übt stets Druck auf ihren Lover aus und der scheint ihr vollkommen verfallen zu sein.
                                Die Cops Elmer C. Robinson (John Travolta) und Charles Hildebrandt (James Gandolfini) sind dem brutalen Pärchen aber bald auf den Fersen und nehmen die Verfolgung auf...

                                "Lonely Hearts Killers" lebt nicht so sehr von der (realen) Story, sondern vom Spiel seiner guten Darsteller. Jared Leto als Ray Fernandez steht unter Martha's (Hayek) Fuchtel, sie ist die dominante Person in dieser unglückseligen Beziehung, sie zieht die Fäden und lenkt Fernandez immer genau dorthin, wo sie ihn hinhaben will. Hayek spielt Beck ziemlich abgebrüht und eiskalt, ihr Partner Ray (Leto) ordnet sich ihr unter und man merkt ihm ziemlich schnell seine Skrupel an. Leto wirkt ein wenig zu jungenhaft in dieser Rolle, tut aber sein Bestes. Travolta und Gandolfini als Robinson und Hildebrandt sind dagegen richtig genial in ihren Rollen als desillusionierte und ihres Jobs müde und überdrüssig gewordene Cops. Obwohl sie die Täter fassen und diese auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet werden, ist vor allem Robinson nicht glücklich über diesen Ausgang. Einzig sein Sohn Eddie (Dan Byrd) und seine Freundin Rene Fodie (Laura Dern) geben ihm einen gewissen Lebensinhalt, der ihm nach dem Selbstmord seiner Frau abhanden gekommen ist.

                                Die Atmosphäre des Films reicht von absurd-abartig bis traurig-deprimierend, was selbstverständlich der Handlung zuzurechnen ist. In einer weiteren Nebenrolle ist die großartige Alice Krige als Janet Long zu sehen, ein weiteres Opfer des Killerpärchens.
                                Die Naivität und Gutgläubigkeit der weiblichen Opfer ist hier manchmal kaum nachzuvollziehen und auszuhalten und die Kaltblütigkeit der beiden Mörder ist einfach nur unfassbar. Es wird nur am Rande erwähnt, dass Martha Beck als Kind und Jugendliche missbraucht wurde, ist natürlich keine Rechtfertigung für die Taten, aber ein Grund bzw. Auslöser für die Morde und ihre absolute Menschenverachtung. Der Streifen gibt des weiteren einen Einblick in die Abgründe der menschlichen Seele.

                                Die reale Martha Beck wog an die 100 kg.

                                Sehenswert.

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                                  Miss_Jupiter 27.07.2023, 12:52 Geändert 27.07.2023, 12:57
                                  über Barbie

                                  "Barbie" ist kein schlechter Film. Es fehlt ihm aber an Substanz. Greta Gerwig und Noah Baumbach wollen viel mit dem Streifen aussagen, schaffen es aber nur bedingt. Sie packen sehr viel dort hinein, aber man hätte noch mehr aus ihm herausholen können. Der Biss einer richtig guten Satire fehlt hier. Dass Barbie (bezaubernd: Margot Robbie) und die anderen Barbies in Barbieland alles schaffen können, was sie wollen und hier die Emanzipation und der Feminismus hochgehalten werden, ist positiv zu bewerten, weil es in dem Film auch klasse herausgearbeitet und dargestellt wird. Nach dem Besuch in der realen Welt zusammen mit Barbie findet Ken (Ryan Gosling) aber Gefallen am Patriarchat und gestaltet nach seiner Rückkehr mit den anderen Kens das matriarchale Gefüge in dem quietsch-pink-bunten weiblich geprägten System komplett um, was Barbie etc. nun so gar nicht gefällt.

                                  Das perfekte Rollenbild Mann/Frau untereinander bzw. im zwischenmenschlichen Bereich wird hier fast gar nicht erwähnt bzw. nur gestreift, was mir auch ganz gut gefallen hat. Man sieht/fühlt alles durch Barbie, die wegen der Veränderung ihrer Welt vollkommen aus dem Ruder läuft. Visuell ist "Barbie" ein Augenschmaus, was natürlich nicht weiter verwundert und das Setting ist phänomenal. Es wird gesungen und getanzt und ein gewisses Musicalfeeling stellt sich ein. Der Humor hält sich leider in Grenzen und -wie schon oben erwähnt- ist das ganze nicht frecher und bissiger inszeniert worden, was dem Film im Endeffekt sehr gut getan hätte. Manche Szenen wirken auch unglaublich übertrieben, was man etwas subtiler hätte gestalten können. Die Darsteller machen ihre Sache aber gut und der blond gefärbte Gosling als Ken präsentiert uns seine Gesangs- und Tanzkünste in perfekt getimter Choreographie. Apropos Perfektion: *Spoiler*: 1. Am Ende wird mal wieder suggeriert, dass niemand perfekt ist und Barbie schon gar nicht, 2. alle Frauen sind gut, von Natur aus hochintelligent und alle Männer sind Machos und testosterongetriebene, bescheuerte Ar...löcher... Diese, zum großen Teil falschen, "Weisheiten" hätte es nun echt nicht gebraucht, Klischée, ick hör dir trapsen.
                                  Es gibt zwar ansatzweise viele Seitenhiebe auf Konsumverhalten, falsche Schönheitsideale bzw. -vorbilder und Machtdenken der großen Konzerne (wie halt Mattel), aber mir persönlich war der Film (der ja als Satire konzipiert wurde) nicht "böse" genug und ein wenig zu brav bzw. zu glatt.

                                  Will Ferrell als Mattel-Chef, Michael Cera als Alan, Kate McKinnon als Weird Barbie und Rhea Perlman als Ruth (u.a.) schwirren auch noch durch die Szenerie. Helen Mirren spricht in der OV den Narrator.

                                  Habe mich breitschlagen lassen, ihn anzusehen. Der Kinosaal übrigens war komplett ausverkauft.

                                  'I'm a Barbie Girl in a Barbie World.....'

                                  @BenAffenleck... ich hab's dann getan. :-D Freue mich nun aber demnächst auf "Oppenheimer" ("Barbenheimer" vs "Oppenheimer" *grins*)

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                                    Miss_Jupiter 24.07.2023, 13:02 Geändert 24.07.2023, 13:07

                                    Dass Tim Roth ein überragender Darsteller ist, beweist er einmal mehr in der äußerst authentisch gespielten Rolle des Serienmörders John Reginald "Reg" Christie, der in den 40er/Anfang der 50er Jahre mindestens acht Menschen, vornehmlich Frauen tötete. Seine Ehefrau Ethel war eine davon. Die beiden lebten in besagter Straße "Rillington Place 10" in London im Stadtteil Notting Hill. Es war ein dunkler, trostloser und deprimierender Ort, genauso düster und deprimierend ist die Miniserie "Rillington Place" mit ihren 3 Folgen.
                                    Tim Roth spielt hier einen sehr bösen Menschen, der seine abartigen und brutalen Machenschaften sehr gut versteckt und nach außen hin den harmlosen Biedermann gibt. Spießig gekleidet und äußerlich vollkommen unscheinbar, behandelt er seine Ehefrau Ethel (großartig: Samantha Morton, "Minority Report", "The Walking Dead", "Fantastic Beasts and Where to Find Them", "The Whale", "She Said") recht grob und zeigt sadistische Züge, die er an ihr auslebt. Ethel hält aber stets zu diesem manipulativen und unnahbaren Menschen, obwohl sie weiß, dass mit ihrem Ehegatten etwas ganz und gar nicht stimmt, aber sie scheint ihm hörig zu sein. Mitmieter der Eheleute mögen den komischen Kauz "Reg" zuerst, lernen bald aber eine andere, bösartige Seite an ihm kennen. Die Mitmieter bestehen immer aus Paaren. Die Frau (Jodie Comer) von Timothy Evans (Nico Mirallegro) überlebt die Begegnung mit Christie aber nicht. Ihr Mann wird des Mordes an ihr angeklagt, weil Christie geschickt alle Beweise ihm zuschanzt und ihn vor Gericht schwer belastet. Evans wird schließlich unschuldig hingerichtet. Aber Christie macht dann doch Fehler und diese werden ihm zum Verhängnis...

                                    Es gab und gibt sehr viele Serienmörder und augenscheinlich auch total viele Dokus und Serien über diese. "Rillington Place" ist besonders morbide in der Inszenierung, das 40er Jahre-Setting grandios, die damalige Kleidung der Menschen ist genauso depri wie ihre Stimmungslage, da ja noch Krieg herrschte. Auch die damals herrschende Meinung über Frauen ist ein Thema in dieser Serie. Die Frauen hatten z.B. größte Schwierigkeiten, wenn sie ungewollt schwanger wurden. Eine (legale) Abtreibung war nicht möglich, deswegen waren sie gezwungen, dubiose Personen aufzusuchen, die den Abbruch vornahmen. Bei diesen "Eingriffen" ging meistens etwas schief oder die Frauen starben dabei. Auch sonst hatten Frauen wenig Rechte und nur Pflichten. Sie waren praktisch das hilflose Anhängsel ihrer Ehemänner und hatten wenig bis gar nichts zu sagen. Christie's Ehefrau Ethel begehrte aber gegen ihren Mann auf, wenn auch mit wenig Erfolg. Leider überlebte auch sie ihn nicht.

                                    Die Atmosphäre ist hier eine der Hauptdarstellerinnen, denn ich habe selten eine unangenehmere, perfidere und bedrückendere erlebt wie in "Rillington Place". Tim Roth ist ihr schrecklicher "Partner" und sein ruhiges, aber höchst gefährliches Wesen passt so gar nicht zu dem, was er eigentlich wirklich ist: ein Monster in Menschengestalt. Diese Diskrepanz macht es nicht leicht, die Serie anzuschauen, denn sie zieht einen runter.
                                    Timothy Evans wurde posthum zwar rehabilitiert, galt aber lange weiterhin juristisch als Mörder seiner Frau Beryl. Aufgrund dieses verhängnisvollen Fehlurteils wurde in Großbritannien die Todesstrafe abgeschafft.

                                    Äußerst sehenswerte BAFTA-prämierte Miniserie, die an die Nieren geht. Viele Gewaltszenen sind darin nicht zu sehen und sie braucht diese auch nicht, denn die Story bzw. Handlung ist auch so schon heftig und erschreckend genug. Subtil und ruhig, aber auf die Psyche gehend inszeniert und mit genialen Darstellern versehen kann ich sie nur empfehlen.

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                                    • 7 .5

                                      Ein Forscherteam entdeckt auf dem Mars eine bakterielle Zellteilung. Während eines Marsausflugs stürzt einer von ihnen in einen Krater. Keine weiteren Infos hier zum Inhalt...

                                      Ich habe vor der Sichtung von "The Last Days on Mars" von Ruairi Robinson überhaupt nichts über die Handlung gelesen und dachte zuerst, dies wäre so was wie Ridley Scott's "The Martian". Am Anfang vermutet man auch so etwas ähnliches. Jedoch schlägt der Film nach dem Einsturz des Forschers in das tiefe Loch eine vollkommen andere, unerwartete Richtung ein. Ich fühlte mich echt etwas überrumpelt, aber das in einem positiven, wenn auch erschreckendem Sinne, weil ich auf etwas ganz anderes gefasst und mental eingestellt war. Und diese Wendung kam sehr plötzlich.

                                      Was mir an diesem Sci-Fi-Film gut gefallen hat, ist die Darstellung des Roten Planeten, die wirklich der in "The Martian" ähnelt sowie die ganze visuelle Ausstattung und Optik. "TLDoM" ist von Anfang an sehr spannend und stringent erzählt, weist ein enormes Tempo und eine rasante Kameraführung auf. Setting und Inszenierung sind dort on top und die Atmosphäre schwankt ständig zwischen Isolation, Einsamkeit, Klaustrophopie und grenzenloser Verzweiflung, was auch durch die Darsteller sehr authentisch herübergebracht wird. Diese Atmosphäre des ständigen Ausgeliefertseins ist es auch, die den Film weit über den Durchschnitt bringt. Man ist zuerst zusammen in einem Team und doch irgendwann und irgendwie auf sich alleine gestellt, und die Astronauten wissen nicht, ob sie jemals wieder zur Erde zurückkehren werden/können. Der Streifen ist schon höchst dramatisch und ohne jeglichen Humor, was noch zu einer zusätzlich depressiven und düsteren Note beiträgt. Eine unaussprechliche Gefahr umgibt hier alles und jede/n und das Wissen hierüber bringt das Forscherteam langsam, aber sicher um den Verstand. Die beengten Verhältnisse in den Mars-Habitaten beschleunigen den schleichenden Wahnsinn.

                                      Liev Schreiber spielt Vincent Campbell als unsicheres, ängstliches, aber nach einiger Zeit trotzdem mutiges Crew-Mitglied und das macht er wirklich großartig. Auch Elias Koteas, Goran Kostic, Tom Cullen und Olivia Williams sind mit von der Partie. Besonders gut hat mir Romola Garai als Lane gefallen.

                                      Sehenswerter und ebenso gnadenloser wie konsequenter Sci-Fi-Streifen, den ich jetzt erst entdeckt habe, denn er ist "schon" von 2013.

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                                      • 7 .5

                                        Die vier befreundeten Lehrer Martin (Mads Mikkelsen), Tommy (Thomas Bo Larsen), Nikolaj (Magnus Millang) und Peter (Lars Ranthe), privat wie beruflich ausgebrannt und frustriert wagen ein Selbstexperiment nach dem Psychiater Finn Skårderud. Dieses behauptet, der von Geburt an angelegte Blutalkoholwert von 0,5 Promille sei eigentlich zu wenig, um erfolgreich durchs Leben zu kommen. Das wollen die vier nun ausprobieren und wenigstens diesen Pegel aufrechterhalten. Und wirklich geht es den Männern privat und beruflich erstmal besser. Vor allem der von den Eltern seiner Schüler gehasste Martin bringt wieder frischen Wind in den Unterricht und seine Schüler blühen auf. Davon angetrieben, erhöhen die vier jedoch ihren Alkoholkonsum und somit den Pegel (Step 1, Step 2, Step 3, etc....). Das bleibt nicht ohne negative Folgen, besonders Tommy gleitet in die Alkoholsucht ab. Er erscheint betrunken auf einer Lehrerkonferenz. Dass es mit den vieren, besonders mit Tommy, immer mehr bergab geht, nehmen sie nicht allzu bewusst wahr, da die positiven Auswirkungen alles andere überstrahlen. Schließlich gipfelt ihr "Experiment" in einer menschlichen Tragödie...

                                        Thomas Vinterberg's "Der Rausch" von 2020 zeigt in Sachen Alkoholismus und Abhängigkeit jetzt nichts weltbewegend neues, es sind vielmehr die Beziehungen zwischen den vier Männern, ihren Partnerinnen und ihren Schülern, die hier durch den Alkohol primär verändert werden und die beginnende Midlife-Crisis, die die vier Lehrer überkommt, stehen im Mittelpunkt der Handlung. Die tragisch-komische und bisweilen auch skurrile Inszenierung ergibt sich fast schon aus sich selbst heraus, der Alkohol wird zu Anfang verharmlost und als Lösung aller Probleme angesehen und man muss trotz der Problematik oft lachen. Selbstverständlich zeigt der Streifen auch die Gefahr eines übermäßigen Konsums in eher leichter und erheiternder Form, aber er verherrlicht den Alkohol nicht, was ich ihm sehr zugute halte. Mads Mikkelsen als Martin spielt großartig den verletzlichen und sympathischen Pädagogen, der sich mitreißen lässt und sich an den Ergebnissen seines Erfolgs "berauscht". An Vinterberg's "Die Jagd" kommt er aber nicht ganz heran.

                                        (Traurige Randbemerkung: Thomas Vinterberg's Tochter kam während der Dreharbeiten zu "Der Rausch" bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Er wollte aber trotzdem diesen Film zu Ende drehen im Gedenken an sie.)

                                        Fand den Streifen sehenswert und vollkommen "berauscht" von Mikkelsen's enormen Tanzkünsten vergebe ich eine 7.5.

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                                        • 5

                                          "Bird Box Barcelona" ist das Spin-Off in Spanien von "Bird Box" in den USA. Was in dem Streifen mit Sandra Bullock, Sarah Paulson und John Malkovich noch einigermaßen subtil inszeniert wurde, ist in "Bird Box Barcelona" eher vordergründig und plakativer dargestellt. Aber auch hier sieht man die Wesen nicht, bei deren Anblick man Selbstmord begeht. Die Darsteller laufen auch in dieser Version mit verbundenen Augen durch ein chaotisches und halbwegs zerstörtes Barcelona, dessen Einwohner versuchen, zu überleben. Diejenigen, die gerne "sehen" und die anderen auch dazu "bekehren" bzw. mit Gewalt dazu bringen wollen, sind noch schlimmer als die Wesen selbst. Sebastián (Mario Casas) trifft auf Überlebende, die mehr oder weniger in geschlossenen Räumen mit zugeklebten Fenstern oder im Untergrund hausen, immer auf der Hut vor den Wesen und den "Sehenden". Sebastián ist aber selbst unschlüssig, zu welcher Seite er in Zukunft gehören möchte, denn er will wieder mit seiner toten Familie vereint sein. Er ist der Meinung, dass er nur "sehend" wieder dazu in der Lage sein wird. Was die anderen nicht wissen: er scheint gegen die Wesen immun zu sein...

                                          Der Streifen ist weder richtig langweilig noch unspannend, und dennoch fehlt ihm der Suspense, das Bedrohungsfeeling und das gewisse Etwas, welches "Bird Box" innewohnte. Auch die Darsteller sagen einem so gar nichts, es sind aber auch überwiegend Spanier. Schlecht gespielt ist das ganze nicht, aber vieles wiederholt sich immer wieder, Verstecken, Flucht, Verstecken, Flucht usw., was irgendwann ein wenig nervt. Nur am Ende kommt Leben in die Bude, wenn Sebastián und zwei andere aus der Stadt flüchten wollen. Vom Hocker hat mich dieser Streifen aber nicht gehauen. Aber was immer ganz unheimlich wirkte und eigentlich schön dargestellt war, ist die Ankunft der unsichtbaren Wesen, die sich durch Wind und in Zeitlupe aufsteigende Blätter und andere Gegenstände ankündigen. War aber in US-"Bird Box" genauso. Was aber auch in der US-Version nicht mal ansatzweise erklärt wurde: woher diese Wesen kommen und welche Absicht sie eigentlich haben? Irgendwie störte mich das auch schon im Bullock-Film. Ein wenig mehr darüber zu wissen hätte nicht geschadet.

                                          Bei diesem Spanien-Verschnitt von David und Àlex Pastor gilt: einmal anschauen und dann nach kurzer Zeit das meiste der Handlung schon wieder vergessen, so war es jedenfalls bei mir. Susanne Bier's "Bird Box" mit Bullock werde ich mir dagegen noch mal ansehen, denn Bullock spielt in diesem Streifen richtig gut.

                                          Note "Bird Box Barcelona": 5.0

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                                          • 9
                                            Miss_Jupiter 17.07.2023, 12:59 Geändert 17.07.2023, 13:01
                                            über Fleabag

                                            Wir schauen einer namenlosen Protagonistin (fantastisch: Phoebe Waller-Bridge, "Indiana Jones 5", "Killing Eve", "Solo: A Star Wars Story", "Broadchurch", "James Bond: No Time to Die" als Drehbuchautorin) in London dabei zu, wie sie versucht, diverse Probleme zu lösen und dabei fast immerzu scheitert. "Fleabag" ist Ende zwanzig/Anfang dreißig, sucht sich ständig die falschen Männer aus, die sie auf der einen Seite vergöttern, sie auf der anderen Seite aber gnadenlos ausnutzen. "Fleabag" lässt sich nach außen nichts anmerken, gibt sich tough und tut so, als ginge sie das alles nichts an. In allen Folgen durchbricht sie dabei die Vierte Wand, schaut uns bzw. die Zuschauer mit wissendem und spöttischem Blick an und labert ungeniert drauflos, auch wenn sie gerade dabei ist, einen ihrer diversen Lover zu vögeln. Ihre schwierige Familienkonstellation und das ambivalente Verhältnis zu ihrer Schwester Claire (Sian Clifford), die das genaue Gegenteil von ihr zu sein scheint, sind ein zusätzliches Hindernis. Ihre Existenz bzw. ihr Café, das sie zusammen mit ihrer Freundin Boo (Jenny Rainsford, "Prometheus", "The Favourite") betreibt, wirft auch nichts ab. Als Boo stirbt, tröstet sie fortan nur noch deren Meerschweinchen "Hilary"...

                                            Die britische Serie "Fleabag" arbeitet mit ungewöhnlichen und höchst genialen Mitteln der Inszenierung: harte, schnelle Cuts, Songs, die einfach mittendrin abgeschnitten werden sowie eine eigensinnig bis eigenartige Bildsprache, die aber punktgenau dazu passt. Hauptdarstellerin Phoebe Waller-Bridge ist mit der Rolle von "Fleabag" nahezu verschmolzen und schlägt wie ein Urknall in die Handlung ein. Die Schauspielerin, Dramatikerin und Autorin hat aus ihrem eigenen Theaterstück "Fleabag" eine brilliante Serie geschaffen, die aus allem heraussticht, was man in dieser Hinsicht schon mal gesehen zu haben glaubt. Der grotesk-derb-vulgäre schwarze Humor sitzt hier in jeder Szene, versaute Dialoge inklusive und mittendrin "Fleabag" (zu deutsch in etwa: Ekelpaket), die ständig in alle möglichen, absurden Fettnäpfchen tritt, die sich dann schließlich als Pfützen erweisen. Aus derbem, obszönem Humor wird irgendwann Tragik und Traurigkeit, da die Protagonistin eigentlich auch eine tragisch-traurige Person ist, die vom Leben und ihren Mitmenschen enttäuscht ist. Dass sie wegen ihrem schwierigen Charakter selbst nicht ganz unschuldig daran ist, verdrängt sie immer erfolgreich. Ich war von der Serie von Anfang an begeistert. Waller-Bridge haut einen mit ihrer Präsenz und ihrer Art einfach nur um und Olivia Colman als "Fleabag's" Stiefmutter spielt hier eine richtig fiese Schnalle, der man das ständig falsche lachende Gebiss am liebsten aus dem Gesicht entfernen möchte. Das spielt sie aber großartig, obwohl sie in der Serie eine Unsympathin ist. Aber auch "Fleabag" selbst ist ein Mensch, den man am liebsten nicht so unbedingt um sich haben möchte. Nach außen tut sie selbstbewusst und kontrolliert, innerlich ist sie aber total verunsichert und in ihren sprachlichen Fähigkeiten ziemlich unflätig gegenüber anderen, manchmal grenzwertig distanzlos und verbal übergriffig, so dass beim Zuschauer ein ungutes Fremdschäm-Gefühl aufkommt. Lachen muss man bei diesen Szenen aber trotzdem. Den Feminismus bekommt man zu jeder Sekunde auf dem Silbertablett serviert, kompromisslos, realistisch und grenzenlos authentisch. Die Serie ist zwar überspitzt, aber dennoch dermaßen glaubwürdig, dass zwischen fiktiv Dargestelltem und hartem Realismus kein hauchdünnes Blatt Papier mehr passt, was schon fast wehtut. Déjà-Vus sind hier schon vorprogrammiert.

                                            In der 2. Staffel bekommt "Fleabag" es übrigens mit Andrew Scott (Moriarty aus "Sherlock") zu tun...

                                            "Fleabag" ist eine hervorragende Mischung aus anspruchsvoller Comedy und atmosphärisch dichtem Drama mit einer "etwas anderen" radikalen Anti-Heldin, die trotz aller Schwierigkeiten dem Feminismus ein sarkastisches und zynisches Leben einhaucht. Tipp: Am besten im Original schauen, die deutsche Synchro macht fast alles kaputt.

                                            Prädikat: Überragend.

                                            "Fleabag": 'He f.cked my ar..'

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                                            • 9
                                              Miss_Jupiter 14.07.2023, 19:36 Geändert 14.07.2023, 20:05

                                              Ich hatte "Million Dollar Baby" schon länger nicht mehr gesehen und dachte, es wäre mal wieder an der Zeit für eine Sichtung. Alleine schon wegen Hilary Swank, die in der Rolle der Maggie einfach "umwerfend" ist. Ihre physische Präsenz in diesem Streifen überragt eigentlich alles, vom schauspielerischen Können mal ganz abgesehen, das über jeden Zweifel erhaben ist. Die Hartnäckigkeit, mit der sie ihren Trainer Frankie (Clint Eastwood) schließlich überzeugt, voll und ganz an sie und ihr Talent im Boxring zu glauben, läßt einen zu der Einsicht gelangen, dass so ziemlich alles möglich ist, wenn man das nötige Durchhaltevermögen besitzt sowie seinen Traum niemals aufgibt. Insofern ist "Million Dollar Baby" die Story einer Kämpfernatur, nicht nur im eigentlichen, sondern selbstverständlich auch im übertragenen Wortsinn.

                                              Das Ende dieses Films läßt den Zuschauer einigermaßen betrübt, aber auch mit dem Glauben und der Hoffnung zurück, dass jegliches Leiden und vollkommene Traurigkeit sich am Ende für alle Beteiligten in Erlösung und Frieden verwandeln. Dieses tröstliche Gefühl durchflutet schließlich angenehm wohltuend den Körper und die Seele und versöhnt ein wenig mit dem nicht immer beeinfluss- und lenkbaren Schicksal.

                                              "Million Dollar Baby" ist ein wirklich großartiger Film, der einen vom Innersten her packt und nicht mehr loslässt.

                                              Immer wieder sehenswert.

                                              (Gut, dass ich meine Kommis gespeichert habe. Dieser hier war nicht mehr da, weswegen ich ihn noch mal reinsetze.)

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                                              • 7 .5

                                                Im australischen Outback tötet der Serienkiller Mick Taylor (John Jarratt) eine amerikanische Touristenfamilie. Nur die 19jährige Tochter Eve (Lucy Fry) überlebt verletzt in einem Fluss liegend und kann anschließend entkommen. Im Glauben, Eve wäre von Krokodilen gefressen worden, brennt Taylor alles nieder einschließlich Leichen und Van.
                                                Eve schlägt sich unterdessen in dem ihr fremden Land durch, entkommt Krankenhaus und der Polizei und wird nicht nur von Detective Sullivan Hill (Dustin Clare), sondern auch von Kriminellen gejagt, die sie bestohlen hat. Währenddessen weiß Taylor, dass Eve noch lebt und auch er begibt sich auf die Jagd nach der jungen Frau, um sie auszuschalten. Auf seinem Weg durchs Outback bringt er weitere Menschen um...

                                                Die Serie "Wolf Creek" (Staffel 1) ist nicht so gewalttätig wie die gleichnamigen Filme, von denen ich nur den ersten gesehen habe. Es geht in der Serie in erster Linie um die Rachegefühle der jungen Eve, die ihre gesamte Familie durch Taylor verloren hat und die auf Gerechtigkeit sinnt. Fry spielt das wirklich richtig gut. Sie hat große Angst, aber sie will unbedingt auch den Mörder finden. Was sie dann zu tun gedenkt, weiß sie erstmal nicht so genau. Da sie über geklaute Schusswaffen verfügt, ist sie nicht ganz wehrlos. Obwohl alleine auf sich gestellt und ständig irgendwelchen Machotypen an einsamen Tankstellen ausgeliefert, wächst ihr Mut und ihre Kraft und sie verändert sich in den endlosen Weiten der australischen Landschaft. Es bleibt ihr auch nichts anderes übrig. Das australische Outback gibt sich dabei total erbarmungslos mit brennend heißer Sonne, staubigen endlosen Straßen und wenig gastfreundlich. Auch die Menschen, die in dieser widrigen Umgebung leben müssen, sind nicht immer sehr hilfsbereit und gutmütig. Das bekommt Eve des öfteren zu spüren. Taylor ist zwar hin und wieder zu sehen, aber bleibt eher im Hintergrund. Er taucht immer dann auf, wenn mal wieder Leichen gefunden werden und er ist ein Drecksack und Unsympath, wie er im Buche steht. Dass er in den einzelnen Folgen nicht so präsent ist, ist nicht weiter schlimm und zu verschmerzen. Die Atmosphäre zerrt dennoch an den Nerven und die recht spannende Inszenierung lässt einen am Ball bleiben. Längen kommen in den Folgen kaum vor und das ist Lucy Fry zu verdanken. Sie trägt die Serie und man will wissen, wie das Ganze ausgeht. Was in den Filmen "Wolf Creek" 1 und 2 zu reinen Splatterorgien verkam, ist hier in der Serie weitaus subtiler und thrillermäßiger dargestellt, was mir recht gut gefällt.

                                                Bin auf Staffel 2 gespannt, die werde ich mir auf jeden Fall anschauen. Staffel 1 = Sehenswert!

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                                                • 8

                                                  Die Nacht vom 6. auf den 7. August 1985, gegen 3.30 h morgens erreicht ein Notruf die Polizei. Jeremy Bamber (Freddie Fox) erwähnt panisch am Telefon, dass auf der elterlichen Farm etwas vorgefallen sein müsse. Nachdem die Polizei mit ihm dort eintrifft und niemand öffnet, verschaffen sie sich gewaltsam Zutritt. Im Haus finden sie fünf Leichen, Jeremy's Adoptiveltern, seine Adoptivschwester Sheila Caffell (Cressida Bonas) und deren 6jährige Zwillingssöhne. Jeremy gibt sofort seiner schizophrenen Schwester die Schuld und die Polizei geht nach den Ermittlungen von erweitertem Suizid aus. Anne (Gemma Whelan, "Game of Thrones", "The End of the F***ing World"), die Cousine von Jeremy, beschleichen jedoch bald erhebliche Zweifel an dieser Version, denn Jeremy's merkwürdiges Verhalten nach den Morden erwecken in ihr großes Misstrauen. Jeremy's Ex-Schwager Colin Caffell (Mark Stanley, "Game of Thrones", "Star Wars: The Force Awakens"), Sheila's Exmann und Vater der toten Zwillinge, hält jedoch unbeirrt zu ihm. Detective Sergeant Stan Jones (Mark Addy) glaubt Anne und nimmt auf eigene Faust Ermittlungen auf, die ihm den Ärger seines Chefs einbringen....

                                                  Die britische Serie "White House Farm" dreht sich um diesen erschütternden und schrecklichen Fünffachmord, der damals viel Aufsehen in England erregte. Viel zu schnell wurde die Schuldige "ausgemacht", da Sheila psychisch krank war und nur sie es sein konnte, die ihre Familie und schließlich sich selbst umbrachte. Der Beharrlichkeit von Anne ist es zu verdanken, dass die Ermittlungen sich daraufhin auf ihren Cousin Jeremy konzentrierten. Gute Darsteller und eine düstere Atmosphäre heben diese Serie weit über das übliche Mittelmaß hinaus. Die familiären Konstellationen werden hier gut herausgearbeitet, ohne die üblichen Klischées zu bedienen. Dabei wird nie außer Acht gelassen, dass hier fünf Menschen auf brutale Weise ihr Leben verloren und das Andenken an sie wird in jeder Sekunde der gesamten Folgen hochgehalten. Da der Polizist Jones hartnäckig am Ball blieb und somit der Fokus auf Jeremy Bamber gelegt wurde, zeigt einmal mehr, dass selbst in dieser Institution große Fehler begangen werden. Die Nachlässigkeit in der Ermittlungsarbeit hätte zu einem allzu schnellen Ende dieses Falls beigetragen. Vieles in der Serie bleibt nebulös, trägt jedoch zu dem mysteriösen Flair dieses Falles bei. Sheila's Drogenvergangenheit wird nur angeschnitten, aber auf ihrer psychischen Erkrankung wird ziemlich herumgeritten, was schon sehr grenzwertig ist, aber traurigerweise wohl den damaligen Tatsachen entsprochen hat.
                                                  Jeremy's undurchsichtige Freundin Julie (Alexa Davies) spielt eine äußerst wichtige Rolle und Davies ist als Julie wirklich großartig. Auch Whelan als Anne spielt überzeugend.

                                                  Bis auf wenige Ausnahmen (hinzugefügte oder weggelassene Figuren aus dramaturgischen Gründen) detailgetreue Aufarbeitung eines bedrückenden Mordfalls, der an die Nieren geht. Ausgezeichnet!

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                                                  • 8 .5
                                                    über Gothic

                                                    Der Schriftsteller Lord Byron (Gabriel Byrne) lebt zusammen mit seinem Leibarzt Dr. Polidori (Timothy Spall) im schweizerischen Exil in einer feudalen alten Villa am Genfer See. Mary Godwin, spätere Shelley (Natasha Richardson), ebenfalls Schriftstellerin, besucht ihn am 16. Juni 1816 mit ihrem Verlobten Percy Shelley (der leider kürzlich verstorbene und vorher lange verschollene Julian Sands). Ihre Halbschwester Claire (Myriam Cyr) ist Byron's junge Geliebte. In einer verhängnisvollen, dunklen und unwettergeschwängerten Nacht ergibt es sich, dass Mary die Idee zu "Frankenstein" kommt. Diese Nacht ist geprägt von Wahnsinn, Drogenexzessen, sexuellen Ausschweifungen, Albträumen, Visionen und Halluzinationen, die furchtbare Dinge heraufbeschwören. Mary's schlimmste Ängste drohen wahr zu werden. Die fünf Menschen bekommen in dieser Nacht Besuch von düstereren Dämonen, die diese Ängste und die damit verbundenen seelischen Abgründe ans Licht befördern und die somit lebendig werden...

                                                    Ken Russell's ("Tommy", "China Blue" etc.) exzentrisches, surreales und fast schon abartiges Werk ist eine psychische Achterbahnfahrt versehen mit erotischen Obsessionen und Phantasien, die -ob sie nun zu hundert Prozent wahr ist oder nicht- die verborgenen Talente, vor allem die von Mary- hervorholt. Diese Nacht ist wohl historisch belegt, aber Russell übertreibt in diesem Streifen, was auf jeden Fall positiv zu werten ist. Die krass abgefahrene und unheimliche Atmosphäre in "Gothic" führt zu einem unvergesslichen, psychedelischen Sinneserlebnis, das oft recht unangehme Gefühle hervorruft. Viele Szenen ähneln in ihrer überwältigend opulenten und exzessiven Bildsprache berühmten Gemälden, wie z.B. dem des "Nachtmahr" von Johann Heinrich Füssli. Diese Filmszene mit Natasha Richardson hat mir tatsächlich Albträume beschert. Da ich den Film vor vielen Jahren im Kino gesehen habe, er sich mir aber ziemlich "eingebrannt" hat, musste ich mal einen Kommentar dazu schreiben. "Gothic" ist sozusagen ein einziger Albtraum, geboren aus drogenumnebelten Séancen und dem reinen Wahnsinn. Aber ich mag solche Filme, die nicht sofort "(be)greifbar" sind. Seltsam anders, anspruchsvoll und tranceartig, aber unbedingt sehenswert.

                                                    Dieser Kommentar ist Julian Sands gewidmet!

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