Miss_Jupiter - Kommentare

Alle Kommentare von Miss_Jupiter

  • 5

    Trashmob 2

    "Back to the Future" kann einpacken. Ein Hoch auf die "Time Travelers".
    Herrlich künstliche Kulissen, niedliche Aliens, ein hochmotiviertes Expertenteam, das einfach so durchs Zeitfenster gekrabbelt ist und sich somit in Gefahr gebracht hat. Im Jahr 2071 gibt es außer ein paar Überlebenden keine Menschen mehr. Mit Originalaufnahmen diverser Atombomentests vermittelt der Film uns unser Versagen und damit die Vernichtung eines Planeten, auf dem man dereinst (über)leben konnte. Aber es gibt ja noch das Weltall und die Entdeckung anderer erdähnlicher Planeten, zu denen man fliegen könnte. Mit Hilfe von Androiden versucht man, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Die Köpfe dieser Androiden erinnern ein wenig an Fantomas.

    Wunderbar bekloppte, aber höchst ernstgemeinte Dialoge durchziehen diesen Trashstreifen, dem das 60er-Jahre-Flair aus jeder Pore dringt. "The Time Travelers" ist ein Mutantenstadl, der mit ständig dudelnder Hintergrundmusik Spannung erzeugen will, was gründlich misslingt. Die todernst dreinblickenden Darsteller fragen doch tatsächlich solche Sachen wie: "Kommst du mit in meine Höhle?" und die meiste Zeit sieht man ihnen dabei zu, wie sie Androiden zusammenbauen und irgendwelche Experimente durchführen.. Die Kostüme erinnern an "Raumpatrouille Orion", Nostalgie macht sich breit und das Setting könnte auch in einer schicken Retro-Bar beheimatet sein. Auch der technische Schnick-Schnack inklusive vorsintflutlicher Bildschirme, Computer und auch einer Lichtorgel zwingt dem Zuschauer ein Schmunzeln ins Gesicht. Das Rollenbild Mann/Frau ist selbstverständlich total offensichtlich, war für damalige Zeiten und Filme aber sinn(intelligenz)befreit normal.
    80 "spaßige"Minuten, die nicht in die Zukunft, aber in eine trashige Vergangenheit geführt haben. Echt Goldig.

    "Ist 'n dicker Hund, was?"

    42
    • 8

      Der Privatdetektiv Tom Welles (Nicolas Cage) wird von der reichen alten Witwe Mrs. Christian damit beauftragt, einen Super 8-Film aus der Hinterlassenschaft ihres Mannes auf seine Echtheit zu überprüfen. In diesem Film wird ein junges Mädchen von einem Maskierten zu Tode gefoltert. Ob es sich hierbei um einen Snuff-Film handelt oder nicht, wird jetzt zur Aufgabe von Welles. Der begibt sich auf eine lebensgefährliche Spurensuche, die ihn in eine Welt führt, die er am liebsten nie kennengelernt hätte. Max (Joaquin Phoenix), Angestellter eines Sex-Shops, hilft ihm dabei...

      Joel Schumacher's "8MM" ist ein schonungslos harter und brutaler Thriller, der Dinge zeigt, die mit dem gesunden Menschenverstand nicht mehr zu begreifen sind. Welles (Cage) ermittelt zwar widerwillig, dringt aber dennoch immer weiter in zutiefst widerwärtige, bitterböse und dunkelste Abgründe des Menschen vor, die ihn gleichzeitig abstoßen und faszinieren. Diese Welt war ihm bisher fremd und auch seine Familie wird davon leider nicht verschont bleiben. Inszenierung und Atmosphäre dieses Streifens sind düster, kalt und grausam und das Zuschauen bereitet hier keinerlei Freude, dafür aber einen Schlag in die Magengrube und ein Angriff auf die Psyche. Dass solche kranken Dinge existieren, ist wohl unumstritten, genau deswegen ist "8MM" schrecklich unangenehm und extremst verstörend. Cage spielt hier exzellent, mutiert von einem relativ ruhigen und besonnenen zu einem starken und kämpferischen Charakter, der alles daran setzt, diesen menschenverachtenden und tödlichen Ring zu zerstören. Auch Phoenix ist wieder großartig und die Nebenrollen sind sehr prominent besetzt mit u.a. James Gandolfini, Peter Stormare, Catherine Keener, Anthony Heald und Norman Reedus. "8MM" ist ein von moralischem Zerfall und Fehlen jeglicher Menschlichkeit geprägter Streifen, der den Zuschauer/die Zuschauerin verstört, beunruhigt und hilflos zurücklässt. Für sehr sensible Personen bzw. Seelen ist dieser Film absolut nicht geeignet. Für alle anderen große Empfehlung.

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      • 4 .5

        Das war ja mal so gar nichts.

        Un-beeindruckend
        Un-befriedigend
        Un-inspiriert und ebenso uninspirierend, aber nix mit Unholy.

        Träge vor sich hinplätschernd, überhaupt nicht gruselig, die Atmosphäre soll wohl unheimlich sein, ist aber nur herbeigezwungen und ein Totalausfall. Leider kann man die Darsteller bis auf Cricket Brown als Alice hier wirklich vergessen. Selbst Jeffrey Dean Morgan und Cary Elwes sind total fehl am Platze. Warum die beiden sich für solch ein Machwerk hergegeben haben, weiß wohl nur der Teufel :-D.

        Dann lieber 30x hintereinander "The Exorcist" anschauen, da hat man wirklich was davon, denn in diesem Film stimmt alles und die Atmo ist überwältigend.

        Brown bewahrt diesen Streifen davor, zum totalen Reinfall degradiert zu werden.

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        • 9
          Miss_Jupiter 18.05.2023, 17:07 Geändert 18.05.2023, 17:19

          Daniel Blake (brilliant: Dave Johns), der die 50 überschritten hat, kann nach einem Herzinfarkt nicht mehr arbeiten. Obwohl er von seinen Ärzten als arbeitsunfähig eingestuft wurde, verweigert man ihm die Sozialhilfe. Was nun für ihn folgt, ist eine Odyssee durch sämtliche Ämter von Newcastle, die ihm immer wieder Knüppel zwischen die Beine werfen. Der sympathische und hilfsbereite Mann kümmert sich rührend um die junge, alleinerziehende Katie (ebenso brilliant: Hayley Squires), die mit zwei kleinen Kindern genauso mittellos und verzweifelt dasteht wie Dan. Die kaum zu überblickende Bürokratie und deren Folgen bekommt Dan immer wieder zu spüren. Seine Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit sind für ihn leider ein Hindernis bei seinen Behördengängen. Je mehr von ihm abverlangt wird und je mehr Schwierigkeiten auf ihn zukommen, desto stärker lehnt Dan sich gegen das erbarmungslose System auf...

          Ken Loach's Sozialdrama "I, Daniel Blake" ist genial, herzerwärmend, wie aus dem Leben gegriffen und sehr einfühlsam inszeniert. Fast schon im Dokustil gedreht, versteht es der Streifen, die Gnadenlosigkeit des Staates gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern, die unverschuldet in Not geraten sind, dem Zuschauer vor Augen zu führen und diese unmenschlichen Machenschaften anzuprangern. Kaum in diesem System gefangen, kommt man ohne fremde Hilfe kaum noch heraus. Trotzdem kommen in "I, Daniel Blake" immer wieder großartige Menschen vor, die Dan und auch Katie helfen, ohne dafür eine Gegenleistung zu fordern. Die Atmosphäre ist zwar manchmal leicht, ruhig und locker und mit einem leisen Humor versehen, aber meistens ist sie einfach nur traurig. Ich musste an manchen Stellen schlucken und mir ein paar Tränen aus dem Gesicht wischen. Dieser Film ist so authenthisch glaubwürdig und ehrlich, dass man sich sehr gut darin wiederfindet, auch wenn man niemals in einer solchen Lage gesteckt hat. Es gibt dennoch wunderschöne, überaus menschliche und leise Momente in "I, Daniel Blake", die optimistisch stimmen und bei denen man die Hoffnung hat, dass nicht alles den Bach heruntergeht. Daniel Blake "überwindet" am Ende dieses ungerechte und unbarmherzige System.
          Unbedingt empfehlenswert!

          30
          • 8
            Miss_Jupiter 16.05.2023, 11:55 Geändert 16.05.2023, 17:40

            In "From Hell" ermordet ein Killer Ende des 19. Jahrhunderts im viktorianischen London vorzugsweise Prostituierte und immer dann, wenn es dunkel ist. Der Mörder kann stets unerkannt entkommen und scheint chirurgische Fähigkeiten zu besitzen. Der opiumabhängige Inspektor Abberline (Johnny Depp) nimmt sich der Fälle an und lernt dabei Mary (Heather Graham) kennen, die ebenfalls im horizontalen Gewerbe arbeitet. Er empfindet mehr als Sympathie für die hübsche junge Frau und versucht, sie zu beschützen. Nachforschungen ergeben, dass der bald als "Jack, the Ripper" bekannte Verbrecher aus dem britischen Königshaus oder seiner unmittelbaren Umgebung stammen könnte. Viele Verstrickungen und Verschwörungstheorien begleiten die Mordfälle und bringen Abberline an den Rand seiner Kräfte. Unterstützung erfährt er hierbei von seinem Kollegen Godley (Robbie "Hagrid" Coltrane)...
            "From Hell" besticht durch die unfassbar düstere und eklige Atmosphäre, bietet sehr gute Darsteller und inszeniert das viktorianische London als Sündenpfuhl, dessen damalige frauenverachtende Tendenzen einem eine Gänsehaut verschaffen. Die schutz- und hilflosen Prostituierten sind dem Mörder auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, eine nach der anderen verliert ihr Leben und niemand trauert diesen Frauen nach, was genau so schlimm ist wie die Morde an sich. Das Setting, die Kostüme und das Lokalkolorit vergangener, furchtbarer Zeiten ist hier wirklich hervorragend. Nicht nur die Story sondern das ganze Drumherum macht aus diesem Streifen etwas Besonderes inklusive einiger derber, blutiger Szenen. Depp als Abberline spielt großartig und das Trauma eines großen Verlusts begleitet nicht nur sein tragisches und trauriges Leben, sondern auch die Ermittlungsarbeit bei der Jagd nach dem Ripper. Dass er zu Opium greift, um sich zu betäuben, ist nur zu gut zu verstehen. In einer wichtigen Nebenrolle ist der geniale Ian Holm zu sehen. Diesen Film kann man immer wieder anschauen. Zwar historisch nicht unbedingt vollkommen korrekt, da er nur nur auf losen Theorien baisert (nach der Graphic Novel von Alan Moore und Eddie Campbell), aber dennoch höchst empfehlenswert.

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            • 8 .5

              Nach einem Tipp von meiner Tochter habe ich mir die meisten Videos der Staffeln, die es auf Youtube zu sehen gibt, angeschaut.

              Dieser Typ ist einfach genial. Mit todernstem Gesicht bzw. Unschuldsmiene verarscht er diverse Mitmenschen, die nicht wissen, dass sie auf den Arm genommen werden. Es handelt sich also nicht um Scripted Reality. Aber auch die Mimik seines jeweiligen Gegenübers ist unbezahlbar. Die Situationskomik ergibt sich aus den jeweiligen Begegnungen mit Fielder und seiner stoischen Gelassenheit. Wie er z.B. eine Maklerin überzeugen will, ihre zum Verkauf stehenden Häuser durch einen Geisterjäger begutachten zu lassen und erst dann, wenn dieser das Ok gibt, dass die Häuser geister- und dämonenfrei sind, sie zu veräußern, ist zu köstlich.

              Fielder ist Jude und sogar der Holocaust wird hier thematisiert und das mit einer leisen Art von Humor, die nur Fielder ausdrücken kann. Was eigentlich unangebracht erscheint, wird nicht nur beiläufig erörtert, sondern mit viel Fingerspitzengefühl integriert, ohne dass man sich vollends unwohl fühlt. Sowas muss man erst mal hinkriegen. Fielder kriegt es hin!

              Hatte noch nie vorher was von Nathan Fielder gehört, gelesen oder gesehen. Er hat früher in einer Schulcomedy-Gruppe zusammen mit Seth Rogen gespielt. Merkt man sofort.

              Ist bis jetzt ein Geheimtipp und leider kann man die Staffeln momentan nirgendwo streamen, was sehr, sehr schade ist. Deshalb kann man erstmal auf Youtube ausweichen. Danke nochmal an meine Tochter! Ohne sie hätte ich Nathan niemals "kennengelernt".

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              • 6 .5

                Sam (Anders Danielsen Lie) wacht nach einer Party bei seiner Ex-Freundin in einem abgelegenen Zimmer ihrer Wohnung am nächsten Morgen auf. Die Wohnung ist verwüstet und voller Blut, alle Gäste sind verschwunden. Nach einem Blick aus dem Fenster muss er feststellen, dass draußen in Paris das Chaos geherrscht hat. Verlassene Autos, Dreck und Unrat säumen die Straßen, darüber hinaus schlurfen zombieähnliche Gestalten herum, die einmal Menschen gewesen waren. Sam ist sich schnell bewusst, dass er ein Gefangener des Hauses und tot ist, falls er die Wohnung verlässt. Von nun an versucht er, zu überleben. Er hortet Lebensmittel, die er in anderen Wohnungen findet, auch ein Gewehr kann er mitnehmen. Als es kein Wasser mehr gibt, fängt er auf dem Dach des Hauses Regenwasser in Töpfen und Schalen auf. Ist er der einzige Überlebende dieser Katastrophe?...

                "The Night Eats the World" von Dominique Rocher fokussiert sich weniger auf die Zombies, sondern richtet sein Hauptaugenmerk auf den Protagonisten Sam, der in einer (fast) One-Man-Show den Film trägt. Aufgezogen wie ein Kammerspiel wirkt die Inszenierung fast seltsam unnahbar, da man eigentlich nur einem Menschen dabei zusieht, was er an seinen einsamen Tagen in den leerstehenden Wohnungen so treibt (z.B. Drums spielen und damit ungewollt die Zombies draußen anlocken). Die Gefahr von außerhalb ist dabei allgegenwärtig und Sam's immer mehr um sich greifende Verzweiflung fast körperlich spürbar. Der infizierte, ehemalige Arzt Alfred (Denis Lavant) ist sein einziger "Gesprächspartner". Da dieser in einem Fahrstuhl eingesperrt ist, kann er Sam nichts antun. Eine klaustrophobieähnliche Atmosphäre kommt beim Zusehen eigentlich nicht auf, da die Wohnungen in diesem großen Mietshaus hell und weiträumig sind, aber dafür entstehen Gefühle des Verlorenseins und der grenzenlosen Einsamkeit. Bis auf einige Ausnahmen ist der Streifen ungewöhnlich ruhig, ist aber dennoch recht spannend. Es gibt kein Happy-End, und das ist auch gut so. Leider erfährt man nicht, was genau passiert ist, deswegen einen halben Punkt Abzug. Ansonsten recht annehmbar.

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                • 6 .5
                  Miss_Jupiter 13.05.2023, 12:04 Geändert 13.05.2023, 14:04

                  In nicht allzu ferner Zukunft führen die USA einmal im Jahr die sogenannte "Purge"-Nacht ein, um die Kriminalitäts- und Arbeitslosenrate niedrig und ihre Bürgerinnen und Bürger bei Laune zu halten. In dieser "Säuberungs"-Nacht können stinknormale Menschen (unter denen sich auch wahre Verbrecher befinden) Jagd auf -ihrer Meinung nach- Unterprivilegierte machen, um sie zu töten. Sie gehen nach dieser Nacht straffrei aus. Die gutsituierte Familie Sandin hat sich in ihrem bestens gesicherten Haus verschanzt und hofft, diese Nacht gut zu überstehen. Die Eltern James (Ethan Hawke) und Mary (Lena Headey, "GoT") beschleicht trotzdem ein ungutes Gefühl, als Sohn Charlie einen verletzten Mann ins Haus lässt. Dieser wird schon von einigen "Purgern" gesucht...

                  James DeMonaco's "The Purge" hat einen bitterbösen, schonungslosen Inhalt und strotzt nur so von (recht plumper) Gesellschaftskritik. Das Ganze ist natürlich in einen harten, spannenden Thriller verpackt, dessen Inszenierung eine bedrohliche und sehr kalte Atmosphäre bietet. Menschenleben zählen in dieser Purge-Nacht nicht viel, man "verirrt" sich auch schon mal in reichere Viertel und bedroht die dortigen Bewohner, falls man sonst nicht "zum Zuge" kommt. Die Menschenverachtung beträgt in diesem Streifen glatte 100 %. Unter dem Deckmantel, etwas absolut Gutes, Richtiges und Gerechtes zu tun, begeht die Gesellschaft unbehelligt Verbrechen. Ein Widerspruch in sich. Da "The Purge" einen sehr üblen Beigeschmack hat, ist er mit äußerster Vorsicht zu "genießen" und man sollte der schon fast indoktrinierten Gehirnwäsche *sprich* der übergestülpten Maskerade eines von der US-Regierung eingeflüsterten besseren Gewissen nicht über den Weg trauen. Verbrechen, die vom Staat abgesegnet sind, um zu einer besseren Gesellschaft und einem besseren Miteinander zu kommen, ist leider so von fehlender Menschlichkeit, Moral und Ethik durchzogen, wie sie auch total verkommen und verlogen ist. Das hat mich an diesem Film sehr gestört bzw. -verstört. Wegen der recht guten Darstellerriege gibt es von mir "noch" 6.5 Punkte.

                  25
                  • 5 .5
                    über Godsend

                    Das Ehepaar Paul und Jessie Duncan (Greg Kinnear, Rebecca Romijn) verliert seinen Sohn Adam (Cameron Bright) durch einen Unfall. Die verzweifelten Eltern zerbrechen beinahe an dem Verlust. Zufällig treffen sie den Reproduktionsmediziner Richard Wells (Robert De Niro), der ihnen ein unglaubliches Angebot unterbreitet. Er will ihren Sohn aus verbliebenen Zellen "zurückholen", ihn praktisch klonen und eine befruchtete Eizelle wieder in Jessie's Gebärmutter einführen. Das Paar geht darauf ein, bricht mit seinem alten Leben und zieht weit weg. Jessie wird wieder schwanger. Sohn Adam ist das Ebenbild ihres verstorbenen Kindes und die Eltern sind überglücklich. Doch nach einiger Zeit verändert sich Adam rapide, leidet unter Schlafstörungen, bösen Träumen und Visionen. Ist bei diesem Experiment etwas ganz erheblich schiefgelaufen?

                    "Godsend" ist zwar nicht langatmig und auch die Idee hinter der Story ist interessant, aber alles ist ziemlich vorhersehbar und liefert nichts neues im Mystery/Horror-Genre. Die guten Darsteller wie De Niro und Kinnear lassen sich zu oft für 08/15-Filme verheizen, machen ihre Sache in diesem Streifen zwar gut, aber bleiben weit unter ihren Möglichkeiten. Cameron Bright ("Thank You for Smoking", "X-Men: The Last Stand") als Adam sorgt hier für eine düstere Atmosphäre und man weiß nicht, ob man ihn bemitleiden oder Angst vor ihm haben soll. Bei vielen Szenen hat man ein Déjà-Vu, da man das dargestellte entweder schon vorhersehen bzw. -sagen kann oder man es schon oft in anderen Filmen gesehen hat. "Godsend" ist ein durchschnittlicher Streifen, den man nach einmaligem Schauen schon fast wieder vergessen hat. Eltern, die ihr Kind verloren haben, sollten den Film allerdings meiden.

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                    • 5
                      Miss_Jupiter 09.05.2023, 11:42 Geändert 09.05.2023, 11:44

                      Das betrügerische Geschwister-Paar Angela (Florence Pugh) und Jackson (Ben Lloyd-Hughes) verdingt sich als paranormales Expertenteam, das angeblich Kontakt zu verstorbenen Personen aufnehmen kann. Ihre Masche zieht und den Betrogenen das Geld aus der Tasche, aber Angela bemerkt, dass sie wirklich ein Medium ist und Menschen im Jenseits sogar wahrnimmt und sieht. Trotzdem will sie nicht mehr weitermachen. Ihr Bruder überredet sie jedoch, an einem letzten Experiment teilzunehmen, das die beiden sowie Jackson's Freundin und einen weiteren Helfer in ein altes Landgut verschlägt, in dem es nicht mit rechten Dingen zugeht...
                      "Malevolent" (Boshaft, feindselig) erfindet das Rad im Horror-Genre keinesfalls neu, bietet aber eine düstere Atmosphäre und hat mit Florence Pugh eine wirklich hervorragende Hauptdarstellerin gefunden. Ihr ist es zu verdanken, dass der Streifen nicht vollends in die Bedeutungslosigkeit abdriftet, denn die Story hat man schon in der einen oder anderen Form hundertmal gesehen. Pugh verleiht ihrer Rolle viel Ausdruckskraft und spielt die anderen glatt an die Wand. Leider gibt es hier keine wirklich erschreckenden Momente, denn die Inszenierung plätschert ein wenig vor sich hin. Aus "Malevolent" bzw. einer recht guten Ausgangsposition hätte man sehr viel mehr machen können, aber irgendwann schienen den Filmemachern wohl die guten Ideen auszugehen. Das Ende ist selbstverständlich mal wieder vorhersehbar und deswegen hat es keinerlei Schockwirkung. Wie oben schon beschrieben, kann man sich den Film alleine schon wegen Florence ansehen, die über vielerlei Mängel hinwegtröstet. Ihrer weiteren Karriere hat es ja -wie man weiß- nicht geschadet. Celia Imrie ("A Cure for Wellness", "Star Wars: Episode 1") als Mrs. Green ist in einer Nebenrolle zu sehen.

                      1x schauen und dann im Jenseits versenken. :-D

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                      • 8 .5
                        Miss_Jupiter 06.05.2023, 16:05 Geändert 06.05.2023, 17:15

                        Nachdem der junge, aufstrebende Anwalt Kevin Lomax (klasse: Keanu Reeves) einen aufsehenerregenden Fall in seiner Heimat Florida gewonnen hat, wirbt ihn die renommierte Anwaltskanzlei des charismatischen John Milton (überragend intensiv: Al Pacino) ab und lädt ihn und seine Frau nach New York ein. Lomax ergattert den lukrativen Job und das nicht nur, weil er seinem Chef Milton außerordentlich sympathisch ist. Seine Frau Mary Ann (Charlize Theron) ist begeistert über das geräumige Loft, das von Milton bezahlt wird und weitere großartige Privilegien, die das Paar jetzt dadurch erhält. Aber je länger die beiden in New York verweilen, desto verzweifelter und verstörter verhält sich Mary Ann, die sich von ihrem Mann vernachlässigt fühlt. Kevin verliert sich währenddessen immer mehr in der höchst mysteriösen Welt dieser riesigen Kanzlei und ihrer undurchschaubaren Mitarbeiter und entfernt sich von seiner Frau, was er total verdrängt. John Milton zieht im Hintergrund seine undurchsichtigen Fäden und lässt seine Angestellten -und hier ganz besonders- Kevin zu seinen willigen Marionetten verkommen. Das Leben von Mary Ann gerät schließlich ganz aus den Fugen...
                        Taylor Hackford's genialer und hochspannender Mystery-Thriller "The Devil's Advocate" von 1997 hat schon von Anfang an eine recht eigentümliche und seltsame Atmosphäre, gespickt mit vielen Anspielungen auf Religion und Spiritualität, die sich immer mehr zu einem bedrohlichen, düsteren und übernatürlichen Szenario entwickelt. Glänzend inszeniert, mit einem hervorragenden Setting und tollen Darstellern versehen, versteht es Hackford, die Zuschauer auf eine gefährliche, obsessive, erotische und maskenhafte Reise mitzunehmen, die man letztendlich nicht mehr beenden kann. Der "teuflisch" gut aufspielende Pacino hat sehr viel Spaß an seiner Rolle, was man ihm im Film auch ansieht. Seine manipulativen Fähigkeiten vermögen es sogar, ein Paar auseinander zu dividieren und alle anderen um ihn herum genau das tun zu lassen, was er will, um ihm Vorteile zu verschaffen. Charlize Theron in der Rolle der Mary Ann finde ich hier brilliant, *kleiner Spoiler*: die Szene in der Kirche ist erbarmungslos erschütternd und schonungslos dargestellt. Die geheimnisvolle und unheimliche Handlung wird sogar mit ein paar kurzen Schockeinlagen garniert, die nicht nur Mary Ann um den Verstand bringen. Was ist hier Realität und was ist nur Einbildung? Sind die schwer verdaulichen Dinge etwa nur Visionen eines psychisch gestörten Menschen? Schwer zu beurteilen. Der Film lässt vielerlei Interpretationsmöglichkeiten zu und wimmelt nur so von Überraschungen. Aber der kleine Twist am Ende (das ist nicht der einzige) ist hier sozusagen das "Sahnehäubchen" und passt. In weiteren Nebenrollen: Connie Nielsen, Craig T. Nelson und Jeffrey Jones.

                        Von Anfang bis Ende perfekt und immer wieder sehenswert.

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                        • 7 .5
                          Miss_Jupiter 29.04.2023, 20:38 Geändert 30.04.2023, 11:09

                          Die Netflix-Doku "Jimmy Savile: A British Horror Story" erzählt die Geschichte eines unfassbaren und unglaublichen Skandals, der Großbritannien erschütterte.
                          Der DJ, Entertainer und Moderator Jimmy Savile war schon in den 50ern beim Rundfunk aktiv, baute seine Karriere stetig weiter aus und bestimmte jahrzehntelang mit Sendungen wie u.a. "Top of the Pops" und "Jim'll fix it" das abendliche Programm. Sein unbändiges Ego, sein Charisma, seine Cleverness und seine Art, sich ins Rampenlicht zu stellen und auf seine Mitmenschen zuzugehen, ließ ihm die Herzen von Millionen Briten nur so zufliegen. Seine Wohltätigkeitsarbeiten, die sich vor allem darin zeigten, dass er psychiatrische Einrichtungen und Krankenhäuser mit Geldspenden überschüttete und selbst dort arbeitete, brachten ihm noch mehr Achtung und Anerkennung ein. Dies ging sogar soweit, dass er als Berater der Royal Family fungierte und sich mit deren Mitgliedern stets uns ständig in der Öffentlichkeit zeigte. Er war eine Legende und Ikone, der sich gerne mit Rock- und Popgrößen und natürlich auch mit jungen Mädchen und Frauen umgab. Die Briten -und nicht nur die- ließen sich jahrelang von ihm blenden, obwohl immer wieder Gerüchte auftauchten, dass er pädophil sei und sexuellen Missbrauch begehen sollte. Seine Beliebtheit und sein berühmter Status innerhalb Großbritanniens halfen ihm aber dabei, dass diese Fälle zu seinen Lebzeiten niemals verfolgt wurden. Auch sein Arbeitgeber, die BBC, ließ sich täuschen. Die Behörden und auch die Polizei machten keinerlei Anstalten, dem nachzugehen. Erst nach seinem Tod im Jahr 2011 trauten sich viele -jetzt erwachsene- Frauen, über die Gräueltaten zu berichten, die ihnen widerfahren waren. Besonders widerwärtig: Savile verging sich demnach auch an hilflosen Personen, die in Kliniken ans Bett gefesselt waren, da er dort ein- und ausgehen konnte, wie es ihm beliebte.
                          Die missbrauchten Frauen hatten bis fast in die Gegenwart hinein nicht den Mut, darüber zu sprechen, da sie wussten, dass ihnen nicht geglaubt werden würde, denn Savile's Macht und Einfluss waren einfach zu groß. Er hatte außerdem noch sehr gute Kontakte zu der Polizei in Leeds, seinem Heimatort.
                          Dass ein solcher Mensch nahezu unbehelligt furchtbare Verbrechen unter den Augen der Öffentlichkeit begehen konnte, zeugt von einem sehr manipulativen Charakter, der es geschickt verstand, unter dem Deckmantel grenzenloser Hilfsbereitschaft, die aber nur zum reinen Selbstzweck diente, alle an der Nase herumzuführen. Die meisten Menschen, die in der Doku zu Wort kommen, sind auch heute noch von seiner Unschuld überzeugt und die wenigen, die ihn für schuldig halten, sind Journalisten, die damals in ihren Recherchen nicht locker ließen. Erst nach seinem Tode wurden die Fälle untersucht, den Frauen und auch Männern geglaubt, und ihm jedwede Ehrendoktorwürden und Ritterschlagungen seitens der Queen aberkannt. Bis heute sind an die 400 Missbrauchsfälle durch Jimmy Savile erfasst worden, vermutlich sind es noch mehr. Die Doku besteht aus 2 Folgen, von denen die 2. die erschütterndste ist. Sie ist auch ein Psychogramm eines abgrundtief bösen Menschen, der zwei Seiten hatte: eine helle, lustige und eine sehr dunkle, die er die meiste Zeit verbergen konnte.

                          Sehr sehenswert und schockierend, aber sie lässt einen ohnmächtig und wütend zurück.

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                          • 7 .5
                            Miss_Jupiter 29.04.2023, 11:13 Geändert 29.04.2023, 11:15

                            Im schwülheißen Florida sieht sich der attraktive Lehrer Sam Lombardo (Matt Dillon) einer bösen Intrige ausgesetzt. Schülerin Kelly (Denise Richards) bezichtigt ihn der Vergewaltigung. Lombardo's Leben gerät daraufhin aus dem Lot. Was Kelly und Freundin Suzie (Neve Cambell) sonst noch so treiben und beabsichtigen, ist für Sam, den Cop Duquette (Kevin Bacon) und das weitere Umfeld von höchster Brisanz...
                            John McNaughton's Erotik-Thriller "Wild Things" ist ein komplexer und verschachtelter Streifen, dessen undurchsichtige und gefährliche Atmosphäre erst gegen Ende transparent wird. Bis dahin spielen alle Protagonisten ein falsches Spiel, niemand ist die Person, die sie vorgibt, zu sein. Reich gegen Arm ist hier kein Klischée, sondern wird sogar zweckgebunden eingesetzt, als "Waffe" und Druckmittel. Die aus ärmlichen Verhältnissen stammende und etwas proletenhafte Suzie pflegt eine geheimnisvolle Verbindung zur privilegierten Kelly, beide besitzen eine derartig zerstörerische (weibliche) Raffinesse, die alles andere Bösartige, das man so kennt, in den Schatten stellt. Der Film setzt schon sehr auf Erotik, diese hat aber einen üblen Beigeschmack und wirft reichlich düstere Schatten über das sonnendurchflutete Florida. Was im nachhinein der Story ans Licht kommt, ist schon reichlich überraschend, durchtrieben, brutal und gemein und man hätte dies auf gar keinen Fall vermutet.
                            Die Darsteller sind großartig, Bacon als undurchsichtiger Cop grandios, Richards und Campbell als "Wild Things" absolut passend und Dillon spielt hier ebenso genial. In weiteren Nebenrollen: Bill Murray als gehandicapter Anwalt, der für etwas Humor sorgt, Robert Wagner und Theresa Russell als Kelly's intrigante Mutter Sandra Van Ryan.
                            "Wild Things" ist ein intelligenter, spannender und raffinierter Thriller mit leicht sozialkritischem Unterton, der durch das rücksichtslose Vorgehen und Handeln sämtlicher Protagonisten einen faden Beigeschmack erhält. Die drückend heiße Szenerie in Florida passt hier sehr gut zur Geschichte. Sehenswert.

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                            • 8 .5
                              Miss_Jupiter 25.04.2023, 12:00 Geändert 25.04.2023, 12:10

                              Wir reisen in die Zukunft: weshalb hat Bauarbeiter Doug (Arnold Schwarzenegger) ständig Visionen vom Mars, auf dem er noch nie gewesen ist? Der Mars ist mittlerweile bewohnt und viele Menschen leben und arbeiten dort, ein Großteil aber unter recht widrigen Umständen, weshalb es dort immer wieder zu Aufständen kommt. Diese Aufstände werden blutig niedergeschlagen, initiiert von dem skrupellosen Gouverneur Cohagen (Ronny Cox).
                              Wieder zurück auf die Erde: Doug will herausfinden, was es mit seinen Visionen auf sich hat und geht zu REKALL Inc., um sich dort die dringend benötigten Infos zu holen. Dies tut er entgegen der Warnung seines Kollegen. Das Erlebnis, das ihm bei REKALL widerfährt, bringt ihn in Lebensgefahr. Auch seine Frau Lori (Sharon Stone) scheint nicht mehr die Person zu sein, die er einst geheiratet hat. Seine Verwirrung ist komplett, aber er muss unbedingt auf den Mars, um hinter das Geheimnis zu kommen...
                              Paul Verhoeven's spannender dystopischer Thriller "Total Recall" aus dem Jahr 1990 ist ein recht brutaler Streifen, der mit rasanter Action und atemlosen Verfolgungsszenen, für sein Alter großartigen Effekten und einer atmosphärisch dichten Inszenierung punktet. Schwarzenegger ist geradezu prädestiniert für die Rolle des zuerst ahnungslosen Doug Quaid, der aber immer tiefer in seine eigentlich für ihn zugedachten Rolle eindringt, was seine Feinde recht wütend macht. Die Aufnahmen vom Mars mit seinen rötlichen Canyons und der ewigen Weite sind tricktechnisch allererste Sahne und die Story erinnert an einen Spionagekrimi-/thriller, der dann einfach auf den roten Planeten verlagert wird. Verhoeven hat diese Story geschickt mit vielen Nebenschauplätzen umgeben, die von Revolution, ungerechten Lebens- und schon fast sklavenartigen Arbeitsbedingungen erzählt. Insofern ist "Total Recall" schon recht anspruchsvoll und nicht nur ein 08/15 Sci-Fi-Film. Die Atmosphäre ist manchmal recht düster und schnappt nach Sauerstoff wie die Mars-Bewohner, denen irgendwann die Luft zum Atmen abgedreht wird. Humor gibt es aber auch.
                              Die Darsteller sind klasse, besonders Schwarzenegger macht seine Sache ausgezeichnet, aber auch Sharon Stone als seine hinterhältige Ehefrau ist recht "schlagkräftig". Die Make-up-Artists haben ebenso eine sehr gute Arbeit geleistet. Ich kann den Streifen immer wieder anschauen, ohne dass er auch nur zu irgendeiner Sekunde langweilt. Das Remake mit Colin Farrell und Kate Beckinsale aus dem Jahr 2012 ist dagegen nur ein "laues Lüftchen".

                              Sind manche Erinnerungen nun echt oder wurden sie von außen eingepflanzt? Das ist hier die große Frage.

                              Sehenswert.

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                                Miss_Jupiter 21.04.2023, 14:41 Geändert 21.04.2023, 14:52

                                Erzieher Lucas (brilliant: Mads Mikkelsen) wird eines Tages von der kleinen Klara (Annika Wedderkopp) beschuldigt, sie sexuell missbraucht zu haben (in Klaras Worten: er hat mir seinen Penis gezeigt bzw. sie wurde mit Suggestivfragen zu solchen Antworten genötigt). Dass die Leiterin des Kindergartens dem nachgeht, ist selbstverständlich. Was danach folgt und gar nicht selbstverständlich ist, ist die Vorverurteilung bzw. (Hexen-)Jagd, die seine Mitmenschen auf ihn machen. Vor allem Klara's Eltern, die seit Jahren mit Lucas befreundet sind, meiden ihn im weiteren Verlauf. Lucas' Leben gerät daraufhin aus den Fugen, er wird im Ort gemieden, darf nirgendwo mehr einkaufen, wird zusammengeschlagen, erhält von seiner Chefin die Kündigung und wird verhaftet. Die einzigen, die noch zu ihm halten, sind sein Sohn Markus und dessen Patenonkel. Dass Klara bedingungslos geglaubt wird und Lucas' Unschuldsbeteuerungen ignoriert werden, stachelt die Umwelt noch weiter an, Lucas vollkommen aus der Gemeinschaft bzw. Gesellschaft auszuschließen. Es wird nichts mehr hinterfragt und Lucas ist für alle der Schuldige bzw. Kinderschänder...
                                Thomas Vinterberg's erschütterndes Drama "Die Jagd" ("Jagten") zeigt auf sehr eindringliche intensive Weise, wie schnell man unter Verdacht geraten kann, besonders wenn man als Mann in einer Kindertagesstätte arbeitet. Dass Lucas sich blendend mit den von ihm betreuten Kindern (und auch mit Klara) versteht, ist dann auf einmal zweitrangig. Die Aussage des Mädchens ist in den Augen aller hundertprozentig glaubhaft und Lucas ein Lügner. Die bedrückende Atmosphäre in kaltgrauen trüben Bildern inszeniert passt zum düsteren Thema und die Ungerechtigkeiten, die Lucas widerfahren, verursachen beim Zuschauer (bei mir war es jedenfalls so) schon fast Magenschmerzen und auch unbändige Wut. Man ist einfach nur sprachlos.
                                Der unbescholtene Lucas wird von einer Minute zur anderen zur Hassfigur des kleinen Orts, was auch immer er versucht und tut, es macht alles für ihn nur noch schlimmer. Klara merkt, was sie angerichtet hat, ändert ihre ursprüngliche Aussage und sagt, dass Lucas nichts getan hat. Aber auch dies ändert nichts. Das Urteil über Lucas ist endgültig gefällt. Dass die kleine Klara aus einer Kränkung heraus die Lüge über Lucas verbreitet hat, kann man dem Kind natürlich nicht zum Vorwurf machen, aber die Erwachsenen verhalten sich im Laufe der Handlung dermaßen unzivilisiert, dass es schmerzt.
                                "Jagten" ist schonungslos und tut beim Zuschauen weh, was er vermutlich auch beabsichtigen soll, er nagt an der Psyche, regt zum Nachdenken an und zeigt auf, wie schnell man bei einem Urteil über einen Menschen sich auf die falsche Seite begeben kann und so zur (sozialen) Zerstörung des oder derjenigen beiträgt. Großartig gespielt, vor allem von Mikkelsen als Lucas und der kleinen Annika Wedderkopp als Klara, die ebenfalls eine hervorragende darstellerische Leistung erbringt, was man vor allem in Anbetracht ihres jungen Alters lobend erwähnen muss.
                                Das Ende des Films ist wahrlich derbe, aber leider auch vorhersehbar und am wahrscheinlichsten, denn eine solche Anschuldigung wird man wohl nie mehr los, auch wenn man irgendwann rehabilitiert ist.

                                Trauriger, bitterer, beeindruckender und niederschmetternder Film und wirklich absolut empfehlenswert!

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                                  Miss_Jupiter 19.04.2023, 11:59 Geändert 19.04.2023, 12:03

                                  Eine Horde penetranter, unterschiedlichster Aliens belagert nach einem Meteoriteneinschlag den Glen Canyon rund um den Lake Powell. Der Biologe Ira Kane (David Duchovny) will zusammen mit dem Geologen Harry Block (Orlando Jones) und Dr. Allison Reed (Julianne Moore) die nervigen außerirdischen Kreaturen bekämpfen. Die vermehren sich derweil munter weiter, werden größer, gefräßiger und immer gefährlicher...
                                  Ivan Reitman's Science Fiction-Komödie ist ein kurzweiliger unterhaltsamer Spaß, der durch bekloppten Humor, Situationskomik, eine tollpatschige und etwas verpeilte Julianne Moore und nette Effekte punktet. Es ist ein Streifen, den man immer wieder mal zwischendurch sichten kann. Auch Dan Aykroyd taucht irgendwann auf, weil das Militär sich zwischenzeitlich einschaltet und die Herrschaft an sich reißen möchte. Die Darsteller sind ungemein sympathisch, die Chemie zwischen ihnen stimmt auch und Duchovny und Moore bilden ein starkes Team im Kampf gegen die Aliens. Der Komödienanteil überwiegt hier bei weitem, die Aliens sind auch recht passabel und die Atmo ist durchgängig witzig. Ich verbinde mit dem Streifen meinen damaligen USA-Besuch, bei dem ich auch einige Zeit im Glen Canyon und am Lake Powell verbrachte und werde während der Sichtung immer ein wenig nostalgisch. Die Drehorte sind mir wohlbekannt und auch die Hite Crossing Bridge, die im Film zu sehen ist, habe ich damals überquert. Ist eine karge, aber wunderschöne Gegend bzw. Landschaft und passt für "Evolution" wie die sogenannte Faust aufs Auge. In weiteren Nebenrollen sind Seann William Scott und Ted Levine zu sehen. Sehenswert.

                                  Darauf eine große Flasche Head and Shoulders auf ex.

                                  https://www.youtube.com/watch?v=MDZsNksbw2Q
                                  Wild Cherry - Play That Funky Music

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                                    Miss_Jupiter 18.04.2023, 11:14 Geändert 18.04.2023, 17:07
                                    über Mama

                                    Da ich vor kurzem "Mama" in einem Kommi erwähnt hatte, schreib ich mal was dazu.
                                    Der Zwillingsbruder von Lucas (Nikolaj "Jaime Lannister" Coster-Waldau) tötet seine Frau und kommt dann selbst unter nicht geklärten Umständen ums Leben. Zuvor bringt er seine beiden kleinen Töchter in einer Hütte im Wald unter. Nach seinem Ableben bleiben die beiden Mädchen fünf Jahre lang alleine in dieser Hütte, werden aber dann von Waldarbeitern gefunden und in eine Einrichtung verbracht. Lucas und seine unkonventionelle Musikerfreundin Annabel (Jessica Chastain) nehmen Lucas' Nichten dann bei sich auf. Sie sollen an einem Projekt teilnehmen und bekommen sogar ein großes Haus zur Verfügung gestellt.
                                    Das Zusammenleben der vier erweist sich als äußerst schwierig, da die Mädchen sich nach dem langen Alleinsein nicht in ein soziales Gefüge eingliedern können und menschliche Verhaltensweisen erst wieder erlernen müssen. Der älteren von beiden, Victoria (Megan Charpentier), fällt es dennoch leichter, sich anzupassen, während die kleine Lilly (Isabelle Nélisse) keine Anstalten zeigt, ihr bisheriges erlerntes Verhalten abzulegen. Lucas und Annabel geben sich alle Mühe, den beiden Geborgenheit und Sicherheit zu geben, wären da nicht die recht merkwürdigen und unheimlichen Vorkommnisse, die sich bald im Haus abspielen...
                                    "Mama" ist inszenatorisch perfekt durchchoreographiert, bietet eine recht düstere und auch manchmal traurige Atmosphäre, was die beiden traumatisierten Mädels angeht, die keinerlei Schuld an ihrem Verhalten trifft. Dass ihre Ziehmutter Annabel sich irgendwann nicht mehr wohl in dem Haus fühlt, lässt Victoria nicht kalt. Lucas landet nach einem mysteriösen Treppensturz in der Klinik und die übriggebliebenen drei müssen sich derweil arrangieren, nicht nur menschlich untereinander, sondern sich auch noch mit einer furchterregenden Kreatur auseinandersetzen, die Victoria und Lilly "Mama" nennen. Das Geheimnis dahinter ist wahrlich schrecklich.
                                    Andy Muschietti ("It", Chapter 1 and 2) gelang mit "Mama" ein dichtes und packendes Horrordrama seines eigenen gleichnamigen Kurzfilms, welches die Auswirkungen eines heftigen Schicksalsschlags sowie die daraus resultierenden psychologischen Aspekte der langen Isoliertheit auf eine sehr behutsame Art und Weise zeigt. Der Horror ist hier auch nicht vordergründig plakativ, sondern eher sparsam eingesetzt, trotzdem reicht es für ein paar Jump scares. Die Darsteller machen ihre Sache sehr gut, aber Charpentier als Victoria und Nélisse als Lilly spielen hier schon wirklich großartig. Der an dem Marfan-Syndrom erkrankte Schauspieler Javier Botet spielt "Mama". Da mir das Ende nicht ganz so gut gefällt, bleibt es bei einer 7.0.
                                    Produziert wurde der Streifen u.a. von Guillermo del Toro, was man ihm auch anmerkt. Sehenswert.

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                                      Miss_Jupiter 16.04.2023, 11:44 Geändert 16.04.2023, 12:01

                                      In Sam Raimi's "Drag Me to Hell" wird die junge, ehrgeizige Bankangestellte Christine (Alison Lohman) von einer alten Frau verflucht, der sie zuvor einen weiteren Kredit verwehrt hatte. Ab diesem Zeitpunkt gerät sie sozusagen in "Teufel's Küche"...
                                      Die Story des Films ist jetzt nichts, was man nicht schon irgendwo anders in der einen oder anderen Form dargeboten bekommen hätte, jedoch versteht es Sam Raimi, dem temporeichen Streifen eine sehr zynische und bösartige Atmosphäre einzuhauchen. Okkulter Hokuspokus, Exorzismusansätze und derber Humor und -wenn man ganz genau hinsieht und -hört- gibt "Drag Me to Hell" auch einen schonungslosen, sogar sozialkritischen offenen Blick frei auf ungerechte Machenschaften von mächtigen Banken, denen der kleine Mann/die kleine Frau vollkommen egal ist. Auch Christine kommt aus eher ärmlichen Verhältnissen, was sie bei einem Besuch der Eltern ihres reichen Freundes Clay (Justin Long) zu spüren bekommt. Der Horror ergibt sich also nicht nur aus den wohl dosierten unheimlichen Momenten, sondern der Kälte und Hartherzigkeit einiger Protagonisten und der gnadenlosen Umwelt. Ihre eigene Kälte manövriert Christine schließlich in eine ausweglose Lage, der sie mit fremder Hilfe nicht mehr entrinnen kann. Manchmal ist der Streifen heillos überzogen, aber dennoch -auch wegen der guten Darsteller- sehr sehenswert. Lohman überzeugt als unbedarfte junge Frau, die praktisch um ihr Leben kämpft und Justin Long als ihr Freund kommt eher hilflos und überfordert daher, als er bemerkt, wie verzweifelt seine Freundin ist. Aber Lorna Raver als Mrs Ganush ist der Hammer: eine alte, ebenso verzweifelte Frau, die nur in ihrem Haus bleiben möchte, in dem sie schon so viele Jahre verbracht hat. Sie kann einem einfach nur leid tun. Das Mienenspiel ihres Gesichts ist ebenso köstlich wie erschreckend.
                                      Klasse Horrorfilm, der nicht nur durch den üblichen Krach, umherfliegende Gegenstände, gruselige Schatten, Blitz und Donner und eklige Schockeffekte, sondern auch durch seine leise Sozialkritik besticht, die ohne große Vorwarnung durch die Hintertür schleicht.

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                                        Miss_Jupiter 15.04.2023, 18:18 Geändert 15.04.2023, 18:23

                                        Megalyn Echikunwoke's 20minütiger Kurzfilm "Weathering" ist ein fieser kleiner Psychothriller, in dem die junge Journalistin Gemina (Alexis Louder) bei der Geburt ihr Kind verliert und auch ihr eigenes Leben in großer Gefahr ist.
                                        Nachdem sie wieder zu Hause ist, passieren unheimliche Dinge. Eine dunkle Gestalt trachtet ihr nach dem Leben...

                                        In den 20 Minuten geschieht zwar nicht zu viel, jedoch kann man in diese kurze Spielzeit, die atmosphärisch recht düster inszeniert ist, so viel hineininterpretieren, dass es schon fast für einen Langfilm reicht. Selbstzweifel und Schuldeingeständnisse plagen Gemina, die sich die Schuld am Tod ihres Babys gibt. In verstörenden und furchtbaren Träumen und Visionen erfolgt eine weitere Selbstkasteiung der jungen Frau, die sich selbst recht bald verloren und verlassen fühlt. Am Ende erfolgt aber dann eine Selbsterkenntnis und die (Seelen)heilung, die Gemina so dringend gesucht und gebraucht hat. Ihre psychisch bedingte Schreibblockade kann sie ebenfalls überwinden.

                                        Der Film zeigt recht gut, wie der Verlust eines Kindes und hier direkt nach der Geburt, die Psyche der Mutter radikalst verändert und dass es sehr schwierig ist, damit umzugehen, dies zu verarbeiten und vor allem weiterzuleben. Es braucht sehr viel Geduld, um nicht an einem solchen Schicksal zu zerbrechen. Oftmals ist die Umwelt damit heillos überfordert, verständnislos und leider keine große Hilfe. Gemina ist aber irgendwann in der Lage, den Tod ihres Kindes anzunehmen und sich damit selbst zu helfen.
                                        Sehenswerter Kurzfilm mit starken Darstellerinnen, in einer Nebenrolle ist Alfre Woodard als Gemina's Mutter zu sehen.
                                        "Weathering" gibt es auf Netflix.

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                                        • Vermisst außer mir noch jemand Buddy 'Mattscheibenvorfall'?

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                                            Miss_Jupiter 14.04.2023, 11:19 Geändert 14.04.2023, 11:27

                                            In Katrin Gebbe's "Pelikanblut" hat die Pferdetrainerin Wiebke (Nina Hoss) große Schwierigkeiten mit ihrer neuen 5jährigen Adoptivtochter Raya (Katerina Lipovska), die sie aus Bulgarien holt. Ihre andere, ältere Adoptivtochter Nikolina (Adelia-Constance Ocleppo) merkt sehr schnell, dass mit Raya etwas ganz und gar nicht stimmt. Wiebke verdrängt dies erstmal aus ihrem Bewusstsein, bis sie es schließlich nicht mehr leugnen kann...
                                            Der Streifen ist eine Mischung aus "The Babadook", "Mama" und "Systemsprenger" mit einigen unheimlichen und unerklärlichen Aspekten, die nur recht sparsam eingesetzt werden, was der ganzen Handlung sehr gut tut, denn eigentlich ist "Pelikanblut" ein bitteres Drama über ein zutiefst traumatisiertes Kind, das seine Persönlichkeit deswegen mit seiner eigenen Psyche versucht, zu schützen. Dieser Schutz erweist sich aber für Wiebke und Nikolina als recht aggressiv, stellenweise auch lebensgefährlich und ist für die familiäre Beziehung mehr als kontraproduktiv. Die Mutter weiß bald nicht mehr, wie sie noch an Raya herankommen soll. Sie versucht alles, um dem Mädchen zu helfen, diese Hilfe ist in der Tat sehr gewöhnungsbedürftig und am Ende relativ unkonventionell, um es mal harmlos auszudrücken. Das Ende scheint vielleicht etwas überkonstruiert, aber da eine verzweifelte Mutter, die ihr Kind liebt, alles in ihrer Macht stehende tun würde, um ihm beizustehen, ist dieses Ende trotz allem passend. Wiebke bietet ihrer Tochter außerdem noch eine andere Hilfe an, die viele leider auch heute immer noch in der Öffentlichkeit für unangebracht, äußerst störend und als Tabu empfinden. Die Inszenierung von "Pelikanblut" ist bis auf einige Ausnahmen ruhig, aber die Atmosphäre ist bedrückend, niederschmetternd und sehr düster.
                                            Die großartige Nina Hoss spielt hier mal wieder genial, aber die kleine Katerina Lipovska als Raya stellt hier fast alle(s) in den Schatten. Wie sie es schafft, dieses psychisch kranke Kind derart intensiv und eindringlich darzustellen, ist schon bewundernswert. Sehr interessanter und zum Nachdenken anregender Film, er hebt sich aus der Masse wohltuend ab und ist gerade deswegen äußerst empfehlenswert.

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                                              Miss_Jupiter 11.04.2023, 11:38 Geändert 11.04.2023, 17:25

                                              In "The Menu" werden 12 geladene Gäste per Schiff auf eine abgelegene Insel gebracht, wo sie an einem exklusiven und teuren Dinnerabend teilnehmen dürfen. Das Luxusessen wird in mehreren Gängen serviert, von Gang zu Gang beschleicht die Teilnehmer ein immer unguteres Gefühl, denn Chefkoch (der Maître) Slowik (mal wieder großartig: Ralph Fiennes) hat so seine ganz eigenen Kochkünste parat, die nicht jedem gefallen werden.
                                              In diesem Film kann man der Kunst des Kochens beiwohnen sowie die Schönheit erlesenster Speisen und deren Zubereitung bis ins kleinste Detail beobachten und verfolgen, genauso wie die Protagonisten, denen bald der Appetit vergeht. Die Liste der Gäste reicht von Restaurantkritikern über Millionäre bis hin zu berühmten Schauspielern (John Leguizamo), die sich irgendwann im "falschen Film" fühlen. Margot (Anya Taylor-Joy) durchschaut -im Gegensatz zu ihrem etwas naiven Begleiter Tyler (Nicholas Hoult), der an Slowik's Lippen hängt- die abstrusen, makabren und seltsamen Vorkommnisse und sie merkt tief in ihrem Inneren, dass sie alle dieses Dinner nicht mehr lebend verlassen könnten.
                                              Der satirische und zynische Unterton, gepaart mit sehr schwarzem Humor und einer exzellent abartig inszenierten und eigenwilligen Atmosphäre vermischt sich mit der Haute Cuisine, die in "The Menu" wie ein Ritual regelrecht zelebriert wird, sei es in Form, Farben, kunstvollen Verzierungen und viel ästhetischem Schnickschnack. Das alles täuscht aber nicht darüber hinweg, dass mit dem Kochensemble etwas ganz und gar nicht stimmt. Slowik's Vergangenheit holt ihn im weiteren Verlauf der immer mehr aus dem Ruder laufenden Handlung ein und Sinn bzw. Unsinn der überkandidelten Nahrungsaufnahme steht hier im starken Kontrast zum eigentlichen Zweck von Lebensmitteln und auch deren unsinniger und verachtenswerter Ver(sch)wendung. Das penibel und perfekt durchchoreographierte Dinner bekommt Risse und Dämpfer und erweist sich schließlich als "Vorhof zur Hölle" für die Gäste. Sehenswert, aber Vorsicht: Bitte während der Sichtung nichts essen, denn jeder Bissen könnte im Halse steckenbleiben.

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                                                Miss_Jupiter 09.04.2023, 12:50 Geändert 09.04.2023, 13:53

                                                Richard Nixon stolpert über die Watergate-Affäre und dies führte zu seinem Rücktritt. Der britische Fernsehjournalist und Talkshow-Master David Frost führte im Jahr 1977 ein Interview bzw. lieferte sich ein TV-Duell mit dem Ex-Präsidenten der Vereinigten Staaten, in dem er diesen schließlich entlarvte und vorführte...
                                                Regisseur Ron Howard gelang mit dem Polit-Thriller "Frost/Nixon" ein äußerst spannend erzähltes Zeitdokument und ein Schlagabtausch zwischen zwei Rhetorikern, von denen der eine ein gewiefter Lügner war, der eben durch diese Lügen sich selbst zu Fall brachte und der andere im Verlauf dieses Interviews an Größe, Kraft und Ausdauer gewann und sich durch seinen Kontrahenten nicht mehr in die Ecke des fast "stillen" und harmlosen Fragestellers hineinmanövrieren ließ. Der Streifen wird immer wieder unterbrochen durch Einlagen von Frost's damaligen Weggefährten und Helfern, die das ganze Interview unter Schwierigkeiten (vor allem finanzieller Art) vorbereiteten und beobachteten. Kein Fernsehsender wollte damals das Interview senden, vorgeschoben war natürlich die Finanzierung, aber mMn reagierten sie mit Ablehnung aus Angst vor einem immer noch mächtigen Mann (Nixon) und rechtlicher Probleme, die dann auf sie hätten zukommen können.
                                                "Frost/Nixon" überzeugt mit einer großartigen Inszenierung und einer unterschwellig ungemein bedrohlich anmutenden, fast schon faszinierenden Atmosphäre, vor allem aber lebt der Film von seinen genialen Darstellern. Frank Langella als Nixon und Michael Sheen als David Frost geben hier eine eindringliche und überaus packende Performance, die Gesichter oft in Großaufnahme, jede Regung -ob negativ oder positiv- kann der Zuschauer/die Zuschauerin schon an den Augen der beiden ablesen. Hängende Mundwinkel oder Schweiß über der Oberlippe künden von Unsicherheit und Angst, die Nixon während der Befragung durch Frost irgendwann überkommen. Die brisanten Themen wie der Vietnamkrieg, Kambodscha, das Trauma vieler Soldaten und natürlich der Watergate-Skandal umschifft Nixon zuerst raffiniert und knockt Frost mit seinen rhetorischen Künsten aus. Aber Frost gibt nicht auf und entlockt mit seiner eigenen Raffinesse dem Ex-Präsidenten der USA schließlich genau das, was die meisten US-Amerikanerinnen und Amerikaner hören wollen.
                                                "Frost/Nixon" ist von Anfang bis Ende ein brillianter Streifen, der keine Action braucht und mit minimalistisch genauestens eingesetzten Mitteln, kleinsten emotionalen Nuancen und Szenen genau das schafft, was einen sauguten Film ausmacht. Intelligente Dialoge, großartige Darsteller, ein anspruchsvolles Thema und ein wahrhaftiges, lebendiges Ereignis, das ein britischer "kleiner" TV-Journalist vollbracht hat.
                                                In weiteren guten Nebenrollen: Oliver Platt, Sam Rockwell, Kevin Bacon, Rebecca Hall und Matthew Macfadyen.
                                                Überaus empfehlenswert.

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                                                  Miss_Jupiter 08.04.2023, 13:18 Geändert 08.04.2023, 13:41

                                                  War die 1. Staffel von "The Alienist" (Die Einkreisung) schon packend und großartig, setzt die 2. Staffel "Angel of Darkness" noch mal eine Schippe drauf.
                                                  Alleine schon das Setting der Serie, die im 19. Jahrhundert in New York spielt, ist atemberaubend inszeniert, die Story mal wieder abartig faszinierend und noch düsterer als jemals zuvor und die Darsteller -allen voran Daniel Brühl als Psychologe Dr. Laszlo Kreizler- sind abermals hervorragend. Auch diese Staffel basiert auf Caleb Carr's gleichnamigen Roman und besticht durch die morbide Atmosphäre, das mit viel Liebe fürs Detail geprägte und dargebotene New York, das einem zuweilen wie eine dreckige Zufluchtsstätte für die Abgehängten und auch verkommensten Subjekte dieser riesigen Stadt vorkommt. Mittendrin die Detektivin Sarah Howard (Dakota Fanning), die mit Dr. Kreizler's und John Moore's (Luke Evans) Hilfe den Fall, um den es in der 2. Staffel geht, auflösen will. Ihnen werden wieder viele Steine in den Weg gelegt, von Polizei und anderen Behörden, die sich für alles prädestiniert fühlen, aber letztendlich an der Aufklärung scheitern. Der Hartnäckigkeit Sara's ist es zu verdanken, dass sie und ihre Freunde überhaupt weiter ermitteln können. Die Serie thematisiert auch die damalige geringe Wertschätzung von Frauen, die nur fürs Gebären und den Herd vorgesehen waren. Ansonsten hatten sie die Klappe zu halten. Die Ungerechtigkeiten veranlassten nun viele, für ihr Wahlrecht zu demonstrieren, die sogenannten Suffragetten. Die Story beinhaltet dermaßen viele Themenbereiche, so dass schon diese alleine den Inhalt vollkommen auszufüllen vermögen, der Fall, der alle erschüttert und beschäftigt, macht die Handlung dann vollkommen, ohne sie zu überfrachten. Fanning als Sara Howard lässt sich absolut nichts gefallen und bietet den engstirnigen und übelst konservativen Männern der damaligen Zeit die Stirn. In einer weiteren Nebenrolle ist Ted "Jame Gumb" Levine als Cop zu sehen, der der Ermittlerclique erheblich zusetzt. Genial ist außerdem Rosy McEwen als Libby Hatch, die dermaßen kalt, abwesend, emotionslos und mit leeren Augen ihre Rolle performt, dass es einen ängstigt.
                                                  "The Alienist: Angel of Darkness" ist eine äußerst erschütternde, dunkle, emotionale, höchst spannende und auch manchmal perverse Serie auf einem sehr hohen und anspruchsvollen Niveau, die man leider nicht so oft (auf Netflix) zu sehen bekommt. Sehr empfehlenswert!

                                                  https://www.youtube.com/watch?v=rq1bcVOmyjw

                                                  Suffragette City/David Bowie

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                                                    Miss_Jupiter 05.04.2023, 15:43 Geändert 05.04.2023, 16:05

                                                    Jonas Åkerlund's "Lords of Chaos" (basierend auf dem gleichnamigen Sachbuch von Michael Moynihan und Didrik Søderlin) -auf wahren Ereignissen beruhend- behandelt die Entstehungs- bzw. Gründungsgeschichte der norwegischen Black Metal-Band "Mayhem" und somit auch die des norwegischen Black Metal im Jahr 1987 (O-Ton Euronymous: "True Norwegian Black Metal"). Gründer Euronymous (Rory Culkin) und seine Bandmitglieder setzen nicht nur auf die Musik, die laut und hart ist, sondern ebenso auf ihr Image als Satanisten, die alles christliche aus ihrem Leben verbannen. Als Sänger "Dead" (Jack Kilmer, Sohn von Val) sich das Leben nimmt, trifft Euronymous auf den undurchsichtigen Kristian "Varg" Vikernes (Emory Cohen), der sich heimlich, still und leise in die Band hineinschleicht und ihr im Laufe der Zeit seinen eigenen Stempel aufzudrücken versucht und Unfrieden stiftet. Die Mitglieder von "Mayhem" lassen ihren Frust und ihre Wut an allen möglichen Kirchen aus, die sie abfackeln und schrecken auch vor Mord nicht zurück...
                                                    Ich bin kein Black Metal-Fan und kenne mich in dieser Musikrichtung auch nicht aus, aber man muss auch kein Fan sein, um diesen Film zu mögen. Mir hat die Art der Inszenierung gefallen, die derbe, dreckige und eklige Atmosphäre, die beinahe schon horrormäßigen Traumsequenzen und das seltsame und ambivalente Verhalten der Band, hier ist vor allem Varg zu nennen, der sich durch seine manipulative Art das Vertrauen von Euronymous erschleicht und somit immer mehr Macht innerhalb des Gefüges gewinnt. Eifersucht, Arroganz, Neid, Verzweiflung, gekränkte Eitelkeit und Naivität spielen in der Story eine große Rolle, die schließlich Missgunst und Hass sät, der zu einem schrecklichen Ende führt. Normalität kommt in diesem Streifen so gut wie nie vor, nur in Euronymous wachsen irgendwann Zweifel an ihren Handlungen und Skrupel macht sich breit. Die Liebe zu Ann-Marit (Sky Ferreira) ist sein einziger Zugang zu einem normalen Dasein, was er immer mehr befürwortet. Doch er hat die Rechnung ohne den Wirt -sprich: Varg- gemacht, der ihn nicht mehr in Ruhe lässt.
                                                    Die gezeigte Brutalität im Film und der grenzenlose Zynismus stehen hier im krassen Widerspruch zu den meist schwarzhumorigen Einlagen bzw. Szenen, die den eigentlich düsteren Hintergrund aufzulockern versuchen. Nach "Mayhem"-Klängen ist bei einer Autofahrt-Szene nach Oslo "Dead Can Dance" mit "The Host of Seraphim" zu hören, das auch am Ende in "Der Nebel" erklingt. Sigur Ros ist ebenfalls auf dem Soundtrack und es ist genau diese Diskrepanz in den Musikrichtungen, die die nüchterne bzw. ernüchternde, traurige und bittere Ambivalenz und Realität aufzeigt, die sich durch den ganzen Film zieht. Rory Culkin als Euronymous spielt hier genial, aber auch Emory Cohen als Varg ist großartig. Habe den Film auf Empfehlung von TommyBarin gesehen. Überaus sehens- und natürlich auch -hörenswert!

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