Rajko Burchardt - Kommentare

Alle Kommentare von Rajko Burchardt

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    Knapp zwei Jahre nach ihrem Debütfilm "Wrecked" melden sich die Shumanski-Brüder mit einem weiteren Coming-of-Age-Drama zurück. Die Mischung aus queerer Romanze und Thriller trifft zunächst ein paar hübsche Töne, ehe sich balladeske Stimmung und reinster Schwachsinn die Klinke in die Hand geben. "Blackmail Boys" versteht es geradezu verblüffend, eine an und für sich interessante Geschichte – Boyfriend A stiftet seinen als Stricher arbeitenden Boyfriend B an, dessen prominenten Freier mit einem Sexvideo zu erpressen – auf die konsequent uninteressanteste Art zu erzählen. Am Umstand, dass ebenjener Freier ein fundamentalistischer Christ ist, der in Büchern und Radioshows gegen Schwule wettert, zeigt der Film nur in Hinblick auf seine Titelprämisse Interesse. Am Ende verheizen die Shumanskis ihre Figuren auf beispiellose Art, während sich der in ganz nettem DV-Ambiente präsentierte Schmu mit gleich dreifachem Voice-Over auf der Bild- und Tonebene direkt ins eigene Aus kleistert. Einziger Lichtblick: Das blankziehende Mumblecore-Aushängeschild Joe Swanberg in der Rolle einer unangenehmen Schrankschwuchtel, die sich als Autor von Büchern wie "Accept Jesus’ Friend Request" selbst verleugnet. Zu schade, dass der Film nichts mit ihm anzufangen weiß.

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    • 7

      Ein indonesischer Transvestiten-Superheldenfilm über einen Drag-Friseur, der im Lady-Gaga-Outfit, mit gezielten Dance Moves und magischen Wurfmessern bewaffnet, einer homophoben militanten Untergrundorganisation den Garaus macht. Was nach handelsüblichem Indonesia-Trash vergangener Tage klingt, ist der wohl spielerischste und amüsanteste Film des diesjährigen Pornfilmfestivals – eine bis ins Mark queere, anarchistische und obendrein entzückend liebenswürdige Komödie voller Camp und Pomp. Mit "Madame X" erweitert Regisseur Lucky Kuswandi die Reihe der unbeholfenen Normalo-Superhelden der Neuzeit um eine durchgeknallte Drag-Queen. Als Quasi-Ergänzung des momentan angesagten Trends superkräfteloser Superhelden erweitert der Film die jüngeren Blickrichtungen innerhalb der "neuen" Comicästhetik nicht nur um eine queere Perspektive, sondern setzt natürlich auch stechende Duftmarken mit seinen Verweisen auf ganz reale gesellschaftspolitische Entwicklungen in Indonesien. Und wie Kuswandi auf sympathischste Art im Interview erzählte, habe man den Film nur deshalb durch die strenge Zensur bekommen (und einen landesweiten Kinostart erzielen können), weil die zahlreichen der schwulen Szene entsprungenen Insiderwitze und englischen Dialogfetzen dort gar nicht verstanden worden seien. "Madame X" ist also nicht nur irrsinnig komisch, sondern sogar ein bisschen subversiv. Geheimtipp.

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      • 7

        [...] Bellas Schwangerschaft und Vampirwerdung, Edwards und Jacobs hitziger Monsterzwist, der Kampf zwischen Vampir- und Werwolfsclan - dafür, dass wieder einmal kaum etwas passiert, passiert dann doch so einiges. Bisher gelang es keinem der "Twilight"-Filme so sehr wie "Breaking Dawn", die endlos verbalisierte Hochdramatik der drei Protagonisten an konkrete Probleme zu knüpfen. Und in ihrer Abschied einläutenden Finalstimmung aus potenziertem Sentiment und kitschig-schöner Romantik ist dieses Fast-Schlusskapitel irgendwie doch erstaunlich einnehmend. Schrittweise Gewöhnung oder Sehnsucht nach idealisiertem Schmalz, eigentlich egal.

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        • 2

          Den Film schaute ich lediglich in der Hoffnung, dass Tom Schilling und Max Riemelt jeden Moment anfangen würden miteinander rumzuknutschen. Vergebens. Stattdessen blieb nur der befürchtete Leidensweg durch verkitschte Deutschtümelei, kunstgewerblichen Geschichtsgulasch und karikaturẹske Nazivorstellungen, in der keine Drehbuchzuspitzung zu viel und keine Geste zu dick aufgetragen sein darf. Gott sei Dank rettet sich dieser Dennis Gansel immer dann mit melodramatischem Trash, wenn der NS-Kontext seines stinknormalen Jugenddramas in die unbezwingbare Bedeutungslosigkeit abgeschoben wird. Deutsche Filme über deutsche Geschichte müssen schließlich immer erstmal eines sein: goutierbar.

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          • Scheißfilm, Scheißregisseur.

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            • 6

              Weltweit verlieren alle Menschen nach und nach ihre Sinne, vom Geruchsverlust bis zur Blindheit vergeht nur wenig Zeit. David Mackenzie erzählt keine vorapokalyptische Geschichte und seine Bilder konzentrieren sich auch nicht auf die letzten Tage der Zivilisation. Stattdessen kreist sein Plot um ein Paar, das sich inmitten der unerklärlichen Epidemie kennen und lieben lernt. Was ihnen schließlich bleibt, wenn alle Sinneswahrnehmungen für immer verloren scheinen, ist der Titel gebende "Perfect Sense" – die Liebe. [...] Von einigen unnötigen Abschweifungen in der intimen Erzählsituation sowie mitunter allzu unsubtilen Mitteln abgesehen, ist Mackenzies erste Science-Fiction-Arbeit ein teils wunderschöner, teils enorm deprimierender Film. [...]

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              • 3

                [...] Wer immer schon wissen wollte, wie das heimtückische Ding aus einer anderen Welt zu den Männern in John Carpenters "The Thing" gelangen konnte, der bekommt hier die Vorgeschichte aufgetischt. Sorgfältig erklärt diese das eigentlich Unerklärliche und greift damit munter in das Geschehen eines Klassikers ein. Stimmungsvoller Grusel und bitterer Zynismus des Vorbildes weichen reichlich neumodischem Tamtam, der sich mit aufgeregter Inszenierung und verschlimmbesserten Effekten aus dem Computer direkt vor Carpenters Geniestreich positionieren möchte. [..] Wenn dann sogar noch ganze Momente der "Fortsetzung" nachgespielt und somit vorweggenommen werden (der Bluttest, hier zum Zahnersatztest ummodelliert), verabschiedet sich der Film grandios von seiner eigenen Sinnhaftigkeit und mutiert unweigerlich zum schnöden Premake (Prequel + Remake).

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                • 3

                  [...] Polanski inszeniert eines seiner Lieblingsmotive, die Klaustrophobie, als Beziehungsstück unter Bildungsbürgern in einem einzigen Wohnzimmer. So wurde "Der Gott des Gemetzels" bereits auf der Bühne beschworen, im preisgekrönten Stück von Yasmina Reza. Die theatralische Vorlage ist wahrscheinlich sehr stark, aus ihr stammen die ulkigen Figurenkonstellationen, manch amüsanter Dialog und ein in diesem Kontext beispielloser Gross-Out-Moment. Sie ist sogar offenbar so stark, dass der Film die Bühne einfach ins Kino verlegt. Polanski filmt ein Theaterstück, mit Schnitten zwar und in vielen verschiedenen Einstellungen, aber erzählt in Echtzeit, auf einem Raum, mit Gesten, die bis zur letzten Reihe reichen. [...]

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                  • Der aktuelle Stand der Umfrage ist ja wohl ein Witz. Fehler im System oder Aufstand der Ahnungslosen? When there's no more room in hell, the Remake kiddos will walk Moviepilot.

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                    • 5

                      [...] Die Idee ist stark und sie trägt den Film. Dass Andrew Niccol sie bestenfalls für eine recht platte und abgehangene Kapitalismuskritik bemüht, dem aktuellen Gesinnungstrend aus weltweiten Bürgerprotesten gegen die "Diktatur der Finanzmärkte" nur allzu dienlich, schadet "In Time" als Unterhaltungsfilm nicht. Der Verzicht auf eine intensivere Beschäftigung mit dem Thema ermöglicht natürlich die Fokussierung auf einen genretypischen Road-Movie-Plot und dessen unverzichtbare Liebesgeschichte. [...]

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                      • 8

                        Rothemden, Gelbhemden, Fische im Wasser – ein Filmessay von Thunska Pansittivorakul. "One man's terrorist is another man's freedom fighter.", und dann wird quer geschnitten durch das Antlitz des Terrors nach dem Massaker in Bangkok. Als Bestandsaufnahme kollektiven Leids, als unsichere Suche nach Zusammenhängen, als schlichter Ausdruck von Machtlosigkeit und Trauer ist "Poo kor karn rai" (The Terrorists) nichts außer be- und erdrückend, im steten Aphorismus seiner Bilder aber auch unendlich beeindruckend. Vom Politischen ins Private und vom Begrifflichen ins Anschauliche schillert Pansittivorakul zwischen dokumentarischer Abbildung und experimenteller Inszenierung im Strom gegensätzlicher Szenen, Orte und Eindrücke. Fragmentarisch bleiben die Bilder, lose die Verbindungen. Wenn Pansittivorakul in Off-Texten die Wunden einer traumatisierten Gesellschaft an die Hinwendung zum Körper bindet und Verbrechen der Obrigkeit mit erigierten Schwänzen verknüpft, übermitteln seine Anblicke radikal wie nachhaltig jenes Gefühl von Zwiespalt, das den Verlust von Einflussnahme und Übersicht mit dem einfachen Bedürfnis nach Empfindsamkeit beantwortet. Schwierig, diskutabel und alles, was Film nur ausdrücken kann. Fische im Wasser, der Letzte macht das Licht aus.

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                        • 7

                          Rosa von Praunheim, einst Regisseur zahlreichen schwulen Ulks, Mediendiva über Gebühr und öffentlicher Outing-Nötiger, gehört ja nun schon seit einiger Zeit zu den interessantesten Dokumentarfilmern Deutschlands. Seine Milieustudien und teils auch hochpersönlichen Arbeiten laufen längst nicht mehr nur pflichtschuldig, sondern wegen ihrer großen Sorgfalt in der Erstellung von Einblicken in Subkulturen, Szenenischen und Zwischenräume des Alltags auf sämtlichen hiesigen Festivals. "Die Jungs vom Bahnhof Zoo", co-produziert vom NDR und rbb, schildert die Entwicklung von Strichern und Callboys in Berlin seit dem Fall der Mauer. Fünf von ihnen begleitet Praunheim, lauscht ihren unterschiedlichen Geschichten und lässt außerdem Freier, Barkeeper und Sozialarbeiter zu Wort kommen. Mit größter Zurückhaltung und fast teilnahmslos dokumentiert der Film Schicksale – selten fragt Praunheim in den Gesprächen nach, nie bohrt er in der Vergangenheit seiner Protagonisten. Gewohnt souverän gelingt es ihm damit, durch Zusammenführung und Montage mehr über die von ihm interviewten Menschen zu zeigen, als diese in den Gesprächen artikulieren wollen und vielleicht auch können. Dank der besonderen Unterschiedlichkeit aller Protagonisten in ihren Lebenswegen, Motivationen und Schlussfolgerungen entwirft der Film ein vielfältiges und komplexes Bild über ein Thema, das anderswo nach wie vor von viel zu vielen Klischees bestimmt wird.

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                          • 6

                            Eröffnungsfilm des sechsten Pornfilmfestivals Berlin von Autor und Regisseur Christophe Honoré, der einem größeren Publikum spätestens seit seiner umwerfenden Jacques-Demy-Hommage "Les chansons d'amour" (Love Songs) bekannt sein dürfte. Honoré inszeniert in "Homme au bain" (Man at Bath) das Ende einer schwulen Liebesbeziehung als parallele Bewältigungsphase, in der zwei Männer den Verlust des jeweils anderen zu verarbeiten suchen. Ohne konkrete Anhaltspunkte zu geben, konzentriert sich der Film fragmentarisch auf bestimmte Situationen aus Gegenwart und Vergangenheit, die Raum für Spekulationen sowohl über seine Figuren, als auch die Spuren einer vergangenen Liebe schaffen. Diese ganz spezifische Beschreibung eines Zustands der Trennung ist teils entzückend wirklich, und manchmal auch arg profan. Am Interessantesten wird Honorés Film dann, wenn Hauptdarsteller und Porno-Superstar François Sagat augenzwinkernd, aber auch bitterernst sein nahezu unnatürlich maskulines Image reflektiert. In einer der eindrucksvollsten Szenen heißt es, sein Körper sei wie Kunst, "schlechte Kunst" jedoch. So nackt wie in diesem Moment hat man François Sagat noch nie gesehen.

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                              [...] Was Robert Zemeckis bisher nicht gelingen wollte, schaffen Spielberg und Jackson zumindest im Ansatz: Ihre zunächst mit Schauspielern auf dutzendfach verdrahteter Studiobühne gedrehte, später in detaillierter Kleinarbeit gepixelte Kinoadaption von "Tim und Struppi" ermöglicht lebendiges Geschichtenerzählen trotz immer noch disparat wirkendem Motion Capturing. Dass die Abenteuer vom neugierigen Reporter, aufmerksamen Foxterrier und dauertrunkenen Pirat nicht im Uncanny Valley untergehen, ist einmal mehr Spielbergs sorgfältiger Regie und seiner alle Gesetzmäßigkeiten der Wirklichkeit negierenden Beschwörung erlebnisreicher Kinomagie zu verdanken. [...]

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                              • Ein wichtiges und - leider immer noch - mutiges Signal. Hoffe, dass einige Fußballspieler diesem Beispiel folgen werden.

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                                  [...] Angesichts der künstlerischen Lustlosigkeit und rein kommerziellen Motivation wundert es nicht, dass der Film in der Sommerdrehpause von "Twilight" zügig heruntergekurbelt wurde. Taylor Lautner und sein Vater Dan Lautner, der hier als Produzent fungierte, basteln so eifrig an den eigenen Karrieren, dass die Filme im Zweifelsfall lediglich den Ansprüchen pubertierender Mädchen genügen müssen: Und was dürften sich 12- bis 14-jährige Jacob-Fangirls schon groß von einem Action-Thriller versprechen? Hauptsache nackig und süß. Passt schon.

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                                  • Eine der letzten Größen des Exploitation-Films ist verstorben.
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                                    • http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,790377,00.html

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                                      • Noch kein Kommentar von alanger oder duffy? O.o Was ist los hier, R.I.P.-Apfelstimmung?

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                                          Majestätisch setzt Lars von Trier ("I'm a Nazi.") in den ersten Minuten des Films gemäldehafte Bilder zu musikalischem Pomp (Wagner) in Szene, die wie formschöne Photoshop-Stills daherkommen, und nicht halb so eindrucksvoll wirken, wie sie es vermutlich gern würden. Was folgt, ist eine an der eigenen "Dogma"-Ästhetik geschulte, mit blümeranten Stilisierungen verfeinerte und an Thomas Vinterbergs "Festen" erinnernde Familienkrisengeschichte in wirrem Kameragezuppel und reduzierten Lichtquellen, gebrochenen Blickachsen und ständig wechselnden Brennweiten. Während der zweiten Hälfte dann trüben subtile Spezialeffekte und beeindruckende, dem Titel gerecht werdende, Bilder opulenter Melancholie den (ohnehin mit Vorsicht zu genießenden) Eindruck formaler Strenge, derweilen sich die Figuren immer mehr in einen abgründigen Strudel aus Lethargie, Tristesse und Lebensmüdigkeit bewegen – "Melancholia" ist, ähnlich wie "Antichrist", ein weiterer Schritt von Triers hin zu noch mehr Stil des Stils wegen. Diesmal habe ihn keine Depression inspiriert und angetrieben, ließ der Filmemacher mehrfach verkünden, und deshalb sei dies auch ein weniger schwermütiger, sondern eher ein schöner Film. Man soll ja keinem Menschen etwas Schlechtes wünschen, aber je besser es Herrn von Trier zu gehen scheint, desto profaner sehen seine Filme aus. "Melancholia" hat mich jedenfalls weitgehend unberührt zurückgelassen.

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                                          • Qualität. Quantität.

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                                                    Netter Twistorama-Gruselfilm, der als Debüt eines jungen Regisseurs eine unterhaltsame DVD-Premiere abgeben würde. Inszeniert von einem ehemaligen Genregenie, das mit Meisterstücken wie "The Fog" oder "Escape from New York" einst sowohl das Horror- als auch Science-Fiction-Kino bereicherte, ist ein banaler Psychothriller wie "The Ward" hingegen nur ein weiteres Armutszeugnis in der seit 30 Jahren mit mehr oder weniger filmischem Crap stagnierenden Karriere John Carpenters. Den Verlust von visueller Präzision mag man noch verknusen (Dean Cundey, wir vermissen dich), immerhin teilt Carpenter dieses Schicksal mit diversen Genrekollegen, deren Arbeiten die ästhetische (digitale) Wende des Kinos wohl einfach nicht überstanden haben, aber Himmel hilf: Einen so derart pappigen Stoff hätte der frühere Meister in Filmen seiner Hochphase bestenfalls noch während der Exposition (komplett) abgewickelt. Hilflos und vollkommen deplatziert wirken die Versuche, an aktuelle Genreströmungen anzuknüpfen (lästiges Torture-Porn-Gewusel, vgl. auch Dario Argentos "Giallo"), befremdlich und unwürdig das Kleben am schwachsinnigen Plot (inklusive Erklärbär). Und dann, ganz kurz, blickt sie hier und da tatsächlich mal durch, die einstige Brillanz Carpenters. Momentweise. Irgendwie komisch.

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