Rajko Burchardt - Kommentare

Alle Kommentare von Rajko Burchardt

  • Die oben kursiv gesetzte Trash-Definition finde ich sehr fraglich.

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    • 9 .5

      [...] Malicks Entwurf der archaischen Kernfamilie führt zunächst einmal zum Ursprung aller Existenz. In einer unklaren Mischung aus Kreationismus und Evolutionstheorie gebären seine Bilder den Kosmos, die Welt und das Leben aus dem Nichts, angereichert mit Zitaten Hiobs. Zyniker werden das als aufgeblasene Trash-Esoterik bezeichnen, Polemiker als hochnotpeinliches Schwimmen in der eigenen Ursuppe. Ich nenne es betörenden Größenwahn. Alles oder nichts: ein audiovisueller Gedankenstrom, ausgetragen aus Bedeutungsschwangerschaft im ganz großen Stil. 140 Minuten lang zelebriert Malick Bilder von Schöpfung, Entwicklung und vermutlich göttlichen Interventionen. Seine Schauspieler sind Statisten, die mit wenigen Dialogen auskommen und sich den fragmentarischen Zusammenhängen ihres Regisseurs fügen müssen. [...] Wenn man "Tree of Life" mit Stanley Kubricks "2001" vergleichen möchte, so wie zahlreiche Cannes-Kritiker, weil er an dessen Bildgewalt und Auseinandersetzung mit der conditio humana anknüpfe, muss man auch hinzufügen, dass Malick nicht vom Dinosaurierbaby zum menschlichen Säugling wie Kubrick vom Knochen zum Raumschiff schneidet. Er verzichtet auf vordergründige Komplexität und kreiert auch keine Bilder einer bloßen Aussage wegen. Bei Malick geht es um Mensch und Natur, nicht Technik und Technizismus. [...]

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      • Van Sants PSYCHO ist der bisher einzige wirkliche Versuch in der Filmgeschichte, von einem Film ein Remake zu drehen.

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        • Burton war seit jedem Teil im Gespräch für die Regie, nur er selbst wusste davon nie was.

          Kleine Korrektur zum Text: MARS ATTACKS war kein Hit, sondern sogar ein kleines finanzielles Fiasko für Warner.

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            Ein weiterer Science-Fiction-Gebrauchsfilm von Bowie-Sohnemann Duncan Jones, der abermals ein klassisches Sujet des Genres nutzt, um Fragen nach dem Wert menschlichen Lebens, wissenschaftlicher Ethik und moralischer Verantwortung zu stellen. Diese Fragen spielen, wie bereits in "Moon", keine allzu ausgeprägte oder gar diskursfähige Rolle, weil "Source Code" zugunsten straffer Handlung und reißerischer Spannung ausreichend mit einem Drehbuch voll von Zeitschleifen und Emotionen und Liebesgeschichte vergnügt ist. Erneut erinnert dies an viele schon da gewesene Filme, etwa an "12:01", "Deja Vu" oder "Inception", wobei Jones seine ausweglose Paradoxieromanze vermutlich eher in Richtung "La Jetée" und damit besonders "Twelve Monkeys" gedacht wissen möchte. Müßig zu erwähnen, dass er keinen geistigen Anknüpfungspunkt an letztgenannte findet, sondern "Source Code", wenn überhaupt, nur ein neuer von unzähligen Genrefilmen ist, die die Terrorbilder der letzten Dekade kanalisieren. [...]

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              [...] Dass die bemerkenswert langweilige, witzlose und himmelschreiend verklemmte Prollblödelei "Hangover" 2009 zum Überraschungshit des Jahres avancierte, versteht sich von selbst: Reaktionäre Doofheit war schon immer mehrheitsfähig, besonders beim amerikanischen Publikum. Nun ist so ein besonders böser Kater nicht wirklich fortsetzungstauglich, erst recht nicht, wenn sich anschließend alles sogar noch zum Besseren wendet. Freilich aber musste Todd Phillips seine Spießerbande in Serie schicken und dem Hangover einen Part II hinterher kippen. Gemäß dem Niveau des Vorgängers greift das Sequel dessen einzige Idee wieder auf und lässt das Wolfpack nach einer durchzechten Nacht erinnerungslos zurück. Neue Stadt, neue Heirat, neuer Kater, alles noch mal nach Erfolgsrezept. Diese 1:1-Kopie des Erstlings ist tatsächlich noch einmal wesentlich tempoärmer als der ohnehin schon schnarchige Vorläufer und feuert seine Wahnsinnsgags dieses Mal im Dreiviertelstundentakt ab. Aber man kann nicht sagen, aus "Hangover 2" wäre irgendwie die Luft raus, denn das hieße ja, der erste Film sei kein Platten gewesen. [...]

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              • Ich reiche meinen INCEPTION-Kurztext ein, 280 MP-Kommentare können nicht irren.

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                  Ein Schlüsselfilm in der langen kinogeschichtlichen Auffassung und Darstellung von Homosexualität, den Veit Harlan ursprünglich zur Differenzierung des im Nationalsozialismus noch einmal verschärften § 175 drehen wollte, weil nämlich Schwule, "an denen die Natur etwas verbrochen" habe, "unser ganzes Mitgefühl" verdienten. Das Ergebnis wurde 1957 von der FSK als unsittlich (sprich: zu "schwulenfreundlich") empfunden und nicht freigegeben, erst in einer veränderten Fassung kam "Das Dritte Geschlecht" unter dem Titel "Anders als du und ich" in die bundesdeutschen Kinos. [...] Selbst noch in der vermeintlich milderen Ursprungsversion gerinnt die schmähliche "Unterscheidung" bzw. Kategorisierung schwuler Typen in bekehrbare Junge und gemeingefährliche (pädophile) Alte zur grotesken Scheinkritik am berüchtigten Paragraphen. Harlan inszeniert Homosexuelle vielmehr exakt so, wie er auch ("den") Juden in seinem bekanntesten Film, "Jud Süß" (1940), inszenierte: Fratzenhaft, durchtrieben und hinterlistig. Nicht ohne noch einmal alle Klischees vom Homosexuellen als künstlerischem Freigeist zu unterstreichen, verurteilt der Film in bemerkenswert verrückter Weise auch gleich noch experimentelle Kunst sowie Lyrik und Prosa im Allgemeinen. [...]

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                    Rajko Burchardt 23.05.2011, 14:48 Geändert 07.05.2017, 14:35

                    [...] Hanna zieht aus, um die Welt zu entdecken. Sie verlässt die Märchenhütte im verschneiten Nirgendwo, um sich auf eine traumähnliche Reise voller Gefahren und Unwirtlichkeiten zu begeben. Ihr Kampf gegen skrupellose Agenten markiert einen entscheidenden Übergangsritus in ihrem Leben, und am Ende muss sie sich der bösen Hexe stellen, um zu einer Identität zu finden. Wright erzählt HANNA als Initiationsabenteuer eines Teenagers und als Geschichte der Zivilisation, vom anfänglichen Leben in steinzeitlichen Verhältnissen bis hin zur Plattenbausiedlung in Berlin. Zuletzt begegnet das Märchen seiner eigenen Illusion: In den vermoderten Überresten des Spreeparks im Plänterwald landet die böse Hexe im Wolfsmaul einer Wildwasserbahn! "Hanna" ist von Beginn an konventionsloses Kino, das einen immer da hinführt, wo man es am Wenigsten erwartet. Joe Wright, zwischen gepflegter Jane-Austen-Adaption und bekömmlichem Oscarmaterial bisher nur schwer als Autorentalent zu fassen, empfiehlt sich schlagartig als einer der aufregendsten europäischen Regisseure der Gegenwart. [...]

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                    • Lars von Trier, Cannes-Jurypräsident 2012.

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                        Aus der vielleicht irgendwann einmal halbwegs reizvollen Idee, eine Disneyland-Attraktion zum digitalen Piratenfilm mit milden Fantasy- und Horroreinlagen aufzublasen, ist längst ein süffiger Familien-Franchise mutiert. Alle Versuche, aberwitzige Abenteuer auf See als epische Bombasttrilogie mit losem "Star Wars"-Mittelteil aufzuziehen, verlaufen sich in "Pirates of the Caribbean: On Stranger Tides" nunmehr im verkrampften Vorhaben, Jack Sparrow nach Entledigung bisheriger Nebenfiguren endgültig die One-Man-Show überlassen und ihn als tapsigen Seemann zur Piratenversion eines Indiana Jones hochstilisieren zu können. [...] Ob sich nun ein facettenloser Gore Verbinski oder ein mit leicht missglückten Musicals erprobter Rob Marshall an den strikten Auflagen Jerry Bruckheimers orientiert, ist letztlich unentscheidend – "Pirates of the Caribbean" ist zielstrebiges Produzentenkino in Reinkultur, Knöpfe drücken kann jeder. [...] Schauwerte gibt es auch keine, die wenigen Momente mit touristischem Karibikflair werden ausgiebig von einem Aschenbecher-3D der besonders unansehnlichen Sorte sabotiert. Unterm Strich ist dieser Film glanz- und niveaulose Sommerunterhaltung, die vor gedankenlosen Zügellosigkeiten nur so strotzt. Nervpotenzial: 10/10 mögliche Flaschenschiffchen.

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                        • 4

                          […] Drei klare Akte, geradlinige Erzählung, ein sanfter doppelter Boden. Sidney kehrt zurück als verletzliche Jungfer, Gale übernimmt wieder den Part der knallharten Journalistin mit weichem Kern, und Dewey ist der leicht tollpatschige Polizist wie vor 15 Jahren. Für die irrsinnigen Verschnörkelungen und Film-im-Film-Spielereien der beiden vorherigen Sequels gibt es in "Scream 4" keinen Platz. Der dritte Film funktionierte deshalb als schöner Abschluss der Trilogie, weil man seine Absurditäten auch gar nicht mehr hätte fortführen können. Eine überschaubare und Komplexität vermeidende Whodunit-Geschichte, die lediglich noch einmal das Original nachahmt, ist nun allerdings nicht unbedingt das, was man der Serie nach 11 Jahren Ruhestand gegönnt hat. Bei aller Verzichtbarkeit dieses Nachklapps sei zur Ehrenrettung jedoch gesagt: Einen besonderen Charme versprüht der irgendwie in den 90ern fest hängende Humor Williamsons noch immer. […]

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                            über Thor

                            [...] Die aufmarschierenden Götter Asgards setzt Kenneth Branagh in "Triumph des Willens"-Manier in Szene, was ein weiteres Mal erstaunen lässt, wie selbstverständlich sich virile Posen von majestätischen Herrschern im US-Blockbuster eingerichtet haben – von "Star Wars" über Zack Snyder bis hin zum knuddeligen Marvel-Eventfilm. [...] Dennoch macht "Thor" sehr schnell sehr viel Spaß, und es ist kein schuldiges Vergnügen. [...] Der Film hält durchweg die Waage zwischen Ernsthaftigkeit und Augenzwinkern, wodurch er sich einen gewissen Charme bewahrt und seine Geschichte weder allzu verbissen noch – anders als es die Trailer vermuten ließen – sonderlich trashig erzählt. Überraschenderweise gelingt es Branagh, seiner quietschfidelen Kinoadaption des Donnergottes eine milde Tiefe zu verleihen. Im Comickontext wird die Vorliebe des Regisseurs für operettenhaften Trash auf eine seltsame Art kanalisiert. [...] "Thor" hat Herz und sogar ein wenig Verstand, und es ist endlich mal wieder ein US-Blockbuster, den man sich nicht erst schönsaufen muss.

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                              über Shocker

                              In jeder Hinsicht durchgeknallte Horrorkomödie über einen transzendalen Serienkiller, der erst durch die Träume eines Teenagers geistert, dann verschiedene Körper unschuldiger Menschen durchläuft und sich abschließend als elektromagnetische Kraft durch Fernsehkanäle manövriert. Von Kritik und Publikum wie üblich missverstanden, variiert Wes Craven seine bevorzugten Themen um vererbte Schuld, Eltern-Kind-Konflikte und unterschiedliche Realitätsebenen zu einer ebenso vergnüglichen wie vollkommen entrückten Comedy, die wie eine Fernbedienung mit Wackelkontakt munter zwischen Actionthriller, Fantasy-Horror und Mediensatire irisiert. Ähnlich seinem Traumdämon Freddy Krueger lässt Craven den übernatürlichen Mörder Horace Pinker in Bereichen jenseits des Bewusstseins Schrecken verbreiten, um eine folgenschwere Verbindung zur Wirklichkeit herzustellen – zumindest einer filmischen Wirklichkeit, die später in "New Nightmare" und den "Scream"-Filmen schließlich auch sich selbst begegnen wird. Mehr Selbstparodie als Metafilm und mitunter sicher auch allzu albern, macht "Shocker" zumindest seiner interessanten Ansätze und zahlloser Gross-Out-Momente wegen einigermaßen Spaß. Wenn Horace Pinker Besitz von einem kleinen Mädchen ergreift, das wild fluchend mit einem Bagger durch den Park rast, offenbart sich zeitweise wieder einmal die Ultrakunst Wes Cravens.

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                                Unsägliches TV-Prequel zum Hitchcock-Klassiker, das die beiden offiziellen Fortsetzungen ignoriert und sich aus fragmentarischen Ereignissen zusammensetzt, die zeitlich vor dem ersten "Psycho"-Film liegen. Joseph Stefano, der Drehbuchautor des Originals, schildert Norman Bates jr. als entwicklungsgestörten Teenager zwischen Ödipuskomplex und Transvestitismus, der schon früh zu Mutters Perücke und dem scharfen Küchenmesser griff. So zumindest erinnert sich der mittlerweile verheiratete und in Kürze Vater werdende (!) Bates an die Geschehnisse seiner Jugend, während er in einer Radioshow seine Lebensgeschichte ausbreitet. Das selten dämliche Framing des Films, die schulbuchartigen Flashbacks und psychologisch hanebüchene Fortschreibung der Bates-Figur bezwingen den Mythos, so es denn überhaupt je einer war, formal und inhaltlich endgültig auf Soap-Opera-Niveau. Am Ende setzt Norman, den Perkins hier nur noch auf Autopilot schaltet, sein altes Mutterhaus in Brand, treibt sich die Dämonen der Vergangenheit aus und fällt seiner Ehefrau und Mutter in spe erleichtert in die Arme. Dass dieser infantile Schlusspunkt der Serie sich auch noch durchgehend der Originalmusik Bernard Herrmanns bemächtigen darf, setzt der Unverschämtheit nur die Krone auf.

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                                  Während Richard Franklins "Psycho II" noch als ambitionierter Versuch verstanden werden kann, Hitchcocks Meisterwerk zumindest inhaltlich fortzusetzen, gerinnt die Figur Norman Bates im dritten Film der Serie zum klischeehaften Prototyp und bewegt sich nur noch in den Pfaden zeitgenössischer Franchise-Killer, die schuldigen Teenagern nach dem Leben trachten. Anthony Perkins steuert sein offenbar zum Fluch verkommenes Alter Ego nunmehr auch hinter der Kamera mächtig über, um jede Abgründigkeit als Witz auszuweisen: Permanent zitiert "Psycho III" das Original und wiederholt dessen berühmte Dialoge, die als One-Liner und fast schon parodistische Einlagen nur noch zur Comedy taugen. Am Rande der Selbstvertrashung bedient der Film mit einer vollkommen abstrusen Slasher-Handlung und blödsinnigen Knallchargenfiguren nur noch Standards des Genres und gibt jeden Versuch seines Vorgängers, die grobschlächtigen Motive des Originals weiterzuspinnen, zum Abschuss frei. Der ganze Quatsch wird zusätzlich mit viel nackter Haut und der hässlichen Diana Scarwid als dahergelaufene Nonne garniert. Obwohl Perkins seinen Norman hiermit ins verdiente Aus befördert, sollte der Stoff mit einem vierten Film von Mick Garris noch einmal weiter trivialisiert werden. R.I.P., Mr. Bates.

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                                  • 8

                                    Wagemutige Fortsetzung des legendären Modernitätsmanifests von Alfred Hitchcock, die die Handlung 23 Jahre später munter weiterspinnt. Statt einer eigenständigen Exposition lässt der Film einfach noch einmal den Duschmord des Originals durchlaufen und wiegelt damit gleich jede Impertinenz ehrwürdig ab, indem er Komplexität gegen Genreelemente eintauscht. Die Geschichte von Richard Franklins Sequel konzentriert sich auf Norman Bates’ Rehabilitationsversuche nach jahrelanger psychiatrischer Behandlung, die jedoch von Störenfrieden aus der Vergangenheit mühevoll sabotiert werden. Da das Drehbuch offenbar zu viele dramatische Akzente setzt, wurden dem Film einige Horrorkonventionen beigemengt, weshalb sich "Psycho II" neben seiner eigentlich zentralen Charakterstudie auch noch auf einen spannenden Whodunit-Plot konzentrieren muss. Die letztlich recht verschnörkelte Handlung gleicht einer unkontrollierten Geisterbahnfahrt, die sogar einmal in Richtung des zeitgenössischen Teenie-Slashers ausschert (was sich im nächsten Teil der Serie schließlich verselbständigen wird). Anthony Perkins hat folglich einiges zu tun und changiert kräftig zwischen Unschuldslamm und Psychopath, während sein Counterpart Meg Tilly hilflos an ihm vorbeispielt. Formal besticht "Psycho II" durch ausgeklügelte Kamerapositionen und Jerry Goldsmiths wohldosierte Musik über seine augenscheinlichen Schwächen hinaus, ehe er in einem hanebüchen-genialen Epilog zu später Hochform aufläuft.

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                                    • 4

                                      Auch wenn sich der Verleih jede Mühe gibt, "James Cameron’s Sanctum" gewinnbringend über den Namen des 3D-Rudelführers zu vermarkten, ist er lediglich als einer von fünf ausführenden Produzenten an dem Projekt beteiligt. [...] "Sanctum" gelingen einige sehr schweißtreibende Momente. Die Höhlen- und Unterwasserszenen spielen klaustrophobische Ängste effektiv aus. Und wenn der Film Spannungsmomente in Schluchten, Wasserfällen und Gesteinsformationen konstruiert, wenn seine Helden zwischen Felsen, Stalaktiten und Engen um ihr Überleben kämpfen, funktioniert er als beklemmender Thriller. [...] Die unglaubwürdige und nur unnötiger erzählerischer Emotionalisierung dienliche Vater-Sohn-Geschichte verlagert den Fokus des Films allerdings vom Kampf Mensch gegen Natur auf einen banalen Familienzwist, der mit hanebüchenen Dialogen unterfüttert wird. Lustig gemeinte Sprüche auf der Dialogspur wiederum lenken zusätzlich vom Wesentlichen ab und wecken den Wunsch nach qualvoller Verendung aller Beteiligten. Spätestens wenn das Erkunden der engen Höhlen von den Figuren vorzugsweise mit Anuswitzchen kommentiert wird, wünscht man sich sehnlichst James Cameron auf den Regiestuhl.

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                                      • 6

                                        Auf einem angeblich wahren Fall beruhender Esoterik-Geisterfilm über eine junge Mutter, die aus unerklärlichen Gründen fortlaufend von einer übernatürlichen Macht vergewaltigt wird. Zwischen Horrorthriller und Melodram inszeniert Sidney J. Furie "The Entity" (deutscher Untertitel: "Es gibt kein Entrinnen vor dem Unsichtbaren, das uns verfolgt" und wahlweise auch "Der Schänder aus dem Jenseits"…) an der Grenze zur Exploitation mit hervorstechender Kameraarbeit und einem plump-effektiven Score. Bis zum inhaltlich enttäuschenden und zudem tricktechnisch verhunzten Schlussakt gelingt ihm dabei ein hervorragender Gruselfilm voller bedeutungsschwangerer Schauermomente. Interessant ist, besonders im Zusammenhang zum zeitnahen und vergleichbaren "Poltergeist", dass der Schrecken in "The Entity" noch nicht einmal kurzzeitig gebannt werden kann, sondern Barbara Hershey ihm ohne zeitliche oder räumliche Einschränkung dauerhaft ausgeliefert ist. Eine alptraumhafte Vorstellung, die der Film geschickt zu seinem Vorteil ausbaut, indem er die unheimlichen Ereignisse seiner Handlung weder zu erklären versucht, noch sie folglich unter Kontrolle bringen kann – und dem Zuschauer somit kathartische Effekte rigoros vorenthält.

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                                        • 9

                                          Mit der Ermordung einer zentralen Figur der beiden Vorgängerfilme gibt "Scream 3" gleich während der Exposition eine deutliche Richtung vor: Getreu dem selbst auferlegten Motto "Forget the Rules" erlaubt es sich Regisseur Wes Craven, seine zyklische Slasher-Vergnügung im dritten Anlauf gleich gänzlich ad absurdum zu führen. Den wenig ironischen Repetitionsgestus des zweiten Films beantwortet "Scream 3" mit bitterbösem Sarkasmus, indem er Filmfortsetzungen für mörderisch erklärt (das Drehbuch eines Film-im-Film-Sequels dient dem Killer als Anleitung) und sich als Parodie einer Parodie fröhlich selbst aufhebt (jeder Witz über "Stab 3" ist ein Witz über die eigene Trilogie und umgekehrt). Auf mehreren Ebenen multipliziert Craven sein ebenso augenzwinkerndes wie komplexes Spiel mit verschiedenen Realitäten (vgl. "Shocker", "New Nightmare" oder "My Soul to Take"), um anhand einer aberwitzigen Abrechnung mit der Genreindustrie ganz nebenbei noch die irrsinnigen Verknüpfungen zwischen Film und Wirklichkeit durch den Kakao zu ziehen. Er verdoppelt die Protagonisten der beiden Vorgänger und lässt die fiktiven Helden auf ihre noch fiktiveren Abziehbilder treffen. "Scream" und "Stab" kollidieren schließlich in einem nicht mehr differenzierbaren Filmuniversum und kommentieren sich unentwegt selbst. Dass es Craven gelingt, in all dem intellektuell stimulierenden Meta-Mischmasch sogar noch die Geschichte des ersten Films zu einem stimmigen und sogar emotionalen Ende zu führen, belegt einmal mehr dessen Meisterschaft als unverkennbarer und vielschichtiger Ausnahmeregisseur im Horrorfilm. Die absolute Ultrakunst.

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                                          • 7 .5

                                            Auf gute Laune getrimmte Fortsetzung einer beispiellosen Teen-Horror-Abhandlung, die ihr Bewusstsein, als postmoderner Film lediglich auf andere Filme reagieren und sich bestenfalls als originelle Neuzusammensetzung behaupten zu können, gegenüber dem Vorgänger noch einmal zu schärfen versucht. Das freimütige und recht ergebnislose Sinnieren über angebliche Sequel-Gesetze bemüht sich redlich, die eigentlich nur nachbuchstabierte Prämisse des ersten Films unter Verschluss zu halten. Tatsächlich fügt "Scream 2" der (bisherigen) Trilogie so wenig Nennenswertes hinzu, dass man ihn auch problemlos überspringen könnte. Für höchste Vergnüglichkeit sorgen sowohl die Film-im-Film-Elemente, als auch die stärkere Konzentration auf die komischen Aspekte der sich lediglich wiederholenden Geschichte, wodurch den Figuren der Serie einige amüsante Momente eingeräumt werden. Das wenig aufregende Finale spielt den Schluss des Vorgängers noch einmal unbeholfen nach (inklusive erneuter nur leichter Kratzer für das lieb gewonnene Pärchen Herr und Frau Arquette) und verrückt dessen selbstironischen Charakter in Richtung Eigenparodie. Angereichert mit zahllosen gekonnten Spannungsmomenten und ausgeglichenem Humor funktioniert "Scream 2" als hübscher Nachklapp, dem die Cleverness des ersten Films allerdings fast komplett abgeht.

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                                            • 10

                                              Die mindestens 15. Sichtung, nun in sehnlicher Vorfreude auf Numero cuatro. Hommage, Paraphrase, Zerlegung, Deutung, Gedankenspiel, Happening, Ausschlachtung und Wiederbelebung des Slasherfilms als kompaktes Gesamtpaket. Das Regelwerk vor-, aus- und nachgestellt, bedient, gebrochen, verinnerlicht, parodiert und mit absoluter Ernsthaftigkeit umgeschrieben. Entrümpelung, Sortierung, Neuzusammensetzung, und der Slasherfilm als feministisches Lustspiel noch mal anders gedacht. Ein Drehbuch, das sich alle Freiheiten zur postmodernen Fabuliererei gönnt, ein Regisseur, dessen langjähriger Diskurs um filmische Realitäten endlich gehört wird, ein Film, der sich vom Schrecken zur Hysterie und wieder zurück bewegt. Und der alles richtig macht und jeden Ton trifft. "Scream" ist pures 1996 und hat dennoch nicht einen Millimeter Staub angesetzt. Er ist anders als die vielen Filme, die in einem System aus Verweisen und Bescheidwissen um ihre eigene Identität kämpfen. Sein Konzept ist nicht reine Mechanik, hinter der jeder Ernst zurücktreten, jede Situation zur Anordnung und jede Figur zum Stereotyp verkommen müsse. Keine Dekonstruktion ohne Neukonstruktion. "Scream" ist ein Film voller Lebendigkeit vor einem ausgestorbenen Genre: Der glückselige Höhepunkt eines Kinos, das seine Filme nur noch als Produkte zur Schau zu stellen weiß. So rar, so schön, so Lieblingsfilm.

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                                              • 4

                                                [...] Bei aller Sympathie für Filmfreaks im Allgemeinen und Pegg/Frost im Besonderen: Dieses ständige Drehen um die eigene Nerd-Achse verkommt in "Paul" mitunter zur reinen Masche, die weniger einen charmanten als vielmehr ermüdend selbstgefälligen Eindruck macht. Das redundante Wildern in Film- und Serienzitaten gerinnt spätestens dann zur Belastungsprobe, wenn das Zitat als solches nur noch zur ungebrochenen Nachahmung führt. Während ihrer Zusammenarbeit mit Regisseur Edgar Wright haben Pegg und Frost mehrmals bewiesen, dass nerdiges Popkulturwissen nicht nur selbstgenügsamen Slacker-Humor produzieren, sondern auch formale Komplexität, Intelligenz im Umgang mit den Vorbildern und letztlich auch herzhaften Charme zulassen kann. Nicht zuletzt das unterschied die Arbeiten der beiden Autoren und ihres Freundes Wright von den einfältigen Pillepalle-Komödien des Nerd-Urgesteins Kevin Smith, der ja ungepflegte Langweiler überhaupt erst zum salonfähigen Kult erklärt und damit im Kino weitere nicht enden wollende Ergüsse postmodernen Bescheidwissens in Gang gesetzt hat. "Paul" jedoch ist davon leider nicht mehr allzu weit entfernt.

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                                                • 7 .5
                                                  über Matinee

                                                  Nach der Fortsetzung seines 80er-Jahre-Hits "Gremlins" zur zügellosen Nummernrevue verrückter Einfälle und einem Beinahe-Overkill fantasievoller Spezialeffekte, schaltete Regisseur Joe Dante in "Matinee" wieder eins, zwei Gänge runter, um zu seinen filmemacherischen Wurzeln zurückzukehren. In dieser nostalgischen Hommage an die eigene Kindheit wirft er einen fast intimen Blick zurück in die frühen 60er Jahre, als sich die amerikanische Bevölkerung während der Kubakrise in einem Ausnahmezustand befand. Dante verknüpft die kollektiven Ängste vor einem drohenden Atomkrieg interessanterweise mit einer Beschwörung an zeitgenössische Horrorfilme, die effektvoll gesellschaftliche Angstszenarien kanalisierten, während das Kino seine Position als Hort von Spektakel und Attraktion gegen das Konkurrenzmedium Fernsehen verteidigen musste. Die Verschränkungen von Genrefilm und politischer Realität, die nicht nur den jungen Dante, sondern auch viele Altersgenossen hinreichend beschäftigt und irritiert haben dürften, werden in "Matinee" auf eine amüsante, sentimentale und vor allem harmonische Art zugunsten des Kinos gelöst. Dessen eskapistische Möglichkeiten betont der Film insbesondere durch eine sehr freie, aber liebevolle Würdigung der Showmanship-Legende William Castle nachdrücklich: John Goodman spielt einen leicht verrückten Gimmick-Regisseur, der wie eine gute Seele über der Handlung thront und mit seinen Filmen eine vergnügliche Zuflucht vor den Schrecken der Wirklichkeit schafft, ohne diese auszublenden.

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                                                  • Die gleiche Chose noch mal. Unlustiger geht's echt nicht mehr.

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