Roldur - Kommentare

Alle Kommentare von Roldur

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    Lange bevor Marvel die Leinwände eroberte, fanden sich kleine, schmierige Comicfilme in den Kinos wieder. Verschmähte Trash-Perlen wie „Spawn“ oder eben auch „Faust: Love of the Damned“. Nein, wir haben es hier nicht mit einer Splatter-Verfilmung von Goethes Faust zu tun, diese Adaption orientiert sich nicht einmal lose am Original. Es existiert wohl ein Comic rund um John Jaspers alias Faust, der durch den Teufel zum Super-Rächer mit Blutdurst wird.
    Krallen, Blut, nackte Haut, Metal und schnelle Schnitte? Klingt nach Spaß, macht auch Spaß. „Faust: Love of the Damned“ ist so dilettantisch gespielt und geschnitten, dass es zeitweise echt schmerzt. Die furchtbar choreographierten Action-Szenen werden mit böse lautem Metal übertüncht, um die Illusion von „Coolness“ zu erhalten. Man erhält lediglich eine Mischung aus „laut“ und „Blut“ - komischerweise funktioniert das aber, auf eine irritierende Art und Weise.
    Titelheld Jasper hat vor allem ein großes Talent: Eine dümmliche Fresse ziehen. Er schielt, grimassiert und schreit sich durch die Handlung wie ein Weltmeister. Wie eine krude Mischung aus Jim Carrey und Nicholas Cage. Dass er damit den Unterhaltungsfaktor steil nach oben treibt, war ihm wohl kaum bewusst. Er gibt das wohl irrsinnigste Portrait eines vor Liebe zerrissenen Hauptcharakters ab, was ich je gesehen habe. Und er ist nur eine von vielen bescheuerten Figuren.
    „Faust: Love of the Damned“ hat gute, handgemachte Effekte, extrem billige CGI-Effekte und sprüht nur so vor obskuren Ideen. Ein menschliches Fleisch-Kleeblatt? Immer her damit. Eine Schlangen-Geburt? Geht klar! Dass dabei die Spannung manchmal auf der Strecke bleibt, scheint da herzlich egal.
    Nüchtern gesehen ist Brian Yuznas Machwerk aus der „Fantastic-Factory“-Schmiede, aus Kostengründen in Spanien gedreht, ein richtig miefig-mieser Film. Letztendlich hatte ich aber dennoch viel Spaß mit der albernen Titelfigur, der furchtbar peinlichen Mephisto-Verwurstung und dem derben Splatter-Spaß. Nicht unbedingt der beste Trash-Film und gesegnet mit diversen höchst nervigen Passagen – aber der Gedanke zählt und dieser „Faust“ bekommt von mir einen großen Brocken Sympathie auf niedrigstem Niveau.

    „In spite of all our science and technology I always knew deep inside that evil existed... darkness that possesses us when we cease to believe.“

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    • 7

      Álex de la Iglesia ist ja gemeinhin bekannt als ein Enfant-Terrible Spaniens. Werke wie „Perdita Durango“ oder „Mad Circus“ glänzen durch explizite Gewaltakte und obskure Ideen. Zeit für mich also eines seine ersten Werke zu begutachten und dem Priester aka Theologen Angel auf seiner Suche nach dem Teufel mit ganzer Kraft zur Seite zu stehen.
      Angel hat die Offenbarung des Johannes entschlüsselt und weiß: Die Welt wird untergehen, denn bald wird der Antichrist geboren. Dass das Wissen um das Ende der Welt nicht unbedingt vorteilhaft ist, wissen wir bereits seit „Donnie Darko“, das kristallisiert sich auch hier wieder einmal heraus. Angel hat folglich keine Ahnung wie er das Ende verhindern kann und versucht nun Kontakt mit dem Teufel aufzunehmen. Vielleicht lässt der ja mit sich reden.
      Ein Priester hat seltsame Vorstellungen von Missetaten, Angel fängt also an Straßenkünstler zu vermöbeln, Death-Metal zu hören, Jungfrauen zu vergiften und Bücher zu stehlen – das wird schon irgendwann die Augen des Teufels öffnen. Dabei steht ihm Dickerchen und Satanist Rosario zur Seite, sowie der große Illusionist Cavan.
      „El Día de la Bestia“ ist voll mir skurrilen Einfällen und kreativen Ideen. Er hat genau die Menge an lustigen Dialogen, die eine gute Horror-Comedy ausmachen und ist sich der Attraktivität des okkulten Genres bewusst. Tod und Teufel bietet sehr viel Raum für Spaß, damit weiß Álex de la Iglesia umzugehn und bedient die Klaviatur des Genres famos und mit dem Herz an der rechten Stelle. Markige Dialoge, viel Blut, tiefschwarzer Humor und gut geschriebene Charaktere, was will man mehr?
      Abgesehen von einigen gravierenden Timing-Problemen, die den Film stark ausbremsen, macht „El Día de la Besita“ höllisch viel Spaß, da kann man über einige der schnarchigen Momente locker hinwegsehen, ich werd' mir jedenfalls in Zukunft mehr von dem bunten Spanier zu Gemüte führen. Dicke Empfehlung an jeden Fan guter Horror-Komödien und okkultem Zeugs.

      "Du weißt doch selbst, was sich Nachts in unserer Straße rumtreibt. Lauter Nutten, Neger, Drogensüchtige und Killer. Ich sag dir was: Ich wünsch' mir, dass einer von denen mal hier reinkommt. Dem Ersten würd' ich die Eier wegballern, bevor er nur ein Wort gesagt hat, als Begrüßung! Dann brech' ich ihm die Knochen, dass er für den Rest seines Lebens nur noch im Rollstuhl sitzen kann! Dann wird er wissen, was Schmerzen sind!"

      9
      • 3

        So, bevor der Blutdruck des gemeinen Lesers ins Unermessliche steigt: Ich bin nicht mit den Turtles aufgewachsen, bekam lediglich am Rande etwas mit. Leonardo, Donatello, Raphael, Michelangelo und Pizza, die Ratte kannte ich auch noch. Heißt also auf meine Kindheitserinnerungen konnten sich Regisseur Liebesmann und Produzent Michael Bay nicht stürzen. Und was kann ich sagen: Gott sei Dank!
        Frei nach dem Rezept: Etwas Krach und etwas Bumm, dann noch ein wenig Knall und eine Prise Kabumm, kocht Jonathan Liebesmann (Zorn der Titanen) hier sein ganz eigenes Süppchen und dürfte mehr als genug Fans auf die Füße treten. Die Turtles sehen aus wie grüne Bodybuilder mit Behinderung und sprechen klischeehafter als ein Teenager es jemals wagen würde. Eine der Turtles bekommt sogar einen Suburb-Slang spendiert, naja, wer's mag. Aber dabei bleibt es nicht.
        „Teenage Mutant Ninja Turtles“ wirft alle Aspekte eines erfolgreichen Sommer-Blockbusters in einen Topf und rotzt die gleiche Schwarz-gegen-Weiß-Story auf Celluloid, wie diverse „Platinum Dunes“-Produktionen zuvor. Alles ist peinlichst genau auf den Massengeschmack abgestimmt und damit wirkt alles eben auch lieblos hingeklatscht. Billige Witzchen gefolgt von Popkultur-Referenzen aus der Retorte wechseln sich ab mit Knallbonbon-Actionsequenzen für hyperaktive 13-Jährige. Auf eine unangenehme Art und Weise kann das auch unterhalten, bis man den Fokus verliert uns ich in einem Gewirr aus Partikel-Effekten und grünen Panzern wiederfindet um dann mit einem dümmlichen Spruch geweckt zu werden.
        Dazu bietet der Film natürlich auch eine saftige Megan Fox in hautengen Jeans, hautengen Lederhosen und hautengen Blusen, damit auch der letzte Minderjährige nicht ohne Latte das Kino verlassen muss. Hier hat sich wirklich jemand Gedanken gemacht. Da ist Will Arnett nur Formsache, denn das offensichtliche Zielpublikum wird selbigen wohl kaum aus „Arrested Development“ kennen. Da die Hauptdarsteller, inklusive William Fichtner und Whoopie Goldberg, ohnehin nur ihr Blockbuster-Standardprogramm abspulen, ist auf der darstellerischen Ebene aber ohnehin nichts zu erwarten. Zumindest war keiner enttäuschend schlecht.
        Unterm Strich sehen die Turtles furchtbar aus, die Popcorn-Acion ist nervig, die Witze aufdringlich und die Story ohnehin jenseits von Gut und Böse. Es gibt Schlimmeres aber sehen sollte und will man „Teenage Mutant Ninja Turtles“ trotzdem nicht. Jetzt bekomme ich Lust die Serie endlich mal anzuschaun, ich hab' in meiner Kindheit wohl was verpasst.

        „If this our last moment together, I just want you guys to know I'm sorry! I'm sorry I was so hard on you! Ugh. Everytime I pushed you I... I threatened you, I yelled at you, I pushed you beyond your limits, it's because I believe in you! I believe in each one of you! I believe in you spirit and your intelligence and your potential! And every time I talked about walking away it was because I was scared! I just didn't think I was good enough to stand next to you and call you brothers, and say to you, I love you! I love you guys so much!“

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        • 4 .5
          Roldur 15.11.2014, 14:26 Geändert 15.11.2014, 15:14

          Erleben sie Dracula so, wie sie ihn noch nie zuvor gesehen haben. In High-Definition, in 3D und mit echten Emotionen. Bestaunen sie brandheiße CGI-Action, mit extra viel Pathos und einer Prise Epik. Gäbe es noch Trailer-Sprecher wie in den 80ern, dann hätte man „Dracula Untold“ vielleicht so angekündigt. Nur, ob die ganzen „Qualitäten“ wirklich zum Genuss des Films beitragen, das steht auf einem ganz anderen Blatt.
          „Dracula Untold“ brüstet sich, die einzig wahre, unerzählte Geschichte um Dracula zu zeigen. Nebenher ist er auch ein Franchise-Start für die Universal-Monsters. „Avengers“ ist bei Marvel ja ein Renner, da möchte man gern mitziehen und nun wird der große Monster-Mash vorbereitet. Also verlässt man sich hier auf alteingesessene Blockbuster-Routine und hat „Dracula Untold“ auf den Markt. Dass da nichts wirklich überrascht, dürfte damit wohl klar sein.
          Vlad der Pfähler hat es schwer. Als frischgebackener Familienvater und Gatte einer bildhübschen Dame, sieht er dem Feind ins Auge. Die Türkei maßt es sich an, das Transsylvanische Reich anzugreifen. Vlad sieht sich chancenlos und wendet sich an Charles Dance aka Pseudo-Nosferatu, um zum Monster zu werden. Denn mit Fledermaus-Fäusten, Super-Reflexen und fiesem Gebiss, kämpft es sich gleich um Einiges besser. Natürlich hat Dracula den ganzen Film mit sich zu kämpfen. Aber letztendlich bleibt er doch ein wahrer Held und tut alles für seine Familie und sein reich. Klingt unglaubwürdig? Ist auch so.
          Natürlich kann man sich über die Effekte nicht beschweren, die sehen natürlich super aus. Wer extrem dicken Pathos ignorieren kann, fiese Logiklücken übersieht und nur strunzdoofe Action haben will, der wird mit „Dracula Untold“ seinen Spaß haben. Anspruch? Fehlanzeige.
          Der Film nimmt sich bitterernst, lässt keinerlei Selbstironie zu und bleibt dennoch zu handzahm um als Reißer zu funktionieren. „Dracula Untold“ hat sprichwörtlich einen riesigen Pfahl im Arsch. Er ist so verklemmt, dass es teils echt schmerzt. Vor allem schade dann, wenn mal wieder Potential verschwendet wird, denn Luke Evans funktioniert als Dracula erstaunlich gut. Also zumindest hat er die „Looks“.
          Am Ende bleibt „Dracula Untold“ vor allem höchst mittelmäßig. Nach einem extrem schnarchigen Anfang kommt irgendwann die Action, die dann etwas mehr Spaß macht. Was man aber schnell realisiert ist, dass der Film schneller vergessen ist, als der letzte Gewinner von „Deutschland sucht den Superstar“. Muss man nicht sehn, kann man gucken wenn man echt Langeweile hat.

          I have been waiting an eternity for a man of your strength to arrive. But what kind of man crawls into his own grave in search of hope?

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          • 10

            Los Angeles bei Nacht, ein Mann ohne Moral, ohne Skrupel. Er infiziert seine eigenen Gedanken, seine gesamte Umgebung und hinterlässt eine Spur aus Furcht, zerstörten Träumen und Körpern. Das alles bei Nacht, Los Angeles ist eisig kalt und brennt zur gleichen Zeit. Dieser Blick über die Schulter eines Sensations-Reporters ist nicht frostig, er ist arktisch und macht Angst.
            Louis Bloom nutzt jede Gelegenheit und macht aus ihr bares Geld. Ohne wirkliche Ausbildung, sein Wissen aus dem Internet beziehend, ist er ein Pendler zwischen Job und Arbeitslosigkeit. Er weiß jedoch, dass er zu mehr fähig ist, denn ohne Skrupel lässt sich alles erreichen. Als er eines Abends mit gestohlenen Kupferdrähten zum Trödler fährt, beobachtet er die lokalen „Nightcrawler“ bei der Arbeit. Lou hat seine Bestimmung gefunden. Ein Monster ist geschaffen.
            „Nightcrawler“ bedient sich einer ähnlichen Bildhaftigkeit wie Nicholas Winding Refns „Drive“ und zeichnet L.A. In kühlen Neonfarben. Nicht ganz so grell wie „Drive“, denn Dan Gilroy schafft es das Medium Film auf eine ganz andere Ebene der eingefrorenen Gefühle zu bringen. Damit ist die Optik die perfekte Bühne für Lou Bloom, sie wirkt aufpeitschend, elektrisierend und schafft selbst in spannungsarmen Momenten eine faszinierende Atmosphäre.
            Ich könnte jetzt noch lange über den grandiosen Soundtrack schreiben, die tolle Ausleuchtung, die adrenalingeladenen (dennoch seltenen) Actionsequenzen. Aber letztendlich lenkt das ab. Klar, Rene Russo ist eine tolle Schauspielerin auch Riz Ahmed leistet sehr gute Arbeit, aber Gyllenhaal vollbringt Wunder. Louis Bloom ist nicht nur unfassbar gut geschrieben, Jake Gyllenhaal haucht ihm eine geradezu beängstigende Persönlichkeit ein. Sein kalter Blick, seine Wahrnehmung der Realität und seine Vorstellung von Moral. Man verliert sich gern in Gyllenhaals Augen, so spielt er auch meist sympathische Rollen. Hier findet sich hinter seinen Augen nur unendliche Schwärze, eine Person so weit entfernt von der Menschlichkeit, dass die bloße Beobachtung seiner Handlungen zutiefst verstörend wirken kann. Man versucht Louis Bloom zu verstehen, stößt jedoch sehr bald auf die Angst vor dem, was man finden könnte. Ein Mann ohne Vergangenheit, der mit Sicherheit eine der beeindruckendsten Film-Persönlichkeiten seit Travis Bickle darstellen dürfte. Ich bin mir sogar sehr unsicher, dass Lou Bloom überhaupt eine Veränderung durchmacht, er ist aber der ersten Minute schon so weit von diesem Planeten entfernt, dass ihn nicht einmal ein Sprung durch ein Wurmloch retten kann. Normal benutzt man das Wort „seelenlos“ ja in einem negativen Zusammenhang, also ändern wir hier mal die Bedeutung. Jake Gyllenhaal ist Louis Bloom und spielt ihn im positivstem Sinne des Wortes seelenlos.
            Eine scharfzüngige, doppelbödige Medienkritik, die nie auf einem zu hohen Ross sitzt, eine elegische Reise in die Dunkelheit und eine der verstörendsten Schauspielleistungen aller Zeiten. „Nightcrawler“ definiert Kälte ganz neu und ist für mich in jeder Hinsicht gelungen, ein modernes Meisterwerk, ein Film über den ich nur in Superlativen sprechen kann und möchte.

            „What if my problem wasn't that I don't understand people but that I don't like them? What if I was the kind of person who was obliged to hurt you for this? I mean physically. I think you'd have to believe afterward, if you could, that agreeing to participate and then backing out at the critical moment was a mistake. Because that's what I'm telling you, as clearly as I can.“

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            • 9

              Sonnenbrille auf. Audiovisuellen Orgasmus vorbereiten, anschnallen und los! Das sollte die Einstellung vor Danny Boyles „Sunshine“ sein. Ich bin begeistert – wie konnte ich den Film nur vergessen?
              Vor 7 Jahren sah ich „Sunshine“ im Kino und habe bis heute nahezu alles vergessen. Hatte nur grelle Bilder im Kopf, an deren Ende ein Monster wartete. Frei nach „True Detective“, versteht sich. Nun kam ich also endlich wieder in den Genuss und bin hin und weg. So muss Science-Fiction aussehen. Selbst das umstrittene Ende hat mir gefallen. Mysterien statt Oberlehrertum, Kreativität statt Stillstand. „Sunshine“ mutiert vom Sc-Fi-Thriller zum Horrorfilm, zur existenziellen Parabel und wieder zurück zum Thriller – ein filmisches Wechselbalg allererster Güte.
              Die Erde hat sich verdunkelt und die Menschheit sucht verzweifelt nach einer Lösung. Nachdem 7 Jahre zuvor „Ikarus“ bei der „Reaktivierung“ der Sonne versagt hat, muss nun „Ikarus II“ ans Werk. Die kleine Crew muss bis zur Sonne und dort mithilfe einer Bombe, einen neuen Stern „provozieren“. Wir starten mitten im Geschehen, mit Physiker Capa aka Cillian Murphy als Hauptcharakter. Nun erwarten uns 107 Minuten voller Existenzkrisen, Horror und Rätseln.
              „Sunshine“ macht all' das, was ich von einem Sci-Fi-Film erwarte. Er reißt faszinierende Themen an und lässt mir die Freiheit, sie zu Ende zu denken. Er zeigt grandiose Bilder, untermalt sie mit einem wundervollen Soundtrack und lässt mir dennoch die Möglichkeit, das Unbekannte darin zu sehen. Ich darf mich in einer ewigen Exposition verlieren und dennoch von einem ungewöhnlich reißerischen Slasher-Finale mitgerissen sein. Ich will mit Fragezeichen zurückbleiben, ich will mich in der Tiefe des Alls verirren und ich will die Hauptdarsteller in einem Kampf um ihr Überleben, ihre Menschlichkeit sehen. Fragen auf die Entbehrlichkeit eines Individuums, was es eigentlich bedeutet Mensch zu sein und wie klein wir im Vergleich zum Universum sind, beantwortet „Sunshine“ mit einer Leichtigkeit, ohne viel Pathos und erlaubt dennoch eigene Gedanken.
              Danny Boyles Ausflug ins Sci-Fi-Genre, kann einiges. Er ist detailverliebt, düster und hat einen memorablen Score. Ich bleibe atemlos zurück und habe erneut einen Beweis für die Grazie eines Danny Boyle. Unbedingt ansehen, das hier ist eben nicht nur ein Optik-Blender!

              „At the end of time, a moment will come when just one man remains. Then the moment will pass. Man will be gone. There will be nothing to show that we were ever here... but stardust.“

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              • 8

                Hippie-Kommunen funktionieren wohl nie so richtig. Zumindest gibt es mehr als genug Beispiele. Die „Manson-Family“ endete im Massenmord und die „Jonestown-Community“ unter Jim Jones nahm auch kein gutes Ende. Warum ich das Ende nicht verrate? „The Sacrament“ bedient sich großzügig bei der wahren Geschichte und ist dabei mehr als sehenswert.
                Zwei ViceReporter machen sich auf den Weg in den Dschungel um die verschwundene Schwester eines Fotografen zu finden, übrigens auch mit von der Partie, und diese wieder nach Hause zu bringen. Dass dabei ein guter Artikel über eine Sekten-Kommune entstehen könnte, ist natürlich nicht von Nachteil. Also auf in den Dschungel, mitsamt Kamera und Mikro im Gepäck! Alles natürlich originalgetreu im Doku-Stil gehalten, deshalb sind die billigen Texteinblendungen hiermit auch offiziell entschuldigt.
                Während zunächst alles noch ganz rosig aussieht in „Eden Parish“, stellt sich schnell ein allgemeines Unwohlsein bei den Reportern ein. Jedoch werden wir als Zuschauer, genauso wie die Hauptcharaktere, im Dunkeln gelassen, was hier eigentlich abgeht. Alles scheint eigenartig harmonisch aber irgendetwas ist falsch, das zieht die Spannung enorm an. Die kleine, selbstgebaute Gemeinde, frei von Drogen und Gewalt, hat eine unheimliche Sogkraft. Und hinter alledem steht „Father“, eine sagenumwobene Gestalt, frei nach Jim Jones, die hier alles zusammenhält. Über gut 45 Minuten lässt Ti West keine Details über die wahren Vorgänge in „Eden Parish“ ans Licht. Über allem schwebt die Paranoia der Reporter und die Paranoia der Zuschauer. Ein Glanzbeispiel dafür, dass Spannung mit der Ungewissheit wächst.
                Durch die ordentlichen Darsteller und die wenig wackelige Kamera, mutiert „The Sacrament“ schnell zu einer äußerst verstörenden Reise ins Herz einer Sekte. Ein Film der sein Genre versteht und weiß, welche Dinge Unbehagen auslösen – letztendlich auch ein Beweis dafür, dass psychologischer Horror wunderbar funktionieren kann. Ein grandioser Film, der ganz ohne Jumpscares auskommt und seine Atmosphäre regelrecht atmet. Ich muss unbedingt mehr von Ti West sehen!

                „We were doing something great down here. We were gonna change the world. This was only the beginning. Why couldn't you leave us alone? What harm were we doing down here?“

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                • 7

                  Wenn man einem Mann sein Spielzeug wegnimmt, dann kann ein blutiger Rachefeldzug folgen. Wie das Ganze mit einem entwendeten Hund verläuft, wird wohl „John Wick“ Anfang 2015 erzählen. Wie es sich bei einem geklauten Auto verhält, das dürfen wir schon jetzt in „The Rover“ bewundern.
                  Irgendwo im Outback, die Weltwirtschaft ist zusammengebrochen. Regisseur David Michôd siedelt sein Thriller-Drama irgendwo zwischen Kotcheffs „Wake in Fright“ und „Mad Max“ an. Die Atmosphäre ist staubig, die Stimmung düster. Guy Pearce sieht aus wie ein tollwütiger Hund, Robert Pattinson ist geistig nicht ganz auf der Höhe. Aber eines ist klar, man hat Erics (Pearce) Auto geklaut und nur Rey (Pattinson), der Bruder des Diebs, kann helfen.
                  „The Rover“ ist kein Film der großen Worte, eher eine Aneinanderreihung von Ereignissen. Hoffnungslos, kahl und roh. Postapokalyptisch eben. Er erzählt eine kleine Geschichte am Rande der Gesellschaft und will nicht mehr aber auch nicht weniger sein. Da brauch es keine Dialoge, die tiefen Falten in Erics Gesicht sprechen mehr als tausend Worte. Wozu brauchen wir die Vergangenheit der Charaktere, wenn ihre Aktionen Bände sprechen. Ich habe mitgefühlt mit dem ewig zurückgelassenen Rey, ich habe versucht die unbändige Wut von Eric zu fassen. Liefert der Film Antworten? Nein. Die braucht es aber auch nicht, denn manchmal hat selbst eine kleine Geschichte genügend Kraft. Vor allem dann, wenn sie atmosphärisch so stark eingefangen ist.
                  Man spürt die lähmende Wärme regelrecht, will die Fliegen verscheuchen, will das Blut der Rache schmecken. Man will der unwirtlichen Welt entfliehen, wenn auch nur für einen Moment. Da kann sogar Chart-Musik helfen. Man nimmt was man kann. Wenn deine einzige Bezugsperson Zwerge erschießt, dann hat sogar der Spaß an „Pretty Girl Rock“ eine Berechtigung.
                  Robert Pattinson als leicht Zurückgebliebener ist großartig, in der richtige Rolle kann der Brite wirklich was reißen und dann wäre da noch Guy Pearce, der als personifizierte Wut auch einiges hermacht. Ein ruhiger Film, dessen Zwischentöne zählen und der in seiner Reduziertheit wunderbar funktioniert. Manch' einer wird hier ein Meisterwerk sehen, manch' einer absoluten Schund. Ich mag „The Rover“ und habe die 99 Minuten wirklich genossen.

                  „You should never stop thinking about a life you've taken. That's the price you pay for taking it.“

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                  • 0 .5

                    Wie oft wurde Bram Stokers Roman „Dracula“ nun schon verfilmt? Unzählige Male. Einige Verfilmungen sind sehr gut, einige mittelmäßig und andere fürchterlich. Beim ehemaligen Regiewunder Argento hätte man also in den 80ern einiges erwarten dürfen. Während manche Regisseure im Alter senil werden und mittelmäßige Filme produzieren, scheint Argento seinen Verstand verloren zu haben. Sein „Dracula 3D“ ist ganz, ganz großer Scheiß von der übelsten Sorte. Wie kann ein Mann der einst bei Meisterwerken wie „Suspiria“ Regie führte, so tief sinken? Tiefer als hier kann kaum funktionieren, ich habe das Grauen gesehen und wird mich nie wieder loslassen.
                    110 Minuten lang, durfte ich ein Potpourri aus furchtbarem CGI, hölzernem Schauspiel und grauenerregender Kamera aushalten. Wer denkt Olaf Ittenbach ist schlimm, der hat das hier nicht gesehen. Ein Armutszeugnis und eine Beleidigung für jeden Argento-Fan.
                    Die Optik wirkt schlimmer als in jedem Amateur-Film, Schauspiel-Größen wie Rutger Hauer stolpern demotiviert durchs Bild und der Soundtrack versucht verzweifelt zu klingen wie einst „Goblin“. Nichts funktioniert, alles geht in die Hose und die Effekte sehen aus wie Render-Sequenzen aus 90er-Jahre Videospielen. Allen voran natürlich die Gottesanbeterin, die einen hilflosen Vater tötet – es ist schon ganz große Kunst, eine Animation so billig wirken zu lassen.
                    Der Film ist geradezu quälend langweilig und selbst Schauspieler wie Thomas Kretschmann scheinen gelangweilt. Und der spielt eigentlich bei jedem Mist mit.
                    „Dracula 3D“ ist schlicht zum kotzen. Selbst die Sets sehen aus wie bei einem drittklassigem Mittelaltermarkt – durch die Beleuchtung wird’s dann übrigens noch gruseliger. Gruselig ist übrigens auch der Fakt, dass Väterchen Argento seine Tochter Asia anscheinend immer wieder nackt zeigen muss. Eine Tradition, die sich nun schon durch mehrere seiner Werke zieht. Töchterchen scheint übrigens Spaß bei den hochnotpeinlichen Vampirszenen gehabt zu haben, zumindest schien sie nicht kurz vorm Einschlafen zu sein.
                    Schlechter als hier kann man die hochspannende Geschichte um den Vampirfürsten Dracula wohl kaum erzählen. Ein Affront an die Sinne, ein Stinkefinger an jeden Horror-Fan und eine massive Verschwendung an Zeit und Geld. Ein halber Punkt für Asia Argento's Titten – und da bin ich noch großzügig. Damit ist der gute Dario Argento für mich gestorben.
                    Abschließend noch ein Zitat eines Priesters aus „Dracula 3D“, welches meine Haltung während des Films gut beschreibt.

                    „Help me Father, help me my Lord! Give me the courage! Help... me my Lord!“

                    8
                    • 8

                      Grundgütiger! Da sitze ich im Kino und sehe, dass ein neuer Film mit dem Titel „5 Zimmer Küche Sarg“ bald sein Release feiert. Einst, also vor zwei Monaten, hat dieser Titel den kleinen Roldur angepisst. Dann saß er im „Burger King“ und las in der Laden eigenen Zeitschrift. Ihr wisst schon, die Zeitschrift, die alles gut findet – im Prinzip also Werbung. Die Folge war: Ich hatte noch weniger Bock auf den Film. Bis ich merkte, dass die kreativen Köpfe von „Flight of the Conchords“ hinter der Mockumentary steckten und ich endlich den grandiosen Trailer sah. In all' meiner Weisheit fiel mir dann auch auf, dass ich dringend mehr von diesen Neuseeländern sehen sollte, denn ich kenne bis heute nur einen kurzen Sketch von „Flight of the Conchords“. Peinlich, oder?

                      WG-Leben ist ja an sich schon schwer. Wenn man einzieht kommt erst die Euphorie. Man ist jetzt halbwegs selbstständig und darf so viel zocken, saufen, kiffen und essen wie man will. Zum Frühstück Burger, danach eine ausgiebige Dusche und die Küche im 14-Tage Rhythmus aufräumen. Dann kommt der Schimmel und letztendlich auch der Krach mit den Mitbewohnern. Irgendwann merkt man, dass auch Selbstständigkeit nur relativ ist und schon simple Aufgaben zur Tortur werden können. Den Müll rausbringen zum Beispiel – aber das ist eine andere Geschichte.

                      Im neuesten Film von Jemaine Clement und Taika Waititi werfen wir einen Blick auf eine Vampir-WG bestehend aus Deacon (183 Jahre), der Jungspund und Rebell der Gruppe, Viago (379 Jahre), ein Sauber- und Edelmann, Vlad der Stecher (862 Jahre), ein blutrünstiger und folternder Vampirfürst mit Beziehungsproblemen und letztendlich Petyr, ein 8000 Jahre alter Nosferatu-Verschnitt. Die Kameramänner sind natürlich mit Kruzifix ausgestattet und somit „Unfallversichert“. Jetzt aber genug Vorgeplänkel. Ich greife mir jetzt Knoblauch und Weihwasser und mach mich ans Eingemachte...

                      „5 Zimmer Küche Sarg“, im Original „What We Do in the Shadows“, hat sehr viel von „Monty Python“. Der klamaukige Humor, die Kenntnis und Liebe zum persiflierten Genre und die chaotische Anarcho-Ader. Der Film macht buchstäblich keine Gefangenen und switcht von schwarzem Humor zur gefühlvollen Ode an die ewige Liebe. Gefühlvolle Zombies oder Vampire gab's ja nu' schon genug in den letzten Jahren aber nie so gut wie hier. Viago mag zwar verliebt sein, er lässt aber auch das Blut spritzen und hat mehr Charakter als jeder glitzernde Sonnyboy der „Twilight“-Reihe. Gut, der Waschbrettbauch fehlt – aber wer will schon so oberflächlich sein. Wichtig ist, dass wirklich jeder Charakter für Lacher gesorgt hat und mein Interesse geweckt hat. Sei es Petyr, der den ganzen Film über kein Wort verliert oder der hoffnungslos rüpelhafte Deacon, jeder hat seine eigene, kleine Geschichte, über die ich unbedingt mehr erfahren wollte. Allein aus der Dynamik der Hauptpersonen heraus entsteht also die Handlung, die schlussendlich mit einer hohen Gag-Dichte (von denen auch sehr viele zünden), viel Originalität und echter, unverfälschter Skurrilität hausieren gehen kann. Die 6 Euro hab ich mir gerne absaugen lassen, das war es mir wirklich wert.

                      Nun bin ich also wieder in mein durchschnittliches WG-Leben zurückgekehrt. Bin kein Meister von irgendwem, zitiere nie die „Lost Boys“ und muss auch nie die ganze Wohnung mit Zeitungen auslegen – fliegen kann ich auch nicht. Was mir bleibt ist der Schimmel unter dem Deckel einer Ravioli-Dose. Aber dank „5 Zimmer Küche Bad“ konnte ich kurzzeitig dem traurigen WG-Alltag entfliehen und habe die wohl beste Komödie des Jahres gesehen. Na, wenn das nichts wert ist.

                      “I can’t really explain why us vampires prefer virgin blood over anything else. But put it this way… wouldn’t you rather eat a sandwich if you knew nobody had fucked it?”

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                      • Mehr davon! Hab den Film vor Ewigkeiten mal gesehn. Ein Meisterwerk. 5/10

                        • 8

                          Wir sind im Jahr 2014 angelangt und ein neuer Nolan beglückt unsere lokalen Lichtspielhäuser. Himmelhochjauchzend stürmen die Fans die Barrikaden und wollen nach den kryptischen Trailern endlich mehr von Matthew McConaughey als Raumfahrer sehen. Also hab' ich mich auch ins nächstbeste Wurmloch geschwungen und fremde Welten erkundet. Für meine Familie, für meine geneigten Leser, für die Menschheit.
                          Die Erde ist voll mit Staub. War ja klar, dass es irgendwann dazu kommt. Tarkovsky kreierte schon mit „Stalker“ und der Zone, seine Vorstellung einer apokalyptischen Gegend – hier hat Nolan sich großzügig beim großen Vorbild bedient. Aber was solls? Es funktioniert und sieht schick aus. Außerdem bezweifle ich, dass Staub ein Copyright hat. Oder, ich hoffe es zumindest.
                          Die Welt ist also gelinde gesagt am Arsch. Bald reicht auch der Mais nicht mehr aus und die Atmosphäre beinhaltet bald nicht mehr genügend Sauerstoff. Es ist also an der Zeit für Familienvater Cooper (McConaughey) in ein Raumschiff zu hüpfen und die Erde vor dem Untergang zu retten. „Auf in fremde Welten!“ lautet die Devise. Hätte er gewusst worauf er sich hier einlässt, wäre wohl alles ganz anders gekommen.
                          Nach einem schönen Start und viel Geheimniskrämerei lässt Nolan jedoch flott den Klassenprimus raushängen und erklärt mehr als nötig. Große Teile der planetaren Reise werden durch unnötig viele Erklärungen unspannend gemacht. Wo bleiben die Geheimnisse? Darf ich nicht selbst denken? Aufgrund dieses „Erklärungswahns“ wurde gerade die Erkundungstour im fremden Planetensystem schnell langatmig und der emotionale Part blieb auf der Strecke.
                          „Interstellar“ sieht klasse aus und liefert grandiose Bilder am laufenden Band. Auch die Darsteller machen ihren Job durch die Bank hervorragend, allen voran natürlich Ex-Sonnyboy McConaughey. Aber wer hätte da etwas Anderes erwartet? Was ich nicht erwartet hätte, ist der außergewöhnlich gute Soundtrack von Hans Zimmer, welcher nunmehr seit einigen Jahren auf der Stelle trabte. Die zurückhaltenden Orgelklänge in „Interstellar“ passen wie die Faust aufs Auge.
                          Letztendlich möchte „Interstellar“ wie auch einst schon „Inception“ hochphilosophisch sein, gibt dafür aber einfach zu wenig her. Glücklicherweise verliert sich „Interstellar“ nicht in unnötigen Actioneinlagen und bleibt durch die tollen Bilder und Darsteller immer sehenswert. Man merkt dem Film einfach das große Vorbild „2001“ an allen Ecken und Kanten an, jedoch hätte Nolan mehr von Kubrick gelernt, wäre hier vielleicht ein Meisterwerk bei rausgekommen.
                          Für mich liegt die Faszination oft in dem, was ich eben nicht sofort zuordnen kann. Ich hätte die fremden Welten gerne ohne Mentor erkundet, ich hätte gerne mehr Fragen gehabt. „Interstellar“ ist ein wirklich guter Film, dennoch wäre ich am Ende gern mit einer Tüte fragen aus dem Saal gelaufen. So habe ich viele tolle Bilder im Kopf aber leider nie die Faszination des Unbekannten.

                          „We used to look up at the sky and wonder at our place in the stars, now we just look down and worry about our place in the dirt.“

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                            über Inbred

                            Es waren einmal zwei Sozialarbeiter. Eine Frau und ein Mann. Sie mussten sich um einige jugendliche Straftäter kümmern. Um ihre Aufgabe zum Wohle aller zu erfüllen, beschlossen sie in ein Dörfchen zu fahren. Ein Dörfchen abseits jeder Karte. Ein Dörfchen, welches nun bereits seit Generationen Inzucht betrieb. Ein Dörfchen mit einer lieblichen Kneipe namens „The Dirty Hole“... sie zogen dort also in eine ehemaliges Irrenhaus. Und lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage?
                            Denkste! Diese Gruppe an Assis und Pyromanen landet in einem Dorf voll mit blutdürstigen Zurückgebliebenen. Die freuen sich natürlich über Frischfleisch. Es folgt eine skurrile Ausrede für möglichst viel Splatter und Gore. Denn immer wenn Fremde ins Dorf kommen findet hier eine ganz besondere „Show“ statt.
                            Frei nach Herschell Gordon Lewis „2000 Maniacs!“ oder Tobe Hoopers „Texas Chainsaw Massacre“, werden hier die Briten zu blutiger Soße verarbeitet. Wer in einem Fleischwolf landet ist noch gut bedient. Hier wird alles zur Waffe entfremdet und es bleibt kein Körperteil verschont. Die Kamera hält immer voll drauf – höher, weiter, mehr, mehr, mehr! Blutfontäne über Blutfontäne. Achja, die Schauspieler gehen voll klar. Die Dramaturgie bleibt hier und da auf der Strecke aber wirklich negativ fällt das nur selten auf. Allein schon wegen der skurrilen Kostüme der Dorfbewohner musste ich den Film einfach mögen. Der bösartige, senile Barkeeper, der große Schwere Metzger mitsamt „Glasgow-Smile“ und der minderbemittelte Möhren-Kerl. Mit etwas mehr Pepp hier und da, wäre das ein Meisterwerk geworden.
                            So ist „Inbred“ zwar ein echtes Splatter-Fest mit recht ordentlichen Darstellern geworden, ist aber leider nie sonderlich spannend. Wer aber schöne, teils handgemachte Maskeneffekte und die Eigenheiten des britischen Dorflebens sehen möchte, der sollte mal diese britische Version von „Mitten im Leben“ ansehen, denn hier fließt wenigstens mehr als nur Menstruationsblut.

                            „I'll give you something to eeeeease the pain!“

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                            • 7 .5

                              Nach „House of Cards“ und jetzt auch „Orange is the New Black“ merke ich: Auch Streaming-Dienste können tolle Serien liefern. Die Zeit der Knast-Serien ist zurück, diesmal mit ordentlich Frauen-Power!
                              Vom Roman zur Serie. „Game of Thrones“ zeigt schon, dass das geht, nun wurde also Piper Chapmans Roman „Orange is the New Black – My Time in a Women's Prison“ auf Film gebannt.
                              Hauptcharakter ist Piper Chapman selbst. Sie muss 15 Monate ins Gefängnis aufgrund eines 10 Jahre alten Vergehens. Um einem teuren Gerichtsverfahren aus dem Weg zu gehen beschließt sie gemeinsam mit ihrem Verlobten Larry, dass sie die Haftstrafe vollziehen wird. Es folgen die 15 verrücktesten Monate ihres Lebens.
                              „Orange is the New Black“ ist frisch, unverbraucht und vor allem wirklich witzig. Ähnlich frech-flapsige Dialoge durfte man zuletzt in der britischen Serie „Misfits“ bewundern. Die Charaktere sind allesamt comichaft überzogen aber auf eine unglaublich sympathische Weise auch natürlich. Da gäbe es einmal „Red“, die rurrische Mafia-Küchenchefin. Sie regiert mit eiserner Hand und in Jogginghose. Dann wäre da „Crazy Eyes“, Pipers „Prison-Wife“, die, wenn man ihre Liebe nicht erwidert gerne mal zu extremeren Mitteln greift. Natürlich darf man auch Alex Vause, Pipers riesenhafte Ex-Loverin nicht vergessen, die mehr als einmal für große Probleme sorgt. Die Figurenvielfalt ist außerordentlich, die drei genannten waren nur eine kleine Auswahl. Man darf auch christliche Psycho-Methheads kennenlernen, lesbische Ex-Junkies, man darf eine Knast-Liebe zwischen Wachen und spanischen Insassen bewundern. Sprich, „Orange is the New Black“ bietet genug Spaß, um jede Folge zu einem Ereignis zu machen. Zudem wird nahezu jede Folge die Background-Story einer Insassin erzählt, was den Charakteren weitere Tiefe verleiht.
                              Abgesehen von der teils nervigen Love-Story zwischen Jason Biggs aka Larry und seiner Piper, hat mir die erste Staffel unheimlich viel Spaß gemacht. Da sieht man gerne über Logiklücken hinweg und fiebert mit. Das auch mal ganz ohne böse Cliffhanger, denn obwohl es sich hier um ein Drama handelt, habe ich sehr viel gelacht und das war bei den vielen tollen aber auch sehr ernsthaften Serien auch mal nötig.
                              Wer gerne mal die Eigenheiten im Frauenknast genauer kennen will und den abgedrehten Humor von „Misfits“ mochte, der wird hier einen riesigen Spaß haben. Die Darsteller sind großartig und die Serie hat ein tolles Gefühl für Tempo, mir wurde nie langweilig. Super Sache unbedingt angucken! Ich werde mir derweil Staffel 2 angucken und bald Bericht erstatten.

                              „I don't mess with heroin, but I looove me some candy!“

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                              • 6

                                Jeannie ist Jungfrau und unglücklich. Sie hat zwar einen Freund bei der Autowäsche, der ist aber eher am Verkauf von Hot-Dogs interessiert, als an ihrer Entjungferung. Da muss dringend Ersatz her. Naheliegend ist da natürlich das lokale Cheerleader-Team der High-School. Fortan helfen Debbie, Bonnie, Suzie und Patty ihr tatkräftig, endlich ganz in der Welt der Erwachsenen anzukommen.
                                Wenn man in Paul Glicklers (unter anderem bekannt für „Auf Teufel komm raus“) bereits nach 10 Minuten gefühlt dreißig Ärsche gesehen hat, dann weiß man, was einen die 78 Minuten erwartet. Eine waschechte 70er Sexkomödie mit einer höchst dümmlichen Handlung, Porno-Schnauzern, Brustbehaarung und lustigen Movie-Maker-mäßigen Szenenübergängen. Ebenso ist auch die fürchterliche Musikauswahl jeden Lacher wert.
                                Das Bild ist körnig, die Dialoge unter aller Sau und bei dem Versuch lustig zu sein, produziert der Film geradezu surreale Szenarien. Ganz besonders eine Szene, in der ein Bärenkostüm involviert ist, hat es mir besonders angetan. Abgesehen von extrem viel nackter Haut, wird hier mit Zeitraffer herumgespielt, mit comicartigen Effekten, mit Vor- und Zurückspulen und vielen anderen total unangebrachten Spezialtäten, die den Film in eine ganz andere Trash-Ebene heben.
                                Sein Ziel als Erotikfilm zu punkten verfehlt „The Cheerleaders“ total. Dafür entstehen aber ungewollt so viele urkomische und bescheuerte Momente, dass man manchmal seinen Augen kaum trauen kann. Vom Fast-Gang-Bang in der Dusche, bis hin zu einer Fahrrad-Lesben-Sex-Szene hat das Zwerchfell mehr als genug zu tun.
                                Im Endeffekt ist „The Cheerleaders“ ganz, ganz dummer Scheiß aus der untersten Schublade und macht genau deswegen so viel Spaß! Wer soetwas mag, sollte hier dringend mal ein Auge drauf werfen!

                                „I'm a virgin and I always have been!“ - Jeannie

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                                  Um etwas zuerst klarzustellen: Ich habe das Original aus den 80ern nicht gesehen. Folgende Review bezieht sich nur auf das Remake, sonst nichts.
                                  Remakes von bekannten Horrorfilmen aus den 80ern sind ja nun nichts Neues mehr. Ob Jason Vorhess, Freddy Krueger – alle durften sie in den 2000ern wieder morden. In neuer Optik, neuem Glanz und noch schlechteren Darstellern als in den jeweiligen Originalen. Meist auch ohne jegichen Charme.
                                  Nun führt „Silent Night“ also diese ruhmreiche Tradition fort und lässt Santa mit Axt und Flammenwerfer auf eine Kleinstadt los. Und auch dieses Remake ist, oh Wunder, total mittelmäßig. Da ich mich aber regelmäßig im überbordenden Konsum von billigen Horror-Remakes übe, musste ich mir eben auch „Silent Night“ zu Gemüte führen.
                                  Ein lustloser Malcolm McDowell, „Goldie“ aus „Sin City“ und die Asiatin aus „Scott Pilgrim“. Ein umwerfender Cast, der auch jedes Versprechen hält. Ähnlich wie Samuel L. Jackson oder auch Nic Cage, hat auch Malcolm McDowell seit Jahren das Hobby sich für jeden Scheiß herzugeben. Dass er den Film wohl nur für den Gehaltsscheck gemacht hat, merkt man ihm auch jede Minute an.
                                  Im Prinzip hangelt „Silent Night“ sich von Gewaltakt zu Gewaltakt und spinnt dazwischen eine armselige Handlung um einen verrückten Santa Claus. Mit Flammenwerfer.... und Axt. Yeah.
                                  Ich, als 21 Jahre altes Dummchen, bin natürlich schon angegeilt, wenn ich höre, dass ein Film von der FSK abgelehnt wurde und nur mit Schnitten nach Deutschland kommt. Wenn ich dann eine Uncut Version bekomme, dann muss ich das einfach sehen. Nach den Freude kommt dann unweigerlich die große Ernüchterung. „Silent Night“ ist mittelmäßig bis scheiße. Horror von der Stange. Total vergessenswert und gespickt mit Klischees. Hin- und wieder versucht der Film dann sogar „total ironisch“ zu sein, wenn zu klassischen Weihnachts-Songs halbnackte Mädels zerhackt werden, wer dann noch „ey voll sozialkritisch“ schreit, der ist hier genau richtig.
                                  Wer mal wieder Bock auf dicke Hupen, extrem blutige Kills und einen Massenmörder mit Maske hat, der sollte sein Gehirn an der Kasse abgeben und diesem Remake eine Chance geben. Alle Anderen sollten eine großen Bogen um den Film machen. Unrythimisch, manchmal sogar peinlich . Im Endeffekt kein Affront gegen meinen Filmgeschmack, aber verschwendete 93 Minuten Lebenszeit. Frohe Weihnachten.

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                                    Jetzt ist es beschlossene Sache. Ich bin Dolan-Fan! Was der 1989 geborene Regisseur hier rausgehauen hat, ist nicht von schlechten Eltern. Bisher kannte ich nur den großartigen „J'ai tué ma mère“, aber mit „Laurence Anyways“ katapultiert sich der Jungspund direkt in mein Herz.
                                    Laurence Alia ist Lehrer und seit zwei Jahren Fred Belair zusammen. Klingt alles perfekt? Nicht, wenn man im falschen Körper geboren wurde und nun endlich beschließt den ersten Schritt zu wagen und zur Frau zu werden. Genug Inhaltsangabe, jetzt möchte ich gerne so dick auftragen wie geht, denn lange hat mich kein Film so sehr berührt.
                                    Bildformat 4:3, total bunt, ganz viel Spiel mit Tiefenschärfe und ein Soundtrack, der über jeden Zweifel erhaben ist. Viele bezeichnen die Bilder in Dolans Filmen als „poppig“ - ein toller Begriff, der auch hier passt, wie die Faust aufs Auge.
                                    „Laurence Anyways“ ist eine ungewöhnliche Liebesgeschichte, Geschehnisse, die sicher nicht jedem begegnen werden. Dennoch ist es eine Geschichte, die weit mehr Menschlichkeit zeigt, als nahezu jeder andere Liebesfilm. Der Film erzählt eine authentische Love-Story, die trotz der ganzen optischen Extravaganz am Boden bleibt und wie aus dem Leben gegriffen scheint. Dabei schafft er es noch ganz nebenbei Transsexualität zu thematisieren und das Ganze feinfühlig und unaufgeregt abzuhandeln. Von wegen Hipster, Xavier Dolan weiß wie man gekonnt auf die Norm scheißt, ohne absichtlich kontroverse Themen auf die Leinwand zu kleistern.
                                    Über 161 Minuten habe ich mitgefühlt, die Kamerafahren aufgesogen, die Musik geliebt und jedes noch so kleine Detail genossen. „Laurence Anyways“ ist ein Appell für Akzeptanz, für das Vertrauen in sich selbst und ein Statement für die verschiedensten Formen von Liebe. Er ist einer der wenigen Filme, die mich wohl noch lange beeinflussen werden, mir vermutlich ewig im Kopf bleiben.
                                    Hier gilt eine Aussage, die mal jemand über „Six Feet Under“ getroffen hat: „Hätte jeder Mensch Laurence Anyways gesehen, dann wäre die Welt ein besserer Ort“ - klingt dick aufgetragen? Mir doch egal! Wenn ich mich Hals über Kopf in eine Blu-Ray verliebe, dann ist bei mir sowieso Hopfen und Malz verloren. Das Beste daran ist: Ich bin froh drüber – der Tag kann kaum noch besser werden. Danke für dieses Meisterwerk Monsieur Dolan, ich bin hin und weg.

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                                      Familientreffen sind doch was Schönes! Man sieht sich endlich mal wieder, kann über seine Probleme sprechen, sieht den Fortschritt im Leben der Anderen. Man sieht aber auch sein Leben stagnieren, lässt unangenehme Geschichten wiederaufleben und vielleicht endet das Ganze dann im Streit. Ist alles vorgekommen, hat jeder schon erlebt – aber bei Familie Weston, da nimmt der Ärger ganz andere Dimensionen an...
                                      Familie Firefly aus Rob Zombies „Hourse of 1000 Corpses“ war abgefuckt, klar. Leatherface aus „The Texas Chainsaw Massacre“ hat auch eine ziemlich kranke Familie aber selbst diese kranken Serienkiller-Familien kommen wenigstens miteinander klar! Familie Weston versteht sich nicht und kehrt vieles unter den Teppich. Nachdem Violet Westons Mann stirbt räumt sie mit der ganzen Geheimniskrämerei endgültig auf – total auf Oxycodon, aber das versteht sich ja von selbst.
                                      „Im August in Osage County“ ist ein großartig gespieltes und bösartiges Familiendrama geworden. Diesmal ist der beeindruckende Cast nicht bloß hohle Fassade, hier kommt jeder zum Zug.
                                      Regisseur John Wells schafft es Meryl Streep, Benedict Cumberbatch, Chris Cooper, Ewan McGregor, Julia Roberts und Juliette Lewis unter einen Hut zu bringen, ohne dass auch nur eine zu kurz kommt. Allen voran Meryl Streep, die den Raum regelrecht beherrscht.
                                      Die zwei Stunden bestehen hier fast nur aus Dialogen und gelegentlichen Ruhepausen, dennoch kommt die Spannung nie zu kurz. Es ist einfach zu schön mitanzusehen, wie das Kartenhaus genannt „Familie Weston“ langsam in sich zusammenstürzt. Und alle Darsteller lassen es mit so einer Freude zusammenstürzen, dass ich nur noch applaudieren wollte. Man kann an der teils behäbigen Inszenierung anstoßen finden aber das ist Erbsenzählerei.
                                      „Im August in Osage County“ ist fies, unglaublich intensiv und erzählt letztendlich mehr Wahrheit über den Zusammenhalt innerhalb einer Familie, als man es gerne hätte. Ist der Ruf ist ruiniert, lebt sich's gänzlich ungeniert – diesen Spruch mach Violet Weston zum Motto, mit Mundhöhlenkrebs hat sie ja nun endlich eine Ausrede um das ganze angestaute Gift auszuspucken und der Familie ihren Aufenthalt zur Hölle zu machen. Auch wenn es mir unangenehm war, sehr oft konnte ich Violet besser verstehen als alle anderen. Na, wenn das mal kein Zeichen ist.
                                      Ich könnte hier noch Seiten über die großartigen Performances von Cooper oder von Roberts verschwenden aber warum sollte ich jemanden damit aufhalten, guckt den Film einfach!
                                      Wollt ihr euch ein bisschen den Abend verderben? Wollt ihr wissen wie ein Diner ohne Schalldämpfer aussieht, dann t „Im August in Osage County“ wohl genau das Richtige für euch.

                                      „I don't understand this meanness. I look at you and your sister and the way you talk to people and I don't understand it. I can't understand why folks can't be respectful to one another. I don't think there's any excuse for it. My family didn't treat each other that way.“

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                                        Roldur 29.10.2014, 13:35 Geändert 29.10.2014, 14:22

                                        Wenn man einen Film etwa 10 mal gesehen hat und auch dann aus dem Lachen nicht herauskommt, dann sollte man dem Film endlich einen Kommentar gönnen. Ja, der Titel „Bad Santa“ stößt ab, ja, das Cover erinnert an eine fürchterliche 08/15-Komödie von der Stange. Ignorieren wir all' das erst einmal und konzentrieren uns auf den großartigen Billy Bob Thornton, der hier den titelgebenden „Bad Santa“ verkörpert. Und danach merken wir vielleicht sogar, dass Terry Zwigoff auf dem Regiestuhl Platz nahm, der sich einst für den großartigen Teenie-Film „Ghost World“ verantwortlich zeichnete. Nun sind wir an dem Punkt angelangt, an dem ich mich für meine große Sympathie für „Bad Santa“ nicht mehr schämen brauche. Die Beweisführung ist klar und deutlich, ich darf weiterhin denken ich gehöre zum Bildungsbürgertum. Und der Glaube, sei es an das Bildungsbürgertum oder an den Weihnachtsmann, versiegt ja bekanntlich zuletzt.
                                        Willie ist Säufer, Übergrößen-Fetischist, starker Raucher, Misanthrop, Ladendieb und Supermarkt-Weihnachtsmann. Viele Fähigkeiten, die es gilt jedes Jahr aufs Neue zu vereinen. Wenn Willie also sein ganzes Geld wieder für Alkohol und Nutten verprasst hat, dann geht’s wieder ab in den weihnachtlichen Trubel. Zwei Wochen den Weihnachtsmann mimen und dann den Ladensafe knacken, sein kleinwüchsiger Kumpel Marcus (Tony Cox) darf als „Santas Little Helper“ seine Körpergröße nutzen und die Alarmanlage nach Ladenschuss ausschalten. Willie bekommt die Hälfte des Geldes, Marcus die andere Hälfte und diverse Fashion-Artikel für seine Frau. So sieht das Prinzip jedenfalls seit Jahren aus. Wie das bei Komödien aber so ist, wird dieses Jahr so einiges anders laufen, denn Willie lernt ein treudoofes, übergewichtiges Kind kennen und besetzt kurzerhand dessen Wohnung.
                                        Billy Bob Thornton spielt den versifften Weihnachtsmann mit mehr Liebe als man bei solch einer Rolle erwarten würde. Er pisst sich voll, kotzt was das Zeug hält und legt sich mit Pappmaché Rentieren an. Und das ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. So „down and dirty“ war Santa noch nie und wird es vermutlich auch nie wieder sein. Er blafft Kinder und deren Eltern an, säuft sich vor seinem Einsatz als Nikolaus halb komatös und findet irgendwo in einem entlegenen Winkel seines tiefschwarzen Herzens einen Funken Sympathie für ein dümmliches Kind, welches seinen Glauben an den Weihnachtsmann einfach nicht verlieren will.
                                        „Bad Santa“ erzählt eine ungewöhnliche Geschichte abseits des normalen Komödien-Schmu und verwebt schwarzen Humor mit einer niedlichen „Weihnachten-ist-trotzdem-toll“-Attitüde.
                                        Wer also seinen heiligen Abend mit Rosa Stoff-Elefanten, Schrotflinten, Flachmännern und dementen Großmüttern verbringen will, der sollte sich erst einmal ein paar Brote machen und sich dann mit einer Flasche Whiskey vor den Fernseher knallen. Willie wäre jedenfalls stolz! Meine Sympathie gehört nun schon seit Jahren dem besoffenen Santa mit dem weichen Herz und Billy Bon Thornton ist sowieso über jeden Zweifel erhaben.
                                        Der Kommentar passt vielleicht nicht direkt zu Halloween aber wenigstens habt ihr jetzt neben "Stirb Langsam" einen weiteren Weihnachts-Film. Ihr dürft mir später danken.

                                        „This is Christmas and the kid's getting his fucking present!“

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                                          Die Kollision zweier Welten ergreift mich anscheinend auf eine ganz besondere Weise. Sei es eine Bildgewordene Metapher, wie in „Melancholia“ oder zwei komplett verschiedene Bevölkerungsschichten, wie in „Ex Drummer“. „Kalifornia“ orientiert sich eher in Richtung „Ex Drummer“ und mischt eine Prise „Natural Born Killers“ mit in das Blut-Cocktail. Gut, blutig ist „Kalifornia“ nicht unbedingt, Gewalt aber bringt Brad Pitts Darstellung des Killers Early mehr als genug ins Leben der Hauptdarsteller...
                                          David Duchovny alias Brian Kessler und seine Freundin Carrie, suchen Mitfahrer für einen Road-Trip nach Kalifornien. Brian ist Autor und arbeitet an einem Buch über die bekanntesten Serienkiller Amerikas und will deshalb die Schauplätze dieser All-American-Murder aufsuchen. Da weder Brian als Autor noch Carrie als Fotografin genügend Geld verdienen, werden die Benzinkosten durch ihre Mitfahrer Early und Adele gedeckt.
                                          Juliette Lewis als Adele wohnt diesmal kein Killer inne, vielmehr glänzt sie als die naive Freundin des White-Trash Prolls Brad Pitt alias Early Grayce. Early ist ein ekelhaft-fieser, verschwitzter Kerl mit Alkoholproblem und üblem texanischen Slang – nimmt man Brad Pitt nicht ab? Tut man, und wie man das tut! Die Chemie zwischen „Dummchen“ Adele und rücksichtslosem Killer Early lässt selbst die langatmigen Momente von“Kalifornia“ wie im Flog vergehen.
                                          Zentrum des Films ist nicht der Road-Trip oder die abgefahrene Musik, sondern die Kollision der beiden Welten. Die verkopften Möchtegern-Künstler und der heruntergekommene „Bodensatz“ der amerikanischen Bevölkerung. Natürlich kommt es zur Eskalation. Aber hätte es dazu kommen müssen?
                                          Immer wieder zwingt mich der Film zu überlegen, ob der Konflikt nicht hätte verhindert werden können, wären die Vorurteile nicht so groß. Dries van Hegen blickt in „Ex Drummer“ auf die Proleten herab und stürzt absichtlich ihre Welt in den Abgrund. Brian ist fasziniert und abgestoßen zugleich, er will sich mit Early verbrüdert fühlen – ist aber letztendlich nicht fähig Akzeptanz zu zeigen. Für mich persönlich kam Earlys Ausraster überraschend, obwohl er in dieser Art Film ja obligatorisch zu sein scheint. Hätte die Handlung harmlos verlaufen können? Ich sage „Ja!“ und bin weiterhin fasziniert von „Kalifornia“. Klar, hin und wieder ist der Film unrythmisch und immer wieder tun sich klaffende Logiklücken auf oder ein Loch im Spannungsaufbau entsteht und will einfach nicht weg. Aber das ist mir herzlich egal, denn Pitts und Lewis Darstellungen haben mich an den Eiern und lassen so schnell nicht mehr los. Die beiden geben ihren Rollen eine naive Tragik von ungeahntem Ausmaß und haben am Ende fast mehr Tiefe als meine Lieblinge Mickey und Mallory.
                                          „Kalifornia“ ist nicht immer leicht goutierbar, macht auch nicht immer Spaß – zeigt aber viel mehr Menschlichkeit als manch anderer Killer-Pärchen Film und ist damit etwas ganz Besonderes. Beim nächsten Ansehen ist da vielleicht sogar mehr drin.

                                          „When you dream there are no rules. People can fly. Anything can happen. Sometimes there's a moment as you're waking and you become aware of the real world around you, but you are still dreaming. You may think you can fly but you better not try.“

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                                          • Der ist ja FSK 16, heißt das nicht dass Tele5 den dan gekürzt ausstrahlt? Hoffe ja nicht. Btw. cooler Film.

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                                              über Fargo

                                              Hach, Minnesota! Lange, kalte Winter mitsamt Metern an Schnee und Frost soweit das Auge blickt. Mit meinem Netflix- Abo bekam ich ein Ticket ins verschneite Zuhause von Versicherungsvertreter Lester Nygaard (Martin Freeman). Jeder hält Lester für einen Versager: Seine Frau, sein Bruder, sogar er selbst. Mittlerweile hat er sich mit dem Gedanken arrangiert und lebt ein unerfülltes und trauriges Leben mitsamt boshafter Frau und regelmäßigen Treffen mit Sam Hess, einem Quälgeist, der ihn seit der Schule regelmäßig schikaniert. Eines Tages geht Hess soweit, dass Lester im Krankenhaus landet und eine verhängnisvolle Bekanntschaft macht.
                                              „Fargo“ orientiert sich vom Stil her stark an dem originalen Film der Coen-Brothers, erzählt jedoch eine eigenständige Handlung, die über 10 Episoden vollständig erzählt wird. Hauptdarsteller Martin Freeman, Allison Tolman und Billy Bob Thornton leisten hier Großartiges und tragen mitsamt den Coenschen Dialogen die gesamte Handlung auf ein noch höheres Level.
                                              Lester Nygaard wird von Thorntons Charakter Malvo immer tiefer in den Schlund der Gewalt gerissen und letztendlich sind wir leider immer nur der Zuschauer. Hier eskalieren die Ereignisse auf eine ähnliche Art wie im Originalfilm – harmlose Menschen werden zu Kriminellen und trotz der starken Comedy-Elemente kann man sich das manchmal nur schmerzlich ansehen.
                                              Erneut wird der dicke Schnee Minnesotas mit Blut getränkt und der Zuschauer wird mitsamt lakonischem Humor und diverser Anspielungen auf den Originalfilm mitgerissen. Thornton als Lorne Malvo ist wohl einer der besten Bösewichte einer fast-Coen-Serie und stellt selbst den Druckluft-Killer in den Schatten. Mitsamt seiner zurückhaltenden Art und verschmitztem Lächeln löst er ab der ersten Minute seines Auftretens Unbehagen aus und kommt dem personifizierten Bösen wirklich nahe. Malvo ist unheimlich, gerissen und rücksichtslos und verleitete mich mehrfach dazu meinen Kiefer auf den Boden fallen zu lassen. Jede Minute mit ihm ist pures Gold und klaut sogar fantastischen Darbietungen wie Allison Tolmans oder auch Martin Freemans das Rampenlicht. Dieser Kerl wird mir ewig im Kopf bleiben – allein er ist ein Grund die Serie zu sehen.
                                              Natürlich darf man über die Lobhudelei rund um Thornton nicht vergessen, dass ich durch die Bank nahezu jeden der Darsteller großartig fand. Toll ist übrigens auch Keith Carradine in einer Nebenrolle als Molly Solversons Vater. Seine Figur wird wohl die Hauptrolle in Staffel 2 übernehmen, wenn auch etwa 30 Jahre zuvor.
                                              Kamera, Musik, Writing sind alle auf höchstem Niveau und dürften nicht nur Coen-Fans begeistern. Eine höchst dramatische Handlung wird fast schon subtil dargeboten und lässt trotz der ganzen Details noch Raum zur Interpretation. So lob' ich mir meine Crime-Thriller! Und wer Probleme mit den Frauenfiguren in „True Detective“ hatte, der bekommt mit Molly eine wunderbar gespielte und geschriebene Polizistin mit Charakter. Wer sich innerhalb der Handlung nicht ein kleines bisschen in Molly verknallt ist selbst Schuld, denn sie tritt das Erbe von Marge Gunderson mehr als befriedigend an. Und wer kann schon von sich behaupten Frances McDormands Darstellung das Wasser reichen zu können?
                                              Eine Serie voller kultiger und hochspannender Momente, mit viel Liebe gemacht und fast immer über jeden Zweifel erhaben. Wenn die Handlung manchmal etwas stagniert hat man noch immer mehr als Genug Spaß mit den Charakteren. Unbedingte Empfehlung!

                                              "I'm gonna roll my window up, then I'm going to drive away and you're gonna go home to your daughter. And every few years you're gonna look at her face and know that you're alive because you chose not to go down on a certain road on a certain night. That you chose to walk into the light instead of into the darkness."

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                                                Schauspieler Yau braucht nach unglücklichen Ereignissen innerhalb der Familie dringend einen Tapetenwechsel. Was kommt einem da zuerst in den Sinn? Genau, der unheimliche, von Geistern bewohnte Blockbau irgendwo in Hong Kong. Das erscheint zumindest naheliegend. Wenn man aber in so einem Blockbau wohnt – gerade in einem Raum, in dem ein Doppelmord stattfand – dann muss man sich nicht wundern, wenn bald der Spuk seinen Lauf nimmt. Vor allem dann, wenn die Nachbarin ihren Ehemann ins Leben zurückrufen will.
                                                Vampire, langhaarge Geister-Zwillinge, schwarze Magie, Vampirjäger und das alles garniert mit viel Blut. Genau so wünsche ich mir das und im Prinzip erfüllt „Rigor Mortis“ auch alle meine Wünsche. Der Film sieht toll aus, ist atmosphärisch dicht und baut ein nahezu undurchdringliches mythologisches Gerüst inzwischen altem Beton und Blumen an der Decke auf. Das wäre alles total toll, würde der Film nicht etwa 80 Minuten brauchen um in die Gänge zu kommen. Dazu liefert Regisseur Juno Mak mit seinem Debut kaum eine Identifikationsfigur. Die Hauptfiguren sind mir alle relativ egal und damit muss ich mich irgendwann einfach ganz auf die optische Gestaltung konzentrieren. In diesem Sinne könnte man „Rigor Mortis“ fast schon als Blender bezeichnen, dennoch vermute ich immer etwas mehr dahinter, was letztendlich dafür sorgte, dass ich mich selten wirklich gelangweilt habe.
                                                Wer also Geduld hat und ungewöhnliche Horrorfilme mit toller Gestaltung mag, der sollte „Rigor Mortis“ dringend eine Chance geben. Allein der grandiose Showdown ist es wert gesehen zu werden. Außerdem habe ich selten so coole Vampire gesehen und die chinesischen Geister waren zumindest cooler als im amerikanischen Remake von „The Grudge“. Geneigte Fans des asiatischen Horrors liegen hier definitiv richtig, wenn auch nicht goldrichtig.

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                                                  über Horns

                                                  „Please allow me to introduce myself
                                                  I'm a man of wealth and taste
                                                  I've been around for a long, long year
                                                  Stole many a man's soul to waste“

                                                  „High Tension“, „The Hills Have Eyes“ und zum Teil auch „Alexandre Ajas Maniac“ - Ich mach es kurz: Ich liebe Alexandre Aja. Für mich gehört er zu den besten Horror-Regisseuren der 2000er, entsprechend war ich richtig scharf auf seinen neuesten Film „Horns“.
                                                  Ig Perrish ist am Arsch. Er wird nun seit etwa einem Jahr für den Tod seiner Freundin verantwortlich gemacht und hat keine Möglichkeit seine Mitmenschen vom Gegenteil zu überzeugen. Zu allem Überfluss wachsen ihm nach einer durchzechten Nacht auch noch Hörner. Sie schmerzen, sehen abartig aus und bestätigen nur weiter seine Rolle in der kleinen Dorfgemeinde. Die Ausgangslage für Ig könnte schlechter nicht sein. Schnell entdeckt er aber die zahlreichen Vorteile seiner zwei Störenfriede und beginnt sie zu nutzen um den Mörder seiner großen Liebe Merrin zu finden...
                                                  Radcliffe in seiner diabolischen Rolle als Ig Perrish darf einmal mehr beweisen, dass er für Horror mehr als geschaffen ist. Vom Aussehen und Verhalten her passt er perfekt in die Rolle des Ig. Während ich Joe Hills Buch las hatte ich zwar aufgrund des Trailers schon Radcliffe im Kopf aber letztendlich macht er seine Arbeit wirklich gut. Lediglich in wirklich emotionalen gibt es den ein- oder anderen kleinen Aussetzer. Aber das stört mich nicht weiter, für Aja drücke ich gerne mal ein Auge zu. Besonders dann, wenn die kreativen Einfälle, die Optik und der Soundtrack mal wieder jenseits von gut und böse sind. „Horns“ ist durchgestylt bis zum letzten Detail und switcht auf eine erfrischende Art und Weise zwischen Comedy, Horror und Drama hin und her. Manch einem mag das sauer aufgestoßen sein aber Aja verknüpft die verschiedenen Genres auf eine höchst smarte Weise und lässt über knapp 2 Stunden niemals Langeweile aufkommen.
                                                  „Horns“ vibriert vor Energie, macht unheimlichen Spaß, ist böse und verdreht und sieht fast so geil aus wie Ajas „Maniac“. Ein Teenie-Film für Erwachsene mit viel Liebe gemacht, ein Stinkefinger an Teenie-Horror-Schmonzetten wie „Twilight“ und letztendlich sogar vielschichtiger als ich erwartet hatte.
                                                  So wie es bisher aussieht, werde ich wohl sehr bald in Iggies moosbedeckte Heimat zurückkehren, wilden Drogentrips beiwohnen, wüste Rachegedanken hegen und vielleicht irgendwann in einem Blutbad enden. So muss Horror sein, so muss Kino sein – besser hätte ich mir „Horns“ fast nicht vorstellen können! Harry Potter? Von wegen! Let's rock!

                                                  „How about you guys beat the shit out of each other and the winner gets an exclusive interview with me?“

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                                                    „Deep-Web“, „Darknet“, „Anonymous“, „4chan“, „Silkroad“, „TOR“- wer ein kleines bisschen zu viel Zeit im Netz surft, stößt schnell auf die Oberfläche des verruchten Untergrunds. Natürlich hat man keine Ahnung vom Ausmaß – man kennt lediglich die Spitze des Eisbergs. So entstehen die bescheuertsten Mythen und Annahmen. Mal einen Killer im „WWW“ bestellt, schonmal die tägliche Dosis Heroin gemütlich mit „Bitcoins“ bezahlt? Würde ich hier behaupten ich hätte Ahnung davon, würde ich grob lügen. Deshalb halte ich mich mit Details zurück und bleibe an der Oberfläche, eine Kunst, die „WHO AM I“ meisterhaft beherrscht. Das meine ich hier übrigens nicht im negativen Sinne. Denn anstatt anmaßend zu werden und zu versuchen jedes Detail zu erklären, simplifiziert „WHO AM I“ das „Hacken“ an sich. Manche mögen das scheiße finden, aufgrund fehlender Kenntnis fand' ich das aber vollkommen in Ordnung.
                                                    Nun aber genug Einleitung. Das Intro läuft. Ich habe den Trailer gehasst. Der treibende Sound von „Boyz Noize“ zieht mich sofort in seinen Bann und untermalt das coole Intro gekonnt. Regisseur Baran bo Odar inszeniert sein Berlin dreckig und kratzt hin- und wieder gefährlich nah an seinem eindeutigen Vorbild „Fight Club“. Optisch ist „WHO AM I“ sicherlich mehr als ordentlich. Der schnelle Schnitt und die interessanten Kamerafahrten entwickeln schnell einen Sog und lassen den Zuschauer bis zum Ende nicht los. Natürlich besitzt der deutsche Hacker-Thriller nie wirklich die Raffinesse eines Fincher-Films, der Spannungsbogen und die Optik können sich dennoch durchaus sehen lassen. Sehen lassen kann sich auch der Cast. Allen voran Wotan-Wilke Möhring und Tom Schilling – zwei der Gründe, warum „WHO AM I“ sich immer wieder davor rettet in der Pseudo-Coolness zu versanden. Überraschenderweise kann auch Elyas M'Barek diesmal überzeugen und verkörpert auf wunderbar-selbstironische Weise das Poser-Arschloch Max. Antoine Monot Jr. geht vollkommen klar und durfte ja schon als Tech-Nick Erfahrungen im Computer-Bereich sammeln, während Import-Star Trine Dyrholm eher verzweifelt versucht ihre Rolle in einer Fremdsprache überzeugend darzustellen. Hannah Herzsprungs Performance gestaltet sich eher als vergessenswert.
                                                    „WHO AM I“ ist letztendlich ein dreist zusammengeklautes Sammelsurium aus Versatzstücken von „Fight Club“, „V for Vendetta“ und diversen Superhelden-Filmen – aber besser gut geklaut als schlecht selbst gemacht.
                                                    Wenn man das unnötige „Rumgetwiste“ gegen Ende als Selbstverständlichkeit hinnimmt und sich nicht weiter daran stört, kann man mit „WHO AM I“ sehr viel Spaß haben. Als Thriller funktioniert der Film wunderbar und er liefert erneut einen Beweis dafür wie toll Tom Schilling eigentlich ist. Für mich persönlich war auch der Soundtrack endgeil – ohne die treibenden Beats, wäre viel Stimmung verloren gegangen.
                                                    Das hört sich jetzt alles so an als müsste man die Erwartungen wirklich niedrig schrauben, muss man aber eigentlich nicht. Man sollte sich vielmehr auf eine guten Thriller mit toller atmosphärischer Gestaltung einstellen – manchmal ist es dann egal wenn ein deutscher Film „cool“ sein will. In Zukunft einfach nicht so viel nach Amerika rüberschielen.

                                                    Zum Abschluss noch ein Flachwitz, auch diese Disziplin meistert „WHO AM I“ mit Bravour.
                                                    „Die Jungs sind Windows. Das dauert bis die hochfahren.“

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