Roldur - Kommentare

Alle Kommentare von Roldur

  • 8 .5
    über Luther

    Die britische Krimiserie über den Londoner Cop DCI John Luther war komischerweise lange Zeit an mir vorbeigegangen. Wie das an mir vorbeigehen konnte? Ich bin halt manchmal einfach eine dumme Sau, denn „Luther“ hat weit mehr zu bieten als man von einer normalen Crime-Serie erwarten würde.
    John Luther, gespielt von Schauspiel-Gigant Idris Elba, ist seines Zeichens Mastermind, Detective und hat einen sehr ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, für den er mehr als einmal die Grenzen des Gesetzes überschreitet. Frei nach dem Motto: Was nicht passt, wird passen gemacht.
    Also haben wir schonmal mit dem Hauptcharakter ein richtiges Brett, welches mehr als eine interessante Folge verspricht. Das ist jedoch längst nicht alles. Mein Gott, ich klinge wie ein Werbespot... aber verdammt nochmal, diese Serie verdient es.
    In den kurzen 13 Stunden der gesamten drei Staffeln werden wir mit so düsterer Atmosphäre, so skurrilen Nebenfiguren und so abgedrehten Killern beworfen, dass es schwierig ist nicht von der Spannung mitgerissen zu werden.
    Was „Luther“ ausmacht ist nicht die Logik, nicht der Realismus und auch nicht die Story. Wer darauf verzichten kann, darf sich aus Spannung auf höchstem Niveau freuen, auf comichafte aber dennoch höchst liebenswerte Charaktere und muss letztlich den teils bösartig hohen Gewaltgrad handlen. Achja, um Kamera und Soundtrack nicht zu vergessen: Die sind absolut klasse.
    Also, wenn ihr euch traut einmal vom „Sherlock“-Hype herunter in den tiefsten Morast Londons zu blicken, dann seht ihr da vielleicht einen großen, bulligen Cop laufen, der mal wieder eine zu kurze Krawatte trägt, wer ihm folgt bekommt zwar keinen Mind-Palace aber eine der wohl coolsten Serien-Neuheiten (die leider schon beendet wurde) aus Großbrittanien. Leider war das ganze viel zu schnell vorbei.

    P.S.

    Nichts gegen „Sherlock“. „Sherlock“ ist toll. „Luther“ ist aber mindestens genauso und sollte deshalb mindestens genauso gefeiert werden, finde ich.

    P.P.S.

    Bin ein bisschen müde, der Kommentar könnte Fehler enthalten, aber scheiß drauf... die Serie ist einfach gut und ich muss das loswerden!

    P.P.P.S

    Alice <3

    8
    • 9

      Willkommen in Yabba! Trinkst du ein Bier mit mir? Oder besser noch: gleich zwei? Wenn du einmal hier bist, dann bist du einer von uns. Niemand entrinnt Yabba, jeder liebt Yabba...

      Der junge Lehrer John Grant will eigentlich nur nach Sidney um seine Freundin zu besuchen, etwas auszuspannen und den Stress seines Heimatdorfes Tiboonda hinter sich zu lassen. Um nach Sidney zu kommen muss er einen Abend in der Kleinstadt Yabba verbringen, wo er nicht nur auf überfreundliche Dorfbewohner, sengende Hitze und viel Alkohol trifft, er ist gestrandet im tiefsten Outback. Bereits in der ersten Nacht verzockt Grant während eines Anfalls von jugendlichem Größenwahn seine gesamten Ersparnisse und ist sitzt bis auf Weiteres in Yabba fest.

      Was Regisseur Ted Kotcheff hier schaff ist ein atmosphärisches Brett von Ausmaßen, die ich mir nie hätte erträumen lassen. Ich fühlte mich von „Wake in Fright“ geradezu körperlich belästigt. Gegen die Bewohner von Yabba sind Mörder-Rednecks aus diversen amerikanischen Horrorfilmen nichts. Der Zuschauer wird ungewollt in eine normal wirkende aber dennoch total degenerierte Welt hineingezogen und blickt schneller in einen Schlund voller Boshaftigkeit als er je vermutet hätte. Ganz subtil steigt die Spannung und während Grants Hass auf die Landbevölkerung steigt, steigt ebendieser Hass auch bei mir.

      Was zunächst klingt wie ein einfacher Thriller wird schnell zu einem Alptraum, den man so schnell nicht vergisst. Ich weiß nicht wie weit da jeder mitfühlen kann, aber Grants Kurztrip hat mich zutiefst verstört und zum Nachdenken gebracht. Eine Reise ins Herz der Finsternis ohne Vietnam-Hintergrund und nahezu ganz ohne Gewalthandlungen und das alles in einem so staubigen Mantel, wie man ihn zuletzt in Tobe Hoopers „Texas Chainsaw Massacre“ bewundern konnte. Ein großer Film, der hierzulande viel zu wenig Beachtung bekam.

      11
      • 6
        über Thor

        Marvel-Komplettierungs-Watch #1:

        Kenneth Branagh alias Gilderoy Lockhart oder auch „dieser nervige Typ aus Harry Potter Teil 2“ darf hiermit seinen ersten Marvel-Film inszenieren. Damit ist „Thor“ einer der großen Vorbereitungsfilme für das „Avengers“-Projekt und einer von vielen Marvel-Blockbustern der letzten Jahre.
        Erwartet habe ich solide Superhelden-Kost und bekommen habe ich solide Superhelden-Kost. Die Story um den gefallenen Donnergott und seinen Weg zur Besserung ist witzig, charmant und hat, wie bei Marvel üblich, eine ordentliche Optik. Klar, auch „Thor“ wird keinen Oscar für Innovation bekommen, dennoch meistert er seine genretypischen Hürden gekonnt und mit Finesse.
        Natürlich gibt es wie immer auch einiges zu bemängeln, angefangen mit langweiligen Antagonisten, bis hin zur lächerlich nach unten regulierten Stimme von Idris Elba alias Heimdall. Zudem beweist mir „Thor“ erneut (ja, ich habe „Avengers“ vorher gesehn), dass der Hype um Tom Hiddleston wohl kaum gerechtfertigt ist. Klar, der Typ geht vollkommen klar aber so toll ist er auch wieder nicht. Gut, aber ich als Joker-Fanboy habe wohl kaum ein Stimmrecht.
        Jedenfalls hat mein Weg zu Komplettierung überraschend unterhaltsam begonnen und die Spannung steigt, was mich wohl in „Iron Man 2+3“, „Thor 2“ und „Captain America“ erwartet. Marvel, you got me again.

        5
        • 7

          Die Frage die ich mir mehrfach nach dem Film stellen musste: Wie kann man so einen Schund gut finden?

          Schockiert von meiner Meinung zu „Caligula“, hatte ich die 154 Minuten, voll mit sadistischer Gewalt, Pornografie und Wahnsinn, hinter mich gebracht und für gut befunden. Mein erster Kontakt mit Tinto Brass, dem Erotik-Film Regisseur schlechthin, ja, der dicke Italiener mit Zigarre. Wenn manch ein Arthaus-Fan in den letzten Jahren mit „Antichrist“ und „Nymphomaniac“ zu kämpfen hatte und Hardcore-Szenen der Kunst wegen hinter sich brachte ist hier definitiv falsch.
          Penthouse, dem Produzenten hinter dem Film, reichten nicht mal Tinto Brass Sexszenen, es gab sogar Nachdrehs. In einer bestimmten Szene, die ein Bordell involviert, dürfte ich mehr erregierte Geschlechtsteile gesehen haben als in sich „Spartacus“ jemals trauen würde zu zeigen.
          Klar, „Caligula“ ist größtenteils pompös inszenierter Schund, ein Manifest des Wahnsinns und letztendlich auch eine größenwahnsinnige Produktion. Über die Besetzung bis hin zu den Kostümen und dem absurd hohen Budget für eine Penthouse-Produktion. Über die Zensurgeschichte wurde wohl genug geschrieben, deshalb werde ich mich jetzt auf meine Eindrücke beschränken.

          Abgesehen von der trägen Erzählweise und so manchen Szenen, die man hätte um gut 10 Minuten kürzen können, ist „Caligula“ ein wahres Fest. Der Film könnte als Definition für das Wort „Dekadenz“ herangezogen werden und gibt so frech vor ein Sittengemälde zu sein, dass es einfach Spaß macht. Auch wenn Malcolm McDowell sowie Peter O' Toole und viele Andere sich später distanzierten, sie passen perfekt in die Szenerie und scheinen einen diebischen Spaß an der Sache gehabt zu haben. McDowell spielt nicht nur die großartig überzogene Karikatur eines wahnsinnigen und begeistert mit leichtfüßigem Tanz in viel zu engen Klamotten, nein, er zeigt auch eine Affinität für Schlagsahne und Demütigung.
          „Caligula“ ist zu krank, zu widerwärtig und zu freizügig, als dass man seinen Augen glauben mag. Bei „Caligula“ verhält es sich wie mit einem Leprechaun oder der Fortsetzung von "Titanic", man muss es gesehen haben, um es glauben zu können.

          11
          • 8

            Herrlich brutaler Schwachsinn aus China. In der Zukunft im Jahre 2001 sind Gefängnisse privatisiert und Hauptcharakter Ricky-Oh Saiga wird eines ebenjener eingewiesen. Ricky ist nicht nur sexy, schnieke, fesch und gewitzt, er kann auch mit Blättern Musik machen, ohne Luft überleben, alle möglichen Ketten sprengen und jede erdenkliche Art von Knochen zersplittern lassen. So gesehen ist Ricky der perfekte Schwiegersohn. Wäre er nicht des Mordes angeklagt und würde nicht zu brutaler Gewalt neigen. Immerhin setzt er sich für ein Verbot harter Drogen ein, er ist halt ein richtiger Pfundskerl.
            Bevor ich mich aber weiter in Ricky verliebe muss ich zunächst auf mehrere Faktoren eingehen, die „Story of Ricky“ zu einem unvergesslichen Erlebnis für die ganze Familie machen.
            Zunächst wäre da die grottige Synchro, die direkt aus einem niedrig budgetierten 70er-Jahre Porno stammen könnte, hier würde O-Ton den Trashfaktor eher negativ beeinflussen. Dann wäre da der groteske Gewaltgrad, der nicht nur riesig Spaß macht sondern den Film gleichzeitig ins 131er-Aus beförderte. Auch Beschlagnahme genannt. Was aber niemanden davon abhalten sollte dieses Meisterwerk sein Eigen nennen zu wollen. Der Nächste, ebenfalls nicht unwesentliche, Punkt wäre die Story. Würde man den Plot des Films als „dümmlich“ bezeichnen, wäre man schlicht unfair. Wie fies wäre das gegenüber Story-Kolossen wie „The Raid“ oder „Die Hard“. „Story of Ricky“ besitzt die sporadischste aller sporadischen Handlungen. Im Prinzip dient sie zu nichts weiter als als Gerüst für extrem viel Blut, bescheuerte Selbstjustiz-Vorstellungen und irrwitzige Mutationen.
            Was ich nach diesem formvollendeten Gewaltporno sagen kann ist: „Tokyo Gore Police“ kann einpacken, Ricky-Oh war zuerst da... und der sieht in Unterwäsche viel geiler aus!

            10
            • Teil 1 war ziemlich scheiße. Nicht zuletzt deswegen, weil die Penner nur drinnen gehockt haben. Auf Hawke kann ich verzichten. Mit ganz viel Glück könnte die Prämisse von Teil 2 weit mehr Spaß machen!

              2
              • 6

                Um es mit den Worten eines besorgten Vaters aus der berüchtigten Doku „Mama, Papa, Zombie“ zu sagen: „Also, jetzt brauche ich erstmal ein Bierchen, sonst kann ich heute Nacht nicht schlafen“...

                Zunächst sollte man dem geneigten Leser aber fragen: „Sagt ihnen das Wort Zombie etwas?“. Nein? Das hab ich mir gedacht.

                Nun sind wir heute aber leider nicht mehr in den 80ern, der große Buhmann sind „Killerspiele“ und die „VHS“ ist längst abgelöst worden. Die Filme über die einst gemunkelt wurde sind längst über Österreich und diverse andere Länder erhältlich. Ich bin viel zu jung um „Ein Zombie hing am Glockenseil“ auf einer abgeranzten, mehrfach überspielten, VHS zu sehen.
                Was bleibt also übrig vom Mythos dieses Brutalo-Werks aus der Horror-Schmiede des Lucio Fulci?
                Beste Voraussetzungen sind ja nicht gegeben, so hab' ich im Bereich Fulci gleich mit seinem angeblich besten Werk „Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies“ angefangen. Klingt nicht nach einem „besten Werk“ - finde ich schon.
                Während man für „Woodoo“ lediglich einen festen Magen, eine Affinität für Zombies und eine Vorliebe für trashiges 70er Make-Up braucht, hat man es beim Glockenseil-Zombie schon schwerer.
                Mehrfach wurde der Film als eine Art Geisterbahnfahrt beschrieben, bei der man sich nicht wirklich gruselt aber trotzdem irgendwie Spaß hatte. Dem kann ich nur zustimmen.
                Wenn der grandiose Soundtrack aus allen Boxen dröhnt, Maden den Bildschirm bevölkern und Nebelmaschinen das Bild unscharf werden lassen, dann kann Fulcis skandalträchtiger Film immer wieder ordentlich auftrumpfen.
                Diese ursympathischen Momente voller Stümperhaftigkeit und schleimigen FX machen „Ein Zombie hing am Glockenseil“ überhaupt erst genießbar.
                Ich liebe so etwas und kann über die unterirdische Leistung der Darsteller und die uninspirierte Handlung hinwegsehen, wer das auch kann wird seinen Spaß haben. Wer aber tatsächlich den meiner Meinung nach besseren Fulci sehen will, dem sei „Woodoo“ ans Herz gelegt

                9
                • 8 .5

                  Was hatte ich mir nach „Prometheus“ gewünscht, wieder dieses „extraterrestrische“ Feeling bei einem Film zu bekommen. Womit mich Ridley Scott bitter enttäuschte und trotz Millionenbudget scheiterte, damit konnte Jonathan Glazer mit „Under the Skin“ dienen.
                  Scarlett Johansson wandelt einen hässlichen Van fahrend, als weiblicher Predator, durch ein kaltes und nebliges Schottland. Auf der Suche nach männlichen Opfern. Eingefangen in düsteren, surrealen Bildern, untermalt von einem Soundtrack, der irgendwo zwischen Aphex Twin und Arcade Fire zu lokalisieren ist. „Under the Skin“ ist so abgespaced, dass er die Gemüter spalten wie kaum ein Film mit Scarlett zuvor. Extrem behäbig schleift die Handlung daher, während sie manche Szenen einfach zu lange auswalzt. Wer sich aber auf das langsame Tempo einlässt, keine Erklärungen sucht und einen Film sehen will, in dem sich ein Alien endlich wieder wie ein Alien anfühlt, der ist genau richtig. Dazu sollte man mit ein- bis zwei der verstörendsten Szenen der letzten Jahre rechnen. Oder ich bin ein Weichei, wer weiß.
                  Damit ist Glazers Film zwar am Ende kein Meisterwerk des Surrealismus, aber einer der ungewöhnlichsten Sci-Fi-Filme der letzten Jahre. Wer „Under the Skin“ letztlich überstanden hat, der hat wirklich einige Zeit auf einem anderen Planeten verbracht. Wenn nicht, sollte man Abstand halten.
                  Wer also Bedenken hatte, dass so etwas mit Scarlett Johansson nichts werden könnte, lag falsch. Sollte man gesehen haben.

                  10
                  • 8

                    Tief in der Midlifecrisis versunken, das Leben im totalen Stillstand, Scheiße stapelt sich auf Scheiße und die Rente ist näher als die Jugend. Wo stehe ich mit Anfang 40? Wird mein Leben zur Qual werden? Werde ich nichts von dem erreicht haben, was ich mir heute erträume?
                    Ron, Jonathan, Richard und Tim treffen sich jedes Jahr um ihre College-Zeit Revue passieren zu lassen. Um das alte Gefühl der Freiheit durch einen endlosen Rausch zu reanimieren und total benebelt wieder echtes Glück zu spüren. Ein Thema, welches Todd Phillips in „Hangover“ für derbe Zoten verschwendete und letztendlich zum Kassenschlager wurde.
                    In „I Melt with You“ nimmt Regisseur Mark Pellington kein Blatt vor dem Mund und verwandelt die simple Grundgeschichte in einen Alptraum...
                    In artifiziellen Bildern, zwischen Grün-, Rot-, Blau- und Schwarztönen, wird hier das Leben der vier Freunde vor den Augen des Zuschauers dekonstruiert und rücksichtslos zerfetzt. Sediert schwanken die Protagonisten um die Wette und weder Morphin, noch die dickste Zigarre aller Zeiten kann die verlorenen Chancen zurückholen. Man muss „I Melt with You“ erlebt haben, seine furchterregende Gewalt am eigenen Leib gespürt haben, um glauben zu können, wie „Hangover“ in eine existenzielle Reise ins Herz der Finsternis pervertieren kann.
                    Unangenehm, verstörend und anstrengend, das Leben wie ein Fiebertraum, der Tod eine zwingende Notwendigkeit. Dieser Film wird die Gemüter spalten und ist sicher auch nicht immer perfekt, seine schiere Boshaftigkeit seinen Hauptcharakteren gegenüber und diese endlose Hoffnungslosigkeit machen ihn jedoch zu einem kleinen Meisterwerk, welches mich mehr als einmal mit einem flauen Gefühl im Magen zurückließ.

                    6
                    • 8 .5

                      „Do only samurai matter in this world? I thought samurai would be fun but you bore me. You're useless, even more useless in great numbers.“

                      Takashi Miike der Allrounder. Während er mir mit „Audition“ kalten Angstschweiß auf die Stirn trieb, mit „Ichi the Killer“ den ungewöhnlichsten Superhelden überhaupt in Szene setzte und in „Visitor Q“ eine japanische Familie in die Perversion trieb, wagte er sich 2010 an den klassischen Samurai-Film. Was dabei herauskaum war „13 Assassins“...
                      Wie kann ein Kerl, der mittlerweile schon an 66 Filmen beteiligt war, immer wieder so sehr überraschen? Diese Frage machte sich in meinem Kopf unweigerlich breit, nachdem ich dieses 125 Minuten-Epos hinter mir hatte. Wirklich viel erwartet hatte ich nicht, so hatte ich doch schon vor Jahren einmal den Versuch gestartet „13 Assassins“ an einem Stück zu schauen. Klar, knapp über 2 Stunden ist jetzt nicht wirklich lang, dennoch bereitete mir Miike ordentliche Einstiegsschwierigkeiten.
                      Wenn man sich jedoch auf diese düstere Epoche kurz vor der Meiji-Ära einlässt, das langsame Erzähltempo erduldet und ganz eintaucht in diese farblose Welt, die nur aus Papierhütten, Holz und Grautönen zu bestehen scheint, dann ist die Belohnung nicht weit. Denn diese schier endlose erste Hälfte ebnet erst den Weg zur letztendlichen Begeisterung.
                      Der Film schafft es nicht nur durch unvorhersehbaren Witz zu überraschen, er besticht auch durch eine Atmosphärische Dichte, die beeindruckt ganz ohne Märchenfilter, Lichtspielereien oder außergewöhnliche Kamerafahrten.
                      Als dann aber endlich Stahl auf Stahl krachen darf, Shinzaemon Shimada sein ganz eigenes Glücksspiel beginnt, um sich nur seine 13 treuen Kämpfer geschart und dem Wahnsinn ins Auge sieht, dann weiß man wofür sich das Warten gelohnt hat.
                      Wenn Fürst Naritsugu Matsudairas Armeen endlich einer direkten Konfrontation gegenüberstehen, dann wird „13 Assassins“ zu einem wuchtigen Blutbad ohne Gefangene. Die Choreographien sind tadellos, wenn gestorben wird, dann wird schmerzhaft gestorben und das Ganze wird zu einem ästhetischen Wirbelwind aus Holz, Blut und Feuer.
                      Ich habe momentan leider nicht viel Vergleichsmaterial aus klassischen Samuraifilmen, aber Miike ließ mich mit „13Assassins“ erneut schwer begeistert zurück. Uneingeschränkt empfehlenswert.

                      8,5/10

                      5
                      • Mit Khalfoun könnte das wirklich noch was werden. Schließlich hat er mit Maniac schonmal ein geiles Remake gemacht.

                        • 8

                          Mit „Hairspray“ inszenierte John Waters nicht nur seinen ersten jugendfreien Film, nein er schuf ganz nebenbei einen kultigen Tanzfilm, der erneut vor keinem Tabu den Kopf einzieht. Die Zeiten der Provokation sind zwar nach der Trash-Trilogie, die Waters mit „Pink Flamingos“ startete, erst einmal auf Eis gelegt, dennoch lässt er es sich nicht nehmen mit satirischen Seitenhieben gegen Rassismus, Kleinbürgertum und Bürokratie zu feuern. Denn trotz fehlendem Kannibalismus, Hühnchen-Sex und Hundekot ist „Haispray“ 100% Waters. So hat unter anderem Divine alias Glen Milstead hier seinen letzten Auftritt in einer grandiosen Doppelrolle und sogar Waters selbst darf Kleinbürger-Tochter Penny Pingleton als verschrobener Psychologe die Verhaltensweise des gemeinen „Negers“ erklären.
                          „Haispray“ ist wie eine Überdosis Zuckerwatte und schafft die perfekte Gratwanderung zwischen böser Satire und heiterer Komödie. Tanzeinlagen, fürchterliche Kleidung in allen Farben, Berge von aberwitzigen Frisuren und wieder diese ursympathische Mischung aus Slapstick und Overacting. Spätestens jetzt habe ich kapiert, dass in Baltimore nicht nur „The Wire“ existiert. Dringende Empfehlung für Groß oder Klein, Jung oder Alt, Dünn oder Dick, Schwarz oder Weiß, Grün oder Blau, Schwul oder Lesbisch, Pirat oder Polizist, diese Stimmungskanone von Film muss man gesehen haben!

                          9
                          • 8

                            Krieg der Welten. Wer ist dreckiger? Wer ist ekliger? Wer ist versauter? Wer ist die „Filthiest Person Alive“?
                            Sind es etwa Connie und Raymond Marble? Es ist doch schon ziemlich „filthy“ eine überlange Wurst mit ein wenig Kordel an seinen Penis zu binden, um eventuelle Geschlechtspartnerinnen zu beeindrucken. Zumindest ein bisschen. Oder seinen Keller in einen menschlichen Brutkasten zu verwandeln und unschuldige Frauen mit Sperma-Spritzen zu schwängern. Aber gegen eine ganz bestimmte Person sind Connie und Ray ganz, ganz blutige Amateure. Diese Person ist übergewichtig, extrem überschminkt, blond gefärbt, tuntiger als Albin und böser als Idi Amin, Manege frei für Amerikas schrillste Drag-Queen: Divine!
                            Wer sich erst einmal auf eine Schlammschlacht mit Divine einlässt, der muss mit den Konsequenzen rechnen. Nicht nur Ray und Connie Marble müssen das auf eine sehr unangenehme Art und Weise lernen, auch der Zuschauer wird mehr als einmal hart an seine Grenzen getrieben. Nun hat man also zwei Möglichkeiten: Entweder man lässt sich von John Waters in seine Welt voller Kannibalismus, Exkremente, Koitus, Cunnilingus und Sodomie entführen oder man wendet den Blick angewidert ab und versucht die Bilder aus dem Kopf zu brennen. Dazwischen dürfte eigentlich nichts möglich sein. Eigentlich.
                            Wer aber Spaß an dieser filmgewordenen Übertreibung hat, wer findet, dass dem Trash keine Grenzen gesetzt sind, wer immer schon wissen wollte wer dieser Typ ist, der Bart mit seinem „Zzzzzap!“ fast schwul gemacht hätte, der sollte sich „Pink Flamingos“ ansehen. Ich hatte riesigen Spaß und ich habe das Gefühl, das war nur der Startschuss für eine kategorische Sichtung des Werkes von Baltimores „Enfant Terrible“.

                            „Oh, I love you Raymond. I love you more than anything in this whole world. I love you more than my own filthiness, more than my own hair color. Oh God, I love you more than the sound of bones breaking, the sound of death rattle - even more than the sound of my own shit do I love you, Raymond. „

                            6
                            • 6

                              Da sitze ich im Flugzeug und denke mir: „Ok, Silver Linings sollte ich echt irgendwann mal ansehn“ und „klick“ - die nächsten zwei Stunde waren spitze!
                              Jetzt, etwa zwei Jahre später kehrt David O. Russell zurück und hat nicht nur den weiblichen J-Law im Gepäck sondern auch Bale mit Plauze und Cooper mit Dauerwelle und das ist nur ein kleiner Ausschnitt des All-Star-Casts.
                              Irving Rosenfeld aka Christian Bale ist im Betrüger-Business. In Kombination mit Amy Adams schlägt er aus Geldgeschäften den größtmöglichen Gewinn, mitsamt ausgefeilter Rollenverteilung und der passenden Geschichte dahinter. Bis er letztendlich durch kleinere Unvorsichtigkeiten in die Fänge von Richie DiMaso gerät. Aufsteiger-Cop, leicht labil und etwas zu fasziniert von Amy Adams Rolle „Edith“. Fortan muss Irving also in den sauren Apfel beißen und einen Betrüger nach dem anderen entlarven, um nicht hinter schwedische Gardinen zu wandern.
                              Vor allem Bale und Lawrence wissen in diesem Verwirrspiel zu begeistern, spielen sie ihre Rollen ausgelassen und mit einer schönen Balance zwischen Komik und Tragik. Bale mit Halbglatze, furchtbarem Toupet und stämmigem Auftreten ist weit mehr als nur gutes MakeUp und verbissenes Method-Acting, er spielt mit einer Leichtigkeit, die man sonst nicht von ihm gewohnt ist. Fast schon zurückhaltend und zerbrechlich porträtiert er den von Moralkonflikten geplagten Irving Rosenfeld. Zusammen mit dem kratzbürstigen und doch liebenswerten Auftreten von Jennifer Lawrence als seine Frau Rosalyn Rosenfeld, retten die beiden fast schon im Alleingang den Film.
                              Denn im Gegensatz zu „Silver Linings“ ,hat Regisseur Russell, hier seine verzwickte Story nicht im Griff. Die Erzählung rund um den Businessman im Schwitzkasten weiß einfach nicht ausreichend zu fesseln für die ganzen 138 Minuten. Letztlich erlaubt man sich zu viel Leerlauf, Logiklücken und vor allem eine mäßige bis schlechte Leistung seitens Amy Adams und Bradley Cooper, die außer ihrem lustigen Aussehen, wenig Können zeigen.
                              Am Ende hatte ich trotz einiger eindeutiger Macken meinen Spaß und wurde von der detaillierten 70er Ausstattung, dem Soundtrack, Jennifer Lawrence und allen voran Christian Bale, auf eine wohlige Art und Weise ins Geschehen zurück gerufen. Weniger Film als „Filmchen“ , zwar wirklich unterhaltsam aber vom Oscar weiter entfernt als ich von einer Laufbahn als Profisportler.

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                              • Grandioser Darsteller, der jüngst in "Nymph()maniac I+II", die wohl interessanteste Rolle verkörpern durfte. Toller Typ, ich will ein Kind von ihm.

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                                • 7

                                  !!!ACHTUNG DIESER KOMMENTAR BEHANDELT TEIL I + II - IST ABER SPOILERFREI!!!

                                  Lars von Trier, der Drecksack. Dieser stämmige, kleine Brillenträger. Das „Enfant Terrible“, die „Persona non Grata“ in Cannes. Der Mann, der Hitler verstehen kann, derjenige, der nun seit 2008 seine Depression verarbeitet...
                                  Langsam aber sicher schafft er einen ordentlichen Personenkult um sich herum. Seien es ungeschickte aussagen oder eine extrem penetrante Werbekampagne rund um seinen Hang zur Pornographie im Film, der Mann weiß wie er das Independent-Kino in den Mainstream zwängen kann. Fast kein Artikel rund um die Berlinale kam ohne die von Männern umgebene Charlotte Gainsbourg als Headliner aus. Trotz dem fast schon kindlichen Hang zur Provokation konnte ich dem dänischen Wunderkind bisher viel abgewinnen. So kam ich also durch „Moviepilot“ in die glückliche Situation, die Beendigung seiner depressiven Trilogie in voller Länge und im O-Ton bewundern zu können. Die Erwartungen schon vorsichtshalber etwas runtergeschraubt sitze ich also im prall gefüllten Kinosaal und mir schwirren Fragen durch den Kopf wie: „Erwartet mich jetzt ein 4-Stunden Porno?“ ; „Wird er jetzt nur die Hardcore-Masche tot reiten?“ ; „Wie kann ich einen Film ernst nehmen, der Shia LeBoeuf im Cast hat?“ - Film ab!
                                  Ich finde mich also nach einer extrem langen Schwarzblende in einer Gasse wieder. Schnee fällt vom Himmel. Das krächzende Geräusch eines rostigen Ventilators bricht die Stille im Kinosaal, wenn auch nur ganz leise. Der Film, die Zuschauer, die ganze Atmosphäre scheint die Luft anzuhalten. Das nennt mal also „Die Ruhe vor dem Sturm“, fünf Worte sollten nie wieder besser passen. Mit Rammsteins „Führe mich“ tritt die wichtigste Identifikationsfigur des Films in Erscheinung: Seligman. Dieser bleiche, fast schon klerikal wirkende Mann, herausragend verkörpert von Stellan Skarsgård, findet die zerschundene Protagonistin Joe auf der Straße und bringt sie in seine Wohnung. Auch wenn die Sekunden vor diesem Treffen, nicht die einzigen stillen Momente im Film sein sollten, die Unschuld war bereits unwiederbringlich verloren, zerrissen von Till Lindemanns rollendem „R“. Was folgt sind Eindrücke meiner Wenigkeit während meiner Odyssee durch Lars von Triers krude Gedankenwelt, denn die Handlung sollte man vorzugsweise jungfräulich, wie man das jetzt interpretieren möchte sei dem Leser überlassen, erleben.
                                  „Nymphomaniac Vol. I“ ist ungewöhnlich humorvoll für sein Thema sowie seinen Regisseur. Extrem schwarzhumorig wird Joes grenzenlose Sexualität geschildert, humorvoll und zugleich doch irgendwie einfühlsam.
                                  Episodisch schildert unsere Protagonistin ihren „Leidensweg“, ihre Leben voller „Sünde“. Von Kind an bis zum Ende. Von Trier beschwört mit seiner umfangreichen Erzählung ein Chaos herauf, welches schlicht nicht greifbar scheint, wenn man Laufzeit und Handlung betrachtet. Schnell stellt sich heraus, dass mit Seligman nicht nur Comic-Relief sondern auch eine Rückfallebene, für zu krude Auswüchse in Joes Geschichte, geschaffen wurde. Er bringt Ordnung ins Chaos und wird zur Plexiglas-Scheibe vor dem Publikum.
                                  Die, in den originellsten Präsentationsformen und Schriftarten präsentierten, Episodentitel sind weiterer Bestandteil des notwendigen Rahmens, der „Nymphomaniac“ zeitweise zu Lars von Triers unkompliziertestem Film werden lässt.
                                  Mit seiner kameratechnischen Grazie, einigen flotten und sehr unterhaltsamen Episoden und der obligatorischen Passivität in Charlotte Gainsbourgs Schauspiel ist die erste Hälfte des Films nicht nur eine, mal brachiale, mal sensible, Biographie sondern auch die notwendige Entkräftung des „Shock-Value“ der pornografischen Szenen. Ich hatte sehr viel Spaß mit „Nymphomaniac Vol.I“ und war zu keiner Sekunde angestrengt oder fühlte mich von einem dänischen Zeigefinger belästigt. Klar, die ein oder andere plakative Provokation muss sein und mit Symbolik spielt der Lars auch gerne mal etwas zu exzessiv herum. Aber dafür hab ich ihn lieb.
                                  Ab hier wird es schwierig zu rezensieren ohne zu viel zu verraten, denn ab „Vol. II“ wird der Spieß radikal umgedreht. Was vorher spaßig und humorvoll wird zu einem extrem verstörenden Wanken zwischen „Antichrist“ und „Vol.I“. Was der Film gegen Ende für den Zuschauer bereithält ist so beunruhigend, dass ich es einfach nicht in Worte fassen kann. Die zweite Episode des Films sollte man ohne Netz und doppelten Boden erleben, vielleicht verlässt man den Saal genauso fassungslos wie ich. Vielleicht ist man aber auch verärgert von dieser Überdosis Lars von Trier. Ich kann mir beides vorstellen und kann beides verstehen.
                                  Letzten Endes kann ich trotz einiger eindeutiger Schwächen auf vier ausgezeichnet verbrachte Stunden zurückblicken und freue mich sogar auf den Directors Cut. Hiermit lege ich „Nymphomaniac“ jedem ans Herz, der nicht von der nervigen Werbekampagne abgeschreckt ist und Rammstein entweder mag oder über deren Einsatz hinwegsehen kann.
                                  Wer Lars von Trier danach aber noch immer Misogynie vorwirft, der ist ein gemeiner Hund. Ich freue mich schon auf den 3.April, dann kann ich mit Freunden endlich dieses Höllenfeuer von zweitem Teil besprechen ohne einen Blutregen zu beschwören. Ich bin dann mal kurz die Kleenex entsorgen..

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                                    über Her

                                    Es gibt zwei Filme, die ich ohne zu zögern und ohne Hintergedanken, als „poetisch“ bezeichnen kann. Da wäre zum Beispiel „Mary & Max“. Wo sonst könnte ich lernen ob Schafe wirklich schrumpfen wenn es regnet? Aber um diesen Film geht es heute nicht. Es hat sich nämlich ein zweiter Film zur Liste der poetischen Filme hinzugesellt. Dieser Film nennt sich „Her“.

                                    Wir kennen sie, die ganz normale Geschichte. Mann verliebt sich in Ipod, erlebt die Flitterwochen, hat Zweifel, streitet sich, verliebt sich wieder... so sind Verliebte nun einmal. Aber halt. Ipod?
                                    Gut, „Samantha“ ist kein Ipod, kommt aber vom knackigen Aussehen her aber recht nah an Steve Jobs Wunderkind heran. Diese wunderschöne ,viereckige Hülle aus Hartplastik, die silberne Umrandung, diese beruhigende Stimme. „Samantha“ ist das, was „Siri“ gerne wäre. Sie ist ein „OS“, eine künstliche Intelligenz und zwar eine, die sich wirklich so nennen darf.
                                    Hier beginnt die große Liebe. Nach den ersten computergenerierten Tönen Samanthas ist es um Theodore Twombley geschehen...

                                    Spike Jonze entwirft eine leicht melancholische, Technikdominierte und trotzdem zutiefst menschliche Zukuftsvision. Die Liebe zwischen Theodore und Samantha fühlt sich nicht an, wie man es zuerst vermuten mag. Irgendwie fühlt sich das Ganze richtig an. Irgendwann sieht man keinen Johnny Cash mit Pornoschnauzer mehr und man erkennt auch die Scarlett Johansson hinter dieser freundlichen Version eines HAL-9000. Joaquin Phoenix spielt in solchen Höhen, dass ich allein durch seine Performance schon schwer mitgenommen gewesen wäre. Aber dabei bleibt es nicht. Johansson spricht ihre Rolle perfekt, Arcade Fire steuert einen wunderbaren Soundtrack hinzu und Jonze tunkt „Her“ in eine farbenfrohe und glänzende Optik.
                                    Der Film ist am Ende also nicht nur poetisch, sondern darf sich nach seinen 126 Minuten Laufzeit zu einer meiner schönsten Filmerfahrungen zählen. Ich hätte nicht gedacht, dass diese obskure Grundlage einen so anrührenden Film machen könnte.
                                    „Her“ portraitiert das Ringen um Liebe, den Zusammenstoß zweier Welten so perfekt, ich kann nicht aufhören zu schwärmen. Die 10 sind beim nächsten Anschauen sicherlich drin. Bis dahin: „Her“ ist ein Must-See und der bisher beste Film im noch jungen Jahr. Da muss sich so manch anderer Filmemacher anstrengen um an „Her“ überhaupt kratzen zu können...

                                    „We are only here briefly, and in this moment I want to allow myself joy."

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                                      Ron Woodroof. Schläger, Provokateur, Junkie, Cowboy...
                                      Woodroof hält sich für einen ganz harten Hund. Mit allen Wassern gewaschen. Weder Homo noch Looser, bei ihm hat Gott keinen Fehler gemacht.
                                      Dann kommt ein heftiger Schlag in die Fresse. Ein Schlag, den man gemeinhin als das „Humane Immundefizienz-Virus“ bezeichnet. Kurz: „HIV“
                                      Ein Schlag, ausgeteilt von irgendeiner durchlöcherten Nutte mit mehr offenen, als geschlossenen Venen.
                                      Woodroof wäre aber kein harter Hund, wenn er aus der beschissensten aller Situationen keinen Profit schlagen könnte. So entsteht der „Dallas Buyers Club“. Oscar-Anwärter und vielleicht McConaughey großes Karriere-Sprungbrett. Manch Anderer hat die Academy schließlich auch mit extremer körperlicher Veränderung beeindrucken können. Warum also nicht er?
                                      „Dallas Buyers Club“ genießt den Vorteil eines sehr flotten und interessanten Starts. Die ersten 30 Minuten schauen sich weg wie Nichts und erlauben einen butterweichen Einstieg in die, doch recht dramatische Geschichte. Nicht zuletzt durch McConaughey's herausragendes Spiel wird man schneller in die Geschichte gezogen als man es erwartet hätte. Von diesem heruntergekommenen Ambiente, der rauen Art von Woodroof und Jared Letos transigem Auftreten kann man erst einmal nicht genug bekommen.
                                      Die Story rund um Woodroofs Kampf ums Überleben sowie seine zahlreichen Gaunereien ist ruhig und unaufgeregt erzählt und bietet Einblick in eine Extremsituation mit der man so schnell nicht konfrontiert werden möchte. So, wie Regisseur Jean-Marc Vallée hier erzählt schafft er es den Großteil der Zeit gut zu unterhalten und dem Zuschauer trotz allem keinen riesigen, deformierten Zeigefinger ins Gesicht zu klatschen.
                                      Was „Dallas Buyers Club“ letztendlich davon abhält der ganz große Wurf zu werden ist zum Einen die zu geringe Tragweite der Storyline und des weiteren das Drehbuch, welches zum Ende hin immer mehr Zeiträume zusammenrafft und immer atemloser wird. Durch dieses unnatürlich erhöhte Tempo gegen Schluss verliert der Film zunehmend an Wirkung und ist in letzter Konsequenz leider nicht ganz so gut wie er hätte werden können. Zu schade, dass „Dallas Buyers Club“ auf den letzten Metern die Puste ausgeht. Empfehlenswert ist er trotzdem und McConaughey ist ganz große Klasse.

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                                        über Capote

                                        In erster Linie ist Bennett Millers Film „Capote“ eine One-Man Show. Die Geschichte rund um Truman Capotes „non-fictional novel“ „In Cold Blood“ zeichnet sich vor allem durch seinen phänomenalen Hauptdarsteller und die ruhige Erzählweise aus.
                                        Geradezu unterkühlt wird das Charakterdrama in Szene gesetzt und langsam, ganz langsam, schlittern wir in die Welt des Truman Capote. Eine Welt, in der Mörder zu Gold werden und der Rum das höchste Ziel zu sein scheint. Capote ist kein Liberace, er ist kein Sinnbild des Glanz und Glamour. Klein und unsicher lispelt er mit hellem Stimmchen auf seine Mitmenschen ein.
                                        Philip Seymour Hoffman fängt die Tragik seiner Rolle perfekt ein und schafft es mehr zu sein als eine bloße Abbildung einer populären Persönlichkeit. Hoffman geht eine Symbiose ein, die aus der Rolle weit mehr herausnimmt, als man es in einem konventionell inszenierten Drama vermuten würde.

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                                          „I have to get more pudding for this trip to Hawaii. As I just said that out loud I realize it sounded a little strange but it's not.“

                                          Als „Punch-Drunk Love“ 2002 in die Kinos kam fragte Kritiker-Papst Roger Ebert, Gott hab ihn selig, ob Adam Sandler nicht künftig weiter solch tiefgründige Filme machen könne.
                                          Wahre Worte, das muss man dem Roger in diesem Falle lassen, denn Sandler überzeugt hier auf ganzer Linie. Unter der schützenden und fähigen Hand des Paul Thomas Anderson, spielt er sich als Jungunternehmer Barry Egan in ungeahnte Höhen.
                                          So wird man als Zuschauer gleich zu Beginn in Egans groteske Welt geworfen und muss sich erst einmal an dieses Leben zwischen Neurose, Schüchternheit und Aggressionsproblemen gewöhnen. Sandler wirkt mit seinem blauen Anzug und seinem geduckten Gang geradezu zerbrechlich. Auf eine gute Art, denn er ist als Egan eben nicht nur mitleiderregend, er erschafft einen wirklich interessanten Charakter mit ausreichend Tiefe und viel Charme.
                                          Natürlich darf hier nicht vergessen werden, dass in der Regie ein Könner am Werk war. Kameraführung, Bildkomposition und Drehbuch sind, wie üblich bei Anderson, sehr gut gelungen. „Punch-Drunk Love“ ist sicherlich nicht Andersons bester Film, aber dennoch eine ungewöhnliche und vor allem schöne Liebesgeschichte, die weit über das hinausgeht, was ich normalerweise von Sandler erwarte.
                                          Allein die Farbgestaltung würde den Film sehenswert machen, denn wenn Barry seine geliebte Lena umarmt und das Blau seines Anzugs sich mit dem Rot ihrer Bluse vermischt, dann möchte ich unkontrolliert Klatschen, wie eine kürzlich lobotomierte Robbe.
                                          Vielleicht bin ich besonders anfällig für absonderliche Charaktere, vielleicht würde ich auch gerne einmal eine Toilette demolieren oder ich bin noch immer über jede Nebenrollte von Philip Seymour Hoffman so hocherfreut, dass ich ohnehin verblendet bin. In dem Falle ist mir das aber egal, denn „Punch-Drunk Love“ hat mir Spaß gemacht, mich fasziniert und ein gutes Gefühl hinterlassen.
                                          Gerne mehr davon Adam Sandler, bleib so wie du bist, Paul Thomas Anderson und Rest in Peace, Philip Seymour Hoffman. Emily Watson war natürlich auch mehr als bezaubernd.
                                          Über Einstiegsschwierigkeiten sollte hier wirklich hinweggesehen werden, denn dieser Film lohnt sich, wirklich.

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                                            Metallene Sphären schießen durch die Luft und schneiden sich in dein Fleisch. Zwergenhafte Visionen deiner verstorbenen Geliebten laufen lebend und mordend herum. Dazu kommt noch dieser große Mann mit dem unangenehmen Gesichtsausdruck. Was soll der Scheiß? Ist das Horror oder ist das Trash? Nachdem ich „John dies at the End“ gesehen hatte dürfte die Antwort klar sein:
                                            Das ist Don Coscarelli, ganz ohne Zweifel.
                                            Gegen Coscarellis Kuriositätenkabinett wirken populäre Slasher-Klassiker wie Cravens „Nightmare on Elm Street“ schon fast bürgerlich. Wer will schon abgefahrene Traum-Killer wenn er Zwerge, Paralleldimensionen und fliegende Silberkugeln haben kann?
                                            Die Story rund um ein mysteriöses Alien, welches eine Kleinstadt unsicher macht, ist also nicht nur ziemlich fantasievoll, sondern auch hoch atmosphärisch. Immer wieder fühlt man sich an fiese Begegnungen der dritten Art in schlaflosen oder von Alpträumen gebeutelten Nächten erinnert und kann die Bedrohung die hier vom „Tall Man“ ausgeht, ganz und gar nachvollziehen.
                                            Kein Spiegel, kein Fenster und keine verdammte Tür ist vor übergroßen Anzugträger sicher, sei das Erscheinen noch so klischeehaft. Gut, wirklich angsteinflößend ist „Phantasm“ nicht aber Coscarellis verspielte Art mit dem Genre umzugehen sucht seinesgleichen.
                                            Ob Michael Baldwin oder Bill Thornbury, keiner der Darsteller kann überzeugen. Die Dialoge sind unter aller Sau und klingen schlimmer wie jedes Laientheater. Und warum zum Teufel verfolgt Jody die ganze Zeit seinen Bruder? Wer macht das schon? Da kann man seine Geschwister noch so sehr vermissen, das hier ist grotesk!
                                            Ganz abgesehen von dem fürchterlichen Schauspiel weiß der Film dennoch über große Strecken zu unterhalten und versprüht einen düsteren Grusel-Flair. Der erste Teil dieses Franchise macht jedenfalls genug Spaß um der Reihe weiterhin eine Chance zu geben und erneut in schlecht beleuchtete, alptraumhafte Welten herabzusteigen. Ein Hoch auf Coscarellis blühende Fantasie und genug Ideen für die folgenden Teile. Das könnte der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein.

                                            „Now, remember: you don't aim a gun at a man unless you intend to shoot him. And, you don't shoot a man unless you intend to kill him. No warning shots. Hey, you listening to me? No warning shots. Warning shots are bullshit. You shoot to kill, or you don't shoot at all. „

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                                              Geschockt über den frühen Tod des Philip Seymour Hoffman griff ich mir den einzigen ungesehenen Film mit ihm, den ich besaß. Um die Uhrzeit noch „Capote“ zu kaufen hätte sich vermutlich als sehr schwierig herausgestellt. Gut, Seymour spielt hier ganz sicher keine große Rolle, ändert aber hier nichts daran, dass ich eines der besten Dramen meines Lebens gesehen habe. Nachdem mich „The Master“ eher semi-begeistert zurückließ, traute ich mich nie wirklich an das 3-Stündige Mammutwerk „Magnolia“ heran. Was für ein Fehler...
                                              24 Stunden in L.A. Neun Menschen. Neun Schicksale. - besser als die „SZ-Cinemathek“ kann man den Inhalt nicht kurz zusammenfassen.
                                              Eine unaufhaltsame Abwärtsspirale wird in Gang gesetzt. Zufall, Schicksal, Gottes Fügung? Wer weiß das schon? Ob Phil Parma den Sex-Guru T.J. Mackey jemals erreichen wird, ob der Barringer-Selbstmord wirklich unbeabsichtigt geschah? „Magnolia“ erzählt viel zu viel schreckliches, wunderbares und unbeschreibliches um alles in ein paar Zeilen quetschen zu können. Paul Thomas Anderson erzählt in 3 Stunden von Menschen, Menschen die so echt wirken mit ihren Problemen, ihren Ängsten, ihren Wünschen. Wenn Ricky Fitts in „American Beauty“ von „Schönheit“ spricht, dann kann er nicht die Tüte im Wind meinen, er meint „Magnolia“. Denn „Magnolia“ ist all' das, was einen guten Film ausmacht. Er langweilt nie, er ist bis in die letzte Rolle großartig und passend besetzt, er berührt, macht Spaß und hat genau die Prise Surrealismus, die ich mir gewünscht habe. Ganz zu schweigen von dem Soundtrack, der ebenfalls einfach großartig ist.
                                              Ich kann nicht anders als hier eine kritikfreie Lobeshymne loszulassen, habe ich doch sehr lange keinen so wahrhaftigen Film gesehen. Es hat sich nicht gelohnt zu warten, ich habe mir etwas ganz großes entgehen lassen und will nur jedem raten „Magnolia“ so schnell wie möglich zu sehen. Aber Achtung: Regenschirm einpachen, es könnte zu schweren Regenfällen kommen.

                                              "I know I did a stupid thing. So stupid! Getting braces. I thought... I thought he would love me. Getting... braces! And for what? For something I don't even... I don't know where to put things, you know? I really do have love to give! I just don't know where to put it!"

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                                                Endlich mal wieder ein feiner Beatnik-Film. Was sehen meine entzündeten Augen? Ben Foster spielt mit, Michael C. Hall, Dane DeHaan... achja und Harry Potter. Aber da gehe ich mal vorurteilsfrei ran.
                                                Zunächst präsentiert sich „Kill Your Darlings“ ziemlich flott und ansprechend. Schnell wird man in die frühen 40er eingeführt und taucht ein in Ginsbergs neue Welt der Literatur. Sie brechen die Regeln und tanzen der Universität auf der Nase rum. Sei es der dauer-dichte Borroughs oder der bipolare Lucien Carr, jeder wird entsprechend beleuchtet. Während das Drehbuch anfangs noch gut funktioniert, zeigt Radcliffe sich bereits sehr früh als überfordert inmitten von Schauspielgrößen wie Foster. Foster verkörpert den Borroughs noch großartiger als „Peter Weller“ in „Naked Lunch“ und lässt mich mit großem Verlangen auf einen Borroughs-Langfilm mit ihm zurück. Der natürlich nie kommen wird.
                                                „Kill Your Darlings“ hat tolle Szenen und viele sehr gute Ansätze, bleibt aber zu zahm und zersört einiges an Atmosphäre mit relativ stumpfsinnigem Einsatz von Musik und einigen nervigen Rewind-Spielchen. Das anreißen von Tabus mag einfach nicht so richtig zur Beatnik-Szenerie passen und sieht neben großartigen Verfilmungen wie „Naked Lunch“ einfach ziemlich alt aus. Was bleibt ist ein ordentlicher Thriller mit einem tollen Foster und mehreren guten Szenen. Kann man sich durchaus mal anschauen. Wer aber mal einen richtigen Kopfsprung in das Meer des Beatnik-Wahnsinns machen will sollte entweder die Bücher lesen oder mal Cronenbergs Verfilmung schauen.

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                                                  Nehmt euch in Acht vor radioaktivem... Nebel? Ja, nehmt euch in Acht davor. Ehe ihr richtig reagieren könnt, glitzert ihr, wie Dumpfbacke Edward in seinen besten Tagen. Aber das ist nicht das Ende vom Lied. Dieser ominöse Zusammenstoß mit diesem außergewöhnlich dichten Nebel, wird noch Folgen haben.
                                                  Scot Carey, grandios verkörpert von Grant Williams, ist gut gebaut, groß gewachsen und hat mehr als genug Gründe sich wie ein funktionierendes Mitglied der amerikanischen Gesellschaft zu fühlen. Keine Mommy-Issues und keine überbordende Einsamkeit. Als dann aber die fein gebügelten Anzüge nicht mehr passen, die Frau nahezu in Augenhöhe da steht, da ist das Ego schon ganz schön angekratzt. Je kleiner Mr. C wird umso stärker fühlt er sich ausgegrenzt, missachtet, ungeliebt. Die psychische Ebene wird schneller als er möchte zur physischen Ebene und er muss sich mit realeren Gefahren als seiner angeschlagenen Männlichkeit auseinandersetzen.
                                                  In liebevoll ausgestatteten Sets kämpft Carey um sein Leben und Jack Arnold schafft es mich erneut zu begeistern.
                                                  Klar, der Film ist von 1957, nicht jeder Effekt sieht klasse aus. Das ist aber schnell vergessen, wenn die winzige Titelfigur mit Taranteln, Mausefallen, Katzen und dem eigenen Verschwinden kämpft. Poetisch, gewitzt, actionreich und keinen Deut weniger schön ausgestattet als Arnolds „Creature of the Black Lagoon“. Ein ganz großer „kleiner“ Film.

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                                                    Sie rennen, sie beißen, sie schreien, sie fallen, sie konsumieren, sie...bluten? Naja, eher nicht. Aber das habe ich mir von Marc Forsters PG-13 Zombies-Epos starring Brad Pitt auch nicht erwartet.
                                                    Nach einem extrem rasanten und spannendem Start wird mir 116 Minuten das globale Ausmaß einer Zombie-Apokalypse präsentiert. Trotz ekeliger Wackelkamera und fehlendem Blut bleibt das Ganze wirklich spannend und hat einige einprägsame Bilder zu bieten. Wenn die Hölle in einem Passagierflugzeug ausbricht, draußen Atombomben die Erde erschüttern und Zombie-Türme die Mauern Jerusalems gefährden – dann zeigt „World War Z“ wirklich was er kann. Kurzweilig jagt eine Sequenz die Nächste und erinnert mich immer mal wieder angenehm an Danny Boyles „28 Days Later“. Würde es nur dabei bleiben...
                                                    Leider Gottes merkt man Forsters Zombie-Weltkrieg viel zu oft seine Blockbuster-Herkunft an. Jedes Mal, wenn ich mir denke: „Hui, das war geil, kann man so stehn' lassen“, zerstört ein schmalziger Dialog (oder auch Monolog) die vorherige Szene. Der übertriebene Amerikanismus und das durchschnittliche Schauspiel der meisten Darsteller, zerstört leider große Teile des Potentials von „World War Z“.
                                                    Klar, die Produktionsgeschichte ist recht heftig, dennoch hätte ich mir hier- und da etwas mehr Eier gewünscht. Es gab so tolle Ansätze und so kreative Ideen. Die Romanvorlage kenne ich nicht, vielleicht ist das auch besser so.
                                                    Die 116 Minuten waren letztlich keine verschwendete Zeit und es ist schön, dass das Zombie-Genre einen so dicken Erfolg im Mainstream-Kino einfahren konnte, trotzdem...
                                                    Da wäre viel mehr drin gewesen. Nächstes mal wird’s besser. Bittebittebitte!

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