RoosterCogburn - Kommentare

Alle Kommentare von RoosterCogburn

  • 8

    „Batman created by Bob Kane“.
    Jahrzehntelang war es so oder ähnlich in allen Comics und Filmen zu lesen. Aber es war bestenfalls nur die halbe Wahrheit. Als im Credit von »Dawn of Justice« dann „Batman created by Bob Kane with Bill Finger“ stand, wussten viele damals mit dem zweiten Namen nichts anzufangen.

    Die Hulu-Dokumentation "Batman & Bill" erzählt die Geschichte von Bill Finger und wie Autor Marc Tyler Nobleman über zehn Jahre versucht hat, mehr über Bill Finger herauszufinden, um ein Buch über ihn zu schreiben (Bill the Boy Wonder: The Secret Co-creator of Batman, 2012). Nobleman suchte Familienangehörige von Finger um ihn als Batman-Mitschöpfer bei DC bzw Warner anerkennen zu lassen. Bei seiner Suche kommen u.a. auch zu Wort Todd McFarlane (Schöpfer von "Spawn") und Regisseur und Comic Liebhaber Kevin Smith.

    Obwohl Comic-Historiker längst Fingers Autorschaft anerkannt hatten, sperrte sich Warner Bros. lange Zeit dagegen, Finger zu nennen, wohl aus Angst, dass damit weitere Ansprüche gestellt werden könnten. Aber um Geld ging es seiner Enkelin nicht. Erst 2015 wurde er erstmals im Film »Batman v Superman« erwähnt.

    "Batman & Bill" erzählt nicht nur von einem vergessenen Kapitel Comicgeschichte, sondern auch von einer dramatischen Familiengeschichte. Nobleman wird bei seiner Recherche selbst zum Detektiv, um dem wahren Schöpfer von Batman zu seinem Recht zu verhelfen. Ganz wie sein Vorbild Batman.

    13
    • 6

      Der Dokumentarfilm konzentriert sich auf die Bemühungen um das Videospiel "E.T. The Extra-Terrestrial" aus dem Jahr 1982, das für die Spielekonsole Atari 2600 konzipiert wurde. Das Spiel genoss den Ruf das schlechteste Spiel aller Zeiten zu sein. Ob das stimmt, versucht der Dokumentarfilm zu beantworten.

      Jahrelang galt die urbane Legende, dass das Spiel so mies sei, das Unmengen "E.T." Spiele zurück genommen und in der Wüste verscharrt worden sind. Das Ergebnis der Ausgrabungen für den Film ist kein Geheimnis. Aber der Film geht tiefer und er erzählt die Geschichte des Spieleschöpfers Howard Scott Warshaw, eines Star-Spieledesigners für Atari, der zuversichtlich zugestimmt hat, das Spiel in fünf Wochen zu machen. Nicht die normalen fünf, sechs Monate. Warshaw selbst besucht das alte Atari-Hauptquartier erneut, erzählt die Geschichte der Spiele-Entwicklung und lässt uns Ataris Aufstieg und Fall durch seine Augen sehen.

      Der Film entlarvt viele der simplen Mythen über das Spiel "E.T." und Atari. Als Dokumentarfilm wäre er besser, wenn er tiefer in die Komplexität des Unternehmensniedergang eingetaucht wäre. Stattdessen erhalten wir die Geschichten von Menschen, die zu den Ausgrabungen in Alamogordo, New Mexico, pilgerten. Man lässt Ernest Cline (Autor von "Ready Player One") zu Wort kommen. Schaut zu wie er seinen DeLorean DMC-12 abholt (ja, genau so einen wie in "Back to the Future"), den er an George R. R. Martin ausgeliehen hatte. Und ja, der Autor von "A Song of Ice and Fire" (verfilmt als "Game of Thrones") ist auch kurz zu sehen. Diese Stippvisiten machen Spaß, erscheinen mir jedoch als sinnlose Lückenfüller für Nerds. Der Film hätte mehr Wirkung gehabt, wenn man genauer erklärt hätte, was das Unternehmen zu seinen Taten veranlasst hat. Hier wird zu stark simplifiziert.

      Trotzdem ist es eine großartige Geschichte und man könnte eine Stunde definitiv schlechter verbringen.

      11
      • 6
        RoosterCogburn 09.02.2021, 01:02 Geändert 09.02.2021, 01:11
        über Tenet

        Abgesehen vom Zeitreise-Geschwurbel, das dem Zauberer Christopher Rumburak Nolan als Ablenkungsmanöver dient, ist TENET leider nur ein zu langes 007 Abenteuer. Männer in Anzügen jagen und prügeln sich. Es gibt einen Bond Bösewicht, Robert Pattinson als Felix Leiter und bekannte Plotpoints wie die Frau in Not, der drohende Weltuntergang oder die Reise des Helden in die Höhle des Löwen. Zudem diverse Schauplätze um den Globus und beeindruckende Gadgets.

        Für mich stinkt der Film gegen jeden guten Bond Film ab. Ihm fehlt Coolness, Witz, Charisma, mindestens ein Bond-Girl, ein überzeugender Protagonist, ein passender Score und Figuren, die mir Nahe gehen.
        Nicht von der Suche nach innerer Logik in der Story ablenken lassen. Zu Beginn heisst es von Madame Q »Don't try to understand it. Feel it.«
        Bond muss die Welt vor der Apocalypse retten. Die Bedrohung kommt aus der Zukunft. Mehr soll der Zuschauer nicht verstehen. Der Rest ist Budenzauber.

        Fazit: Für einen Agentenfilm, okay. Für einen Film von Christopher Nolan, enttäuschend. Aber vielleicht konnte ich Tenet nicht fühlen. 😁

        24
        • 7 .5

          Wer hat nicht schon mal von den Kardashians gehört?
          Kim Kardashian hat Hunderte Millionen Follower auf Twitter und Instagram. Sie ist berühmt dafür, berühmt zu sein. Aber angefangen mit der Medienaufmerksamkeit um den Namen Kardashian hat das vor einem ¼ Jahrhundert. In einem spektakulären Prozess, der auch unsere Nachrichtenwelt erreichte, trat Robert Kardashian im Mordprozesses um O.J. Simpson als Verteidiger auf. Innerhalb der Handlung tauchen die verwöhnten, jungen Töchter tatsächlich am Rande des Geschehens auf. Und ob David Schwimmer (bekannt als Ross "Friends") die ideale Besetzung des Kardashian Oberhauptes ist, darf auch bezweifelt werden.

          O.J. Simpson war ein Football-Star, der nach zahlreichen Vorwürfen häuslicher Gewalt, nun als Hauptverdächtiger an dem Mord seiner Frau vor Gericht stand. Interessant ist, wie die Verteidigung vorgeht, darunter Robert Shapiro (John Travolta). Nach den Unruhen von L.A. 1992, wurden vier Polizisten freigesprochen, die einen unbewaffneten Schwarzen niederschlugen. Das Misstrauen und die Wut gegen die Polizei wurde entscheidend vor Gericht genutzt.

          Cuba Gooding Jr ist beeindruckend in der Titelrolle. Sarah Paulson als Marcia Clark (Anklage) ist die herausragende Persönlichkeit und zeigt die beste Darstellung in der Riege der bekannten Gesichter. John Travolta overacted. Der reale Prozess wurde in den Staaten von 247 Kabelkanälen übertragen und ist dafür verantwortlich, das die True Crime Branche ins Leben gerufen wurde.

          Mein Fazit: Starker Auftakt der Anthologie Serie "American Crime Story".

          11
          • 6 .5

            Bevor es mit dem Regiedebüt von Chris Columbus losgeht, gibt es eine Einblendung. Dort steht sinngemäß "Dieser Film wurde für den Disney+ Content bearbeitet." Ich habe mich gefragt „Warum?”.

            Und wieder einmal die Grundidee "Abenteuer in der Großstadt". Mit Spannung, Spaß und Überraschung. Naja, letzteres wohl mehr für Filmfreunde mit Hang für Details: Die bereits 23 jährige Elisabeth Shue (die ich damals angehimmelt habe) spielt die 17 jährige Chris und findet „I'm too old for this crap”. Der spätere Theaterdarsteller Anthony Rapp gibt hier sein Filmdebüt. Heute ist er bekannt als Crew Mitglied bei »Star Trek Discovery«. Mein persönliches Highlight ist allerdings Vincent D’Onofrio. Knapp neun Monate nach den Dreharbeiten zu »Full Metal Jacket« und inzwischen 32 Kilo leichter, taucht er hier in einer kleinen Sequenz auf und wird von dem kleinen Marvel Fan Sara für Thor gehalten.

            In der U-Bahn Szene empfand ich es bereits als merkwürdig, das Chris mehrfach als "witch" bezeichnet wurde. Denn das berüchtigte Schimpfwort beginnt bekanntermaßen mit einem b. Zurück zur anfangs erwähnten Einblendung. Bei Newsweek heißt es dazu, das der Streaming Anbieter einige seiner Filme zensiert hat. In diesem Fall wurde bei dem Film die Zeile "don't fuck with the babysitter" in "don't fool with the babysitter" geändert. In einer anderen Szene wurde Thor von Brad als "homo" bezeichnet. Das wurde durch "weirdo" ersetzt.

            Zu dem heuchlerischen Vorgehen von Disney äußere ich mich an dieser Stelle mal nicht. Aber der Rest, also der Film selbst, konnte mich passabel unterhalten und kam "beim Zielpublikum" an. 😁
            Dem Genre entsprechend und für das Produktionsalter, absolut gelungen. 👍

            11
            • 5
              RoosterCogburn 22.01.2021, 17:15 Geändert 22.01.2021, 17:17

              Für die titelgebenden "Lovebirds" ist die Luft raus. Sie müssen sich den Sex im Terminkalender notieren. Als sie am Rande ihres Beziehungsende stehen, werden sie ungewollt zu Hauptverdächtigen und wollen auf eigene Faust ihre Unschuld beweisen. Vor der Flucht vor "Schnurrbart" wollen sie von "Mützenwichser" Informationen über den "Fahrradmann". So starten die Zwei eine hanebüchene Schnitzeljagd, wo sie anfänglich noch darüber stritten, ob sie in einer Reality Show ein passendes Team abgeben würden. Etwas Bedeutendes wird nicht enthüllt. Denn darum geht's bei einer Schnitzeljagd nicht.

              Ursprünglich sollte die von Paramount Pictures produzierte romantic comedy im Kino starten. Aufgrund der Folgen durch COVID-19 wurde der Film auf Netflix veröffentlicht. Das Rad wird nicht neu erfunden. Im Gegenteil. Zu sehr erinnert mich das Endresultat an den Genre Klassiker »The Out-of-Towners« von Neil Simon. Der Grundidee "Abenteuer in der Großstadt" wird sich ausgiebig gewidmet. Sonderlich clever ist das nicht und der Einsatz der generischen Plotpunkte ist absehbar. Doch die beiden Hauptdarsteller harmonieren großartig miteinander. Für mich reißt es die temporeiche Inszenierung und die Besetzung raus.

              Mein Fazit: Harmlos und wenig überraschend, aber durchaus charmant.

              8
              • 4
                RoosterCogburn 21.01.2021, 20:10 Geändert 29.01.2021, 22:01

                Für Tyler Perry als Regisseur und Drehbuchautor ist »A Fall from Grace« der erste Ausflug ins Thriller Genre. Und der kommt nicht ins Kino, sondern wird direkt als Streaming Release raus gehauen. Ehrlich gesagt, ich denke für den Netflix Nutzer ist es besser so. Der Film wirkt wie ein Betthupferl des Streaming Anbieters. Wie ein substanzloses giveaway. Es ist nett, das es mit enthalten ist. Aber wegen solch biederer Durchschnittskost muss ich mich nicht für Netflix entscheiden.

                Beim zuschauen merke ich der Inszenierung an, das sie günstig entstanden ist und in kürzester Zeit abgedreht wurde. Kontinuitätsfehler, bescheidene Dialoge und teilweise ungewollte Komik. Gewürzt wird die Handlung mit unwahrscheinlichen Wendungen und einer der unsinnigsten Rückblenden ever (sic!). Die unglaubwürdigste Entwicklung macht die Anwältin durch. Von der schüchternen Nix-Könnerin zum weiblichen Perry Mason-Verschnitt.

                Warum haben die Filmemacher sich dazu entschieden diesen biederen Mist komplett in der Black Community anzusiedeln? Soll mir das sagen, das die auch Kacke verzapfen können? Abgesehen von der Darstellerin der einstigen "Clair Huxtable" und den Regisseur selbst, der auch als Darsteller mitwirkt, ist mir niemand auf der Besetzungsliste bekannt. Ein kurzer Blick bei IMDb reicht mir aus - auch diesbezüglich wurde hier finanziell gespart.

                Mein Fazit: Der Trailer verspricht sehr viel mehr als er einhalten kann. Für mich ist der Netflix-Film so kurzweilig wie eine Folge »Law & Order« und so einfallsreich wie »Matlock«. 😣

                10
                • 3
                  RoosterCogburn 18.01.2021, 20:29 Geändert 18.01.2021, 20:37

                  Das Kinoplakat der französischen Produktion erinnert mich an das von »Beverly Hills Cop II«. Regisseur Rachid Bouchareb hat neben der Prämisse auch einige Szenen fast 1:1 übernommen. Er bedient sich bei Buddy Movies wie »Lethal Weapon«, »Red Heat« und »48 hrs«. Das ist nicht originell, könnte aber mit gut aufgelegten Darstellern zumindest als Hommage ganz gut funktionieren. Leider gelingt dies den Beteiligten nicht.

                  Wo in den zitierten Vorbildern jede Aktion eine Reaktion hervorruft, die die Geschichte dynamisch vorantreibt, nimmt »Belleville Cop« zu viele unnötige Abzweigungen, die zu nichts führen. Nach einem flotten Auftakt vergehen die knapp zwei Stunden quälend langsam. Ein über weite Strecken langweiliger Film, dank einem dilettantischen Drehbuch mit wirren Plot und wenig eigenen Ideen. Zu allen Überfluss zeichnet der Film ein mehr als klischeehaftes Bild eines fiktiven afrikanischen Staates.

                  Fazit: Versuch misslungen! Ohne Witz, Tempo und Timing verwundert es nicht, das nach »Knock«, dies der nächste Kassenflop mit dem sympathischen Omar Sy war.

                  13
                  • 7 .5
                    RoosterCogburn 15.01.2021, 02:23 Geändert 15.01.2021, 02:23

                    📺 Streaming Tipp
                    Verfügbar bis 08/02/2021 in der ARTE mediathek.

                    10
                    • 7
                      RoosterCogburn 10.01.2021, 22:47 Geändert 11.01.2021, 03:26

                      "Disney nutzte die Natur in seinen Zeichentrickfilmen bereits so, dass sie in eine fabelartige Narration eingeordnet werden konnte. James Algar übertragt diese zeichentricktechnische Erzählkonventionen auf den Realfilm. Allein der Prolog, in dem ein Zeichentrick-Pinsel über die Szenerie huscht, unterstreicht diesen Eindruck. Aufgrund seines Stils lässt sich dieser dokumentarisch anmutende Naturfilm als Vorläufer des modernen Tierfilm klassifizieren. Die Natur selber wird als sprechend vorgestellt. Jedes Lebewesen, sogar Dinge haben eine Stimme und kommunizieren untereinander. Unter Verwendung des Technicolor Farbfilm, der Zeitraffer-, Zeitlupen- und weiterentwickelter Kameratechnik, der Benutzung von Tele- und Makroobjektiven, geschickter Montage realisierte Algar die dreizehnteiliges Naturfilmreihe »True Life Adventures« für Walt Disney. "The Desert Living" war nach sieben Kurzfilmen der erste Langfilm dieser Reihe. Handwerklich ein sehenswerter, einflussreicher Meilenstein seines Genres. Damit sich eine rudimentäre Handlung in den Dokumentarsequenzen zeigt, wird das bewährte Erzählkonzept des Zeichentrickfilms an die veränderten Möglichkeiten angepasst.
                      [...]
                      Die auffälligste Neuerung ist die dauernde Präsenz des Erzählers im Off, der scheinbar nur das Dargestellte kommentiert. Es wird aber sehr bald deutlich, dass er nicht neutral vermittelt und seine Interpretationen über das visuell Vorfindliche hinausgehen. Er also selber ein Teil der Fiktion ist. Er pointiert das Geschehen und wechselt den Tonfall je nach Situation. Seine Kommentare liefern Fakten, umschreiben das Sichtbare metaphorisch und führen gleichzeitig willkürliche Namensgebungen der Spezies durch, aus denen sich dann erzählerische Miniaturen entwickeln. Gerechtfertigt werden Benennungen wie ›geborene Banditen‹ und ›Frau Tarantel‹ bestenfalls durch die Musikuntermalung, welche die Charaktere unterstreichen soll. Durch ihre permanente Anwesenheit können sowohl der Erzähler im Off als auch die Musik aufdringlich wirken und verhindern eine beobachtende Haltung des Zuschauers.
                      [...]
                      Nach Einschätzung der Filmemacher, ist das in der freien Wildbahn vorkommende Verhaltensrepertoire nur eingeschränkt dazu geeignet, die Zuschauer dauerhaft zu begeistern. So sind es nicht viele Verhaltensformen, welche von James Algar gezeigt werden: Szenen der Nahrungssuche, Revierkämpfe und Paarungen wiederholen sich permanent. Der Ereignischarakter dieser Szenen wird durch rigide Auswahl und Konzentration auf ungewöhnliche Verhaltensweisen verstärkt. Alles wird auf eine plakative Oberfläche gehoben. Der Zuschauer muss die mit filmischen Mitteln im Bild erzeugte Intention sofort auffassen können. Der Erzähler im Off klammert diese aneinander gereihten Kunststücke ein und verstärkt so noch den Eindruck, hier handele das Tier. Es erinnert an die Nummerndramaturgie früherer Stummfilme."
                      (aus "Perspektiven einer anderen Natur" von Andreas Becker)

                      Fazit: Eine raffinierte Illusionsshow, die mit filmischen Mitteln dem Zuschauer vorgaukelt, wie Tiere in freier Wildbahn funktionieren.

                      13
                      • 10

                        "Under His eye."

                        Irgendwann in naher Zukunft, nach einem weiteren US-amerikanischen Bürgerkrieg, löst sich die bisherige USA auf. In der Zeit danach entsteht eine neue Regierung. Eine patriarchale, theokratische Militärdiktatur die das Land nun "Gilead" nennt. Das alte Amerika ist nicht vollends ausgelöscht. Die Ideologien der neuen fundamentalistischen Führung besteht aus verdrehten, aus dem Kontext gerissenen Versen des Alten Testaments.

                        "Better never means better for everyone. It always means worse for some." (Commander Fred Waterford, S1E5)

                        Durch die Kombination von Umweltkatastrophen und weltweit grassierenden, sexuell übertragbaren Krankheiten, kam es zu einem enormen Fruchtbarkeitskollaps. In dem hierarchischen Regime von Gilead wurde daraufhin eine neue Klassengesellschaft geschaffen. Allen Frauen wurden ihre sämtlichen Rechte abgesprochen. Nur durch die neuen sozialen Klassenunterschiede, durch das Gewand optisch verdeutlicht, wird der "Wert" einer Frau differenziert. Denn einige wenige in Gilead können noch Kinder kriegen. Der Fortbestand ist wichtig und Kinder gelten als höchstes Gut.

                        Das bis hierher erwähnte, erfährt man als Zuschauer*in nicht vorab oder chronologisch. In Handlungssträngen und Flashbacks werde ich ganz nebenbei informiert. Allerdings nicht en détail. Ganz im Gegenteil. Über vieles wird man bewusst im Unklaren gelassen. Vorwiegend der Perspektive der Protagonistin folgend, wird man unvermittelt in das Geschehen geworfen und erfährt wie die berufstätige Mutter June zur Magd Offred wird.

                        "Blessed be the fruit"

                        Generell gilt für die Frau, sei dem Manne Untertan. Füge dich oder du wirst fügsam gemacht. Da vor allem die Reichen und die Führer von Gilead den Fortbestand im Sinne des Herren sichern wollen, müssen Dienstmägde als Gebährmaschinen für die Privilegierten funktionieren. Die Ehefrauen von Gilead dienen ihrem Ehemann. Frauen die nicht zu den Privilegierten zählen, werden gebrochen und führen als Martas den Haushalt oder werden zur Magd ausgebildet von Aunts. Diese sind Ausbilderinnen, Aufsichtspersonen und Vollstrecker in einer Person. Ihre Rolle erinnert mich an einen schwarzen Sklavenaufseher, dem mehr Rechte zugestanden werden, wenn die Sklavenmasse im Griff gehalten wird.

                        Den schleichenden Prozess, in dem sich eine Demokratie verwandelt in eine Diktatur, zeichnet die Serie sehr eindrucksvoll nach – und sehr beängstigend. In Rückblenden erklärt sich der innere Widerstand von June, die einst Opfer ihrer eigenen Naivität wurde. Im Gesicht von Hauptdarstellerin Elisabeth Moss spiegeln sich die Ängste und Sehnsüchte, der Trotz und die Wut wieder, die unsere Protagonistin durchlaufen muss.
                        Eine seltsame Faszination geht von dieser Serie aus. Die Story ist nicht leicht zu verdauen. Viele Szenen sind gar grausam, doch das Ausschalten fiel mir schwer. Die Serie macht süchtig, obwohl es manchmal weh tut, hinzusehen. Bingen empfiehlt sich übrigens nicht - aufgrund des Stoffes. Das gegenwärtige Drama um Offred und ihre Vergangenheit als June ist gleichermaßen spannend wie aufwühlend.
                        Elisabeth Moss, in deren Gesicht sich die unterschiedlichsten Emotionen widerspiegeln. Was Alexis Bledel in einigen Szenen nur mit ihren Augen ausdrücken kann. Ann Dowd als Aunt Lydia lehrt mich in manchen Momenten das Fürchten.

                        "Our Father, who art in heaven ... Seriously? What the actual fuck?" (Offred S2E1)

                        Auch wenn das nach Fiktion klingt, betont Autorin Margaret Atwood (die am Drehbuch mitwirkte) immer wieder, dass sie ihre Ideen in der Realität verankert hat. Eine detailverliebte Ausstattung und starke Kameraarbeit verleihen dem dystopischen Science-fiction Stoff einen schaurig realistischen Anstrich. Es werden nicht nur grauenhafte Szenarien mit wunderschönen Bildern gekreuzt. Eine graue, entsättigte Welt mit sehr gut gewählter Musikuntermalung, sorgt für eindrucksvolle Momente. Das i-Tüpfelchen ist die Besetzung, bei der neben Elisabeth Moss (bestens bekannt aus "Mad Men") vor allem Ann Dowd, Joseph Fiennes und Alexis Bledel hervorstechen.

                        Fazit: Wer sich vor dieser famosen Serie verschließt, kann ich nur bedauern!
                        "Praise fucking be." (Offred S2E12)

                        16
                        • 4
                          RoosterCogburn 04.01.2021, 17:20 Geändert 04.01.2021, 17:22

                          Die US-amerikanische ehemalige Tennisspielerin Billie Jean King feierte im Einzel, Doppel und Mixed etliche Erfolge und gehört mit 20 Wimbledon-Titeln innerhalb ihrer Karriere, zusammen mit Martina Navratilova zur Rekordsiegerin in Wimbledon. Mit 39 Jahren ist sie zudem die älteste Siegerin dort. Insgesamt verbuchte sie in ihrer Karriere zwölf Grand-Slam-Siege im Einzel und gilt als eine der besten Spielerin in der Geschichte des Frauen-Tennissports. Nach ihrer aktiven Zeit wurde King eine Ikone der Frauenrechtlerinnen, sie wurde vom "Life Magazin" in die Liste der 100 wichtigsten US-Amerikaner des 20. Jahrhunderts aufgenommen und gründete bereits 1973 die Women’s Tennis Association.

                          All diese Fakten über Billie Jean King interessieren den Film "Battle of the Sexes" nicht. Einzig die Idee zur Gründung der WTA dient in der ersten halben Stunde als Aufhänger. Dem wird aber im weiteren Verlauf keine weitere Bedeutung beigemessen. Man fokussiert auf die medialen Schaukämpfe, die sogenannten "Kampf der Geschlechter". Nach der Hälfte des Filmes Riggs vs Court und zum Schluss Riggs vs King. Im Astrodome von Houston traf die 29-Jährige auf den 26 Jahre älteren Bobby Riggs. Der war 1939 Weltranglisten-Erster und hatte im selben Jahr Wimbledon und die US Open gewonnen. Sein Ruhm war jedoch längst verblasst. Mit chauvinistischen Äußerungen hatte sich Riggs wieder ins Gespräch gebracht.

                          Als LGBT Beitrag kann ich den Film nicht ernst nehmen, weil die damit verbundenen Probleme von King gar nicht thematisiert werden. Sie lässt sich als prominente, verheiratete Hetero-Frau auf ihre Friseurin ein und das soll so straight abgegangen sein? Never.
                          Als Sport-Biografie kann dieser sehr kleine Ausschnitt aus ihrer Karriere keinen bleibenden und inhaltvollen Eindruck hinterlassen. Als Comedy ist der Film nicht komisch genug. Was sollte das jetzt? Von allem ein bisschen und nichts von allem richtig. Angeblich wollten die Filmemacher die Themen Homosexualität und Gleichberechtigung in den Mittelpunkt stellen. Das Ergebnis ist derart oberflächlich, überraschungsfrei und bedient sich jeglicher feministischer Klischees, das es mir graut. Einzig die Darstellungen von Steve Carrell als Super-Chauvi, Sarah Silverman als Gladys und Alan Cumming helfen über diese unbefriedigende Film-Biografie hinweg.

                          Fazit:
                          Unterm Strich is es ein bisschen wie bei Mäckes: ohne Nährwert und du willst nicht wirklich wissen was drin ist. Für einen kleinen Snack geht's, satt werde ich jedoch nicht.

                          8
                          • 8

                            Bernardo Bertolucci lieferte mit seinem Film einen verführerischen Nachruf auf das Erwachsenwerden und das Kino der Nouvelle Vague. Der Film entstand nach einem Buch von Gilbert Adair, Romancier und Cineast aus London, er ging 1968 nach Paris und ist viele Jahre nicht mehr losgekommen von der Stadt. "Die heiligen Unschuldigen" hat er die erste Version genannt, aber er war dankbar dass er das Buch für Bertoluccis Film überarbeiten durfte - überschreiben, besser gesagt.

                            Vor dem Hintergrund der Revolte französischer Studenten im Mai 1968, die mit der Schließung der Cinémathèque Francaise begann, bleiben die Zwillinge Isabelle und Théo - zusammen mit ihrem neuen Freund Matthew - in der geräumigen Altbauwohnung der verreisten Eltern. Doch interessieren sich die Drei nicht etwa für Glamour und Stars, sondern für die Politik der Cinémathèque Française, die den progressiven Leiter Henri Langlois aus dem Amt gejagt hatte.
                            Bei Diskussionen hört man Bob Dylan und Janis Joplin oder unterhält sich über Vietnam und amerikanische Filme. Irgendwann entwickelt sich eine sexuelle Spannung zwischen den Dreien, die sich alsbald entlädt. Berto­lucci insze­niert hier die Erotik des Kinos schwel­ge­risch und im guten Sinne nost­al­gisch.

                            Bertoluccis Märchen "Die Träumer" ist reines Kino. Durchzogen von Verführung, Verheißung, Verruchtheit und Sinnlichkeit. Fast der ganze Film verharrt kammer­spiel­artig im bürger­li­chen Salon, als dem eigent­li­chen Ausgangs­punkt der Revolte. So sympa­thisch die drei in ihrer Neugier und Entde­ckungs­lust, auch in ihrer Dekadenz sind, so präzis zeigt Berto­luccis trotzdem auch Tristesse: Trauer und Sehnsucht liegt in allen Blicken.

                            Mein Fazit:
                            "Die Träumer" ist für mich Bertoluccis wehmütiger Versuch das Gefühl und den Geist einer Bewegung zu vermitteln. Allerdings vermeidet er jeden anklagenden Ton. Es wirkt auf mich wie eine verschwommene, unentschlossene Erinnerung an vergangene Tage. Aber auch wie eine faszinierende Geschichte.

                            10
                            • RoosterCogburn 16.12.2020, 14:20 Geändert 16.12.2020, 14:21

                              Die Sesamstraße kennt wohl jeder. Für diejenigen, die noch die alte Besetzung kennen, mit Samson, Tiffy, Lilo (Pulver) und Henning (Venske), das ist 35 bis 40 Jahre her, ist folgender Link vllt interessant. Es handelt sich um charmante Outtakes aus der damaligen deutschen Sesamstraße. Besonders der Spieler/Darsteller des Samson hat in seinem Kostüm seine Mühen.

                              https://youtu.be/oUYsvik-3ms

                              11
                              • 4
                                RoosterCogburn 14.12.2020, 12:56 Geändert 28.12.2020, 20:03

                                Tobi Baumann war drei Jahre Geschäftsführer bei Brainpool TV. Mit "ÜberWeihnachten" meldet er sich als Autor, Regisseur und Produzent zurück. Zusammen mit Sat.1 Gesicht Luke Mockridge, der mitproduziert und die Hauptrolle übernimmt, releasen sie ihr Machwerk nicht bei PRO7, sondern fokussieren die Streaming Zielgruppe an. Banal und belanglos ist das Ergebnis trotzdem.

                                Es ist genau das entstanden, wonach die Voraussetzungen klingen. Eine alberne Romanadaption, die formal kein Reinfall ist, sich jedoch wie der alljährliche Feiertags-Fernsehfilm an einem Sat.1-Fun-Freitag anfühlt. Dazu trägt der miese Schnitt bei, der überbordende Einsatz von Musikeinspielungen (in den ersten 10 Minuten acht Songs) und die vielen Klischees über 30-jährige, die ihr Leben nicht auf die Kette kriegen.
                                Warum Brainpool 2 ¼ Std für Netflix als Dreiteiler verpackt hat, erschließt sich mir nicht. Zumindest ist es für mich praktisch, weil mir nach Teil 1 klar ist, hier investiere ich keine weitere Zeit.

                                Fazit: Nix für mich. 👎

                                11
                                • 8
                                  RoosterCogburn 13.12.2020, 15:44 Geändert 13.12.2020, 15:45

                                  Nachdem ich etwa drei Jahre der Serie fern blieb, habe ich ich vor kurzem die zweite Hälfte der sechsten Staffel gesehen. Season 6 empfand ich insgesamt als nicht besonders berauschend, ehrlich gesagt habe ich die Season abschließend als die zweitschlechteste bewertet. Aber die letzten vier Folgen waren dafür umso besser.
                                  Das machte mich heisser auf Staffel 7. Und ich wurde nicht enttäuscht. Für mich sind die siebte und die vierte bislang die besten Staffeln. Allein wie hier Nägel mit Köpfen gemacht wird, indem man dem Zuschauer dem Boden unter den Füßen wegreißt, wenn liebgewonnene Charaktere mal wieder in Gefahr geraten.
                                  Der Anführer der Saviors, eine bunte Truppe aus Banditen und Desperados, ist der neue Antagonist: Negan. Und ich liebe dieses gemeine Arschloch. Eine hassenswerte Figur bei der die Emotionen hochkochen können. Hochpsychotisch, manipulativ, sarkastisch, brutal, aber auch charismatisch und einnehmend. Quasi, ein richtiger Frauentyp 😁 Rick und seine Truppe müssen in dieser Staffel ziemlich viel durchmachen.
                                  Endlich wieder eine Staffel bei der sich das anschauen gelohnt hat. 👍

                                  8
                                  • RoosterCogburn 10.12.2020, 20:48 Geändert 23.01.2021, 09:41

                                    Eine Miniserie wird von vorneherein dramaturgisch als Ganzes konzipiert. Einfach gesagt ein mehrteiliger Fernsehfilm. Je nachdem hat sie zwischen 3 und 10 Teile (wohlgemerkt keine Folgen!). Deshalb ignoriere ich die Anforderung an die Episodenzahl. Laut Emmy Regeln gilt sogar: jede Produktion, deren Figuren und Handlung auf eine Staffel beschränkt sind, wird als Miniserie betrachtet. Das bedeutet umgekehrt, das die Staffel XY einer Anthologie wie Fargo, True Detective oder American Crime Story als Miniserie nominiert wird.

                                    Meine Auswahl:
                                    - The Night Of (2016)
                                    - Band Of Brothers (2001)
                                    - Im Angesicht des Verbrechens (2010)
                                    - Patrick Melrose (2018)
                                    - Show Me A Hero (2015)
                                    - The Kennedys (2011)

                                    10
                                    • 4
                                      RoosterCogburn 10.12.2020, 04:10 Geändert 30.01.2024, 01:07

                                      Durch die NBC-Sitcom "Family Ties" sowie seine Hauptrollen in "Teen Wolf" und "Back to the Future" wurde Michael J. Fox zu einem Teenie-Idol. Ende der 80er versuchte der damalige Endzwanziger ein längst notwendiges Imagewechsel (siehe "Bright Lights, Big City" 1988, "Casualties of War" 1989, "The Hard Way" 1991). Nach seiner Parkinson-Diagnose unterzeichnete er unbedacht einen three-film contract wozu auch Life With Mikey zählt.

                                      Obwohl die Grundprämisse nicht die schlechteste ist, wurde der Film vergurkt. Man erkannte wohl wie unoriginell der "Vater-wider-Willen" Plot ist. Zu unentschlossen folgt die Inszenierung zwischen witzlosen Slapstick und familiärer Neufindung, dem ehemaligen Kinderstar Mikey und den angehenden Kinderstar Angie. Die eingebauten Story-Hindernisse sind so vorhersehbar wie das Happy End.
                                      Fazit: Meines Erachtens nach lohnt sich der Film nur für Michael J. Fox-Anhänger und 90er-Kinderfilm Nostalgiker. Ansonsten - trotz der Mitwirkung von Nathan Lane und Cyndi »Girls Just Want to Have Fun« Lauper - uninteressant.

                                      Anmerkung:
                                      Fox spielte noch zwei bemerkenswerte Hauptrollen im Kino. Er wurde dann Ende der 90er vermehrt als Synchronsprecher eingesetzt (u.a. "Homeward Bound", "Stuart Little") und begann parallel ein Comeback auf dem Bildschirm. Nach seiner Hauptrolle in der ABC-Sitcom "Spin City" hatte er wiederkehrende Auftritte u.a. in "Scrubs", "Curb Your Enthusiasm", "Designated Survivor". Besonders seine Rollen in "Boston Legal" und "The Good Wife" kann ich an dieser Stelle ans Herz legen.

                                      10
                                      • RoosterCogburn 08.12.2020, 18:55 Geändert 09.12.2020, 00:01
                                        über Krypton

                                        Ich habe nur vier Folgen gesehen und fand die Prämisse der Serie grundsätzlich interessant, das man den Heimatplaneten des "Stählernen" mehr Raum und Tiefe geben wollte. Hätte man eine starke Familiensaga erzählen können. Auch wenn ich dank David S. Goyer Blödsinn ertragen musste (siehe Blade: Trinity [2004], Jumper [2008], The Unborn [2009], Ghost Rider 2 [2012]) konnte der Mann schon abliefern (Batman Begins, The Dark Knight, Dark City). Allerdings gefällt mir hier das Worldbuildung nicht, das von David S. Goyer konstruiert wurde. Auf mich wirkt es bescheuert, das sich die Familien El und Zod seit Generationen anpinkeln. Und wir wissen ja nicht nur aus den Comics, wohin die Nummer führt, die hier zur Familienfehde mutiert. Mal ehrlich, wenn ich das Ende schon kenne, wie groß ist das Interesse für eine "Davor"-Geschichte in der Supermans Großvater auf seinen Großvater trifft um die Ehre der eigenen Familie zu retten?! Es führt doch das bereits bekannte ad absurdum, wenn mir eine neue Serie sehr früh deutlich macht, die Geschichte wiederholt sich. Und chronologisch gesehen soll die Origin-Story die Wiederholung dieses Prequels sein. Fuck!
                                        Dies als roten Faden aufzunehmen, war schon in der Star Wars Prequel Filmreihe nicht sonderlich einfallsreich. Wurde dort jedoch sehr viel unterhaltsamer wiedergegeben.

                                        Die unabhängige Prequel Serie würde von Goyer's hauseigene Produktionsfirma Phantom Four Films in Zusammenarbeit mit DC Entertainment und Warner Horizon Television produziert. Nicht von SyFy. Mit haben die wenigen Folgen gereicht um zu beurteilen, das die auf SyFy erstmalig veröffentlichte Serie kein Must-See ist.

                                        Fazit: Ich lehne dankend ab.

                                        11
                                        • 10

                                          Auf berührend bezaubernde Weise gelang es dem schwedischen Regisseur Lasse Hallström, die Lebensumstände der Grape's - insbesondere erschwert durch die stark übergewichtige Mutter und den geistig behinderten Sohn Arnie - glaubwürdig, herzerwärmend und ebenso unaufdringlich wie sentimental zu erzählen. Im Mittelpunkt der Handlung steht der älteste Sohn Gilbert, Anfang 20, der sich zwischen Verpflichtungen für seine Familie und persönlichen Freiheitsstreben hin- und hergerissen fühlt. Ohne übertriebenen Pathos, zeigt Hallström liebevoll und emotional, wie eine White-Trash-Familie versucht immer füreinander da zu sein.

                                          Fantastisches, leises Kino mit tollen Charakteren in wunderbaren Bildern. Übrigens nicht in Iowa gedreht, sondern in Texas.

                                          Für Leonardo DiCaprio bedeutete die Darstellung des Arnie die erste Nominierung für den Academy Award und die erste Nominierung für einen Golden Globe. Er war bei den Dreharbeiten 19 Jahre alt

                                          21
                                          • 4

                                            »Toni Erdmann« wird von Kritikern als internationales Filmkunstwerk beschrieben. Ich habe versucht den viel gelobten Berg zu erklimmen und bin daran jäh gescheitert. Die Film- und Medienbewertung bezeichnet im Pressetext den Film als "kongenial und leichtfüßig" oder auch "ungekünstelt, authentisch lebensnah". 😵 WTF?! Präsentiert "mit authentischen Dialogen und einem großartigen natürlichen Spiel der Darsteller". Really ❓

                                            Im Mittelpunkt steht Ines und die Beziehung zu ihrem Vater. Ines ist eine Unter­neh­mens­be­raterin, die in Bukarest verzweifelt an ihrer Karriere werkelt. Ihr Vater Winfried ist ein Alt-68er. Gezeigt wird ein Film an deren Ende das gezeigte harmonische Familienbild und die – falsche – Versöhnung von Vater und Tochter besser sein soll als der offene Bruch. In seiner subtilen Art, den anarchistischen 68er für seinen angeblichen Egoismus abzuwatschen, gefällt dies der Elterngeneration, die ins Kino stürmte und sich nicht zu viel ärgern will. Sich auf die Seite der frustrierten, kalten, hysterischen Tochter zu schlagen, mag fragwürdig klingen. Aber für die Moral ist diese Entscheidung anscheinend besser. Zumindest wenn ich nach dem Großteil des damaligen Presse-Echo gehe.

                                            Wie man die Erzählung auch interpretiert, ist »Toni Erdmann« ein Film der seinem Hype gerecht wird? Sicher nicht.
                                            Ist es wenigstens ein guter Film, bei dem es sich für mich als Zuschauer lohnt Zeit zu investieren? Für mein Empfinden nicht. Und ich würde »Toni Erdmann« nicht bedenkenlos weiter empfehlen. - Das die Inszenierung von vielen als langatmig (siehe Amazon Negativbewertungen) und somit als langweilig beschrieben wird, ist für mich absolut nachvollziehbar. Vor allem führte diese Form der Inszenierung zu offensichtlichen Fehlinterpretationen. Als Filmemacher*in sollte ich mich fragen, wen ich erreichen will.

                                            Fazit: Die bestechend unkonventionelle Skurrilität ist für mich der größte Pluspunkt von »Toni Erdmann«. Ebenso sein naturalistischer, komödiantischer Ansatz. Ansonsten bleibt es uninteressant. Ein Film den ich kein weiteres Mal meine Zeit widme.

                                            22
                                            • 8

                                              Nach einem Drehbuch von Ralf Husmann ("Stromberg", "Dr. Psycho") inszenierter Fernsehfilm. Inspiriert von tatsächlichen Ereignissen, ist die Handlung Fiktion.

                                              »Et hätt noch immer jot jejange.«
                                              Korruption hat viele Gesichter. Alle Städte haben ihre Skandale. Was für Berlin der neue Flughafen ist, das ist für Bonn das World Conference Center. Und doch funktioniert Korruption immer gleich: als ein System der Gefälligkeiten und des Wegschauens. Im Film wollen viele bei einem geplanten Großbauprojekt mächtig absahnen. Wie das System funktioniert, wird am Beispiel des Bauamtsbeamten deutlich gemacht, der hier zum Spielball des Kölschen Klüngel wird.

                                              Realer Hintergrund ist der Bauunternehmer Esch, die Privatbank Sal. Oppenheimer, die Karstadt-Quelle-Pleite und die Arcandor-Insolvenz 2009. Inspiriert von den tatsächlichen Ereignissen wurde die Story bis zur deutlichen Wiedererkennung verzerrt und die Beteiligten mit einem unübersehbaren Aliasnamen versehen. Esch wurde hier zu Asch, der KarstadtQuelle Vorstandsvorsitzende Middelhoff zu Middeldorf, deren ehemalige Großaktionärin Schickedanz zur Dickeschanz usw.

                                              Köln wird quasi als moralfreier Selbstbedienungsladen inszeniert, wobei Asch zugleich die Rolle des Königs und die des Schelms zufällt. Stilsicher sind die Details, etwa der originalgetreu gediegene Saal, in dem die Vorstandssitzungen der Bank stattfinden. Was den Film vor allem auszeichnet, ist das gewitzte Buch und die treffenden Dialogen.

                                              Ein grotesker Spaß, dessen Überspitzungen nur noch von der Realität eingeholt werden.

                                              15
                                              • 7

                                                Im Central Park von N.Y. steht die Statue eines Hundes, der während der Pre-Rin Tin Tin Ära im Big Apple verehrt wurde, wie Hachikō in Tokio. Vor fünfzehn Jahren brachte Amblin Entertainment einen Animationsfilm in die Kinos, der den Leithund als Protagonisten inne hatte. Es handelt sich um einen der Leithunde von Gunnar Kaasen. Aber dieser Hund brachte das Serum nur auf seiner letzten Etappe seiner Reise nach Nome. Für den Rest war jemand anderes verantwortlich.

                                                Vor knapp 100 Jahren während einer Epidemie in Alaska musste ein Gegenmittel nach Nome geschafft werden. Damals eine Goldgräberstadt, die dank eines drohenden Schneesturm von der Aussenwelt abgeschnitten war. Aufgrund damaliger Zeitungsartikel und wie Gunnar Kaasen daraus Kapital schlug (er tourte sogar mit seinen Hunden durch Nordamerika), wurde für viele Kaasen und sein Hund Balto zum Held. Die Leistung von Leonhard Seppala und seinen Hunden wurde 2011 im Time Magazine publiziert.

                                                Disneys »Togo« ist eine Art Gutmachung. Behauptet von sich allerdings, das sich die Verfilmung weitgehend an den tatsächlichen Fakten hält. Es gibt "historische Ungenauigkeiten" wie die Anzahl der Schlittenhunde, die Tochter des Ehepaares Seppala wurde aus dem Geschehen raus geschrieben und die Überquerung des Sees war bestimmt nicht so spektakulär wie im Film.

                                                Fazit: Für mich sind diese Freiheiten jedoch in Ordnung. Unterm Strich handelt es sich um ein familienfreundliches Abenteuer-Drama. Mit neuer Technik wird gute Old School Kost geliefert. Richtig für Liebhaber von Jack London-Verfilmungen mit Hachikō Taschentuch-Garantie.

                                                Anmerkung für Hundefreunde: Diesel, der Hund der "Togo" darstellt, ist direkter Nachkomme des realen Togo.

                                                12
                                                • 5

                                                  Gothic Horrorfilm, der von der realen Vorlage der ungarischen Gräfin Elisabeth Bathory inspiriert wurde, eine der produktivsten Serienmörderin der Geschichte. Der Belgier Harry Kümel inszenierte aus der Figur einen sapphischen Vampir in Nazifarben.

                                                  Wenn sie sich von dem flitternden Hochzeitspaar angezogenen fühlt und mit provokanten Geschichten über Verführung und Gewalt verzaubert, weiß man nicht, ob sie aus Erfahrung spricht oder sie von sexuell-orientierten Fantasien gelenkt wird.

                                                  Fazit: Europäisches Arthouse-Kino verbindet Vampir-Pulp mit lesbischer Erotik. Ästhetisch inszeniert und für Genre-Liebhaber lohnt sich vielleicht ein Blick. Unterm Strich war es für mich zu dröge und irgendwann schlicht und einfach langweilig.

                                                  #horroctober2020

                                                  10
                                                  • 4

                                                    MCU - Phase Drei
                                                    #MarvelMovie 18

                                                    Von den Verfechtern der schwarzen Emanzipation bis zu genügsamen Linksliberalen wurde dem Endprodukt ziemlich viel positives abgewonnen. Bei den 91st Academy Awards wurde der Film von seinen weißen Produzenten instrumentalisiert. So sehr das manche meinten, der Film wäre von der “afroamerikanischen Bevölkerung zum Erfolg geführt” worden. Angeblich sollte der Film so in der US-amerikanischen Post-Obama Ära als ein politisches Statement stehen.
                                                    Mein Problem bei dieser Betrachtung ist, das rassistische Gewalt und Diskriminierung, unangemessene Polizeieinsätze und Ungleichbehandlung unter der Trump Regierung erneut fortgesetzt werden. Im Kontext zum Film als Statement, sollte man bedenken, das der Film eine naive Ideologie verkörpert. Etwas wovon “alte weiße Männer” denken, dass es die “Black Community” cool findet. Ich lasse die Betrachtung zum Film als “politisches Werkzeug” links liegen, denn bewegen wird ein durchklügelter Disney- aka Marvelfilm in diese Richtung nix.

                                                    Seien wir ehrlich, der Film selber bietet hauptsächlich das an, was der Comic- / MCU Fan bereits kennt. Die Geschichte die uns präsentiert wird, ist erwartungsgemäß männlich, angelsächsisch und klischeebehaftet wie seit jeher die meisten Heldengeschichten sind. Unterschied ist lediglich die Hautfarbe der Darsteller. Cat-Man und seinen schwulen Akzent kennen wir schon aus CIVIL WAR. Dem gern genommenen Marvel Konzept “hero with problems” (Spiderman, Iron Man) bedient man sich diesmal nicht. Stattdessen wird wieder von einem neomythischen Führer erzählt (Thor).
                                                    T’Challa alias Black Panther ist Repräsentant und später König eines schwarzen Fantasy-Nirvana. In einer Mischung aus Vererbung und Auserwählung durch Kampf in einer schwarzen Gesellschaft herrscht er über ein eigenes Volk, welches er auch vor Angreifern verteidigt. Die Story um die Thronfolge erinnert an Shakespeare'sche Versatzstücke aus der Retorte. Der Rest ist ein utopischer Einheitsbrei, dessen Modeausstatter im African Shop an der Ecke einkaufen waren.

                                                    Mal davon ab, wie viele Probleme die Inszenierung hat, mir die Intentionen von T’Challa einleuchtend unterzujubeln, gehen mir viele der eingestreuten Metaphern gehörig auf den Pinsel. Ich finde die Ausgangsidee ziemlich dämlich. Wenn wir der Metapher folgen, ein afrikanisches Land welches wertvolle Rohstoffe besitzt, ist die Idee des funktionalen reichen Staates mehr ein Wunschtraum (siehe Kongo). Naja …
                                                    Apropos, von wegen “schwarze Eigenständigkeit”. Bitte mal über die Tatsache nachdenken, dass ein CIA-Agent eine Schlüsselrolle bei T’Challas letztlichen Sieg spielt. - Dann wird immer von Emanzipation gesprochen. Doch in ganz Wakanda, so mein Eindruck, ist die Frau dem Mann untergeordnet. Nebenbei ist der Antagonist in dieser Story nicht einmal mehr ein Bösewicht. Außerdem erinnert mich die naive Infantilität der Darstellung Wakandas eher an einen Tarzan Film mit Johnny Weissmüller als an eine Comicverfilmung aus dem MCU.

                                                    Fazit zum Film: Ob Blade und Luke Cage oder Nebencharaktere wie Storm und War Machine, für mich gab es bisher attraktivere “Superhelden in schwarz”.
                                                    Die Adaption dieser zahmen Katze ist eine Enttäuschung. Black Panthers Originstory ist die »Cat Woman« des MCU geworden.
                                                    4 mauzende Grüße von Halle Berry!

                                                    _____________________________

                                                    Mein Respekt gilt Chadwick Boseman. Wie erst nach seinem Tod ans Licht kam, drehte er CIVIL WAR obwohl bereits Darmkrebs diagnostiziert wurde. Er hoffte und drehte bis zuletzt. Ich vermute, er fühlte sich vom Hollywood-System eingeschüchtert, weshalb er seine Diagnose nicht öffentlich machte. Im August 2020 starb Boseman, der als Black Panther seinen Durchbruch hatte.

                                                    17