Sigmund - Kommentare

Alle Kommentare von Sigmund

  • 9 .5

    Private Filmgeschichtchen, Folge 10:
    Zum 18. Geburtstag meines kleinen Bruders vor ein paar Jahren wollte ich ihm ein würdiges, filmisches Geschenk machen. Nach ausgereiften Überlegungen wurde es schließlich die Box mit Coppolas Pate-Trilogie.
    Wie sich herausstellen sollte, führte diese Idee aber zu einer beidseitigen Enttäuschung: Mein Bruder war ehrlich genug um mir bald schlechten Gewissens zu gestehen, dass er schon den ersten Teil trotz wiederholter Anläufe nicht „gepackt“ hatte. Zu zäh fand er als Kind der MTV Generation das Epos von 1972 in Sachen Aufbau, Tempo und Rhythmus. Und mir wurde klar, dass für ihn als „normalen“ Filmegucker die früheren Sehgewohnheiten eine wirklich große Hürde bedeuteten. Fand ich das schade!
    Hatte mir der Gedanke doch so gefallen, mit diesem Meilenstein den filmischen Eintritt in seine Volljährigkeit zu markieren, denn DER PATE ist in meinen Augen so etwas wie der ultimative Film über das Mannsein: Anhand der knüppelharten Mafia-Welt thematisiert er zugespitzt – aber weder moralisierend noch geschönt – all die Sehnsüchte, Seilschaften, Freundschafts- und Familienbande, Machtstrukturen, Grausamkeiten, Versagensängste, Rachegelüste, Gesetze der Ehre, Fallstricke wie Verrat und Selbstlügen, den Grat zwischen Mut und Wahnsinn, die Schnittmenge von Tunnelblick und Verbohrtheit, die Verwandtschaft von Selbstüberschätzung und Minderwertigkeitsgefühlen, Energie schöpfende und zehrende Leidenschaften, Zwänge, Zweifel, Niederlagen und Triumphe, die schon immer das Spannungsfeld des mal starken, mal schwachen Geschlechts ausmachten – mit all seinen beklagenswerten und lächerlichen Seiten, aber auch mit seiner ganzen Würde, Faszinationskraft und Vielschichtigkeit.
    Hoffe, mein lieber Bruder wird der Trilogie alle paar Jahre eine neue Chance geben! Mir zumindest hat kein anderer Film so plastisch vor Augen geführt, was es trotz der inzwischen flexibleren Rollenbilder bis heute mit sich bringt, nun ja... ein Mann zu sein.

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    • 8

      Ist der deutsche Film so schlecht, wie oft behauptet wird? Ich denke: nein. Die Perlen sind nur immer schwieriger zu finden.
      ÜBER UNS DAS ALL ist zum Beispiel ein sehr feiner und verdammt kluger Film, dessen Thema obendrein fast jeden betrifft. Weil so viele Menschen aber am liebsten in der Herde blöken, wird es dieses ebenso brillante wie kurzweilige Drama über gewisse, moderne Beziehungsphänomene wahrscheinlich nicht einmal auf 10.000 Kinozuschauer bringen – trotz seiner unzweifelhaften Qualität! Und damit ist ÜUDA kein Einzelfall im deutschen Kino (siehe auch: DAS ROTE ZIMMER, PINGPONG, DIE UNERZOGENEN, BERGFEST, GEGENÜBER, DIE LIEBE DER KINDER und noch einige mehr).
      Gute Filme gibt es immer wieder. Die Frage ist nur: Warum geht fast niemand rein?

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      • Mir fällt niemand ein, der so souverän ist wie Helge Schneider.
        Wahrscheinlich liegt es daran, dass er sich selbst so wenig ernst nimmt. Völlig frei scheint der Mann von all dem Ballast zu sein, der einen in der Komödie des Lebens zum ichverbohrten Laffen macht. Irgendwie muss es ihm gelungen sein, die Marionettenfäden der Eitelkeit zu kappen und dem gemeinsten aller Teufelskreise zu entgehen: der nicht enden wollenden Suche nach Bestätigung etc.
        Wie hat er das bloß gemacht?

        9
        • 9

          Ein ungewöhnlich kühler Allen-Film, dem man seinen Regisseur/Autor erst anmerkt als er auf eine der beeindruckendsten und zugleich bösesten Volten der jüngeren Filmgeschichte zusteuert. Eine Wendung, die so geschickt eingefädelt und spektakulär ist, dass im Hamburger Holi Kino ein Raunen durch die Reihen ging, wie ich mich nicht erinnere es bei einem anderen Film schon erlebt zu haben.
          Doch die besagte Pointe ist meiner Meinung nach nicht nur effektvoll, sondern auch so tiefsinnig und ehrlich, dass sie zu den unbequemsten Wahrheiten zählen dürfte, denen ein Millionenpublikum seit langem ausgesetzt wurde.

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          • Was für eine großartige Jury-Entscheidung, besonders was Platz 1 betrifft!
            Einen nicht ganz einfachen Text über einen so kontroversen Film zu prämieren, bekräftigt so ganz nebenbei auch MP's Stellung als ernstzunehmendes Filmportal. Sehr, sehr schön. Weiter so!

            9
            • 6
              über Titanic

              Private Filmgeschichtchen, Folge 9:
              Ein alter Bekannter von mir ist der geborene Materialist.
              Als TITANIC ins Kino kam, war ich gespannt, was er von dem Film halten würde, denn einerseits ist das Spektakel die ultimative Gelddruckmaschine, andererseits verliert der Milliardär-Antagonist seine Braut an den bettelarmen Wicht aus der Holzklasse. Und abgesehen davon säuft natürlich auch noch der ganze schicke Dampfer – Großmannssucht und Hybris lassen grüßen – kläglich ab. (fast hätte ich *Spoiler* geschrieben)
              Witzig war, dass mein Kumpel den Film tatsächlich so gar nicht leiden konnte. Und auf die Frage warum, sprach er nicht etwa von Kitsch, Klischees oder Künstlichkeit, sondern er sagte über den 194-Minuten-Schinken nur den einen, bizarren Satz: „Ich kann einen Film nicht ernstnehmen, bei dem ein Schiff schon fast senkrecht im Wasser steht und erst dann das Geschirr aus den Regalen kippt.“
              Da habe ich nicht weiter nachgefragt.

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              • Manchmal hilft auch ein bisschen Mundpropaganda.
                Es gibt gar nicht mal so wenige Leute, die gerne mal einen guten Film sehen, sich aber kaum mit der Materie beschäftigen und deswegen doch wieder im Multiplex landen. Dabei wären sie durchaus dankbar, wenn ihnen jemand gesagt hätte: Schau Dir WESTWIND an, dann kannst du dir HARRY POTTER UND DER HILFLOSE HIRNFRASS nämlich sparen.

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                • 10

                  An dieser Stelle sei die Floskel erlaubt: Ein epochales Meisterwerk, in dem Bergman minutiöser als im Kino jemals zuvor (und jemals danach) eine Paarbeziehung seziert.
                  Hier wird die Nähe, Tiefe und Verbundenheit der beiden Partner schon dadurch spürbar, dass sie bereit sind, in teils quälerischer Kleinarbeit ihrer Beziehung auf den Grund zu gehen, und sich dabei natürlich auch mit Lügen, Selbstlügen und Illusionen konfrontieren müssen. Ein Prozess, so nah an der schillernden Logik der Psyche, verknüpft mit so vielen wesentlichen, aber auch unbequemen Wahrheiten, dass man sich kaum vorstellen kann, dass SZENEN EINER EHE einst ein Massenpublikum begeisterte – ein tiefenpsychologischer Welterfolg!
                  Trotz einiger gestelzter Dialoge (Synchro?) hat der Film auch nach fast 40 Jahren nichts an Aktualität eingebüßt – mal abgesehen vom Interesse des Großpublikums, auch mal UNTER die Oberfläche zu schauen.

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                  • 3

                    Schwacher Film voller Klischees, der seinem bitteren Thema nicht gerecht wird. Der an sich talentierte deutsche Regisseur Marco Kreuzpaintner setzt bei seinem Hollywooddebüt auf reißerische Tricks, anstatt seinem denkbar dramatischen und beklemmenden Sujet zu vertrauen. In eigentlich jedem Moment des Films ist die Absicht zu erkennen, den Zuschauer "im Dienste der guten Sache" zu lenken, zu belehren, zu bevormunden – sei es mithilfe der Kamera, der Musik oder der unerträglich plumpen Schauspielerführung, die sämtliche Darsteller immer genau so blicken lässt wie der Zuschauer gerade fühlen soll.
                    Wer einen Film zum Thema Ausbeutung sehen will, dem es nicht um den Zeigefinger sondern um erhellende Beobachtungen und lebensnahe Charaktere geht, dem seien die brillanten LILJA FOREVER und MARIA VOLL DER GNADE ans Herz gelegt.

                    5
                    • 8 .5

                      Private Filmgeschichtchen, Folge 8:
                      Eines meiner Lieblings-Filmerlebnisse überhaupt hatte ich mit diesem Film bei meinem bisher einzigen Aufenthalt in Tokyo. Ich kannte LIT zwar schon, hatte die DVD aber eigens mit nach Japan genommen um ihn mir dort nochmal anzusehen, "on location" sozusagen.
                      Als ich in der zweiten Nacht um 2 Uhr morgens in meinem kleinen Hotelzimmer gejetlagt aufwachte, war es soweit. Ich schob den Film ein und freute mich, aus einer neuen Perspektive das zu erleben, was ich an dem Film so mag: Die Annäherung von zwei Seelenverwandten in einer unglaublich fremdartigen Welt.
                      Am eigenen Leib hatte ich den vorangegangenen Tag in dieser spacigen Stadt verbracht, in der man zumindest 2005 als Nichtasiat noch ein ziemlicher Exot war. Und ich hatte mich ähnlich einsam gefühlt wie die von Scarlett Johannson und Bill Murray gespielten Figuren. Bestimmt auch deshalb finde ich bis heute das Setting dieses Films so stimmig, zwingend und genial – als Sinnbild für jenes Gefühl von Einsamkeit, das einen auch hierzulande jederzeit treffen kann, z.B. wenn man gängige Meinungen hinterfragt oder auch nur ein paar Minuten im Fernsehen herumzappt.
                      Schön, wenn eine passende Scarlett dann gerade irgendwo in der Nähe ist.

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                      • 4 .5

                        Puh, wie enttäuschend, was Meister Petzold im Rahmen des insgesamt erfreulichen Dreileben-Projekts anzubieten hat.
                        Zwar gelingt ihm immerhin EIN wirklich eindrucksvolles Bild über die schmerzliche Entzweiungskraft von Milieu-Unterschieden: Wenn seine bosnische Freundin sich für die Golferparty aufhübscht, kann man sowohl ihre kulturbedingte Vorstellung vom idealen Outfit nachvollziehen als auch das stille Entsetzen des Protagonisten über ihren prollig-naiven Schicksen-Look.
                        Man hätte sich mehr intensive Momente und feine Beobachtungen dieser Art gewünscht, aber leider gibt es stattdessen unendlich redundantes Beziehungsgeplänkel. Schnarchig und leblos geraten die ständigen Entschuldigungen der beiden jungen Erwachsenen, die sich obendrein von der ersten bis zur letzten Minute verhalten wie 10-jährige.
                        So zäh und uninspiriert hat Petzold noch nie erzählt.

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                        • Gut geschrieben. Hat in mir die Neugier geweckt, obwohl ich mit dem Genre normalerweise nicht viel anfangen kann.

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                          • 8 .5

                            Unglaublich einfach, geradlinig und ganz ohne Mätzchen beschwört Kaurismäki in seinen typischen, stilisierten Vignettenbildern die Utopie vom guten Menschen.
                            Wie so oft wirbt er auch diesmal gekonnt dafür, im einfachen Leben ein großes Stück vom wahren Glück zu suchen – für sich und andere. Dass er mit seiner Don Quijotterie einen eher aussichtslosen Windmühlenkampf gegen die angefachten Ultra-Egos der Moderne kämpft, ist ihm aber offenbar bewusst. Denn die wehmütig-märchenhafte Anmutung seiner Geschichte geht diesmal, gerade zum Ende hin, noch einen Schritt weiter als in den letzten Werken des finnischen Meisters.
                            Doch genau hier liegt auch seine große Stärke und Faszinationskraft: Kaurismäki hält dem verbreiteten Zynismus – dem vielleicht größten Gegenpol der Schönheit und Sinnstiftung empathischen Handelns – einen schmerzhaften Spiegel hin.

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                            • 7 .5

                              Private Filmgeschichtchen, Folge 7:
                              Wer mich ein bisschen kennt, der weiß: ich bin kein großer Nolan-Fan. Aber hätte ich seinen Film THE PRESTIGE im Kino nicht bis zum Ende des Abspanns abgesessen, dann hätte ich heute einen guten Freund weniger.
                              Denn noch jemand war an jenem Abend im Januar 2007 ein paar Reihen hinter mir sitzen geblieben bis die Lichter wieder angingen – und derjenige sagte dann zu mir, ganz spontan: „Wenn Nolan so weitermacht, wird er noch ein zweiter Malick!“ Das konnte ich zwar so gar nicht bestätigen, aber wir verstrickten uns daraufhin drei Stunden lang in nerdigstem Filmgeschwafel, und spätestens nach ein, zwei weiteren Treffen war klar, dass wir uns nicht mehr missen wollten.
                              Also gut, danke dafür, Christopher, und vielleicht bin ich ja doch ein klitzekleiner Nolan-Fan, zumindest was deinen weniger berühmten Autoren-Bruder Jonathan angeht. Denn THE PRESTIGE finde ich zwar ziemlich bieder inszeniert – das Drehbuch aber bietet einiges an gekonnter Zuspitzung und sogar eines der genialsten Bilder zum Thema Illusion schlechthin: *Spoiler* Wenn sich herausstellt, dass der leichthändige Zaubertrick mit dem Kanarienvogel, der sich samt Käfig in Luft aufzulösen scheint, in Wahrheit mit dem Leben des kleinen Tieres bezahlt wird – dann beginnt man zu ahnen, was sich hinter dem Mythos von scheinbar mühelosen Glanzauftritten und Höchstleistungen oft für Opfer verbergen.
                              Wenn man bedenkt, dass solche Geheimnisse in aller Regel gut gehütet werden, erzählt der Film hier erfreulich offen von einer ebenso profunden wie unbequemen Wahrheit, die einem keine Schule beibringt. Ein buchstäblich magischer Moment, der die Nolan-Brüder zumindest kurzfristig über ihren Blenderstandard hinauswachsen ließ.
                              Grüße an Sven, der übrigens auch in dieser Hinsicht nicht ganz meiner Meinung ist ;)

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                              • 7

                                Wenn sich ein Film auf liebevolle Art der genauen Beobachtung von Wirklichkeit widmet anstatt einer Bigger-than-Life Version unserer Existenz – dann ist das finanziell schon mal ziemlich gewagt. Man könnte sogar sagen, BLUE VALENTINE ist so etwas wie der absolute Gegenentwurf zum Blockbusterkino made in Hollywood.
                                Interessanterweise empfinde ich die dargestellte Tristesse aber viel lebensbejahender als den üblichen Sermon. Klingt paradox? Und doch ist der Grund ganz naheliegend: Denn trotz seiner bitteren Geschichte (und seiner für meine Begriffe fehlenden Subebene) erzählt der Film auch eine Menge über die Schönheit des einfachen Lebens. Die um ein vielfaches erfolgreicheren Crowdpleaser scheinen dagegen oft zu sagen: Komm mit in unsere Welt der süßen Träume und Illusionen, denn das reale Leben ist letzten Endes sowieso nur erbärmlich.

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                                  • 7 .5

                                    Wer sich ab und zu dabei ertappt, auf gewisse Leute verächtlich herabzuschauen – seien es Penner oder Banker oder Türken oder Nazis oder Unangepasste oder Durchschnittsmenschen oder wer auch immer – für den hält KOKUHAKU eine hübsche Lektion bereit.
                                    Wenn man sich auf seine streitbare visuelle Sprache und seine Geschwätzigkeit erst einmal eingelassen hat, wird man durch die klugen Perspektivwechsel des oscarnominierten Films nämlich Zeuge eines kleinen Wunders: Hier wird nicht nur proklamiert "Das Leben jedes einzelnen Menschen ist unendlich kostbar" – nein, es gelingt dem Film tatsächlich, seine ambitionierte Behauptung so einfach wie überzeugend zu untermauern:
                                    Nachdem der zynische Schüler S. zu Beginn teilnahmslos und fast gelangweilt die "gewöhnliche" kleine Tochter seiner Lehrerin getötet hat und schließlich *ACHTUNG: SCHLUSSPOINTENSPOILER!* mit kühler Berechnung sich und seine Schulkameraden in die Luft jagen will, löst er dabei unwissentlich einen ganz anderen Sprengsatz aus, der seine eigene Mutter tötet – und damit den einzigen Menschen, der ihm jemals wichtig war. Die Lehrerin hatte aus Rache den Sprengsatz entsprechend verlegt und den Jungen so bewusst werden lassen, was der Tod eines Menschen bedeutet... denn bekanntlich wird ja jeder von irgendwem, naja, mehr oder weniger, geliebt.

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                                    • Hier einen Film zu wählen, den die meisten ernstzunehmenden Kritiker bekanntermaßen als Peinlichkeit abgetan haben, finde ich sympathisch und wirklich mutig. Einen Moment lang wollte ich schon "Gefällt mir" drücken. Aber dann kamen mir ein paar Impressionen des Films wieder in den Kopf und... ich finde den Film einfach so unfassbar erbärmlich, dass ich den Text nicht genug davon trennen kann. Sorry!

                                      • Übrigens verbirgt sich hier auch einer der Gründe für die mäßige Qualität eines Großteils der deutschen Spielfilme. Es gibt nämlich fast gar keine Sendeplätze für deutsche Produktionen mit Anspruch. Absurderweise schielen ja selbst die Öffentlich-Rechtlichen (trotz ihres feinen Bildungsauftrags) fast ausschließlich auf die Einschaltquote.
                                        Und die Zeiten, in denen man mit Anspruch auch ein großes Publikum gewinnen konnte, sind bekanntlich vorbei.

                                        • 8 .5

                                          Eine der beeindruckendsten Regiearbeiten der Nuller Jahre.
                                          Dabei strotzt die Geschichte vor klischeehaften Motiven (knallharter Schuldeneintreiber entdeckt beim Klavierspiel seine sensible Seite etc.), sprich: Ein durchschnittlicher Regisseur hätte daraus wohl ein unglaubwürdiges Konzeptfilmchen oder klebrig-schwülstigen Kitsch geformt.
                                          Dass DER WILDE SCHLAG aber ausnehmend packend geworden ist – so lebendig und energiegeladen, dass einem manchmal tatsächlich der Atem wegbleibt – das ist vor allem das Verdienst des Regisseurs Jacques Audiard und seinem Händchen für Wucht, ja, seinem Saft in den Eiern (man verzeihe mir den vulgären Ton, aber besser kann ich es nicht ausdrücken).
                                          Natürlich leisten die Schauspieler, der Kameramann und die Cutterin ebenfalls superbe Arbeit – aber auch das muss man sie erst einmal lassen.

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                                              über Blow Up

                                              Private Filmgeschichtchen, Folge 6:
                                              BLOW UP gehört zu den lebendigsten Filmerinnerungen aus meiner Kindheit. Ich war 10 oder 11 und habe ihn heimlich in meinem Zimmer geschaut, weil er ziemlich spät abends lief. Man muss sich das so vorstellen, dass ich wegen unserer hellhörigen Wohnung und mangels Kopfhörern den ganzen Film lang in einem Abstand von etwa 30cm vor dem Fernseher kniete. Aber es hat sich gelohnt.
                                              Denn die Kombination aus verbotenem Fernsehen, vergnügungssüchtigen Fotomodels und genialischem Zoom-Suspense vermischte sich in meinem vorpubertären Zustand zu einem unvergesslichen Faszinationscocktail. Natürlich hatte ich damals nicht den blassesten Schimmer von den vielfältigen Reflexionsebenen dieses Werks oder seiner gleichnishaften Sinn- und Wahrheitssuche. Aber die Kunst des Mediums Film, mich zu packen, zu inspirieren und mit einer ungeheuren Energie aufzuladen, ist mir spätestens damals bewusst geworden.
                                              Das Plakat hängt heute in meiner Wohnung.

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                                              • Harmony Korine "ein Mindestmaß an Anerkennung" auch von mir? Leider nein.
                                                Habe den Mann mal in einer "Durch die Nacht mit..." Folge gesehen (wenn ichs recht erinnere, war der andere Gaspar Noé). Da machte Harmony auf mich den Eindruck eines unendlich auf die Codes von Coolness und Hipness bedachten Schatten seiner selbst. Kein Statement ohne Pose, keine Emotion ohne Maske.
                                                Kann mir nicht vorstellen, dass so ein Blender Geschichten erzählen kann, die mich interessieren.

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