SoulReaver - Kommentare
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Alle Kommentare von SoulReaver
[...] Die Schlinge um den Hals des Havard-Absolventen zieht sich also kontinuierlich enger, weil dieser nicht in der Lage ist, die Situation so hinzunehmen, wie sie ist. Die anrüchigen und unethischen Methoden, die die Kanzlei verwendet, um ihre Mitarbeiter und deren Familien zu beschatten, zu manipulieren und zu unterdrücken, ziehen indes immer größere Kreise des moralischen Verfalls – so groß, dass auch das FBI (hier in Form von Ed Harris mit Glatze verkörpert) bisher nur mit gebundenen Händen ermitteln konnte. Regie-Routinier Sydney Pollack (Jenseits von Afrika) erzählt diese Geschichte um schmutzige Verstrickungen, die wiederholt in die tödlichen Ausformungen einer organisierten Verschwörung ausschlagen, als klassischen Kampf von David gegen Goliath und entfaltet Die Firma als altmodisches, stilsicheres und konsequent auf seine Charaktere konzentriertes Thriller-Kino.
Mag sich die Litertaturadaption gegen Ende auch deutlich zu sauber formulieren und die ambivalente Grundhaltung des Romans damit unterlaufen, indem sie die Ecken und Kanten der Erzählung auf ein Minimum herunterschleift, so besticht Die Firma auch heute noch durch sein Gespür für eine kontrolliert geführte Spannungsdramaturgie, die Hauptdarsteller Tom Cruise in den kräftezehrenden Drahtseilakt einspannt, gegen eine im Schatten agierende Übermacht vorzugehen. Cruise ist es auch, der dem Film durch sein zuweilen außerordentlich physisches Schauspiel über zweieinhalb Stunden Kraft und Dynamik einverleibt, wenn ihm das Perlweißgrinsen regelrecht aus dem Gesicht gebrochen wird und nur noch ein dauerschwitzendes, mit rot geränderten Augen durch die Straßen hetzendes Nervenbündel in seinem sonst so souveränen Auftreten zu erkennen ist. [...]
[...] Mit Gundermann veranschaulichen Dresen und seine Drehbuchautorin Laila Steiler vor allem, dass diese Art von Geschichtskino es nicht nötig hat, vorgeschriebenen Kategorisierungen unterzogen zu werden, ohne es sich im nächsten Schritt damit nehmen zu lassen, eine Untersuchung moralischer Verhältnisse darzustellen. Wir folgen Gerhard Gundermann zwischen den 1970er und 1990er Jahren, die Zeitebenen werden dabei nicht chronologisch sortiert, sondern fügen sich in Form einer Parallelmontage zusammen, die den Malocher und den Künstler, den Familienvater und den Träumer in seiner von Ambivalenzen gesäumten Lebensphilosophie gegenüberstellen. Mit diesem dramaturgischen wie erzählerischen Vorgehen arbeitet Dresen gezielt die ethische Zwickmühle heraus, in der sich der Mann, der 1998 unvermittelt im Alter von 43 Jahren an einem Hirnschlag verstarb, wiederfindet. Morgens wartet die apokalyptische Kraterlandschaft der Kohlegewinnung, abends die Bühne.
Das Doppelleben Gundermanns, dem noch eine weitere Ebene durch sein Dasein als Stasi-Spitzel anhaftete, beschreibt Andreas Dresen ohne jeden Anspruch auf große Gesten und grell-übersättigtes Emotionsgeheische. Stattdessen brilliert der Film als präzises, ungemein menschennahes Charakter-Portait um einen sich selbst verratenden Querdenker, der von den Mühlen des real existierenden Sozialismus verschlungen worden ist – und dadurch ein Leben akzeptieren musste, welches ihm als Opfer mit der Täterakte einen Platz zwischen den Stühlen zuweisen sollte. Es ist indes auch der Verdienst des formidabel aufspielenden Alexander Scheer (Gladbeck), der dem Film in der Hauptrolle Kontur, Tiefe und ein ausgefeiltes Differenzierungsvermögen zuspricht; ihn echt, greifbar und schwierig macht. Schwierig deshalb, weil es hier um Menschen aus Fleisch und Blut geht, nicht um das Abgrasen vorgefertigter Allgemeinplätze. Ein echter Gewinn. [...]
[...] Polar wirkt wie eine ätzende Replik auf die exponierte Coolness der 1990er Jahre, die Filme wie Der blutige Pfad Gottes und Dobermann in ihrer Entstehungszeit zu echten Kassen- und Videothekenschlagern erklären konnte, inzwischen aber nahezu unanschaubar geworden sind. Jonas Åkerlund scheint keinerlei Interesse daran aufzubringen, jene voyeuristischen, krampfig auf zynische Unbekümmertheit forcierten Blutorgien zu hinterfragen, sondern reproduziert ihre Trademarks ohne jeden Funken an Kunstfertigkeit. Besonders obskur scheint zusäzlich die vorgegebene Erwartungshaltung, Polar würde eine ähnliche Richtung einschlagen wie das erfolgreiche John Wick-Doppel, in dem sich Keanu Reeves stil- und treffsicher für eine Schneise der Zerstörung verantwortlich zeigen durfte. In Polar allerdings muss man sich erst einmal eine Stunde mit grässlichen Figuren herumquälen, bis die eigentliche Handlung endlich beginnt und Mads Mikkelsen die Chance gibt, seine tödlichen Fähigkeiten zu beweisen.
Fraglos, wer eine grelle, überbelichtete und ultrabrutale Killer-Posse bekommen möchte, der wird mit Polar halbwegs zufrieden gestellt. Wer jedoch der Meinung ist, dass das vulgäre Abfeiern und Ausstellen unreflektierte Gewalteskapaden im Jahre 2019 nicht mehr funktioniert, dem malträtiert das neue Werk von Jonas Åkerlund ordentlich das Nervenkostüm. Polar nämlich schert sich nicht um Charaktere, ihm geht es nur um leere Hüllen, überspannte Comic Reliefs und lächerliche Knallchargen, die sich in der schmucklos-klinischen MTV-Ästhetik zuvorderst damit beschäftigten, Kopfschüsse zu verteilen, Schädel zu spalten, Knochen zu brechen, Kehlköpfe herauszureißen und Schwachsinn zu labern. Natürlich möglichst poppig, damit sich das primitive Wesen dieses Filmes vor allem über sich selbst amüsieren kann, ohne sich aber der antiquiert-anstregenden Hirnrissigkeit bewusst zu werden, die in den Bildern und deren Aussage wuchert. [...]
[...] Basierend auf einem Roman von Gregory Mcdonald offenbart Regisseur Michael Ritchie (Freibeuter der Todes) eine helle Freude daran, sich dem klassischen Topoi des Film noir anzunehmen, dessen Protagonisten, den klassischen Anti-Helden, radikal gegen den Strich zu bürsten. Das bedeutet nicht, dass Fletch nicht cool wäre, ihm fehlt nur die Verwegenheit, das Geheimnisumwitterte, der Zigarettenqualm, der das schemenhafte Wesen des Menschen ummantelt. Fletch hingegen ist ein Selbstdarsteller, ein Süßholzraspler, aber eben auch ein Experte in seinem Metier, der es versteht, zu wühlen, zu bohren, bloßzustellen und zuzubeißen. In dem ständigen Drang, immer einen dummen Spruch über die Lippen rutschen zu lassen, wirkt der titelgebende Troublemaker manchmal wie ein Vorbote von Deadpool: Egal, wie brenzlig die Situation scheint, eine souverän vorgetragene Sarkasmusspitze darf nicht fehlen.
Die ausgeprägte Attitüde seitens Fletch, alles ins Lächerliche zu ziehen, nimmt dem kriminalistischen Narrativ natürlich zuweilen seine Dringlichkeit, die schmissige Ägide von Michael Ritchie jedoch arbeitet dem spielfreudigen Schaulaufen eines Chevy Chase gekonnt entgegen und formuliert sich stilsicher, temporeich, augenzwinkernd und in den richtigen Momenten schadenfroh, wenn der quasselnde Reporter aufgrund seiner großen Klappe auch mal eine blutige Nase spendiert bekommt. Als ironische, voll und ganz im Urschleim der 1980er Jahre gebadete Hommage an Hollywoods schwarze Serie aber macht diese detektivische Untersuchung einer immer tiefer greifenden Verwicklung wirklich Spaß, obgleich die Handlung ob des dynamischen Auftritts seines Hauptdarstellers oftmals fast in den Hintergrund rückt. In einer Welt aus Falschspieler aber heiligt der Zweck oftmals nur dann die Mittel, wenn man auf der falschen Seite des Revolvers steht. [...]
[...] An jedem verdammten Sonntag ist eine Art Panoramaaufnahme, die sich nicht auf den Sport Football an und für sich fokussiert, sondern die Zusammenhänge, die Hintergründe, das innere und äußere Regelwerk beleuchtet und tief in die Eingeweide der größten Sportart weltweit eindringt. Hier findet Oliver Stone nicht nur toxische Machtstrukturen vor, sondern auch einen Generationenkonflikt, dem der Wertewandel quasi eingeschrieben ist. Inmitten von Eigeninteresse und Gemeinschaftssinn muss D'Amato ein Team motivieren, welches in erster Linie nur noch gegen sich selbst spielt. Von Egoismen angetrieben, der Gier nach Ruhm und einigen Millionen auf dem Konto, peitscht Stone seine rauschartige Inszenierung durch einen gnadenlos erfolgs- und profitorientierten Kosmos, der nur zwischen Sieg oder Niederlage, gefressen oder gefressen werden, Licht oder Schatten, Leben oder Tod unterscheidet. Dementsprechend martialisch sind die Gesten und die Reden. Willkommen im Krieg.
Prägnante Farbfilter, Zeitlupen und eine harte, schnelle und zuweilen ins Assoziative ausschlagende Montagetechnik, die sich auch nicht dagegen sträubt, Szenen des Wagenrennens aus Ben Hur geradewegs in ein lautstarkes Streitgespräch zwischen Al Pacino und Jamie Foxx zu schneiden, geben An jedem verdammten Sonntag eine furiose, von kraftstrotzenden Rhythmen angeheizte MTV-Ästhetik und machen die durchstilisierte Oberfläche damit gleichwohl zum kritischen Gegenstand der Narration. Oliver Stone nämlich verhandelt hier auch den Verfall einer Gesellschaft, die Moral in Luxus aufwiegt und das Leben allein nach flüchtigen Triumpherlebnisse ausrichtet. Die Trophäen aber landen irgendwann im Schrank, die Gesichter auf den Bildern werden zu Geistern. Der unentwegte Druck, ökonomisch, körperlich und psychisch, wird hier zum Treibstoff für ein Business, in dem es nicht um menschliche Schicksale, sondern den verwertbaren Ertrag in absoluten Zahlen geht.
An jedem verdammten Sonntag ist daher gleichermaßen Abrechnung als auch Hoffnungsbringer. In bisweilen vulgärer, aggressiver und letztlich eben doch ungemein präziser Taktung nimmt er sich das menschenverachtende System hinter der Football-Maschinerie zur Brust und veranschaulicht in gut 160 hochgradig packenden Minuten, dass man es sich durchaus erlauben darf, gegen den Strom zu schwimmen, solange man diesen Weg mit dem richtigen Biss wählt; solange man jeden nötigen Zentimeter erkämpft. Oliver Stone bindet seine Protagonisten in einen Reife- und Lernprozess und unterstreicht die Opferbereitschaft für den Vorteil des Kollektivs als das höchste Gut. Das ist in der Football-Mannschaft der Fall, das ist im gesellschaftlichen Zusammensein der Fall. Und wenn Stone so kämpferisch-gewissenhaft auf Konfrontationskurs mit den Sinnen und Nerven seines Publikums geht, dann ist man gezwungen, ihm zuzuhören. [...]
[...] In Wahrheit geht es in Million Dollar Baby aber um die 31-jährige Maggie (Hilary Swank, Boys Don't Cry). In einem Trailerpark aufgewachsen und seit ihrem 13. Geburtstag als Kellnerin tätig, wünscht sich nichts inbrünstiger, als eine Karriere als Boxerin. Sie besteht darauf, dass Frankie sie in Form bringt, der allerdings weigert sich, eine Frau zu trainieren. Also weiter sinnlos bis tief in die Nacht auf den Sandsack einprügeln, um dann im Restaurant heimlich das Fleisch vom Teller der Gäste einzupacken. Natürlich aber lässt Frankie sich hinreißen und nimmt sich der jungen Frau, die eigentlich zu alt ist, um noch eine Rolle im Boxsport zu spielen, an. Weil sie ambitioniert ist, Disziplin zeigt, lernfähig ist – und ihn an seine Tochter erinnert, mit der Frankie seit Jahren nicht mehr gesprochen hat.
Was klischeehaft, abgedroschen und plattgewalzt anmutet, ist in Wahrheit nur die anfängliche (Genre-)Startrampe, der zusehends die dramaturgischen Stützpfeiler entrissen werden. Million Dollar Baby bemüht sie nicht noch einmal, die obligatorische Geschichte vom Underdog, der sich bis ganz nach oben durchbeißt. Blut, Schweiß und Tränen stehen hier nicht im Kontext eines sportlichen Siegeszuges. Von Beginn an schon zeichnet sich die Bildsprache von Million Dollar Baby durch eine schleierhafte Düsternis aus; ein vordeutendes Farbspektrum, das einzig Oliv, Braun und Schwarz abdeckt – und seine Charaktere manchmal verschlingt, wenn sie sich zu sehr aus dem gedämpften Licht herausbewegen. Dem Aufstieg, den Maggie dank Frankie erlebt, ist (vordergründig) nicht zu trauen. Darum geht es Eastwood auch nicht. Hinter dieser klassischen Außenseiterballade steckt mehr, steckt Tieferes, Wesentlicheres, Urwüchsigeres. Darum geht es.
So wie das Boxen hier über das Einholen von Anerkennung definiert wird, sind Maggie und Frankie zwei gesellschaftliche Randläufer, die sich nach einem Sinn sehnen, der ihre Existenz ausfüllen könnte. Das ergreifende Zusammenspiel zwischen Hilary Swank und Clint Eastwood - der gefühlsgeladene, aber niemals sentimentale Aktivposten der Narration - entzündet eine aufopferungsvolle, leidensfähige und -erprobte Zuneigung, die von reiner, purer, kompromissloser Liebe berichtet. Million Dollar Baby ist dabei so politisch wie menschlich; so kampflustig wie subtil und bindet zwischen den beiden Hauptakteuren einen unerschütterlichen Gefühlsknoten, der die Breitschaft, zusammen zu kämpfen, sich zusammen zu quälen und zusammen eine lebenswerte Aufgabe zu finden, bis zur letzten Einstellung authentisch greifbar macht. Wenn Million Dollar Baby etwas ist, dann aufrichtiges Erwachsenenkino, fokussiert, leicht lakonisch, aufwühlend. Ein cineastischer Wirkungstreffer. [...]
[...] Denn anstatt, wie jeder andere Menschen, mit glasigen Augen vom großen, unerschöpflichen Reichtum zu träumen, bricht Quatermain zur geheimnisvollen Stadt auf, um seinen verschollenen Bruder Robeson (Martin Rabbett) aufzuspüren. Wie schon die Suche nach Solomons Diamanten ist auch das Sequel ein reinrassiger Indiana Jones-Abklatsch, der es sich nicht einmal nehmen lässt, den heroischen Score von Jerry Goldsmith deckungsgleich mit John Williams ikonischer Komposition anmuten zu lassen. Und wie es sich für eine klassische Weiterführung gehört, befolgt auch Quatermain II – Auf der Suche nach der geheimnisvollen Stadt eine althergebrachte Maxime: Höher, Schneller, Weiter... und irgendwie auch Dümmer. Obwohl der unmittelbare Rassismus ein Stück weit unter dem pausenlosen Urwald-Remmidemmi verschüttet wird, ist auch die Regiearbeit von Gary Nelson (Nachtfalken) irgendwo zwischen Kopfschütteln und zwanglosem Feixen anzusiedeln.
An der Seite von Quatermain und Jesse (Sharon Stone, Basic Instinct) ist die Rückkehr in den Dschungel in erster Linie eine ungestüme Berg- und Talfahrt, die unser Heldenpärchen und ihre Gefährten mit riesigen Schlangen, heimtükischen Fallen und barbarischen Ureinwohnern konfrontiert, die auch hier gerne mit Kriegsbemalung und zum Himmel gestreckten Speer um die Feuerstelle hüpfen. Die Vorstellung eines unerforschten Afrikas versteht sich in Quatermain II – Auf der Suche nach der geheimnisvollen Stadt in erster Linie als ein Impuls der Eroberung, der den weißen Mann in all seiner Souveränität zu Höchstleistungen antreibt. Die goldene Stadt, die ein Hort des Friedens sein soll, kann natürlich erst zu wahrer Eintracht finden, wenn Quatermain dem durchtrieben Hohepriester Agon (Henry Silva, Dick Tracy) das Handwerk gelegt hat. Grell, laut, idiotisch. Alles beim Alten. [...]
[...] Das Herrliche an Soul Kitchen sind zweifelsohne seine Charaktere, die so ungeschliffen und geradeaus ins Leben stolpern, dass man sie nicht nur wegen ihrer Stärken zu schätzen lernt, sondern gerade durch ihre Schwächen. Zinos möchte seiner besseren Hälfte in den fernen Osten folgen, dafür braucht er aber einen neuen Geschäftsführer für seinen Laden. Das bringt natürlich nicht nur einige seiner Vertraute in die engere Wahl, sondern ruft auch den prolligen Kapitalisten Neumann (Wotan Wilke Möhring, Goldene Zeiten) auf den Plan, der das Soul Kitchen abreißen und das Grundstück vermarkten möchte. Konflikte, die sich zusehends zu Engpässen verschlingen, noch und nöcher. Die unabdingbare Lebensfreude geht dem Narrativ deshalb aber noch lange nicht flöten. Stattdessen ist Soul Kitchen, wie Akin selber sagt, ein moderner Heimatfilm mit all seinen Tugenden und Werten.
Obgleich Soul Kitchen sich in seinen diversen Handlungsplateaus auch zuweilen etwas verhebt, was folgerichtig dazu führt, dass die einzelnen Erzählstränge letztlich nicht homogen zusammengefügt werden, bleibt diese Tuchfühlung mit der Hamburger Seele eine urkomische und durchaus rührende Liebeserklärung an Akins Heimatstadt sowie deren bunt gecheckte Bewohnerschaft. Kernig, kantig, waschechte Originale halt, die sich verzocken, aber letztlich standhaft genug sind, um sich inmitten des omnipräsenten Kiez-Muffs die Hand zu reichen, sich zu verzeihen und einzusehen, dass man seinen Milieu-Dunstkreis gar nicht verlassen muss, um sein Glück zu finden. Man muss nur etwas graben. Auch darum geht es hier: Um das Ankommen und die Kriege, die man dafür führt. Am Ende aber schneit es sanft auf Wilhemsburg hinab, fast weihnachtlich werden unsere Protagonisten zur Besinnung gebracht. In Hamburg sind Märchen eben noch möglich, andernorts wartet nur Heimweh. [...]
[...] Fast schon absurd erscheint die Vehemenz, mit der Das Geheimnis meines Erfolges seine unausstehliche Yuppie-Mentalität durchpeitschen möchte. Das beginnt bereits damit, dass Brantley seine provinzielle Heimat verlässt und jeden Blick zurück als eine Niederlage versteht: Sich im ständigen Bewusstsein über die eigene Wurzeln zu sein, für Herbet Ross und seine Drehbuchautoren ist das ein Zeichen von Schwäche. Brantley aber ist kein Schwächling, auch wenn er erst einmal im Keller des multinationalen Firmenkonglomerat angestellt wird. Sein Plan, um möglichst schnell die Spitze zu erklimmen, ist zwar nicht wasserdicht, aber augenfällig: In einer Gesellschaft von 30.000 Mitarbeiten wird es doch wohl nicht auffallen, wenn ein Anzugträger mehr oder weniger durch die unzähligen Büros des bis in den Himmel ragenden Gebäudes tingelt. Also fährt Brantley einfach zweigleisig, zeitweise im Untergeschoss, zeitweise in der Führungsetage.
Könnte sich Das Geheimnis meines Erfolges nicht auf den jugendlichen Charme seines Hauptdarstellers verlassen, der es sogar in diesem Fall irgendwie schafft, den unausstehlichen Karriereismus seiner Figur durch sein sympathisches Wesen abzufedern, würde die Aufsteigerkomödie von Herbert Ross frontal der verqueren Vorstellungen erliegen, ein erfülltes Leben lässt sich nur durch Luxus und Komfort rechtfertigen. Dem Zurück in die Zukunft-Star Michael J. Fox aber gelingt ein Stück weit, die ideologische Schärfe aus dem Szenario zu nehmen und Das Geheimnis meines Erfolges zur bisweilen munteren, aber grundsätzlich dummen Verwechslungsklamotte zu machen. Immerhin. Das krampfhafte Plädieren auf Optimierung und Maximierung jedoch erklärt Das Geheimnis meines Erfolges letztlich zum unappetitlichen Hohelied auf den beruflichen Kampfgeist, in dem sich die Menschen mit Wonne von den Wolkenkratzern verschlucken lassen. [...]
[...] Dass Bad Spies als Komödie schlichtweg nicht funktioniert, liegt nicht nur an den beiden Hauptdarstellerinnen, bei denen vor allem Kate McKinnon mit offensiver Penetranz ihren enervierenden Brachialhumor in die Welt plärren darf, sondern vor allem daran, dass Susanna Fogel keinen stimmungsvollen Mittelweg findet, um den Comedy-Anteil mit dem zur geopolitischen Verschwörung aufgebauschten Agenten-Part zu verbinden. Mit überraschend expliziter Härte werden hier Körper durchsiebt, zerstochen und in die Luft gesprengt, um jedem Toten im Anschluss noch einen flotten Spruch mit auf die Reise ins Jenseits zu geben. Dadurch eignet sich Bad Spies einen in Blut gebadeten Zynismus an, der dem eigentlichen Anspruch der Narration, nämlich dem Aushebeln der Parameter einer fast ausschließlich männlich reglementierten Domäne wie dem Spionage-Thriller, ungemein abträglich erscheint.
Eine der wenigen gelungenen Szenen, in denen Bad Spies nicht nur mit dem Finger auf andere zeigt, sondern sich auch mal augenzwinkernd an die eigene Nase fasst, ist jene, in der die Auftragskillerin Nadedja (Ivanna Sakhno, Pacific Rim 2: Uprising) nach Wien geschickt wird, um Audrey und Morgan auszuschalten. Ihr Ziel sollen zwei verblödete Amerikannerinnen sein, und wie Nadedja das Zielfernrohr über das historische Zentrum gleiten lässt, erscheinen in ihrem Fadenkreuz ausschließlich dumme Amerikannerinnen, die die hiesigen Sehenswürdigkeiten heimgesucht haben. Kotzend, quasselnd, fotografierend. Ansonsten aber bleibt diese unentschlossen-fragwürdige Europatour, die mit erzwungenen Haken und Volten jongliert, die Konventionen des Genres aber vielmehr reproduziert, anstatt sie durch den touristisch-unbeholfenen Blick der beiden Frauen zu torpedieren, vor allem der krampfige und gescheiterte Versuch, eine Degenderisierung des Sujets zu vollziehen. Lieber noch einmal Spy – Susan Cooper Undercover schauen. [...]
Kein Film, sondern eine Erfahrung, ein Zustand, ein Gefühl, eine Offenbarung. Dem Original begegnet Luca Guadagnino respektvoll, tributzollend, aber glücklicherweise distanziert. Er sucht nach eigenen Wegen, eigenen Bildern, eigenen Emotionen. Und findet sie. Suspiria ist keine Neuverfilmung, kein Remake, sondern eine Eigeninterpretation von singulärer Schöpfungskraft, der nur das Motiv des Hexenzirkels geblieben ist, welcher nun nicht mehr im Hintergrund einer Tanzakademie in Freiburg, sondern im verregneten, verschneiten, geteilten, von politischen Unruhen heimgesuchten Berlin agiert. Suspiria ist gleichermaßen intellektuelles wie viszerales Kino; ein Kollisionskurs der Sinne, eine Ode an die Bewegung, den Rausch des Ausdrucks und seinen mannigfaltigen Formen. Für Guadagnino ist der Horrorfilm eine Studie verborgener, verwachsener, aber niemals vergessener Ängste. Er ertastet in 150 Minuten alte Narbe ab, verpasst sich neue und gräbt Schächte durch die Eingeweide seiner Protagonisten wie seiner Zuschauer, um diese mit traumwandlerischer Schönheit und infernalischem Schmerz zu durchfluten, bis die Körper unaufhaltsam um die eigene Achse wirbeln; bis die Bewegungen unkontrolliert durch die Gliedmaßen bersten und die Hölle unter und in uns heraufbeschwören. Suspiria ist eine ungestüme Sensation aus Fleisch und Blut, aus Feuer und Galle, aus Beklemmung und Erlösung. Kino, so betörend und paralysierend wie beim ersten Mal. So (im besten Sinne) altmodisch, assoziativ und progressiv, als bestünden niemals Zweifel am auf jeder Ebene formvollendeten Gelingen dieses Filmes.
[...] Wobei, nein, eigentlich steht der Film, dessen Oscar-prämiertes Drehbuch vom brillanten Aaron Sorkin (Steve Jobs) verfasst wurde und bisweilen auf den Roman The Accidental Billionaires des Journalisten Ben Mezrich zurückgeht, von Anfang an voll im virtuosen Saft und beweist seine stilistische wie rhetorische Finesse in jeder einzelnen Minute der gut 120-minütigen Laufzeit. Im Prinzip – und dort erblühen die Möglichkeiten, die eine Fiktion mit realen Namen mit sich bringt – ist The Social Network auch nur bis zu einem gewissen Grade eine informative Geschichte über die Entstehung von Facebook. Vielmehr inszeniert David Fincher hier eine Studie über die Menschen, die an dieser Entstehung beteiligt waren und dadurch nach und nach jeden Bezug zum Mitmenschlichen, zum Fleisch, zum Blut und zum Leben abseits der digitalen Vernetzungsmöglichkeiten aus der Hand gegeben haben.
Es gibt in The Social Network nur einen Charakter, dem man als Zuschauer seine Sympathien guten Gewissens zusprechen darf: Eduardo Saverin (Andrew Garfield, Under the Silver Lake). Von Mark Zuckerberg zum ersten CFO ernannt und maßgeblich für die Finanzierung der Plattform verantwortlich gewesen, wird dieser alsbald von Zuckerberg für den Erfolg der Seite zur Schlachtbank geführt. Seine Besitzanteile sinken schlussendlich auf einen Prozentsatz von 0% herab. Der Gerichtsprozess, den Saverin gegen Zuckerberg führt, ist daher – neben dem Verfahren der Winklevoss' Zwillinge – der Rahmen der Handlung, während die menschlichen Schicksale als durchgehend packende und von famosen Schauspierleistungen katalyisierte Binnenerzählung fungieren. Tatsächlich darf man sogar so weit gehen, dass Fincher mit The Social Network den Fight Club der neuen Generation entworfen hat: Von der sich selbst zerfleischenden Konsumgesellschaft geht es hier über zur sozial verwahrlosten Nerdkultur.
Besonders eindrucksvoll gestaltet sich dabei das von Jesse Eisenberg angelegte Porträt des Facebook-Gründers: Hochintelligent, engagiert, visionär und gleichermaßen hinterrücks, egomanisch, rachsüchtig und soziopathisch setzt der zuweilen fast autistisch anmutende Zuckerberg hier alles daran, eine Selbstdarstellunganwendung zu etablieren, die sich aus Chatten, Verlinken, Kategorisieren und Stalken zusammensetzt. Seinen einzigen Freund, Eduardo Saverin, lässt er dafür über die Klinge springen. Vor allem, nachdem ihm Napstar-Mitbegründer Sean Parker (Justin Timberlake, Inside Llewyn Davis) aufzeigt, wie man Marketing und Finanzierung in der absoluten Oberliga betreibt. Ein Paralleluniversum wird geboren, welches unser Dasein aus der analogen Welt geradewegs ins Netz verlagert. Aus Vertrauten werden Feinde, aus dem Moralkodex wird eine Nutzerstatistik, aus Bekannten werden Profile. Die Verletzungen der Vergangenheit allerdings lassen sich allerdings auch durch ein sagenhaftes Vermögen nicht heilen. [...]
[...] Mit The Last Movie Star lässt Burt Reynolds nun nicht nur die Höhen seines Schaffens Revue passieren, sondern vor allem seine Tiefen und dessen Konsequenzen. Aus dem muskulös-drahtigen, charismatischen Mann ist ein gebrechlicher Greis geworden, dem sich die Zeichen der Zeit in den gesamten Körper gestanzt haben. Mit der Einladung zu einem Filmfestival, auf dem Vic den Preis für sein Lebenswerk entgegen nehmen soll, scheint sich der ehemaligen Größe noch einmal die Chance zu bieten, sich ein bisschen Restwürde zu bewahren und das eigene Ego streicheln zu lassen. Anstatt bis zum Rand gefüllte Kinosäle, rote Teppiche und üppige Limousinen aber erwartet Vic eine Bar voller Nerds, die seine Filme auf einer Miniaturleinwand im Nebenzimmer projizieren. Nicht nur Vic scheint vom Leben eingeholt, auch seine Kunst ist diesem Schicksal anheim gefallen.
Natürlich bringt es etwas Berührendes mit sich, Burt Reynolds noch einmal in einer Hauptrolle glänzen zu sehen – und dann noch in einer so introspektiven. Nicht zuletzt aus dem Grund, weil Reynolds inzwichen tatsächlich verstorben ist, noch bevor er sich in Quentin Tarantinos Once Upon a Time in Hollywood ein weiteres Denkmal setzen lassen konnte. Dieses filmische Abschiednehmen gibt sich erwartungsgemäßg ganz der Sentimentalität seines Protagonisten hin und sträubt sich auch nicht davor, die bitteren Entscheidung von Vic respektive Burt anzusprechen, letztlich aber ist The Last Movie Star vor allem im letzten Drittel eine zu penetrant gestaltete Hommage an eine ehemalige Koryphäe der Leinwand, die hier um in ihrem aufrichtigen Spiel zwar gekonnt um Vergebung bitten darf, die Inszenierung von Adam Rifkin hämmert allerdings doch zu grobschlächtig auf der Emotionsklaviatur herum. [...]
[...] Die erste Staffel von Kidding ist nicht nur die gallige Einsicht hinter die engmaschigen Strukturen einer sich auf tradierte Muster berufenen Mediengesellschaft, sondern vor allem der gleichermaßen lähmende wie zynisch-amüsante Blick in das Seelenleben eines Mannes, dem sein Lachen genommen wurde, aber weitergehend dazu gezwungen wird, die freundliche Marionette von nebenan darzustellen. Die Wege der Trauer, die der kaputte Vater einer gescheiterten Familie sucht, belaufen sich auf den stetig wachsenden Kontakt zum Tod. Wie sonst soll er seine Verzweiflung bewältigen, wenn er dem Grauen nicht direkt von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht? Die Besetzung von Jim Carrey in der Hauptrolle besitzt dabei natürlich metatextuelle Methode: Der einstige Grimassenclown, der durch den Suizid seiner Freundin inzwischen selbst mit schwerwiegenden Depressionen Erfahrungen sammelt, erscheint in der Hauptrolle fast schon zu sinnfällig.
Carrey, der sich in der Vergangenheit schon mit Bravour in ernsten Charakter-Rollen bewiesen hat, ist das in bedrückender Hochform auftretende Herz und die durch die Realität zerrissene Seele der Serie und findet in seinem noch immer ungemein vielseitigen Gesicht nicht nur brodelnde Wut wie ennervierende Herzensgüte, sondern auch die zerbrechliche Leere eines Vaters, dessen Lebenssinn ihm ein Stück weit unter den Füßen weggerissen wurde. Kidding, produziert und in sechs Episoden von Michel Gondry (Vergiss mein nicht!) inszeniert, schafft es mit einem ungemeinen Feingespür, die existentielle Krise seiner Hauptfigur in gleichermaßen finsteren wie verspielten Farben zu erzählen; der traurige Clown ist hier nicht nur ein Phrase, sondern eine Bürde, in dessen verlaufender Schminke sich nicht nur die eigenen Verfehlungen abzeichnen, sondern die ganzer Generationen. [...]
[...] Mit Mel Brooks – Die verrückte Geschichte der Welt nämlich hat sich der aus Brooklyn stammende Regisseur, Schauspieler, Produzent und seit Frühling für Hitler Oscar-prämierte Drehbuchautor nicht mehr „nur“ daran gemacht, einen cineastischen Kassenschlager nach Strich und Faden durch den Kakao zu ziehen, nein, stattdessen müssen weite Teile der Weltgeschichte dran glauben: Ob die Steinzeit, das römische Imperium, die spanische Inquisition oder die französische Revolution. Mel Brooks macht sich einen gerne ins Vulgäre ausschlagenden Überschwang daraus, die verschiedenen Kapitel der Historie zu verballhornen und scheut weder davor zurück, die systematischen Foltermethoden der katholischen Kirche in ein knallbuntes Musical zu übersetzen, noch Julius Caesar als verfressenes Riesenbaby darzustellen. Dass Orson Welles (Citizen Kane) zudem als Erzähler fungiert, veredelt die temporeiche Dusselei dieser etwas andere Zeitreise zusätzlich.
Wie es bei obligatorischen Spoof-Movies immer wieder zu beobachten ist, zünden nicht alle Gags, was oftmals mit dem Umstand in Zusammenhang steht, dass Situationen schlichtweg überreizt und der Witz damit verschleppt wird. Mel Brooks – Die verrückte Geschichte der Welt hat ebenfalls mit diesem Problem zu ringen, keine der einzelnen Episoden ist ein Brüller in Gänze, sie besitzen aber immer noch genügend Kreativität, politische Inkorrektheit und die aufopferungsvolle bis überschäumende Inbrunst, das Monumentalkino und Historienspektakel aus Hollywood gnadenlos in die Pfanne zu hauen, um den Zuschauer mühelos bei Laune zu halten. Der Produktionsaufwand, den Mel Brooks für seine ganz persönliche Geschichte der Welt betrieben hat, ist zudem wahrhaft beachtlich und macht den grenzenlosen Unsinn in seinem verschwenderischen Dekor und seinen prächtigen Kulissen nur noch amüsanter. [...]
[...] rgendwann nämlich kommt ein Punkt im Verhältnis von Mimi und Oscar, welches darüber hinausgeht, in der körperlichen Verschmelzung innere Ausgeglichenheit zu finden. Das Verlangen, welches die beiden antreibt, basiert auf einer ganz und gar destruktiven Obsession: Sowohl Mimi als auch Oscar verzehren sich nach dem verhängnisvollen, dem zerfleischenden Faktor innerhalb ihrer gegenseitigen Anhänglichkeit – und sie lieben sich, daran besteht kein Zweifel. Roman Polanski berichtet in Bitter Moon von einer Liebe, die zu gierig, zu hungrig, zu maßlos war und das Süße schließlich ins endlos Saure umkippen ließ. In den Offenbarungen Oscars erkennt auch Nigel zusehends, dass seine Liebe zu Fiona der hemmungslose Impuls fehlt; mehr und mehr fühlt er sich zu der aufregenden Frau, deren Körper die ganze Schönheit der Welt versinnbildlicht, hingezogen, obgleich er sie vordergründig nur aus den haarkleinen Erzählungen kennt.
Bitter Moon ist ein Liebesfilm, allerdings einer der Sorte, der die verstörenden Wege untersucht, die zwei Menschen betreten können, um sich ihre Liebe zu gestehen. In einer abgründigen Abhängigkeitsspirale werden herkömmliche Beziehungsmuster von Roman Polanski nicht nur entlarvt, sondern auch in ihre Einzeilteile zerlegt: Mal mit Augenzwinkern, mal voller Verheißung, oftmals mit schmerzhafter Unnachgiebigkeit. Nigel und Fiona stehen hier exemplarisch für ein Paar, welches sich in zweisamer Zufriedenheit wägen möchte, nur aus dem Grund, weil ihre Gefühle oberflächlich intakt scheinen. Dass dem nicht so ist, wird von Minute zu Minute deutlicher; der Nullpunkt greifbarer, die Farce und die Tragödie, die sich hinter der reinlichen Fassade befinden, offensichtlicher. Kein zwischenmenschlicher Bund ist immer einträchtig, vor allem dann nicht, wenn man sich weigert, einen Blick in den Höllenschlund der eigenen Seele und dem des Partners zu wagen. [...]
[...] Dieser nach allen Regeln der Kunst berechnete Versuch, die Erfolgswelle von Indiana Jones zu reiten, indem man exotische Schauplätze, eine bedrohlich-schöne Urwaldkulisse und allerhand mythische Orte miteinander verbindet, gerät in den Händen von Thompson zum schludrigen Hauruck-Spektakel, dem es zuvorderst darum geht, es an allen Ecken und Enden ordentlich krachen zu lassen. Dass um Produktionsökonomie bestellte Cannon-Studio hat es sich in diesem Fall nicht nehmen lassen, mit durchaus aufwändigen Set Pieces aufzufahren, was Quatermain – Auf der Suche nach dem Schatz der Könige sowohl den Charme des Analogen versprühen lässt, die allgegenwärtige Kulissenhaften aber präsentiert sich wiederum nicht immer der Immersion dienlich. Kurzweil aber kann die turbulente Schatz- und Personensuche dennoch generien, mag sie dem großen Vorbild auch noch so krampfhaft nachstreben.
Unangenehm wird der maßlos naive wie vergnügungssüchtige Quatermain – Auf der Suche nach dem Schatz der Könige dann, wenn es um sein ethnozentrisches Menschenbild geht: Laut des Filmes nämlich sind die Afrikaner entweder primitive Menschenfresser, unterjochte Knechte oder abscheuliche Schamanen, die in Höhlen hausen, sich Knochen durch die Nase bohren und lauthals Ugga Ugga durch die Gegend brüllen. Wäre dieser unangenehme Rassismus, der auch die Deutschen befällt, nicht so eklatant, man könnte das hiesige Abenteuer als juvenilen Nonsense abtun, in dem Richard Chamberlain und Sharon Stone von einer halsbrecherischen Situation in die nächste stolpern. So aber haftet der schludrigen Dschungel-Parade mit dem Hang zum Karnevalesken ein bräsiger Beigeschmack an, der die amüsant-dödelige Eigendynamik der Erzählung zwar nicht gänzlich vernichtet, sie aber weitaus weniger unbekümmert gestaltet, als sie eigentlich sein könnte. [...]
[...] Irritierend gestaltet sich They Shall Not Grow Old deswegen, weil das wahrlich ausgefeilte technische Verfahren den Eindruck erzeugen könnte, Peter Jackson wäre dem Glauben anheim gefallen sein, den Krieg durch Farben, Stimmen und Geräusche erfahrbar machen zu können. Der sensorische Ansatz jedoch ist hier weniger darum bemüht, die monochrome Vergangenheit in die Gegenwart zu überführen, wo das Blut nicht schwarz, sondern in roten Schüben aus den Körpern der unzähligen Menschen strömt, sondern vielmehr darum, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie es gewesen sein könnte; was diese jungen Männer, die erst voller Euphorie in die Grabenschlacht gegen das Deutsche Reich zogen, um dann der Bestie Krieg in die Augen zu blicken, gesehen und gefühlt haben könnten. They Shall Not Grow Old ist spekulatives Kino – und in diesem Fall ist das positiv gemeint.
Strukturell bewegt sich They Shall Not Grow Old auf weitestgehend generischen Pfaden, er beginnt mit dem 4. August 1914, an dem Großbritanien dem Deutschen Reich den Krieg erklärte und lässt die über 120 Veteranen, die den Film aus dem Off begleiten, sodann zum Bildmaterial passende Anekdoten und Hintergründe kundtun. Interessant – und auch diesen Aspekt kann man Peter Jackson im Umkehrschluss natürlich vorwerfen – ist dabei, dass diese Zeitzeugen nicht ihre Erlebnis kommentieren. Dabei verzerrt They Shall Not Grow Old natürlich die Kohärenz des audio-visuellen Gehalts, allerdings zeigt er damit auch auf, dass die Rahmenbedingungen des Krieges für alle Soldaten gleich waren, sich der Erfahrungshorizont jedoch nicht pauschalisieren lässt. Peter Jackson verdeutlicht das, in dem er sich immer wieder in den Gesichtern der oftmals nicht älter als 17-18 Jährigen verliert.
Nach 25 Minuten, wenn die Ausbildungs- und Abrückphase überstanden ist, wechselt They Shall Not Grow Old vom 4:3-Format in das Breitbild – und durchbricht das Schwarz-Weiße mit dem Kolorierten. Die Wirkungsmacht, die dieser Effekt mit sich bringt, ist bisweilen schier atemberaubend und bedrückend. Die Distanz zum historischen Charakter jener fast antik erscheinenden Aufnahmen wird schlagartig überwunden, indem Peter Jackson seine Vision davon offenbart, wie es vielleicht war, den ersten 1. Weltkrieg mit allen Sinnen in sich aufzunehmen. Das Erschließen neuer Bild- und Klangwelten; die jungen, unverbrauchten Gesichter, die grinsend, rauchend, fasziniert direkt in die Kamera blicken, all das verdunkelt sich alsbald. Die revolutionäre Technik-Prozedur ist keinem Selbstzweck verfallen, sie stößt ihn nur noch stärker an die Oberfläche, den Schrecken des Krieges, die Hölle des Massensterbens, die Verzweiflung des Menschen. [...]
[...] Denn, egal, wohin sich Markus und seine Clique in den gut 100 Minuten Laufzeit bewegen werden, über ihnen schwebt immerzu das Damoklesschwert des Abschieds; die Gewissheit, dass man die Dinge, die man heute angeht, vermutlich so zum letzten Mal tun wird. Marco Petry, der Schule in erster Linie als Komödie erzählt und dafür eine klassische Typologie aufbereitet, die den Streber, den Draufgänger, den Kiffer und die ewigen Verlierer wie Gewinner umfasst, scheut sich nicht davor, immer wieder auch die Beklemmungen seiner Protagonistin aufzuweisen, wenn er ihre Verfehlungen und ihre Versagensängste anspricht. Nachdem Markus seiner Sandra nämlich die kalte Schulter gezeigt hat, lässt diese sich auf den berüchtigten Stone (Niels Bruno Schmidt, Dogs of Berlin) ein, der einst von der Schule geflogen ist, weil er einen Lehrer angegriffen hat.
Aber auch im Falle von Stone, der von vornherein als übler Unsympath inszeniert wird, nimmt sich Schule schlussendlich die Zeit, hinter die ätzende Schale zu blicken, um auch dort Verletzungen zu erkennen, denen ein Mensch irgendwann nun mal ein Ventil verleihen muss – manchmal eben auch mit der blanken Faust. Mit beinahe 20 Jahren auf dem Buckel kommt die Werk von Petry kaum umhin, sich jedem Anflug von Staubigkeit zu entziehen, dafür war die Produktion auch zum damaligen Zeitpunkt viel zu sehr im Hier und Jetzt verankert. Die Sensibilität, die den Charakteren Kontur gibt, anstatt sie zu verballhornen und Knallchargen aus ihnen zu machen, funktioniert aber auch heute noch fraglos. Sicherlich spielt Schule nicht in einer Liga mit Breakfast Club – Der Frühstückclub, das Herz aber trägt er am rechten Fleck, das macht ihn liebenswert und glaubwürdig. [...]
[...] Packend an Der Tod ritt dienstags ist vor allem die fehlgleitete Auffassung von Gerechtigkeit, Individual- und Rahmenmoral, die der Film gleichermaßen bedient und demontiert. Scott stellt sich an die Seite von Talby, er wird, nach einigem Hin und Her, sein Lehrling und geht in die Ausbildung zum flinken Todesschützen. Die Transformation von Scott, vom Tölpel zum Revolverhelden, wird im Film vorerst wie die Genugtuung für die jahrelange Schikane aufgenommen, die dem Jungen widerfahren ist – endlich nämlich ist er bereit, sich zur Wehr zu setzen. Talby, den Lee Van Cleef gewohnt charismatisch-stoisch verkörpert, aber ist nicht nur Ausbilder, sondern unverkennbar der von Diabolik angetriebe Motor, um Menschen zu tollwütigen Wölfen zu machen. Schon bald wird Scott, nachdem er Talbys Lektionen verinnerlicht hat, eine Autorität erlangen, die er ständig mit Gewalt untermauern muss.
Der Tod ritt dienstags, den Quentin Tarantino (Jackie Brown) in die Top 10 seiner liebsten Italo-Western aufnahm und dessen einprägsames Theme von Riz Ortolani wiederholten Einsatz im Kill Bill-Zweiteiler sowie Django Unchained fand, zerbricht die innere Zufriedenheit, die Scott durch seine neuen Talente verspürt, nach und nach, wenn Tonino Valerii akkurat und unmissverständlich aufzeigt, dass das Töten einen blutbesudelten Teufelskreis darstellt, aus dem irgendwann kein Entkommen mehr ist: Eine Lektion, die Talby Scott nicht beigebracht hat, weil er sich sicher sein konnte, dass er diese Erkenntnis alsbald am eigenen Leibe erfährt. Und so wird die Mentor-Schüler-Beziehung, die erst von Überlegenheit gesprochen hat, ein krankhaftes Personengeflecht, welches seine Brutalität in diesem handwerklich famosen und durchweg packenden Western schlussendlich gegen sich richtet. [...]
[...] Die gefühlvolle Präzision, mit der Van Groeningen den Strudel der Empfindungen und ihren Ausformungen beschreibt, die Angst, die Wut, die Hilflosigkeit, die Hingabe und die Liebe, kommt in Beautiful Boy genau dann in voller Kraft zur Geltung, wenn vollkommene Stille in diesen ohnehin ungemein entschleunigten, in sich gekehrten Film eintritt. Zu Anfang gibt es eine Sequenz, in der David auf die Rückkehr seines Sohnes wartet, nachdem dieser tagelang nicht mehr nach Hause gekommen ist. Der besorgte Vater setzt sich, nachdem er sich erkundigt hat, ob Nic womöglich bei einem Unfall ums Leben gekommen ist, an dessen Schreibtisch und sortiert die auf diesem verteilten Buntstifte zurück in den Halter. Es sind diese Details; diese kleinen, unscheinbaren Gesten, in denen der Film eine tiefe Zerrüttung erkennt.
Natürlich nur, weil sich Felix Van Groeningen nicht dagegen sträubt, hinzusehen. Er blickt mit aller Gewissenhaftigkeit auf eine unbeirrte väterliche Liebe, die ihren Sohn zur Selbsthilfe anzutreiben versucht, aber immer und immer wieder scheitern muss. Wie kann man einem Menschen helfen, der sich selber dazu entschieden hat, sein Leben zu zerstören? Wo liegen die Gründe begraben, die Nic in die Abhängigkeit getrieben haben, obwohl ihm doch alle Möglichkeit der Welt offen standen? Beautiful Boy ist ein Film, der ständig brodelt, ohne sich im Ton zu vergreifen; ohne sich reißerischen Entgleisungen hinzugeben, stattdessen dokumentiert er Schuldgefühle und hinterfragt sie. Nicht auf ihren rationalen Wert, sondern auf ihre menschliche Geltung. Mit einer auf Logik erpichten Annäherung an das Thema der Drogensucht und seinen Auswirkungen kommt man nämlich nicht weit.
Mag Nic auch immer mehr im widersinnigen Abgrund seiner Sucht verschwinden, David steht hinter ihm, akzeptiert jeden Aufwind und jeden Rückschlag, nimmt ihn in den Arm und gibt ihm den Rückhalt zu spüren, den er braucht, um nicht gänzlich aufzugeben. Die Herzensgüte, mit der David hier in Erscheinung tritt, verkommt jedoch niemals zum idealistischen elterlichen Ideal, weil Steve Carell diese schwierige Rolle nicht allein auf ihrer unumstößlichen Zuneigung anlegt, sondern ihn auch als immerzu Kämpfenden, Mitschuldigen und Mitleidenden definiert. Die stetige Überforderung im inneren Kampf aus Verzweiflung und Verständnis treibt Carell zu einer subtilen Meisterleistung an und gibt Beautiful Boy seine Mitte, seine Gravität, um den Gefühlsknoten im Zusammenspiel mit dem ebenfalls herausragend agierenden Timothée Chalamet über die gesamten zwei Stunden stramm zu ziehen. [...]
[...] Ja, das Gelingen von Otto – Der Film ist in weiten Teilen auch darauf zurückzuführen, dass es Waalkes wie Schwarzenberger durchaus daran gelegen ist, eine Geschichte zu erzählen, die sich nicht daraus zusammensetzt, die großen Klassiker im Albernheiten-Katalog seines Stars in den Mittelpunkt des Geschehens zu setzen, sondern diese vielmehr stimmig in dieses zu integrieren. Und das funktioniert, wenn auch sicherlich nicht so hintersinnig und zeitlos wie es Loriot in seinem Meisterwerk Pappa ante Portas vollbrachte. Otto – Der Film unterhält vielmehr durch seine zwanglose Nonchalance und der Leidenschaft des Hauptdarstellers, sich mit Haut und Haar von einem Schlamassel in das nächste Unglück zu stürzen – während er sich ob seines unbekümmerten Wesens natürlich nicht nur den Sympathien des Zuschauers sicher sein darf, sondern auch der Zuneigung seiner Angebeteten. [...]
[...] Und mit dem Auftritt von River Phoenix gewinnt der größtenteils als Kammerspiel funktionierende Dark Blood nicht nur an Dynamik, sondern auch an Tiefe, ist Boy doch der Anstoß, um dem vordergründigen Backwood-Thriller eine politische Ebene einzuverleiben, die sich nicht nur dem Genozid an der indigenen Bevölkerung Amerikas widmet, sondern auch den Atomversuchen, die die Wüste zu verstrahltem Boden erklärt hat. Die Verfehlungen und Sünden der Vereinigten Staaten - der Politik, des Militärs, der Wirtschaft -, scheinen sich auf den Schultern Boys abgeladen zu haben, dessen Frau, eine Navajo, an Krebs verstorben ist. Ein Krebs, den das zu große, zu laute, zu schnelle Land in seiner Gier nach Macht, Fortschritt und Entfremdung zu verschulden hat. Boy, durch dessen Adern dunkles Blut pumpt, ist eine Waise des amerikanischen Traums. Das macht gewaltbereit.
George Sluizer, der die Unvollkommenheit des Filmes nutzt, um die Vorstellungskraft der Zuschauer zu stimulieren und die Grenzen zwischen Täter- und Opferrolle noch weiter zu verwischen, besitzt ein ausgesprochen filigranes Auge dafür, den zivilisationskritischen Grundtenor von Dark Blood eine poetisch-spirituellen Patina anzuheften, die von atmosphärischer Dichte durchdringende Bildwelten eröffnet, das Erschließen dieser aber der Wahrnehmung des Zuschaurs überlässt. Wenn ein herber Mond sein Unheil bringendes Licht vom Himmel strahlt und Boy davon berichtet, einem Volk abzustammen, in dem die Menschen auch an einer Melancholie den Tod finden können, dann offenbart der in seinem Setting fast endzeitlich anmutende Dark Blood nicht zuletzt eine bedrückende Todessehnsucht, die gerade in Bezug auf das Schicksal von River Phoenix einer ungemein tragischen Vorausdeutung gleichkommt. [...]
[...] Unterstützung erhalt er dabei von der synthetischen Schönheit Ash (Suki Waterhouse, Assassination Nation), die sich der wahnsinnige Warlord (James Franco) eigentlich unter den Nagel reißen wollte, die sich – aus welchem Grund auch immer – aber von ihrem Steuermodul befreien konnte und nun gemeinsam mit Ash durch die staubigen Weiten des Ödlands trottet. Franco und Bruce Thierry Cheung, der zuvor beispielsweise Chefkameramann bei Stürmische Ernte gewesen ist, inszenieren diese postapokalyptische Odyssee als tumben Epigonen von Mad Max und Terminator und beweisen zwar in Ansätzen durchaus, dass sie Gefallen an 1970er Jahre Exploitation finden können, destillieren jedoch weder die bildsprachliche Strahlkraft, um ihr Werk über Wasser zu halten, noch drehen sie genügend am Rad, um Future World als entfesselte Trash-Pauke zu verkaufen. Ein endzeitlicher Reinfall auf zwei Rädern. [...]
[...] Alles wartet also darauf, bis sich diese vier Charaktere endlich begegnen, weil man sich im Klaren darüber ist, dass Jacques Audiard kein episches Duell vorschwebt, um dem Film ein gebührendes Finale zu bereiten. Vielmehr fördern die Bedenken gegenüber dem eigenen Handeln, dem schmutzigen Handwerk in einem schmutzigen Gewerbe in einem schmutzigen Land, zwischenmenschliche Einkehr an die Oberfläche. Und nachdem sich die Männer nach kurzem Disput zusammenraufen, entfächert der zuweilen wunderbar schwarzhumorige The Sisters Brothers eine intime, fast schon behutsame Auseinandersetzung mit den Narben, die Schuld und Sühne in den Menschen hinterlassen haben; mit den Qualen der ewigen Bewegung und der Schönheit des Ankommens. Audiard verschreibt sich hier stilistischen Verschiebungen und perspektiviert seinen Western immer schräg neben dem Status quo, weil er hier Männer findet, die Menschen sein dürfen, anstatt maskuline Plattitüden.
Mag sich Jacques Audiard dem Komödiantischen in The Sisters Brothers auch zugewandt wie nie präsentieren, seine ungemein emotionale Wucht verliert der Filmemacher dabei nicht aus den Augen, was sich gerade im letzten Drittel manifestiert, wenn die goldene Gier umgreift; wenn sich das Quartett mehr denn je nach Frieden sehnt und die tiefen Verletzungen der ambivalenten Protagonisten deutlich gemacht wird. Und genau deswegen ist dieser außergewöhnliche Eintrag in das Western-Genre so einnehmend: Nicht nur, weil er es sich erlaubt, die dramaturgischen Konzepte seines Sujets zu torpedieren und neu anzuordnen, sondern weil er ganz entschieden, ohne Verklärung, von Versöhnung sprechen kann, ohne seine Charaktere für einen harmonieheischenden Abschluss zu verraten. Zusammenhalt wird in The Sisters Brothers zum stillen Protest. Soll die Welt doch brennen, wir haben uns. [...]