SoulReaver - Kommentare

Alle Kommentare von SoulReaver

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    SoulReaver: FILMSTARTS.de 17.04.2015, 11:49 Geändert 17.04.2015, 14:16

    [...] Problematisch ist in diesem Fall nun nicht mehr nur Bolls klaffende Absenz jeder Kunstfertigkeit, sondern auch, dass der Mann offensichtlich absolut bildungsfern ist. Zu Anfang meldet sich Boll selbst zu Wort, erklärt seine Absichten und wird dann einige Schüler zum Interview bitten, die er über den Holocaust ausfragt. Dass es sich beinahe ausschließlich um Hauptschüler (oftmals noch mit Migrationshintergrund) handelt, die keinen geraden Satz formulieren können, entbehrt sich jedwedem Kontext, weil es Bolls Anliegen zur verlogenen Farce erklärt. [...] Wäre Uwe Boll aber in der Lage, nur einen Funken Reflexionfähigkeit zu besitzen, würde er wissen, dass man diese „Wahrheit“ in keinem Film der Welt abbilden kann, dass Verbrechen an der Menschheit über das zelebrierte Sterben im Close-Up hinausgeht und die Shoah sich nicht nur in Täter und Opfer zergliedern lässt, in Töten und Verenden. [...] Aufgrund seiner überheblichen Aussagen aber sollte man der Annahme erliegen, Boll hätte sich mit dem Holocaust tieferliegend auseinandergesetzt, immerhin attestiert er seinem Werk doch die absolute Wahrhaftigkeit, die sich über die Ikonographie des Schreckens der Konzentrationslager hinauswagt. Dem ist allerdings nicht so. Uwe Boll spielt genau die Szenen ab, die voyeuristische Befriedigung versprechen, lässt Kindern in Zeitlupe Kopfschüsse verpassen und folgt den vergasten Leibern sogar bis in die Flammen des Hochofen. [...] Um vermitteln zu können, muss man fähig sein, unter die Oberfläche zu blicken, anstatt permanent zu verspotten.

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      SoulReaver: FILMSTARTS.de 16.04.2015, 12:18 Geändert 16.04.2015, 23:21

      Unzumutbar. Aber eben auch verdammt ehrlich darin, keinen Hehl daraus zu machen, der verkorkste Bastard von tausend asozialen Neandertalern zu sein. Nach dem kunterbunten Neo-Western „The Last Stand“ demontiert Schwarzeneggger in „Sabotage“ sein schillerndes Image mit ekelhafter Vehemenz: Er ist nicht mehr das Epitom des rechtschaffenen, mythischen Alphatiers, sondern letztlich auch nur durchtriebenes Zahnrädchen in einer bis ins Mark verdorbenen Welt, in der zwischenmenschliches Interagieren geradezu utopisch erscheint und komplett gegen verrohten Egoismus und Sadismus ausgewechselt wurde. Was David Ayer seinem Publikum hier serviert, ist zum Teil ungeheuerlich: Unsauber erzählt, grottig geschrieben, menschenverachtend bis die Schwarte kracht, aber dermaßen unerschütterlich verdreckt und so was von ultrabrutal, dass einem dieser ungefilterte Nihilismus doch die Sprache verschlägt – Arnie ist mit geiler Frisur und jedem einzelnen Muskelstrang auf der dunklen Seite angekommen. Das ist ekelerregend, zynisch, aber doch...irgendwie faszinierend in seiner kategorischen Primitivität.

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        SoulReaver: FILMSTARTS.de 15.04.2015, 18:54 Geändert 15.04.2015, 18:56

        [...] In shakespearschem Ausmaß wird Urquhart mit seiner Besessenheit konfrontiert und muss erkennen, dass Macht doch nur eine Illusion ist, an deren spitzen Klippen man früher oder später zerschellt. Urquhart wird von seiner Vergangenheit heimgesucht, ehemalige Vertraute, wie der von ihm gefeuerte Außenminister Tom Makepeace (Paul Freeman) setzen alles daran, um Urquhart - dessen Völlerei hier nun den selbstzerstörerischen Siedepunkt erreicht - endlich stürzen zu sehen. Der in die serielle Narrative gewickelte Abgesang auf die so eisern geführte Margret Thatcher-Ära wird zur Götterdämmerung für Urquhart höchstpersönlich. Wo Triumphe geplant werden, hinterlässt ein verzweifelter Kampf tiefe Furchen im britischen Boden. Jede Herrschaft findet nun mal irgendwann ihr Ende. [...]

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          SoulReaver: FILMSTARTS.de 15.04.2015, 10:52 Geändert 15.04.2015, 11:01

          [...] Wenn sich der vor 24 Jahren verstorbene Don Siegel im Laufe seines Schaffens durch irgendetwas einen klangvollen Namen machen konnte, dann doch wohl durch sein wunderbares Storytelling: „Charley Varrick – Der große Coup“ ist fortwährend grundlagenbasierendes Genre-Kino; da gibt es keinen narrativen Ausrutscher, keinen überladenden Schnickschnack, sondern nur das Resultat einer vortrefflichen New-Hollywood-Reduktion, die sich auf das Nötigste zu beschränken weiß. [...]

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            [...] „Son of a Gun – Gold ist dicker als Blut“ hingegen scheint vollends Beschäftigung darin gefunden zu haben, ausgebrannte Klischees in Reih und Glied zu formieren und damit den mehr als ausgedienten Twists Auftrieb zu verleihen, anstatt sich um die zweifelsohne vorhandene, aber permanent auf Sparflamme köchelnde Dynamik zwischen dem unerfahrenen JR und dem unberechenbaren Brendan zu kümmern und diese konsequent zu grundieren. Derart verklausulierter Thrill hat selbstverständlich kaum eine Chance, Emotionen jeglicher Couleur in seiner Zuschauerschaft zu schüren, stattdessen muss man sich unterwältigt ob der transparenten Dramaturgie präsentieren und im selben Schritt die berechtigte Frage stellen, wo denn eigentlich der interessante Filmemacher Julius Avery im Dunstkreis dieser so ausgeblichenen Standardisierung geblieben ist, der noch für sein Jugenddrama „Jerrycan“ international honoriert wurde (u.a. auch in Cannes)? Man sollte dann doch besser bei David Michods „The Rover“ bleiben, der veranschaulicht nämlich tadellos, in welcher Lage das (moderne) Aussie-Kino so ist.

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              SoulReaver: FILMSTARTS.de 14.04.2015, 12:27 Geändert 14.04.2015, 15:10

              Guter Film. Das mag verhalten klingen, sieht man sich die allgemeine Lobpreisung an, die „James Bond 007 – Liebesgrüße aus Moskau“ nicht nur von der inbrünstigen Anhängerschaft der schneidigen Doppelnull erfährt, so wirklich vom Hocker hauen will sein zweites Leinwanderlebnis aber dann auch nicht sonderlich. Obwohl sich „James Bond 007 – Liebesgrüße aus Moskau“ schon deutlich mehr nach James Bond anfühlt, als es noch sein exotischer Vorgänger tat, was natürlich sowohl an den ikonischen Charakteristika (von der Prologsequenz bis zum Klappmesser im Schuh) liegt, als auch an Sean Connery, der den Chauvi vom Dienst nun auch mit zynischer Schnauze anlegt – der Welpenschutz jedenfalls ist offenkundig abgelaufen. Wenn sich Frauen um die Gunst des Agenten verprügeln müssen, oder Bond-Girl Tatiana Romanova (ansehnlich: Daniela Bianchi) mal eine saftige Schelle runtergeklatscht bekommt (nachdem sie sich Bond nackt im Bett zum Kennenlernen präsentierte, is' klar), flammen die sexistischen Störfaktoren auf, die auch schon in „James Bond 007 jagt Dr. No“ unübersehbar waren. Terence Young aber macht auch „James Bond 007 – Liebesgrüße aus Moskau“ erneut zur stilsicheren (Hitchcock scheint oftmals allgegenwärtig), trotz gemächlicher Inszenierung durchaus interessanten Angelegenheit und wartet mit der Konfrontation von James Bond und seinem blonden Widerpart Grant (Toll: Robert Shaw) im Zugabteil mit einer gar herausragenden Sequenz auf.

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              • Oh, jetzt erst gesehen, dass du auch eins führst. Abboniert, peng! Aber wehe du übertrumpfst mich.

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                  [...] Bisweilen ungelenk, aber immer stilsicher von Terence Young aus der Hand geschüttelt, lässt „James Bond 007 jagt Dr. No“ noch all den phantastischen Flair vermissen, den die zahlreichen Fortsetzungen mit Wonne absorbierten. Stattdessen ist dieser erste Bond, dieser filmische Urknall eines Phänomens der Populärkultur, ein von urigen Nostalgiegefühlen ummanteltes Urlaubsfilmchen, welches mit Jamaikas karibischer See natürlich einen vortrefflichen Sehnsuchtsort aufbereitet und gekonntes Fernweh evoziert. Sean Connery muss sich indes noch merklich in die Rolle des MI6-Agenten hineinarbeiten, artikuliert sich aber gekonnt als ein Bond, der zupackt, der sich hinterrücks zu Mordattacken hinreißen lässt und die Schenkel der ihn anhimmelnden Damen öffnet, wie es ihm gerade beliebt. Connerys Bond-Interpretation fungiert als markiger Initator des modernen Action-Heroen, während „James Bond 007 jagt Dr. No“ darüber hinaus keinesfalls davor gefeit scheint, sich einige despektierliche Tendenzen nachsagen zu lassen: Sexismus und Ethnozentrik sind Gang und Gäbe, wenn Frauen über ihre körperlichen Reize etabliert werden und Schwarze der weißen Gesellschaft unterwürfig mit „Master“ begegnen. Die späte Offenlegung des eisenhändigen und in seinem Stolz verletzten Bösewichts mag dramaturgisch clever gedacht sein, wirklich bedrohlich jedoch ist nur das creepy Äußere des abgeschotteten Wissenschaftlers. Was bleibt, ist das Schäferstündchen im verstrahlten Paradies mit Ursula Andress und die Erinnerung an Eunice Gaysons nackte Beine.

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                    SoulReaver: FILMSTARTS.de 12.04.2015, 19:38 Geändert 12.04.2015, 22:51

                    [...] „Was macht eigentlich Hayden Christensen so?“, wahrscheinlich ist das eine Frage, die man sich wohl nur in einem schon beinahe körperschädigenden Ausmaß lebensweltlicher Desorientierung stellen wird. „Outcast – Die letzten Tempelritter“, eine astreine Direct-to-DVD-Pfeife, wie sie entbehrlicher beinahe kaum sein könnte, liefert dennoch eine akkurate Antwort darauf: Nach wie vor nichts von Relevanz. [...] Viel wichtiger: Wie sehr dreht denn eigentlich unser innig geliebter Nicolas Cage am Rad? Traurigerweise kleidet der Großmeister der physiognomischen Entgleisung hier nur eine Nebenrolle aus und es nimmt – neben der Exposition – beinahe 60 Minuten in Anspruch, bis wir Nicolas Cage wieder auf der Mattscheibe sehen dürfen – Dann aber auch so richtig! Mit um die Arme geschlungenen Schlagen und einem verkniffenen Triefauge, welches ihm von einem Gegner zugefügt wurde, brüllt, wütet und keucht sich Nicolas Cage durch die prinzipiell doch recht wertig arrangierten Sets, um dem ganzen obligatorischen Treiben (die schale Love Story darf selbstverständlich nicht fehlen) doch noch ein gewisse Dosis exaltiertes Pathos zu injizieren. Darüber hinaus beherrscht die Belanglosigkeit das Geschehen: Egal, egaler, „Outcast – Die letzten Tempelritter“.

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                      SoulReaver: FILMSTARTS.de 08.04.2015, 17:18 Geändert 08.04.2015, 18:16
                      über Pionier

                      [...] Wie in Ketten bemüht man sich, nicht über das eigentliche Ziel hinauszuschießen, authentisch zu erscheinen, die siedende Spannung aufrecht zu erhalten, ohne wirklich zu bemerken, dass sich die Dramaturgie zunehmend aus ungemein konventionellen Mustern gebiert. Mitreißend ist „Pioneer“ aufgrund seines Inhalts nur selten, seine wahren Stärken liegen im offenkundig visuellen Bereich begraben. Die Unterwasseraufnahmen, die Erik Skjoldbjærg und Jallo Faber hier kreiert haben, treten oftmals in wirklich beeindruckender Fasson auf: Allein eine von der französischen Band AIR begleitete Mondlandungsanalogie bereitet einen wirklich memorablen, ja, beinahe schon ehrfurchtsvollen Augenblick auf, weil „Pioneer“ dort in geballtem Ausmaß veranschaulicht, wie präzise er Räumlichkeiten auszuloten weiß, um sie anschließend auch konsequenterweise zu transzendieren. Wie befriedigend also wäre es nur gewesen, mit „Pioneer“ einen Film zu erleben, in dem sich Form und Halt gegenseitig stützen. Vielleicht gelingt das ja dem von George Clooney produzierten US-Remake. [...]

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                        [...] Wer großzügig geschnittene Blutwurst auf der Stulle erwartet, der tut dem Film gehörig Unrecht. „Blue Ruin“ macht keine Anstalten darum, seine Arme bis zum Ellenbogen im Fundus primitiver Revenge-Flics zu pressen, stattdessen geht es um einen Mann, dessen angestrebte Metamorphose gründlich in die Hose steht – Eben weil Gewalt zwar einen Anfang kennt, niemals aber ein Ende akzeptiert. [...] Jeremy Saulnier setzt im folgenden Verlauf auf stechenden Naturalismus, kehrt Genre-Bausteine ins Entgegengesetzte und veranschaulicht, wie es wäre, wenn ein Jedermann ohne außerordentliche Skills und abgebrühte Coolness versucht, seinen Rache-Plan zu schmieden und anschließend in die Tat umzusetzen: Zittern, schwächeln, das Übergeben am Straßenrand, Paranoia. In „Blue Ruin“ löst die eruptive Gewalt eine stetige Kettenreaktion aus, Dominostein dockt an Dominostein, und lässt zwei Familien in einen Abgrund hinabsteigen, auf dessen Grund kein kathartischer Befreiungsschlag wartet, sondern der zaghafte Gedanke, sich selbst komplett aufzulösen, um einer anderen Person womöglich doch eine Perspektive zu ermöglichen: Aber keine Zukunft ohne Gewalt im Herzen. Zombies bleiben.

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                          SoulReaver: FILMSTARTS.de 07.04.2015, 10:52 Geändert 07.04.2015, 10:53

                          [...] „Seventh Son“ macht jedenfalls keinen aufmüpfigen Hehl daraus, sich fortwährend der suggestiven Ästhetik großer Vorbilder wie zum Beispiel Peter Jacksons „Der Herr der Ringe“-Saga anzunehmen. Vom Ebenmaß dieser kinematographischen Monumente aber ist „Seventh Son“ mindestens zwei Lichtjahre entfernt; näher sieht sich Sergei Bodrow Hollywooddebüt in seinem derangierten Geist dann schon eher Uwe Bolls „Schwerter des Königs“. [...] „Seventh Son“ ist – welch Überraschung! - das seelenlose Fantasy-Amalgam des Jahres und fleddert sich gnadenlos durch die Versatzstücke des Genres, ohne dem trashigen Schmu um Zaubersteine, megalomanische Echsen und jede Menge Visionen einen kohärenten Rahmen zu verleihen. Stattdessen herrscht unter Sergei Bodrows Ägide primär orientierungslose Hektik, die das stetig kreiselnde Narrativ von Anfang an so vehement nach vorne peitscht, als gäbe es hier irgendwann womöglich doch noch irgendetwas von Belang zu berichten. [...]

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                            [...] Die Anhäufung von Zitaten und der doppelbödigen Handhabung des altehrwürdigen Stalk'n'Slash-Motivs mag bei einer gewissen Affinität zum Genre sicherlich Anklang finden. „Warte, bis es dunkel wird“ aber scheitert in seiner Vision daran, dass er seine Cleverness nie über den Status reiner Attitüde hievt. Rejon und Sacasa emulieren und setzen „Der Umlegen“ in einen neuen Rahmen, seltsamer- und tragischerweise gelingt es „Warte, bis es dunkel wird nicht“ indes nicht, über den Abspann hinaus zu denken, obwohl er weiß, dass es eine Welt infolgedessen gibt: Seine Schlauheit ist eine ausgestellte, seinem angestrebten Reflektieren entfällt jedwede Grundierung. Was bleibt, ist der technisch-versierte Gestus; der Autoscheinwerfer, der zum prasselnden Filmprojektor montiert wird.

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                              [...] Kommt es in „The F-Word – Von wegen gute Freunde!“ dann nämlich endlich mal zu Wort, dass da mehr im Raum schwebt, mehr als nur der allabendliche Clubbesuch, mehr als das allwöchentliche Shoppen, wird das Verheimlichen wahrer Gefühle echauffiert auf dreisteste Lügerei herabgesetzt. Aber keine Sorge: Wer sich von Anfang an gegenseitig so plakativ ausschließt, der wächst im Laufe der Handlung natürlich immer stärker zusammen. Romantisch muss das dann zwar nicht unbedingt sein, „The F-Word – Von wegen gute Freunde!“ hingegen setzt auf luftige Agilität, lässt seine weitestgehend umgänglichen Charaktere plappern und springen, sich winden und zieren, um schlussendlich dann doch wieder zu dem Entschluss zu kommen, der unser Herz schon seit Rob Reiners „Harry und Sally“ kaum mehr zu erweichen weiß.

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                                über Focus

                                Nicht ganz so gelungen wie der quicklebendige „Crazy, Stupid, Love.“, aber derart geballter Schwachsinn, dass man Glenn Ficarras und Jon Requas neustem Streich „Focus“ durchaus einige Sympathien zukommen lassen kann. Trickbetrügerei definiert als reiner Hokospokus und die Kunst des Fokussierens, der Nukleus für das Gelingen eines jeden illusorischen Tricks, liegt darin begraben, die Aufmerksamkeit vollends auf sich zu lenken – Na guck mal einer an! Das vollstreckt „Focus“ dann auch schon mit der prominenten Besetzung seiner Hauptrollen und zeigt mit Will Smith und Margot Robbie zwei Schauspieler, direkt aus dem Ei gepellt, in die maßgeschneiderte Klamotte gezwängt und wie die Hochglanzaufnahmen sämtlicher paradiesischer Reiseziele immer blendend aussehend, selbst mit verschmiertem Kajal unter den Augen und eingeschlagener Fresse. Wer allerdings in der Lage ist, „Focus“ auch noch nach der ersten halben Stunde für voll zu nehmen, dem gebührt einiges an Respekt, zünden Ficarra und Requa hier doch eine derart überkonstruierte Twistorama-Bombe, dass man „Focus“ schon nach dem ersten großen Turn nur noch als kompletten Nonsense einordnen kann. Aber der ist ja immerhin spritzig, kurzweilig und, wie gesagt, total bescheuert. Geht klar.

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                                  SoulReaver: FILMSTARTS.de 05.04.2015, 09:44 Geändert 05.04.2015, 23:06

                                  [...] „Fast & Furious 7 – Zeit für Vergeltung“ aber ist nun endgültig an einem Punkt gekommen, an dem die Übertreibung nicht mehr nur einfach praktiziert wird, sondern wie eine penetrante Neonreklame über allen halsbrecherischen Set Pieces justiert wurde: Infernalische Pyrotechnik, todessehnsüchtige Sprünge mit dem Automobil von einem Wolkenkratzer zum nächstgelegenen und wenn sich einer der Boliden dann mal wieder überschlägt, dann gleich unzählige Male, selbst in den luftigsten Höhen, um dann noch einen Abhang hinunter zu dreschen und gnadenlos in ein anderes Gefährt hineinzuschleudern. „Fast & Furious 7 – Zeit für Vergeltung“ generiert wirklich entzückenden Proll-Überschwang, sobald es kracht, leuchten die Augen, und dass sich die markigen Charaktere ohnehin langsam ins Herz gespielt haben, macht die letzte Sequenz erst so richtig gewichtig. Niemand hätte wohl gedacht, dass es irgendwann mal wirklich in den Bereich des Möglichen rutschen würde, eine „The Fast and the Furious“-Episode zu sehen, die tatsächlich berühren darf.

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                                    SoulReaver: FILMSTARTS.de 04.04.2015, 17:38 Geändert 04.04.2015, 17:39

                                    Nachdem Maximilian Erlenwein das deutsche Genre-Kino zuletzt schon mit „Stereo“ im großen Stil in den Sand gesetzt hat, darf nun auch Baran bo Odar mit „Who Am I – Kein System ist sicher“ dort anknüpfen und nachweislich bestätigen, dass es unsere Nachbarn aus Österreich mit dem ganzen Genre-Kram einfach besser drauf haben. Grundsätzlich ging an „Who Am I – Kein System ist sicher“ ein durchaus interessanter Diskurs um die Untiefen der Virtualität, die psychische Disposition und die entscheidende Vernetzung beider Segmente zu einem einheitlichen, von Metaphern umwitterten Komplex verloren. Tom Schilling ist da eigentlich auch der richtige Mann, um der Rolle des von allem und jedem verlassenen Außenseiters mehr Facetten abzuringen, als den (selbst-)bemitleidenden Dackel, der im Laufe der Geschichte zunehmend Selbstvertrauen tankt. Das Drehbuch aber ist nicht an Grauzonen interessiert, sondern drescht permanent Phrasen bis hinein in die Besinnungslosigkeit („Du traust niemandem, nicht einmal dir selbst!“), jede Figur ist genau das, was sie auf den ersten Blick auch vorgibt zu sein, charakterliche Veränderungen dienen einzig als dumpfe Plot Points, nicht aber als gelebte Entwicklungsstufen. Oder anders gesagt: Für „Who Am I – Kein System ist sicher“ ist das Leben eine versteckte Partition, die unbedingt geknackt werden möchte. Und sie wird geknackt.

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                                      SoulReaver: FILMSTARTS.de 04.04.2015, 10:25 Geändert 04.04.2015, 10:26

                                      [...] Angeblich nämlich verfüge Carpenters zweifelsohne chauvinistischer Reißer über misogyne, ja, eigentlich schon misanthropische Tendenzen. Dazu muss gesagt werden, dass wir es vor allem bei James Woods' Charakter mit einem widerwärtigen Zyniker zu tun bekommen, dessen sich durch einen privaten Schicksalsschlag traumatisiertes Inneres wie ein Schwamm mit Wut aufgeladen hat, dass es dieser Person schon gar nicht mehr möglich scheint, zivilisiert mit seinen Mitmenschen zu interagieren. [...] Vielleicht sind es einfach nur inhärente Genre-Klischees, die über Jahrzehnte gepflegt wurden und die diese Fronten geradezu verhärtet haben: Konservativ war Carpenter schließlich ohnehin schon immer veranlagt. [...] Die Probleme von „John Carpenters Vampire“ liegen an anderer Stelle begraben. Das Narrativ, so sehr es sich auch um zünftige Verweise und Referenzen bemüht, ist äußerst strauchelnd arrangiert und durch seine dem Reißbrett entsprungenen Figuren, eigentlich sind sie alle nur kläffende Karikaturen, kaum in der Lage, die zu Anfang vorgegebene Synthese aus Tempo und Atmosphäre aufrecht zu halten. Das Humoristische findet einzig in machistischen Dialogen statt, ist anstrengend forciert auf die „Coolness“-Attitüde, die die Anti-Helden unbedingt zu verwegenen Unikaten erklären soll, was letzten Endes eher mit mäßigem Erfolg zu verbuchen ist.

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                                        [...] Der Resonanzraum, den „Für ein paar Leichen mehr“ hier öffnet, darf sich aber ohnehin bestenfalls als reiner, primitiver Genre-Haudegen klassifizieren lassen, was im Prinzip nicht verwerflich ist, in der Ausführung aber bereits bis zum Gehtnichtmehr durchexerziert wurde. Hat man sich mit dem Italo-Western und seinen mal mehr, mal weniger glorreichen Vertretern auseinandergesetzt, dann ist „Für ein paar Leichen mehr“ vor allem eine Sache: Passable Schleuderware von der schroffen Stange. [...] Die schrammige Gitarre von Francesco De Masi und der bohrende Blick vom pomadig glänzenden George Martin, der sich im emblematischen Zoom über die gesamte Mattscheibe erstreckt, bringen in Kombination natürlich entsprechendes Feeling in die zähnefletschende Chose. Ohnehin trägt „Für ein paar Leichen mehr“ durchaus das Herz seines Sujets in der Brust, und doch reicht es letzten Endes nur für den hohlen Zahn: Alles wie gehabt, alles schon (besser) gesehen.

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                                          [...] Interessant an „Und erlöse uns nicht von dem Böse“ ist sein motivisches Fundament: Da mäandert die Faszination des Böse metaphysisch wie der verführerische Lockruf einer Sirene durch die Szenerie, wird aber alsbald mit derart mehrwertigem Subtext konnotiert, dass man Joel Séria nicht nur dafür danken will, dass er den Zuschauer durch seine Bilder herausfordert, sondern auch simultan dazu animiert, unter die kontroverse Oberfläche zu blicken und das verruchte Puzzle zu einem individuellen Ganzen zu formen. [...] Der pittoresk-sommerliche Schein trügt nicht nur, er rückt auch das augenscheinlich Unschuldige mit dem Unkeuschen von Angesicht zu Angesicht in Position – Ohne es allerdings gegeneinander ausspielen zu lassen, beides atmet fortwährend in einer Art fragilen Koexistenz. Der sittliche Mikrokosmos wird wie ein schmales Gefäß mit Trauer, Schmerz und Qual gefüllt. [...]

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                                            [...] „The Boy Next Door“ ist ein synthetischer Luftikus, der Leidenschaft denkbar uninspiriert in Besessenheit transferiert und sodann eine Verkettung unlängst erschlaffter Klischees zu einer Nummernrevue des Dumpfbackentums formiert. Milf Jennifer Lopez darf den „50 Shades of Grey“-Lippenbiss in edlen Dessous wagen, Stelzbock Ryan Guzman spannt den Bizeps ganz dolle, die amouröse Verstrickung verläuft sich dann alsbald auch passenderweise in eine ähnlich weichspülte Dimension der Hausfrauen-Prüderie. Ein schmalspuriger Psycho-Thriller, genauso befreit von jedem Eigengeschmack, wie es zu erwarten war.

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                                              [...] Mit einer Detailverliebtheit im Repertoire, wie man sie so vielleicht nur im mit Zuckerguss glasierten Kino eines Wes Anderson oder Michel Gondry lokalisiert, beweist die vitale Inszenierung von Anfang an, das sie jede Menge ungezügelte Lust darauf besitzt, verschiedenste Stilmittel zu kombinieren, ohne den Film indes unter diesen womöglich zu begraben. Form und Inhalt halten sich die Waage, reichen sich in kameradschaftlicher Vertrautheit die Hand, erschaffen eine herzerweichende Allianz und sind in den Panoramaeinstellungen des südamerikanischen Dschungels genauso effektiv, wie in der ausgestanzten Miniaturrekonstruktion des Familienhaushaltes. Wenn unser knuddeliger Held im fernen London eintrifft und sich auf der Suche nach einer Herberge macht, entwächst „Paddington“ zur durchaus cleveren und definitiv wunderbaren Migrations-Parabel, die neben der Bekräftigung familiärer Statuten (jeder gehört irgendwo dazu, das Herz braucht nur manchmal länger als der Kopf, um das zu begreifen) auch eine herrlich anarchische Taktung in den treffsicheren Witz legt, der Klein und Groß gleichermaßen erquickt. Ein echter Gewinn, dieses hinreißende Abenteuer.

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                                                [...] Blitze feuern repetitiv aus der sich unheilvoll zusammenbrauenden Himmeldecke, was erst noch als „cooles“ Naturspektakel verstanden wird, ist in Wahrheit der initiierende Beginn des Unvorstellbaren. Wo andere Filmemacher sich auf eine herzlose Materialschlacht beziehen würden, fungiert Spielberg weitaus geerdeter, sucht die effektiven Anschlussstellen kollektiver Angstzustände. [...] Der Spielberg'sche Gigantismus steht nicht für den Selbstzweck, und die großartigen Effekte erbauen sich nicht um Superstar Tom Cruise herum, sondern setzen ihn mitten hinein, direkt ins Herz der Finsternis. Die beklemmenden Fotografien, die Janusz Kaminski für diese Vision der Ausrottung findet, fräßen sich ins Gedächtnis: Die zu Staub zerfallenden Menschen, die Kleidungsstücke, die durch die Lüfte wehen, die Leichen, die den Fluss hinabtreiben, der in Flammen stehende Güterzug – und natürlich eine Familie, die nicht nur die aggressiven Ausmaße der neidvollen Ungeheuer aus den dunkelsten Winkeln des Weltalls erleiden, sondern auch die Verschüttung moralischer Etikette ihresgleichen. Dass die Impressionen des Grauens nicht zufällig tief in der Post-9/11-Gesellschaft verwurzelt sind, intensiviert das Geschehen umso mehr. [...]

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                                                  SoulReaver: FILMSTARTS.de 28.03.2015, 10:07 Geändert 29.03.2015, 13:15

                                                  Schaltkreise, Einheiten und Signale wirbeln hysterisch umher, überschlagen sich, brechen durch verschiedenste Schichten, fetzen über Ebenen, scheuchen sich gegenseitig durch ein elektronisches Labyrinth, suchen nach dem entscheidenden Hohlraum, der die codierte Katastrophe aus dem virtuellen Raum in die Wirklichkeit transferiert: Michael Manns furioser „Blackhat“ bringt die globale Bedrohung unseres Seins auf den Punkt – Den Cyberterrorismus. Ein ungreifbarer Feind entlädt sich, lässt Ziffern und Faktoren rotieren, um jeden Gewehrschuss mit der kurzen Betätigung der Enter-Taste in den Schatten zu stellen: Das Böse nämlich wird zum Schatten, der unsere Welt in verwischte Fragmente zergliedert. Man kann „Blackhat“ viel vorwerfen, das Drehbuch ist gesäumt mit so mancher Entbehrlichkeit, mit narrativem Ballast und dramaturgischen Sackgassen, doch so emphatisch-konzentriert, so stilsicher und eindringlich, wie Michael Mann das Immaterielle gegen das Physische ausspielt (und andersherum), ist man doch irgendwo gezwungen, diesem unterkühlten Hacker-Thrill achtungsvoll auf die Schulter zu klopfen. Stuart Dryburghs famose Kamera fungiert als dokumentarisches Instrument, sie reißt mit, entlang der schalen Neonröhren in den Pfützen des Asphalts, den spiegelnden Außenfassaden der Wolkenkratzer, den durchlöchterten Frachtcontainern und dem Showdown, ohne Keyboard, dafür mit analog geballter Faust. Immer noch ein Großer, dieser Michael Mann.

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                                                    Nee, heute kann man den so nicht mehr drehen und ohnehin funktionieren Filme dieser Couleur nur noch als nostalgisches Relikt. Sieht man sich aber dazu befähigt, diese Perspektive anzunehmen, erlebt man mit „Rookie – Der Anfänger“ 120 durchaus vergnügliche Minuten, in denen sich Clint Eastwood mal wieder selbst gepflegt als knurrender Dirty Harry inszeniert und einen mit der Selbstzerstörung kokettierenden Charlie Sheen unter seine schroffen Fittiche nimmt: Polizeiarbeit klappt eben immer dann am besten, wenn sie schräg neben dem Vorschriften-Katalog stattfindet. Buddy-Anleihen gekreuzt mit reinrassiger Spät-Achtziger/Früh-Neunziger-Action und dummen, in Machismo getränkten Sprüchen wie vom Fließband: „Wenn Sie eine Garantie wollen, kaufen Sie sich einen Toaster!“. Doch, den kann man sich schon mal geben, man kann ihn aber auch irgendwie assi finden. Was jedoch wirklich erstaunlich ist: Wie viele Zigarren sich der alte Knurrhahn Eastwood hier im Laufe des Filmes in die Schnute schiebt – Hut ab.

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