SoulReaver - Kommentare
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Alle Kommentare von SoulReaver
[...] Nein, in „Doktorspiele“ geht es nicht darum, seine Hauptakteure einer Entwicklung zu unterziehen, stattdessen unterminiert das Drehbuch jedwede allgemeingültige Relevanz, in dem er die Pubertät als banalisierte Plattform für derben Pennälerhumor versteht, der seiner unerfahrenen (oder minderbemittelten?) Zielgruppe ein vollkommen verwerfliches Wertbild offeriert. [...] „Doktorspiele“ ist heuchlerisch, er degradiert seine Teenies in Wahrheit einzig und allein auf rein assiges Treibverhalten, auf verblödete Grölerei und ein zwanghaft sexualisiertes Vokabular wie Gebaren, möchte zum Ende aber noch die saubere Moralschiene fahren, in dem er Andi (Merlin Rose) einer Läuterung unterzieht: Die große Liebe war immer schon an seiner Seite, er musste enfach nur seinem Herz Gehör schenken! Verwerflich ist das, weil jener befreiende Sinneswandel in keinem greifbar-harmonischen Kontext gebiert, sondern als plumper Nachklapp einer billigen Nummernreveau bloßgestellt werden muss. [...] „Doktorspiele“ ist ein Desaster, stinkiges Samenstautheater, ein Tischfeuerwerk der Primitivität und Witzlosigkeit.
[...] Nach einem spektakulären Set Piece, in dem ein mit Nitroglyzerin beladener Tanklaster in einen Polizeikonvoi knallt, um sich dann inmitten tosender Feuerbrunst zu überschlagen, schlägt „Wara no tate – Die Gejagten“ fortan ruhigere Töne an, wenngleich ein knackiger Schusswechsel in einem Zugabteil nochmal für etwas Dampf sorgen darf. Miike ist viel mehr am Innenleben seiner allegorischen Figuren interessiert und modelliert aus dem oberflächlich als massentauglicher Thriller deklarierten Stoff einen durchaus packenden, von pulsierenden Emotionen aufgeladenen Moraldiskurs, der seine Beteiligten gefährlich nahe an der Grenze zur Karikatur wandeln lässt, im Endeffekt aber moralische Engpässe nachempfindet, die Zwistigkeit zwischen Ethik und Raffgier thematisiert und „Wara no tate – Die Gejagten“ auch als (gesellschaftstheoretisches) Paranoia-Kino definiert, bevor er gegen Ende etwas zu deutlich mit der Märtyrerparabel kokettiert.
[...] Dass das provinzielle Leben mit seiner vom Salzgehalt des andockenden Mittelmeers geschwängerten Luft nicht mehr künstlerischen Geist freisetzt, als dieses in schnieke Postkartenmotive aneinanderzureihen, fällt bereits in den ersten Minuten auf, wenn die Kamera die romantisierten Landschaftsaufnahmen höchst steril abgrast. Das aber ist noch verschmerzbar, den harten Bock schießt „Ein Sommer in der Provence“ erst dann, wenn er seine wahre Gesinnung zum Vorschein bringt und so richtig massiv in die konservativ-sexistische Bresche springt: Adrien darf sich ganz nach multinationalem Ideal einmal quer durch die Touristenklasse pimpern, während sich die umweltbewusste Léa (was übrigens die einzige Eigenschaft von ihr ist) erst mal das Piercing aus der Nase schrauben und die Haare glätten muss, bevor sie auch in den Dünen bei zückersüßem Blümchensex defloriert werden darf. Unbegreiflich ist es da, wie dumpfbackig und affirmativ sich „Ein Leben in der Provence“ zum Patriarchat hin entwickelt. [...]
[...] Mehr eklektisch denn originell, stößt „Pandorum“ dennoch einen elektrisierenden Schwall der Kreativität aus seinen wuchtigen Fotografien: Die gestalterische Schubkraft erklärt „Pandorum“ zum stimmungsvollen Genre-Streich, der gepflegt die Gesetze der Logik torpediert und vielmehr durch seine wirklich knackig ausgenutzten Sets besticht. Ben Foster darf sich dabei immer mal wieder nahe dem Comic Relief bewegen, permanent bekommt er das Fressbrett aus- und eingerenkt. Dass anhand der sich auf Menschenfleischjagd befindenden Mutanten an Bord die obligatorische Hybris-Kritik nicht lange auf sich warten lässt, ist absehbar. Aber, ach, allein diese sich von flächendeckender Düsternis im dystopischen Korsett aufhaltenden Bilder sind ein wahres Fest.
[...] „Northmen – A Viking Saga“ macht bereits bei der ersten gewaltsamen Auseinandersetzung deutlich, dass es Claudio Väh in den Kämpfen nicht um ein ballistisches oder kinetisches Interesse gelegen ist: Der Bogen spannt sich, Schnitt, der Pfeil sitzt zwischen den Augen. Die Flugkurve aber, da, wo Spannung generiert werden kann, fällt programmatisch unter den Tisch. Ohnehin ist „Northmen – A Viking Saga“ eine erschreckend lieblose Posse, die ethnische Identität in die Bedeutungslosigkeit verdrängt und sein Antlitz gerne im synthetischen Verdichtungsraum vergräbt: Höchst selten erschleicht den Zuschauer ein Gefühl von plastischem Naturalismus angesichts der sich bis zum Horizont erstreckenden Hügelwiesen. Was bleibt, ist vor allem ein reizloses, charakterloses Erlebnis, entbehrlich durch und durch, jeglicher Beachtung zu schade. Knallköppe und Mannsbilder, die in zu wirtschaftlichen Tiefstpreisen zusammengeschusterter Klamotte durch die Gegend eiern, kann man letztlich auch zu Karneval begaffen.
[...] Wie Edward durch die dichten, mit leichten Schneehauben bedeckten Wälder streift und die grauen Mauern von Stonehearst Asylum sich langsam aus den omnipräsenten Nebelschwaben hervor schieben, das hat schon etwas Gespenstisches, besitzen derlei Institutionen ohnehin von Grund auf etwas durch und durch Schauriges – Vor allem, wenn sie - wie hier - irgendwo im Nirgendwo gelegen sind und die Schreie der Insassen in einem ewiglichen Echo versiegen. [...] Dass „Stonehearst Asylum“ in seiner Essenz da auch als philosophische Unterredung über Wahnsinn, Vernunft und ihre grauen Bindeglieder sein möchte, verhindern vor allem die rein auf Funktionalität gebürsteten Figuren, die nie eine Chance ergreifen können, wirklich etwas tiefer zu bohren, stattdessen lebt die auf Twists und Turns geschniegelte Dramaturgie. Stimmungsvoll ist „Stonehearst Asylum“ ohne Zweifel, die Bilder suggerieren einen wohligen Grusel, und auch das Starensemble agiert verhältnismäßig, inhaltlich aber ist es nur ein solider Thriller, vorhersehbar und den Zuschauer kein Stück herausfordernd. Ein Film für den verregneten Sonntag Nachmittag.
[...] „Straw Dogs – Wer Gewalt sät“ simplifiziert kategorisch all das, was „Wer Gewalt sät“ noch unfassbar tiefgehend herausarbeitete. Dass hier von Beginn an nichts im Argen brodeln darf, sondern David und der muskulöse Hüne Charlie Venner sich offensichtlich schon beim ersten Augenkontakt gerne die Zähne gegenseitig zu fressen gegeben hätten, rückt die induktive Entwicklung der Geschichte in den luftleeren Raum. Da ist es dann nur passend, dass die Vergewaltigung von Amy auch eindeutig als eine solche zu identifizieren ist und die Kamera sich stetig am Sixpack von Charlie Venner festsaugt, während die Körper ohnehin von einem immanenten Schweißfilm glänzen dürfen. Eine so signifikante, weil eben auch emblematische Szene im Original, wird hier auf ihre schiere Eindimensionalität heruntergebrochen: „Straw Dogs – Wer Gewalt sät“ kennt nur Schwarz und Weiß, er scheucht seine Geschichte in massiver Einfältigkeit über den Bildschirm und lässt all die erschütternde Menschlichkeit vermissen, mit der sich Peckinpah noch bis tief ins Mark bohren konnte. [...]
[...] Natürlich begehren sich Paul und Victoria nach einiger Zeit inbrünstig, doch die Umstände, die Illusion aufzubrechen und wieder zusammenzufügen, kostet Überwindung, deren nötige Kraft vorerst weder Paul, noch Victoria aufbringen können. Ja, der leidenschaftliche Eros fließt in Strömen aus den malerischen Fotografien (Emmanuel Lubezki) des idyllischen Weingutes. Dass die salbungsvolle Liebe zum Ende die engen Maschen tradierter Kulturprägung des schnaubenden, nicht nur in Akzent sprechenden, sondern auch denkenden Vaters auflockern wird, gehört dazu, ist „Dem Himmel so nah“ doch eine vom Sentiment dominierte Lovestory, die permanent und gerne mit unfreiwilliger Komik im Schlepptau um Ergriffenheit buhlt, bis der orchestrale Soundtrack erlösend in erschwingliche Höhen geblasen werden darf.
[...] All die unausgesprochenen Konflikte, die Entfremdung, von nun an wird all das unbeschränkte Gewaltpotenzial in konkrete Bahnen gelenkt und veräußert sich schließlich in seiner bleihaltigen Verwirklichung. [...] Wer Wind sät, wird Sturm ernten. Die Gewaltspirale, die „Wer Gewalt sät“ von Beginn an aufgebaut hat, frisst alle Charaktere in sich. Der gesunde Menschenverstand wird von triebhafter Impulsivität durchdrungen, in der Verteidigung persönlicher Würde und dem Glauben an grundsätzliche Prinzipien, ist es David höchstpersönlich, der genau diese Ideale (erst nur) durch eine Ohrfeige ad absurdum führt. [...] Die Gewalt besitzt hier ausnahmslos etwas Grausiges, Abstoßendes, Wahrhaftiges. Sie mag den Augenblick besänftigen, deine Zukunft jedoch wird die zerstören, weil sie, und das veranschaulicht Sam Peckinpah in aller Vehemenz, niemals als gültiges Lösungsmittel funktioniert. Die Grenzen zwischen Opfer und Täter sind unlängst verwischt, jedes Wort, jede Tat wird bis zum letzten Frame kompromisslos über Ambivalenzen hergeleitet: Ein Zuhause gibt es von nun an für niemanden mehr.
[...] Und wurden die ersten zarten Küsschen verteilt, splittet „Wenn ich bleibe“ die Narration dann auch über zwei Ebenen auf: Vor und nach dem Unfall, freilich sklavisch dem manipulativen Kalkül verfangen, den Zuschauer unbedingt um dem Zustand Mias bangen zu lassen, die alles aus und anhand ihrer außerkörperlichen Erfahrung kommentiert. Überbelichtet und in zarten Pastellfarben gezeichnet, ist „Wenn ich bleibe“ genau der christlich-verbrämte Tränenzieher, den man auch zu erwarten hat: Schwelgerischer Indie-Pop und eine tumbe „Lebe den Augenblick!“-Botschaft treffen vor allem beim amerikanischen Bible Belt ins Schwarze, fällt Mia ihren Beschluss schließend erst im Angesicht des strahlenden Licht Gottes. [...]
Selige Zeiten: Luc Besson steht drauf und das Endprodukt ist keine Vollkatastrophe. Nee, „Kiss of the Dragon“ kann man gut weggucken. Jet Li zeigt sich als asexueller Schnitzelklopper und tödlicher Akupunkteur in Topform, lässt Tritte und Hiebe im Gleichtakt zum treibenden Beat regnen. Und alles andere wäre ja auch Quatsch: Selbstverständlich ist „Kiss of the Dragon“ größtenteils auf die (westlich) geschnittenen Martial-Arts-Kaskaden fokussiert, will nebenher aber auch noch die Leidensgeschichte von Nutte Jessica (Bridget Fonda) tot quasseln, bevor Li sie aus den schmierigen Fängen des Backpfeifengesichts Tchéky Karyo befreien darf. Hin und wieder gerät das Ding hier zwar mal ins Stocken, eben genau in den Momenten, wenn so etwas wie Dramatik aufgekocht werden soll, ansonsten ist „Kiss of the Dragon“ ein aus solidem Genre-Holz geschnittenes Europacorp-Vehikel für den hohlen Zahn.
[...] In klinischen Blaufiltern wird John Wick zu dem Mann stilisiert, den sie zwar „Boogeyman“ nennen, in Wahrheit ist er es aber, den man konsultiert, wenn man den schwarzen Mann zur Schlachtbank zu führen gedenkt. Die schnieken Interieurs werden alsbald vom kontrastreichen Neonlicht in Beschlag genommen, Elektro- und Rockwellen blättern über der Tonspur auf und ab und „John Wick“ verarbeitet in einer Schneise der Zerstörung so viele Einflüsse, von John Woo bis zum Italo-Western, das man als Genre-Fan zuweilen wirklich geneigt ist, Applaus zu spenden. Sicherlich muss man sich aber ob der obligatorischen Spanne an Geschehnissen etwas zurückhalten, es ist im Endeffekt eben doch das Übliche, aber so stilsicher und mit zähnefletschend-lakonischer Grimmigkeit serviert, dass es ein echtes vorwärtsgewandten Hau-Drauf-Rache-Fest ist, dabei zuzusehen, wie alle diplomatischen Lösungsvorschläge überrannt werden und nur noch die niederen Instinkten gesetzgebend sind.
Der Konnex zwischen „Sieben verdammt lange Tage“ und „Im August in Osage County“ ist unübersehbar: Beide stellen sie gruppentherapeutische Versuchsanordnungen dar. Im Gegensatz zum hysterisch-zynischen „Im Augst in Osage County“ ist „Sieben verdammt lange Tage“ ganz und gar mainstreamfixiert und daher auch ungemein harmoniesüchtig. Man möchte den Zuschauer nicht zu nah an den seelischen Scherbenhaufen der dysfunktionalen Familie führen: Da rumort es zwar, mehr als ein ganz seichtes Zittern unter der Oberfläche ist aber nicht vertretbar. Klamauk (in erster Linie sexualisiert) steht im Vordergrund und sollte es wirklich mal um Gefühle gehen, wird all die Tragik ebenfalls ganz stumpf auf Pointe geschnitten serviert: Erst darf geheult werden, nach dem letzten ausgepressten Rotzfaden folgt aber noch schnell ein Kalauer (in erster Linie Jane Fondas binomische Möpse). „Sieben verdammt lange Tage“ ist so ein Film, der weder seine Charaktere mit ihren Emotionen alleine lässt, noch dem Zuschauer eine gewisse emotionale Intelligenz zutraut. Ansonsten ein gut gespieltes Ensemblelüftchen, dramaturgisch äußerst ineffektiv, aber es gibt ja auch immer noch Schlimmeres.
[...] Wohlwollend könnte man „Death Sentence – Todesurteil“ noch als speiende Exploitation bezeichnen, die durch ihre scheußliche Digital-Video-Optik und dem markanten Color Grading zwar bis über den Rand der Künstlichkeit ästhetisiert wird, den mit Geifer im Mundwinkel nach Gewaltexzessen gierenden Zuschauer aber bedient. Im Finale nimmt all die Brutalität gar comichafte Formen an und Nick Hume, der Familienvater, der doch eigentlich nur mit seiner Familie in ewiger Glückseligkeit schwelgen wollte, ballert den punkigen Widersachern (codiert als 'Abschaum der Gesellschaft“, klar) mit seiner frisch erworbenen Schrotflinte gepflegt die Gliedmaße vom Torso. [...] Wirklich herrlich, die Trauerszenen sind hochnotpeinlich, unfassbar pathetisch inszeniert und einzig dem manipulativen Zweck geschuldet, den häuslichen Segen und seine tiefen Furchen zu zelebrieren. Was man dem Film allerdings zugestehen muss, ist eine unfassbar druckvoll montierte Sequenz im Parkhaus, wenn Nick zum ersten Mal vor der Bandenmitglieder fliehen muss und alles in einem intensiven Kampf auf der Rückbank eines Autos kulminiert. Momente, die „Death Sentence – Todesurteil“ hätten zum wirklich großen Genre-Heuler aufsteigen lassen können, auch ohne rasierte Platte, stattdessen aber versteht er Selbstjustiz als familiäre Rückbesinnung, die ihn auf den Weg der Liebe geleitet – Und das ist erschreckend.
[...] Mit Bob als durchaus humanistischen Fluchtpunkt der Handlung, entspinnt „The Drop – Bargeld“ eine von reeller Traurigkeit begleitete Studie über Einsamkeit sowie die Fragilität sozialer Identitäten und projiziert diese Aspekte auf den unweigerlichen Wandel der Zeit, der vor allem dem bulligen Marv zu schaffen macht: Es ist ein gesichtsloses Amerika, welches Lehane und Roskam perspektivieren. [...] Die Gewalt, die von Minute zu Minute näher rückt, ist in ihrem motivischen Ansatz, den schmalen Grat zwischen Regression und Eskalation betreffend, nahe der in David Cronenbergs „A History of Violence“ gelegen. Ein weiteres Indiz dafür, wie fantastisch „The Drop – Bargeld“ doch gelungen ist.
[...] Wenn „96 Hours – Taken 3“ etwas ist, dann ein sonderbarer Dummbatz. [...] So dürfen wir dann beobachten, wie „96 Hours – Taken 3“ gleich doppelten Etikettenschwindel betreibt und unseren Superagenten durch die überstilisierten Bilder Los Angeles' hetzt. Olivier Megaton bestätigt seinen Ruf als inkompetenter Action-Regisseur dabei auch in vollem inkohärenten Umfang: Theroetisch wuchtige Set Pieces verkommen durch die unübersichtliche Kamera sowie den epileptischen Schnitt zur reinen Luftnummer. Vom fiebrigen Wadenbeißer, den „96 Hours“ noch darstellte, ist in diesem so stereotypisierten wie irritierend braven EuropaCorp-Dilemma nichts mehr vorzufinden, dafür gibt es einen Forest Whitaker, der Schachfiguren streichelt und sich Gummibänder am liebsten um die Hände wickelt. Na schau an.
[...] Das Klappern der Kugel, die über das Rouletterad rauscht, wird für Bennett zur Symphonie vom metaphorischen Sonnenauf- sowie Sonnenuntergang. [...] Und da kommt „The Gambler – Ein Spiel. Sein Leben“ auch einem warnenden Fanal gleich, welches sich nicht nur auf die Sucht seiner Hauptfigur bezieht, die weiß wie es ist, wenn man gewinnt, aber noch besser weiß, wie es ist, wenn man alles auf die falsche Karte setzt, sondern auch das Umfeld der sinisteren Untergrundmilieus ebenso im schwarzen Dunst der Selbstverachtung hinausträgt: Das Glück ist eine Hure, die einmal Befriedigung schenkt und dann gänzlich aus deinem Leben verschwindet. Wenn „The Gambler – Ein Spiel. Sein Leben“ die vom immer brillanten Fleischberg John Goodman vorgetragene Fuck-You-Philosophie auf sein gesamtes Gebaren projiziert, stellt sich eine weitere, ungemein reflektorische Frage: Aus welcher Motivation heraus ist man in der Lage, nach einer solchen Maxime zu verfahren: Mut oder Wut? [...]
[...] All diese oftmals am Selbstzweck nicht nur vorbeischlendernden Einschübe von Titten und noch mehr Titten retardieren das eigentliche narrative Tempo um so mehr. Interessant ist hier maximal die politische Parabel, die sich in Captain Flints Vorhaben reflektiert. Er selbst handelt nicht aus Habgier, wie es uns sein Ruf weismachen möchte, sondern mit Bedacht, um New Providence Island irgendwann in die Unabhängigkeit zu führen. [...] Nützt aber alles nichts, denn „Black Sails“ ist schwerfällig, glatt und uninteressant – die reinste Trivialkunst.
[...] Luchino Visconti lässt den so aufopferungsvoll agierenden und den sich der Umnachtung seiner historischen Vorlage ohne Kompromisse hingebenden Helmut Berger über 240 Minuten in das Dunkel seines Herzens herabsteigen und bringt das instabile Seelenleben des absolutistischen Monarchen pointiert zum Ausdruck: „Ludwig II“ ist vor allem das Porträt eines Mannes, der lernen musste, dass es in seiner Welt keinen Platz mehr für Träume geben wird. Die Kunst, also der von ihm heiliggesprochene Richard Wagner, und die Frauen, die von ihm vergötterte Elisabeth, standen zu Ludwig prinzipiell in einem transzendenten Verhältnis. Um dieses aber zu einer höheren Erkenntnis zu schrauben, fehlte ihm schlichtweg die Fähigkeit, Hypnose von Delirium zu differenzieren. Im Kern ist dies eine tieftraurige Geschichte, eingebettet in herrlichen, pittoresken Fotografien, die einen Menschen dokumentiert, in dessen verschwenderischen Leben das Schweigen letztlich am schwersten wog.
[...] Man kommt nicht umhin zu sagen, dass auch „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“ extra für die Oscar-Season produziert wurde, doch im Gegensatz zu vielen, vielen anderen Vertretern des Biopic-Topos hat man es hier wenigstens bewerkstelligt, die Größe seiner Hauptfigur nicht zu banalisieren, sondern immer den Glanz des Rätselhaften beizubehalten. Die Zeit, von der „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“ berichtet, ist ohnehin vom Imaginieren und Täuschen dominiert, während Mark Strong als MI-6-Vorgesetzter den herrischen Puritanismus wie den ekelhaften Zynismus einer Institution repräsentiert, die ihre Helden für einen Krieg über die Klingen springen lässt, der doch vor allem Spaß machen sollte. „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“ ist schickes Historienkino, nicht frei von Unwahrheiten und Schönheitsfehlern, aber einnehmend gespielt und mit ehrenwerten Absichten behaftet.
[...] „Los Ángeles“ ist selbstredend ein Projekt, das sich auf dem Fundament höchster Ambitionen bewegt; das von intimen Gefühlen katalytisch angetrieben ist, aber – und das ist ganz entscheidend – niemals dramatisiert oder wertet. [...] „Los Ángeles“ macht dem Zuschauer in semi-dokumentarischer Handhabung deutlich, dass diese Welt, die er zeigt, nicht änderbar ist. Wir, die wir von außen auf all die sozialen Brandherde blicken, können nichts dagegen tun, wir können es schlicht nur hinnehmen. [...] Die naturalistische Milieu-Etablierung als von Religion und Gewalt geprägtes Sittengemälde folgt einem rigorosen Umfang an Authentizität: Wenn „Los Ángeles“ eine Sache ist, dann wohl wahrhaftig. Da stört es im Endeffekt auch eher weniger, dass Damian John Harper im Kern eine altbekannte Geschichte von der Zerrüttung mutgebender Illusion und dem strapaziösen Weg vom Kind zum Manne ausbreitet.
[...] „Birdman (oder die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)“ ist auch eine mit galligem schwarzen Humor angereichte Reflexion über die Existenz als Schauspieler; eine Meditation über das Streben nach Größerem und dem permanenten Ringen mit beißenden Selbstzweifeln, die nicht zuletzt aus oftmals zutiefst verletzenden Gegenüberstellung von Selbst- und Öffentlichkeitswahrnehmung keimen. Das Theater per se ist ein Ort, an dem sich Sündenbabel und Purgatorium kreuzen und die niemals stillstehende Kamera von Emmanuel Lubezki das kreiselnd-abtastende Instrument, welches sich durch die Eingeweide der Kunst bis in den wirren Kopf des ehemaligen Superhelden bohrt. Das polternde Drum-Arrangment, welches wie eine Lawine über die Tonspur rollt, akzentuiert nicht nur die formale Dringlichkeit von „Birdman (oder die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)“, sie symbolisiert das Seelenleben der Protagonisten, die Ruhelosigkeit und die Mobilisierung letzter Willenskraft, den inbrünstig-schizophrenen Widerstand gegen die alles zerfressende Unbedeutsamkeit. [...]
[...] Am Ende kommt „Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück“ zu folgendem Entschluss: Jeder ist zum Glück verpflichtet. Punkt. Diese Erleuchtung verortet der Film auf konservativen Werten und fühlt sich dann auch ganz schön irre, weil er die Ordnung gegen das "Chaos" (also Tomatensoßenspritzer auf der Brille, uiuiui) auszutauschen glaubt. Das Glück kommt also einem Zwang gleich. Welch Zynismus, gerade im Kontext der Szenen in China und Afrika, in denen Hector Zeuge heftigster Ungerechtigkeit wurde. In diesem Sinne: Nun seid doch endlich mal glücklich, ihr Zwangsprostituierten und Kindersoldaten, ihr HIV-Infizierten, die ihr in Entwicklungsländern mit Fliegen in den Augen elendig dahinsiecht. Hector ist es doch auch.
[...] „American Sniper“ ist ein Film geworden, der die menschliche Größe Clint Eastwoods vermissen lässt und stattdessen den notwendigen Kampf der stolzen Amerikaner gegen die bestialischen „Wilden“ (darunter auch ein Iraker, den sie nur „The Butcher“ nennen, der Kindern mit einer Bohrmaschine in den Schädel bohrt und Frauen die Gliedmaßen abschlägt) anstrebt, um Chris Kyle ein Denkmal zu errichten. Inszenatorisch ist das, bis auf einige stilistische Ausrutscher, alles vollkommen in Ordnung, die staubigen Gefechte sind zum Teil wirklich großartig gefilmt wie geschnitten, aber all das rettet „American Sniper“ keinesfalls vor seinem über alle Maße verwerflichen Weltbild. Dass „American Sniper“ in den Vereinigten Staaten schon jetzt zum Box-Office-Phänomen gekürt wurde und ein Einspielergebnis erzielt, welches sonst nur Superheldenadaptionen vorbehalten ist, spricht wohl für sich.
[...] „GoodFellas – Drei Jahrzehnte in der Mafia“ hingegen wird seinem gar schillernden Ruf gerecht, denn Nicholas Pileggi und Martin Scorsese veranschaulichen in einer kongenialen Fasson, dass dieser von Testosteron geschwängerte Affenzirkus, diese alberne Gangsterposen, einzig und allein auf Opportunismus und Egoismus basieren. Das familiäre Geflecht wird dekonstruiert und die Maschen der Loyalität halten nur so lange zusammen, wie der Rubel rollt. [...] Martin Scorsese, seit jeher passionierter Stilist gewesen, darf such hier auf dem Zenit seines Schaffens beweisen, lässt die herausragende Kameraführung vom inzwischen tragisch erblindeten Michael Ballhaus mit den zeitgenössischen Musikeinspielern eine massive Allianz eingehen, die Filmfreunde ob der kinematographischen Virtuosität zum Zungeschnalzen verleitet. [...] Ohnehin passt in „GoodFellas – Drei Jahrzehnte in der Mafia“ jeder Stein auf den anderen, was nicht zuletzt auf das brillant auffahrenden Schauspieltrio um Ray Liotta, Robert DeNiro und Joe Pesci zurückzuführen ist, die alles in ihre Rolle werfen, die zwischen abstoßend-borniert und zerstörerisch-human jedwede Facette organisch ausspielen, um sich letztlich auch gegenseitig den Löwen zum Fraß vorzuwerfen. Das schöne Leben als Gangster? „GoodFellas – Drei Jahrzehnte in der Mafia“ schlägt es wie Kaminholz in zwei Teile. [...]