Stefan Ishii - Kommentare

Alle Kommentare von Stefan Ishii

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    "Ode to My Father" ist Hochglanzkino, das sich in erster Linie an das koreanische Mainstream-Publikum richtet. Man hat einen beliebten Regisseur und große Stars in den Hauptrollen, die hier auch tatsächlich gute Schauspielleistungen abliefern. Der Humor ist jedoch ganz sicher Geschmacksache. Wer auf emotionale Überhöhung (Achterbahnfahrt der Gefühle) und oberflächliche Unterhaltung mit einem Anstrich von Ernsthaftigkeit steht, soll sich das gerne anschauen. Zwischendurch begegnet die Hauptfigur auch berühmten, koreanischen Persönlichkeiten, wie dem Hyundai-Gründer Chung Ju-yung, einem beliebten Sänger oder einem erfolgreichen Ringer. Lange bevor diese wirklich erfolgreich oder berühmt waren. In Korea wird das Ganze bestimmt ein großer Erfolg sein. Mein Fall ist das nicht.

    Was den Film aber wirklich zu einem Ärgernis für mich macht, ist etwas völlig anderes. Wenn man sich die Handlung grob anschaut, erwartet man eigentlich einen wirklich guten Film. So ging es mir zumindest. Die Geschichte eines Mannes vom Koreakrieg bis heute. Klingt doch wirklich super interessant, möchte man meinen. Youn erzählt von einem exemplarischen Einzelleben als Schablone für die koreanische Geschichte. Dazu wählte der Regisseur vier entscheidenden Ereignisse: den Koreakrieg, die staatlich veranlasste Ausreise von Arbeitskräften nach Deutschland (Bergarbeiter und Krankenschwestern), um Geld ins Land zu bekommen, den Einsatz im Vietnamkrieg sowie die hochemotionalen Familienzusammenführungen im Jahre 1983. Naja, okay. Ich will dem Film keinesfalls Geschichtsrevisionismus vorwerfen, schließlich zeigt er ja (soweit ich das einschätzen kann) auch nichts Falsches. Er lässt hingegen relevante Dinge einfach aus. Alles was man sieht, zielt darauf ab, hervorzuheben, dass es Korea heute hervorragend geht. Es fängt mit dem Koreakrieg an. Gezeigt wird hier die dramatische Evakuierung von Tausenden von armen Koreanern in Hungnam vor den Chinesen durch die Amerikaner. Die SS Meredith Victory rettete hier tatsächlich um die 14.000 Flüchtlinge. Eine Beteiligung von nordkoreanischen Streitkräften in diesem Krieg findet hier aber merkwürdigerweise keinen Platz. Noch viel schlimmer ist jedoch das Ausblenden der Militärdiktatur, die 1961 die Macht in Südkorea ergriff. Im Grunde wurde erst 1981 das Kriegsrecht zurückgenommen. Ein wirtschaftlicher Aufschwung erfolgt erst danach. Aber ein solch wichtiges Kapitel südkoreanischer Geschichte wird einfach nicht erwähnt. Lieber zeigt man (die wirklich bewegenden) Familienzusammenführungen im Jahre 1983. Es ist doch alles so schön. Uns geht es so gut. Es lebe Korea! Ich fürchte, den Vorwurf einer allzu nationalistischen Denkweise, muss sich der Film gefallen lassen. Ich will jetzt an dieser Stelle keine politische Diskussion vom Zaun brechen, ob Nationalismus an sich etwas Schlechtes ist, aber es hat nach meinem Dafürhalten nichts in einem Film und schon gar nicht in kommerzieller Unterhaltung zu suchen.

    Die weibliche Hauptdarstellerin Kim Yunjin, die ich seit dem hierzulande relativ unbekannten Film Heimliche Liebe aus dem Jahre 2002 wirklich sehr mag, ist eine in Seoul geborene, amerikanische Schauspielerin ist bei vielen jedoch für andere Filme (z.B. "Shiri") und für ihre Beteiligung an der TV-Serie "Lost" bekannt und in Korea ein großer Star.

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    • Dass "Eisenstein..." nichts bekommen hat, fand ich schon etwas enttäuschend, aber insgesamt war der Jahrgang 2015 schon recht stark, soweit ich das zumindest einschätzen kann.

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      • Ich habe ja ein paar Filme in den letzten 10 Tagen gesehen, aber nicht einer davon hat einen relevanten Preis erhalten :)

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        • Ui, ohweh, wieso hat dir die Kammerzofe denn nur so garnicht gefallen? Ich fand den Film wirklich großartig.

          • Ich freue mich schon sehr auf deine Berichte und Eindrücke. Viel Spaß beim Gucken!

            • Die Einladung in euer Büro nehme ich natürlich gerne an. Wir machen uns gleich auf den Weg ;)

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              • Bisher mein Liebling unter deinen Petite Mariepilot Beiträgen...

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                • Stefan Ishii 28.01.2015, 23:59 Geändert 29.01.2015, 00:06

                  Dass einer der besten Filme des Jahres 1994 bei dir erst auf Platz 24 rangiert, geht gar nicht ;)

                  Meine Top 5 sähe eher so aus:
                  1. Drei Farben - Rot
                  2. Chungking Express
                  3. Pulp Fiction
                  4. Leben!
                  5. Leon - Der Profi

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                    Stefan Ishii 28.01.2015, 23:05 Geändert 28.01.2015, 23:22

                    "Heshang aiqing" (wörtlich übersetzt eigentlich "Liebe auf dem Fluss") läßt mich etwas ratlos zurück. Jia Zhang-ke zeigt uns das Wiedertreffen zweier ehemaliger Pärchen am College. Das eine wird gespielt von Jias Standarddarstellern (Zhao Tao and Wang Hongwei); das andere von den Hauptdarstellern aus "Summer Palace" von Lou Ye (Hao Lei and Guo Xiaodong). Der Film, mit seiner schön melancholischen und nachdenklichen Atmosphäre, beginnt zwei eigentlich sehr interessante Geschichten zu erzählen, ist aber einfach zu kurz für meinen Geschmack. Sobald man die Figurenkonstellation begriffen hat, ist der Kurzfilm auch schon wieder vorbei.

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                      Stefan Ishii 26.01.2015, 22:00 Geändert 26.01.2015, 23:55

                      Was sich im ersten Film von Jia Zhang-ke leider nur andeutete, kommt hier in seinem zweiten Werk voll zum Tragen. Jias wundervoller Erzählstil, seine unaufgeregte Bildsprache sowie seine Themen treffen genau meinen Geschmack. Der Film wirft einen differenzierten Blick auf einfache Landleute vor dem Hintergrund großer staatlicher Veränderungen; sie bleiben aber stets distanziert und kühl. Ihre Hoffnungen, Enttäuschungen und Probleme dienen als Relexionsfläche einschneidender gesellschaftlicher Umwälzungen nach dem Tode Maos. China ist im Umbruch, aber nicht jeder kann oder will da mithalten. Der genaue Zeitpunkt des Geschehens ist zumeist aus Radio- oder Fernsehübertragungen ableitbar. Alles passiert auf einem sehr zurückhaltenden, subtilen Niveau. Ich habe das Gefühl, dass "Der Bahnsteig" bereits der beste Film von Jia Zhang-ke sein dürfte.

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                      • Hast du nicht auch schon "Honig im Kopf" geschaut? ;)

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                        • Stefan Ishii 19.01.2015, 15:44 Geändert 19.01.2015, 15:45

                          "kleiner, banaler, aber persönlicher Text"

                          Das Persönliche an deinem Text macht ihn doch gerade sehr sympathisch. Gefällt mir... Es ist wirklich schade, dass du dieses Jahr leider nicht dabei sein kannst.

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                            Stefan Ishii 19.01.2015, 15:38 Geändert 19.01.2015, 15:55

                            "Tôkyô no yado - Eine Herberge in Tokio" war einer von Ozus letzten Stummfilmen. Er schuf 1935 ein sympathisches kleines Werk mit bewegender Handlung und wirklich gutem Ende. Als sehr interessant empfand ich die gestalterische Umgebung; symbolisch für den japanischen Verfall während der Depressionszeit. Die mit Armut und Arbeitslosigkeit kämpfenden Menschen bewegen sich in heruntergekommenen, verlassenen Gegenden mit leeren Kabeltrommeln und Schrott.

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                            • Na da werde ich die Tage wohl meinen zweiten Blog-Beitrag verfassen müssen...

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                              • Na dann viel Erfolg. Da ich aus persönlicher Erfahrung eher pessimistisch in Sachen Jobsuche bin, tippe ich leider etwas höher. Drücke aber natürlich die Daumen, dass es erheblich schneller geht...

                                Mein Tip: 738

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                                • Sehr schöne Zusammenfassung, die so in etwa auch bei mir ausfallen würde. Zwar gefiel mir die Selbstzitierung des bei mir inzwischen etwas in Ungnade gefallenen Scorsese etwas weniger und mit "Snowpiercer" hatte ich erhebliche Probleme, aber ansonsten teile ich viele deiner Ansichten. Ich habe aber auch viele Sachen verpasst. Sehr gespannt bin ich noch auf "Norte, The End Of History", obwohl ich ja eigentlich fast noch mehr Interesse an den 10-Stunden-Filmen des Regisseures habe. Aber "Norte" wird demnächst im Kino geschaut. Definitiv.

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                                  • Sehr schön. Kommen die fehlenden Kommentare noch?

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                                      Stefan Ishii 27.12.2014, 22:22 Geändert 04.05.2015, 19:10

                                      Der Film von Barbet Schroeder hat aus meiner Sicht unübersehbare Schwächen (z.B. im Schauspiel sowie im Erzähltempo und Storyaufbau zu Beginn), aber die allgemeine Geschichte, die wunderschönen Bilder von Néstor Almendros und die fasziniernde Stimmung mit Sogwirkung machen aus "More" mehr als nur einen merkwürdigen Road Movie/Drogenfilm mit Pink-Floyd-Soundtrack.

                                      Auf dem ersten Blick nicht minder merkwürdig und faszinierend aber in seinem Erzählrhythmus erheblich runder und schauspielerisch grundlegend überzeugender erscheint mir eine weitere Zusammenarbeit zwischen Schroeder, Almendros und Pink Floyd: "La Vallée - Obscured by Clouds" von 1972.

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                                      • Aufgefangen. Werde mich aber erst morgen damit beschäftigen können. Mal schauen, so viel hab ich dieses Jahr garnicht gesehen. Ich werde mein Bestes geben...

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                                        • Stefan Ishii 24.11.2014, 14:51 Geändert 24.11.2014, 14:56

                                          Hab mal auf "Gefällt mir" gedrückt. Aber in erster Linie, weil dieser Film ein toller TV-Tipp ist, den ich ebenfalls nur empfehlen kann.

                                          Das Zitat aus dem Tagesspiegel (!, hätte man da nicht etwas anderes finden können?) hat mir leider weniger gefallen: "[...] darüber hinaus aber entwickelt der Regisseur weder ästhetisch noch narrativ oder gar moralisch eine markante Perspektive." Ästhetisch und narrativ ist der Film genau das, was er sein sollte. Warum sollte man dem etwas künstliches aufdrücken, das eher ablenkend als unterstützend wirken würde? Und eine moralische Perspektive sollte der Zuschauer und nicht der Film entwickeln, oder? Naja, da hab ich wohl ein andere Auffassung von Film als der Kritiker.

                                          Außerdem: "Aufkommende Längen" konnte ich nicht ausmachen. Dass Isabelle Huppert wie gewohnt überzeugt, stimmt hingegen (zumindest was die ruhigen Szenen mit ihr betrifft) und ist natürlich ein riesen Pluspunkt des Filmes.

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                                            Stefan Ishii 24.11.2014, 14:13 Geändert 24.11.2014, 16:59

                                            "L'Important c'est d'aime - Nachtblende". Mein zweiter Film von Andrzej Żuławski in wenigen Tagen (nachdem ich "Possession" vor zwei Tagen sah) und ich bin leider erneut etwas zwiegespalten. Żuławskis Beziehungsthemen interessieren mich durchaus. Auch die Geschichten finde ich an sich nicht schlecht. Seine Annäherung an diese muss man jedoch mögen. Mir persönlich ist das leider etwas fern. Eine meterdicke Schicht an Brimborium machen es mir stellenweise unmöglich zu den Gefühlen seiner Figuren vorzudringen. Grandioses Schauspiel wechselt sich durchgängig mit anstrengender Exzentrik ab. Berührende Emotionen gibt's eigentlich nur in Romy Schneiders Szenen. Sonst mehr Bild und Tat als tatsächliches Gefühl.

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                                            • Stefan Ishii 22.11.2014, 00:20 Geändert 22.11.2014, 01:20

                                              Stanley Tucci ♥♥♥ Bin ein großer Fan seit seiner Rolle als Richard Cross in "Murder One".

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                                                Stefan Ishii 21.11.2014, 21:37 Geändert 22.11.2014, 01:46

                                                Ich muss zugeben, dass mich die Klasse von "Chichi ariki - Es war einmal ein Vater" schon etwas überrascht hat, weil der Film im Jahre 1942 entstand. Also während der Kriegsjahre! Und wenn man sich mit japanischer Filmgeschichte beschäftigt, weiß man, dass zu dieser Zeit die Filmschaffenden gewissen Regeln und Zwängen unterworfen waren.

                                                Aber Krieg spielt lediglich in Andeutungen eine Rolle und japanischer Patriotismus wurde auf ein Minimum reduziert. [Im Booklet ist jedoch zu lesen, dass die einzige auffindbare Kopie des Filmes eine von der US-Armee zensierte Schnittversion ist. Es wurden wohl beispielsweise am Ende beim Klassentreffen patriotische Reden und Lieder entfernt.] Mit dem Abbilden japanischer Heiligtümer wie dem Yasukuni-Schrein oder dem Großen Buddha vom Kōtoku-in-Tempel in Kamakura (da war ich schon persönlich und diese Szene hat schöne Erinnerungen bei mir hervorgerufen) habe ich wenig Probleme, auch wenn sie vielleicht gewisse Gefühle im japanischen Gemeinschaftssinn hervorrufen sollten.

                                                Der Film erzählt in einem zumeist traurigen Grundton äußerst einfühlsam vom alleinerziehenden Vater Horikawa Shuhei (erstmals gab Ozu seinem Lieblingsschauspieler Chishû Ryû die Hauptrolle) und dessen Sohn Ryohei. Wie in vielen späteren Filmen des japanischen Meisterregisseurs ist das zentrale Motiv von "Chichi ariki" eine Vater-Kind-Beziehung, die aufgrund von gesellschaftlichen Zwängen auf eine schwere Probe gestellt wird. Ozu beschreibt Aufopferung, Notwendigkeiten, Sehnsüchte und Traditionsdenken. Vielleicht anders als bei späteren Filmes akzeptiert der Sohn hier die Forderungen des Vaters und stellt seine eigenen Wünsche zurück. Im Gegenzug zeigt Ozu aber auch die schmerzlichen Opfer des Vaters.

                                                Trotzdem legt der Film großen Wert auf die Darstellung eines patriarchischen Weltbildes: Väterliche Befehle sollten befolgt werden und Jungen dürfen nicht weinen! Während Ryohei Ersteres stets erfüllt, so schafft der Sohn Zweiteres in einigen Momenten nicht. Seine Unfähigkeit Trauer und Schmerz in sich hineinzufressen und (eher untypisch japanisch) der Außenwelt vorzuenthalten, läßt ihn damit menschlich aus dem aufgezwungenen Symbolcharakter in Bezug auf Kriegsmoralität ausbrechen.

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                                                  Stefan Ishii 15.11.2014, 09:11 Geändert 15.11.2014, 09:16

                                                  Naziokkupation und dänischer Widerstandskampf in sehr düsteren und ausgedehnten Sequenzen, die aber äußerst stimmungsvoll sind und (insbesondere sobald die Handlung sich vollständig erschließt) wirklich rauh und wuchtig wirken. Lars von Triers Abschlußfilm für die Dänische Filmschule (Den Danske Filmskole) hat mir insgesamt wirklich gefallen.

                                                  Neben den gelblich beziehungsweise grünlich eingefärbten Bildern enthält "Befrielsesbilleder" authentische Aufnahmen aus den Tagen der Besatzungszeit. Ich habe gelesen, dass der Film der erste dänischer Schulfilm war, der tatsächlich in Kinos aufgeführt wurde. "Befrielsesbilleder" wurde sogar im Panorama der 34.Berlinale gezeigt. Eigentlich mehr als nur in Kurzfilm, finde ich.

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