Stefan Ishii - Kommentare

Alle Kommentare von Stefan Ishii

  • 6 .5

    Zwischen 1998 und 2002 begleiteten die beiden Regisseure mehrere Fischer auf den Azoren mit ihrer Kamera. Ursprünglich sollten sie für eine Fernsehdokumentation Material sammeln, waren jedoch mit dem Umgang des Fernsehsenders damit vollkommen unzufrieden. Nun haben sie es erneut gesichtet, bearbeitet und zu einem dokumentarischen Essayfilm zusammengefügt.

    Die Stärken des Filmes liegen ganz sicher nicht in den Bildern. Diese sind manchmal verwackelt, oft unscharf und immer grobkörnig. Stören tut dies jedoch nicht. Der Film bearbeitet eine Reihe an Themen wie die Arbeitsbedingungen, die Gefahren, Angst vor der Zukunft und nicht zuletzt gesellschaftliche Veränderungen. Am wichtigsten ist es den Filmemachern allerdings, von ihrer Freundschaft zu den Fischern zu berichten. "Fish Tail" ist immer dann am stärksten, wenn er ein wundervoll herzliches Mitgefühl für einen Menschenschlag vermittelt, der nicht einmal in seiner Heimat wirklich wertgeschätzt wird. Das Fischereigeschäft hat für die kleinen Leute kaum Zukunft. Aufgrund einer gewissen Alternativlosigkeit klammern sie sich natürlich trotz aller hochtechnologischer Konkurrenz an ihren Lebensstil.

    Der Film hat zwischendurch sicherlich mal seine Längen oder Schwächen, aber es lassen sich auch sehr schöne Momente entdecken, beispielsweise wenn ein Fischer, der tatsächlich nicht schwimmen kann, dies erlernen möchte.

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    • 8 .5

      Benoît Jacquots Film ist bereits die dritte, mir bekannte Verfilmung des wunderbaren Romanes von Octave Mirbeau um das Schicksal der Kammerzofe Célestine. Der Regisseur des großartigen Filmes "Villa Amalia" tritt dabei in wirklich riesige Fußstapfen. Haben sich doch bereits Jean Renoir (1946) und Luis Buñuel (1964) mit dem Stoff beschäftigt. Aber Jacquot steht hier den beiden Meistern in nichts nach. Dies hätte ich eigentlich vorher nicht erwartet. Und noch viel mehr: Jacquot katapultiert gekonnt die Gesellschaftssatire und Kritik des Romanes an der Bourgeoisie in ein modernes Filmgewand, ohne es seiner Zeit zu entreißen. Er kann der Geschichte sogar neue Seiten abgewinnen. Zunächst hatte ich die Befürchtung, der Film erzählt die bekannte Geschichte einfach nach oder macht daraus einfach ein Sittengemälde oder gar einen Kostümfilm. Doch glücklicherweise legte sich diese Angst bei mir nach vielleicht 30 Minuten. Und je länger der Film ging, desto begeisterter wurde ich. Jacquot näherte sich dem Stoff auf ähnliche Weise wie zuvor der grandiose Buñuel. Am Ende fühlte ich mich jedoch fast eher in einen Claude-Chabrol-Film aus den 60er oder 70er Jahren versetzt. So bissig und bitterböse geht er mit dem Thema des Einflusses der oberflächlich betrachtet, schwächeren Bediensteten in einer (vielmehr sogar umgekehrten) Machtkonstellation um, dass ich vor Freunde und Begeisterung hätte jubeln wollen.

      Der vielleicht einzige Punkt, in dem mir dieser Film hier im Vergleich zu Buñuels Werk unterlegen erscheint, liegt in der Hauptdarstellerin. Dies ist jedoch zugegebenermaßen etwas unfair von mir. Léa Seydoux setzt Célestine grandios um, was sich hauptsächlich mit ihrem selbstbewussten und sogar herablassenden Auftreten auszeichnet. Sie lässt dadurch den Film wirklich modern erscheinen, obwohl er vor über 100 Jahren spielt. Allerdings würde ich ihr trotz allem jederzeit die unbeschreibliche Jeanne Moreau vorziehen. Aber ich muss mir wohl eingestehen, dass Jeanne in dieser Neuverfilmung auch nicht besser hätte sein können.

      Obwohl mir "Villa Amalia" von 2009 (mit Isabelle Huppert und Jean-Hugues Anglade in den Hauptrollen) so unglaublich gut gefallen hatte (9,5 Punkte sprechen wohl für sich), ist "Tagebuch einer Kammerzofe" erst der zweite Film von Benoît Jacquot, den ich gesehen habe. Daran muss sich wohl schnellstmöglich etwas ändern und ich sollte mir seine Filmographie mal etwas genauer anschauen.

      Etwas überrascht hat mich, im Abspann die Namen der Dardenne-Brüder (Jean-Pierre und Luc) unter den Produzenten zu finden. Mich würde brennend interessieren, wie es zu dieser Zusammenarbeit mit dem belgischen Geschwisterpaar kam?

      6
      • 7

        Der argentinische Regisseur Marco Berger ist für mich der gegenwärtige, ungekrönte König des schwulen Filmes. Er gewann bei der Berlinale 2011 mit seinem Film "Ausente" den Teddy Award für den besten schwul-lesbischen Film. Auch mich konnten sowohl "Ausente" als auch der Vorgängerfilm "Plan B" absolut überzeugen. Mit seinem neuesten Film "Butterfly" verlässt er etwas seine typischen Pfade und arbeitete erstmals nun auch mit weiblichen Darstellern. Gänzlich unter den Tisch fallen lässt er sein Kernthema jedoch nicht.

        "Butterfly" basiert auf einer wundervollen Grundidee. Der Film erzählt zwei Geschichten mit den gleichen Figuren, die jedoch verschiedene Verläufe nehmen. Der Schlag eines Schmetterlings entscheidet darüber, ob eine junge Mutter ihr Kind aussetzt oder weiter großziehen möchte. Beide Geschichten werden als parallel ablaufende Möglichkeiten gezeigt. Dabei arbeitet Berger mit viel Liebe und Witz. Spielerisch wechselt er von einer zur anderen Geschichte und zeigt Unterschiede und Gemeinsamkeiten.

        Man kann sicherlich über die Theorie der Wahrscheinlichkeiten streiten oder ob dies oder jenes wirklich sinnvoll ist, aber "Butterfly" überzeugt einfach aufgrund seiner Leichtfüßigkeit, seines Charmes und den wundervollen Darstellern.

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        • 7 .5
          über Mar

          "Mar" ist defenitiv kein Film für Menschen, die eine klare Handlung brauchen. Im Grunde beobachtet man innerhalb der 60 Minuten Laufzeit die Figuren während eines Strandurlaubes. Das klingt zunächst banal und im Grunde sind auch größtenteils nur Banalitäten des Alltäglichen eingefangen. Aber darüber hinaus beleuchtet der Film auf ruhige, aber stets konzentrierte Weise die Beziehungen der Hauptfigur Martin sowohl zu seiner Freundin als auch zu seiner Mutter. Wer sich auf so etwas einlassen kann, bekommt einen sehr interessanten Film zu sehen. Und die Personenkonstellation gibt in der Tat mehr her als man zunächst vermuten möchte. Die feinen Töne zwischen den Dialogzeilen geben Aufschluss zu Gefühlslagen und Stimmungen. Die Umgebung der Figuren reflektiert dabei auf symbolische Art ihre Gefühlswelt. Die Kamera beobachtet in den meisten Szenen das Geschehen aus einem festen Blickwinkel und in vielen Momenten ist lediglich ein Ausschnitt zu sehen. Oder die Kamera zeigt nichts davon und man hört lediglich die Personen.

          Der Film wurde innerhalb von 8 Tagen realisiert. Die Regisseurin verbrachte quasi mit einer kleinen Gruppe von Leuten einen Urlaub in Argentinien, während dem dieser Film realisiert wurde. Es gab kein wirkliches Drehbuch. Nur die Charaktere wurde vorher festgelegt. Der Rest kam spontan und zufällig. Sogar eine Naturkatastrophe mit einigen Toten während des Drehs fand Eingang in den Film. Insgesamt hat Mar 5000 Dollar gekostet und wurde komplett ohne Förderung realisiert. Die Crew und die Darsteller arbeiteten ohne Entlohnung. Man hatte nur eine kleine Digitalkamera zur Verfügung mit der sämtliche Szenen gedreht wurden - egal ob Tag- oder Nachtaufnahmen. Die chilenische Regisseurin Dominga Sotomayor Castillo lieferte trotz der Umstände einen starken Film ab.

          5
          • 7

            Das Spielfilmdebüt von Filipe Matzembacher und Marcio Reolon ist laut eigener Aussage autobiographisch motiviert. Sie verpackten ihre Lebensgeschichten in ein gemeinsames Drehbuch. Aber so recht verstehe ich nicht die Notwendigkeit von "Seashore".

            Auch wenn mir die Bilder, die allgemeine Stimmung von Freundschaft und Zärtlichkeit sowie die atmosphärische Dichte sehr gefallen haben, ist "Seashore" nicht mehr als ein netter Coming-Out-Film, wie man ihn schon zu oft gesehen hat. Man bekommt eine Reise zweier Freunde zu sehen: Martin muss eine mysteriöse Familienangelegenheit regeln und der insgeheim schwule Tomaz begleitet ihn. Sie feiern, treffen Leute und vertreiben sich die Zeit mit Müßiggang. Man kann an dieser Stelle sicherlich schon erahnen wie der Film endet. Während mich Martin und seine Familiengeschichte kaum interessierte, ist Tomaz’ Charakter viel sympathischer und berührender.

            "Seashore" tut niemandem weh und ist stellenweise wirklich warmherzig und liebevoll. Wenn man mal keine Lust auf hochemotionale Probleme hat, ist "Seashore" genau das Richtige.

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            • 6 .5

              "An Actor’s Revenge" ist Kon Ichikawas zweiter Film, der in der Zeit der Shogune und Samurais spielt. Leider kann ich mit dieser Thematik oft wenig anfangen. Allerdings wirkt "An Actor’s Revenge" keinesfalls wie ein Kurosawa- oder Mizoguchi-Film. Er erscheint viel moderner, da er ein künstlich geschaffenes Gefühl eines abgefilmten Kabukitheaters vermittelt. Das Set ist oftmals sehr reduziert. Ichikawa versteckt diese Künstlichkeit nicht, vielmehr nutzt er sie zu seinen Gunsten. Dieser überhöhte Stil und die Dialoglastigkeit machen ein Verständnis nicht immer einfach, machen aber einen wirklich guten Film aus, der mich eigentlich weniger interessierenden Handlung.

              Ich kann "An Actor’s Revenge" intellektuell und künstlerisch wertschätzen, wirklich lieben kann ich den Film jedoch nicht. Das liegt wohl vor allem in der Tatsache begründet, dass mir der von Kazuo Hasegawa verkörperte Yukinojo und seine Motivation leider bis zum Ende fremd bleibt. "An Actor’s Revenge" ist übrigens Hasegawas 300.Film; schon irgendwie verrückt.

              7
              • 6 .5

                An "Paradise in Service" von Doze Niu an hatte zuvor erstmal nur geringe Erwartungen, weil mir die Unterhaltungsfilme von Doze Niu bisher wenig zugesagt haben ("Monga - Gangs of Taipeh" oder die romantische Komödie "Love"). Umso überraschter war ich, als ich in den Credits las, dass der große Hou Hsiao-hsien den Film präsentiert (und wie ich im Abspann noch erfahren konnte als "Editing Adviser" oder so tätig war).

                "Paradise in Service" berichtet von einem interessanten Aspekt im Konflikt zwischen Taiwan und Festlandchinas: den halboffiziellen Bordellen, die ab den 60er Jahren betrieben wurden, um taiwanesische Soldaten bei Laune zu halten. Dabei greift er durchaus problematische Aspekte auf, die seinerzeit einfach unter den Teppich gekehrt wurden. Doze Niu liefert hiermit zwar seinen bisher interessantesten, relevantesten und vielleicht besten Film ab, aber als guten Regisseur würde ich noch nicht bezeichnen. Allzu oft driftet er ab in seine Klischees aus romantischen Komödien. Außerdem erscheint mir die Kamera viel zu farbgesättigt. Ein bisschen weniger Farbe und der Filme würde nicht so künstlich auf mich wirken.

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                • 6

                  "The Voice of Water" von Masashi Yamamoto konnte mich nicht überzeugen. Man merkt dem Film einfach seinen unprofessionellen Ursprung an. Er ging aus einem Workshop für angehende Schauspieler hervor. Das schlägt sich in einigen negativen Dingen nieder. Es gibt beispielsweise zu viele unrelevante Nebenhandlungen, die auf die eigentliche Geschichte kaum Einfluss haben und nur vom Thema ablenken. Dass der Film mit seinen 129 Minuten einfach zu lang ausfällt, ist auch diesem Grund zuzuschreiben.

                  Die Geschichte ist eigentlich ziemlich interessant: Eine koreanisch-stämmige Japanerin gründet eine merkwürdige Sekte, um den Menschen helfen zu wollen. Zur ihr kommen Vergewaltigungsopfer, Kranke, Arbeitslose und sonstige Aussenseiter. Aus der offensichtlichen Scharlatanin wird eine Hoffnungsträgerin, eine Symbolfigur. Wirklich eine schöne Satire bis dahin. Leider mischen im Verlauf noch windige Geschäftemacher, familiäre Probleme und die Yakuza mit und der Film verliert sich etwas. Eigentlich schade, sind die Schauspieler doch wirklich nicht schlecht. Auch einige der Figuren wirken äußerst sympathisch. Insgesamt fand ich "The Voice of Water" leider jedoch auch relativ langweilig.

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                  • 4 .5

                    "Dari Marusan" von Izumi Takahashi zeichnet ein düsteres Bild der japanischen Gesellschaft. Die merkwürdig gemeinschaftliche Akzeptanz von Gewalt gegenüber Angestellten oder Schwächeren sowie die Hinnahme dessen durch die Opfer, weil sie sich nicht zur Wehr setzen wollen oder können, führt zu Veränderungen und Spätfolgen. Die Opfer von heute sind die Täter von morgen, so meint Takahashi. Gewalt erzeugt Gewalt. Immerhin gibt die Titelfigur, die taube Dari, Anlass zur Hoffnung. Sie wirkt als einzige stark und möchte ihr Schicksal nicht akzeptieren. Gesellschaftlich wird sie aufgrund ihrer Behinderung zur Aussenseiterin degradiert und als die scheinbar Schwächste angesehen. Aber Takahashi läßt sie zur Botschafterin werden: Die Kettenreaktion aus Gewalt und Druck läßt sich nur unterbrechen, wenn die Menschen im Umfand mit Mitgefühl und Liebe zu den Opfern stehen.

                    Intellektuell kann ich die Absicht des Filmes verstehen, aber leider machen es mir die Widerwärtigkeiten in der ersten Hälfte des Filmes unmöglich ihn zu mögen. Typisch japanisch, möchte man meinen. Es gibt immer wieder solche Filme, die schlicht zu überzeichnet in ihrer Extreme sind. Außerdem ist der No-Budget-Film auch objektiv gesehen ziemlich schwach.

                    Der Regisseur, der sich seine Brötchen durch kommerzielle Drehbücher verdient, zeigten seinen letzten Film "Musunde-Hiraite" im Forum der Berlinale 2008. Auch dieser Film hatte mir überhaupt nicht gefallen. Auch einer der Darsteller, Hiromasa Hirosue, ist in beiden Filmen vertreten gewesen. Er ist mir noch sehr "gut" im Gedächtnis geblieben. Er hat eine erschreckend in Erinnerung bleibende Präsenz auf der Kinoleinwand.

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                    • 7 .5

                      "Every Thing Will Be Fine" von Wim Wenders hat mir tatsächlich gefallen. Vielen Zuschauern ging es jedoch ganz offensichtlich vollkommen anders. Die Reaktionen waren eher verhalten. Bin ich zu unkritisch? Oder will ich einfach, dass mir die Filme gefallen? Jedenfalls hat mich die Geschichte und dessen Umsetzung wirklich in ihren Bann gezogen. Das Erzähltempo empfand ich als hervorragend. Das Schauspiel war mindestens okay. James Franco scheint manchmal vielleicht etwas blass zu bleiben, aber seine Langsamkeit und seine Verschlossenheit machen ihn zur perfekten Besetzung in diesem Film. Die Musik war vielleicht etwas übertrieben. Und mit dem 3D hatte ich zunächst auch meine Probleme. Ich fragte mich vorher, warum Wenders diese Geschichte unbedingt so drehen mußte. Aber eigentlich verlieh die Künstlichkeiten der 3D-Bilder dem Film ein passendes Gefühl. Ich kann das irgendwie kaum in Worte fassen. Die Figuren erscheinen möglicherweise etwas losgelöst von ihrer Umwelt; zumindest für Francos Figur Tomas passt dies ganz gut. Ob Wenders dies beabsichtigte weiß ich natürlich nicht, aber so habe ich es nun einmal empfunden.

                      Ich habe den Eindruck, dass viele mit Charlotte Gainsbourg wenig anfangen können, aber mir ist erneut klar geworden, wie wundervoll ich sie finde. Ihre Stimme, ihre Aussprache und ihre gleichzeitig existierende Stärke und Verletzlichkeit begeistern mich einfach immer wieder.

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                      • 8 .5

                        Ob man Terrence Malicks neuesten Film mag hängt wohl davon ab, ob man dessen Arbeit mag oder eben nicht. Wem "The Tree of Life" oder "To the Wonder" nicht gefallen, dem wird "Knight of Cups" ganz sicher auch nichts geben. Ich fand ihn jedoch wieder richtig gut. Eigentlich sogar besser als die beiden Vorgängerfilme. Sowohl thematisch wie auch stilistisch. Natürlich erfindet sich Malick hier nicht neu. Die Kameraarbeit von Emmanuel Lubezki ist vergleichbar mit den letzten Filmen, aber eben auch genauso grandios und überwältigend.

                        Der Film kann mit einem wundervollen Darstellerensemble aufwarten: Christian Bale, Natalie Portman, Freida Pinto, Cate Blanchett, Antonio Banderas, Brian Dennehy, Wes Bentley und sogar Armin Mueller-Stahl. Die bekannte Esoterik des Kinomagiers Malick ist erneut zu finden. Ich kann persönlich damit auch wenig anfangen, nur wirklich stören tut sie mich nicht. Das Verlangen nach Natur und der Wunsch nach einer anderen Weltverbundenheit kann eigentlich nur jemand haben, der sie verloren hat. Aber in Hollywood hat alles und jeder die Verbindung zur Realität verloren.

                        "Knight of Cups" greift genau diesen Gedanken auf und schickt seine Hauptfigur Rick, einen Filmemacher der Traumfabrik, auf eine Suche nach Anknüpfungspunkten. Er trifft seinen Vater, seinen Bruder, seine Exfrau und jede Menge weiblicher Gesellschaft, die mal mehr mal weniger Bedeutung für den Womanizer haben. Aber hilft ihm das? Er sucht in der Wüste, am Ozean, er sucht im Dschungel der Großstand Los Angeles, auf Partys oder auf Fotoshootings. In dem soghaften Bilderreigen, symbolisch für seine Gefühlslage, fällt es Rick jedoch schwer sich selbst und seine Existenz zu begreifen. Er sucht weiter. Weiß er überhaupt, was er sucht?

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                        • 8

                          "Jia Zhang-ke, a guy from Fenyang" ist vielleicht eher an Leute gerichtet, die sich etwas in der Filmographie Jias auskennen. Der Brasilianer Walter Salles läßt den chinesischen Regisseur und seine Mitstreiter zu Wort kommen und in Erinnerungen schwelgen. Dabei zeichnet er ein interessantes und stellenweise sogar emotionales wie persönliches Porträt. Salles' Kamera begleitet Jia zu seinen Ursprüngen in Fenyang und vergleicht Filmausschnitte mit dem aktuellen Zustand. Eine gewisse Chronologie und filmische Evolution innerhalb des Schaffens Jia Zhang-kes wird dabei eingehalten. Damit greift diese Dokumentation ein Thema Jias direkt auf: Die Veränderungen und dessen Wahrnehmen durch die Zeit. Salles nimmt sich hier selbst zurück. Er ist niemals Teil dieses Filmes. Das hat mir unglaublich gut gefallen. Es gibt auch keine Erzählerstimme, die in irgendeiner anderen Sprache etwas erklären will, was sowieso sichtbar sein sollte. Was der Film aber auf jeden Fall bei mir bewirkt hat, ist den Wunsch zu erwecken, Jia Zhang-kes Filmographie erneut zu durchwandern. Und mit "Welt Park Peking" fehlt mir ja sowieso noch ein wichtiges Teil.

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                          • 5 .5

                            "Gone with the Bullets" von Wen Jiang fängt furios an. Die Eröffnungsszene ist eine witzige Hommage an eine bekannte Szene aus "Der Pate". Wen Jiang, der nicht nur als Regisseur fungierte, sondern auch die Hauptfigur spielte, lieferte hier eine wirklich witzige Marlon-Brando-Imitation ab. Danach folgt eine berauschende Musical-Tanzeinlage, die aus einem Film von Baz Luhrmann entsprungen scheint. Alles deutete auf eine überdrehte Gangsterkomödie mit Musicaleinlagen hin. Das stimmt auch soweit, nur dass das Überdrehte langsam zurück geschraubt wird zu Gunsten einer 08/15-Geschichte mit viel Klamauk und etwas Langeweile. Auch die Musikszenen halten sich in einem überschaubaren Rahmen. Eigentlich schade, wie ich finde. Die letzte halbe Stunde hat mir dann auch überhaupt nicht mehr gefallen. Dass "Gone with the Bullets" der zweite Teil einer Trilogie ist, spielt keine Rolle. Und wirklich Interesse an den Vorgänger- bzw. Nachfolgefilmen kam jetzt bei mir nicht so recht auf.

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                            • 9

                              "Eisenstein in Guanajuato" von Altmeister Peter Greenaway ist einfach nur der Wahnsinn. Was uns der 1942 geborene Brite da serviert, habe ich in der Form wirklich nicht kommen sehen. Auch wenn Greenaway für außergewöhnliche Filme wie beispielsweise "Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber" bekannt ist, so hat mich sein neuester Film wirklich absolut überrascht. Ich muss aber auch zugeben, in den letzten Jahren wenig von ihm gesehen zu haben. Jedenfalls ist der neueste Film unglaublich rasant, modern und überwältigend. Ein Freund bezeichnete den Film schlicht als "mind-blowing".

                              Greenaway arbeitet mit Split-Screens, mit Collagen, mit überstilisierten Bühnen und Settings. Seine Experimentierfreude ist dabei so groß, dass dieser kreative Ansatz niemals langweilig wird. Er variierte und spielt damit auf so frische und wundervolle Art wie ich es schon lange nicht mehr im Kino erleben durfte. Ich lies auch nicht von der sexuellen Freizügigkeit des Filmes abschrecken, die in einer in der Form noch nie gesehenen Deutlichkeit eines schwulen Geschlechtsaktes gipfelt. Besagte Szene ist einfach nur unfassbar grandios inszeniert.

                              Der Film selbst berichtet von der Reise des exzentrischen, russischen Regisseurs Sergei M. Eisenstein nach Mexiko, um einen Film namens "Que Viva México" zu drehen. Dabei entdeckt er nicht nur eine neue Welt, sondern auch seine Homosexualität. Der Film beschäftigt sich im Grunde überhaupt nicht mit den Dreharbeiten, vielmehr dreht sich alles um die Person Sergei Eisenstein.

                              Der 1981 in Finnland geborene Elmer Bäck war mir bisher völlig unbekannt, sieht Sergei Eisenstein erstaunlich ähnlich und spielt den Exzentriker mit einer unfassbaren Kraft. Bäcks Leistung kann man als pure Naturgewalt beschreiben.

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                              • 6 .5

                                Der zweite Teil der Dokumentarfilmreihe "Nuclear Nation" von Atsushi Funahashi berichtet wie auch schon im ersten Teil von 2012 von den Menschen, die ihre Heimat verloren haben und jahrelang in Turnhallen, Schulen oder Behelfsunterkünften ausharren mussten, nachdem im März 2011 ein Erdbeben und ein anschließender Tsunami die Atomkatastrophe von Fukushima auslöste. Er zeigt die Sorgen und Nöte der Menschen. Er berichtet von politischen Unstimmigkeiten zwischen Regierung und Lokalpolitikern sowie dem Unverständnis der Bevölkerung. Aber auch wenn dieser Dokumentarfilm etwas runder und strukturierter wirkt als der erste Teil (der ja noch im direkten Eindruck der Katastrophe gedreht wurde), so hat er jedoch nicht wirklich viel mehr zu erzählen. Funahashi besucht die gleichen Orte und Personen erneut, die man aus dem ersten Film bereits kennt.

                                Nachdem Atsushi Funahashi sich zuletzt in drei Filmen mit dem Thema der Atomkrise und dessen Einfluss auf die Bevölkerung beschäftigte, frage ich mich, ob er auch wieder zu anderen Themen zurückkehren wird. Insbesondere sein faszinierender Film "Deep in the Valley", der leider nicht in der Moviepilot-Datenbank zu finden ist (und von mir mit der seltenen 10-Punkte-Wertung versehen wurde), ließ ihn bei mir nachhaltig als höchst interessanten Regisseur in Erinnerung bleiben. Seine drei letzten Filme konnten mich leider, auch wenn sie recht gut sind, nicht mehr begeistern.

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                                • 8
                                  Stefan Ishii 17.02.2015, 14:52 Geändert 17.02.2015, 14:53

                                  "Bataillon der Verlorenen" ist nicht dem italienischen Neorealismus verschrieben. Eigentlich ist es auch kein richtiger (Anti-)Kriegsfilm. Francesco Rosi erforschte in diesem Film die hierarchische und soziale Strukter der Armee am Beispiel des Ersten Weltkrieges. Fast den ganzen Film über dürfen wir der unbegreiflichen Verschwendung menschlichen Lebens beiwohnen - als Kanonenfutter oder als Opfer von Willkür. Für Rosi liegt der Feind nicht auf der anderen Seite der Front, er ist vielmehr in den höchsten Dienstgraden der eigenen Reihen zu finden. Auf zugleich schockierende wie nahezu satirische Weise zeigt uns der Italiener vielleicht etwas zu offensichtlich, welcher politischen Gesinnung er entsprungen ist. Francesco Rosi porträtiert die führenden Generäle oder Offiziere als machtausübende, herrschende Rasse und die kleinen Soldaten (wenn man so will) als Unterschicht. Er begrüßt das Subversive und beklagt die Willkür der Herrschenden. Das Ergebnis ist ein faszinierender Film, der es tatsächlich verdient hätte, von uns allen wieder entdeckt zu werden. Er steht Werken wie beispielsweise "Wege zum Ruhm" von Stanley Kubrick in Nichts nach.

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                                  • 6 .5
                                    über Absence

                                    Im brasilianischen Coming-of-Age-Drama "Absence" spielt die Abwesenheit einer Vaterfigur eine essentielle Rolle. Serginho ist 15 Jahre alt, liebt den Zirkus und entdeckt die eigene erwachende Sexualität. Leider ist seine Mutter seit dem Verlassen des Vaters zur Alkoholikerin geworden. Serginho muss sich um seinen kleinen Bruder kümmern und das Geld zum Leben für die Familie verdienen. Er sucht zwar Hilfe bei anderen (beispielweise sieht er in einem Lehrer einen Vaterersatz) und bringt gezwungenermaßen große Stärke auf, aber das Leben meint es nicht gut mit ihm. Von Rückschlägen läßt er sich immer weiter entmutigen. Auch erste Gehversuche in Richtung des anderen Geschlecht bringen Enttäuschung mit sich. Eine große Traurigkeit aufgrund fehlender Zuneigung und Zugehörigkeit geht von dem jungen Mann aus.

                                    "Absence" ist ein sehr zurückhaltender, wenig dramatisierter Film. Es gibt keine großen Gefühle, lediglich der ständig mitschwingende Ton von tiefer Traurigkeit liefert den emotionalen Soundtrack zum Film. Erst beim Schreiben dieses Textes fällt mir tatsächlich auf, wie viel Gutes in diesem kleinen, stillen Film steckt.

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                                    • 6

                                      "Thanatos, Drunk" von Tso-chi Chang zeigt die Gefangenheit der Jugendlichen in einer Spirale aus Gewalt und Verderben. Dabei erzählt er in einer leicht verschachtelten Weise, die mir ehrlich gesagt zunächst garnicht aufgefallen war und erst im Nachhinein offensichtlich wurde. Einer der Auslöser sind Muttersorgen (es gibt keine wirkliche Vaterfigur in diesem Film), die die Söhne eher vertreibt als an sie bindet. Alkohol und Langeweile sind an der Tagesordnung.

                                      Ich muss auf einige Details der Handlung eingehen, wer darüber nichts wissen möchte, sollte diesen Text bitte nicht lesen. Der Film hatte bis zu einem gewissen Punkt einen hervorragenden Eindruck auf mich ausgeübt. Doch Chang läßt seine verschiedenen Geschichten gnadenlos in ein schreckliches Ende münden, wie es der mythologisch angehauchte Titel erahnen läßt. Ohne Ausnahme und unbarmherzig ereilt die Figuren ihr bitteres Schicksal! Lediglich am Ende gibt es vereinzelte, symbolische Momente von aufkeimender Hoffnung, wenn man diese subtilen Symbole tatsächlich als dieses interpretieren möchte.

                                      Die extreme Darstellung von Gewalt und die Hoffnungslosigkeit in seiner Weltsicht macht mir den Film etwas kaputt. Den Großteil des Film hatte ich ein gutes Gefühl und plötzlich bricht etwas Schonungsloses auf den Zuschauer ein. Allerdings ist die Gewalt in diesem Film von Tso-chi Chang weniger präsent als beispielsweise in seinem früheren Werk "Soul of a Demon".

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                                      • 8

                                        "Her Brother" ist eine einfache, zunächst leicht heitere Familiengeschichte. Das Geschehen wird vollständig aus der Sicht der jungen Gen erzählt, wundervoll verkörpert durch Keiko Kishi. Da die Mutter aufgrund von Rheuma schwer eingeschränkt ist und der Vater vorgibt zuviel arbeiten zu müssen, ist die junge Frau gezwunden den alltäglichen Familenbetrieb am Laufen zu halten. Die größten Sorgen bereiten ihr dabei der jüngere Bruder Hekiro. Außerdem könnte eine Heirat sich langsam ankündigen. Die Situation führt zu Spannungen innerhalb der Familie. Ein schwerer Schicksalsschlag soll die Situation jedoch grundlegend verändern. Die letzte Szene des Filmes ist so grandios und emotional, dass ich Tränen in den Augen hatte.

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                                          "Angelica" von Mitchell Lichtenstein erzählt von der jungen Constance im London der Jahre 1880. Aufgrund eines körperlichen Leidens ist ihr eine vollständige sexuelle Abstinez auferlegt. Der Film ruft nun freudsche Theorien auf den Plan und läßt die junge Frau furchteinflössende Vision durchleiden. Auch wenn der Film ironisch gebrochen wird, so kann mich die phsychologische Studie nicht vollständig überzeugen. Das Ende ist zwar durchaus interessant, aber allzu vorhersehbar. Die Idee ist dann doch etwas zu dünn, um den ganzen Film tragen zu können. Darstellerisch ist Angelica durchaus gut (insbesondere Hauptdarstellerin Jena Malone machten einen guten Job) und der Film besitzt eine sehr schöne Atmosphäre. Das reicht mir aber leider nicht wirklich aus.

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                                          • 6 .5

                                            Die verrückte Mischung aus Liebesfilm, Fantasy, Komödie und Actionfilm ist irgendwo zwischen "Stadt der Engel", "Die fabelhafte Welt der Amélie" und Gangsterstreifen anzusiedeln. Die Idee klingt fantastisch: Die Schicksale aller Menschen werden von Drehbuchschreibern im Himmel gelenkt. Die junge Yuri soll beispielsweise bei einem Autounfall sterben. Allerdings ist der Teejunge der Schreiberlinge, Chasuke (gespielt von Kenichi Matsuyama aus "Naokos Lächeln"), in Yuri verliebt und macht sich kurzerhand auf zur Erde, um sie zu retten. Dabei helfen ihm ein paar befreundete Drehbuchautoren und eine rasante Geschichte voller Witz und Charme beginnt. Leider verliert der Film in der zweiten Hälfte dann erheblich und die übertriebene Darstellung von Gewalt gefällt mir weniger.

                                            Im Vergleich zu den bisherigen Filmen von SABU hat mir "Chasuke's Journey" weniger gefallen. "Monday" und "Blessing Bell" sind da empfehlenswerter. Und visuell interessanter erscheint mir beispielsweise "Kanikôsen". Der neueste Film wird in Japan (und vielleicht auch hierzulande) ganz sicher sein Publikum begeistern können.

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                                            • 7

                                              "Unsere sonnigen Tage" ist erst die zweite Regiearbeit von Phan Đăng Di. Den Zugang zum Film macht Unsere sonnigen Tage dem Zuschauer eventuell zunächst nicht so einfach. Die Stärken lassen sich erst auf dem zweiten Blick ausmachen. Außerdem geht es dem Film eigentlich weniger ums Geschichtenerzählen; vielmehr möchte Phan Đăng Di den Zeitgeist aus Saigon (eigentlich Hồ-Chí-Minh-Stadt) in den Neunziger Jahren beschwören, einer Zeit des langsamen Aufblühen des Landes und dem Aufkommen neuartiger gesellschaftlicher Probleme. Dies unterstreicht er durch bedrohlich wirkende Naturaufnahmen aus dem Mekong-Delta, in den sich die Gefühle der Menschen wiederspiegeln. Neben dem Tabuthema der Homosexualität berichtet der Film von staatlich gelenkten Eingriffen in die Familienplanung. Männer können sich gegen Geld vom Staat einer Sterilisation unterziehen lassen. Finanziell in Not geratete lassen sich da natürlich leicht verführen. Ein weiteres Thema ist die (vielleicht etwas plakativ dargestellte) erniedrigende Behandlung von Frauen. Sie werden entweder als Lustobjekt wahrgenommen oder dürfen sich mit der Rolle der Mutter und Köchin begnügen. Der Film besitzt vielleicht ein paar Charaktere zu viel. Insbesondere die hohe Anzahl an Frauenfiguren behindert dabei etwas die Absicht des Regisseurs, seine Geschichten aus einer vornehmlich männlichen Perspektive zu beleuchten.

                                              Der Fotographiestudent Vu, hervorragend gespielt von Lê Công Hoàng, dient uns als Auge. Er verbringt seine Freizeit mit seinen Kumpels bei Ausflügen in die wilde Natur oder im Großstadtgewimmel und auf Partys. Die Gruppe junger Männer hat dabei natürlich wenig Geld zur Verfügung. Er verliebt sich in seinen Mitbewohner Thang, der ihn in die Drogenszene und die Welt der Kleinkriminalität und des Glücksspiels einführt; mit unschönen Folgen natürlich. Vu hat aber auch eine Beziehung zur schönen Tänzerin Van, gespielt vom Star des Filmes. Đỗ Thị Hải Yến kennt man auch außerhalb von Vietnam, beispielsweise ist sie als Phuong in der Graham-Greene-Verfilmung "Der stille Amerikaner" von Phillip Noyce zu sehen.

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                                              • 7 .5

                                                Die warmen Bilder in "The Mud Woman" von Sergio Castro San Martín und die wirklich beeindruckenden nordchilenischen Landschaften, vor derem Hintergrund sich das Geschehen abspielt, stehen im krassen Kontrast zur Handlung. Sergia Castro wählt eine irgendwie typisch südamerikanische Herangehensweise, die mir persönlich einfach am besten gefällt. Er arbeitet sehr viel mit Auslassungen und Andeutungen. Der Film ist ausgesprochen ruhig, aber unter der Oberfläche spielt sich sehr viel ab. Dabei greift der ehemalige Dokumentarfilmer in seinem erst zweiten Spielfilm größtenteils auf Laiendarsteller zurück. Nach eigenen Aussagen, will Castro damit "die reale Welt in die Fiktion bringen". Aber die tragende Figur wurde mit einer professionellen Schauspielerin besetzt. Catalina Saavedras Gesicht ist perfekt für diesen Film geeignet. Es ist gezeichnet von einem harten Leben und genau dieses hatte ihre Figur María. Sergio Castro erzählt von einfachen Leuten, schrecklichen Arbeitsbedingungen und tragischen Einzelschicksalen. Sein Film wurde von aktuellen Nachrichten und Erfahrungen aus dem eigenen familiären Umfeld beeinflusst.

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                                                • 7

                                                  "End of Winter" ist ein netter, kleiner Film; leider jedoch ohne Ecken und Kanten. Der Film handelt vom Auseinanderfallen einer Familie. Er benutzt dabei mehrere Symbole wie den Winter selbst oder das Familienhaus. Kims Ansatz für sein Regiedebüt war die steigende Scheidungsrate in Korea. Der 1985 geborene Kim schuf sympathische Figuren, die auch durchaus nachvollziehbar mit einander interagieren. Es gibt viele klassische Handlungspunkte wie Familienfeiern, Sojubesäufnisse oder das Umklappen von zurückgeschraubter Kommunikation auf plötzliche Streitgespräche. Trotzdem ist der Film angenehm zurückgenommen. Er ist einfach nett.

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                                                  • 6 .5

                                                    Der deutsche Dokumentarfilm "Freie Zeiten" von Janina Herhoffer ist der erste Kinofilm der aus Heidelberg stammenden jungen Filmemacherin. Sie zeigt uns verschiedene Freizeitaktivitäten und legt ihren Fokus auf Gruppenaktivitäten. So sind beispielsweise eine Berliner Mädchenband, eine Männerselbsthilfegruppe, ein Diätkurs oder Jugendliche, die zu Tanzkursen oder auf Shoppingtour gehen, zu sehen. Herhoffer zeigt einfach Mitschnitte aus den Aktivitäten. Es gibt glücklicherweise keine Erklärungen oder Interviews. Die Szenen stehen für sich. Insgesamt erinnerte mich das Konzept schon stark an die Filme von Ulrich Seidl; wie beispielweise zuletzt in "Im Keller". Im Gegensatz zu dessen Filmen wirkt das Ganze auch weniger inszeniert. Ich nehme der Regisseurin auch ab, dass sie ihre Protagonisten nicht bloss stellen will. Offensichtlich verfolgt sie Fragestellungen wie Gegenwartphänomen angeleiteter Selbsthilfegruppe, die Verschiebung der Arbeitswelt in die Freizeitaktivitäten hinein oder das Thema Selbstwahrnehmung. Aber stellenweise kommen mir die Szenen doch etwas voyeuristisch vor. Der Fremdschämfaktor kann bei Lachgruppen oder in (wirklich schrägen) Klangreisekursen schon relativ hoch steigen. Trotzdem handelt es sich hier um einen durchaus guten Film für Zwischendurch. Er ist ja auch nur 71 Minuten lang.

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