Stefan Ishii - Kommentare
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Alle Kommentare von Stefan Ishii
"Hitori musuko - Der einzige Sohn" war der erste Tonfilm von Yasujiro Ozu, man merkt jedoch noch Rückstände aus der Stummfilmzeit. Ozu war ja sowieso schon um Jahre später dran beim Wechsel; später meinte er, dass seine Hartnäckigkeit in Bezug auf Stummfilme ihm im späteren Schaffen sehr hilfreich und nützlich erschien. In diesem ersten Tonfilm gibt es also gesprochene Worte, der Film würde aber sicherlich auch sehr gut als Stummfilm funktionieren. Ursprünglich sollte das Drehbuch ja auch ein Stummfilm werden: "Tokyo is a Nice Place" sollte der Film heißen.
Kurz die Handlung: Die Witwe Otsune (Chôko Iida) erzieht ihren Sohn Ryosuke allein. Aufopferungsvoll ließ sie ihn zur Schule gehen und später studieren obwohl sie es sich eigentlich kaum leisten konnte. Jahre später besucht Otsune ihren Sohn (Shin'ichi Himori) in Tokio und muss eine trostlose Realität akzeptieren. Ihre Hoffnungen in die Zukunft ihres einziges Sohnes wurden nicht erfüllt. Aber ist beruflicher Erfolg wirklich alles im Leben?
"Der einzige Sohn" ist ein frühes Meisterwerk Ozus. Die Kameraarbeit ist ein Paradebeispiel für seine Beherrschung der visuellen Bildkomposition, auf einfache aber ausdrucksvolle Weise. Dies ist einer von Ozus melodramatischsten, emotionalsten und bittersüßesten Filmen. Inhaltlich ist gehört er definitiv zu seinen für ihn so typischen Familienbeziehungswerken - in diesem Fall Mutter und Sohn. Der Film hinterläßt jedoch ein sehr ambivalentes Gefühl. Die Mutter schwankt zwischen Stolz, Reue und Mitleid für ihren Sohn, dessen Lebensweg vielleicht besser hätte verlaufen sollen.
In einer sehr starken, aber bewegend traurigen Nebenrolle ist Chishû Ryû zu bewundern. Seine Figur ist genau wie Ryosuke am Leben in Tokio aufgrund der wirtschaftlichen Umstände des Landes gescheitert. Auch der Junge Tomio Aoki ist erneut in einer kleinen Rolle zu sehen. Irgendwie war es sehr witzig, ihn mal tatsächlich sprechen zu hören.
Der Film enthält außerdem eine sehr schöne Huldigung an den deutschen Film "Leise flehen meine Lieder" (1933) von Willi Forst. Darin geht es um das Leben des Komponisten Franz Schubert.
Von Rob Zombie als Regisseur halte ich leider recht wenig. Spätestens seit "The Devil's Rejects" war für mich das Interesse an seinen Filmen erloschen. Sein Ansatz entspricht leider überhaupt nicht meinem Geschmack.
Allerdings war ich zuvor ein großer Fan seiner Band White Zombie. Ich habe sämtliche CDs und sogar ein inzwischen leider sehr zerschlissenes T-Shirt...
Sehr interessante Idee.
Sehr coole Idee. Gefällt mir!
Klingt interessant. Ich habe den Film gleich mal vorgemerkt. Der ist in Deutschland auf DVD raus, oder? Ich glaue, das Cover habe ich schonmal gesehen.
1934 war wohl das Jahr, in dem Yasujiro Ozus Wandel endgültig vollzogen war. Er fand zu seinem Kernthema, der japanischen Familie. Der Einfluss ausländischer Filme und der Einsatz von Slapstick oder anderen Genreelementen rückte immer mehr in den Hintergrund bis sie gänzlich aus seinen Filmen verschwanden. Sein filmischer Stil, seine typischen Kameraeinstellungen sowie sein Erzähltempo, entwickelten sich merklich hin zu dem was man als sein Markenzeichen und Alleinstellungsmerkmal bezeichnen würde.
"Haha wo kowazuya - A Mother Should Be Loved" ist ein äußerst bewegender Film. Er erzählt von einer Witwe (Mitsuko Yoshikawa), die ihre zwei Söhne allein großziehen muss, wobei der ältere Junge Sadao (Den Obinata) nicht ihr leibliches Kind ist. Ihr Mann brachte aus einer früheren Ehe diesen Sohn mit. Ozu bringt eine äußerst starke Intensität in die Szenen von Konflikten innerhalb der Familie. Diese Szenen machen "A Mother Should Be Loved" sehr erinnerungswürdig. Die melodramatische Geschichte dürfte sehr stark von Ozus eigenem Leben geprägt sein, lebte er doch einen großen Teil seiner Jugend ohne Vater. Sein Leben lang verbrachte er bei seiner Mutter.
Der Film zeigt sehr deutlich den allmählichen Niedergang des Lebensstils der Familie nach dem Tode des Vaters. Sie ziehen von einem großen Haus mit Bediensteten in einen kleines Häuschen in der Vorstadt, nun ohne Angestellte. Später ziehen sie erneut in ein noch ärmlicheres Haus um. Dies, einige Szenen in einem Bordell sowie der generell ernste Ton des Filmes machen "A Mother Should Be Loved" zu einem eher schwereren Werk in Ozus Filmographie.
Es ist wirklich sehr schade, dass von diesem Film die erste sowie die letzte Rolle komplett verloren gegangen sind. Der Inhalt der verlorenen Szenen wurden jedoch später durch Texttafeln erläutert, allerdings ist es insbesondere um das Ende des Filmes äußerst schade. Man kann lediglich erahnen, welche Stimmung diese Szenen vermittelt haben dürften.
Sehr interessant fand ich den für Ozu eher ungewöhnlichen Einsatz von Darstellern. Die beiden Hauptrollen wurden von durchaus bekannten Gesichtern aus Ozus Filmen besetzt (Obinata kennt man aus "Eine Laune"; Yoshikawa war zuvor in "Ich wurde geboren, aber..." zu sehen und sollte später weitere Auftritte in Ozus Filmen haben) aber die sonst in größeren Rollen verwendeten Darsteller Chôko Iida oder Takeshi Sakamoto tauchen nur in sehr kleinen (aber wirklich schönen) Szenen auf und der spätere Hauptdarsteller in Ozus Filmen, Chishû Ryû, hat ebenfalls einen Kurzauftritt als Hattori.
"Ukikusa monogatari - A Story of Floating Weeds" von 1934 erscheint zunächst etwas untypisch für Yasijiro Ozu. Erstmals spielt ein Film vom großen Regisseur nicht in Tokio. Und erstmals sind die Figuren ausschließlich in japanischer Kleidung zu sehen - im Gegensatz zur westlichen Kleidung in den vorhergehenden Filmen. Sogar traditionelle Kimonos sind zu sehen, getragen von Darstellern einer Wandertruppe. Für mich erschien der Film zunächst etwas ungewohnt obwohl einige bekannte Ozu-Darsteller zu sehen sind: Neben Takeshi Sakamoto und Chôko Iida zum Beispiel auch der junge Tomio Aoki.
Filme über Wanderschauspieler waren in Japan durchaus populär, aber Ozu interessierte sich eigentlich wenig dafür. Hier griff er dieses Thema jedoch auf und verwandelte es in etwas für ihn doch sehr Typisches. Er benutzt es, um auf sein späteres Hauptthema, der japanisches Familie, hin zu arbeiten. Oder in diesem Falle vielmehr dem Verfall der traditionellen Familienvorstellung: Kihashi (Sakamoto), Chef der Schauspieltruppe, besucht von Zeit zu Zeit seinen unehelichen Sohn Shinkichi. Dessen Mutter (Iida) und Kihashi verheimlichten Shinkichi über die Jahre jedoch die Verwandschaft.
Ozus Film ist, wenn auch vielleicht erst auf den zweiten Blick, einer der großen Frühwerke von Yasijiro Ozu. Der Stummfilm - es gab aber wohl auch mal eine Tonversion - ist ein großartiges Melodrama. Ozu verstand es vorzüglich aus der kleinen Geschichte ein Werk tiefer Gefühle zu machen, nicht zuletzt aufgrund der hervorragenden Charaktere. Wie bei keinem anderen Regisseur seiner Zeit lag Ozus Hauptaugenmerk auf realistischen Figuren, die - nicht ohne Witz und Charme - in ernsthaften oder gar tragischen Geschichten von den Sorgen des Regisseurs um sein Heimatland erzählen. Der zurückhaltende, leichte oder sogar stellenweise heitere Ton seiner Filme lassen dies jedoch niemals allzu düster oder erdrückend erscheinen. Dafür liebe ich Ozu und seine Filme. "Ukikusa monogatari" war eventuell sein erster bedeutender Schritt in Richtung seiner großen Meisterwerke, obwohl (oder gerade weil?) der Film so untypisch für sein Gesamtwerk erscheint.
Eine Liste erstellen ist ja bekanntlich Geschmackssache. Meine Top 7 sähe vielleicht so aus:
1. GoodFellas
2. Taxi Driver
3. Casino
4. Wie ein wilder Stier
5. Departed
6. New, York
7. Kundun
Sehr guter Text. (Fast) alles sehe ich mindestens ähnlich. Auch deine Kritik an "Guardians of the Galaxy" teile ich. Ansonsten ist mir das amerikanische Mainstream-Kino inzwischen fast egal. Sollen die sich doch selbst kaputt machen mit ihrem seelenlosen Mist.
Ich bin ja irgendwie kein großer Fan von diesem Film (äh, trotzdem 7,5 Punkte, weil er natürlich sehr gut ist)... Aber natürlich ist dein Artikel wie zu erwarten sehr schön. Schön und melancholisch. Bitte, bitte mehr davon!
Aber wieso bekomme ich erst heute von deinen Texten etwas mit? Naja besser zu spät als nie...
Da derzeit "SHUKUJO TO HIGE - THE LADY AND THE BEARD" (7,0 Pkt.) nicht in der Moviepilot-Datenbank zu finden ist, gibt es hier meinen Kommentar zum Film:
"The Lady and the Beard" von 1931 ist eine interessante Mischung der verschiedenen Themenbereiche aus Yasujirô Ozus Stummfilmzeit. Es beginnt wie eine leichte Studentenkomödie (Erinnerungen an Charlie Chaplin oder Harold Lloyd inklusive), entwickelt sich teilweise zu einem etwas theatralischen Melodrama mit Elementen aus Ozus Familiendramen, besitzt Nebenfiguren aus dem Gangstermilieu und behandelt das Thema der problematischen Suche nach Arbeit in Japan während der Weltwirtschaftskrise (obwohl dies hier nicht direkt angesprochen wird).
Die Hauptfigur Okajima (Tokihiko Okada) ist ein Kendomeister an der Universität. Er muss nach seinem Abschluß jedoch mit sozialen Konventionen kämpfen. Er ist Bartträger und ist in traditionellen Umhängen gekleidet, die vielleicht in seiner Kendowelt passend erscheinen, aber in der realen Arbeitswelt auf Unverständnis stoßen oder sogar lächerlich wirken. Die Unvereinbarkeit der akademischen Welt mit der westlich angenäherten Arbeitsumgebung zwingen Okajima dazu sich anzupassen - sprich rasieren und Anzühe tragen. Damit fragt Ozu nicht nur nach äußerlicher Darstellung, sondern vielmehr danach, wie die Menschen sich selbst wahrnehmen und andere anhand ihrer Kleidung bewerten. Ein anderer wichtiger Handlungsstrang beschäftigt sich mit Okajimas Frauenproblemen. Der Film stellt ihm drei verschiedene Frauen zur Auswahl (wobei eigentlich von Anfang an klar ist, auf wen die Wahl fallen wird): Die zurückhaltende aber äußerst sympathische Hiroko (Hiroko Kawasaki), die etwas eingebildete Teruo (Ichirô Tsukida) aus gutem Hause, sowie die selbstbewußte Gangsterbraut Satoko (Satoko Date). Dass der Handlungsverlauf dabei nicht immer überzeugt und stellenweise sogar konstruiert erscheint, schmälert leider etwas den Gesamteindruck. Insbesondere die Zusammenführung der Frauengeschichten gegen Ende war mir viel zu künstlich aufgebaut.
Die Verflechtung von Ozus verschiedenen Themenbereiche zu einem Ganzen sowie die abwechslungsreiche Handlung als auch die sympathischen (wenn auch etwas stereotyp charakterisierten) Figuren machen "The Lady and the Beard" zu einem äußerst bemerkenswertem Werk in Ozus Filmographie, der für jeden Zuschauer etwas von Interesse zu beinhalten haben sollte.
http://www.moviepilot.de/news/filme-die-ich-gesehen-bewertet-oder-sogar-kommentiert-habe-die-jedoch-nicht-in-der-moviepilot-datenbank-zu-finden-sind-145566)
Danke schön für diese erneuten Berichte nicht hier erfasster, asiatischer Filme. "Midnight Sun" und "Blowfish" klingen äußerst interessant. "Ruhige, wortkarge und krass entschleunigte Erzählweise": Genau mein Ding! ;)
"Subarnarekha" wurde mir von Bommali empfohlen. Er soll mein Einstieg in die mir noch sehr unbekannte Welt des indischen Kinos sein. Und ich denke, dieser Film von Ritwik Ghatak ist ein wirklich großartiges Werk.
"Subarnarekha" erzählt von bewegenden Schicksalen: Familien, zerrissen in den Wirren von Kriegen; Menschen, gefangen im Kastensystem und in einer Welt am Rande der Armut. Ishwar und Haraprasad sind Lehrer für Flüchtlingskinder. Sie wollen ihnen die verloren gegangene Heimat und die damit verbundene Identität im Exil zu erhalten. Doch die Situation wird durch die erzwungene Teilung Bengalens Ende der 1940er Jahre ganz sicher nicht verbessert. Ishwars Schwester Sita verliebt sich in den Waisenjungen Abhiram, doch der entstammt einer niederen Kaste - eine unmögliche Liebe. Die sozialen Zwänge entfremden die Menschen weiter von ihren Familien. Selbst gebildete Menschen wie Ishwar müssen sich aus Angst um ihre Stellung an das Kastensystem klammern wie an einen Strohhalm. Und die Tragik nimmt ihren Lauf...
"Subarnarekha" berichtet zwar von einem sehr speziellen historischen Kontext, doch das Thema ist universell und kann leicht verstanden werden. Welche Anschauung und Hoffnungen Ritwik Ghatak mit seinem Film vertritt ist offensichtlich. Auch wenn der Film pessimistisch erscheint, in einigen wenigen Momenten strahlt eine gewisse Hoffnung auf Glück durch: Die neue Heimat, das neue Haus als Symbol für Verbesserung, oder ein Lied, wunderschön gesungen von Sita. Ghatak arbeitet sehr stark die unüberbrückbaren Differenzen zwischen Kastensystem und dem verheißungsvollen Aufbau eines neuen Staatssystems heraus. Die Kinder, die die Welt mit ihren unschuldigen Blicken betrachten, könnten einen Neuanfang starten, doch sie werden durch gesellschaftliche Zwänge davon abgehalten. Wer versucht auszubrechen, läuft unweigerlich in die persönliche Katastrophe.
Doch der Film ist mehr als nur eine Anklage. Auch filmisch kann er mit einer Fülle an starken Momenten aufwarten. Ritwik Ghatak findet faszinierende und einfühlsame Bilder. Ein Beispiel: Die Blicke zwischen den Geschwistern können unglaublich liebevoll und herzlich sein, nur um im nächsten Moment in eiskalten Zorn umzuschlagen. Überhaupt ist Ghatak sehr stark an Blicken und Gesichtsausdrücken interessiert, die die Gefühle der Personen natürlich widerspiegeln. Sowohl inhaltlich als auch filmisch ist "Subarnarekha" ein ganz großer Film.
Ich liebe den Titel deiner Liste. Großartiges Zitat. Und sehr interessante Liste :)
Großartiger Artikel. Da hatten wir tatsächlich innerhalb weniger Wochen die gleiche Idee. Nur dass dein Artikel (und wohl auch die folgenden) viel liebevoller und schöner aufgemacht ist.
"Thread of Lies" interessiert mich davon am stärksten. "Innocent Thing" klingt auch ganz gut.
Hm, 37 von 250 Filmen gesehen. Ups!
Super! Das Fördern von Stummfilmen kann ich nur unterstützen... Weiter so!
Ich bin zwar nicht der größte Lang-Fan, aber DIE NIBELUNGEN liegen schon bereit und werden demnächst geschaut - auch wenn sie nur "kleinere Werke" sind ;)
Und hier gibt es ein paar Filme von Im Kwon-taek zu sehen:
https://www.youtube.com/playlist?list=PL869F027150CACBFE
Mich würde stark interessieren, was andere von diesem Regisseur halten.
Hier habe ich mal das Werk von Im Kwon-taek zusammengefasst (inklusive der 102 Filme umfassenden Filmographie des Koreaners):
http://www.moviepilot.de/news/im-kwon-taek-hilft-korea-zu-verstehen-144659
Da derzeit "SMIRENNAYA ZHIZN - A HUMBLE LIFE" (8,0 Pkt.) nicht in der Moviepilot-Datenbank zu finden ist, gibt es hier meinen Kommentar:
Aleksandr Sokurov beobachtet in diesem eineinhalbstündigen Dokumentarfilm von 1997 eine alte Japanerin bei ihrem alltäglichen, tristen Leben. Er verzichtet hier größtenteils auf seine typischen Verzerrungen oder den Einsatz von diversen Filtern. In wundervoll kontemplativen Bildern baut er trotz Distanz eine gewisse Vertrautheit zu Umeno Mathuyoshi auf; zumindest zu ihrem gegenwärtigen Leben. Aus der Vergangenheit berichtet sie selbst: Zum Abschied rezitiert sie aus ihrem Leben in Versform. Schön und traurig!
Wenn mich etwas stört, dann dass sich Sokurov nicht selbst heraushält. Er kommentiert stellenweise aus seiner Sicht (und dann auch noch auf Russisch!) und projeziert damit mehr von sich als von der alten Frau selbst auf den Film. Das finde ich etwas deplaziert.
Der Film ist als Bonus auf der "Mother and Son"-DVD von Artificial Eye zu sehen.
Bernardo Bertolucci, der Regisseur so toller Filme wie "1900", "Der letzte Kaiser" oder "Die Träumer", drehte mit "La commare secca - The Grim Reaper" im Jahre 1962 seinen ersten Film. Da war er gerademal 21 Jahre alt. Die Geschichte stammte von Pier Paolo Pasolini. Pasolini ließ aus seiner Idee ein Drehbuch schreiben, von Betrolucci and Franco Citti, war dann aber später zu beschäftigt mit seinem Film "Mamma Roma", sodaß der junge Bertolucci mit etwas Glück zu seiner ersten Regiearbeit kam. Und was für ein großartiger Film das wurde, auch wenn er an den Kinokassen floppte.
Der Film verfolgt die Ermittlungen der Polizei zu einem Mord an einer Prostituierten. Gezeigt wird dies jedoch anhand der Erinnerungen verschiedener Zeugen oder Verdächtigen, die am entsprechenden Abend in einem Park gesehen wurden. So werden im Verlauf des Filmes nach und nach kleine Details aufgedeckt, die jedoch nicht immer relevant für die Klärung des Falles sind. Außerdem verlassen die Erzählungen zunächst das eigentliche Ziel und berichten vielmehr aus dem Leben der Menschen. Dabei kommen typische Themen von Pasolini auf: Die hoffnungslose, zur Kleinkriminalität verleitete Jugend oder Menschen am Rande der Gesellschaft, für ein besseres Leben kämpfend. Aber man sollte nicht den Fehler machen, diesen Film als einen reinen Pasolini zu betrachten. Filmisch steckt da mehr von Bortolucci drin insbesondere was die Kameraarbeit betrifft. Insbesondere die nächtlichen Szenen im besagten Park, wo die erzählten Geschichten zusammenlaufen, sind beeidruckend. Die Stimmung und die gefühlte Bedrohung sind wirklich grandios. Aber es gibt auch Anknüpfungspunkte innerhalb der Erzählungen. Ein einsetzender Regen, der das spätere Opfer dazu bewegt, aufzustehen und sich für den Abend auf der Strasse vorzubereiten, ist in allen Geschichten gezeigt. Sie laufen ja schließlich auch parallel ab. Wen das an Kurosawas "Rashomon" erinnert, dürfte damit nicht ganz Unrecht haben.
Der neueste Film vom Kanadier Guy Maddin, "The Forbidden Room", ist ein überbordender Fantasietraum. Maddin schuf zusammen mit Ko-Regisseur Evan Johnson etwas Experimentelles und Verrücktes. Der Ansatz für die Entstehung dieses Filmes war die Idee, verloren gegangene Stummfilme in irgendeiner Form wieder zum Leben zu erwecken. Dabei kamen eine Reihe namhafter Schauspieler in Kurzauftritten zusammen: Ob Udo Kier, Geraldine Chaplin, Mathieu Amalric oder Charlotte Rampling. Aus kurzen Inhaltsangaben wurden mehrere Geschichten entwickelt, die sich dann im Laufe der Zeit zu einem Konstrukt aus Kunst, Fantasie und Wahnsinn verwoben. Die wabernden Bilder erinnern an das Grindhouse-Projekt von Tarantino und Rodriguez.
Den Film zu bewerten fällt mir allerdings ziemlich schwer. Ist das noch Film? Natürlich ist die Antwort ja, aber mit herkömmlichen Bewertungssystemen kommt man hier nicht weit. Maddin überraschte schon häufig mit eigensinnigen Filmen (z.B. "Brand Upon the Brain!" oder "My Winnipeg"), aber "The Forbidden Room" setzt seinem Werk nochmal einen drauf.
In "Zurich" von Sacha Polak setzte ich große Hoffnungen, da mich ihr Debütfilm "Hemel" absolut begeisterte. Und auch die zweite Regiearbeit der 1982 in Amsterdem geborenen Polak konnte mich überzeugen. Ihre Filme sind geradezu hypnotisierend. Niemals konnte ich in "Zurich" die Augen von der Leinwand abwenden, selbst wenn der Film stellenweise wirklich nur schwer zu ertragen war. Wir beschäftigen uns hier mit einem Trauerprozess. Der sprunghafte Handlungsverlauf und die eingeschobenen Erinnerungsfetzen der Hauptfigur geben der Handlungs- und Charakterentwicklung eine starke Dynamik. Nur nach und nach kann man das Geschehen aufschlüsseln. Die Kamera bleibt hier stets sehr nah an der Protagonistin Nina.
Die Hauptdarstellerin liefert eine fantastische Leistung ab. Um so beeindruckender, wenn man weiß, dass Wende Snijders keine professionelle Schauspielerin ist. Tatsächlich ist dieser Film der erste Kontakt der Sängerin mit dieser Kunstform. Sie ist einfach unglaublich. Der Begriff "Naturgewalt" kann in diesem Kontext durchaus verwendet werden.
In dem türkischen Drama "Until I Lose My Breath" von Emine Emel Balci werden wir für 94 Minuten mit dem harten Leben Seraps konfrontiert. Serap ist eine junge Frau in Istanbul, die stark sein muss, weil sie in einer schwierigen Situation gefangen ist. Sie muss hart arbeiten und hat die naive Hoffnung, ihrem Elend zu entkommen. Dabei klammert sie sich an den Vater und ignoriert die Realität. Sie wird zuweilen zu Taten getrieben, die nicht notwendigerweise gut sind. Doch gut und schlecht sind nunmal zwei Seiten menschlicher Wesen. Serap handelt einfach aus einem Bedürfnis heraus.
Esme Madra verkörpert Serap unglaublich gut. Von ihrer Figur geht eine sehr starke Traurigkeit aus. Der Fokus der Kamera bleibt den ganzen Film über auf der Hauptfigur. Sie bleibt ihr stets sehr nah. Doch auch weitere weibliche Charaktere befinden sich in Konfliktsituationen und der Film zeichnet ein pessimistisches Bild.
Niemand außer Werner Herzog hätte die Geschichte so verfilmt. Er erzählt die Geschichte von Gertrude Bell, der "weiblichen Lawrence von Arabien", mit einem herrlich ironischen Augenzwinkern. Er zauberte einen Film, der sich niemals selbst zu ernst nimmt. Dies ist natürlich nicht jedermanns Sache; das Pärchen neben mir hatte wohl relativ wenig Spass. Ich wurde jedoch wirklich vorzüglich unterhalten. Es handelt sich hier nunmal um einen Werner-Herzog-Film, bei dem stellenweise auch Erinnerungen an seine Dokumentarfilme (z.B. "Begegnungen am Ende der Welt" und insbesondere "Fata Morgana") aufkamen. Ich hätte ewig dem Wind über den Dünen zuschauen können. Aber das Beste an dem Film sind eindeutig die herzogesken Zeilen, die den Film kommentieren. Herrlich!
Nicole Kidmans Charakter versteht es vorzüglich mit Männer um zu gehen. Ihre Präsenz überstrahlt sämtliche Männer in diesem Film. Egal ob nun James Franco, Robert Pattinson oder Damian Lewis: Sie alle machen ihre Sache wirklich gut. Gertrude Bell erscheint durchgehend unerreichbar für die Männerwelt. Fantastisch. Etwas befremdlich wirkte auf mich jedoch das ausgesprochen junge Gesicht der Kidman. Die letzten Operationen sind entweder sehr gut gelungen oder die Tricktechnik half nach. In jedem Fall überzeugte sie mich in diesem Film mal wieder. Sehr gut gespielt...