Stefan Ishii - Kommentare

Alle Kommentare von Stefan Ishii

  • Stefan Ishii 12.06.2015, 10:57 Geändert 12.06.2015, 11:10

    Hey, super! Ist doch gar nicht so schlecht geworden, dein erster Blog-Eintrag :)
    Ich find's toll!

    • 8
      Stefan Ishii 10.06.2015, 08:07 Geändert 10.06.2015, 08:12

      Mit "Biruma no tategoto - Freunde bis zum letzten" gelang Kon Ichikawa 1956 der Durchbruch. [Der deutsche Titel klingt eher seltsam. Wörtlich übersetzt bedeutet der Originaltitel eher "Die burmesische Harfe".] Er wurde damit sogar für einen Oscar für den besten Fremdsprachenfilm nominiert (und mußte sich "La Strada" geschlagen geben).

      Ichikawa bekam mit diesem Film die Gelegenheit ein sehr populäres Buch zu verfilmen und machte daraus viel mehr als nur eine Literaturumsetzung. Die Vorlage erschien kurz nach Ende des 2.Weltkrieges und hatte die Absicht, der japanischen Jugend Hoffnung für eine neue Zeit nach der Niederlage zu machen. Die japanische Gesellschaft war (und ist bis heute) doch sehr stark von einem hirarchischem Denken und kollektivem Gehorsam geprägt. Individualismus steht da eher selten an erster Stelle. Die Aufarbeitung der eigenen Schuld fand zu dieser Zeit kaum statt (und mein Eindruck ist, dass sich dies bis heute kaum geändert hat).

      Auch wenn sich Ichikawa etwa 10 Jahre nach Erscheinen des Buches wohl sehr stark an die Handlung der Vorlage hielt, so arbeitete er doch etwas sehr Eigenständiges heraus. Er präsentiert dem Zuschauer die verschiedenen Denk- und Handlungsweisen der Soldaten im Umgang mit der Niederlage. Es gibt den sich hartnäckig ans alte System Klammernden oder den für Veränderungen offenen Typen. Der eine steht für Gehorsam und Aufopferung bis zum Tode, selbst im Angesicht der offensichtlichen Niederlage. Der andere setzt auf Individualismus und eigenständiges Denken.

      Doch die Hauptfigur des Filmes, Mizushima, bietet eine dritte Option, die sich schwer kategorisieren läßt. Er ist heldenhaft, selbstlos und verantwortungsbewußt. Sein Handeln ist buddistisch geprägt. Ichikawa ging sehr psychologisch motiviert heran. Er läßt Mizushima eine starke, emotionale Wandlung durchmachen. Dieser muß nach offiziellem Ende des Krieges eine Mission erfolgslos beenden, weil er auf Sturheit und Verblendung stieß, und im Verlauf werden ihm die Schrecken des Krieges immer bewußter. Dies alles treibt ihn zu einem eher tragisch erscheinenden Schicksal, das sehr sehr stark aus dem Buddhismus ableitbar ist.

      "Biruma no tategoto" ist also ein Versuch einer ersten Aufarbeitung. Dass weder Buch noch Film die Gräueltaten der japanischen Soldaten im Ausland thematisieren, ist vielleicht schade, aber verständlich, da diese zu dieser Zeit kaum der japanischen Bevölkerung bekannt waren. Ichikawas Film kommt jedoch zur allgemeinen Erkenntnis der Unsinnigkeit des Krieges und deutet zumindest den Horror und Schrecken dessen an, wenn auch aus einer sehr japanischen Sicht. Aber im Zentrum des Filmes geht es um den Weg in eine neue, bessere Zukunft.

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      • Ich bin ja auch bei facebook, nutze das größtenteils aber nur für private Kontakte und dergleichen. Ansonsten sind mir die Gruppen dort viel zu unstrukturiert. Das ist alles eine große Blase, in die man etwas schmeißt, das dann relativ schnell geschluckt wird und nie wieder an die Oberfläche kommt.

        Hängt halt davon ab, was man möchte. In Sachen Film bin auf moviepilot jedenfalls tausendmal besser aufgehoben.

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        • 7 .5

          "Cronaca di un amore - Chronik einer Liebe" ist der erste Spielfilm von Michelangelo Antonioni. Auch wenn sich typische Themen des Neorealismus aus seinem späteren Werk entdecken lassen ist der Film am ehesten ein Film noir: Düstere Nachtaufnahmen, ein Detektiv, ein Geheimnis und eine Geschichte von Mord aus Liebe. Doch gleichzeitig spielt Antonioni mit der sozialen Diskrepanz zwischen dem armen Guido und der reichen Paola; beide sind auf ihre Weise unglücklich.

          Insgesamt ist "Chronik einer Liebe" für meinen Geschmack etwas zu dialoglastig. Antonioni vertraute möglicherweise noch nicht so sehr auf die Kraft der Bildsprache, was mir insbesondere in Momenten von Intimität oder Schmerz etwas negativ auffiel. Nichtdestotrotz ist sein erster Spielfilm bereits äußerst sehenswert. In technischen Aspekten sogar mehr als das.

          Stilistisch ist Antonioni bereits hier in seinen bekannten Eigenschaften wie durchgeplanten Sequenzen, Kamerafahrten und langen Bildeinstellungen schon recht versiert. Auch das Ende erinnert sehr stark an spätere Meisterwerke. Vielleicht war er damit seiner Zeit sogar weit voraus. Selbst 12 Jahre später hatte das Publikum mit einem solchen Ende in "Liebe 62" noch große Probleme. Aber im Jahre 1950 wird es wohl damit etwas überfordert gewesen sein. Kein Wunder, dass "Chronik einer Liebe" recht erfolglos blieb.

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          • 7

            "Otome-gokoro - Sannin-shimai - Three Sisters with Maiden Hearts" hat mir etwas weniger gut gefallen als ich es erwartet habe. Mikio Naruses erster Film für P.C.L. und erster Tonfilm basiert auf einem Roman vom späteren Nobelpreisträger Yasunari Kawabata, einem meiner Lieblingsschriftsteller. Dieses Buch kenne ich jedoch leider nicht. [Handelt es sich um "Asakusa kurenaidan - Die Rote Bande von Asakusa"?]

            Die Geschichte um drei Schwestern, die ihr Geld als Straßenmusikerinnen verdienen und mit einer wenig liebevollen Mutter auskommen müssen, birgt Potential für ein starkes Porträt einer gefühlskalten, unerbittlichen Gesellschaft. Doch leider hat mich der Film nur stellenweise gepackt. Die visuellen Experimente, das Spiel mit Voice-overn und die inkohärente, teilweise fragmentarische Erzählstruktur sind sicherlich beachtenswert, haben mir den Filmgenuss jedoch erheblich erschwert. Küstlerisch beeindruckt "Three Sisters with Maiden Hearts" ohne Frage. Ich kann mir auch vorstellen, dass der Film sehr gut den Ton von Kawabatas Vorlage wiederspiegelt. Vielleicht sollte ich mir den Roman einmal vornehmen.

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            • Stefan Ishii 01.06.2015, 16:31 Geändert 01.06.2015, 17:10

              Tolle Idee, so darf hier jeder von sich berichten. Ich find's super! Na dann will ich mich mal an deine 17 teilweise kniffligen Fragen machen...

              1. Wann warst du das erste Mal im Kino und wie war diese Erfahrung für dich?

              Hab ich anderer Stelle schonmal beantwortet, deshalb zitiere ich mich selbst: "[...] meine ersten Kinoerlebnisse waren "E.T." und irgendein Dieter-Hallervorden-Film. [Die stärkste Ereinnerung habe ich daran als ich] zu einem Asterix-Film wollte, aber weil ich noch nicht 6 war, nicht rein durfte und weinend nach Hause rannte."

              2. Was war deine erste VHS/DVD/Blu-Ray?

              Etwas peinlich. Das war "Terminator 2". Ich war etwa 12 Jahre alt und habe den Film (auch weil es lange Zeit die einzige VHS im Hause war) bestimmt 100mal gesehen. Leider keine Übertreibung!

              3. Sammlungen: Sammelst du film- oder serienbezogene Sachen? Was denn so?

              Hm, nicht wirklich. Habe ein paar T-Shirts oder auch einige Bücher zu meinen Lieblingsregisseuren. Aber sonst eher nix...

              4. Hast du eine VHS/DVD/Blu-Ray-Sammlung? Wie viele Exemplare umfasst diese?

              Ja, definitiv! Filme. Aber auch manche Serien... (Ausführlicher kann man das in meinem BMIFC#5-Artikel nachlesen ;) - Wieviele es sind, kann ich leider nur grob schätzen. Es sollten irgendwas zwischen 1500 und 2000 Silberscheiben sein.

              5. Hast du einen oder mehrere Lieblingsfilme? Was macht einen Lieblingsfilm für dich aus?

              Ich habe vier Lieblingsfilme: "Die Reise nach Tokio", "In the Mood for Love", "Samaria" und "Der Pate". Ein Lieblingsfilm muss den Zuschauer persönlich ansprechen, nachhaltig in Erinnerung bleiben oder sogar einen großen Einfluß auf seinen Blick auf die Welt, ein Thema oder das Kino im allgemeinen ausüben können.

              6. Bei welchem Film hast du das letzte Mal so richtig geweint? Bei welchem gelacht?

              Geweint? Hm, schwierig. Also bei "The Hours" ganz sicher. Da sind so ein, zwei Szenen drin, die mich auch beim wiederholten Male immer noch heftig zu Tränen rühren können.

              7. Welcher ist dein allerliebster Filmsong?

              Eigentlich nicht wirklich ein Filmsong, aber wann immer ich "Gimme Shelter" von den Rolling Stones in Filmen höre, denke ich, wie genial der doch immer wieder passt. Martin Scorsese hat den Song einige Male verwendet: "Goodfellas", "Casino" oder "The Departed".

              8. Serien oder Kinofilme? Leinwand oder Fernseher?

              Kurz und knapp: Kinofilme auf der Leinwand!

              9. Wenn du ein Genre wählen müsstest, dass du favorisierst, welches wäre das?

              Drama. (Was ja eigentlich alles sein kann.)

              10. Magst du 3D-Filme?

              Überhaupt nicht. Teilweise macht das 3D die Filme sogar kaputt. Ablenkung von der Handlung ist doch das letzte, das man im Kino braucht.

              11. Zeichentrick oder Computeranimation?

              Zeichentrick ist und bleibt einfach liebenswürdiger.

              12. Welchen Film würdest du für ein erstes Date empfehlen?

              Soetwas kann ich echt nicht sagen. Das hängt einfach viel zu sehr von der Person ab. Mein erstes Kinodate mit meiner heutigen Frau hatten wir bei "Restless" von Gus Van Sant. Aber wirklich in Erinnerung ist das nicht geblieben.

              13. Welchen Film würdest du für fürs Allein sein empfehlen?

              Auch das ist vielzu personenabhängig. Ich schnappe mir in solchen Situationen gerne sehr lange Filme. Unter 3 Stunden geht da nix.

              14. Schon mal verkleidet auf einer Premiere gewesen?

              Nö. Ich war zwar schon einige Male bei Premieren, jedoch niemals etwas zu dem man sich verkleiden könnte. Würde ich jedoch auch dann nicht tun ;)

              15. Was hälst du von sprechenden Tieren in Filmen?

              Überhaupt nix.

              16. Hast du das Gefühl, eine Film-/Serienfigur ist dir besonders ähnlich?

              Ja, da gibt's sicher einige (Tony Leungs Rolle als Chow Mo-Wan aus "In the Mood for Love" zum Beispiel). Aber eigentlich ist es doch anders herum: Ich glaube, dass mir eine Figur ähnlich ist, weil ich mich selbst in sie hineinprojeziere.

              17. Warum würdest du dich als süchtig nach Filmen bezeichnen?

              Auch dazu empfehle ich meinen Artikel ;)

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              • In der Tat, "Reservoir Dogs" und "Pulp Fiction" besitzen grandiose Soundtracks, die ich ebenfalls auf CD besitze und sehr sehr oft gehört habe. Gleiches gilt mit Abstrichen auch für "Kill Bill". Irgendwie schade, dass Tarantino mit seinen letzten Filmen nicht mehr an diesen tollen Aspekt hat anknüpfen wollen (oder können?).

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                • Super Artikel. Sehr unterhaltsam - irgendwie auf eine gewisse Art...

                  Den Film habe ich jedoch bewußt gemieden und somit noch nie gesehen. Kennst du auch "Salò - Die 100 Tage von Sodom"? Passt irgendwie; auch wenn's da eher um unmenschliche Erniedrigung als um Gelüsteauslebung geht (zumindest interpretiere ich dies so)...

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                  • 8

                    Nach etwa einer Stunde ist auf einem Zwischentitel folgender Satz zu lesen: "Even today, feudalistic notions of 'family' crush the pure love of young people in Japan." (Noch heute zerstören feudalistische Vorstellungen vom Familienbegriff die reine Liebe zwischen jungen Leuten in Japan.) Damit ist das Thema für Mikio Naruses letztem Stummfilm klar umrissen.

                    "Kagirinaki hodô - Street Without End" zeichnet ein bitteres Bild einer Gesellschaft, in der ein Familienname, Erfolg und Geld die wichtigsten Rollen spielen. Dass dabei insbesondere die Männer als Schwächlinge schlecht bei wegkommen ist typisch Naruse. Insgesamt ist "Street Without End" vielleicht nicht Naruses bester Stummfilm. Für meinen Geschmack hätte er noch etwas disillusionierender sein können. Aber trotzdem hat der Film mir sehr gefallen. Stilistisch hat Naruse bereits hier zu einem ruhigen, überlegten Kameraeinsatz gefunden. Die Experimente früherer Filmen sind verschwunden.

                    Kurz die Handlung: Die Cafébedienung Sugiko wird von einem Auto angefahren. Ihre kurzfristige Abwesenheit läßt ihren mittellosen Freund zweifeln, woraufhin er eine arrangierte Ehe mit einer reichen Frau vom Lande eingeht. Hiroshi, der Fahrer des Unfallautos, ist aus reichem Hause und verliebt sich in Sugiko. Schließlich bittet er trotz Einwände seitens seiner Mutter und Schwester um Sugikos Hand. Sie willigt ein, muss jedoch recht schnell feststellen, dass sie in der für sie fremden Welt nicht willkommen ist. In Nebenhandlungen werden zusätzlich noch weitere Schicksale von Personen aus Sugikos Umfeld beleuchtet.

                    "Street Without End" kann mit vielen bekannten und wundervollen Darstellern aufwarten: Setsuko Shinobu (Sugiko), Shin'ichi Himori (Shinkichi), Akio Isono (Sugikos Bruder), Hikaru Yamanouchi (Hiroshi) oder Kôji Mitsui (Gast im Café). In vielen kleinen Nebenrollen sind einige Schauspieler zu entdecken, die man insbesondere aus Filmen von Yasujirô Ozu kennt. Takeshi Sakamoto läßt sich auf der Ginza porträtieren. Reikô Tani spielt einen Butler. Tomio Aoki ist ganz kurz als Hoteljunge zu sehen. Und schließlich spielt Chishû Ryû einen Rekrutierungsangestellten eines Filmstudios (komischerweise ist dieser Gastauftritt nicht einmal bei der IMDb gelistet).

                    "Street Without End" war nicht nur Naruses letzter Stummfilm, er sollte auch sein letzter Film für Shochiku sein. Er kündigte und wechselte zu Photo-Chemical Laboratories (später besser bekannt als Toho).

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                    • 8 .5

                      Mikio Naruses dritter noch erhaltener Film "Kimi to wakarete - Apart from You" (insgesamt der 19te) von 1933 ist der erste, auf dem nicht nur der Name des Regisseurs draufsteht, sondern der sich für mich auch vollkommen wie ein Naruse-Film anfühlt. "Apart from You" wirkt erheblich reifer und emotionell involvierter als es noch "Flunky, Work Hard" (1931) und "Nicht blutsverwandt" (1932) taten. Endlich wurde ihm wohl bei Shochiku mehr Vertrauen in seine Fähigkeiten geschenkt und er konnte zu dem Regisseur werden, der er sein wollte. So konnte Naruse aus einer eigentlich typisch melodramatischen Geschichte einen wunderbar vielschichtigen, berührend traurigen und größtenteils wunderschönen Film machen, in dem eine junge Frau gegen schwierige Situationen anzukämpfen versucht, um Menschen in ihrem Umfeld den Blick für Glück und Unglück zu schärfen und ihnen damit vielleicht zu helfen.

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                      • 7 .5
                        Stefan Ishii 28.05.2015, 08:48 Geändert 28.05.2015, 16:56

                        "Nasanu naka - Nicht blutsverwandt" (1932): Mikio Naruses 16.Film ist nach "Flunky, Work Hard" leider erst der zweite, den man heute noch sehen kann. Das Drehbuch zu diesem Werk stammt von Kôgo Noda, einem Autor, der häufig für Yasujirô Ozu arbeitete.

                        Das Thema des Filmes ist typisches Melodrama: Tamae verließ vor Jahren ihre neugeborene Tochter Shigeko und brachte es in den USA zu Ruhm und Geld. Der finanziell vor dem Ruin stehende Vater des Mädchens heiratete erneut und die neue Frau Masako wird beiderseitig als Mutter empfunden. Als Tamae zurückkehrt und Shigeko zurückgewinnen möchte, stellt sich die Frage was Mutterschaft eigentlich bedeutet. Naruse beschäftigt sich also schon früh mit seinem Lieblingsthema: Der Frau. Männerfiguren gibt es durchaus, stehen aber selten im Mittelpunkt. Eine männliche Figur dient sogar fast ausschließlich der Slapstick (die ansonsten jedoch fast vollkommen aus dem Film herausgehalten wurde).

                        Typisch für Naruses Arbeit und der damaligen Situation spielt sich die Geschichte jedoch vor dem Hintergrund der weltweiten Wirtschaftsrezession ab, was die sowieso angespannte Situation noch einem deutlich steigert. Der Vater verliert sein Vermögen, das Familienhaus muss verlassen werden und sogar die Großmutter sieht ihre Enkelin lieber bei der wohlhabenen Tamae obwohl die Liebe zwischen dem nicht blutsverwandten Mutter-Kind-Paar so stark ist. Die finanzielle Situationen der zwei Frauen werden beispielsweise auch anhand ihres jeweiligen Äußeren verdeutlicht. Tamae trägt größtenteils westliche Kleidung, während die Masako lediglich in Kimonos zu sehen ist.

                        Die Kamerarbeit bei "Nasanu naka" ist erneut von hoher Dynamik und einem gewissen Ideenreichtum geprägt. Die Kamera folgt den Bewegungen der Figuren oder fährt in schnellen Zooms auf sie zu, um die Intensität der Gefühlswelt zu erhöhen - teilweise auf etwas reißerische Art und Weise. Auch die Übergänge zwischen den Szenen sind sehr erstaunlich, da sie oftmals unangekündigt erfolgen. Durch eine Texttafel mit Dialog getrennt befindet sich der Zuschauer plötzlich direkt in der nächsten Situation. Diese Experimentierfreude und das hohe Tempo ließ Naruse später fast gänzlich fallen und konzentrierte sich auf eher statische Bildeinstellungen.

                        Und noch nebenbei: Die turbulente Eröffnungsszene mit der Verfolgung eines Taschendiebes und der Rettung durch einen Kumpanen kam mir aus einem von Yasujirô Ozus Filmen doch sehr bekannt vor. Quasi eine identische Szene läßt sich im zwei Jahre älteren "Walk Cheerfully" (1930) finden, allerdings schrieb an diesem Drehbuch Kôgo Noda zumindest nicht direkt mit. Zu dieser Zeit arbeiteten aber alle noch für Shochiku in den Kamata-Studios.

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                        • Comic-Nerd-Wissen:

                          1. Caliban war in den X-Men-Comics einmal einer der vier apokalyptischen Reiter. Und zwar unter dem Namen "Hellhound" (in der Ausgabe "X-Factor" 24 aus dem Jahr 1988 wechselte er zu Apocalypse über) wurde Caliban zu Apocalypses "Pestilence" (ihr wisst schon: In der Bibel sind die Reiter nach Farben charakterisiert: Weiss, schwarz, rot und fahl. Entsprechend sind Apocalypses Reiter: Tod, Hunger, Krieg und Pestilenz).

                          2. Genau genommen sind die Morlocks, zu denen Caliban gehörte (später auch zu den X-Men), keine Widersacher oder Bösewichte. Die Morlocks haben sich zusammengeschlossen und in die Kanalisation von New York zurückgezogen. Größtenteils um sich aufgrund ihrer Andersartigkeit vor der menschlichen Gesellschaft zu verbergen. Um sich zu schützen oder auch aus Angst reagierten einige dieser Morlocks mit Gewalt, aber eigentlich wollten die meisten von ihnen einfach nur in Ruhe gelassen werden.

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                          • Den hab ich doch erst letzte Woche im Kino gesehen und heute läuft der schon auf ARTE?

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                            • 6 .5

                              "Koshiben ganbare - Flunky, Work Hard" ist Mikio Naruses ältester noch erhaltener Film. Die sieben zuvor entstandenen Werke sind allesamt verloren. Auch folgende Filme sind nicht mehr auffindbar. Insgesamt dürften von seinen 24 Stummfilmen lediglich fünf der Welt erhalten geblieben sein. Dadurch ist natürlich das Frühwerk des großen japanischen Filmregisseures schwer zu beurteilen.

                              "Flunky, Work Hard" ist gänzlich anderes als man es von Naruses späteren Filmen erwarten würde. Ähnlich wie Yasujiro Ozu scheint Naruse zunächst etwas heitere Filme gedreht zu haben, teilweise mit Slapstick-Einlagen, die jedoch einen starken Einfluss durch die Wirtschaftskrise zu spüren haben. Soziale Unterschiede zwischen Arm und Reich werden auch in dieser Komödie betont. Genau wie Ozu arbeitete Naruse bei Shochiku und er verband offensichtlich analog zum (noch) bekannteren Meister seine Komödien und Angestelltenfilme stets mit einem etwas durchschimmernden Bedenken; wenn nicht gar einem Pessimismus.

                              Doch nicht nur thematisch unterscheidet sich der Film von seinen bekannten Werken bei Toho. Die Inszenierung ist erstaunlich experimentierfreudig und dynamisch. Im Verlauf seiner späteren Karriere wechselte auch Naruse zu eher statischen Einstellungen. Doch hier lassen sich rasante Schnitte, überlappende Bildausschnitte und experimentelle Montageszenen finden, die fast expressionistisch die Gefühlswelt der Figuren herausarbeiten. Trotz all dieser Stärken ist "Flunky, Work Hard" jedoch nicht wirklich gelungen. Die Geschichte ist für meinen Geschmack zu banal und das Ende geradezu kitschig. Wahrscheinlich musste sich Naruse den Anforderungen der Studiobosse beugen.

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                              • Schön, dass diese Möglichkeit jetzt offiziell für alle verfügbar ist. Die Probleme des derzeitigen Moduls wurden bereits ausführlich im Forum diskutiert (http://www.moviepilot.de/forums/anregungen-fragen-lob-tadel/threads/der-mitmachmodul-betatestmitmacher-mitmachthread).

                                Meine Zusammenfassung des Ganzen:

                                1.Hauptproblem: viele notwendige Regisseure, Darsteller etc. fehlen (Das wird hoffentlich bald durch ein Personenformular behoben werden!)
                                2.Kurzfilme können nicht angelegt werden
                                3.Dokumentarfilme können (noch) nicht angelegt werden
                                4.Rollennamen fehlen (noch, soll aber bald kommen)
                                5.Inhaltsangaben fehlen und können nicht mit angelegt werden (verständlich, da Urheberrechtsprobleme auftreten können, wenn unverantwortlich mit fremden Texten umgegangen wird, was leider nie ausgeschlossen werden kann)
                                6. und das ist mein langfristiges Sorgenkind: Was passiert mit den bisher äußerst rudimentär unfertigen Filmdatensätzen? Im Nachhinein kann man diese wohl nicht mehr bearbeiten und aufbessern!

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                                • Stefan Ishii 25.05.2015, 18:59 Geändert 25.05.2015, 19:03

                                  Sehr interessant - irgendwie... Ich kenn mich ja mit diesen Animes so wenig aus. Wirklich komplett gesehen habe ich aus deiner Top 25 ja lediglich Platz 4 (Neon Genesis Evangelion) und von Platz 12 (Cowboy Bebop) kenne ich auch ein paar Fölgchen...

                                  Aber helfen, was ich vielleicht davon schauen könnte, kann mir deine Auflistung leider auch nur bedingt. Vieles spricht mich leider kaum an... Könnte "Serial Experiments Lain" etwas für mich sein?

                                  Trotzdem vielen Dank für die Abeit. Und dass es dir dabei großen Spaß bereitet haben dürfte, kann ich absolut nachvollziehen.

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                                  • 7
                                    Stefan Ishii 25.05.2015, 12:45 Geändert 25.05.2015, 18:02

                                    "Fliehendes Land" (2004) von Friedrike Jehn hat mir insgesamt wirklich ganz gut gefallen. Klar, der Film wirkt irgendwie alles andere als perfekt und das Ende ist vielleicht etwas schwach. Aber die Geschichte ist eigentlich ziemlich interessant erzählt, die Figuren sind mir sympathisch, die Darsteller passen (Matschenz finde ich seit "Dreileben - Etwas Besseres als den Tod" sowieso toll). In jedem Fall haben mir diese 47 Minuten erheblich besser gefallen als Jehns Spielfilm "Weitertanzen" (2008), dessen Unausgereiftheit und Schwächen für mich mehr ins Gewicht fielen.

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                                    • Also ich bin (soweit ich das aus der Ferne beurteilen kann) relativ zufrieden. Audiard find ich gut. László Nemes klingt äußerst vielversprechend. Hou Hsiao-hsien auszuzeichnen ist wundervoll. Also ich bin erstmal zufrieden... Aber wirklich beurteilen kann man das doch nur, wenn man die Filme gesehen hat.

                                      Was mich (übrigens bei allen großen Festivals) etwas stört: Dass pro Film nur ein Preis verliehen wird. So wirkt das Ergebnis immer etwas beliebig...

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                                      • 6 .5

                                        Georg Wilhelm Pabst ist einer der Regisseure, mit dessen Schaffen ich mich bisher überhaupt nicht beschäftigt habe. Und womit könnte man dann besser anfangen als mit seinem Erstlingswerk?

                                        Eindeutig noch ein Kind des späten deutschen Expressionismus: Die bedrohlich wirkenden Kulissen oder die dunklen Schatten. Aber dann auch irgendwie nicht mehr: Lange Kameraeinstellungen, die die Gefühle der Figuren erkunden, sehr sachliche Darstellungen der vorherrschenden Zeit, sowie vorsichtige Versuche des Romantischen. "Der Schatz" ist als Debütfilm von G.W. Pabst kaum in eine Schublade zu stecken. Es ist im Grunde eine Art Übergangsfilm. Er vertritt eine gewisse Weltanschauung oder Moral, schreckt allerdings auch nicht davor zurück, die Dummen oder Bösen bloß zu stellen und sich gar über sie lustig zu machen.

                                        Mich persönlich konnte dieser Film nicht vollends überzeugen. Zu oft läuft Pabst gewissen (zu der Zeit) publikumswirksamen Attraktionen hinterher und die Geschichte erscheint mir in seiner Psychologie doch etwas zu flach und in der Struktur zu gezwungen. Aber ohne Frage ist "Der Schatz" ein wichtiger Beitrag in der deutschen Filmgeschichte, sowohl wegen der stilistischen Bandbreite als auch als Erstlingsfilm eines bedeutenden Filmschaffenden. Ich bin gespannt auf weitere Werke von Pabst.

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                                        • Kann mich meinen Vorrednern nur anschließen: DANKE!

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                                            • Ich möchte auch mal, dass Zhao Tao an mir vorbeischlendert... ;)

                                              "Dheepan" klingt interessant, bis zu dem Punkt des dritten Aktes... Naja, Audiard halt. Er kann was (eigentlich sogar eine ganze Menge), aber irgendwas bringt er immer seine Filme, das mich stört. Außer bei "Der wilde Schlag meines Herzens", den fand ich komplett großartig.

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                                                Stefan Ishii 20.05.2015, 23:19 Geändert 20.05.2015, 23:26

                                                Nach ihrer eher heiteren Liebeskomödie "Love Is All You Need" und ihrem Ausflug nach Hollywood ("Serena") kehrt Susanne Bier nicht nur zu ernsteren Themen zurück. Sie liefert mit "Zweite Chance" wohl einen ihrer heftigsten Filme ab. Ich war sehr froh, mit dem Fahrrad zum Kino gefahren zu sein. Die 30min Heimweg haben mir sehr gut getan. Ich war aber auch nicht vorbereitet auf das was mich erwarten sollte, da ich mir im Vorfeld bewußt eher nie Inhaltsangaben oder Kommentare anschaue. Normalerweise berühren mit Filme nicht allzu oft so stark persönlich wie dieser Film hier. Aber bei Themen wie Kindstötung, plötzlicher Kindstot oder Ähnlichem ist auch bei mir als Vater zweiter unglaublich süßer Mädchen die Grenze zwischen filmischer Realität und persönlichen Ängsten schnell überschritten. Auf meinem Heimweg mußte ich ständig an bestimmte Momente aus unserem Leben denken, die wohl jeder Vater und jede Mutter kennt. Deshalb ist eine objektive Bewertung des Filmes für mich wirklich schwierig. Mir fehlt da wahrscheinlich etwas der Abstand.

                                                Mir ist durchaus bewußt, dass das Drehbuch von Anders Thomas Jensen so seine Schwächen hat. Aber der Film hat mich einfach persönlich sehr berührt. Auch wenn ich im Mittelteil fassung- und verständnislos in Bezug auf die Taten der Hauptfigur reagierte, so gefiel mir im späteren Verlauf die Tatsache, dass den Charakteren die Konsequenzen ihren Tuns mehr als nur bewußt gemacht wurde.

                                                Noch kurz ein paar Worte zu den Darstellern. Diesmal durfte in erster Linie Dänemarks männliche Darstellerriege ihre Klasse beweisen, aber auch May Andersen überzeugte mich absolut. Wirklich hervorheben möchte ich jedoch noch Nikolaj Lie Kaas, der sich ja schon lange ein Sternchen hier bei mir verdient hat, und der auch immermal wieder als Sympathieträger fungiert. Diesmal spielt er wohl den widerlichsten Abschaum, wie man ihn sich schlimmer kaum vorzustellen vermag: Gewalttätig, drogensüchtig und einfach nur abstoßend. In Susanne Biers Filmen zeigt Kaas einfach immer wieder wie unglaublich gut er ist. Seit "Open Hearts" gehört er zu meinen Lieblingsschauspielern und in "Brothers - Zwischen Brüdern" ist er ebenfalls grandios.

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                                                • Jia Zhangkes Filme sind für mich immer vielversprechend. Mich als Fan würde noch interessieren: Geht sein neuestes Werk stilistisch ähnlich wie bei "A Touch of Sin" vor (sprich ist der Film ein klassischer Spielfilm mit Bezügen aus der Realität) oder hat der Film wieder einen (semi-)dokumentarischen Stil? Letzteres würde mich ja wieder mehr interessieren. Auch wenn mir AToS jetzt nicht wirklich schlecht gefallen hatte.

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                                                    Stefan Ishii 19.05.2015, 20:39 Geändert 19.05.2015, 20:41

                                                    Endlich habe ich "To the Wonder" einmal richtig gesehen, sodass ich ihn jetzt auch wirklich bewerten kann. Leider ist der Film tatsächlich Terrence Malicks erster Film, den ich weniger stark fand im Vergleich zu seinen anderen Werken. Ich fühle, dass da mehr drin steckt, aber ich weiß nicht warum ich es nicht verstanden habe. Möglichweise hat "es" mich wenig angesprochen oder die Themen wurden vielleicht zu schnell abgehandelt. Es hat auch ganz sicher nicht geholfen, dass ich sämtliche Darsteller mit Ausnahme von Bardem nicht wirklich mag; und Javiers Figur konnte mir leider auch nichts geben. Glücklicherweise hatte mich Malicks nachfolgender Film "Knight of Cups" wieder restlos begeistern können. Also halb so schlimm...

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