Takeshi_Kitano - Kommentare

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    Takeshi_Kitano 28.01.2021, 04:01 Geändert 28.01.2021, 04:03
    über Brother

    "Ihr Japaner seid so unergründlich" lautet die tapfer versuchte Annäherung des japanischstämmigen alten Hostel Besitzers an Yamamtoto (Takeshi Kitano), einem Yakuza, der nach Amerika reiste und kurz vor dem Tod steht. Natürlich gibt es keine Antwort. In "Brother" zeigt Kitano wie so oft eine überspitzte Kritik an der japanischen Gesellschaft anhand des Extrembeispiels der Yakuza.
    Yamamoto ist ein Geächteter der japanischen Yakuza, der nach Los Angeles zu seinem Halbbruder flieht. Sein Bruder ist nur ein Kleinkrimineller, der mit schwarzen und lateinamerikanischen Jungs ein paar krumme Geschäfte vollzieht. Es sind letztendlich nur verspielte Jungs. Mehr als Diebstahl hat da keiner im Sinn. Denny (Omar Epps) möchte seiner Mutter und kleinen Schwester auch nur ein paar Geschenke kaufen.
    Ganz im Gegensatz zu Yamamato, der ein verstockter Traditionalist der alten japanischen Schule ist. Vielleicht trägt Kitano deshalb so oft eine Sonnenbrille in seinen Filmen. Man weiß nie wirklich was er denkt. Schon bald steckt er mit diesem aufgesetzten japanischem Macho und Brudergehabe die anderen an, die nicht mal Japaner sind, sondern Schwarze und Latinos. Dazu noch vieles anderes. Etwa die Distanz zwischen Männern und Frauen. Die Distanz in der Fremde. Interessant hierbei ist auch wie Kitano Sprachbarrieren darstellt.
    "Bruder" als Titel ist hier zum Teil als gesellschaftliches Band auch wichtiger als das familäre, egal ob in Japan mit alten Yakuza Kameraden Harada (Ren Osugi) oder dem Bruder (Omar Epps). Yamamato trägt die verpflichtende Gewalt mit sich. Am Ende, in der Todesszene, da gibt es keinen Heroismus. Trotz der Reuegefühlen wählt da jemand einen den leichteren Ausstieg als vor dem, was ihm eigentlich sein Gewissen abforderte. Es stiehlt sich jmd aus seiner Verantwortung.

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    • Takeshi_Kitano 26.01.2021, 15:05 Geändert 26.01.2021, 15:09

      1. Kennst du Edward Snowden und den Zusammenhang zu ihm?
      Ja.

      2. Wenn ja, bist du im Internet nun vorsichtiger geworden?
      Leider nicht.

      3. Wie fühlst du dich bei dem Gedanken, dass dich jemand überwachen könnte?
      Ich denke es ist auch irgendwie traurige Realität. Traurig auch, dass das meiste durch Liberalisierung und Freiwilligkeit geschieht.

      4. Was verstehst du unter dem Begriff "Selbstzensur"?
      Habe ich keinen Bezug zu. Manche sollten sich aber wohl tatsächlich mal zensieren.

      5. Macht dir das Thema Überwachung Angst oder siehst du das alles noch gelassen?
      Das Leute und Suchmaschinen gut über mich Bescheid wissen ist schon beängstigend. Dazu muss man nicht erst nach China schauen (und ja naürlich ganz anderes Level).

      6. Wenn du die Chance hättest, Angela Merkel eine Frage zu stellen, die sie sofort beantworten müsste, was würdest du fragen?
      Ob der Augenblick mit dem jungen Mädchen Reem, welches vllt abgeschoben werden sollte, ihr tatsächlich so nahe ging.

      7. Hast du einen Facebook-Account und wenn ja, findest du die neuen AGBs in Ordnung?
      Facebook ist ein Höllenloch und die AGBs waren auch vorher scheisse.

      8. Lässt du dich leicht beeinflussen?
      Nein. Ich bin ein Fels in der Brandung.

      9. Glaubst du an Gruppenzwang?
      Lol, ja.

      10. Bist du auch der Meinung, dass gewalttätige Computer-Spiele einen Menschen zu Gewaltausübung treiben?
      Nein. Andererseits, so sehr es albern ist da irgendwelche Ursachen für Amokläufe ect zu sehen, es ist eig schon vom Grundsatz her morbide.

      11. Findest du Zivilcourage riskant?
      Ja.

      12. Wenn ja, warum?
      Hab selbst schon in mehreren Momenten fast aufs Mual bekommen. Also ja.

      13. Kennst du das neue Anti-Terror-Gesetz?
      Nein, nicht im Detail.

      14. Wenn ja, hälst du es für beruhigend oder unverschämt?
      ...

      15. Was hälst du von den Anschuldigungen, dass „Telegram“ eine Plattform für Rechtsradikale, Antisemiten und Verschwörungsanhänger sein soll?
      Ist natürlich Unsinn. Es ist halt dennoch lustig (merke das auch privat), wie viele angeblich kritische Menschen sich da tummeln aber nur die Stimme des sehr sehr kleinen Mannes sind. Tummelwiese für Klein(st)bürger.

      16. Hast du den Eindruck, unsere Politiker würden sich zu oft mit nichtigeren Dingen beschäftigen?
      Klar irgendwie schon.

      17. Hast du dich durch diese Fragen mit manchen Themen nun besser auseinander gesetzt oder würdest es in Zukunft tun?
      Nein und vllt.

      18. Findest du es wichtig, diese Themen öffentlich zu erörtern oder bist du der Meinung, solche Fragen sollte man erst gar nicht stellen?
      Sollte gesamtgesellschaftlicher Diskurs werden.

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      • Takeshi_Kitano 26.01.2021, 04:15 Geändert 26.01.2021, 04:16

        Tarantino über Kitanos Sonatine: https://www.youtube.com/watch?v=7Uxjk3lY5Do

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          Takeshi_Kitano 26.01.2021, 03:38 Geändert 26.01.2021, 16:10

          Sehr überspitzt und plakativ. Eigentlich eine Groteske. Treffen tut Shion Sono es dennoch. Menschen verschwinden lassen. Das ist ein Sinnbild für den werktätigen Kapitalismus. Im Arbeitsalltag verschwinden Menschen im Aufgehen in ihm. Andere wiederum werden geradezu reich und mächtig dadurch. 40 Jahre Arbeit, wer erinnert sich an diesen Aufwand eines Menschen schon. Hier passiert dies wortwörtlich. Menschen verschwinden hier physisch.

          Shamoto ist ein kleiner Fisch im Tropenfischhandel. Sein Aufstieg vollzieht sich durch das Unterordnen zu einem erfolgreicheren, beängstigend kriminellen und erfolgreicheren Händler seines Gewerbes. Frau Kind und Würde gehen an diesen verloren. So bleibt bleibt ihm nur die Flucht in das außerstätdische Planetarium, dass ihm zugleich eine Welt vor und außerhalb dieser Bedrängnis eröffnet. Die negative Katharsis vollzieht sich durch das Annehmen, dass die japanische Gesellschaft, verstärkend mit der Verbindung zu dem Kapitalismus ihn als Mann nur im patriarchalischen Gewaltakten kurzzeitig vergessen lassen kann. So ergeben sich ganze Konfliktsituationen und Ausbeutungsverhältnisse auch aus jap. freiwilliger Hierarchie.

          Es ist auch bezeichnend, wie sehr sich Shamoto auch bei dem herrischen, neuen Fischverkäufer, der ein Mörder, Vergewaltiger und in den geforderten Situationen ebenfalls kriecherischer Diener ist, sich dem neuen mörderischen System unterordnet. Einem Mörder, Vergewaltiger und Soziopathen, der nach außen hin sich als Selfmademan und Lebemann inszeniert. Sympathische ist, hier wird nicht die Yakuza oder irgendwelche mächtigen Politiker, Wirtschaftsmoguln gezeigt, sondern kleine Fische in sehr spießigen Berufen, welche subtile Grausamkeiten in sich bergen. Die Tochter, die beim psychotischen erfolgreicheren Tropenfischhändler unterkommt, verfüttert kleinere Fische kaltblütig an die größeren. Es klingt wie immer pathethisch aber man muss wohl wieder Ado rno zitieren : "„Das Ganze ist das Unwahre“ .

          Es ist ein Mikrokosmos im Makrokosmos. Das Sympathische an diesem Film ist auch, das ausgerechnet dieser Kontrast, dieses sehr kleinen Fisches, zu dieser Gewaltspirale führen kann. Ein sehr pessimistischer Blick auf die Welt, vorallem in den sich als Gegenentwurf verstehenden Szenen der eigentlichen Hoffnungen des Tropenfischhändlers, wie dem Blick auf die Welt von dem Universum aus. Eine Welt mehr als diese haben wir leider nicht.

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          • Ja, völlig richtig. Ganz, ganz schrecklicher Typ.

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              Grandios unterhaltsamer Schwachsinn. Zu keinem Zeitpunkt besitzt der Film natürlich die Intelligenz eines Memories of Murder oder anderen Thriller aus Südkorea, ist aber ein ungemein rasanter Trip in die südkoreanische Unterwelt, wie auch die der Serienkiller. Angesichts der Fülle dieser Filme in jüngster Zeit aus Südkorea, mag man schmunzeln, immerhin ist es ein relativ sicheres Land. Ein Schmunzeln, ein rührseliges auch bei der ungewohnten Liaison (Zweckbündnis um den Killer zu finden) zwischen Cops und Gangstern, welche beinahe freundschaftliche Züge bekommt. Ein perfektes Finale. Das Lächeln auf dem Gesicht des Gangsters. Das Lächeln auf dem Gesicht des Serienkillers. Das Lächeln auf dem Gesicht des Zuschauers. Das Spiel geht immer weiter. Manchmal muss man sich halt so lange gegenseitig aufs Maul hauen bis man merkt man gehört doch zueinander. Was ist das Leben schon ohne einen guten Feind. Wäre nur das etwas unangenehme Bekenntnis zu der Todesstrafe nicht, ins Besondere nachdem man von der traumatischen Kindheit des Serienkillers im Vorbeigehen unterrichtet wurde.

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              • ... in die Traufe.

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                  • ?

                    Ehrlich gesagt wollte ich den Film tatsächlich sehen. Ja ich weiß, schon die Serie war nur Werbung für das Spiel. Pikachu so süß und so. Pokemon und so. Habs als Kind gefeiert und mag auch immer noch Film 1-3. Scheiß auf Adorno und so.

                    Dann gesehen, dass Ryan Reynolds mitspielt. Bzw mitspricht. Die deutsche Synchro macht den Film dadurch in der Fassung wahrscheinlich besser. Schauen werd ich es dennoch nicht.

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                    • https://www.youtube.com/watch?v=0wVDvXM6kjY

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                        In seiner Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen schreibt Rousseau wie folgt:
                        "Der erste, der ein Stück Land eingezäunt hatte und dreist sagte: 'Das ist mein' und so einfältige Leute fand, die das glaubten, wurde zum wahren Gründer der bürgerlichen Gesellschaft. Wie viele Verbrechen, Kriege, Morde, Leiden und Schrecken würde einer dem Menschengeschlecht erspart haben, hätte er die Pfähle herausgerissen oder den Graben zugeschüttet und seinesgleichen zugerufen: 'Hört ja nicht auf diesen Betrüger. Ihr seid alle verloren, wenn ihr vergesst, dass die Früchte allen gehören und die Erde keinem."

                        So ganz verschreibt sich "Das Feld" von Jim Sheridan nicht diesem Gedanken und dennoch versucht sich Sheridan daran, die eigentliche Definition des Grundbesitzes an Land zu hinterfragen. Vor allem dem bürgerlichen Verständnis dessen. Dem irischen Torf und Schafbauern Bull McCabe gehört zwar nicht das fruchtbare Feld, welches er seit Jahrzehnten durch harte Arbeit urbar machte, denn er ist ein Pächter, ist aber aufgrund dessen mit diesem seinem Kleinod aufs Tiefste verbunden.
                        Als es durch unglückliche Umstände dazu kommt, dass die Besitzerin, das Feld nun möglichst preiswert versteigern möchte, bricht dementsprechend die Welt von Bull zusammen. Heißt es doch, dass er nicht nur mittellos sein wird, sondern auch seine Lebensaufgabe verlieren wird. Schnell werden hier auch unangenehme Erinnerungen wach, als noch englische Lords in Irland den Ton angaben und Hungersnöte und Auswanderungswellen Irland quälten. Nur ist es ein reicher irischstämmiger Amerikaner, welcher aller Wahrscheinlichkeit nach nicht nur sein Feld aufkaufen möchte, sondern es für seine industriellen Ambitionen auch zubetonieren möchte.
                        Seine Anklage gegen den Pfarrer des Dörfchens findet da auch kaum Gehör. „Das Feld gehört der Frau – nach bürgerlichem Gesetz„ … "Es gibt ein Gesetz, was darüber steht ... ein stärkeres„ so Bull daraufhin.
                        Natürlich könnte man versucht sein, die Beweggründe, vielmehr die Hintergründigen für altmodisch zu halten, da er es biblisch begründet. Nur Bull ist ein einfacher Mann, der ein hartes, simples, für manche ein normiertes Leben führt. Es ist Unbelesenheit, die dazu führt, dass wahrhaftigere Gründe als bürgerliches Recht, Intuition, die das Wahre anzeigt, er nur mit für ihn vereinfachten religiösen Symbolen bebildern kann.
                        Mythen selbst waren ja oft psychologische Anschauungen der Völker. Im Zuge der weiteren Handlung kommt es nun zu einer großartigen und poetischen Parabel über Besitz, Eigentum und auch irgendwie um Freiheit. Aber auch darum, wie man Opfer dieser Besitzverhältnisse, der Sorge und Angst, sowie Ansichten zu Familie und Erbe, dörfliche Xenophobie in den Abgrund führen können. Denn da ist nicht nur der reiche Amerikaner, sondern auch sein Sohn (Sean Bean), der nicht wirklich das Erbe seines Vaters antreten möchte und Bull selbst fühlt sich immer mehr wie ein Tier in die Enge getrieben. Die Folgen sind dann klar. Eine großartige Parabel mit einem überlebensgroßen Richard Harris.

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                          Beinahe 3 Stunden langer, Milliarden schwerer Trash. In einzelnen Sekunden werden Millionen verpulvert. Millionen, die viele kleinere, gute Filme ermöglichen würden. Und dennoch sieht das Digitalgetöse vor dem toten Greenscreen auffallend unspektakulär und zeitgenössisch aus. Hin und wieder ploppt Eisen Mann auf. Oder ist es Robert Downey Jr.. Am Essen ist er aber. Dieser kecke, joviale Lebemann aber auch. Halt auch irgendwie Daily Soap mit Stars. Wahrscheinlich jetzt nach zwei Jahren schon nichts Besonderes auch im technischen Bereich mehr. Schon längst habe ich auch vergessen, ob es sich bei den in meinen Erinnerungen projizierten Sequenzen um Ininfinty War, Endgame oder irgend einen anderen Avengers Film handelt. Ist ja auch eh alles völlig egal. Auch den Fans. Hochstilisieren der Belanglosigkeit, Fan und Nerd Theorien. Darum geht es. Alles und nichts ist möglich. Infinity War ist wie wenn man die neuesten PC Actionreißer durchcheatet und am Ende dennoch behauptet Spaß gehabt zu haben. Nur um Film geht es hier schon lange nicht mehr.

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                          • Herzlichen Glückwunsch du melancholischer Poet der gewaltsamen, wie stillen Momente des japanisches Kinos.

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                              Takeshi_Kitano 14.01.2021, 00:01 Geändert 17.01.2021, 01:07

                              Der Begriff der Würde wird heute meistens im rechtlichen Rahmen verstanden. Allerdings, so kann man sich diesen auch als Lebensmaxime setzen. Anthony Hopkins spielt hier (herrlich "unterkühlt" ohne das Gefühlswirrwar im Inneren jedoch missen zu lassen) den Butler Stevens, der es sich zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat, seinem Herrn dem adeligen Lord Darlington zu dienen. Er weiß um seine eigene geringere Position im gesellschaftlichen Bereich, allerdings so fasst Butler Stevens dies „demokratisch“ auf.

                              Und tatsächlich kann man sich doch ein wenig mit diesem antiquitierten Denken anfreunden. Das Fehlen der Würde in allen Dingen heute, sei es nun das behutsame Schliessen einer Tür, dieser stille Augenblick oft vernachlässigter Ruhe, Anmut und Eleganz versprechend, anstatt diese in einem verinnerlichten mechanischen Rahmen zuknallen zu lassen. Ein feundliches, nicht all zu aufdringlichen Auftreten im Bitten und Erfragen bei angebotener oder dargebotener Hilfestellung anderen gegenüber. Die Höflichkeit einen Menschen nicht in eine peinliche Situation zu bringen, denn oft hat man selbst Gewalt darüber. Das ist eine schwere Gratwanderung und erfodert jahrelange Erfahrung.

                              Nicht das Gesicht verlieren, Nonchalance bewahren, dies hat Butler Stevens fast bis zu der Perfektion verinnerlicht und trägt diese seitjeher als Maske vor sich her. Das geht eine Weile so lange gut bis nun die Haushälterin (Emma Thompson) in sein Leben tritt, in der er sich über die Jahre seines Dienstzeit hinweg verlieben wird. Jedoch durch seine Radikalität nicht über den eigenen Schatten zu springen, seinem Berufethos, der längst zu einem Selbstläufer geworden ist, seine Chancen auf ein eigenes glücklicheres Leben verstreichen lässt.
                              James Ivory, der hier eine längst untergegange Welt auferstehen lässt, in der ein Großteil der Handlung dem stillen Werkbetrieb vieler Angestellter eines Herrenhauses gewidmet ist, während weltpolitische Sitzungen in denen für die Adligen und Diplomatenschaft vorgesehenen Räumlichkeiten des Anwesens stattfinden, zeichnet hier somit bei aller Bewunderung für diese Art der Selbstdisziplin ein mehr als kritisches Bild dessen.

                              Denn was ist wenn Würde tatsächlich zu einem reinen Selbstzweck verkommt und sie keine Wertigkeit mehr besitzt. Wenn sie zum Unglück des eigenen Lebens beiträgt ? Es ist eine Art der Lebensführung, die ihren Anteil am Weltgeschehen missen lässt. Was letzteres anbelangt, ist besonders gelungen. Denn "Was vom Tage übrig blieb" spielt auch vornehmlich in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg und bei seinem Herrn und den meisten Diplomaten des alten Europas, handelt es sich um Gentleman alter Schule, welche in einer völlig anderen Welt als ihre Kollegen aus Deutschland oder Amerika leben.

                              Mit dieser neuen Welt kommt Butler Stevens nicht zurecht. "Was vom Tage übrig blieb" ist kein üblicher tragischer Liebesfilm von ungeteilter oder verbotener Liebe im herkömmlichen Sinn, sondern einer der vertanen Chancen und eigener Befindlichkeiten, in der es nicht zu intimen Szenen kommt, sondern oft ein Film der Blicke bleibt, so dass sich Butler Stevens am Ende des Filmes tatsächlich fragen musste: " Was nun vom Tage übrig blieb".

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                                Ich liebe kompromisslose Filme.

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                                  Takeshi_Kitano 11.01.2021, 14:54 Geändert 11.01.2021, 14:57

                                  "Der weibliche Charakter und das Ideal der Weiblichkeit, nach dem er modelliert ist, sind Produkte der männlichen Gesellschaft....Dort, wo sie human zu sein vorgibt, züchtet die männliche Gesellschaft souverän ihr eigenes Korrektiv und zeigt sich durch die Beschränkung als unerbittlicher Meister...Die Glorifizierung des weiblichen Charakters schließt die Demütigung aller ein, die ihn tragen."
                                  Passage aus Adornos Minima Moralia.

                                  Patty Jenkins geht genau den anderen Weg. Sie zeigt ihn, den weiblichen Charakter als tough baby. Sie demokratisiert was früher als ausgesprochen männlich galt und dazu gehörte unter anderem eben die Perfektionierung des Kriegshandwerks. Das kann man sicher gutheißen, nur Frauen sind genauso wenig wie Schwarze oder Behinderte die besseren Menschen aufgrund ihres unterdrückten Status. Erst recht nicht, wenn sie eine Waffe in der Hand halten und selbst morden dürfen.
                                  Anfangs denkt man auch durch die netten Bilder der Südsee abgelenkt, dass "Wonder Woman" trotz der billigen Vereinnahmung griechischer Mythen in die richtige Richtung gehen würde. Das ändert sich tatsächlich schon als Engländer Chris Pine unerwartet das Inselparadies erreicht und mit ihm im Schlepptau der deutsche Feind. Natürlich muss er dem weltfremden Dummchen gleich auch durchgehend die Welt erklären.

                                  Schnell wird auch geklärt, wer nun die "Bösen" sind und wer nicht. Im Ersten Weltkrieg, wo das Kaiserreich von allen Nationen sicherlich am meisten sich in den Krieg gedrängt hat, es ingesamt aber auch eine Kettenreaktion war, schon etwas bedenklich.
                                  Die Schwarzmalerei hört auch nicht bei den Bösewichten auf, man merkt es fehlen einfach die Nazis.
                                  Was noch viel ärgerlicher als diese noch zu verkraftende Banalität ist, ist aber die Menschenverachtung, die in Wonder Woman glorifiziert wird. Der von Ares zum Teil beeinflusste Feind, die deutschen Soldaten werden komplett entsubjektiviert. Zu hunderten werden sie in betont ästhethisierten Bildern weggeschlachtet. Es soll für den geneigten marvelisierten Zuschauer von DC ja auch mächtig geil aussehen das Gemetzel.

                                  Natürlich ist dies auch recht unblutig inszeniert, denn das blutige Verstümmeln, das Köpfe und Beine abschlagen, würde wohl ein anderes Bild ergeben. Noch zynischer kann man sowas wohl nicht glorifizieren. Dass diese teilweise nichtmal mit Ares (David Thewlis im Übrigen komplett verschenkt) und co. im Bunde sind, sondern einfach Teil des Kriegalltags und somit irgendwelche armen Frontschweine sind geht völlig unter. Wonder Woman ist im Gegensatz zu dem von Chris Pine dargestellten Steve keine heroische Figur. Die Soldaten, die ihr im Weg stehen haben im Grunde nicht die geringste Chance.
                                  Das Wonder Woman ausgerechnet millionenfachen Mord und Greueltaten als Bühne für einen vermeintlichen Feminismus nutzt, entlarvt dessen im Grunde autoritären Charakter. Wer "wonder woman" für feministisch hält, tut dies sicher nur im Geiste der Vereinnahmung.

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                                  • Takeshi_Kitano 11.01.2021, 14:33 Geändert 11.01.2021, 14:35

                                    Das ist ja wundervoll. Nach der Corona Pandemie sind weitere Marvel Filme genau das was die Welt (und Kino) braucht, um zurück zur "Normalität" (eine in der es weiterhin Kriege und Armut gibt) zu gelangen.

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                                      Schwester Ratched ist die Banalität des Bösen.

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                                      • Takeshi_Kitano 31.12.2020, 11:20 Geändert 31.12.2020, 11:22

                                        Auch wenn ihr ihn hier nun aufgelistet habt (wenn auch nur namentlich) hätte man ruhig einen Artikel zu Kim Ki-duk heraus bringen können.

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                                          Takeshi_Kitano 28.12.2020, 19:45 Geändert 28.12.2020, 23:57

                                          Marvel, ähe DC, DCEU bleibt mal wieder blödelnd unpolitisch. Wie schon im ersten Teil wird hier eine Zeit, die Menschen und ihre Krisen (wie der Kalte Krieg) mythologisch herunter gedummt. Die Trash Bombe am Anfang (Balla Balla Insel Challenge im Takeshis Castle Style) und Wonder Woman als "freundliche Spinne" der Nachbarschaft ließen noch schlechten Trash à la Wassermann befürchten, zum Glück fängt sich der Film wieder. Aber wie auch schon im ersten Film wird durch die Ernsthaftigkeit der Film fast nur noch ärgerlicher. Ich behaupte einfach mal, dass die Entwicklung Wonder Womans zur Reife am Ende mit dem Verlust doch klar zu kommen und dem Magical Stein nur dazu da ist Chris Pine wiederzubeleben. Nichts hier an Demutsbezeugungen ist echt. Ja, die Welt ist schön wie sie ist. Kann man ja so sagen als Übermensch. Was vielleicht bei Star Wars klappt, muss es nicht in einer komplexen Welt wie der unseren. Zwischendurch wie immer gähnende Langeweile. Wieso geht der Quatsch 150 Minuten? In einer Woche werde ich eh alles wieder vergessen habe. Zimmers Bombast Recycling habe ich bereits eine Halbe Stunde nach dem Film vergessen. Muss man auch ersteinmal schaffen.

                                          Fazit: Wie immer beim MCU oder DCEU hat Rest der Menschheit gefälligst die Klappe zu halten und den Status Quo anzuerkennen, während Held/in die Welt rettet. Schlichtes Kino.

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                                          • Schade dass dir Bulbbul nicht so gefiel (war auch recht gnädig). Aber schau mal mehr indische Filme, gerade auf netflix gibts viele.

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                                              Es ist schon ziemlich aussagekräftig, dass ausgerechnet die Entschuldigung für den fahrlässigen Mord an ihrem Vater, den geistig sehr beeinträchtigten Jong-du und die körperlich behinderte Gong-ju zusammenführt. Jong-du ist in die koreanische Arbeitswelt unintegrierbar, die Schwierigkeit für ihn ist, dass man ihm sein Handicap nicht ansieht und man in der normierten koreanischen Gesellschaft dennoch alles abverlangt. Gong-ju dagegen wird, obwohl im Vollbesitz ihrer geistigen Kapazitäten eingesperrt in eine heiße, hoch gelegene Wohnung und vernachlässigt. Träumen tun beide auf ihre Art. Dass man Ihnen nicht ermöglicht zu Lieben und dass ihre Liebe in dieser Konstellation eine echte ist, ist im Kontrast zum Umfeld ein deutlicher Wink mit dem Zaunpfahl. Die Szenen, in denen Gong-Ju vom träumerischen Verharren in der Wohnung aber auch das Hinübergleiten in eine fiktive Szenerie, wo es ihr es ermöglicht wird aus dem Gefängnis ihrer Körpergebundenheit auszubrechen, sind von besonderer poetischer Schönheit.

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                                                Takeshi_Kitano 20.12.2020, 23:38 Geändert 20.12.2020, 23:49

                                                "The Call" von dem Regie-Neuling Chung-Hyun Lee ist nichts wirklich Neues, aber herrlich spaßig anzuschauen. Anfangs noch mehr ernstes, trauriges Drama, wird dann die Spannung angeschraubt. Schön ist auch, so konstruiert der Film mit den Zeitebenen vielleicht auch spielt, es angenehm flüssig sich der eigenen Logik des Filmes und der Spannung hingibt. Also kein Taschenspieler Trick der von einem Chris Nolan zum cineastischen "Intellektuellen" Trip hochgejazzt wird. Wundervoll ist auch der neue Stern am Schauspiel Himmel Jong-seo Jun. Die Ess und Schmatzszenen ganz berauschend. Seit Burning und ihrem Durchbruch bin ich wohl etwas verliebt.

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                                                  Takeshi_Kitano 14.12.2020, 03:21 Geändert 14.12.2020, 07:18

                                                  Kommentar für RobertHoffmansStirn (mein Bester ♥).

                                                  Der größte Schrecken lauert oftmals in der idyllischen Nachbarschaft amerikanischer Kleinstädte. Geradezu amüsant stößt uns Lynch schon früh vor den Kopf. Der Vater von Jeffrey erleidet im Vorgarten Idyll aus Idiotie eine schwerwiegende Verletzung. Der Schwerverletzte liegt auf einer grünen schönen Wiese. Was diese ebenso wie das Vorgarten Idyll verdeckt, ist die untergründige Grausamkeit der Welt. Hier sind es Tausende von Ameisen, Kriechtieren und Schlingpflanzen, die sich gegenseitig erdrücken. Jeffreys selbst ist auch ein ebenso unscheinbarer. Auch wenn er Teil einer Verkettung von unglücklichen, wie grausamen Gegebenheiten wird, in die er sich allzu bereit hineinwagt, nutzt er doch auf seine Art zwei Frauen aus. Wenn er seinen Verwandten abends mitteilt, dass er nur in der Nachbarschaft herumgeistern wird, dann beschwichtigt er auch. Lynch, verarbeitet hier auch interessante Motive der vordergründigen Harmlosigkeit, des Voyeurismus, der Anrüchigkeit, die sich unter der kleinbürgerlichen Fassade versteckt, sowie einer Menge an unterdrückter Grausamkeit. Wenn am Ende Jeffrey ins amerikanische Kleinstadtidyll zurückkehrt samt alter/neuer Freundin, darf man dies nicht voreillig euphorisch sehen. Ein bösartiger Film.

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                                                    Takeshi_Kitano 10.12.2020, 23:17 Geändert 11.12.2020, 00:08

                                                    Ich musste während des gesamten Filmes immer wieder mal an eine Passage Adornos in der Minima Moralia denken. Ganz besonders aber als der Protagonist Jiro Horikoshi schwärmerisch über deutsche Heizungen sinniert, und wie diese auch ebenso fehlenden modernen Flugzeuge in Japan zum damaligen Zeitpunkt eine generelle technologische Rückschrittlichkeit im Vergleich aufzeigten. Jiro hat natürlich recht, beides ist gewissermaßen organisch. Es ist eben technologischer Fortschritt, eine instrumentelle Vernunft, die alles durchzieht in der verwalteten Welt. Leider kommen nicht nur Jiro, sondern auch Miyazaki über eine rein positivistische Fortschrittsgläubigkeit nicht hinaus.

                                                    "Weit vom Schuß. - Bei den Meldungen über Luftangriffe fehlen selten die Namen der Firmen, welche die Flugzeuge hergestellt haben: Focke-Wulff, Heinkel, Lancaster erscheinen dort, wo früher einmal von Kürassieren, Ulanen und Husaren die Rede war. Der Mechanismus der Reproduktion des Lebens, seiner Beherrschung und seiner Vernichtung ist unmittelbar der gleiche, und demgemäß werden Industrie, Staat und Reklame fusioniert. Die alte Übertreibung skeptischer Liberaler, der Krieg sei ein Geschäft, hat sich erfüllt: die Staatsmacht hat selbst den Schein der Unabhängigkeit vom partikularen Profitinteresse aufgegeben und stellt sich wie stets schon real, nun auch ideologisch in dessen Dienst. Jede lobende Erwähnung der Hauptfirma in der Städtezerstörung hilft ihr den guten Namen machen, um dessentwillen ihr dann die besten Aufträge beim Wiederaufbau zufallen. " (Minima Moralia - Reflexionen aus dem beschädigten Leben, 33. Aphorismus/Essay)

                                                    Ich denke was Heizung und das Zero Kampfflugzeug verbindet, ist eben etwas Grundsätzliches, was die Welt eben nicht mehr unbefleckt macht. Schon ganz und gar nicht, wenn alles der Vereinnahmung der verwalteten Welt, dem Kapital und wie hier konkret dem japanischen Imperialismus dient. Aber eben grundsätzlich was schon bei der Heizung anfängt. Miyzaki erzählt eine großteils völlig fiktive Geschichte in Anlehnung an den berühmten Ingenieur. Teilweise wird auch am Rande elegant und gut pointiert kritisiert. Jiro der unpolitische, bemerkt beiläufig die zunehmende Faschisierung, auch die von Deutschland (ein an Thomas Mann erinnernder jüdischer Immigrant und dessen Schicksal in Japan bleiben offen). Eine grundlegende Ambivalenz, ein Zwiespalt im eigenen Tun eröffnet sich leider nicht. "Wir wollen nur schöne Flugzeuge bauen" hört man immer wieder und Jiro flüchtet sich in die Tagträume mit dem Flugpionier Caproni. Miyzaki möchte uns die Unbeflecktheit der Träume näherbringen, nur denke ich gab es sie damals schon nicht mehr. Insbesondere wenn man sich und seine Träume, Leuten unterstellt, die von China bis in den weiten Pazifik etwas mehr hässliche Konsequenz zeigten.

                                                    Trotz allem ist "Wie der Wind sich hebt" eine schöne und poetische Geschichte, technisch eindrucksvoll, gefühlvoll (Die Liebesgeschichte ist in der Tat sehr konservativ aber im Rahmen der Erzählung passend auch in ihrer sonstigen Konsequenz) und eskapistisch. Muss man aber trotz allem fiktionalem Sicherheitsabstand die Begeisterung für das Fliegen und Flugzeuge in dieses Themas schwenken? Ich finde nicht und wenn mit mehr Ambivalenz.

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