Telebaum - Kommentare

Alle Kommentare von Telebaum

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    Nun will ich doch mal einen kleinen Kommentar abgeben, da ich direkt nach dem Film etwas enttäuscht war, was sich einen Tag später allerdings irgendwie relativiert hat. Handwerklich kann man ja gegen Scorsese wie immer nichts sagen, dafür ist er Meister seines Fachs, auch schauspielerisch ist THE IRISHMAN ein absoluter Gipfelpunkt, das betrifft nahezu alle Darsteller, würde ich fast sagen, bis hin zu Jesse Plemons, der immer besser wird, auch wenn De Niros Miene mit zunehmendem Verlauf nur noch einen Ausdruck kennt, dennoch schaut man immer wieder gerne in dieses Gesicht, aus dem ganze Romane sprechen.
    Was den Humor angeht, ist dieser Film vielleicht einer der witzigsten, die Scorsese je gemacht hat, ich zumindest habe selten so in einem Scorsese gelacht, obwohl ich den Humor in The Wolf of Wall Street auch schon sehr gut fand - doch jetzt zum Problematischen:
    Was eigentlich will uns Scorsese hier Neues erzählen? Zugegeben, vielleicht ist die Frage überflüssig angesichts der erwähnten Leckerbissen, doch ich bekam sie in 3 Stunden Laufzeit nur selten aus dem Kopf, wieso zeigt uns ein Regisseur Dinge, die wir nicht nur kennen, sondern die wir schon tausendmal gesehen haben, jede Szene, jede Handlungsschleife, jeder Dialog, jeder Spannungsmoment (den es ja gar nicht gibt), jede Einstellung, jede Geste, jeder Konflikt, jede Lösung ist irgendwie schon bekannt aus den hunderten von Mafia-Filmen und Serien, bis dahin, dass wir die greisen Mafiosie in Pflegeheimen und an ihren Gebrechen sterben sehen. Und zuweilen hat man den Eindruck, auch Scorsese geht es ähnlich, denn er spult seinen ausufernden Stoff zuweilen mit einer Routine herunter, dass einem fast schwindlig wird, da wird viel zu wenig Wert auf die Ausarbeitung der einzelnen Szenen gelegt, auf die Ausarbeitung der Familienangehörigen, sondern Stoff "abgearbeitet."
    Das ändert sich erst in der ewig ewig langgezogene Schlussepisode, die sich ganz den Krankheiten, der Einsamkeit, dem Sterben widmet. Natürlich, als Abgesang auf sein Lebenswerk und vielleicht sogar auf sein Leben mag das ganz passend sein, doch wer braucht einen De Niro, der seine Tablettenbox füllt? Doch ich will dem Film nicht unbedingt diese ausgedehnte Schlussepisode vorwerfen, auch wenn sie den Spannungsbogen weit weit überspannt, ich werfe ihm vor allem vor, dass Scorsese sich zu wenig Zeit lässt, für die Szenen im Hauptteil, für diese Details, wo ein Coppola sich etwa schon 40 Minuten Zeit ließ, bis Marlon Brando sich überhaupt aus seinem Sessel erhoben hat. Und mich stört, dass Scorsese uns nichts Neues zu erzählen hat. (Ist das zu viel verlangt?)
    Ich denke, die Probleme des Films liegen hauptsächlich im Drehbuch, entweder hätte der Film auf 8 Stunden oder auf Serienlänge angelegt sein müssen, oder er hätte sich von einigem Stoff befreien müssen. Aber sei's drum, irgend etwas hat THE IRISHMAN dann doch, er wirkt auch einen Tag später noch nach und das ist nicht das Schlechteste Zeichen. - Allein das Schauspiel ist großes Kino.

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      Telebaum 16.11.2019, 04:05 Geändert 16.11.2019, 13:38

      Nach erneuter Sichtung bestätigt sich der erste Eindruck : Lost in Translation gehört zu den schwächsten Filmen der Coppola, die sonst gern radikalere Töne anschlägt , hier allerdings bleibt alles im Mittelmaß stecken, weshalb es wenig überrascht, dass der Mainstream so darauf abfährt:
      - Der Humor / die Komik bleibt Karikatur und geht auf Kosten kultureller Eigenheiten.
      - Das Melancholische / Existentielle bleibt Attitüde, die der tieferen thematischen Auseinandersetzung sogar aus dem Weg geht.
      - Und das angeblich so zu Herz gehende Menschliche / Zwischenmenschliche könnte Unglaubwürdiger nur noch sein, wenn der alte weiße Mann in Lebenskrise eine Frau in den Wechseljahren gewesen wäre und das junge attraktive Girl ein junger verkannter Schriftsteller.
      Lost in Translation ist Sofia Coppolas ultimativer Kompromiß an den Mainstream, was durch ihr faszinierendes filmisches Gesamtwerk geradezu unterstrichen wird.

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        über Joker

        Hey, das war ja mal ein guter Trick, die ganze Spass-und-Popcorn-Fraktion in einen intelligenten Film zu locken und nur die wenigsten verließen das Kino innerhalb der ersten 30 Minuten, weil ihnen das gewohnte Superherofeeling fehlte (der Film läuft tatsächlich unter dem Genre "Superheldenfilm"????), fast alle blieben, so gut ist der Film. Und noch etwas erkennen wir jetzt endgültig, nämlich wie dämlich sämtliche vorherigen DC-Filme waren, einschließlich dieses so dermaßen überbewerteten Nolan-Nonsens.

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          Telebaum 08.10.2019, 23:18 Geändert 09.10.2019, 00:05

          Ein Film, der in einer Einstellung mit dutzenden Komparsen und in Echtzeit gedreht ist, ausschließlich über die Audiospur funktioniert und keinen Täter und keine Tat im Bild zu zeigen braucht, um zu wirken, - das ist handwerklich große Kunst und dem Film hoch anzurechnen. Ich kann die vielen negativen Bewertungen daher nicht nachvollziehen, ist das allein die Abscheu davor, einen perfekten Genrefilm (Thriller/Horror) zu sehen, der auf realen Ereignissen beruht? Darf uns die böse Realität nicht gut unterhalten? Offenbar haben viele damit ein Problem. Dabei wurden seit jeher Verbrechen und Gräueltaten zu Unterhaltungszwecken verarbeitet, auch ein Thriller kann ein Ereignis dokumentieren, ich finde diese Moral eher heuchlerisch. Der Film hat seine Berechtigung und Notwendigkeit, mehr als so manch andere One-Take.

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            Telebaum 25.09.2019, 00:48 Geändert 25.09.2019, 00:51

            Was war denn das - krass krass krass - seit Jahren keinen so intensiven Film gesehen, kann mich nicht erinnern, wann Kino mir zuletzt derart nah ging, die Leute im Saal haben geschluchzt, geweint, gestöhnt, die Hände überm Kopf zusammengeschlagen, - es ist ein bisschen wie im Horrorfilm, man hofft und wünscht sich zuweilen, dass bitte nichts mehr passiert, nicht krasses, dass der Film einfach so ereignislos und friedlich ausklingt, man fürchtet sich vor jedem neuen Ereignis, krass, ich bin begeistert.

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              Telebaum 07.09.2019, 11:30 Geändert 07.09.2019, 11:34

              Ich bin von Once Upon a Time ... in Hollywood noch tagelang später beschwingt. Im Grunde einer der zärtlichsten, liebevollsten, schönsten Filme, die Tarantino je gemacht hat. Das Ende hätte es gar nicht gebraucht. Und noch ein Wort zu Leonardo DiCaprio: wer es bisher noch nicht wusste, dieser Schauspieler ist der Wahnsinn.

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                Telebaum 02.09.2019, 16:28 Geändert 02.09.2019, 16:28

                Blöder Klimawandel, da wollte man Fargo nachstellen und dann gabs keinen Schnee. Zumindest die Winterjacken sind übriggeblieben.

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                  Telebaum 10.08.2019, 11:55 Geändert 10.08.2019, 11:57

                  Zugegeben, ich konnte den Paul Thomas Anderson von Magnolia, There Will Be Blood und The Master nie ernst nehmen, zu roh, zu flach, zu laut war mir das alles. Doch Phantom Thread mit einem Spiel wie jenes von Vicky Krieps, das ist schon hohe und vor allem feine Kunst. Von den aktuellen Darstellerinnen spielt vielleicht nur noch Kristen Stewart in dieser leisen Liga der Unaufdringlichkeit und des Sich-Zurücknehmens.

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                    Was uns Malick in den letzten Jahren, namentlich seit 2011, anbietet, würde bei jedem anderen Regisseur irgendwo zwischen peinlich, redundant und gänzlich irrelevant einsortiert werden, doch es ist ja Malick, der darf das, der hat dieser Welt vier absolute Meisterwerke geschenkt (vor denen auch ich mich verneige) und der es sich leisten kann, Gosling und Fassbender für diesen Witz von Film zu gewinnen. Malick sehen heißt zwischen den Bäumen und Bilder lesen: Das Thema von Song to Song ist natürlich nicht die Musik, auch nicht die Liebe (die schon im ersten Drittel mit Plattitüden wie, "I love your soul" und "I don't believe enough in love, I'm frightened it burns me", semantisch verbrannt wird), sondern mal wieder Malicks Lieblingsthema der letzten Jahre, Fortpflanzungstrieb, Geilheit, junge Frauen, Sex, das er in entlarvender Manier auf die attraktiven jungen Frauen projiziert, die mal wieder auf Sinnsuche und natürlich unglücklich verliebt sind – bestimmt! Ich möchte Malick den Blick für Ästhetik und Schönheit ja nicht absprechen, doch ehrlicher wär‘s gewesen, einen alten Mann zu zeigen, der deprimiert ist, weil er seinen Schwanz nicht mehr in diese jungen schönen Frauen stecken darf - siehe auch mein Kommentar zu Knight of Cups.

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                      Wenn das hier der Gipfel der abendländischen Kulturindustrie sein soll, dann ist es um das kulturelle Niveau tatsächlich so schlecht bestellt, wie es die Propheten schon immer beschrieen haben. GoT ist der adäquate Ausdruck des Kulturverfalls im Spätstadium, was mich angesichts des einmütigen Beifalls für die Serie geradezu sprachlos macht, ich bin geradezu ent-rüstet, Gesichter, die aussehen und daherkommen, als hätten sie eben noch bei Starbucks gesessen, spielen Räuber und Ritter, fuchteln wie wild mit Lanzen und Schwertern herum, setzen sich Plastikkronen auf den Kopf, und tun so, als nehmen sie sich und das alles auch noch bierernst. Das alles ist so absurd, dass ich GoT nicht eine Sekunde ernst nehmen kann. Etwas Lächerlicheres habe ich tatsächlich selten gesehen.

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                        So angenehm ich das direkte Vordringen zum Daseinsgrund finde, für mich roch der Film etwas zu sehr nach Sperma, zu wenig nach Kaffee. Und dass keine der Figuren Tiefe und Format gewinnt, ist die große Schwäche von High Life. Ich wünschte, Aki Kaurismäki hätte den Stoff umgesetzt, oder Kelly Reichardt.

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                          Telebaum 17.07.2019, 22:44 Geändert 19.07.2019, 13:46

                          Das ist so ähnlich wie bei Houellebecq, der alte Mann begreift, dass dieser unersättliche Fortpflanzungstrieb im Alter nicht nachlässt, ungeachtet jeder Potenz, ganz im Gegenteil, dass die Lust auf junge geile attraktive Frauen eher zu- als abnimmt, und jede andere Frage, ob künstlerischer, ontologischer, religiöser oder existentieller Natur, verdrängt, wegschiebt, zur Nebensache erklärt, zur bloßen Unterhaltung, zum Zeitvertreib, zum Füllen der Schublade „Lebenssinn“. Schwachsinn, der alte Mann sucht nicht mehr nach dem Sinn des Lebens, er weiß längst, dass er dahingehend auf dem Holzweg war, der alte Mann will noch immer ficken; für eine anständige Fellatio würde er alles stehen- und liegenlassen, wirklich alles, und das setzt ihm zu. Der alte Mann versteht nicht, dass dieser dumme Trieb ihn niemals in Ruhe lässt, dass jede Muschi ihn an seine Biologie, an sein Geschlecht erinnert, an den einzigen Grund, weshalb er lebt, um sich zu vermehren. Dahingehend muss man den Film "zwischen den Bildern" lesen, sie sind so schön glatt und nichtssagend, weil sie uns sagen wollen: DAS HIER IST DIE OBERFLÄCHE, die muss schön sein, die muss oberflächlich sein, sie sagt uns nichts, weil sie dazu da ist, den tiefen Grund zu verdecken, diesen unersättlichen Fortpflanzungstrieb, deswegen stößt der Film auf soviel Abwehr, Malick sollte einen Porno drehen.

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                            über Utopia

                            WARNUNG, vor Spoilern, aber auch vor dem Konsum der Serie.
                            Oje, was ist denn da passiert? Nach dem Sandwich-Prinzip also zunächst das Gute: Wunderbare Optik, schöne Farben, perfektes Licht. Aber sonst: hysterisches Herumgekreische, Zickenkrieg, ein Sounddesign, das jenes von DARK noch unterbietet, abstruse Verschwörungsphantasien, die jede Bestialität rechtfertigen sollen und Kinder, die wissen wie man tötet, das sind die bitteren Zutaten zu diesem an Unerträglichkeiten Unzumutbarkeiten und Unsinnigkeiten kaum zu überbietenden Schmarrn.

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                              Telebaum 29.06.2019, 19:22 Geändert 30.06.2019, 10:09

                              Nach zweiter Sichtung: vermutlich doch das Beste, was es in Sachen Serien jemals gegeben hat. Mir fällt zumindest keine bessere ein, GoT etwa? Wo sonst gibt es das noch, dass Künstler Künstler sein dürfen, ohne dass ihnen jemand dämlich reinquatscht oder vorrauseilender Quoteneifer tradierte Zuschauererwartungen zu bedienen sucht. Twin Peaks war damals und ist heute die eigenwilligste und künstlerisch spannendste Serie, die es gibt, nahezu jede einzelne Einstellung schafft völlig neue Seherfahrungen. Man ertappt sich zuweilen, wie man staunend und mit offenem Mund vor dem Bildschirm sitzt, als wäre man wieder ein kleines Kind und sehe zum ersten Mal fern. Wo läuft TP3 eigentlich im Kino? Das wäre mal was fürs ARSENAL.

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                                »Es wurde ihnen die Wahl gestellt Könige oder der Könige Kuriere zu werden. Nach Art der Kinder wollten alle Kuriere sein. Deshalb gibt es lauter Kuriere, sie jagen durch die Welt und rufen da es keine Könige gibt, einander selbst die sinnlos gewordenen Meldungen zu. Gerne würden sie ihrem elenden Leben ein Ende machen, aber sie wagen es nicht wegen des Diensteides.«(Kafka)

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                                  Eine der ganz seltenen Komödien, wo man aus dem Lachen gar nicht mehr rauskommt. Für mich der beste Beitrag zur Debatte um deutsche Leitkultur.

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                                    Telebaum 17.01.2019, 13:01 Geändert 17.01.2019, 13:05

                                    August ist halt kein Bergman. So sehr ich die Zustimmung für Charaktertiefe und Dialoge unterschreiben kann, ein Film ist doch etwas mehr als das, ein Film ist für mich vor allem Rausch, Sog, Dynamik, Ästhetik und nicht zuletzt Erregung. Von all dem spüre ich hier zuwenig. Er schleppt sich dahin, wie ein viel zu dick geratener Roman aus dem 18. Jahrhundert.

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                                      Telebaum 12.09.2018, 22:01 Geändert 12.09.2018, 22:05
                                      über Sicario

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                                      Oje, was hat uns der gute Villeneuve denn da wieder Lustiges eingebrockt: eine völlig überforderte, dafür aber schöne Heldin, die gegen jede Vernunft und Nachvollziehbarkeit nur deswegen von einer Spezialeinheit mitgeschleppt wird (und die sogar noch jemanden mitschleppen darf), um am Ende eines persönlichen Rachefeldzugs ihre Unterschrift unter ein Papier zu kritzeln - sehr schön. Wenns sonst keinen stört, warum nicht...

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                                        Hat schon jemand die 4. Staffel gesehen und kann darüber etwas sagen?

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                                          Telebaum 14.08.2018, 00:32 Geändert 14.08.2018, 00:33

                                          Unerträgliche Längen und mal wieder viel zu lang geraten der Schinken. Ich frag mich wie so oft, wer eigentlich als erster auf die Idee kam, ein Film würde dadurch gewinnen, dass er länger als 90 Minuten dauert, nicht etwa weil er soviel zu erzählen hätte, sondern weil man sich einfach nicht von dem ganzen Bonusmaterial trennen will? Es braucht mal wieder ordentliche Cutter!
                                          P.S. Ich frag mich übrigens auch warum so ein Durchschnittsfilm so hohe Bewertungen hat?

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                                            ... so hohe Bewertungen, das kann nicht euer Ernst sein. Mann muss sich nur mal anschauen, dass hier n Gruppe Starschauspielerinnen mit MGs bewaffnet losrennt und wie blöde auf alles schießt was sich bewegt, um die Lichtjahre Entfernung zu Filmen wie etwa STALKER zu erkennen. Sorry, für den Vergleich, den sicher kein Film standhält, aber wie kann man dann hier eine 8 oder 9 vergeben, dann müsste STALKER eine 15 bekommen. Also bitte Leute, bleibt aUF DEM bODEN:

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                                              Telebaum 29.07.2018, 14:09 Geändert 29.07.2018, 14:11

                                              Was sich in Staffel 2 schon andeutet, kommt in Staffel 3 zur Vollendung: die Serie wird von ihrem eigenen Pathos zerfressen. Was mit einer grandiosen Idee in Staffel 1 begann führt, ich möchte fast sagen: unumgänglich, in die absolute Konzeptlosigkeit und Willkürlichkeit. Man kann es den creators allerdings kaum vorwerfen, denn was soll nach Staffel 1 noch kommen. The Leftovers führt vor, wie eine genialen Ausgangsidee immer mehr an Boden und Luft verliert und schließlich nur noch künstlich von der Serie beatmet wird, einfach weil es kein Konzept gibt, das dieser Idee gerecht wird. Zumindest hatten die creators über Staffel 1 hinaus kein adäquates. Das Ende vom Lied müssen wir in Staffel 3 ertragen. Ein Wunder, dass dieses Pot­pour­ri immer noch so viele Freunde gewonnen und Kritiker überzeugt hat, aber vermutlich deshalb, weil für jeden etwas dabei ist. Da wird wild herumoperiert mit existentialistischen Ansätzen, mit religiösen Messias- und Offenbarungsmythen, mit Psychiatrie- und Schizophrenieanleihen, dazu gibts etwas Abenteuergeschichte und Sciencefiction und weil das alles nicht genügt schließlich noch verlorene Liebeschmalz im Greisenalter. Das Ganze dann als philosophischer Exkurs mit ein paar Lebensweisheiten garniert, und alle sind glücklich, oh nein, ergriffen, wollt ich sagen. Sorry, nur mit der Ausgangsidee hat das alles nicht mehr viel zu tun, aber die Serie heißt ja schließlich auch The Leftovers und daher passt es dann wieder. Nun ja, so ganz verkehrt war die Serie sicher nicht, dennoch am Ende irgendwie enttäuschend.

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                                                Telebaum 10.07.2018, 00:11 Geändert 10.07.2018, 00:29

                                                Wunderbare Optik. Das wars aber leider schon. Dem Film fehlt es an Struktur, an Plot, an Tiefe - so viele Mängel kann die Optik, kann die gesellschaftlich brisante Thematik nicht kompensieren. Okay, aus Sicht der Kinder macht das alles Sinn: sie kennen weder Plot, noch Struktur oder Tiefe. Doch mir ist das zu wenig. Der Plot ist schwach und er setzt erst nach einer einstündigen Exposition ein. Natürlich bleibt alles oberflächlich, denn Kinder schwimmen im Flachen. Und auch die Dramatik am Ende des Films wirkt künstlich und aufgesetzt, auch und vor allem: optisch. Am Schluss fällt die Qualität dann ins Bodenlose, auf allen Ebenen. Sean Baker meint wohl, ein sozialpolitisches Thema, eine Horde schreiender Kinder und ein hilfloser Willem Dafoe ergäben schon einen Spielfilm. NEIN NEIN NEIN. Dem ist nicht so. Das Gutgewollte in Ehren, THE FLORIDA PROJECT ist 1000 Mal langweiliger und oberflächlicher als sich eine Stunde auf einen Kinderspielplatz in, sagen wir mal, Lichtenberg, zu setzen. Versprochen.

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                                                  Telebaum 01.06.2018, 17:13 Geändert 01.06.2018, 21:32

                                                  Man sollte sich trauen, diesem Film eine 10 zu geben. Mit dieser Art Filme zu machen, steht Roy Andersson alleine da. Und wir haben es mit einem Genie zu tun, das wird bei diesem Film klar. Jede der 36 Einstellungen ist ein kleines Kunstwerk. Und "En duva satt på en gren och funderade på tillvaron" ist ein großes.

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                                                    Telebaum 02.04.2018, 23:17 Geändert 02.04.2018, 23:47

                                                    Natürlich ist der Film eine Falle. Dass man bis zum Schluss dabei bleibt, liegt allein daran, dass hin und wieder große Namen und Bücher und kleine philosophische Happen, Nachdenkerlis in den Raum geworfen werden, wie der Katze Leckerlis. Man wird so bei der Stange gehalten, und nach jeden fünf Minuten ohne philosophischen Einspregsel merkt man bereits, wie man die Lust an dem Allerweltsplot verliert. Diese Einsprengsel haben mit dem Film, dem Plot, den Figuren weder explizit noch implizit irgend etwas zu tun, die Herstellung eines Zusammenhangs bleibt schon im Ansatz stecken und damit vollkommen oberflächlich. Im Gegensatz zu den großen Namen, die mit schöner Regelmäßigkeit eingeworfen werden, schwimmt der Film im absoluten Flachgewässer, und das wird auch relativ schnell klar, wenn man sich den Plot einmal vornimmt: Lehrerin verliert Ehemann und Mutter und ersetzt diese durch Aussteiger und Katze, wobei sie mit beiden wenig anfangen kann. Im Grunde lebt sie weiter wie vorher und die ganze philosophische "Radikalität" besteht darin, dass sie an ihrem ersten Joint zieht. Was hier verhandelt wird? Ich weiß es nicht, aber eines ist sicher: etwas Wesentliches passiert hier nicht und die tiefen Gewässer scheut Mia Hansen-Løve wie die Katze letztlich den tiefen dunklen gefährlichen Wald.

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