YupYum - Kommentare

Alle Kommentare von YupYum

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    YupYum 14.03.2021, 23:54 Geändert 15.03.2021, 17:06

    Das Original dieser Moritat von Don Siegel (von 1971; nach Thomas P. Cullinan's Buchvorlage) kenne ich nicht, doch dieses Remake hat mich doch recht enttäuscht. Zwar ist der Zeitgeist von 1864 gut eingefangen und man fühlt sich dabei auch etwas in den Südstaaten von damals, es ist atmosphärisch dicht (mit Kerzenlicht und Nebelschwaden) gefilmt, die Mädchen sind alle schön durchkostümiert, die Säulenarchitekur soll die Nähe zu antiken Tragödien nahelegen und Nicole Kidman als strenge Obertante Martha des Mädcheninternats ein Plus. Der dramaturgische Abruptwechsel nach der relativ zähen Anlaufzeit sitzt zwar wie ein Schock, doch nach diesem wurde das Drama für mich zu holprig umgesetzt und der Schluss ist dazu völlig überraschungslos. Die Geschichte geht einfach von A nach Z ohne wirklich fesselnde Zwischentöne. Ein weiteres Manko ist für mich zudem die wenige Abwechslung der Schauplätze, immer sehen wir den Speisesaal, den Garten oder das Krankenzimmer. Die Klänge der französischen Band "Phoenix" (mit dessen Sänger Coppola verheiratet ist) sind nur verhalten sonor.

    Das viele Lob für "The Beguiled" (2017) kann ich nicht wirklich nachvollziehen und auch nicht den Regiepreis von Cannes dafür - aber wer versteht schon wirklich die Beweggründe der Crew von Cannes?

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      YupYum 13.03.2021, 23:51 Geändert 20.03.2021, 23:47
      über Trixie

      "Wenn Du ein Licht am Ende des Tunnels siehst, ist es meistens nur der entgegenkommende Zug." Mit Weisheiten wie diesen, schlägt man sich fast zwei geschlagene Stunden durch diese doch recht öde, ziellose und oberflächliche Krimikomödie (mit vielen Sprüchen unter der Gürtellinie) durch. Es ist kaum zu glauben, dass "Trixie" aus dem Jahr 2000 stammen sollte, die ganze Aufmachung der Figuren, die überlangen und ermüdenden Szeneneinstellungen und die lasch erzählte Story erinnern eher an die Achtziger-Jahre, als dieses Kalauer-Genre Hochkonjunktur hatte. Die Auflösung des Ganzen ist dann nur noch ganz lächerlich.

      Emily Watson spielt zwar ihre unglückliche Rollenwahl ohne Makel, was man von den anderen Darstellern (wie Nick Nolte und Brittany Murphy) nicht wirklich behaupten kann. Irgendwann flacht hier alles ab, bis zum totalen Desinteresse. Was Robert Altman bewog das zu produzieren, weiss nur der Wind. Immerhin sind die Hammond-getränkten 70er-Soundtrack-Klänge von Mark Isham und Roger Neill noch cool anzuhören.

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        YupYum 10.03.2021, 22:51 Geändert 12.03.2021, 00:36
        über Frantz

        Mit dem stillen Aussöhnungsdrama "Frantz" (2016) ist François Ozon erneut ein grossartiger Film gelungen - das mit hochemotionalen und tieftraurigen Momenten. Quedlinburg, im Jahre 1919: Der Krieg ist verloren und Anna's zukünftiger Mann Frantz dabei irgendwo in Frankreich gefallen, sein Grab im hiesigen Friedhof nur ist symbolisch und leer. Jeden Tag bringt Anna (wundervoll: Paula Beer) Blumen hin und entdeckt dabei frische Rosen, die kurz davor hingelegt wurden. Tags darauf findet sie dort den niederknienden Adrien (Pierre Niney), der mit dem Toten in Paris befreundet gewesen war. In Frantz' Familie wird er alsbald als Gast willkommen geheissen und zusammen geniessen die beiden jungen Menschen trostvolle Momente des kleinen Glücks. Doch nachdem Adrien Anna die volle und bislang verschwiegene Wahrheit der Begebenheiten von damals gesteht, bleibt seine Abreise unausweichlich. Er versichert ihr trotzdem aus Frankreich zu schreiben. Als Anna's Briefantwort an ihn mit "Adresse unbekannt" retourniert zu ihr zurückkommt, beschliesst sie nach Paris zu reisen und ihn zu suchen...

        Mit dem visuellen Stilmittel der Schwarz/Weiss-Umsetzung gelingt es Ozon, das Publikum ins frühe 20. Jahrhundert zurück zu versetzen (ähnlich wie bei Haeneke's "weissem Band" von 2009), Sepia-ähnliche Farbtupfer tauchen szenarisch nur gelegentlich auf. Schuld, Verdrängung und Vergebung nach Motiven von Ernst Lubitschs "Der Mann, der sein Gewissen trieb" (1932) wird hier mit oft bestürzenden, symbolträchtigen aber auch hoffnungsvollen Szenen unterlegt. Das ernüchternde Ende stimmt dabei unerwartet versöhnlich.

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          YupYum 09.03.2021, 23:09 Geändert 18.03.2021, 23:55

          "Wenn man schon aufgeben möchte, zwingt einem das Leben immer wieder trotzdem weiter zu machen." Das Kammerspiel-artige "Adrift" (2018) erzählt die wahre Geschichte von Tami (Shailene Woodley) und Richard (Sam Clafin) und ihren packenden und schier unmöglichen Überlebenskampf auf der, von einem Orkan malträtierten Yacht, auf hoher und endloser See. Obwohl der Zuschauer das Ende (fast) schon kennt, generiert Director Kormàkur immer wieder hochdramatische Überraschungen. Das Ganze ist dramaturgisch auch interessant, da die Zeitebenen und die Erzählstruktur permanent vor- und zurück-geswitcht werden. Der Film ist sowohl Romanze wie Survivaldrama, ist mit vielen schönen (Stimmungs-)Bildern versetzt, und der inszenierte Sturm selbst ist eine visuell beeindruckende Wucht.

          Gedreht wurde zu 90% auf offener See. Die kaum zu bewältigenden Herausforderungen für das junge Schauspielerpaar dabei sind für den Zuschauer hautnah zu spüren. "Adrift" ist als Fazit ein viel glaubwürdigeren, spannenderen und authentischeren Segelfilm geworden, als das komplett vergeigte "All Is Lost" (2013) mit Robert Redford.

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            YupYum 08.03.2021, 23:44 Geändert 10.03.2021, 23:13

            "Final Score" (2018) ist ein in Echtzeit abgedrehter Actionkracher, bei dem man so richtig das Hirn ausschalten kann und der der (rufmässig) doch recht angeschlagenen Produktionsfirma "New KSM" bestimmt guttut. Warum der brutale russische Revolutionführer Arkady (Ray Stevenson) weiss, dass sein untergetauchter Bruder (Pierce Brosnan in einer Minirolle) sich in der Zuschauermenge im Fussballstadion in London befindet, sei mal dahin gestellt. Aber das gibt immerhin ein Setting auf dem die vielen neuen Actionideen aufgehen können. 35 000 Fussballfans werden von seiner Truppe nun im Stadion während eines Spiels festgehalten, ohne dass sie es selbst wissen, der Bruder soll durch sie nämlich freigepresst werden. Polizeihilfe von aussen ist gemäss Ausgangslage unmöglich. Dummerweise hat der Terrorist die Rechnung ohne Army-Veteran Uncle Michael (Dave Bautista) gemacht...

            Es ist erstaunlich, wie Dave Bautista mit seiner rundlichen Figur die vielen Actioneinlagen meistert und seine (fürsorgliche) Rollenzeichnung macht ihn sehr likable. Die eingewobene Familiengeschichte bleibt erstaunlich kitschfrei, der Wettlauf gegen die Zeit generiert viele Spannungsmomente und die Dialoge sind ganz okay. Und mit dem unbedarften irakischen(?) Stadionhüter Nick Rowntree kommt gar noch eine multikulturelle Note in den Film - sympathisch.

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              YupYum 07.03.2021, 22:09 Geändert 11.03.2021, 15:57

              "Damit eine Geschichte gar nicht aufhört, darf sie nie wirklich beginnen." Eines vorweg: Solche harmlosen Romanzen schaue ich mir höchstens mal an, wenn mich ein(e) Darsteller(in) darin anspricht. Hier in "Une rencontre" (2014) ist es ganz klar Sophie Marceau, die mich schon seit meiner Jugend immer begleitet hat. Sie sieht für ihre damaligen 49 Jahre immer noch sensationell toll aus und füllt diesen Film natürlich auch mit ihrer Präsenz. In Frankreich nimmt man Ehebruch auch nicht so tierisch ernst; obwohl er hier ja stattfindet, kommt es zu keinerlei dramatischen Szenen. Das mag für ältere Semester (die ihre Midlife-Crisis schon lange hinter sich haben) ja eine beruhigende Wirkung haben, mich persönlich störte die ganze omnipräsente Leichtfüssigkeit (um nicht zu sagen Oberflächlichkeit) schon etwas. Kleinere Probleme gibt es in den gezeigten, besser situierten Kreisen von Paris höchstens mal, wenn Sophie's pubertierende Tochter herummotzt.

              Positiv vermerkt sei vor allem, dass die Szenen sehr kurz gehalten sind, so kommt wenigstens keine Langeweile auf. Der Schnitt, das Switching und die Farbdramaturgie sind gelungen, die Dialoge kurzweilig und am (wie immer charmant französischen) Schauspiel gibt es nichts zu bemängeln. Aber wer einen Film mit Tiefgang erwartet, sitzt hier definitiv im falschen Theater.

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                YupYum 07.03.2021, 00:14 Geändert 08.03.2021, 23:59
                über Focus

                Zwar gibt es in der Gaunerkomödie "Focus" (2015) schöne Sights von N.Y., New Orleans und Buenos Aires, einen Hauch Jet-Set, einige coole Sprüche und tolle 60's-Songs (von den Stones bis zu It's A Beautiful Day), doch die zerfahrene Geschichte, die blöden und unglaubwürdigen Story-Twists en masse und das ewige ziellose Geplapper machen alles zunichte. Was noch interessant beginnt, wird mit zunehmender Lauflänge immer bescheuerter bis zum komplett uninspirierten Schluss. Irgendwann kam bei mir nur noch Langeweile auf.

                Margot Robbie und Will Smith sind zwar ein schönes und auch irgendwie harmonierendes Paar - alles bei ihnen von den Hotelzimmern, den Discos bis zu den Kostümen ist teuer und glitzernd ausgestattet, doch was nützt der ganze Luxus-Karsumpel, wenn die ganze Geschichte so fahrig, verzettelt, spannungs- und belanglos daherkommt?

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                  YupYum 05.03.2021, 12:49 Geändert 07.03.2021, 00:21

                  In "The Lincoln Lawyer" (2011) nimmt uns Matthew McConaughey als Strafverteidiger Mickey Haller (der meistens Kleinkriminelle vertritt) mit ins sonnige L.A.. Als der Millionärsschnösel Louis Roulet (Ryan Phillippe) ihn beauftragt, ihn wegen Vergewaltigung und versuchten Mordes einer Prostituierten zu verteidigen, wittert er seine grosse lukrative Chance. Doch alsbald findet er sich selbst in einem Netz aus Intrigen, Täuschungen und Lügen wieder. Offensichtlich ist er in eine Falle getappt und seine Schweigepflicht lässt ihn nur versteckt nach der Wahrheit zu forschen. Widerwillig muss er den Fall weiter vor Gericht vertreten und böse Überraschungen werden nicht ausbleiben...

                  Der wendungsreiche Justizkrimi (nach dem Bestseller von Michael Conelly) ist gut erzählt, seine Struktur anspruchsvoll, hat keine überflüssigen Längen drin, eine fesselnde Gerichtsverhandlung ist vorhanden, viele bekannte Nebendarsteller sind mit dabei, interessante Views von L.A.'s nicht so ganz tollen Districts gibt es und einige überraschende Schlussszenen. Obwohl es nicht wirklich was zu bemängeln gibt, empfinde ich den Film nicht als der ganz grosse Wurf, dafür ist mir alles dann doch etwas zu routiniert. Aber für gute und kurzweilige Unterhaltung ist alleweil gesorgt.

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                    YupYum 01.03.2021, 22:51 Geändert 11.03.2021, 15:52

                    "Liebhaber sind eifersüchtig, Ehemänner bloss lächerlich." Graham Greene's autobiographische Vorlage (selben Titels) von 1951 findet in Neil Jordan's "The End Of An Affair" (1999) bestimmt eine adäquat-gerechte Verfilmung. London, im Jahr 1939: Der Krieg wütet, die Bombennächte gewähren Sarah (Julianne Moore) und Maurice (Ralph Fiennes) kurze Momente des (erotischen) Glücks. Doch Sarah fühlt sich bei ihrem langweiligen Ehemann (Stephen Rea) sicher, obwohl er die Frau kläglich vernachlässigt, was Maurice immer eifersüchtiger werden lässt. Als eine Bombe in das Haus des Liebesnests einschlägt, kommt Maurice dabei fast ums Leben - und ohne ein erklärendes Wort verlässt Sarah ihn. Erst ihr gefundenes Tagebuch und ein ermittelnder Privatdetektiv (Ian Hart) bringen mehr Licht ins Dunkel. Doch damit entwickelt sich die Geschichte plötzlich ganz neu..

                    Mit schwelgerischen Szenen, elegisch erzählt, opulent bebildert in einem edlen Look, top-gespielt, mit sorgfältigen Charakterzeichnungen und vielen Vor- und Rückblenden inszeniert, verlangt das komplexe Melodram viel Aufmerksamkeit vom Zuschauer. Leider bleiben grosse emotionale Momente als Resumé aus, obwohl die relevante Geschichte (und der ganze Ablauf ihrer) durchaus ihren Reiz hat.

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                      YupYum 28.02.2021, 23:05 Geändert 06.05.2021, 14:20

                      Ich kann mir beim besten Willen nicht ausmalen, was an diesem britischen Spuk-Episoden-Film denn so wahnsinnig toll sein soll. Die Zeitschrift "TV-Spielfilm" machte "Ghost Stories" (2017) tatsächlich zu einem ihrer Tipps des Tages. Ehrlich gesagt, ich habe mich hier nur gelangweilt. Die drei eingewobenen Geschichten der übernatürlichen Vorkommnisse sind so lasch inszeniert und mit billigsten Schockeffekten garniert, dass bei mir schon früh alle Warnlampen aufleuchteten. Danach wird der Herr Professor und Geistererscheinungs-Skeptiker (Andy Nyman) mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert, inszeniert mit billigstem surrealen Karsumpel. Der dumme Schluss brachte mir immerhin die Erlösung, dass dieser "Old Hokum"-Streifen endlich sein Ende gefunden hat.

                      Mag ja sein, dass das Theaterstück (auf dem der Film basiert) ein Grosserfolg auf der Königsinsel war - ich mag es auch allen gönnen, die daran in Begeisterungsstürme ausbrechen - nur mir persönlich fehlte es hier an allem, was ein Film interessant oder gar fesselnd macht. Am übelsten fand ich zudem die implizierte Note, dass hier dem Zuschauer noch Anspruch vorgegaukelt wird.

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                        YupYum 28.02.2021, 00:01 Geändert 04.03.2021, 13:22

                        (POSSIBLE SPOILER ALERT):
                        Nicht ganz verwunderlich, spaltet und polarisiert Ari Aster's zweiter Film "Midsommar" (2019) die halbe Community hier. Wenn ich die Comments so lese, kann ich auch die ganze Skala von begeistertem Kunstwerk bis zum angewidertem und gar intellektuell begründeten Brechmittel dieser beklemmenden 140 Minuten irgendwie verstehen und nachvollziehen. Die völlig neue Grundidee, die Horrormotive ausschliesslich bei Tageslicht mit der Thematik eines destruktiven Kults dem Zuschauer zu servieren, verdient schon Respekt. Das ganze Unheil im Gewand der allgegenwärtigen Freundlichkeit und Empathie der Hågar-Community zu verpacken, macht das Grauen noch expliziter, es sind ja alle so nett hier. Dass die Gruppe naiver Amerikaner nur zum Zweck eingeladen wurde, offenbart sich mit immer neuen schockierenden Details, die ihren abstossenden Höhepunkt bestimmt in diesem Befruchtungsritual findet. Dass alles in einer Katharsis gipfeln wird, ist nur eine logische Konsequenz. Werbung, den nächsten Urlaub im schönen Schweden zu verbringen, ist der Film jedenfalls bestimmt nicht.

                        Und wie soll ich nun das alles bewerten? Eine schier unlösbare Aufgabe! Ich gebe dem Film mal vorsichtige acht Punkte, da er wirklich auch den Spielraum bietet, die einzelnen portraitierten Charakteren sehr genau psychologisch zu vertiefen und sie nicht einfach als Transportmittel für Horror (miss-)braucht, wie das so oft bei dieser Art von Filmen der Fall ist. Der dramaturgische Aufbau, die Fülle der Details, sowie Ausstattung, Kostüme (die alle einzeln angefertigt wurden) und der ganze Sekten-Firlefanz lösen bei mir ebenso heimliche Bewunderung aus. Vielleicht werden hier aber auch Grenzen gesprengt, die ans Mark gehen können: Für die vielen artikulierten Vorbehalte habe ich jedenfalls grosses Verständnis. Kalt lässt dieser kontroverse Film jedenfalls 100%-ig keine(r) - grosses Verfolgungspotential inklusive!

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                          Ausgerechnet am Weihnachtsabend steht Ben (Lucas Hedges) vor der Türe seiner Familie, auf bewilligtem Urlaub nach einem betreuten Drogenentzug. 77 Tage ist er nun schon clean. Doch Mami Holly (Julia Roberts) ist übervorsichtig und sehr besorgt über einen Rückfall und stellt strenge Regeln auf: Nie darf Ben alleine sein, sogar die Türe zum WC muss er offen lassen. Doch seine ehemaligen Junkie-Kollegen haben schon Wind bekommen, dass er wieder im Kaff ist und viele haben noch eine Rechnung mit ihm offen...

                          "Ben Is Back" (2018) ist ein packendes Drama über den Umgang mit Opiaten in den USA. Regisseur, Drehbuchautor und Vater von Lucas, Peter Hedges, verdichtet seinen Film auf 24 Stunden, in denen viel Tragisches passieren sollte. Ben's Familienmitglieder sind zwar auch Thema, aber Peter Hedges legt seinen Focus auf die intensive Beziehung zwischen Mutter und Sohn. Julia Roberts ist zwar wiedermal etwas nahe am Overacting, der 22-jährige Lucas (der für "Manchester By The Sea" schon eine Oscar-Nominierung in der Tasche hat) in der Rolle sehr glaubwürdig. Und mit der Irrfahrt durch die Nacht im zweiten Teil, wird der Film dann richtig spannend.

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                            YupYum 25.02.2021, 22:25 Geändert 14.04.2021, 14:08

                            Ich habe bisher noch nie einen "...Has Fallen"-Film gesehen und werde mir in Zukunft auch kaum einen weiteren aus der Reihe antun, denn ich bin von diesem zweiten Sequel doch sehr enttäuscht. Die Story, die dünner als Zeitungspapier ist, verrät sich früh schon selbst, deshalb kommt auch nie wirklich Spannung auf. Die Action besteht meistens nur aus Pyro oder öden Ballereien, die schnell langweilen. Doch was mich am meisten gestört hat, ist diese ganze Unübersichtlichkeit im Film - nie versteht man hier wirklich, aus welcher Perspektive was kommt. So gehen Zusammenhänge einfach flöten. Übel ist zudem der ganze eingewobene Familienkitsch. Die schlechten Dialoge sind ab der Actioneer-Stange, das Schauspiel aller Beteiligten ist dürftig und es gibt zu guter letzt einfach zu viele Tote darin.

                            Ich kann mir den Erfolg der Reihe summa summarum nicht wirklich erklären und war schlussendlich nicht unfroh, als die überlangen zwei Stunden endlich überstanden waren. Teil 4 "Night Has Fallen" ist übrigens schon in Planung.

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                              YupYum 17.02.2021, 22:50 Geändert 18.02.2021, 00:31

                              Ich habe schon einige Coming-of-Age-Dramen mit Gay-Touch gesehen und "Quand on a 17 ans" (2016) gehört definitiv zu den besseren. In der Abgeschiedenheit der Berge in den französischen Pyrenäen lebt Tom (Corentin Fila), ein adoptierter Teenager mit afrikanischen Wurzeln, der zur Schule anderthalb Stunden zu Fuss gehen muss (was ihm nichts ausmacht). Dort keilt er sich regelmässig mit Schulkollege Damien (Kacey Mottet Klein), die beiden scheinen sich abgrundtief zu hassen. Damien's Mutter (toll: Sandrine Kimberlain) ist Ärztin und versorgt das ganze Dorf. Als Tom's Mutter mit einer Lungenentzündung von ihr ins Spital überwiesen wird, offeriert sie Tom, bei ihnen eine Zeit lang zu wohnen, da er so schneller im Spital ist. Damien schluckt die Kröte und je besser sich die beiden 17-Jährigen (zwangsweise) kennenlernen, desto tiefer wird ihre Beziehung...

                              Die New York Times schrieb, dass dies André Téchiné's bester Film seit Jahren sei. Es ist wirklich erstaunlich, mit welcher Empathie sich der 70-jährige Altmeister in die Seelen der Jugendlichen eingibt. Mit viel Leichtigkeit erzählt er die intensive Liebe der beiden Jungs. Fila stammt aus Paris und machte für den Film extra ein Praktikum auf dem Bauernhof. Top-gespielt, kurzweilige Dialoge, etwas Humor, viel Gefühl und schöne Landschaftsbilder runden den tollen Film ab. Und alles ist erst noch 'errlich fransöösisch!

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                                YupYum 17.02.2021, 01:52 Geändert 17.02.2021, 13:24

                                "The Debt" (2010) ist ein US-Remake des Films "Ho Hav" (2007) aus Israel. Ein Agententrio des Mossad vermasselt in Ostberlin im Jahre 1965 ihren Auftrag, den sogenannten "Chirurgen von Birkenau" in ihrer Mission nach Israel zu überführen und dort vor ein Gericht zu stellen. Denn dieser Dr. Dieter Vogel (Jesper Christensen) kann aus seiner Festhaltung in der heruntergekommenen DDR-Wohnung fliehen. Um die Ehre gegenüber ihrem Land zu behalten, behaupten die jungen Agenten, ihn auf der Flucht erschossen zu haben, da sie wissen, dass er eh untertauchen wird. Das Leben mit der ewigen Lüge hat für alle Beteiligten noch Jahre später Konsequenzen.

                                So kurz wie man das zusammenfassen kann, so wenig hat mich dieses Politdrama gepackt. Die ganze Schwerfälligkeit darin machten mich regelrecht müde. Viele Längen und Leerläufe sind vorhanden. Der wahre Dr. Mengele von Auschwitz wurde nie gefasst, wahrscheinlich tauchte er in Südamerika unter. Solche fiktiven Nazi-Geschichten haben für mich seit jeher immer einen befremdlichen Beigeschmack, denn wahre Geschichten aus der Zeit gibt es genug. Chastain und Mirren als Rachel (mal jung, mal alt) spielen zwar ordentlich, aber Tom Wilkinson wirkte für mich in der Rolle als Israeli völlig fehlbesetzt. Die Musik von Thomas Newman ist zudem das nackte Soundtrack-Grauen. Ich kann die vielen positiven Bewertungen hier nicht nachvollziehen und kann diesen Film nicht wirklich zur Sichtung empfehlen.

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                                  YupYum 16.02.2021, 03:03 Geändert 27.02.2021, 00:18

                                  "It looks like a prison, but it's the shittiest mall on earth!" Es ist einfach schier unglaublich, was hier in relativ kurzer Laufzeit alles mitherein gepackt wurde: Man kann von Mel Gibson ja halten was man will, aber immer wieder sorgt der notorische Trunkenbold für tolle Überraschungen. "Get The Gringo"/"How I Spent My Summer Vacation" (2012) ist ein unglaublich eindrucksvolles Panoptikum des mexikanischen Knastalltags, die Ausstattung (gefilmt wurde in einem echten Gefängnis vor Ort) und die vielen Statisten und Szenenwechsel sind eine dramaturgische Höchstleistung. Spannung und Action werden hier ohne Pause gesteigert, die Schnitte sind derweil so ausgefuchst schnell, so dass höchste Konzentration vom Zuschauer gefordert ist. Der Humor ist staubtrocken, die Story der Freundschaft mit dem 12-jährigen Kevin Hernandez und seiner Mutter berührend. Über die tolle Story sollte man am besten gar nichts verraten, so wird man am besten durch dieses Füllhorn der schier unbegrenzten kreativen Möglichkeiten gejagt.

                                  Der Film bietet als Fazit einfach unglaublich gute Unterhaltung und echt verblüffende Einblicke in eine verborgene und exotische Welt. Ein paar Ungereimtheiten sind zwar vorhanden, trüben aber den äusserst positiven Eindruck dieses schön übertriebenen Höllenspektakels in keiner Art und Weise. Die Note "cool as hell" ist hier tatsächlich wiedermal gegeben.

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                                    YupYum 15.02.2021, 01:36 Geändert 15.02.2021, 23:00

                                    Obwohl ich eigentlich nicht der grösste Fan von Woody Allen (mit seinen üblichen Psycho-Bewältigungen) bin, finde ich seinen Ausflug ins Thriller- und Gesellschaftsgenre sehr gelungen. Schon mit den ersten Einstellungen war ich von den geschliffenen Dialogen eingenommen. Keinen einzigen Durchhänger gibt es ihn den zwei Stunden zu bemängeln, grandios steigert sich die verzwickte Fremdgeh-Story stetig hinauf, das bis zum unausweichlichen Crime-Climax. Tolle Einblicke in London's Upperclass werden serviert - falsche Heuchelei und versnobte Bourgoisie inbegriffen. Ein Top-Ensemble rund um Rhys Meyers, Johansson und Mortimer spielt sich hier um Kopf und Kragen, köstlich fiel mir hier zudem Penelope Wilton als feindselige Schwiegermutti auf. Durch alle Jahreszeiten gehen wir hier, über Weihnachten, zu Frühlingsblumen bis hin zum symbolträchtigen Sommer-Gewittersturm. Im letzten Viertel wird die Spannung dann richtig unerträglich und nervenzerreissend und das noch mit dramatischen Opernklängen untermalt, macht alles noch viel "schlimmer".

                                    "Match Point" (2005) ist edle, von der BBC mitproduzierte und psychologisch sehr dichte Brit-Krimikost, mit der man so richtig mitfiebern und -schwelgen kann. Bis kurz zu dem speziellen Ende bleibt das Rätsel offen. Uneingeschränkte Empfehlung!

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                                      YupYum 14.02.2021, 02:20 Geändert 16.02.2021, 04:42

                                      Manchmal gibt es doch noch echte Wunder auf unserer Welt! Man glaubt es kaum, aber tatsächlich ist auf You Tube eine original deutsch synchronisierte Version dieses wundervollen und ewig verschollenen Klassikers der tschechischen New Wave mit Titel "Vlak do stanice Nebe" von 1972 aufgetaucht. Der übliche Haken: Man weiss nie dort, wie lange sowas überhaupt drauf bleibt, immer wieder werden auf dem Kanal die Filme und Videoclips wieder unerwartet gelöscht. Deshalb empfiehlt es sich immer, solche raren Sachen möglichst schnell zu schauen.

                                      Der Film fokussiert im Gros auf die tolle Freundschaft der Kinder Dása (Zdena Smrcková) und Franta (Michal Vevrusa), die zusammen den Winter 1944 im Dorf und heutigen Naturreservat Grassdorf/Traviny verbringen. Die Deutschen haben Prag eingenommen, deshalb schickt die Mutter die blonde Dása kurzentschlossen mit der ratternden Eisenbahn aufs Land zu ihrem fürsorglichen Opa. Schnell freundet sie sich mit den anderen Kinder an, die nur Streiche im Kopf haben. Mit dem Jungen Franta schmiedet sie bald schon Heiratspläne. Doch die Deutschen werden das Land irgendwann nicht mehr verschonen...

                                      Voller schöner Naivität, mit herrlich verschneiten Landschaftsbildern mit Tieren und Wäldern, mit putzigem Humor und rührenden Momenten geht der Film ans Herz. Symbolik und Surrealismus werden natürlich stil- und zeitgemäss grossgeschrieben. In der vierzigsten Minute wird der Zuschauer dann mit einem cineastischen Höhepunkt belohnt, der ewig hängen bleibt: Die beiden Kinder kapern nämlich die Dampfeisenbahn und wir erleben auf ihrer Winterreise ein farbenprächtig ausgestattetes und von ihnen gesungenes Wunder. Die Musik dazu vom meisterlichen Filmkomponisten Zdeněk Liška (der über 200 Scores schrieb, teilweise vom "Finders Keepers"-Plattenlabel erstmals veröffentlicht) ist natürlich wiedermal grossartig. Die experimentierfreudige Kamera fokussiert immer wieder Einstellungen zum Close-Up, der Schnitt und die ganze Atmosphäre sind fantastisch. Warum solche Filme es bei uns von diesen selbsternannten Arthaus-Verlagen nie auf eine DVD schaffen, ist ein herber und ärgerlicher Wermutstropfen. Lassen Sie sich die Sichtung dieses kleinen Meisterwerks nicht entgehen, solange man ein solches überhaupt sehen kann!

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                                        YupYum 14.02.2021, 01:39 Geändert 17.02.2021, 13:19

                                        Finders Keepers-Records, das Plattenlabel und Spezialist für verschollene Soundtracks, hat soeben das Vinyl dieses verrückten Films herausgebracht:

                                        "The entire unreleased soundtrack for Jean Rollins 1971 ultimate French vampire hippy flick Le Frisson Des Vampires. Embryonic psych funk recordings from Parisian teenage psych combo (including members of French No-No mod rockers Unity).

                                        Imagine an early Gong/Ame Son/Soft Machine session fuelled by a 1000 year old acid infused blood transfusion. With origins in the Parisian underground, the Free Press revolution, New Wave cinema, The Letterist movement, French Surrealism, sexual liberation and the European progressive rock explosion Jean Rollin’s 1972 film Le Frisson De Vampires still stands up as one of the most original European poetic erotic horror films after almost 40 since it’s cosmic inauguration. Finders Keepers Records release the complete freak-rock soundtrack to the most phantasmagoric celluloid moment from “The First French Vampire Director” which has been shrouded in mystery, secrecy and red wine addled memories for four decades.

                                        Rumoured to be played by a disbanded group of teenagers and lost in the edit suite the unabridged soundtrack of improvised freak-funk, commune rock and acidik folk could have easily been recorded by an early lineup of Gong or Ame Son and released on a label like BYG or ESP. The true origins of this rare psychedelic score and it’s unspoken legacy via private pressed free-jazz albums and collectible mod rock 45s adds to the twisted tails that unfolds via our extensive liner notes making this release yet another counter-cultural pop milestone courtesy of Finders Keepers Records.

                                        Made on a shoestring in rural Northern France with a cast and crew that draws a blood red line between the avant-garde and The pre-cert video cassette the behind the scenes story of Les Frisson De Vampires engulfs a rampant river of cultural phenomenon such as Japanese Pinky films, X-rated comic books,the Mai 68 riots and the forward thinking No-No generation. Complete with classic and highly collectible artwork by French illustrator Phillipe Druliet and music that will appeal to fans of J.P.Massiera, Amon Duul 1, Jean-Claude Vannier, Igor Whakevitch, Fifty Foot Hose, early Pink Floyd and Acid Mothers Temple.Black vinyl pressing now back in stock."

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                                          YupYum 29.01.2021, 01:23 Geändert 16.02.2021, 13:56
                                          über Cobain

                                          Das niederländische Coming-of-Age-Drama "Cobain" (2018) ist die sechste Arbeit der Autorenfilmerin Nanouk Leopold und ist ausschliesslich aus der Sicht und Perspektive des 15-jährigen Jungen selben Namens (Bas Keizer) erzählt (mit 90's-Grungesänger Kurt hat das hier nichts zu tun) und handelt von seinem schwierigen Weg, seine heroinkranke Mutter Mia (Naomi Velissariou; die trotz erneuter Schwangerschaft weiter den Substanzen frönt) zu helfen. Doch statt eines stringenten Sozialdramas ist das eher eine Bestandsaufnahme einzelner loser Szenenfragmente geworden. Immer wieder verliert der Independent-Film seine Struktur, die meisten Beteiligten bleiben blass auf der Strecke: Cobain spielt Fussball, raucht Zigaretten, kümmert sich um einen grünen Gecko, fährt mit dem ehemaligen Zuhälter von Mia zum nächtlichen Strich, hat mal Sex mit einer von Mia's älteren Freundinnen, begleitet die Mutter zur Frauenärztin und wird zu guter letzt noch von diesem erwähnten Zuhälter angemacht. Das Ende ist dann ziemlich unglaubwürdig.

                                          Zwar schlägt sich der junge Ben Keizer wacker durch diese schwierig gestaltete Odyssée, man wünscht ihm für die Zukunft jedenfalls bessere Drehbücher wie dieses recht zerfahrene Script, dem es partout an Tiefe fehlt. Message, Kamera und Schnitt gehen immerhin in Ordnung, aber zum Geheimtipp reicht es einfach nicht. Besser das artverwandte "Platzspitzbaby" (2020) aus der Schweiz ansehen!

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                                            YupYum 28.01.2021, 01:20 Geändert 29.01.2021, 01:33

                                            Das Dokudrama "Die Unsichtbaren - Wir wollen leben" (2017) wurde heute zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar 2021 von der WDR gezeigt. Der wenig bekannte Aspekt der untergetauchten und eine andere Identität angenommen habenden jüdischen, jungen Verfolgten, ist sehenswert inszeniert und mit den vier Zeitgenossen von damals sehr berührend. Von ihnen färbte sich eine zur Tarnung die Haare blond, eine gab sich als Kriegswitwe aus, einer von ihnen trug eine Hitlerjugenduniform und der vierte fälschte als ehemaliger Kunststudent Pässe für Verfolgte. Ab Oktober 1941 begannen also die Massendeportationen der Nazis, dabei tauchten in der Reichshauptstadt Berlin 7000 Juden unter, von denen 1500 den Krieg überlebten. Der Überlebenskampf, der oft plagende Hunger, die wechselnden Bleiben und die ständige Angst aufzufliegen, machten das Perma-Versteckspiel der Beteiligten zur Hölle.

                                            Anyway, die Jungschauspieler in den nachgestellten Szenen acten passabel, das Berlin von damals ist gut nachgestellt, Tragik und auch inszenierte Spannung liegen hier nahe beisammen. Und die Thematik ist immer wieder ergreifend.

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                                              YupYum 22.01.2021, 23:21 Geändert 24.01.2021, 00:30

                                              "Un Sac De Billes" (2017) ist nach 1975 die zweite Verfilmung des autobiographischen Romans von Joseph Joffo, dem jüngeren der beiden Brüder, um die es hier geht. Nachdem Paris von den Nazis besetzt wurde, beschliesst die Familie Joffo in den (noch) sicheren Süden Frankreichs zu fliehen. Aus Sicherheitsgründen (weil es zu auffällig wäre) schicken sie ihre beiden zehn- und zwölfjährigen Söhne allein auf die gefährliche Odyssee. Der Vater übt mit ihnen zuvor Verhöre, die er selbst noch aus Russland kennt und bläht ihnen ein, niemals und niemandem zu sagen, dass sie Juden sind. Viele brenzlige Situationen werden ihnen begegnen, aber auch Menschen, die ihnen helfen.

                                              Das Fluchtdrama aus Frankreich hat immer wieder seine hochdramatischen und auch rührenden Momente, die (wahre) Story ist kompakt und ohne Durchhänger erzählt, die Dialoge sind geschliffen, die Ausstattung ist gut und das Kinderschauspiel ist erstaunlich top. Und das schöne (Fast-)Happy End lässt einem eine Träne über die Wange kullern. Ohne Abstriche sehr sehenswert (und besser als "Lauf, Junge, lauf" (2013) aus Polen).

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                                                YupYum 22.01.2021, 00:14 Geändert 22.01.2021, 20:34
                                                über Carol

                                                "Carol" (2015) ist berührend, bewegend, herzerwärmend, rührend und auch tragisch. Der atmosphärisch dichte Film von Todd Haynes, der spätestens seit "Far From Heaven" (2002, mit Julianne Moore) berühmt ist für seine zerbrechlichen und tiefgründigen Liebesdramen, ist natürlich genau sein Steckenpferd. Hier wird erneut die Bigotterie und Skandalisierung von "unnatürlichen" Beziehungen in den Fünfzigerjahren thematisiert. Waren es in "Far From Heaven" rassendiskriminierende Aspekte, geht es hier um (weibliche) Homosexualität, ein grosses Tabu dazumal. Patricia Highsmith veröffentlichte ihr autobiographisch gefärbten Roman deshalb unter einem Pseudonym - sie feierte übrigens gerade am 19. Januar 2021 ihren hundertsten Geburtstag und lebte in ihren letzten Lebensjahren in Tegna (im Tessin), das Dorf ist nicht weit von meinem entfernt. Das Schauspiel von Blanchett und Mara ist einfach erlesen, die Story hat immer wieder dramatisch bewegende Highs drin (wie z.B. der Fotoapparat als Weihnachtsgeschenk). Die Sights mit den vielen Motels auf ihrem Trip durch die U.S.A. sind toll, die Ausstattung edel und Carter Burwell angenehme Soundtrack-Klänge erinnern an Philip Glass.

                                                Wer gerne etwas schwelgt und schmachtet und auch gern in eine andere Zeit abtaucht, ist bei "Carol" (mit sechs Oscar-Nominierungen) jedenfalls an der richtigen Adresse gelandet. Und meistens schneit es im Film, das passt gerade zu unserem weissen Winter hier bei uns.

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                                                  YupYum 20.01.2021, 01:25 Geändert 22.01.2021, 00:42

                                                  Über "You Should Have Left" (2020) gibt es nicht viele Worte zu verlieren, das Spukhaus-Kammerspiel ist weder fesselnd, noch spannend oder dramatisch. Die dünne Story mit Schnipseln aus der Vergangenheit von Kevin Bacon ist begraben unter allerlei surrealen und wenig Sinn machenden Vorkommnissen in der gemieteten Ferienvilla auf dem Land in Wales. Viele der passierten Details werden weder erklärt noch vertieft. Die Beziehungsprobleme zwischen Seyfried und Bacon sind kaum nachvollziehbar und irgendwie ist man schon zu Beginn stutzig, warum die junge Amanda einen so älteren Mann ausgesucht hat. Die Auflösung und der Schluss sind lachhaft uninspiriert.

                                                  Auf B-Movie-Niveau ist dieser verpatzte Pseudo-Horror eines Kevin Bacon einfach unwürdig. Mehr gibt es hierzu wirklich nicht zu sagen - schönen Abend!

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                                                    YupYum 19.01.2021, 00:33 Geändert 19.01.2021, 17:00

                                                    Es gibt es sehr selten, dass ich einen Film frühzeitig ausmache, oft schaue ich auch den grössten Müll noch zu Ende, nur um zu sehen, wie bescheuert es noch wird. Hier in "The Gentlemen" (2019) platzte mir nach einer geduldigen Stunde endgültig der Kragen, obwohl ich Matthew McConaughey eigentlich gut leiden kann. Aber diese völlig spannungslose Gras-Ganovenfarce mit ausschliesslich abwegigen Schnellspruch-Kalauern raubte die letzte Geduld. Anscheinend will Guy Ritchie seinen (natürlich auch überschätzten) "Snatch"-Erfolg nach 20 Jahren wiederholen, um einen schnellen Dollar zu verdienen. Leider alles vergeblich: Keine Szene wird hier zu Ende gezeigt, immer wird sie durch eine noch blödere ersetzt, um dann wieder zu ihr retour zu switchen. Ich hatte schon immer meine Mühe, wenn Brutalitäten im besonders witzigen Gewand daherkommen, jedoch nur blanken Zynismus transportieren. Die Jugendlichen werden hier als völlig naive Trottel aus der britischen Unterschicht gezeigt. Die Sprache ist nicht cool, sondern oberflächlich und oft primitiv bis zum abwinken. Die doofen Breakdance-Einlagen sind ebenso zum rauchen.

                                                    Entschuldigen Sie bitte, aber diese Art von "Pseudo-Fun-auf-die-billige-Tour"-Filme sind so nicht meine Welt - ich habe mich hier schon in den ersten Minuten gelangweilt und es wurde nicht besser. Eine Story in der ganzen organisierten Blödelei nahm ich kaum wahr. "Kriminell, aber mit Stil" ist der Lead, aber stilvoll ist hier schon gar nichts, sondern als Resumée nur völlig hirnrissige Langeweile. Der Film ist für mich nichts anderes als eine bigotte Verarschung und Zeitverschwendung des gutgläubigen Zuschauers. Auch wenn es den meisten hier ja gefallen hat.

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