ZeddaZogenau - Kommentare

Alle Kommentare von ZeddaZogenau

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    ZeddaZogenau 27.01.2024, 11:00 Geändert 27.01.2024, 11:03

    Schon die ersten Szenen des neuen TATORTs aus Saarbrücken machen klar, dass sich die Auswirkungen von toxischer Männlichkeit wie ein roter Faden durch die kommenden Handlungsstränge ziehen wird.

    Kriminalkommissar Adam Schürk (Daniel STRÄSSER) kehrt nach Jahren ins heimatliche Saarbrücken zurück. Sein neuer Kollege Leo Hölzer (Vladimir BURLAKOV) ist ein alter Freund aus Jugendtagen, mit dem ihn ein dunkles Geheimnis verbindet. Zum Team gehören noch Esther Baumann (Brigitte URHAUSEN) und Pia Heinrich (Ines Marie WESTERNSTRÖER), mit denen es aber enorme Spannungen gibt.
    Bald gibt es einen Mord: der aggressive Sohn (der aus FILIP bekannte Gabriel RAAB) eines autoritären Fabrikbesitzers (Dieter SCHAAD, bekannt aus der LINDENSTRASSE) wird auf fürchterliche Weise erschlagen. Die Ermittlungen konzentrieren sich schon bald auf die düstere Firmengeschichte. In weiteren Rollen sind Marie Anne FLIEGEL (BABYLON BERLIN) und endlich mal wieder Marita BREUER (HEIMAT) zu sehen.

    Neben der eigentlichen Krimi-Handlung wird aber auch der horizontale Erzählstrang immer klarer: Adam Schürk war als Kind einem ultra-brutalen Vater (Torsten MICHAELIS) ausgeliefert, der seit einem verhängnisvollen Nachmittag vor 15 Jahren im Koma liegt...

    Der SAARLÄNDISCHE RUNDFUNK gehört zu den kleinsten Fernsehanstalten der ARD und kann sich somit immer nur einen TATORT im Jahr leisten. Das führt dazu, dass viel Stoff in jede einzelne Folge gepackt werden muss. Den gelungenen Start des neuen Ermittlerteams aus Saarbrücken wollten am 13.04.2020 mehr als 10,44 Millionen Fernsehzuschauer in der ARD sehen.

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      ZeddaZogenau 27.01.2024, 10:35 Geändert 27.01.2024, 10:40

      Im Jahre 1986 war dieser bemerkenswerte Spielfilm für einen ACADEMY AWARD als Bester nicht-englischsprachiger Film nominiert. Unter der Regie von Agnieszka HOLLAND, die auch noch 1992 für das Drehbuch zu HITLERJUNGE SALOMON für einen ACADEMY AWARD nominiert wurde, entstand ein sehr intensives Beziehungsdrama.

      Irgendwo in Oberschlesien gegen Ende des Zweiten Weltkrieges: Der Jüdin Rosa (Elisabeth TRISSENAAR) gelingt die Flucht aus einem Zug in Richtung Auschwitz. Sie wird dabei von ihrem Mann und dem Kind getrennt. Zufällig landet sie bei dem sehr religiösen Bauern Leon (Armin MUELLER-STAHL), der die junge Frau bereitwillig bei sich versteckt. Doch diese spontane Hilfsbereitschaft beginnt sich schon bald zu wandeln, als der sexuell unausgelastete Mann der schönen Jüdin näher kommt...

      Dieses sehr intensive und auch gewagte Kammerspiel wurde von dem deutschen Erfolgsproduzenten Artur BRAUNER (1918-2019) mit seiner CCC FILMKUNST finanziert und kam am 20.02.1985 in die westdeutschen Kinos. Der Film lebt ganz klar von der beeindruckenden Darstellung von ACADEMY AWARD nominee Armin MUELLER-STAHL (im Jahre 1997 war er für seine Rolle in SHINE nominiert) und der kürzlich verstorbenen Elisabeth TRISSENAAR (1944-2024). Beide spielen mit vollem Körpereinsatz und zeigen eine erschreckende Mischung aus sexueller Ausbeutung und existenziellem Ausgeliefertsein. Ein hartes Thema, das sicherlich nicht für das ganz große Publikum gedacht ist. Eine etwas größere Bekanntheit hätte dieser beeindruckende Spielfilm aber dennoch verdient.

      RIP
      Elisabeth TRISSENAAR
      (1944-2024)

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      • Im Jahre 1986 war der Film BITTERE ERNTE mit ACADEMY AWARD nominee Armin MUELLER-STAHL (1996 für SHINE nominiert) und der kürzlich verstorbenen Elisabeth TRISSENAAR (1944-2024) für einen ACADEMY AWARD als Bester fremdsprachiger Film nominiert. Jetzt hat es der OSCAR-Klassiker von Agnieszka HOLLAND, der von Artur BRAUNER (1918-2019) produziert wurde, auf eine Durchschnittsbewertung von 6,6 geschafft. (24.01.2024)

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        • Was für ein grandioser Tag! Zwei Neuzugänge auf der Liste der deutschsprachigen ACADEMY AWARD nominees: Sandra HÜLLER und Ilker CATAK! Und mit THE ZONE OF INTEREST geht noch ein deutschsprachiger Film für das Vereinigte Königreich ins Rennen um den Besten Internationalen Film!

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          • 8 .5

            Habe mich lange nicht so verjagt wie in der zweiten Folge von NIGHT COUNTRY. Die vierte Staffel von TRUE DETECTIVE ist sehr empfehlenswert. Schöne Schneelandschaften und sehr dunkle Geheimnisse! Freue mich auf die weiteren vier Folgen!

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              ZeddaZogenau 20.01.2024, 14:18 Geändert 20.01.2024, 14:22

              Der Genrefilm hat es im deutschsprachigen Kino ja generell sehr schwer. Und in Sachen Actionfilm im Besonderen hinkt das deutsche Filmschaffen weit hinterher. Ich selbst kann mich eigentlich nur an den launigen MMA-Kracher PLAN B - SCHEISS AUF PLAN A (2016) von Ufuk GENC mit dem superben Stuntman Can AYDIN erinnern, der zumindest mal aufhorchen ließ, dass dieses Genre auch im deutschsprachigen Raum möglich ist. Da trifft es sich gut, dass der globale Streamingdienst NETFLIX durchaus Sinn für ungewöhnliche Experimente hat. Und siehe da, Erfolgsregisseur Oliver KIENLE (BAD BANKS) lässt einen bemerkenswert durchtrainierten Emilio SAKRAYA wie einst Franka POTENTE als Lola gegen das unbarmherzige Vergehen der Zeit durch Berlin laufen. Warum es zu dieser Handlung kommt, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist lediglich, dass sich Emilio SAKRAYAs Octavio in einer gefühlten Notlage befindet und deswegen die halbe Gangsterwelt der deutschen Hauptstadt verprügeln muss. Wozu hat er schließlich seine beeindruckenden MMA-Skills?

              Langeweile kommt in diesem stilsicheren Dauergekloppe niemals auf, besondere Geistesblitze sucht man im Drehbuch allerdings auch vergebens. Das ist aber auch nicht weiter schlimm. Der Film ist ein Vehikel, durch das Emilio SAKRAYA sich für weitere Aufgaben im internationalen Action-Kino empfehlen kann. (Schau)Spielen kann er nämlich auch.

              In weiteren Rollen sind Dennis MOJEN und die international bereits viel gebuchten Stuntleute Marie MOUROUM und Bruno SALGUEIRO dabei. Ansonsten kommen die übrigen Stuntleute wohl vor allem aus Ungarn. Ach ja, ein ganz süßes Kätzchen namens Zwiebel stiehlt den gestählten Prügelknaben gehörig die Schau.

              Auch wenn der Film sicherlich kein Klassiker des Genres wird, ist es auf jeden Fall gut, dass sich auch deutsche Filmemacher endlich auf solche beim weltweiten Publikum beliebte Genres stürzen. Weiter so!

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              • EUROPEAN FILM AWARD winner und GOLDEN GLOBE nominee Sandra HÜLLER ist jetzt auch für zwei BAFTA AWARDs nominiert: Als beste Hauptdarstellerin für ANATOMY OF A FALL und als beste Nebendarstellerin in THE ZONE OF INTEREST. Aber auch der in Köln geborene deutsch-südkoreanische Schauspieler Teo YOO darf sich freuen. Er hat für seine Hauptrolle in PAST LIVES ebenfalls eine Nominierung für den BAFTA AWARD erhalten.

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                  ZeddaZogenau 07.01.2024, 08:09 Geändert 07.01.2024, 08:14

                  Am Ende glich das Leben von Lola Montez (Martine CAROL) einer Zirkusvorstellung. Und genau das stellt der ungewöhnliche Film von ACADEMY AWARD nominee Max OPHÜLS (im Jahre 1953 war der deutsche Regisseur für PLÄSIER nominiert worden) mit aller Deutlichkeit heraus.

                  Eine der berühmtesten Kurtisanen des 19. Jahrhunderts wird als Hauptattraktion in der Manege vorgeführt. Ein Stallmeister (der zweifache ACADEMY AWARD winner Peter USTINOV, 1961 für SPARTACUS und 1965 für TOPKAPI ausgezeichnet) führt als Conferencier durch die verschiedenen Lebensstationen der berühmten Tänzerin und Geliebten von berühmten Männern. Dabei fing alles ganz harmlos an: Mit dem revolutionären Studenten (ACADEMY AWARD nominee Oskar WERNER, 1966 für DAS NARRENSCHIFF nominiert) oder dem schneidigen Leutnant James (Ivan DESNY) wäre sicherlich auch ein normaleres Leben möglich gewesen. Aber schon früh von der eigenen Mutter zum Streben nach Höherem angetrieben, lässt sich die schöne Lola mit dem Komponisten Franz Liszt (Will QUADFLIEG) und sogar dem König Ludwig I. von Bayern (Adolf WOHLBRÜCK) ein. In unruhigen Zeiten wie in den Tagen der Revolution von 1848 kann das auch schiefgehen...

                  LOLA MONTEZ aus dem Jahre 1955 ist in vielerlei Hinsicht ein außergewöhnlicher Film. Vor dem SCHATZ VOM SILBERSEE (1962) gab es im west-deutschen Kino quasi keine Cinemascope-Filme, da diese neue Technologie aus Hollywood einfach zu teuer für die hiesige Produktionslandschaft war. Dass man es für eine Prestige-Produktion wie LOLA MONTEZ dennoch gewagt hat, lag vor allem daran, dass die Verleihfirma mit dem Heimatfilm DER FÖRSTER VOM SILBERWALD einen unerwarteten Kassenerfolg landen konnte. Dann die Besetzung: Mit Martine CAROL aus Frankreich und Adolf WOHLBRÜCK aus dem Vereinigten Königreich hatte man etablierte Filmstars verpflichtet. Und Peter USTINOV war ja seit seiner fulminanten Vorstellung als Kaiser Nero in QUO VADIS (1951) auch in Hollywood wohlbekannt.

                  Die verschachtelte Erzählweise mit Rückblenden war seiner Zeit weit voraus. Das war für das Kinopublikum der 1950er Jahre noch nicht vermittelbar. Die Bilder und die opulente Ausstattung sind aber ein Genuss und heben diesen Klassiker weit über den Durchschnitt hinaus.

                  LOLA MONTEZ ist ein herausragend schöner Film, der sich mit der Dekonstruktion eines Mythos befasst. Da hat Max OPHÜLS für das westdeutsche und europäische Kino einen unverrückbaren Meilenstein gesetzt.

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                  • 6 .5

                    RIP
                    Christian OLIVER
                    (1972-2024)

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                      ZeddaZogenau 04.01.2024, 19:31 Geändert 04.01.2024, 19:39

                      Seit dem Tsunami-Schocker THE IMPOSSIBLE mit Naomi WATTS und Tom HOLLAND ist bekannt, dass der spanische Regisseur Juan Antonio BAYONA ein sehr gutes Händchen für Katastrophenfilme hat. Er inszeniert die jeweiligen Katastrophen wuchtig und visuell überwältigend, nähert sich den dargestellten Betroffenen eines unerwarteten Ereignisses mit viel Takt und Feingefühl.

                      Ausgehend von dem Roman LA SOCIEDAD DE LA NIEVE von Pablo VIERCI erzählt BAYONA die an sich sehr bekannte Geschichte einer Rugby-Mannschaft aus Montevideo in Uruguay, die auf einem Flug nach Chile in den Anden abstürzt. Was folgt ist ein mehrmonatiger Leidensweg, den die wenigen Überlebenden nur überstehen, weil sie ein allerletztes Tabu überschreiten...

                      Hier werden die Fragen behandelt, die sich niemand von uns vorstellen möchte: Was würden wir tun, um in einer ausweglosen Situation am Leben zu bleiben? Der Autor Pablo VIERCI ist wohl mit einigen der Betroffenen zur Schule in Montevideo gegangen, war aber selbst nicht beim Flug 571 im Oktober 1972 dabei. Trotzdem wirkt die Handlung sehr glaubwürdig und bezieht auch die Perspektive derjenigen, die es nicht geschafft haben, mit ein.

                      BAYONA ist ein ganz ausgezeichneter Film gelungen, der mit wunderschönen Bildern von dem Grauen des tiefsten Abgrunds, in den Menschen hineingeraten können, erzählt. Der technisch herausragende Film ist für Visuelle Effekte und Make-Up mit zwei EUROPEAN FILM AWARDs ausgezeichnet worden. Eine GOLDEN-GLOBE-Nominierung als Bester fremdsprachiger Film hat er auch erhalten. Völlig zu Recht!

                      Mit Filmen wie THE PLATFORM, BELOW ZERO und zuletzt NOWHERE hat der globale Streamingdienst NETFLIX bewiesen, dass er ein ausgezeichnetes Händchen für spanischsprachiges Kino hat. THE SOCIETY OF THE SNOW wird diese Erfolgsgeschichte mit großer Sicherheit fortschreiben.

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                        Im Köln-Düsseldorfer Raum kam es im Jahre 1954 wohl zu einer Reihe von spektakulären Überfällen auf der Autobahn. Gemeinsam mit dem in Hollywood erprobten Drehbuchautor Robert THOEREN und dem Kabarettisten Wolfgang NEUSS verwob Regisseur Geza von CZIFFRA diese Ereignisse zu einem für die westdeutsche Filmindustrie ungewöhnlich aktionsreichen Film.

                        Bei einer Fahrzeugkontrolle nach den wiederholten Autobahn-Überfällen erschießt ein Polizist (Hans Christian BLECH) versehentlich einen Porsche-Fahrer. Gemeinsam mit dessen Freundin (Eva Ingeborg SCHOLZ) kommt der Polizist der skrupellosen Autobahn-Bande auf die Spur...

                        Für einen Film aus den 1950er Jahren ganz ordentlich gemacht! Die Autobahn-Szenen wurden im Raum Köln gedreht, die Innenaufnahmen fanden in den Studios der FILMAUFBAU Göttingen statt.
                        In weiteren Rollen sind Paul HÖRBIGER, Charles REGNIER und Ellen SCHWIERS zu sehen.

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                          Am 18.10.1961 konnte man den beliebten Filmschauspieler Erik SCHUMANN (NACHT FIEL ÜBER GOTENHAFEN / NATÜRLICH DIE AUTOFAHRER) in einem kurzen Kriminalfilm des SÜDDEUTSCHEN RUNDFUNKs sehen.

                          SCHUMANN (1925-2007) spielt den jungen Buchhalter Harry Benson, der wie jede Woche zum Abendessen bei seinem Cousin (Dieter EPPLER) und dessen Ehefrau (Thessy KUHLS) eingeladen ist. Auf dem Nachhauseweg passiert etwas Unvorhergesehenes: Harry wird von zwei Männern bedroht, die offenkundig alles dransetzen den unbescholtenen Mann zu ermorden...

                          Eine düstere Atmosphäre, eine extrem spannende Handlung, die gnadenlos vorangetrieben wird! Hier ist dem westdeutschen Fernsehen eine kleine Genre-Perle gelungen, die auch heute noch wegen ihrer Kino-Qualitäten sehenswert ist. Etwas schwächer sind die schauspielerischen Leistungen und das eher banale Ende, aber 50 kurzweilige Minuten an atemloser Spannung sind garantiert.

                          Eine kleine Besserwisserei am Rande: Der SÜDDEUTSCHE RUNDFUNK ist inzwischen längst mit dem SÜDWESTFUNK zum heutigen SÜDWESTRUNDFUNK fusioniert worden.

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                            ZeddaZogenau 03.01.2024, 07:59 Geändert 03.01.2024, 08:45

                            Der italienische Genrefilm der 1970er Jahre ist berüchtigt dafür, in Sachen Sex und Gewalt keine Hemmungen zu haben. Ein Paradebeispiel dafür ist der vorliegende Film, in dem GOLDEN GLOBE nominee Helmut BERGER (Nominierung 1970 für LA CADUTA DEGLI DEI) als "Bestie mit dem Maschinengewehr" die wohl krasseste Darbietung seiner Berufslaufbahn abliefert. Nicht vergessen sollte man aber, dass die Filme des Poliziottesco-Genres oft auch Ereignisse aus dem realen Leben aufgegriffen und dann filmisch zugespitzt haben. Das reale Vorbild für den Streifen von Sergio GRIECO war wohl ein Verbrecher namens Vallanzasca, dessen Leben auch der Film GLI ANGELI DEL MALE (2010) von Michele PLACIDO (La piovra) mit Kim ROSSI STUART und EUROPEAN FILM AWARD nominee Moritz BLEIBTREU (Nominierung 2008 für DER BAADER MEINHOF KOMPLEX) widerspiegelt.

                            Helmut BERGER (1944-2023) und seine wahnwitzige Darbietung sind in den 1990er Jahren durch die Erwähnung in JACKIE BROWN von Quentin TARANTINO wieder populär geworden. BERGER spielt den Gangster Nanni Vitale, dem eine spektakuläre Flucht aus dem Polizeigewahrsam gelingt. Leichen pflastern seinen Weg! Auf seinem Rachefeldzug fällt ihm die schöne Giuliana (Marisa MELL) in die Hände, die ein wahres Martyrium vor sich hat. Zum Glück ist der zuständige Commissario Giulio Santini (der frühere Peplum-Star Richard HARRISON) ziemlich auf Zack. Die Ereignisse spitzen sich allerdings endgültig zu, als der durchgeknallte Vitali die hübsche Schwester (Marina GIORDANA) des Commissarios entführt...

                            Da die Handlung eher schlicht ist, lebt der Film vor allem durch die spektakuläre Darstellung von Helmut BERGER. Nach den großen Filmerfolgen unter der Regie seines damals schon verstorbenen Lebenspartners Luchino VISCONTI hat der österreichische Schauspieler (unvergessen auch als Peter DeVilbis in einigen Folgen von DYNASTY / DER DENVER CLAN) erkennbar großen Spaß an der Rolle, bei der er mal so richtig den KINSKI in ihm rauslassen konnte. Sehr bedauerlich ist, dass die österreichische CINECITTA-Diva Marisa MELL (1939-1992) eine eher undankbare Rolle zu bewältigen hat. Das ist leider auch typisch für den italienischen Genrefilm der 1970er Jahre, dass die Frauenrollen nicht sehr ergiebig gestaltet sind.

                            Trotz mancher Schwächen unbedingt sehenswert!

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                            • Seit 28 Jahren läuft der BOLLYWOOD-Klassiker mit KAJOL und Shah Rukh KHAN ununterbrochen in einem Kino in Mumbai! RESPEKT!

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                                Im Sommer, als sie Dostojewski las

                                Im Sommer 1990 existierten noch zwei deutsche Staaten. Die WÄHRUNGSUNION ist gerade zu Ende gegangen und bis zur WIEDERVEREINIGUNG werden noch drei Monate vergehen. Maria (Marlene BUROW), 18, lebt mit ihrem gleichaltrigen Freund auf dem Bauernhof ihrer Eltern, irgendwo im Thüringer Land. Das Leben dort wirkt immer noch sehr archaisch, wie es wohl in den 1950er Jahren gewesen ist. Maria lebt für den Tag, schwänzt die Schule und liest DIE BRÜDER KARAMASOV. Das Verhältnis zu ihrer Mutter, die im Nachbardorf lebt, scheint etwas gestört zu sein. Erst die Begegnung mit Henner (Felix KRAMER), 40 Jahre alt, der alleine auf einem benachbarten Bauernhof lebt, holt Maria aus ihrer Lethargie. Es ist der Beginn einer verrückten, leidenschaftlichen Liebe, die viele Grenzen überschreitet. Der wortkarge, aber charismatische Mann offenbart eine irritierende Mischung aus Verletzlichkeit und Brutalität, zu der sich Maria magisch hingezogen fühlt. Die enttäuschten Gewissheiten des Lebens und die Vorahnung der kommenden Veränderungen münden in einer berauschenden Sexualität ...

                                Der beeindruckende Film der Regisseurin Emily ATEF, basierend auf dem gleichnamigen Bestseller von Daniela KRIEN, zeichnet ein treffendes Porträt dieses ganz besonderen Sommers. Die flirrende Hitze des Jahres 1990, der allgemeine Umbruch und die Aufhebung aller bisherigen Gewissheiten werden einfühlsam und kraftvoll auf die Leinwand gebracht. Dieser Film ist ein großer künstlerischer Erfolg, nicht nur für das sonst oft leblose deutschsprachige Kino! Ein unter der Sonne Thüringens entstandenes Meisterwerk, das viel über die deutsch-deutschen Gemütslandschaften aussagt!

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                                • Das Jahr 2023 neigt sich dem Ende zu. Zeit für eine Bilanz! Deshalb möchte ich an dieser Stelle meine TOP 25 der Filme, die seit dem 01.01.2023 in Deutschland veröffentlicht worden sind, präsentieren. Anspruch auf Vollständigkeit kann ich natürlich nicht erheben, da ich längst nicht alles des Kino-, Streaming- und Fernsehjahres 2023 begutachten konnte.

                                  Allen Moviepilotinnen und -piloten wünsche ich einen guten Rutsch ins Jahr 2024!

                                  01) OPPENHEIMER
                                  02) ANATOMIE EINES FALLS
                                  03) DER VERMESSENE MENSCH

                                  04) IRGENDWANN WERDEN WIR UNS ALLES ERZÄHLEN
                                  05) DAS LEHRERZIMMER
                                  06) GODZILLA MINUS ONE
                                  07) PATHAAN
                                  08) ROTER HIMMEL
                                  09) DIE THEORIE VON ALLEM
                                  10) THE BANSHEES OF INISHERIN

                                  11) DIE FRAU IM NEBEL
                                  12) BLOOD & GOLD
                                  13) CLOSE
                                  14) IN DER NACHT DES 12.
                                  15) DIE KAIRO-VERSCHWÖRUNG
                                  16) HOLY SPIDER
                                  17) ACHT BERGE
                                  18) SONNE UND BETON
                                  19) Guy RITCHIEs THE COVENANT
                                  20) FILIP

                                  21) MEIN FALKE
                                  22) PLANE
                                  23) DAS RÄTSEL
                                  24) NUOVO OLIMPO
                                  25) PAST LIVES

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                                    ZeddaZogenau 28.12.2023, 23:05 Geändert 29.12.2023, 07:51

                                    Eine deutschstämmige Schriftstellerin (Sandra HÜLLER) lebt mit Mann (Samuel THEIS) und Sohn (Milo MACHADO GRANER) in einem Haus in den französischen Alpen. Eines Tages liegt der Mann tot im Schnee, offensichtlich aus einem Fenster gestürzt. War es ein Unfall? Selbstmord? Oder gar Mord? Immer mehr Ungereimtheiten tauchen auf, so dass die Schriftstellerin immer mehr in Verdacht gerät. Und sich sogar veranlasst sieht, einen Anwalt (Swann ARLAUD), den sie von früher kennt, als juristischen Beistand heranzuziehen. Bald kommt es im nahen Grenoble tatsächlich zu einer Gerichtsverhandlung, bei der hoffentlich alle Unklarheiten aufgeklärt werden können...

                                    Justine TRIET bietet in ihrem mit der Goldenen Palme der Filmfestspiele von Cannes gekrönten Film einiges auf: Gerichtsfilm, Thriller, Ehedrama. Alle Genreelemente werden aber quasi in ihre Bestandteile zerlegt. Kann die Wahrheit so überhaupt gefunden werden? Und sind nicht beide Eheleute auch versierte Literaten beziehungsweise Literaturvermittler gewesen? Das Drehbuch, das TRIET gemeinsam mit ihrem Lebenspartner Arthur HARARI verfasst hat, spielt auch damit sehr geschickt. Im deutschsprachigen Raum ist das Phänomen der autofiktionalen Literatur erst mit einiger Verspätung wahrgenommen worden. Erst der Erfolg des norwegischen Autors Karl Ove KNAUSGARD hat die deutschsprachige Leserschaft mit einer Spielart der Literatur vertraut gemacht, die in Frankreich bereits seit Marguerite DURAS und Annie ERNAUX (NOBELPREIS für Literatur 2022) sehr populär ist. Autofiktion bedeutet, dass der Autor / die Autorin quasi autobiographisch in einem fiktionalen Text auftritt. Eigentlich ein Widerspruch, aus dem es für Leserinnen und Leser kein Entrinnen gibt. Es sei denn, der Text wird entweder autobiografisch oder fiktional rezipiert. Beides zusammen geht ja nicht.

                                    Bezogen auf die Filmhandlung: Was bedeutet das eigentlich, wenn sich ein Schriftstellerpaar autofiktional in der eigenen Beziehung gegenseitig zerfleischt? Sind Konflikte dann echt oder quasi gespielt, um sie autofiktional verwerten zu können? Und was passiert mit einem Kind, das diesem Gezerre hilflos ausgeliefert ist? Diese abstrakten Fragestellungen sind aber in eine spannende Handlung verwoben, die über solche Hintergrundinformationen erhaben sein kann. Für das Gewinnen von Filmpreisen kann das aber schon entscheidend sein. Man denke dabei nur an das Jahr 1994, als ein gewisser Quentin TARANTINO die bereits seit der Jahrhundertwende (also seit 1900!!!) erprobte literarische Möglichkeit, eine Handlung nicht chronologisch erzählen zu müssen, endlich auch einmal in einem Film mit stinknormalen Genreelementen anwandte und damit zu Recht ebenfalls die Goldene Palme in Cannes erhielt.
                                    Kleiner Fun-Fact am Rande: Drehbuchautor Arthur HARIRI hat im Film übrigens einen Cameo-Auftritt als Literaturkritiker einer französischen Fernsehshow.

                                    Das alles sollte aber nicht als zu kalkuliert diffamiert werden! Justine TRIET hat einen herausragenden Film abgeliefert. Das Drehbuch von ihr und Arthur HARARI bietet Spannung pur und ist gleichzeitig literarisch satisfaktionsfähig. Das muss erst einmal jemand nachmachen! Im Grunde kann das nur etwa alle 30 Jahre gelingen! Und dann Sandra HÜLLER! Was kann man noch über diese Ausnahme-Schauspielerin mehr sagen? Sie hebt das Ganze noch einmal in eine andere Liga. Den EUROPEAN FILM AWARD hat sie schon, eine Nominierung für den ACADEMY AWARD sollte jetzt eigentlich unausweichlich sein!!!

                                    P.S.: Bei P.I.M.P. von 50Cent in Dauerschleife würde ich auf jeden Fall zum Hulk werden! ;-)

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                                      ZeddaZogenau 27.12.2023, 20:29 Geändert 27.12.2023, 21:00

                                      Nasti KINSKI und all die Liebhaber Mariens

                                      Anfang der 1980er Jahre begann der verblüffende und wunderbare Aufstieg der deutschen Schauspielerin Nastassja KINSKI zur weltbekannten GOLDEN-GLOBE-Gewinnerin (die Trophäe erhielt sie für ihre Titelrolle in TESS). In den Jahren nach diesem fulminanten Karrierebeginn etablierte sie sich als vielbeschäftigte Schauspielerin in Hollywood, hatte aber an der Kinokasse deutlich weniger Erfolg als erhofft. So kam es dazu, dass viele ihrer damaligen Filme allzu schnell in Vergessenheit geraten sind. Wenn dann auch noch ein damals sowjetrussischer Regisseur wie Andrei KONTSCHALOWSKI seinen allerersten Hollywood-Film mit ihr in der Hauptrolle drehte, habe das ja auch nur schiefgehen können, so wurde damals oft in den Gazetten geätzt. Weit gefehlt! MARIAs LOVERS aus dem Jahre 1984 ist ein erstaunlicher Film, den ARTE vor ein paar Monaten dankenswerterweise für das interessierte Publikum wieder zugänglich gemacht hat.

                                      Am Anfang gibt es bemerkenswerte Dokumentar-Aufnahmen, die Regie-Legende John HUSTON unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg gedreht hat, zu sehen. Amerikanische Soldaten, die unverkennbar an einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden! Nach dem Ersten Weltkrieg hatte man solche Männer noch "Kriegszitterer" genannt. Genau so ein Soldat ist der junge Ivan Bibic (John SAVAGE), der sich nichts sehnlicher wünscht, als nach Ende des Zweiten Weltkriegs seine Kinderliebe Maria (Nastassja KINSKI) zu heiraten. Die ist zwar noch mit dem schmucken Al Griselli (Vincent SPANO) verbandelt, heiratet aber dennoch Ivan, dem sie aufrichtig zugetan ist. Doch damit fangen die Probleme erst an, denn Ivan leidet - aufgrund der seelischen Belastungen während des Krieges - an Potenzstörungen. Dass das der jungen Ehe überhaupt nicht zuträglich ist, versteht sich von selbst. Da kommt eines Tages ein fahrender Folk-Sänger (Keith CARRADINE) in das armselige Stahlarbeiter-Städtchen...

                                      Der KONTSCHALOWSKI traut sich was! Als ein der Sowjetunion entstammender Filmregisseur wagt er sich an eine moderne Mariengeschichte heran, die um ein sehr heikles Thema ergänzt wird. Da gibt es nicht nur reizvolle Bilder von der wunderschönen Nastassja KINSKI zu sehen. Besonders John SAVAGE, der vor allem aus dem Musical HAIR bekannt ist, hatte hier einige heftige Szenen abzudrehen. Einiges zum Fremdschämen, anderes - wie die Ratte im Mund - wirklich absolut Ekliges! Das macht diesen Film aber zu etwas Besonderem, auf das man sich aber bewusst einlassen sollte. Das ist nichts für Zartbesaitete!

                                      In weiteren Rollen begeistern der unverwüstliche Robert MITCHUM, Anita MORRIS und John GOODMAN. Auch für die fabelhafte Nasti KINSKI hatte dieser bemerkenswerte Film weitreichende Folgen. Im wahren Leben wurde ihr Schauspiel-Kollege Vincent SPANO der Vater ihres ersten Kindes.

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                                        ZeddaZogenau 27.12.2023, 13:12 Geändert 27.12.2023, 13:27

                                        Im Jahre 2008, als der Ehemann der italienisch-französischen Schlagersängerin Carla BRUNI noch französischer Staatspräsident war, geriet der historische Roman der Marie-Madeleine de La Fayette in Frankreich in die politischen Schlagzeilen. Es wurde heftig diskutiert, ob der bereits im Jahre 1678 anonym veröffentlichte Roman noch immer als Prüfungs-Thema im Abitur taugen könne. Und auch zur Entstehungszeit des Filmes selbst gab es schon hitzige Kontroversen zwischen den Autorenfilmern (auteurs) und den etablierten Filmemachern der Studios in Billancourt. Die Filme von Jean DELANNOY wurden von TRUFFAUT, GODARD und Konsorten vehement abgelehnt. Wann ist zuletzt im deutschsprachigen Raum so vehement über ein literarisches Werk des 17. Jahrhunderts gestritten worden? Tu felix Francia...

                                        All die erwähnten Kontroversen sollten aber lediglich neugierig auf einen wunderschönen Film machen, der jetzt endlich - ARTE sei Dank - auch im deutschsprachigen Raum gebührend gewürdigt werden kann.

                                        Am französischen Hofe von Heinrich II kommt es natürlich nur allzu oft zu arrangierten Ehen. So ist das auch beim Prinzen (Jean MARAIS) und der Prinzessin von Cleve (Marina VLADY). Obwohl sie um einiges jünger ist als der Gatte, sind die Eheleute einander doch sehr zugetan. Aber wie das manchmal so ist, kommt doch die Liebe in Gestalt eines jungen Mannes ins Spiel. Die Prinzessin und der schmucke Herzog von Nemours (Jean-Francois PORON) verlieben sich schockartig ineinander. Doch die Prinzessin ist nicht bereit, ihre Prinzipien zu verraten und dem angetrauten Gatten untreu zu werden.
                                        Dabei steht die eheliche Treue auch bei Königs nicht hoch im Kurs. Zwar zeugt Heinrich II mit seiner Ehefrau Caterina de Medici ein Kind nach dem anderen (darunter auch Marguerite / Margarete, die wir in Gestalt von Isabelle ADJANI als LA REINE MARGOT aus der BARTHOLOMÄUSNACHT kennen), verbringt den Großteil seiner Zeit aber mit seiner Mätresse, der 20 Jahre älteren Diane von Poitiers, die wir wiederum in Gestalt von Lana TURNER als DIANE - KURTISANE DES KÖNIGS kennen.
                                        Aber zurück zur Prinzessin von Cleve! Auch richtig fiese Intrigen können die prinzipienfeste Prinzessin nicht erweichen. Sie lebt ihre große Liebe nicht aus, bleibt dem Ehemann auch über dessen Tod hinaus treu.

                                        Ein bemerkenswerter Film! Wunderschöne Bilder, herrliche Schlösser (z. B. Chambord), aber auch eine Gefühlsbeherrschung, die ihresgleichen sucht. So musste man wohl am Hofe agieren, um nicht gnadenlos in die Pfanne gehauen zu werden. Was das bedeuten kann, zeigt dieser phantastische Film auf grandiose Weise.
                                        Als König Heinrich II ist Raymond GEROME zu sehen, Lea PADOVANI gibt Caterina de Medici und Annie DUCAUX glänzt als schillernde Mätresse Diane de Poitiers. Vielleicht sollte man doch anfangen, die Romane der Madame de La Fayette zu lesen. DIE PRINZESSIN VON MONTPESIER ist ja auch von ihr...

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                                          Das ist traurig! Gerade wurde bekannt, dass der koreanische Schauspieler Sun-kyun LEE Suizid verübt hat. Neben dem Welterfolg PARASITE war er auch in A HARD DAY (2014) zu sehen.

                                          RIP
                                          Sun-kyun LEE
                                          (1975-2023)

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                                            ZeddaZogenau 27.12.2023, 07:23 Geändert 27.12.2023, 07:29

                                            Nach COP HUNTER / ITALIA A MANO ARMATA hat der italienische Regisseur Marino GIROLAMI gleich noch einen beinharten Gangsterfilm gedreht. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Interessant ist darüber hinaus, dass ROMA: ALTRA FACCIA DELLA VIOLENZA der einzige Poliziottesco ist, bei dem mit der 20TH CENTURY FOX ein Major Studio aus Hollywood mitproduziert hat.

                                            Furchtbare Überfälle ereignen sich in der italienischen Hauptstadt. Commissario Carli (Marcel BOZZUFFI), der bereits einige Kollegen verloren hat, ermittelt fieberhaft. Auch der smarte Geschäftsmann Dr. Alessi (Anthony STEFFEN) hat so seine Probleme: Mit seinem Sohn Giorgio (Stefano PATRIZI) versteht er sich schon lange nicht mehr. Und dann das! Seine geliebte Tochter Carol (Roberta PALADINI) wird bei einem der Überfälle grausam erschossen. Mit den Ermittlungen von Carli, die sich vor allem auf die Brennpunktviertel Roms konzentrieren, ist Alessi überhaupt nicht einverstanden. Der reiche Smartie ermittelt auf eigene Faust und fördert Erstaunliches zutage: Nicht der Proletarier Berte (Franco CITTI) scheint für die Überfälle verantwortlich zu sein, sondern ein blasses Millionärssöhnchen wie Giulio Laurenti (Jean FAVRE)...

                                            In diesem Film geht es ordentlich zur Sache. Da wird ein Bösewicht von einem heranfahrenden Bus zerquetscht, dass die Gedärme nur so spritzen. Und eine Bande von Spitzbuben ist bei der brutalen Vergewaltigung von zwei jungen Damen zu sehen, die auf sehr gruselige Art an das berüchtigte Circeo-Massaker von 1975 erinnert. Das ist immer die Stärke der italienischen Gangsterfilme gewesen, dass auf reale Ereignisse und Entwicklungen Bezug genommen wird. Der vorliegende Film spielt gekonnt auf die wachsende Kluft zwischen der reichen Oberschicht, die vom italienischen Wirtschaftswunder seit 1960 profitiert hat, und dem zurückbleibenden Proletariat in den Vorstädten an. Was diesen Poliziottesco aber endgültig über den Durchschnitt hebt, ist die Wucht einer nahezu griechischen Tragödie. Mehr soll dazu aber nicht verraten werden!

                                            Solange DISNEY, das die 20TH CENTURY FOX im Jahre 2019 übernommen hat, noch nicht entdeckt hat, welches brachiale Schmuckstück sich da im Portfolio versteckt hat, kann man den Streifen im italienischen Original mit englischen Untertiteln auf YOUTUBE einsehen.

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                                            • Eine Ausstrahlung auf ARTE bewirkt manchmal kleine Wunder. Und schon kann ein fast vergessener Film eine akzeptable Durchschnittsbewertung erreichen. Dieses Mal hat es PACK DEN TIGER SCHNELL AM SCHWANZ mit Yves MONTAND und Maria SCHELL getroffen. Eine 6,7 kann sich sehen lassen. (26.12.2023)

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                                                ZeddaZogenau 26.12.2023, 07:07 Geändert 26.12.2023, 07:36

                                                In der englischsprachigen Welt ist der Film WERK OHNE AUTOR von ACADEMY AWARD winner Florian HENCKEL von DONNERSMARCK als NEVER LOOK AWAY bekannt, was noch sehr viel treffender ist. Angelehnt an die Lebensgeschichte von Gerhard RICHTER, dem wohl wichtigsten Maler unserer Zeit, wird hier eine ungeheuerliche Geschichte erzählt, bei der kein im deutschsprachigen Raum lebender Mensch wegschauen sollte.

                                                Gerhard RICHTER hat sich wiederholt von diesem Film distanziert, was aber weder gegen den Film noch gegen RICHTER selbst spricht. Durch seine Kunst zeigt RICHTER dem Publikum - genau wie der Film von DONNERSMARCK - , was es bedeutet, in einer von verbrecherischen Handlungen geprägten Gesellschaft aufzuwachsen, ohne selbst zum Verbrecher werden zu müssen.
                                                Wenn man sich Werken von Gerhard RICHTER wie BETTY (1977 / gesehen auf der DOCUMENTA 2007 in Kassel) oder eben TANTE MARIANNE (1965, gesehen 2010 in der Galerie Neue Meister in Dresden) nähert, setzt beim Betrachter für einen kurzen Moment der Herzschlag aus. Eine solche Aura verströmen die Gemälde des wohl inzwischen teuersten Malers der Gegenwart. Und genau so ist es mit dem Film.

                                                Ein junger Maler (EUROPEAN FILM AWARD nominee Tom SCHILLING) aus Dresden ist zweifellos sehr talentiert, ist sich seines eigenen Sujets aber noch lange nicht bewusst. Es braucht seine Zeit, bis es ihm gelingt, die Abgründe seines eigenen Lebens und seiner unmittelbaren Umgebung zu fassen zu kriegen, um endlich seine eigene Kunst machen zu können. Obwohl innig mit der Liebe seines Lebens (EUROPEAN FILM AWARD winner Paula BEER) verbunden, braucht es die Konfrontation mit dem durch die dunkle Vergangenheit kontaminierten Schwiegervaters (INTERNATIONAL EMMY AWARD nominee Sebastian KOCH), um sich seiner eigenen Position bewusst zu werden. Aber erst durch die Freiheit der Kunstszene in Düsseldorf mit einem an Joseph BEUYS gemahnenden Professor (Oliver MASUCCI) gelingt es, die eigene Freiheit für sich zu entdecken. Niemand kann dafür verantwortlich gemacht werden, in eine Verbrecherbande hineingeboren zu sein. Ob man dann aber selbst zum Verbrecher wird, hat jeder selbst in der Hand.

                                                Das hört sich erst einmal furchtbar abstrakt an, wird aber am Beispiel Gerhard RICHTERs sehr konkret und für uns als Publikum nacherfahrbar. Die Tante des Künstlers (im Film wunderbar von Saskia ROSENDAHL gespielt) wurde ein Opfer des nationalsozialistischen Euthanasieprogramms und war auch in der familiären Erinnerung lediglich wie ein verschwommener Schnappschuss präsent. So oder so ähnlich geht es vielen Menschen im deutschsprachigen Raum, deren Erinnerungen durch die unfassbaren (und auch nicht miteinander vergleichbaren) Verbrechen der faschistischen und der kommunistischen Diktatur eingetrübt sind. Erst durch einen klaren Blick, wie Gerhard RICHTER und der Film das vormachen, kann der Teufelskreis der Verdrängung durchbrochen werden.

                                                Zum Schluss sei noch einmal auf den Anfang des Films verwiesen, wenn ein mephistotelischer Ausstellungsführer (Lars EIDINGER) den kindlichen Maler mit seiner Tante durch die diffamierende Ausstellung "Entartete Kunst" führt. Ein Moment des Grauens, der noch lange nachhallt!

                                                NEVER LOOK AWAY bei diesem wunderbaren Film, der zu Recht für zwei ACADEMY AWARDs (auch eine Nominierung für den Kameramann Caleb DESCHANEL) nominiert war!

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                                                  ZeddaZogenau 25.12.2023, 09:34 Geändert 25.12.2023, 09:47

                                                  Hanna SCHYGULLA und die bitteren Tränen des Peter von Kant

                                                  Das Weihnachtsfest des Jahres 2023 ist gleichzeitig der 80. Geburtstag der deutschen Ausnahme-Schauspielerin Hanna SCHYGULLA. Ob sie für Rainer Werner FASSBINDER Effi Briest, Lili Marleen oder Maria Braun (Silberner Bär der BERLINALE 1979) gespielt hat, oder für Regisseure wie Marco FERRERI (Silberne Palme in CANNES 1983 für LA STORIA DI PIERA), Kenneth BRANAGH und Francois OZON: Diese deutsche Diva fasziniert ihr Publikum seit mehr als 50 Jahren.

                                                  In OZONs Fassbinder-Hommage, die dessen Klassiker DIE BITTEREN TRÄNEN DER PETRA VON KANT quasi vom Kopf auf die Füße stellt, gibt SCHYGULLA ihre Version der Fassbinder-Mutter Liselotte EDER. Schon im Original dabei, kennt SCHYGULLA natürlich all die Dramen, die in der Fiktion erzählt werden. Sie ist allerdings noch immer am Start, und ein Ende dieser herausragenden Karriere ist noch lange nicht abzusehen.

                                                  Der französische Regisseur OZON zeigt den Regie-Berserker Fassbinder (oder dessen Alter Ego Peter von Kant) in einem milderen Licht, als dass der deutsche Regisseur Oskar ROEHLER im Jahre 2020 in ENFANT TERRIBLE getan hat. Geschenkt! Wichtig ist lediglich, dass Hanna SCHYGULLA in ihrer kleinen Rolle all die Warmherzigkeit verströmen kann, zu der nur sie fähig ist. Schade, dass sie und ihre Kollegin, die dreifache ACADEMY AWARD nominee Isabelle ADJANI, im Februar 2022, als PETER VON KANT der Eröffnungsfilm der BERLINALE war, coronabedingt nicht gemeinsam über den Roten Teppich schreiten konnten!

                                                  Apropos ADJANI! Die Tochter einer deutschen Mutter ist in der Rolle zu sehen, die wohl als Hommage an die großartige Ingrid CAVEN gedacht war. Und dann singt Isabelle ADJANI noch "Jeder tötet, was er liebt" (einst von Jeanne MOREAU in QUERELLE gesungen) auf DEUTSCH! Zum Dahinschmelzen schön!

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                                                    ZeddaZogenau 23.12.2023, 10:58 Geändert 23.12.2023, 11:14

                                                    Am Anfang der 1970er Jahre war die große Zeit der italienischen Sex-Komödien. Und einer der größten Stars der "Commedia Sexy" war zweifellos der italienische Schauspieler Lando BUZZANCA (1935-2022), der in unzähligen Filmen einen meist völlig verpeilten Vorzeige-Italiener spielte.

                                                    In HOMO EROTICUS von Marco VICARIO, der auch unter den Titeln "Man Of the Year" oder "Husband, Italian Style" bekannt ist, ist BUZZANCA ein Sizilianer, der vor einer erzwungenen Heirat ins beschauliche Bergamo flüchten muss. Doch Michele Cannaritta hat noch ein Problem, um das ihn viele Männer beneiden dürften. Der Gute leidet nämlich an Polyorchie, was dazu führt, dass seine sexuelle Libido schier unerschöpflich ist. Was schon die Frauen auf Sizilien genießen durften, spricht sich natürlich auch in der Damenwelt von Bergamo schnell herum. Michele kommt also vom Regen in die Traufe...

                                                    Man merkt schon, dass hier der Grundstein für zahlreiche amouröse Verwicklungen gelegt ist, in die der gewohnt tollpatschige Latin Lover Lando BUZZANCA hineingezogen wird. Zur Seite stehen ihm wie immer wunderschöne Schauspielerinnen des italienischen Kinos: Rossana PODESTA, Adriana ASTI, Ira von FÜRSTENBERG, Sylva KOSCINA, Evi MARANDI, Brigitte SKAY, Femi BENUSSI und Paola TEDESCO wissen die Aufmerksamkeit des umtriebigen Michele auf sich zu ziehen. Das Nachsehen haben dabei die hintergangenen Ehemänner, die von Luciano SALCE und Bernard BLIER gespielt werden.

                                                    In Italien war der Film wohl ein riesiger Kassenerfolg, so dass Lando BUZZANCA noch einige Jahre auf der Erfolgswelle der italienischen Sex-Komödie reiten und weitere Filme dieser Art drehen konnte

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