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Alle Kommentare von boxcarsboxcars
Wer es noch nicht gesehen hat: Dieser -- großartige -- Film und viele andere gibt es noch für zwei Wochen kostenlos hier zu sehen: https://www.criterionchannel.com/black-lives/
#blacklivesmatter
Kann den Artikel nicht liken, darum so, um Gegengewicht zu schaffen: Danke für den Artikel.
Feige Veranstaltung leider.
Manipulativer Unsinn, mehr ist es am Ende nicht. Eine Art des Schauspiels, die die Reaktion detailliert kalkuliert hat, keinen Platz für Nuancen oder auch nur den Ansatz von Reflektion im Publikum zulassen möchte. Dumm und unsympathisch, eins zu viel.
Lektüretipp: Aph Kos “Racism as Zoological Witchcraft: A Guide to Getting Out” (gibts zum Beispiel hier: https://lanternbooks.presswarehouse.com/books/BookDetail.aspx?productID=726318)
(Kommentare wie immer deprimierend, will ich mich nicht dran gewöhnen aber mir scheint jede Art von Aufmerksamkeit dafür einfach dumm eingesetzt.)
Lindenberg und Artikel gruselig!
Wie immer Liebe. Aber: Kein Wort zu Anastasiya?!! Die wird sehr vernachlässigt, da ist viel mehr drin.
Jens nein!
“Or even Wee-Bey!”
Beste Serie 2019, konkurrenzlos.
!SPOILER! (zu allen Filmen Tarantinos)
Das Erproben erzähltechnischer Möglichkeiten schien schon immer zu den entscheidenden Motivationen Tarantinos zu gehören. Die Etablierung einer nicht-linearen Erzählung in ‘Pulp Fiction’, die minutiöse Schilderung der Geldübergabe in ‘Jackie Brown’, die ihren Reiz durch die ständige Wiederholung des immer gleichen Vorgangs mit nur minimalen Verschiebungen, in denen sich das Wesen ganzer Charaktere ausmachen lässt, erhält, die Liebe zum narrativen Einschub, die vor allem in ‘Kill Bill’ eins und zwei Überhand gewinnt und den Kern des Kinos im Anekdotischen, im Kleinen und nicht im Allgemeinen sucht, und die Faszination für genretypische und historisierte Settings, deren ästhetisches Potenzial letztlich in der Entfaltung einer dezidierten Kritik aufgeht, sind nur einige Aspekte, die für den Versuch einer Annäherung an Tarantinos Erzählweise grundlegend wären. In ‘Once Upon a Time...in Hollywood’ führt Tarantino viele der, wenn nicht von ihm selbst entwickelten, so doch zumindest zur Meisterschaft gebrachten, Erzählstrategien zusammen: Das Einflechten von Anekdoten wie die offenbar letzten Momente im Leben von Cliffs Frau und Ricks Übungsstunden mit dem Flammenwerfer, das Sezieren von zeitlich parallel verlaufenden Besäufnissen am Abend des geplanten Mordes und natürlich das historische Setting. Letzteres bildet seit nunmehr zehn Jahren die Grundlage seiner Filme, angefangen bei ‘Inglourious Basterds’, über ‘Django Unchained’ bis zu ‘The Hateful Eight’. Im Kontext dieser, bis hierhin letzten, Werkgruppe, lässt sich dann auch der entscheidende Schritt, den Tarantino mit ‘Once Upon a Time...in Hollywood’ macht, verorten. Der Eingriff in die Geschichte als Eingriff in die Weltgeschichte wurde bereits in ‘Inglourious Basterds’ vollzogen. Die revolutionäre Kraft des Films brach im Kinosaal selbst aus. Das Verbrennen der Nazis und ihres Führers mithilfe von Zelluloid war ein untrügliches Bild für ein zur direkten Agitation befähigtes Kino, das sich nicht nur als Dokumentierinstrument, sondern als aktives Element politischen Geschehens konzipiert. Das Umschreiben der Geschichte war auch für ‘Django Unchained’ entscheidend, wenngleich der Stoff hier mehr aus Genres, denn einer konkreten Einzelgeschichte geschöpft wird. Djangos Geschichte ist selbstredend eine individuelle, in ihr liegt allerdings die Geschichte der Allgemeinheit der Unterdrückten. ‘Once Upon a Time...in Hollywood’ führt diese Strategien nun zusammen.
Die konkrete historische Situation ist zu beiden Seiten gesäumt mit Rückgriffen auf verschiedenste Genres -- hierfür waren Filme über das Filmemachen schon immer prädestiniert. Das ‘Allgemeine’, das ‘Bekannnte’ blitzt in den Stereotypen der gezeigten Handlungen der Filme im Film auf, im kurzen Exkurs zum Italo-Western, in den andauernden Zitaten von John Ford und Sergio Leone, in den Frauen im Hasenkostüm in der Playboymansion -- erwähnenswert ist, dass eben jener Ort nicht zum Schauplatz nackter Haut wird, generell kann man sagen: gefickt wird wenig, aber unter dem Deckmantel der Prüderie schleicht sich auf leisen Sohlen die ‘Awareness’ ein, die während der Fahrt zur Ranch in Cliffs polizeilicher Frage nach einem Altersnachweis schließlich einen Stepptanz aufführt -- oder überhaupt in Leos Performance. Seine beständige Rumheulerei, sein verzweifelter Alkoholkonsum, der wütende Zug an der Zigarette, den er nochmal ganz neu interpretiert, das Anschreien des Spiegels, all das, all diese Zitate, Genrekonventionen und Personae gehören, das weiß auch ich, zu längst konventionalisierten Kunstgriffen Tarantinos. Das Individuelle, und um die Zusammenführung von diesem mit dem Allgemeinen und der spezifischen Weise, auf die sie sich in ‘Once Upon a Time...in Hollywood’ vollzieht, geht es mir, liegt im historisch besiegelten Schicksal von Sharon Tate. Der Auftritt Polanskis, die in Dialogen eingefassten Informationen zu seiner Person und seinen Aufenthaltsorten, die Karriere der jungen Schauspielerin und der Besuch der Freunde am Abend im August verhüllen das gesamte Geschehen mit dem Wissen um ihr Ende unter einem melancholischen Schleier. Tates Kinobesuch, der uns in allen Facetten, in all der nachvollziehbaren Begeisterung, der Spannung und dem Stolz, den sie angesichts des Umstands, dass es sie selbst ist, über deren Darstellung gelacht und die beklatscht wird, die, wenn auch nach Startschwierigkeiten, den Kontakt zu ihren ‘Fans’ sucht, gezeigt wird, erhält vor dem Hintergrund ihrer Ermordung einen komplexen Charakter. Diesen opfert der Film auch keineswegs mit seinem Ende. Die Rettung Sharon Tates wird nicht zum geschichtsrevisionistischen Akt, ganz im Gegenteil. Die Rettung wird zum Manifest der Grenze des Kinos. Die Begeisterung über die Entladung der Spannung in der entscheidenden Szene in Ricks Haus -- am Rande bemerkt wohl eine von Tarantinos fantastischsten Szenen überhaupt -- weicht sehr bald der aus der Handlungsunfähigkeit erwachsenen Melancholie. Dass Tarantino sich mehr für diese Melancholie interessiert und aus ihr, und nicht aus der Glorifizierung eines rassistischen Mörders Kapital schlägt, sagt im Übrigen mehr über das Wesen dieses Films aus als die vermeintlich konservative Haltung den Hippies gegenüber, die offensichtlich verwirrte und überforderte Journalisten wie Patrick Wellinski vom Deutschlandfunk im Film vermuten.
Am Ende bleiben zwei Dinge, die unbedingt erwähnt werden müssen. Zum einen ist es Tarantinos freier Umgang mit historischem Material. Die Umschreibung von Geschichte ist nur eine Konsequenz. Darüber hinaus nutzt er ihn auf eine Weise, die der, mit der Alfred Hitchcock sich cineastischer Konventionen entledigte, sehr ähnlich ist. Feierte Hitchcock sich dafür, dass er seine vermeintliche Hauptdarstellerin noch in der ersten Hälfte des Films sterben ließ und so geltende Erwartungshaltungen unterlief und das Publikum vor den Kopf stieß, schürt Tarantino in seinem Rückgriff auf das historische Setting von Los Angeles -- das seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr so unwiderstehlich auf der Leinwand zu sehen war und seinen Status als Sehnsuchtsort in Nullkommanix wiedererlangt -- im Jahr 1969 und einem angeblichen Film über Charles Manson Erwartungen, die er ganz bewusst und mit allem Mut enttäuscht wie es nur die besten des Fachs können.
Zum anderen sei nur kurz angebracht, dass ‘Once upon a Time...in Hollywood’ auf furiose Weise alles vereint, was man sich von einem us-amerikanischen Film wünschen kann: Dass ‘Es war einmal’ im Jetzt stattfindet. Wie ein guter Tom Waits Song mystifiziert und aktualisiert Tarantino die Geschichte der USA. Mehr bleibt zur Zeit nicht übrig.
Ich verstehe weder die Kritikpunkte noch wie man sich so über sie echauffieren kann. Gibt es zur Zeit eine undankbarere Aufgabe als ‘Recaps’ oder ‘Meinungen’ über Game of Thrones verfassen zu müssen? Oder gefühlte sieben Stunden angestrengt emotional über eine Folge zu palavern?
Mir scheint, dass man ganz grundsätzlich über die Entwicklung von Kritik und mögliche Formen nachdenken sollte, die sie annehmen könnte, um den Gegenständen annähernd gerecht zu werden.
Danke. Der Streik der Mitarbeiter*innen der CineStar- und Cinemaxxkette fiel sicher nicht zufällig auf den Starttermin des Films. Bzw. schien mir das wie ein übergreifendes Statement vor dem Hintergrund, den du gibst. (Hier: https://bb.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++8b022178-4a2b-11e9-ab59-525400940f89 und hier: https://www.facebook.com/CineStreik/ gibt's ein paar Infos, falls das jemanden interessiert. Auf Moviepilot blieb das unerwähnt, soweit ich weiß.)
Es gibt kein besseres Indiz dafür, dass jemand mit Musik nichts an der Mütze hat und haben will als eine Vorliebe für Queen. Dieser Eindruck, den ich schon früh hatte, hat sich im Laufe der Zeit immer wieder eingestellt. An der Haltung zu Queen erkennt man die Haltung zu Musik. Ich behaupte, dass das bei ‘Bohemian Rhapsody’ genauso funktioniert. Das ist tatsächlich ein absolut unerträglicher, völlig uninspirierter und unnötiger Film.
(Synchrofassung hin oder her: “Und dann gehen wir durch die Decke.” “Das Wembleystadion hat aber gar keine Decke.” “Dann gehen wir bis zum Himmel.” gehört zu den Dialogen, deren Blödheit für eine ganze Oscarsaison reichen sollte es aber leider nicht tut. ‘Fantastisch’ wie gehabt in Musikbiopics natürlich auch der ‘Inspirationsprozess’.)
Läuft heute auf arte und in der Mediathek! Gucken!
Hale County! Selten so sehr über eine Nominierung gefreut! Go for it Ramell!
Kopiere hier mal meinen Kommentar zur Serie rein, finde nämlich, dass Du der Serie Unrecht tust.
Da ich heute bereits über zwei Artikel zu Marie Kondos Serie gestolpert bin (bento und moviepilot sind synchronisiert worden), die mich in ihrer Kritik ziemlich verwundert haben, ein kurzer Einwurf, der die Missverständnisse eventuell ausräumen kann. Denn das Interessante an der Serie sind nicht die Falt- und Verstautipps, sondern deren Inszenierung, von der sich sehr wohl einiges mitnehmen lässt.
Das, was Marie Kondo acht Folgen über betreibt, ist allen esoterischen Aspekten zum Trotz ein Ausagieren von Freuds großer Menschheitskränkung: “Das Ich ist nicht Herr in seinem Haus.” Der Zusammenhang von Psyche und Körper wird hier wortwörtlich auf den von Psyche und Wohnort erweitert. Kondo erzwingt mit allen Mitteln diese Abhängigkeit zu verinnerlichen und das gelingt ihr mit der Verwendung der immer gleichen Methode und der bis ins Detail durchdachten Inszenierung ihrer Persona. Zunächst einmal fällt auf, dass sie ausschließlich weiße Oberteile trägt, sie kommt in Uniform, in Anlehnung an das medizinisch Weiße, das ein Dasein zwischen An- und Abwesenheit markiert. Ihr Status wird durch das “Sprachproblem”, wie es vielerorts bemängelt wurde, gefestigt. Sie erwähnt einmal, dass sie schon vor längerer Zeit in die USA gezogen ist, sie wird des englischen wohl mächtig sein, bleibt aber aus guten Gründen beim Japanischen. Sie wirkt entrückt, unnahbar. Sie braucht Personal, eine Dolmetscherin, die im Kauderwelsch von Englisch und Japanisch, den Überblick behält und dem ganzen Prozess eine bürokratische Manier verleiht. Das Klemmbrett, das sie grundsätzlich unterm Arm trägt, zeugt von organisatorischem Geist. Die Dolmetscherin ist das Medium zwischen Patient und Doktor so wie Marie das Medium zwischen Herr und Haus ist. Diese, letztere, Funktion ist im Ritual des “Sich-vorstellens” jedes Mal (mit einer Ausnahme, zu der ich gleich komme) Teil der Prozedur. Darin einen albernen, esoterischen Akt zu sehen, ist denkbar einfach, er bewirkt aber noch etwas anderes. Indem sie die absurdeste Handlung überhaupt, den gedanklichen Dialog mit einer Immobilie, gleich an den Beginn stellt, prüft sie die Loyalität der Bewohnerinnen und Bewohner. Inwiefern lassen sie sich darauf ein? Stehen sie ihr gegenüber und versuchen ihr Lachen zu unterdrücken? Gehen sie mit ihr auf die Knie? Oder nehmen sie sogar aktiv Teil und halten ihre Augen länger geschlossen als die Zeremonienmeisterin selbst? Kondo zwingt die Leute zu einer Entscheidung und macht damit deutlich, dass sie sich hier nicht enthalten können, weil es um sie geht. Und genau das macht die eine Ausnahme aus. Eine Frau hält sie an “Do your magic”, worauf Kondo harsch reagiert, was extrem ungewöhnlich ist, denn anders als in den Formaten, deren Netflixversion hier wohl die meisten den Kritiken nach zu folgern, erwartet haben, geht Kondo nicht mit den Menschen ins Gericht, sie ist die Sanftheit in Person. Es gäbe keine “Magic” und es ginge auch nicht um sie, Marie Kondo, die einzigen, die an der Situation etwas ändern können, seien sie selbst. Das Ich kann das eigene Haus nicht durch Zutun von außen beherrschen, sondern nur von innen. Das Fünf-Punkte-Programm, das Kondo programmatisch in jedem Fall anwendet, ist nur ein Pfad, der es dem Ich erleichtern soll.
Kritik an der Serie ist natürlich völlig angebracht und sinnvoll. Das Wegwerfen als Luxus, das Anhäufen von Dingen als Laster, viel zu selten wird das dahinterliegende, systemische Problem adressiert und das darf man auch kritisieren, borniert und vielleicht auch ein bisschen fies finden. Wenn man allerdings über ausbleibende Haushaltstricks meckert, hat man weder die Serie, noch das Programm Kondos begriffen.
Walter Benjamin hat nach der Beschreibung einer Mode im 19. Jahrhundert, die junge Männer dazu brachte Schildkröten entlang der Pariser Alleen spazieren zu führen, einmal gesagt, dass oft das Nebensächliche, das, was der Geschichte lange zum Opfer gefallen ist, am meisten über die Vergangenheit sagt. Meine positive und begeisterte Aufnahme der Serie hängt mit dieser Auffassung zusammen. Ich glaube, dass “Aufräumen mit Marie Kondo” viel über unsere Gegenwart zu sagen hat und vieles an ihr lesbar macht. Vieles bestimmt erst in Jahrzehnten, einiges aber schon jetzt. Mehr ist kaum zu erwarten.
Da ich heute bereits über zwei Artikel zu Marie Kondos Serie gestolpert bin (bento und moviepilot sind synchronisiert worden), die mich in ihrer Kritik ziemlich verwundert haben, ein kurzer Einwurf, der die Missverständnisse eventuell ausräumen kann. Denn das Interessante an der Serie sind nicht die Falt- und Verstautipps, sondern deren Inszenierung, von der sich sehr wohl einiges mitnehmen lässt.
Das, was Marie Kondo acht Folgen über betreibt, ist allen esoterischen Aspekten zum Trotz ein Ausagieren von Freuds großer Menschheitskränkung: “Das Ich ist nicht Herr in seinem Haus.” Der Zusammenhang von Psyche und Körper wird hier wortwörtlich auf den von Psyche und Wohnort erweitert. Kondo erzwingt mit allen Mitteln diese Abhängigkeit zu verinnerlichen und das gelingt ihr mit der Verwendung der immer gleichen Methode und der bis ins Detail durchdachten Inszenierung ihrer Persona. Zunächst einmal fällt auf, dass sie ausschließlich weiße Oberteile trägt, sie kommt in Uniform, in Anlehnung an das medizinisch Weiße, das ein Dasein zwischen An- und Abwesenheit markiert. Ihr Status wird durch das “Sprachproblem”, wie es vielerorts bemängelt wurde, gefestigt. Sie erwähnt einmal, dass sie schon vor längerer Zeit in die USA gezogen ist, sie wird des englischen wohl mächtig sein, bleibt aber aus guten Gründen beim Japanischen. Sie wirkt entrückt, unnahbar. Sie braucht Personal, eine Dolmetscherin, die im Kauderwelsch von Englisch und Japanisch, den Überblick behält und dem ganzen Prozess eine bürokratische Manier verleiht. Das Klemmbrett, das sie grundsätzlich unterm Arm trägt, zeugt von organisatorischem Geist. Die Dolmetscherin ist das Medium zwischen Patient und Doktor so wie Marie das Medium zwischen Herr und Haus ist. Diese, letztere, Funktion ist im Ritual des “Sich-vorstellens” jedes Mal (mit einer Ausnahme, zu der ich gleich komme) Teil der Prozedur. Darin einen albernen, esoterischen Akt zu sehen, ist denkbar einfach, er bewirkt aber noch etwas anderes. Indem sie die absurdeste Handlung überhaupt, den gedanklichen Dialog mit einer Immobilie, gleich an den Beginn stellt, prüft sie die Loyalität der Bewohnerinnen und Bewohner. Inwiefern lassen sie sich darauf ein? Stehen sie ihr gegenüber und versuchen ihr Lachen zu unterdrücken? Gehen sie mit ihr auf die Knie? Oder nehmen sie sogar aktiv Teil und halten ihre Augen länger geschlossen als die Zeremonienmeisterin selbst? Kondo zwingt die Leute zu einer Entscheidung und macht damit deutlich, dass sie sich hier nicht enthalten können, weil es um sie geht. Und genau das macht die eine Ausnahme aus. Eine Frau hält sie an “Do your magic”, worauf Kondo harsch reagiert, was extrem ungewöhnlich ist, denn anders als in den Formaten, deren Netflixversion hier wohl die meisten den Kritiken nach zu folgern, erwartet haben, geht Kondo nicht mit den Menschen ins Gericht, sie ist die Sanftheit in Person. Es gäbe keine “Magic” und es ginge auch nicht um sie, Marie Kondo, die einzigen, die an der Situation etwas ändern können, seien sie selbst. Das Ich kann das eigene Haus nicht durch Zutun von außen beherrschen, sondern nur von innen. Das Fünf-Punkte-Programm, das Kondo programmatisch in jedem Fall anwendet, ist nur ein Pfad, der es dem Ich erleichtern soll.
Kritik an der Serie ist natürlich völlig angebracht und sinnvoll. Das Wegwerfen als Luxus, das Anhäufen von Dingen als Laster, viel zu selten wird das dahinterliegende, systemische Problem adressiert und das darf man auch kritisieren, borniert und vielleicht auch ein bisschen fies finden. Wenn man allerdings über ausbleibende Haushaltstricks meckert, hat man weder die Serie, noch das Programm Kondos begriffen.
Walter Benjamin hat nach der Beschreibung einer Mode im 19. Jahrhundert, die junge Männer dazu brachte Schildkröten entlang der Pariser Alleen spazieren zu führen, einmal gesagt, dass oft das Nebensächliche, das, was der Geschichte lange zum Opfer gefallen ist, am meisten über die Vergangenheit sagt. Meine positive und begeisterte Aufnahme der Serie hängt mit dieser Auffassung zusammen. Ich glaube, dass “Aufräumen mit Marie Kondo” viel über unsere Gegenwart zu sagen hat und vieles an ihr lesbar macht. Vieles bestimmt erst in Jahrzehnten, einiges aber schon jetzt. Mehr ist kaum zu erwarten.
<3 Einige nicht gesehen, hol ich nach. Einzig für ‘Roma’ kann ich mich leider nicht erweichen. Finde ich ziemlich unreflektiert, erinnerte mich stellenweise in seiner Blindheit für Klassismus sogar an ‘Toni Erdmann’ und damit war's dann auch schon vorbei. Hast du ‘Zama’, den ich neben ‘Phantom Thread’ und ‘Florida Project’ für den besten in diesem Jahr halte, nicht gesehen oder nicht gemocht?
WTF?!
Kein Artikel zu einem Film mit afroamerikanischer Beteiligung darf ohne rassistischen Kommentar drunter auskommen. Man darf gespannt sein, ob sich dieser Umstand je ändern wird. Tyoma hat sich offenbar nur dafür angemeldet, der Dude weiß was er will!
Spoiler
Ein kleines Mädchen verliert seine Eltern, daraufhin wird es aufgrund einer ‘Superkraft’ von einer offensichtlich kriminellen Vereinigung in Beschlag genommen, zum Mord angestiftet und wie Dreck behandelt. Irgendwann möchte es, inzwischen zur jungen Frau geworden, seinen sich auflösenden Körper und die damit verbundenen Schmerzen bekämpfen. Dazu benötigt sie aber etwas, das ein weißer Spackotyp nicht hergeben will, weil seine schon ewig totgeglaubte Frau in einer Paralleldimension aufgetaucht sein soll. Am Ende des Tages legt die alte, weiße Frau die Hand auf und heilt die ‘Bösewichtin’ so. Versteh ich alles nicht. Aber jaja, war zwischendurch auch mal nicht langweilig.
“leider werden nachwievor rassistisch angehauchte Meinung am Häufigsten faschistisch angegangen”
Und damit ein donnerndes Guten Morgen! Finds fantastisch, dass wir hier immer wieder große Freigeister und -denker begrüßen dürfen, die sich nichts von der Minderheit aufdiktieren lassen! Einfach mal so richtig entspannen und völlig losgelöst von jeglichem Intellekt drauflosfabulieren, das ist das letzte Privileg der Unterdrückten!
Wann, sagt mir wann können Rassisten endlich wieder unbehelligt von faschistischen Attacken ihr Leben führen? (Achja: Liebes Moviepilot, könntest Du solche Kommentar in Zukunft einfach selbstständig löschen? Oder vielleicht auch einfach gar nicht anzeigen? Das wäre super! Die Meinungsdiktatur muss weiter gehen!)
Strapon, Buttplug, Cockring - eins steht fest: Das Team ist mit Pornhub-Premiumaccounts versorgt. Jedenfalls ganz schön unsexy das alles. Es besteht kein Zweifel daran, dass das seelenloser Müll ist. Das Beeindruckende und Beängstigende daran ist wie sehr sich das Publikum an dies Nullniveau gewöhnt hat. Über was für Witze da gelacht wird (Vorsicht, ab hier werden Teile des Drehbuchs gespoilert!): ‘Ich will einen Jungen. Oder ein Mädchen. Auf jeden Fall eins von beidem.’ Schallendes Gelächter, anschwellende Oberschenkel. Verblüffend auch zu sehen, dass offenbar niemand merkt wie unglaublich redundant diese eine, einzige Idee, die man mal hatte, verwendet wird. Jaja, die aufgerissene Ton-Bild-Schere ist immer ein Kracher aber wenn ich zum siebten Mal brutales Rumgekloppe von Schmuse-Kitsch-Lala untermalt bekomme, frage ich mich welche Personen genau sich davon unterhalten fühlen.
Darin liegt der Film jedoch richtig: Er ist ein Familienfilm. Unter Schwerstarbeit hat Marvel daran gearbeitet den Anspruch an das Kino so weit runterzufahren, dass jung und alt miteinander verschmelzen. Es gibt hier nämlich nichts zu verstehen, nichts zu fühlen oder zu erfahren. Reiner Affekt regiert. Lachen bei obszönen Beleidigungen und homophoben Witzen, schmunzeln bei Asides. Spannung, Empathie, alles Dinge, mit denen dieses Kino nichts mehr zu tun haben will.
Was für ein Vollidiot.
Rajko <3