dbeutner - Kommentare

Alle Kommentare von dbeutner

  • 6 .5

    Leonardo DiCaprio war ja noch nie so richtig mein Ding, und auch seine mitproduzierte Doku vermag daran nichts zu ändern - sehr viel Selbstinszenierung auf der einen Seite, mit vielen durchaus fragwürdigen Interviewpartnern (wo es mindestens auch um das Produzieren von Schauwerten geht - in DiCaprios Kopf scheint es mehr herzumachen, ein wenig mit dem charismatischen Obama etc zu reden, als mit charismatischen NoNames, die aber weniger fraglich auf der "guten Seite" stehen). Und so sehr ich der Doku im Wesentlichen zwar zustimme, so sehr werden diese Ergebnisse doch auf teilweise sehr populistische Art etwas arg einfach und pseudo-anschaulich heruntergebrochen.

    Aber immerhin hat DiCaprio so einiges an jungem Fanpublikum, und dort schafft er zumindest potentiell Aufmerksamkeit. Insofern: Gut gewollt, nicht wirklich gut gemacht (auch handwerklich: da sind so viele Schnitte drin, die wirken, als ob es eine Rohfassung wäre), aber Ziel vermutlich erreicht.

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    • 4 .5
      dbeutner 29.12.2018, 17:29 Geändert 04.03.2019, 13:41

      Immerhin zwei Sachen habe ich dem Film zu verdanken: Erstens, dass Hong-Sang-soo und ich wohl einfach nicht zusammen passen (Schon "Right Now, Wrong Then" und "Ha ha ha" haben mich eher enttäuscht, aber "Claire's Camera" setzt dem auf üble Art die Krone auf). Und: Isabelle Huppert - ich kenne am Ende echt wenig mit ihr, aber das was ich kenne, empfinde ich als ziemlich abschreckend.

      Zum Film: Ich habe vermutlich keinen Streifen in diesem Jahr gesehen, der gerne "etwas wäre", aber intellektuell sooo extrem flach daher kommt, dass ich mich bei den Dialogen durchgehend fremdgeschämt habe, bis in den Schmerzbereich. In der ersten Szene, in der Huppert auftaucht, ist das noch bewusst komisch inszeniert (da wird auch mehr geschwiegen als gesprochen) - tolle Szene. Aber später... Die intellektuelle Tiefe der Gespräche ist so ähnlich wie die Qualität von Hupperts Englisch - zum Weglaufen, zum ganz ganz ganz weit Weglaufen! Evtl. wurden die Dialoge improvisiert, das würde ein bisschen erklären, aber an der Qualität auch nichts ändern...

      Die Story und ihre kleine Parabel über "Ehrlichkeit" (da steckt aber auch nichts dahinter, wenn man schon das Wort, um das es gehen soll, immer wieder wiederholen muss, sagt das so einiges aus) sind eigentlich ganz hübsch angelegt. Und Min-hee Kim einmal mehr auch *die* eigentliche Darstellerin des Films - sie spielt trotz ihrer schüchternen Rolle die Huppert (in ihrer Selbstverliebtheit) so sehr an die Wand, dass es förmlich kracht.

      Dialoge: Null Punkte.
      Darsteller: Mal 8, mal 1.5 Punkte. Sehr unterschiedlich.
      Idee: 7.5 Punkte.
      Umsetzung: in jedem Fall klar unterdurchschnittlich, teilweise einfach nur schlecht.

      In Summe fühle ich mich mit (für meine Vergabekriterien sehr abstrafenden) 4.5 Punkten ganz gut. Ich würde schon sagen, dass es sich um einen außergewöhnlich schlechten Film handelt, in dem aber ab und zu durchschimmert, wie es viel besser hätte werden können. Aber das ist und bleibt mir zu wenig.

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        Obwohl von Hong Sang-soo, dem ich eigentlich nichts abgewinnen kann, mal vorgemerkt, da inhaltlich evtl. mal "anders". Abwarten...

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        • 7
          dbeutner 29.12.2018, 16:50 Geändert 11.02.2019, 18:42

          Beginnt cool, setzt mit gutem Rhythmus fort und macht dabei richtig Laune - bis zum letzten Viertel etwa. Da wird die Erzählart geändert, es geht straight zu, und Chris Hemsworth ist einfach wirklich schlecht. Zumal der Manson-Family-Verschnitt als Plot wahnsinnig langweilt und die "Billy Lee"-Monologe einfach nur dem Cutter zum Opfer hätten fallen sollen.

          Jeff Bridges macht auch Laune, auch wenn man ihn schon charismatischer erlebt hat. Der Rest (Hemsworth halt ausgenommen) ist ein gut aufgelegter B-Cast, lediglich Dakota Johnson fällt in einzelnen Zeilen echt aus, das lässt einen mitunter erschaudern, man kann das aber auch ignorieren.

          Sehr gemischte Gefühle. Erste Hälfte locker 8 Punkte, das Ende hat den Film für mich aber letztlich ziemlich verhagelt. Mit Mühe und Not noch 7 Punkte. Tipp: Einfach nach ca. anderthalb Stunden abschalten ;-)

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          • "um endlich wieder Herr ihres eigenen Körpers zu werden" - es gibt offenbar Schreiberlinge, die merken echt gar nichts mehr...

            • 7 .5
              über Roma

              Tja, für die Leute, die s/w "nervt" oder die "keinen Bock" haben, "Untertitel durchzulesen" - also für das Publikum des synchronisierten Unterhaltungskinos, das gar nicht versteht, dass in Film auch Kunst stecken kann, ist das natürlich nichts ;-]

              Für den kleinen Rest ist "Roma" zunächst mal ein Film, dessen Stimmung gerade über s/w und die langsame in Totalen arbeitende Kamera erzeugt wird. Ruhig, dokumentarisch, wird schon über den äußeren Stil schnell vermittelt, dass hier keine Geschichte vom Reißbrett erzählt wird, sondern es mehr Abbildung einer Erinnerung geht. Natürlich die des Regisseurs, aber: das ist nicht ganz so wichtig, es funktioniert auch ohne diesen unmittelbaren Bezug im Hinterkopf.

              Der Film ist in seinem Inhalt dokumentarisch und rein deskriptiv. Er (be)wertet nicht, insofern ist auch die Frage nach seiner "Message" oder gar so etwas wie einem "politischen Standpunkt zur Situation der Hausangestellten im Mexiko der 70er Jahre" völlig fehlgeleitet.

              Der Grundton ist warmherzig, mitunter evtl. leicht verklärend (was aber bei einer Kindheitserinnerung alles andere als überraschend ist, insofern passend); die politischen Hintergrundereignisse sind genau das: arg im Hintergrund. Um mich wirlich zu begeistern, hätte ein wenig (wirklich nur ein wenig) Straffung durchaus gut getan. Auch würde ich mir eigentlich mehr Hintergrund zu den Figuren wünschen, aber natürlich wäre das dann ein doch sehr anderer Film. Von daher aus meiner Sicht kein völliger Überflieger, aber das liegt evtl. mehr an mir als an Cuarón, der vermutlich exakt das Ding gemacht hat, was er machen wollte.

              Filmtipp für diejenigen, denen die Atmosphäre aufgrund der Kamera und der ruhigen langen Sequenzen "ohne Handlung" gefiel: "Eine Frau in Afrika", einer meiner Lieblingsfilme, den auf MP noch niemand außer mir bewertet hat, und der doch gerade in dieser Hinsicht übergroß ist (NoBudget, experimentell, 1985)!

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              • 6 .5

                Ganz so negativ wie MrDepard unter mir sehe ich die Sache nicht, aber natürlich hat er, Geschmackskomponente abgezogen, völlig Recht: Es ist ein Gimmick, ein kleiner Scherz, der mir allerdings wegen seiner Selbstreferenzialität und mitunter sehr großen (Selbst)Ironie an manchen Punkten durchaus viel Kichern entlockt hat.

                Aber wir sind ja hier auf einer Filmplattform, und wenn ich das Teil in meinen üblichen "Filmbewertungsdimensionen" vermesse, bleibt da nicht viel: Wiedersehenswert nahe 0, Filmstory ganz ganz mau. Auf der anderen Seite auf jeden Fall eine qualitativ hochwertige Inszenierung (leider eben eines: Nichts) und ordentliche DarstellerInnen, denen zuzuschauen und zu hören schon wegen der britischen Dialekte Spaß macht.

                Aber das ganze wird halt zerrissen, u.a. durch das Gefühl, bloß nichts verpassen zu wollen, wobei ich gleichzeitig den Wunsch irgendwann entwickelt habe, doch nicht jedes Nebengleis zu betreten, um mal ein bisschen Film geradeaus genießen zu können.

                Ich bin also etwas hin- und hergerissen zwischen kleinem Applaus für eine sehr gute Umsetzung der Idee, wie die Macher sie im Kopf hatten, für ironische Selbstreferenzialität, die dem Publikum auch mal über Minuten ausführt, was für eine Bullshit-Wahl es da gerade getroffen hat; und auf der anderen Seite eben der Erkenntnis, dass der Inhalt flach und die Idee sehr knapp ist und hier recht ausgewalzt wurde.

                Als Idee einer Abschlussarbeit einer Filmhochschule: Note 1.

                Als Film auf Netflix: Ja, witzig irgendwie, aber eben technisch in gewisser Weise auch nur das aufpoliert, was sich schon 1984 eigentlich sehr schal angefühlt hat, auch wenn für mich als damals als 15-jährigem dennoch der Spaß mit den ersten Computern als solcher ausreichend Unterhaltung war. 2018 fällt diese Originalität leider weg, und so bleibt zumindest das 80er-Jahre-Setting insofern auch ehrlich (da passt halt schon vieles): Neu ist das nicht. Ein Scherz. Ein kleiner. Für die Masse. Und die scheint ja zu applaudieren (IMDB aktuell: 8.4) - passt dann schon...

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                • 7 .5

                  BoJack Horseman ist: anders. Unter der stoischen Oberfläche eines dysfunktionalen, äh, Pferdes und der mehr oder meist weniger guten Interaktion mit seinem Umfeld lagern zunächst mitunter brockenschwere Gedanken. Da sind in den ersten zwei Staffeln so manche Glanzlichter zu entdecken. Dann wird es eine zeitlang etwas oberflächlicher, und auch den MacherInnen scheint das aufgefallen zu sein, denn später mischen sich immer wieder kreative Sonderfolgen, bei denen die eine oder andere Droge Pate gestanden haben dürfte, hinein. Das ist mal ziemlich großartig, mal einfach nur nervig. Zum Ende der aktuellen Spielzeit wird es dann wieder etwas ernsthafter, was der Serie eigentlich erst den kleinen Kick gibt. Für FreundInnen des leicht Schrägen auf jeden Fall einen Blick wert, leider in seiner Qualität etwas schwankend. Aber trotzdem in Summe zumindest überdurchschnittlich, keine Frage!

                  • 7

                    Tim Robbins (der ja doch eigentlich eher etwas intellektuell daherkommt) und Jack Black (naja) machen zusammen einen ganz hübschen Unsinn, der in seinen besten Momenten sich über die politische Elite mitunter sogar mit feinem Hintersinn lustig macht (das ist eher der Robbins-Part), in seinen schlechtesten Momenten dafür billigster pubertärer Jack-Back-Klamauk ist, der bis ins Fremdschämen reicht. Meistens aber auf eine absurde Art unterhaltend. Auf jeden Fall mal etwas Erfrischendes! Ich hätte es mir besser gewünscht, aber nach HouseOfCards war ich rel. einfach grob zufrieden zustellen ;-)

                    • 6

                      Eine Staffel habe ich durchgehalten, eher: mich durchgekämpft. Unsympathische Charaktere beim Unsympathisch-Sein zugucken. Das habe ich in der realen Welt wirklich ausreichend. Spaceys Spiel (und Intonation!) sind so etwas von vorhersagbar, dass es mich angeödet hat. Robin Wright nicht viel besser. Darstellerisch ist das ziemlich durchgehend an der Overacting-Grenze, aber selbst darunter zumindest keine Glanzleistung, da die Charaktere einfach wahnsinnig unambivalent geschrieben sind. Dass die Story dann auch noch mitunter die Augenbrauchen einfach nur noch hochziehen lässt - fast Nebensache. Teuer produziert und leider sehr wenig dahinter. Keine Ahnung, warum das so lange als der Überflieger galt.

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                      • 7 .5
                        dbeutner 17.12.2018, 12:41 Geändert 07.01.2019, 17:03

                        Hm, fällt mir etwas schwer, diverse vernichtende Kritiken nachzuvollziehen. Natürlich ist das kein höher ambitioniertes Werk, es ist ganz klar auf Unterhaltung ausgelegtes Hollywoodkino, aber durchaus mit etwas eigenem Stil.

                        Klar missfallen hat mir die schwülstige Filmmusik, die bei dramatischen Sequenzen völlig überflüssig war, da hätte ich lieber nur das Beben der Raketen gehört, da muss nichts dazu. Gut, so funktioniert Hollywood. Leider.

                        Und natürlich kann man über die Schwerpunkte, die der Film setzt, und seine Vermischung streiten. Aber: Es ist keine Doku, es ist natürlich viel Interpretation eines Menschen, der wenig gesprochen hat und massiv introvertiert war. Ob die Interpretation stimmig ist, ist mir insoweit egal, als dass ich hier klar eine künstlerische Entscheidung erkennen kann, die zumindest nachvollziehbar ist.

                        Stark fand ich dann (neben dem Handwerklichen und der Menge an Darstellern, die man gerne sieht, bis in die Nebenrollen stark besetzt; und auch die unbekanntere Claire Foy als Armstrongs Frau ist eine gute Wahl gewesen) vor allem, dass die Geschichte den Mut hatte, Details zu überspringen, insbesondere den Tod der Tochter. Wenn es an einigen Stellen mit dem Pathos situativ übertrieben wurde, so wurde das hierdurch wieder etwas ausgeglichen.

                        Zugleich bewirkte das aber, dass man mitunter das Gefühl hatte, von Station zu Station zu hetzen. Es gibt immer wieder größere Zeitsprünge, so dass man doch mehr die Extremstellen des Lebens sieht und weniger die Zwischentöne zwischendurch. Nebenschausplätze werden immerhin angerissen, also etwa die inneramerikanische Oppsition gegen das Raketenprogramm und den politischen Wettstreit mit dem Osten, der natürlich ständiger Pate im Hintergrund war (und worüber es eine sehr gute Doku gibt, deren Namen mir leider gerade nicht einfällt).

                        In Summe war das eine durchaus auch spannende Darstellung eines Extremlebens, dass ein paar Zwischentöne mehr hätte haben dürfen, aber vielleicht hätte man sich dazu noch mehr ins Spekulative begeben müssen. Gut unterhalten war ich allemal, und Gosling, wenn auch in gewisser Weise stereotyp besetzt (und der Mann *kann* mehr als introvertiert dreinschauen!), war überzeugend. Für einen Hollywood-Streifen mE eher überdurchschnittlich.

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                        • 7 .5

                          Mein erster SABU, den ich schon sehr interessant fand, da bleibe ich mal dran.

                          Abgesehen davon, dass in "Mr. Long" sehr viele völlig unterschiedliche Genres und entsprechende Elemente existieren - tragische, komische, spannende etc - steckt der tiefere Kern gerade im Kontrast selbiger. In der Erfahrungswelt des Killers trifft dieser auf einen Traum: eine solidarische Gemeinschaft, die den Unbekannten nicht ausschließt, wo sich jeder um den anderen kümmert und auch zwischenmenschliche Beziehungen, die es so in seinem bisherigen Leben nicht gab, plötzlich zentral werden.
                          Dass diese träumerische Vorstellung in der Realität eher durchkreuzt wird und auch dieser präsentierte Traum am Ende nicht der von Mr. Long ist, spielt durchaus auch eine große Rolle. Naiv ist der Film nämlich nicht. Er stellt der harten Realität eine Idee entgegen - wie Menschen sein könnten.
                          Nun kann man sich potentiell berechtigt an der einen oder anderen Ausformung streiten, etwa dem Verhältnis der Geschlechter. Es ist aber eine asiatische Parabel, kein politisches Werk. Eine gewisse Nähe zum asiatischen Kino hilft sicherlich, um hier eine kleine Perle zu entdecken, ein Plädoyer für Menschlichkeit.

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                            dbeutner 11.12.2018, 14:17 Geändert 17.12.2018, 16:48

                            Also, "Thriller"... Nee, wirklich nicht. Krimikomödie ist es eigentlich.

                            "A Simple Favor" ist pures Unterhaltungskino. Auch das hat man schon größer und besser gesehen, und man könnte sich sicherlich über einzelne Aspekte mal hier mal dort beschweren. Zunächst etwa spielt Blake Lively die gute Anna Kendrick (die sich langsam aus den NoBudget-HorrorStreifen hochgespielt hat, etwas anstrengend werde ich die aber immer finden) noch an die Wand, später wechselt das eher. Unstet.

                            Aber: Das Ding ist in allererster Linie sehr munter erzählt, hat einen guten Rhythmus, und Kendrick fuktioniert in diesem Zusammenhang einfach gut. Weder Kunst noch der Unterhaltungsfilm des Jahres, aber ein völlig solider Zeitvertreiber.

                            Nur die "überraschenden Wendungen", die habe ich jetzt nicht sooo vorgefunden, der Handlungslauf ist doch rel. stark aus sehr bekannten Motiven zusammengesetzt. Es ist auch nicht in erster Linie die Story, die fetzt. Ich bleibe dabei: Es ist die frische Erzählart, die auf jeden Fall etwas Laune macht, sogar mir, der solche polierten Filmchen eigentlich nicht so mag.

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                            • 7

                              "Körper und Seele" habe ich als Vegetarier eine ganze Zeit vor mir hergeschoben, denn das Schlachthausszenario klang jetzt nicht sooo verlockend. Und ist es auch für Vegetarier tatsächlich nicht - aber immerhin, die Problematik wird nicht ignoriert, auch wenn man merkt, dass Ildikó Enyedi keine Vegetarierin ist. Aber natürlich spielt das nur am Rande eine Rolle; wenn etwas in diesem Zusammenhang für die Story wichtig ist, ist es tatsächlich eher der kritische Blick.

                              "Eigentlich" geht es aber um etwas anderes. Der Film lässt sich mE etwas zuviel Zeit mit seiner Exposition; dann folgt ein starker Mittelteil, der die beiden Hauptfiguren nachhaltig irritiert und sich näher kommen lässt. Gerade hier sind auch die beiden - auf unterschiedliche Art spröden - Charaktere völlig passend, die es einem zu Beginn etwas schwierig machen, wirklich mitzufühlen. Man schaut ihnen auch im Mittelteil eher zu, aber dicht und interessiert.

                              Daraus wird dann im letzten Drittel leider für meine Erwartungshaltung kaum etwas gemacht, sehr schade. Da wird es grob dramatisch, dann löst sich alles auf und verpufft, und das Publikum kann nach Hause gehen. Da war ich dann doch wieder etwas enttäuscht (und wohl nicht der einzige, dem das so erging).

                              Grundidee und Inszenierung haben auf jeden Fall eine sehr persönliche Note, die mir schon gefallen hat. Etwas mehr Freiheit in der weiteren Erzählung, etwas mehr Mut, am Ende nicht doch eher platte Erzählwege zu beschreiten, wären Gold wert gewesen.

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                                dbeutner 06.12.2018, 13:09 Geändert 03.02.2019, 15:33

                                Wow! Für einen Erstling ohne Frage ein Hammerfilm, und auch absolut gesehen ein eher besonderer Streifen. Haley Lu Richardson war eine starke Wahl für die eigentliche Hauptperson, aber das ist es nicht nur. (John Cho erwähne ich nicht explizit, er ist gut, aber sein Innenleben spielt auch viel weniger Rolle, entsprechend ist der Charakter weniger tief gezeichnet; hat aber auch sehr starke Momente).

                                Das Setup - junge Frau verwirklicht nicht ihre Träume, um sich um ihre Mutter zu kümmern, Mann wartet auf den Tod seines Vaters, um weiterziehen zu können - ist wirklich nicht viel mehr als eben das. Natürlich spielt vor allem der erste Teil auch inhaltlich eine echte Rolle, der zweite nur sehr zurückgenommen. Im Grunde aber dient das Setup dazu, zwei Menschen sich treffen und öffnen zu lassen, über Architektur sich auszutauschen, über das, was sie mit ihnen macht, was sie ihnen bedeutet - selbst die Architektur ist so etwas wie eine Metapher, die das (Schöne im) Leben oder zumindest Lebenssituationen widerspiegelt.

                                Kurzum: "Columbus" ist sehr atmosphärisch und dicht an seinen relativ authentisch wirkenden Charakteren. Eine einzige Szene hat mich etwas verärgert, weil sie extrem bemüht und gescripted wirkte, aber 2 Minuten schlechte Inszenierung in etwa 105 Minuten Länge lassen sich wirklich verschmerzen! Und bitte: Es ist ein Erstling! Und ebenfalls ganz stark: die atmosphärische Musik, die man fast mehr als Sounddesign als als Musik wahrnimmt.

                                Auf jeden Fall möchte ich mehr von Kogonada sehen, auch wenn es leider noch nicht mehr gibt. Dafür habe ich mir mehr mit Rory Culkin und natürlich mit Haley Lu Richardson vorgemerkt, fürs erste.

                                Noch eine Rezensionsempfehlung, bei der ich jeden Satz unterschreiben kann: https://decider.com/2018/02/05/columbus-is-everything-an-indie-movie-should-be

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                                  dbeutner 02.12.2018, 17:19 Geändert 02.12.2018, 17:24

                                  Historisch ist das natürlich wahnsinnig interessant, und dass der Film lange verboten war in der DDR - kommt man auch drauf, wenn man ihn gesehen hat.

                                  Gleichzeitig ist Wolf so sehr daran interessiert, innersozialistische Konflikte in kleinen Sätzen auszumalen, dass es mitunter schwierig ist zu verstehen, was gewisse Kommunikationsbrocken sollen. Aber das kann man zumindest auch einfach vernachlässigen, die Gesamtstory bleibt ja erhalten.

                                  Leider ist das Ding als Film aber einfach extrem hölzern und leidet an einer mäßig sympathischen männlichen Hauptperson und der daraus entstehenden Schwierigkeit, das Paar als solches überhaupt nachzuvollziehen.

                                  Die eingestreuten philosophischen Abhandlungen kommen einerseits sehr förmlich daher, sind andererseits auch entweder theoriebeladen oder an vielen Stellen auch extrem trivial. Auf der Seite konnte ich dem Ganzen leider auch nichts abgewinnen.

                                  Wer über das kritische Filmschaffen in der DDR promoviert, kann sich sicherlich hier so richtig abarbeiten. Aber als filmisches Kunstwerk allein halte ich den Streifen für extrem fragwürdig und handwerklich eher ungeschickt.

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                                  • 7 .5
                                    über Raw

                                    Ich mag ja keine Trailer. Und normalerweise sehe ich die auch einfach nicht. Anders ist das nur einmal im Jahr zum FantasyFilmFest, bei dem ich die "echten Horrorfilme" aussortieren muss, weil ich da ja gar nicht drauf stehe. Auch BodyHorror - nicht meins. Und so gab sich der Raw-Trailer alle Mühe, mich nicht zum Publikum des Films werden zu lassen.

                                    Ein paar Monate später dann irgendwann doch. Ich hatte gelesen, dass es gar nicht so schlimm sein sollte, und traute mich. Gottseidank.

                                    In "Raw" geht es mitnichten in erster Linie um Blut oder Ekel. Es gibt einzelne Szenen, die für so empfindliche Gemüter wie meines doch fast am Rande des Guten und Schönen sich befinden, aber: Das macht zumindest im Gesamtkontext Sinn. Und eigentlich geht es eben allegorisch um etwas ganz Anderes, um Selbstfindung, Überwindung & Befreiung, natürlich in einer Coming-of-Age-Inszenierung, aber eben doch mit einem sehr speziellen Schwerpunkt.

                                    Double-Feature-Empfehlung: "Thelma" (das sagen ja viele, aber: wirklich wahr).

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                                    • 8 .5
                                      dbeutner 02.12.2018, 17:05 Geändert 29.12.2018, 18:06
                                      über Thelma

                                      Ich war ja eigentlich schon bekennender Joachim Trier Fand, als er mit "Louder Than Bombs" mich wirklich negativ verstört hat - damit konnte ich gar nichts anfangen. Ich hatte damals befürchtet, dass ihm das große US-Kino künstlerisch so gar nicht bekommt - und sollte wohl Recht behalten.

                                      Mit "Thelma" kehrt Trier zurück zu dem, was er so unglaublich gut kann: feinfühlige, authentische Stimmungen. Seine Themen wechseln (allerdings lauert immer Trauer im Hintergrund), und auch ohne Anders Danielsen Lie kommt Trier auf alte Höhen, wobei Eili Harboe und Kaya Wilkins einfach auch großartig sind.

                                      Man kommt gar nicht umhin (wenn man ihn gesehen hat), "Thelma" mit "Raw" zu vergleichen, bauen doch beide auf dem Boden einer "junge Frau kommt in neue Umgebung und bricht mit Vorgaben und Erwartungen"-Geschichte auf. Und so sehr dann beide Filme ihre eigenen Wege gehen und ganz unterschiedliche Schwerpunkte und Hintergründe setzen, sind sie doch gewissermaßen Filmgeschwister. Das sei also zugleich meine hiesige Double-Feature-Empfehlung.

                                      Gerade aber die weitläufigere Geschichte um Thelma herum hat ihren eigenen Trier-Touch. Was ich an ihm immer mag: Auch die Gefühle und Situationen der Nebenfiguren sind nie unwichtig, es gibt keine Verurteilungen seiner Charaktere, die in ganz unterschiedlichen persönlichen Schwierigkeiten stecken. Das ist persönliches, sehr lebendiges Kino, an dem ich mich tatsächlich nur schwer satt sehen kann.

                                      Vermutlich der für mich beste Film des Jahres!

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                                      • 6 .5
                                        dbeutner 18.11.2018, 18:08 Geändert 02.12.2018, 13:42

                                        Jim Hosking zweiter Langfilmwurf - er bleibt sich in der Inszenierungsart treu, aber "The Greasy Strangler" war nicht nur auf der Oberfläche, sondern schon in seinem Grundsetting absurd. "An Evening..." hingegen verfolgt eine eigentlich sehr klassische Grundstory, die aber durch die Inszenierung nur mit etwas Abstand - und in zwei Szenen dann doch auch nochmal explizit - als solche wahrzunehmen ist. Und dieser "rationale Unterbau" hat mir ein bisschen die Stimmung verdorben, muss ich zugeben. Dann lieber durch und durch absurd.

                                        Aubrey Plaza finde ich auch immer etwas sehr an der Aushaltbarkeitsgrenze, was meist daran liegt, als ob sie so spielt, als handele es sich um einen Jim-Hosking-Film, also auf Trash gebürstet. Hier passt das zwar, aber wenn man weiß, dass sie "echten Charakter" auch gar nicht kann (habe ich jedenfalls noch nie gesehen; und ich habe schon viel zu viel mit ihr gesehen), macht das dennoch keinen echten Pluspunkt.

                                        Auf der Gegenseite Jemaine Clement ("Flight of the Conchords" & der von mir sehr geliebte "What We Do in the Shadows"), der wiederum einfach gar nicht anders kann, als selbst im Trash noch etwas Darstellerkunst und Charme abzuliefern. Der hat Spaß gemacht!

                                        Wäre das Ding intelligent auf 90 Minuten gekürzt worden - es hätten auch hier vllt. sieben Punkte werden können. So aber war ich irgendwann von der Story etwas genervt, und die Spaßigkeit der Inszenierung ging dabei dann auch für mich etwas unter. Nächste mal bitte wieder etwas freiere Kunst ;-)

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                                        • 7

                                          Für einen Kaurismäki war mir das zu schlicht, zu offensichtlich "gut gemeint". Daher natürlich trotzdem inhaltlich grundsympathisch, aber eben kein typischer Kaurismäki. Zu viel Inhalt, der ins Nichts steuert (und sonst ist das eher: ein schönes Nichts, hinter dem sich der Inhalt versteckt). In gewisser Weise "pointless".

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                                          • 6 .5

                                            "Wildling" ist so ein Ding, wo ich alle zwanzig Minuten die Bewertung ganz neu ausrichten musste: Die ersten 20 Minuten sind zwar nicht wirklich übergroß, aber spooky und schon besonders. Dann der Wechsel in die Zivilisation, der sich allerdings extrem schnell als extrem langweilig herausstellt und die Chancen des Setups nicht im Ansatz ausnutzt. Dann geht es nach 20 Minuten wieder raus aus dem reinen Teenie-Drama, um dann nach weiteren 20 Minuten auch das eigentliche Sujet des Films zwar hinzustellen, aber wieder nichts draus zu machen.

                                            Kurzum: Mehrmals dachte ich, dass das ja doch noch echt etwas werden könnte und war wirklich ein bisschen tiefer interessiert - und jedes Mal wurde das Interesse enttäuscht. Das ist zwar weniger als immer wieder erhofft, aber mehr, als sonst so mancher Billigheimer schafft. (Mit Liv Tyler ist es ja nicht mal sonderlich billig, auch wenn die Gute doch sehr in ihrem Rahmen bleibt.)

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                                            • 7 .5

                                              "Hamburger Gitter" ist schon für ein intellektuell offenes bürgerliches Publikum eventuell gutes Futter. Handwerklich ist allerdings leider einiges optimierbar, was ich beim Zuschauen einfach sehr schade fand. Das geht los mit dem Titel, denn wer nicht Demo- oder polizeierfahren ist, dem wird der Titel nicht einmal erklärt, denn "Hamburger Gitter" haben zwar historisch etwas mit Hamburg zu tun, aber eben nichts mit dem G20.

                                              Vor allem fehlt dem Film aber Struktur. Auch hier wieder: Wer die Ereignisse von Hamburg im Hinterkopf hat, kann schnell umschalten zwischen den Orten und kennt den Kontext. Wer aber so gut informiert ist, "braucht" den Film nicht zur Aufklärung. Diejenigen, die ihn insofern "brauchen" oder das "beste Zielpublikum" sind (wenn der Film tatsächlich etwas erreichen, gar verändern möchte), dürften häufig das Dargebotene kaum Erfassen - sei es die Zeltplatzräumung (die wird nur sehr kurz angerissen) oder die Auflösung der GoToHell-Demo - da wäre ein bisschen mehr rechtliches Futter durchaus drin gewesen. So kompliziert ist die Rechtslage und die Geschichte derselben nicht...

                                              Von diesen (leider in meinen Augen wirklich nicht zu vernachlässigenden) Punkten abgesehen, ist das Ding natürlich engagiert und auch mit interessanten InterviewpartnerInnen besetzt. Und ruft, wie schon erwähnt, bei offenem Publikum schon auch potentiell Empörung hervor. Alleine angesichts der Tatsache, dass Olaf Scholz für seine Aussage, es hätte keine Polizeigewalt gegeben, nicht bei jedem seiner öffentlichen Auftritte eine Ohrfeige bekommt (die er verdient hätte, und zwar solange, bis er keine öffentlichen Auftritte und Ämter mehr hat), ist dem Film Verbreitung zu wünschen.

                                              Double-Feature-Empfehlung: DIAZ (aber dann an dem Tag nichts mehr vornehmen, zwei G20-Filme an einem Tag plätten vllt. etwas arg).

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                                              • 5 .5

                                                "Den skyldige" ist Gustav Möllers Spielfilmdebut - ein dänisches hochgelobtes Kammerspiel mit Jakob Cedergren (Dark Horse), da dachte ich: Das ist ja echt eine Chance... Zu früh gefreut...

                                                Am Darsteller, soweit gleich zur Klärung, liegt's nicht. Jakob Cedergren, relativ unverwechselbar, ist seit "Dark Horse" deutlich älter geworden, aber ganz klar weiterhin eher eine starke, eigene Nummer.

                                                Aber dann der Rest. Bei Kammerspielen bin ich immer etwas skeptisch, weil es für mich dabei auf die Details der inszenierten Dynamik ankommt - wenn die sich nicht stimmig oder überdramatisiert anfühlen, bin ich ganz schnell raus aus dem Stoff und mir ist alles egal; spätestens dann bekommt ein Film auch keine 6 Punkte mehr von mir.

                                                Zum einen kommt die Erzählung mit einer Hauptwendung um die Ecke, die furchtbar lange absehbar ist und mich daher unendlich genervt hat, wie sie ausbuchstabiert wurde. Auch das: Wenn ich mich intellektuell beleidigt fühle, kommen der Film und ich nicht mehr zusammen.

                                                Dann die zu langen Sprechpausen, psychologisch "unwahrscheinliche" Dialogsituationen, und am Ende ein kleiner zentraler politischer Kommentar zur inneren Psychologie im Polizeiapparat, für den ich den Film fast feiern möchte, aber die 85 Minuten Füllung für einen nicht einmal sonderlich komplexen Gedanken rechtfertigen die sich bei mir ausbreitende Langeweile und das Desinteresse auch nicht.

                                                Wer wirklich an Filmkunst interessiert ist, so meine kleine Erwartungshaltung, dürfte bei diesem Streifen leicht die Geduld verlieren. Pseudofilmkunst für ein untrainiertes bürgerliches Publikum, das mal sagen möchte: "Oh, das war aber mal was ganz Besonderes!"

                                                Ja, man merkt's bestimmt: Hat mich eigentlich richtig genervt. Die Punkte für den Hauptdarsteller und einen halben für den Mut, so etwas mäßig Ausgegorenes abzuliefern. Für das Publikum, dass den Film abfeiert: Max. drei Punkte ;-)

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                                                • 8
                                                  dbeutner 28.10.2018, 15:18 Geändert 29.12.2018, 18:18

                                                  "David Bowie - The Last Five Years" ist Teil 2 einer noch nicht fertigen Trilogie, dessen ersten Teil ich auch nicht kenne. Ich mochte (das ist untertrieben) David Bowie immer, als Musiker und Darsteller, habe mich aber nie allzu intensiv mit ihm beschäftigt, dafür war mir der Hype doch zu groß, und Konzerte in Stadien zB kann ich nicht ertragen. Insofern nur ein "halber Bowie-Fan", aber gerade diese Doku ist dann wiederum genau meine Schuhgröße, intimer, kleiner, persönlich, und nicht überdramatisiert, dennoch mit etwas bleierner Schwere zum Ende, die aber nicht inszeniert ist, sondern da.

                                                  Wer sich für Bowie speziell interessiert und/oder für passioniertes Leben im Allgemeinen - gar keine Frage, diese BBC-Doku sollte man auf jeden Fall mitnehmen. Interessant, schön, traurig, intense; und interessant.

                                                  Ach, und der tolle tolle Michael C. Hall - wenn der Bowie interpretiert, klappt einem doch der Kinnladen runter, Hammer: https://www.youtube.com/watch?v=C7_b6buHfBE & https://www.youtube.com/watch?v=cVxGKAZpADI zB!

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                                                    "Sorry to Bother You" lebt von seiner sympathischen Grundhaltung und allerlei kleinen Späßen, die mitunter das entscheidende Sekündchen oder Portiönchen überzogen werden - die Laufzeit von knapp zwei Stunden wäre nicht nötig gewesen, und man merkt der Umsetzung leider auch immer wieder an, dass es sich um den Langfilmerstling von Boots Riley handelt - einzelne Szenen und Ideen sind wirklich klasse, an der Verbindung des Stoffes (der mitunter auch an extremer Vorhersehbarkeit leidet) hingegen hapert es mitunter.

                                                    Die Besetzung ist wiederum ein großer Spaß - Steven Yeun immer sympathisch, aber auch die weiteren Nebenrollen meist charismatisch von tollen Zweitligisten besetzt, die mit Spiellaune aufwarten.

                                                    FreundInnen des Schrägen, für die es auch mal albern schräg oder schräg albern sein darf, wobei der Unterton schon ein wütend-kapitalismuskritischer ist, sollten einen Blick riskieren! Und Boots Riley sollte man sich mal merken, interessant und sympathisch ist der allemal.

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