Der Witte - Kommentare

Alle Kommentare von Der Witte

  • 7 .5

    [...] Er besitzt ein geradezu instinktives Gefühl dafür, wie ein guter und wirksamer Actionfilm funktioniert, vollkommen unabhängig von schmückenden Plot-Verknotungen und unvorstellbaren Schauwerten aus dem Computer. Allein die Beherrschung des menschlichen Körpers ist eindringlich und effektiv genug, in der Kampfkunst und auch in der konzentriert-direkten Darstellerführung durch Regie und Dialog. Und wenn sich dem ein angenehm-funktioneller Narrativ, fabelhaft-kohärente Kameraarbeit und ein ebenso bescheidener Musikscore unterordnen, erhält man in der Konsequenz ein wahrhaftig aufregendes, essenzielles Genre-Sahnetörtchen.

    Auch wenn die narrative Grundlage keine Überraschungen bietet: ein zielgerichtet-genüssliches, abgerundetes Gericht macht einen mit hoher Wahrscheinlichkeit eher zufriedenstellend satt, als ein wild-komplexes Konglomerat aus verschiedenen Geschmäckern der prätentiösen Herausforderung wegen - nirgendwo sonst als im Action-Genre wirkt diese Faustregel stärker und Florentines zweiter NINJA verkörpert sie so kongenial wie es kaum einer kontemporären, breitgewalzten Hollywood- oder EuropaCorp-Produktion zu gelingen vermag.

    9
    • 4 .5

      Tinto Brass inszeniert den horriblen Nazi-Chic mit derselben Wollust, die man aus jedem seiner Werke gewohnt ist; präsentiert in der ersten halben Stunde einen interessanten Ansatz über die sadistische Korrumpierung der Sexualität als selbstgefälliges Werkzeug faschistischer Machtkämpfe & Spionage - entlädt diesen aber in eine fix-ausgelutschte, oberflächlich-groteske und in der Konsequenz arg kalt-lassende Love & Revenge-Geschichte mit stets voyeuristischer Hochglanz-Optik atemberaubend-ordinärer Frauenkörper (u.a. Paola Senatore), deren kaum ausgearbeitete Seelen Regisseur Brass in zahllosen Spiegelreflektionen einzufangen versucht und/oder damit plakativ deren Ambivalenz ausdrückt. Mit über zwei Stunden Laufzeit ein überlanges, simplistisches Portrait der perfid-rücksichtslosen Manipulation, als visueller Leckerbissen einer vergifteten Gesellschafts-Posse aber einigermaßen-faszinierend goutierbar. Inwiefern man SALON KITTY aber essenziell von anderen, billigeren Naziploitation-Genrevertretern abgrenzen sollte, bleibt mir schleierhaft.

      6
      • http://blogs.indiewire.com/theplaylist/watch-amy-adams-tearful-tribute-to-philip-seymour-hoffman-on-inside-the-actors-studio-20140220

        7
        • 2 .5

          Berüchtigt aufgrund seiner nationalsozialistischen Euthanasie-Thematik - inkl. Suggestion der Vernichtung 'unwerten Lebens' - und in seiner daraus resultierenden, natürlichen Vorhersehbarkeit über den Großteil der Laufzeit konsequent steif und langatmig, in der Fallhöhe ebenfalls nur bedingt wirkungsvoll. Forciert-formelhaftes Melodram, das höchstens mit der einigermaßen empathischen, aber auch streng todessehnsüchtigen Darstellung von Heidemarie Hatheyer punkten kann. Auf jeden Fall sollte man keine differenzierte Abhandlung über die Sterbehilfe bei diesem oberflächlich-miefigen, handwerklich-trockenen Schwulst aus Goebbels Propaganda-Kinematik erwarten.

          8
          • 7 .5

            Was ist wohl die obligatorische Ausgangslage für einen japanischen Space-Spaß der 70er? Dieser Film hält die Antwort archetypisch parat: Ufos von der Venus greifen die Erde an, zerballern berühmte Sehenswürdigkeiten & Metropolen und schicken mörderische Vertreter nach Japan, welche in perfider Menschengestalt die einzige, potenzielle Rettung für die Menschheit, Wissenschaftler des Projektes 'Die Gothen', ausschalten wollen.

            Doch zu früh gefreut! Jenes Projekt wird nämlich vollends von der (Welt-)Regierung finanziert und tritt als astronautastische Schlachtschiff-Rakete gegen die grünen, gerüsteten & pelzigen Invasoren mit ihren gefährlichen Lasern und Mutterschiffen an, welche römischen Galeeren nachempfunden sind und die Erde als neuen Lebensraum beanspruchen wollen, weil die Ressourcen ihres eigenen Planeten eingelaufen sind.

            Selbstverständlich explodieren dabei zahllose Modellbauten mit internationalen, geradezu intergalaktischen Flair, während die sympathisch-dusselig gestalteten Alienmonster mit ihren bunten Leuchtgeschossen das jugendliche Eskapismus-Herz erweichen und der simplistische Plot dringlich-abenteuerlich & draufgängerisch ohne Schnörkel voranprescht, dass der Bock-Faktor im süß-funkelnden, herrlichen Sternenhimmel stets auf Mach 3 bereitsteht - Berliner Knalldampf-Synchro und funky Moog-Orchester inkl.

            Aber zwischendurch gibt's auch ein niedliches Stück humanistischen Tragikitsch dazu, wenn z.B. der amerikanische Gast-Astronaut Armin an Bord der 'Gohten' erfährt, dass seine gesamte Familie bei einem Angriff der Aliens ausgelöscht wurde, sodann wehmütig-tränenreich vom Cockpit aus auf die sich immer weiter entfernende, gänzlich blaue Erde hinabblickt, während der Rest der Crew berät, wie man ihn aufmuntern könnte.

            Es kommt dann aber auch immer wieder, wie es kommen muss, zu eindrucksvollen Eskapaden im mysteriösen Weltenraum, welcher hier zwar einigermaßen 'plastisch', aber fantasievoll, mit kindlich-wundersamen Engagement - ähnlich eines russischen Märchens - gestaltet wurde, wie auch die futuristisch-klobigen Interieurs der facettenreichen 'Gohten'. Diese dringt dann auch in die geheime Basis der Ausserirdischen vor, welche sich im felsigen Untergrund des verbrauchten Heimatplaneten befindet, setzt dort zum gepflegten, heldenhaften Dogfight-Himmelfahrtskommando an.

            Der Bezug zum damaligen Blockbuster-Giganten STAR WARS ist dabei natürlich unübersehbar, erst recht als die tollkühnen Kerle auf ihrer Mission in die malerisch-antike Höhle des Löwen eindringen, dabei neben stilechten Phaser-Kanonen ein Gitterstäbe-durchbrennendes, blaues Laser-Messer benutzen. Aber in diesem bizarren Ambiente macht die phantastische Sause soviel Laune, dass man diesen gewissen Level an erfolgsträchtiger Rip-Off-Mentalität schnell außer Augen lässt, sich stattdessen am genüsslich-stimmungsvollen Erfolgskonzept knalliger Funken-Action und Weltall-Mystik erfreut, inkl. sentimentalem Aufopferungsfinale.

            10
            • 8

              [...] Eine vollkommen ironiefreie Stimme der Gestaltung, die in heutiger Filmkultur kaum noch Platz zu finden scheint und gleichsam wie das originäre, wahrhaftig-ehrliche Gesamtgefüge des leidenschaftlichen, kompromisslosen Werkes von Andreas Prochaska jede Beachtung verdient hat. Der erste, echte Western seit John Hillcoats 'THE PROPOSITION'.

              11
              • 7
                über Gold

                (GESICHTET IM METROPOLIS KINO HAMBURG, IM RAHMEN DER HANS-ALBERS-RETROSPEKTIVE)

                Hans Albers war einer der größten Sympathieträger des deutschen Films, ebenso zur Zeit des Nationalsozialismus, was er auch in diesem Film von Karl Hartl aus dem Jahre 1934 bewies, mit welchem er schon 'F.P. 1 ANTWORTET NICHT' und später 'DER MANN, DER SHERLOCK HOLMES WAR' drehte. Hierin gestaltet sich unter dem Banner aus 'GOLD' eine äußerst methodische, geradlinige Krimi-Geschichte mit frühem Sci-Fi-Touch, wobei genau jene beiden Genre-Aspekte relativ zurückgenommen agieren.

                Der Film verfolgt nämlich in der Erschaffung einer Maschine, die aus Blei Gold herzustellen vermag (durch Atomspaltung - recht beachtliche Denkweise für jene Zeit), ein gedämpftes Tempo, das nach heutiger Sicht alles andere als stringend wirkt, aber keineswegs stört. Da macht sich Albers als Forscher Holk auf den Weg, die Mörder seines Mentors Achenbach zu richten, welche dessen Tod anhand von Industrie-Spionage herbeiführten und Holk nun für sich anwerben wollen. In Ganzkörper-Cord-Ausstattung (sprich Mütze, Mantel, Sakko und Hose - alles Cord!) begibt er sich auf deren einladende Pfade, treibt die Forschung dann so erfolgreich voran, dass das Experiment tatsächlich gelingt und zur Massenproduktion vorbereitet wird.

                Die Schauwerte in diesem Sci-Fi-Krimi werden nur minimal eingesetzt, auch die Musikuntermalung von Hans-Otto Borgmann scheint nur in Nachrichten-Footage-artigen Montagen aufzutauchen (abgesehen von der Todessequenz Achenbachs, die in ihrer statischen, doch allmählich voranschreitenden Umnebelung den surrealistischen Höhepunkt des Films darstellt). Der wahre Fokus liegt nämlich auf dem naturalistischen Spiel des Ensembles, ob nun in feiner Gesellschaft oder unter dem Arbeitervolk - allen voran Albers erzeugt mit seiner schlagfertigen Luftigkeit stets kumpelige Atmo, welche dank der schnörkellosen Dialogkunst gleichzeitig pointiert und realistisch wirkt.

                Ohnehin kann man die Rahmenbedingungen trotz der ausgefallenen Thematik gut abnehmen, erscheinen die Kulissen doch in ganz profaner und alltagstauglicher Fasson zwischen kontemporärer Großstadt, verlebter Industrieanlagen, Minenschächte und Villen. Alle erleben wir in einvernehmender Länge - in manchen Sequenzen passiert nichts anderes, als dass man den Charakteren auf den Weg von einer Location zur anderen beobachtet. Im modernen Film wäre sowas in derartiger Ausgedehntheit kaum noch denkbar (am ehesten könnte man 'GOLD' mit 'COMPUTER CHESS' vergleichen), fördert aber eine angenehme Vermittlung der räumlichen Gegebenheiten, anhand derer man schließlich die Größe des futuristischen Apparates der Gold-Maschine messen kann, welche übrigens 1:1 im Studio aufgebaut wurde und von den Schauspielern stets umlaufen wird.

                Diese Größe zieht demnach ganz selbstverständlich unsere Protagonisten in ihren Bann, erscheint es doch schließlich so, dass Holk dem Glanz des Goldes erliegt und sich auch parallel dazu in die charmante Tochter seines großindustriellen Konkurrenten Wills, Florence (Brigitte Helm, bekannt aus METROPOLIS) verliebt. Doch obwohl jener Wills plant, dank der Erfindung den Markt mit Gold zu überfluten, will Holk nur das Erbe seines Mentors aufrechterhalten, der diese Innovation im Namen der Wissenschaft erschuf und plant daher, die Maschine mit der proletarischen Arbeitergruppe an seiner Seite zu zerstören, um eine nahende Inflation der Weltwirtschaft durch den Goldüberschuss zu verhindern.

                Dies kulminiert sodann in einem hitzig-effektvollen Finale, worin die elektromagnetische Kraft des Apparates die ganze Umgebung in Schutt & Asche legt und auch Wills unter sich begräbt, welcher der hypnotischen Macht des Goldes bis zum Tod untertänig war. Holk hingegen kehrt zu seiner wahren Liebe Margit Moller (Lien Deyers) zurück und schmeißt den letzten, verbliebenen Fetzen Gold ins Meer. Eine markige Ansage gegen die Verlockungen des Kapitalismus und auch hinsichtlich der treuen Arbeitergemeinschaft im Film ein äußerst sozialistisch(nicht unbedingt nationalistisch)-gefärbtes Werk.

                Dennoch herrscht überwiegend eine beständige Unaufgeregtheit, angetrieben von einem tollen, trockenen Humor im genüsslichen Spiel der Figuren, die zum Großteil der Zeit einfach nur ganz gediegen daherleben und sich damit recht natürlich zu kernigen Kumpels (Albers) oder auch sympathischen Damenbekanntschaften (Helm) für den Zuschauer entwickeln. Von daher erhält man nicht nur ein frühes, sorgfältig ausgearbeitetes Genre-Werk, sondern auch eine gewitzte, sympathische Charakter-Schau, welche sich zum Schluss hin mit größter Spannung in das Unvermeidliche konzentriert und dennoch keinerlei Aufdringlichkeit herbeiführt, stattdessen von natürlicher Suspense getragen wird. Feine Sache!

                6
                • 8

                  Eine ca. 10-minütige Dokumentation von Arnold Fanck, welche in imposanten Zeitrafferbildern den anschmiegenden Fortschritt der Malojaschlange durch endlose, massive Berge und Täler für die Ewigkeit aufzeichnet - wo die nur am Rande auftauchenden, undefinierten Menschen bar jeder Führung auftreten, lediglich mit dem Floss durch die Seen schlendern und alsbald wieder ans Ufer treten, zurück ins Nirgendwo, im Bann der wandernden Wolkenschicht.

                  Getragen werden die meditativ-hypnotischen Abbilder der Göttergebilde im Angesicht der seidenen Himmelsgeister, zumindest in der arte-Fassung, von der recht modernen Musik von Paolo Fresu, der eine wehmütige Trompete mit Flügelhorn in ein elektronisches Rauschgewitter mystischer Schönheit bettet, welches in seiner unterwerfenden Reduktion unfassbar schön die altehrwürdige, geheimnisvolle Naturgewalt der alpinen Monolithen umgarnt - meiner Meinung nach weit eindringlicher als die epochal-erschlagenden Symphonien Fanck's, z.B. bei 'Im Kampf mit dem Berge'.

                  Ein klasse Mini-Meisterwerk, in welchem die Kamera/der Zuschauer gefangen wird in der atemberaubenden Begeisterung für den natürlichen Zauber, der sich vor einem entfaltet - so fantastisch in seiner beschwörenden Aura, dass man selbst bei lediglich ca. 10 Minuten Laufzeit keinen Augenblick verpassen, sogar geradezu einsaugen will.

                  7
                  • 7 .5

                    Knuddelige Kurzweiligkeit in Reinform - eine geschickte Parallelität zweier ausgestoßener Freigeister kommt für den ambitionierten, intergalaktischen Wiederaufbau einer gebrochenen Familie zusammen. Disney-tastische Thematik, klar, doch 'LILO & STITCH' beherbergt einen perfekt-abgestimmten, drolligen Fokus auf cleveren Anarcho-Spaß pointiert ausgearbeiteter Charaktere und haut das kindliche Herz an - mit grandioser, ins Leben explodierender Energie, in poppigen Pastellfarben hawaiianischer & außerirdischer Exotik. Super-sympathisches und auch nicht hyper-sentimentales Animationsfilmchen, mit allen Wassern und Zutaten unterhaltsamster Genres gewaschen.

                    10
                    • 8 .5

                      [...] Joe sucht die verlorene Lust zunächst in weiteren, neuen sexuellen Variationen, muss aber schließlich eingestehen, dass die Rückkehr zum Orgasmus, dem Dreh- & Angelpunkt ihres Lebens, nur mit Leiden & Gewalt stattfinden kann, so wie sie es beim Tod ihres Vaters erlebte. [...] Von Trier geht aufs Ganze, jetzt erst recht! [...] (Anm.: der Link zur 'Originalkritik' führt zu einer Double-Feature-Besprechung von Teil 1 & 2)

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                      • 8

                        [...] Ohnehin versteht es Von Trier jene Erinnerungen (im Gegensatz zur heimeligen, stationären Beichte in der Gegenwart) mit luftiger Kinetik und strahlend-heller Lust zum Leben zu erwecken, lässt die Schönheit junger Körper intensiv darin erblühen wie einst Lasse Braun - auch wenn der berüchtigte Hardcore-Faktor des Nymph()maniac-Komplex nur dezent und höchst naturalistisch durchschimmert. Genüsslich und eigensinnig-peppig (u.a. im Einsatz von überlappenden Text- und Zahlenspielereien an der visuellen Oberfläche) ist das Geschehen auf jeden Fall, so oder so. [...]

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                        • 7
                          über RoboCop

                          Padilhas Robocop ist nicht unbedingt etwas, das sich mit der provokanten Präzision und zeitlosen Kurzweiligkeit des Verhoeven-Originals messen lassen kann. Satirischen Elementen wird auch nur noch wenig Platz geboten, ebenso grotesker Ultraviolence. Und anstatt einen gewissen Spaß in seinem High-Concept auszudrücken, erleben wir hier einen durchaus furchterregenden, amerikanischen Albtraum, der auch beim Zuschauer einige Spuren hinterlässt.

                          Solche Vereine wie Omnicorp sind ja inzwischen die Norm geworden - nicht nur in diesem Film, sondern auch in unserer Realität - und heucheln mit ihrem rücksichtslos-fatalistischen Roboter-&-Drohnen-Militarismus internationale Sicherheit vor, die sich ausschließlich als kalte, kalkulierte Gewalt entpuppt. Aber es macht sich auf dem Markt verdient - warum also nicht auch in der von den Medien manipulierten Heimat Amerika? Ganz einfach: wandelnde Waffen hat man nicht gerne um sich, höchstens im Auslandseinsatz, entscheidet der Kongress.

                          Omnicorp finden auf der Suche nach dem maximalen Profit allerdings noch eine Grauzone, in welcher sie einen Menschen in ihre Maschinen stecken können - quasi als Eingewöhnungsphase fürs Volk, bis man die weniger problematisch-kontrollierbaren Mechs loslassen kann. Ein Versuchsobjekt ist schnell gefunden in dem jüngst in die Luft gejagten Alex Murphy, der sich urplötzlich im mechanischen Suit wiederfindet, welcher natürlich stilecht im Outsourcing-Mekka China angefertigt wird.

                          Was mit ihm geschehen ist, kann er nicht verstehen, bis er seinen 'Erschaffer' Dr. Norton bittet, ihm den Zustand seines Körpers zu präsentieren, im Angesicht eines allumfassenden Spiegelbildes. Sobald alles Mechanische weggefallen ist, offenbaren sich unserem sichtlich verzweifelten Protagonisten dann die grausigen Ausmaße der körperlichen Zerstörung: er besteht nur noch aus Kopf, Lunge, Herz und Rachen - lediglich eine abseits gelegene Hand ist noch übrig geblieben, um menschlichen Entscheidungswillen beim Abzug einer Waffe zu suggerieren.

                          Fortan muss Murphy seine erstrebte Entmenschlichung erdulden, wird von seinem taktischen 'Ausbilder' zum unwürdigen 'Tin-Man' degradiert, der nur den Erfolg der wahren Roboter-Kampfmaschinen aufhält - für seine wartende, bangende Familie in den Staaten lässt er die Experimente und Kibernetik-Erweiterungen aber über sich ergehen, auch wenn er dafür zum perfiden, massentauglichen Werkzeug der Corporation umfunktioniert wird. Die hätte es übrigens äußerst gern, wenn man den menschlichen Faktor unterminieren bzw. ganz eliminieren könnte, der Zielgenauigkeit wegen.

                          Und so wird das Gehirn von Alex derartig manipuliert, dass es beim Kampfeinsatz glaubt, selber zu handeln, obwohl die Maschine die ganze Arbeit für ihn erledigt. Diese Genugtuung wirkt zwar auf unseren noch immer der Menschlichkeit verbundenen Robocop motivierend und lässt ihn sogar ein bisschen Spaß haben, doch er selber sitzt nicht am Hebel.

                          Sobald man ihn nämlich in den Dienst schicken will, wird er mit der polizeilichen Datenbank verbunden und erlebt dabei den Mordanschlag auf sich selbst nochmals in einem derartig System-verstörenden Phantomschmerz, dass man ihm per Drogeninfusion das Dopamin im Körper verringert, woraufhin vom menschlichen Willen kaum noch was übrig bleibt - nun hat vollends die Maschine übernommen, die weder Freund noch Familie erkennt, höchstens Unschuldige, Bedrohungen, Vorgesetzte und andere Ränge. Mit einem schnittigen Bike zischt der Cyborg sodann durch Detroit, löst schnörkel- und gnadenlos Verbrechen mit einer berechnenden, übermenschlich-kräftigen Kälte und Härte, nicht unähnlich den furchterregenden Kontroll-Bots im brutalen Iran-Intro - kein schöner Anblick.

                          Der Kontakt zur eigenen Familie wird vom System unterdrückt, aber dennoch vom leidenschaftlichen Auftritt der Ehefrau Murphys mit der Vergangenheit konfrontiert, die zunächst einstweilig von der einvernehmenden Maschinerie als Verbrechen ausgewertet wird und sodann zulässt, dass die Seele des innewohnenden Menschen erneut durchbrechen kann - Murphy ist also wieder da und macht sich auf die Suche nach seinen Mördern, behilft sich aber dank seiner neuen, imposanten Hilfsmittel einer horribel-mechanischen Gewalt, die im Endeffekt alle Gegner und schließlich auch seine Mörder niederballert. Erblüht daraus die ultimative Katharsis in Murphy, erst recht mit den neu hinzugekommenen Enthüllungen, dass Korruption im Polizeipräsidium mitverantwortlich für seinen Mord war?

                          Auch wenn Murphy schlussendlich Omnicorp und dessen Drahtzieher stellt, nachdem diese entschieden haben, ihn auszuschalten - da der Verbot von echten Robotern inzwischen, aufgrund der steigenden Popularität jenes Konzepts, aufgehoben wurde - und doch noch mit seiner Familie wiedervereint wird, hat sich der omnipräsente Horror eines Amerikas mit entmenschlichten Gesetzeshütern noch immer nicht verabschiedet. Regisseur Padilha schenkt seinem Robocop letztendlich ein verdientes Seelenheil in der Akzeptanz der lebenserhaltenden Mechanik, verarbeitet seinen Weg dorthin aber keineswegs als befriedigenden Befreiungsakt, auch wenn die Dringlichkeit des Murphys hunderte Barrieren durchbrechen kann.

                          Padilha geht nämlich durchweg aus dem Weg, einen distinktiven, besonders fiesen Antagonisten festzulegen - auch wenn die Chefs und Mitarbeiter von Omnicorp genug Verachtenswertes anstellen, sind sie doch ebenso nur stellvertretend dem Kommerz verpflichtet, der sich seit Anbeginn der Menschheit etabliert hat, hier im cleveren, doch zynischen Marketing-Denken die Ungerechtigkeit heraufbeschwört.

                          Und so gestaltet sich die Entwicklung zum Schlusspunkt des Films als befremdlich ausweglos, ohne klares Ziel, mit dessen Zerstörung alles wieder in Ordnung wird - da leitet auch in bezeichnender Ambivalenz 'I FOUGHT THE LAW' von The Clash den Abspann ein. Ich habe daher ehrlich gesagt schon seit langer Zeit keinen Film mehr gesehen, der mich so unsicher aus dem Kino entlassen hat und fortan die schockierenden Bilder der voranschreitenden Entmenschlichung herumschwirren ließ. Selbst wenn die Inszenierung ab und an merkwürdige Tempi & mittelmäßige Effektarbeiten an den Tag legt und sich anhand seines Scores in halber Beliebigkeit verliert, mangelt es dem Gesamtgefüge nicht an starken Actionszenen und bitteren Charakterentwicklungen.

                          Allein wie da über die Tonspur die schwere Imposanz des Roboteranzugs mit drückend-stampfenden Bässen versehen werden und brachial-nervöse Salven die Luft mit rasanter Dynamik durchsieben, zieht den Zuschauer in den Bann. Aber vorallem auch das unausweichliche Prozedere der unfreiwilligen Mechanisierung jenes unbedarften Sympathieträgers Alex Murphy, welcher seiner Körperlichkeit beraubt wird und anhand der versiert-zurückhaltenden Kamera eindrücklich vermittelt, wie der Umschwung vom menschlichen, warmen Körper (feinfühlig vermittelt in anbahnender, liebevoller Leidenschaft zwischen den Eheleuten Murphy) in kaltes, schwarzes und klobiges Metall auf die Psyche des Amputierten und seiner Angehörigen wirkt.

                          Es ist letztendlich kein Verhoeven-Film geworden, da lassen einem auch die wenigen, unglücklichen Anspielungen auf das Original im Dialog keine Zweifel - und das ist auch besser so. Wenn auch nicht so perfekt und genüsslich umgesetzt, so bleibt Padilhas Variante noch immer spannend als hardcore-sci-fi-character piece über das Streben des menschlichen Faktors innerhalb einer tödlichen Technik, unter dem Banner des modernen, nihilistischen Großkonzerns.

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                          • 6

                            Ein erneut außergewöhnlicher Beitrag, der dieses Wochenende wieder mal im Metropolis Kino in Hamburg unter dem Banner des BIZARRE-CINEMAS lief. Carolin Lorenz präsentierte den Zuschauern hierbei zunächst, ganz im Sinne des Main Events, einige starke, reißerische Trailer zu Eurospy-Kloppern wie 'MISTER DYNAMIT' (mit dem flott-grauhaarigen Lex Barker), 'DER SCHWARZE SKORPION' (dessen alles-verratender Trailer sich mit Hauptstar Lang Jeffries brüstete, "Held zahlreicher Leinwandabenteuer"), 'MATCHLESS' (ein durchaus brauchbar ausschauendes Filmchen mit Donald Pleasance und einem Agenten mit Unsichtbarkeits-Fähigkeiten, im Verleih der UA) und 'OPERATION POKER' (ein besonders exploitativer Vertreter, in welchem der 'Star' Roger Browne mit flotter Faust Frauen niederstreckt).

                            Dazu gesellte sich schließlich der äußerst passende Hauptfilm von 1974 mit ca. 81 Minuten Laufzeit, der von Lorenz als aberwitziges Experiment vorgestellt wurde: So behalf man sich beim Hauptplot Filmmaterial aus dem in Deutschland unveröffentlichten 007-Verschnitt 'AGENTE SIGMA 3 - MISSION GOLDWATHER' (1967) mit Jack Taylor in der Hauptrolle und vermengte diesen mit einer neugedrehten Rahmenhandlung eines Frauenhändlerrings, aus dem die brünette Yvette (Magda Mundari) entkommen kann und sodann Interpol einschaltet, um die Bande festzunehmen. Jene neue Ausgangslage aus dem französischen EUROCINÉ-Fundus entstammt übrigens der Fantasie von Pierre Chevalier und niemand geringerem als Jess Franco, legt auch sofort los mit reichlich nackter Haut und herzhaft-klobigem 70's Dekor.

                            Da erblüht die Leinwand im Landhaus-Bordell vor provinziellen Tapetenmustern und ordinären Schnellficker-Negligees, als Yvette von ihrem alten, naiv-gutmenschlichen Freier Gaston überredet wird, mit ihm zu türmen - was ihnen schließlich in einer arsch-langsamen Verfolgungsjagd durch das umliegende Waldgebiet gelingt. Zur Feier des Tages schlagen die Beiden (geradezu wenige Meter vorm Freudenhaus entfernt) sodann eine Picknick-Decke auf und ergeben sich erstmals der wahren (sprich: nicht bezahlten) körperlichen Liebe. Teils heulendes Gelächter ertönt dabei vom Publikum, verständlich angesichts des entrückt-niedlichen Dilettantismus von Chevaliers exploitativer Inszenierung und der platt-aufgesetzten, aberwitzig-derben und dennoch unbeholfen-primitiven Synchronisation.

                            Sodann sagt Yvette bei der Polizei aus, wie sie überhaupt in jene Branche kam - nämlich durch eine weit hergeholte Entführungs-Masche - und berichtet von den brutalen Methoden ihrer Peiniger, die sich in an ihr und anderen, gefangenen Frauen ständig vergingen. Da hämmert Chevalier dem unbedarften Zuschauer eine schroffe Vergewaltigungsszene nach der anderen rein - derartig unerotisch, hundsgemein und trocken die Leinwand bedrängend, dass jenes Publikum im Metropolis, welches vorher noch mit (naja) lustigen Sprüchen um Lacher buhlte, verstummte. Zudem verabschiedete sich die Reihe hinter mir beinahe komplett - war wohl zuviel ausgewalzter, 'langweiliger', weil ungemütlicher Sex in jener ausweglosen Tristesse der erzwungenen Prostitution.

                            Auf Yvettes Aussage hin schaltet sich dann aber per Archivmaterial und Nachsynchro das Interpol zur Bekämpfung dieser Missstände ein (als ob so ein Fall unbedingt deren Angelegenheit wäre) und schickt ihren besten besten Agenten Mark Roberts (Taylor) ins Getümmel. Der agiert sodann verschmitzt und Karate-Handkanten-austeilend in pappigen 60's Kulissen, zwischen zeitgenössischen (aber nimmer nackten) Bikini-Damen herum und bekämpft die skrupellosen, doch hundsdämlichen Gangster - welche ihn selbst dann nicht erspähen können, wenn er klar sichtbar im Neoprenanzug neben einer Alarmglocke hockt - im hitzigen Barcelona und spekulativ-dazu-ergänzenden Studiobauten-auf-Sparflamme mit zahlreichen, unschuldig-geworfenen Samt-Möbelstücken; sorgt mit einer Handvoll Baumarkt-Nägel zudem für geplatzte Alfa-Romeo-Reifen.

                            Dieser Abschnitt müsste gefühlsmäßig einen erheblichen Kontrast zum exploitativen Sleaze der neuen Rahmenhandlung darstellen, fügt sich aber mit seiner ebenso ungelenken Inszenierung und 'kostengünstigen' Aufmachung stilecht-harmonisch ein. Lediglich variierende Moden & Frisuren, sowie der stete Wechsel zwischen den spanisch-verklemmten und französisch-freizügigen Schauplätzen scheinen das oberflächliche Patchwork zu enttarnen. Viel deutlicher bemerkt man dies aber an der Darstellerin Silvia Solar, die ihren Charakter in beiden Ebenen verkörpert, im Material von '74 sodann deutlich verlebter ausschaut und eine dürftige, dem 'Sigma'-Footage entsprechende Perücke trägt.

                            Bezeichnenderweise sei da noch eine Szene erwähnt, in welcher unser Agentenheld aus den 60ern in einen Raum stapft, sodann aber - durch ein Double verkörpert - in einen Frauenzwinger vordringt, deren Vergewaltiger unschädlich macht und sich danach wieder hinaus begibt. Auf dem Rückweg bemerkt man dabei nicht nur die sichtlich längere Matte des körperlich-adäquaten Doppelgängers, sondern auch dessen leidlich-überzeugende Fresse in unscharfer Großaufnahme. Wie erwartet, geht es fortan mit weiterem Archivmaterial weiter und jene Frauen waren seither nimmer gesehen. Ganz im Geiste Godfrey Hos dürfen dann auch verbindende, neu gedrehte Telefongespräche zum Interpol-Chef nicht fehlen, der zusammen mit der rothaarigen Magda (Sandra Julien) einen ultimativen Plan austüftelt, mit dem man die Bande zersprengen kann.

                            Nach Magdas gelungener, sexy Infiltration und weiteren, hanebüchenen Kombinationsversuchen von Schnitt & Synchro hat Agent Roberts alle Bösen gekillt und auch Magda durfte ein paar geübte Handkantenschläge ins Genick ballern - schlussendlich kann unsere Yvette, vom Anfang des Films, mit ihrem Beau Gaston endlich das Leben genießen und stößt unter tropischen Palmen das Sektglas mit ihm an. Ein äußerst drolliger Schlusspunkt für eine derartig dusselige Genre-Kolportage. Das Konzept an sich ist ein denkbar simples Unterfangen und läuft mit seinem fingrig-effekthascherischen Mix zweier, trivialer Narrative ständig Gefahr, in ziellose Langeweile zu verfallen.

                            Jedoch entpuppt sich die Gestaltung beider Elemente als dermaßen sympathisch-cheap und fremdartig-knallend, dass trotz bemühter Stringenz und unbeholfener Umsetzung eine durchgehende, grobe Faszination besteht. Da schafft es Chevalier neben seinen surreal-verballerten Genre-Interpretationen ab und an sogar, eine stimmige Atmosphäre bei der Darstellung der feuchten, französischen Provence und einigen altstädtischen Hafenkneipen aufzubauen - stattet seine Hintergründe zudem mit ulkig-böse dreinschauenden Statisten und beiläufig anwesenden Tieren aus (u.a. ein Papagei im mit-Exoten-Postern-beklebten Polizeiburö, sowie ein Dackel auf dem Tresen einer Hotel-Rezeption), was auf eine gewitzte Detailverliebtheit seinerseits schließt, trotz kaum sichtbaren Budgets.

                            Der überwiegende Anteil an Sexszenen nimmt dem Zuschauer aber teilweise die Luft zum Atmen, unterbricht den unschuldigen Spaß mit ultrazynischem Rape-Horror räudig-schnauzender Kerle (einer von ihnen trägt den fantasievollen Namen 'Glatze', weil er nun mal eine trägt), die manchen Mädeln sogar versprechen, sie frei zu lassen, wenn sie denn 'zärtlich' zu ihnen wären, jene dann aber ebenso spaßfrei-demütigend durchpoppen und danach kaltherzig-selbstherrlich entgegenschleudern, dass sie ja wohl nicht ernsthaft geglaubt hätten, damit frei zu kommen. Zum Schluss hin bekommen diese Herren aber doch noch ihre gerechte Strafe, wenn auch nur durch die irrsinnige Montage. Als Zuschauer weiß man beim zuschließenden, roten Vorhang dann kaum noch, was man genau von diesem Werk halten soll - manche neben mir meinten, der Film wäre ja einfach nur 'schlecht' gewesen, auch wenn sie sich stets redselig über ihn amüsiert haben.

                            Ich für meinen Teil hätte mir etwas mehr Unterhaltung bei dieser Mischung gewünscht, war aber dennoch stets im totalen Bann dieses bizarren Hybriden, der seine Produktionsumstände zwar nicht verleugnen, aber als Gesamtbild kaum stimmiger zusammenpassen konnte. Und ja, auch die französischen Nackedei-Damen der 70er waren wie immer eine Augenweide - da kann man nix machen, außer: genießen, wie Carolin Lorenz uns von Anfang an empfahl. Na dann!

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                            • 3 .5

                              Beliebig- und Lustlosigkeit sind der einleitende Todesstoß für den ersten Akt dieses uninspirierten, höchstens adäquaten Eastern. Da herrscht beim Zuschauer trotz Anwesenheit von Genre-Darling Carter Wong (der hier bizarrer Weise von Norbert Gastell gesprochen wird) derartiges Desinteresse, dass man sich lieber mit den trüb-ausgeleuchteten, sämig-grünstichigen Kulissen und Naturaufnahmen anfreunden möchte, als sich dem mäandernden Narrativ und seinen blassen Charakteren zu widmen.

                              Immerhin können einen nach ca. 33 Minuten Power-Lähmung die nachfolgenden, inkonsequenten Kampfsequenzen "für die Zukunft Chinas" (eigentlich nur für ein Dokument) im Shaolin-Challenge-Kloster, mit seinen Kerzen-reichen, buddhistischen Hakenkreuz-Altaren sowie Einspielern aus Tangerine Dreams RUBYCON, wach hallten - also ist hier doch noch ein bisschen trivialer Spaß aus den anderen Teilen der 18-BRONZEKÄMPFER-Reihe übrig geblieben.

                              Jene Fighter mit Ganzkörper-Legierung tauchen kurz vorm letzten Drittel des Films auch noch auf (inmitten aus dem Erstling recycelten Sets), wenn auch nur als schmückende Dekoration - zum Kampf an sich treten lediglich mit-braunem-Öl-eingeriebene Stuntmen an, die bei unserem Protagonisten hauptsächlich 'abfärben'. Also hält der Titel ja einigermaßen sein Versprechen ein (ist ja leider nicht immer der Fall bei dieser Filmgattung).

                              Nach gut einer Stunde Laufzeit sind die halbgaren Herausforderungen aber bereits gemeistert und so weiß der Film nichts besseres mehr mit sich anzufangen, als die Auflösung der belanglos-unmotivierten Geschichte in einem letzten, langen und vorhersehbaren Kung-Fu-Duell abzufrühstücken. Solch eine konzentriert-schnörkellose Reduktion im Actionfilm ist an sich ja nichts Verkehrtes, allerdings schafft es dieses arg-formelhafte, hingeschluderte 'ERBE' nie, bei seinen Figuren echte, packende Gefahr oder Leidenschaft auszuüben.

                              Zudem bedient es sich in der dargestellten 'Kampfkunst' bieder-einfallslosen Moves und belegt sein Finale mit einem Antiklimax, der zwar mit überraschender Güte punktet und den Genre-Konventionen beiläufig widerstrebt, aber auch einen ernüchternden Beigeschmack innehat, durch den sich die Rezeption dieses Werkes - mit dürftig-ausgefüllter Spieldauer von 76 Minuten Länge - im Gesamtkontext als vollends kalt & nutzlos herausstellt. Ich empfehle daher eher den Griff zu den Vorgängern, die aus dem gleichen Grundkonzept weit mehr Fantasie, Ambitionen und Energie schöpfen konnten.

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                              • 4 .5

                                [...] Addiert man dazu noch ihre befremdlich-eingestreuten und in der Konsequenz unfreiwillig komischen Gesangseinlagen, die inmitten des neblig-finsteren Ambientes mit schmalzigen Pomp die Stärke des Herzens besingen, bleibt die angestrebte Stärke schon halbwegs auf der Strecke. Sowieso verlässt der Film im Verlauf allmählich die Spannung seines historischen Kontext und konzentriert sich bloß auf die bedingt eindringlichen, weil oberflächlich konstruierten Liebesleiden der Maria Stuart - belangloser Kostümkitsch ist die ernüchternde Folge. Und dennoch kommt man nicht umhin, für ihre Figur oder besser gesagt für Zarah Leander Mitleid zu empfinden, so wie sie drollig-bemüht kindliche Tränen vergießt - wie bezeichnend für ihre Rolle, die von ihr mehr auszufüllen verlangte, als dass sie im Stande war darzustellen, wobei ihr das mäßige Skript und die unentschlossene Inszenierung offensichtlich ebenso wenig Raum zum Entfalten gaben. Ein verdienter Misserfolg.

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                                • Ich sags an dieser Stelle nochmal: Diese ganze LaBeouf-Sache der letzten Tage war mir bis jetzt eigentlich ziemlich egal, aber irgendwie würgt mich der Ekel, wenn ich höre, was Hal Rudnick hier für eine selbstgefällige, widerlich-verlogene, triviale Tirade bei ihm abzieht - dabei gegenüber diesem stationären 'Hassobjekt' mit seiner Verhör-Kamera beängstigende, soziopathische Komplexe ausübt. Schon recht krank - aber eine echt gewitzte, offenbarende Idee vom Shia, wie er hiermit die Leute vorführt. Und da fragt sich der Rudnick ernsthaft, warum so viele Leute dafür anstehen...

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                                  • 7

                                    Hollywood frisst und frisst und frisst, bis hin zum Kannibalismus. Da sammelt sich eine Welt voller Egos an und kennt in ihrem selbstgefälligen, hedonistischen Nihilismus keinerlei Skrupel, Freundschaften oder gar Liebe - es wird höchstens um Gefallen, Rollen und sexuelle Genüsse gebuhlt. Eine normale Sozialität wird innerhalb üppig-glattester Villen und malerischster Grundstücke vorgetäuscht, ist dabei jedoch stets umzingelt vom omnipräsenten, nicht bloß geduldeten Kommerz.

                                    Dem ergibt sich sowieso jede Figur dieses Narrativs und verfällt wie selbstverständlich dem horriblen Glanz der Unterhaltungsindustrie. So zeichnet THE CANYONS alle seine Figuren, gleichsam Pro- & Antagonisten, als mehr oder weniger aktive Täter, lässt zwar manche glauben, sie wären in einer Opferstellung, doch trägt jeder von ihnen seinen heuchlerischen Teil dazu bei und erlebt die widerlichen, doch letztendlich 'fairen' Konsequenzen. Allen voran Lindsay Lohan in der Hauptrolle stellt dafür den bezeichnendsten Faktor dar - sollte man Mitleid mit ihr/ihrem recht authentischen Charakter haben, so wie sie in ihrer Branche gehandhabt wird oder ist sie gar selber daran Schuld? Man stellt fest: niemand ist unschuldig, alle nagen zusammen an der Leiche des Kinos herum, die sowieso schon vor sich hin vegetiert.

                                    Um Filme selbst geht es diesen Leuten gar nicht mehr, schmeißen diese höchstens als unidentifizierbare Massenware in die Elektronikläden und sichten sie sodann ausschließlich auf kleinen LCD-Fernsehern im Schlafzimmer; beiläufig unterbrochen, um auf demselben Bildschirm texten zu können. Ohnehin werden Handys, Smartphones, social networks wie erwartet als lebenswichtiger Bestandteil des Daseins gewertet - sollen Menschen 'verbinden', wirken hierin jedoch ausschließlich als faux-herzliche Spammer kindischer, sexueller Hilferufe und als Spionage-Werkzeuge für grenzenlos-brutale Erzeugnisse der Industrie wie den Produzenten Christian (James Deen).

                                    Der hat übrigens keinerlei Probleme, mit anderen Weibern zu schlafen oder Leute zu sich nach Hause einzuladen, um mit seiner verwöhnten, aber frustrierten Freundin Tara (Lohan) zu schlafen, regt sich aber darüber auf, dass sie hinter seinem Rücken eventuell Geheimnisse haben könnte - der Mann liebt die Kontrolle, obwohl er nie Liebe ausdrückt; korrumpiert und manipuliert allzu gern seine 'Freunde' & Mitarbeiter, die aber nach einigem (sichtlich halbherzigen) Zögern allesamt einknicken, für die eigene Befriedigung.

                                    Mit dieser Selbstgefälligkeit korrespondiert sodann die plastisch-digitale, bisweilen-oberflächliche Gesamtgestaltung & oftmals dürftig-verkörperte Charakterzeichnung des Films (die problematischen Produktionsumstände dürften auch dazu beigetragen haben). Da schwelgt die mittel-schludrige Kamera in verlängerten Landschaftsaufnahmen, umspielt mit Ehrfurcht seine narzisstischen Players und belegt die Atmosphäre mit einem anachronistischen, aufgesetzten Dudel-Soundtrack, der die gesamte Leere seines Figurenkomplex unvermeidlich-knallhart nach außen trägt und damit den Tod des klassischen Kinos - das Regisseur Schrader schon seit Jahren durch mutlose Finanziers entsagt wird - erschreckend nüchtern greifbar macht.

                                    Was man diesem Gesamtkonzept ankreiden könnte, ist dass es sich in seiner Plakativität zu schnell entschlüsseln lässt und bereits zur Hälfte der Laufzeit ein ernüchternder Leerlauf einsetzt. Die unausweichliche, demaskierende Konsequenz dieses Umstandes, mit seiner Flucht in den durch Sex und Exzess verleugneten Schmerz, entzaubert aber sodann ein-für-alle-Mal den Mythos des modernen, faszinierenden Showbiz als Kommunikations-gestörte, blendend-grelle und geblendete Slasher-Soap unter Menschen, die Ehrlichkeit und Zuneigung verlangen, allerdings keinerlei Idee von der Bedeutung jener Konzepte haben (wollen) und stets selber dagegen arbeiten. Jene Figuren versuchen auch ab und an, die vierte Wand zu brechen und bei uns die Schuld zu suchen. Keine Chance, sage ich da.

                                    Im Endeffekt erhält man mit den CANYONS eine filmische Erfahrung, die Heuchlerei zur Tagesordnung macht und sie in aller seelenlosen Glorie vor uns ausbreitet. Der Film vermeidet es gekonnt, Empathie für seine Charaktere auszudrücken und läuft mit seinem transparenten Plot und seiner kalten, klobigen Gestaltung Gefahr, den Zuschauer gelangweilt abzuschrecken. Im Kontext des Films macht diese gnadenlose Langeweile aller Parteien aber dann doch Sinn und auch ein Stück weit Angst, so wie Schrader den Ist-Zustand und die Zukunft des Mediums sieht. Wenn man sich als Zuschauer ohnehin schon damit befasst, sollte man hierin keine allzu großartige Enthüllungen erwarten. Aber man darf sich auf jeden Fall freuen, wie sich die unfassbar-naive 'Industrie' hier blank zieht und blank gezogen wird - in Großaufnahme, mit halb-erigierten Pimmeln und drallen Brüsten. Schöner Scheiß.

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                                      Ach ja, Murnaus 'große Hollywood-Romanze' - zwischen dem Bann der Verzweiflung und dem Bann der Liebe. Ein vor allem in der ersten Hälfte visuell-starkes (weil pointiert vermitteltes und technisch-innovatives) Plädoyer für die Treue und die Wiederentdeckung der Liebe, vom Anfang bis zum Ende - lediglich der dazwischen liegende Spaß auf dem Rummel entpuppte sich als nicht ganz so eindrucksvoll; blieb zwar kurzweilig mit seinen Abenteuern des betrunkenen Ferkels und der Frau mit den 'Kleidungsstörungen', nahm dafür aber auch im Kauf, dem narrativen Gewicht einiges an Spannung zu rauben.

                                      Kann man aber auch der Vorlage zur Last legen, schließlich war jener Abschnitt ebenso der schwächste bzw. für-mich-uninteressanteste in Günter Gräwerts Verfilmung von 1969, welche sich übrigens in ihrer naturalistisch-bitteren Radikalität noch weit härter und packend-schauderhafter in die Umstände der Verzweiflung begab. Wirklich vergleichen kann man beide Filme wiederum nicht unbedingt, da ist Murnaus Stil doch ganz der Leidenschaft verbunden, legt besonderen Wert in seiner Darstellung der menschlichen Zuneigung auf der Grundlage einer kernigen Homogenisierung des Narrativs & seiner Charaktere, zugunsten der emotionalen Nachvollziehbarkeit.

                                      Für einen Stummfilm angemessen mögen seine Akteure dabei zwar eine theatralische Naivität ausstrahlen (also erst recht kein Vergleich zu Dreyers 'JUNGFRAU VON ORLEANS'), erschaffen mit ihrer Gestik und Mimik aber dennoch eine effektiv-empathisches und nahegehendes Arsenal an Emotionen: Trübsal, Verzweiflung, Angst, Zerrissenheit, Wut, Trauer, Zerbrechlichkeit, Vergebung, Hoffnung, Freude, Liebe, Zuneigung, Selbstaufgabe und Zufriedenheit. Insofern beherbergt 'SONNENAUFGANG' eine außerordentlich zeitlose Menschlichkeit und findet gerade aufgrund seines minimalistischen Einsatzes von Dialogen & Texttafeln eine ausdrucksstark-einschlagende, zauberhaft-tiefgreifende Romantik bzw. Misere in seiner rein visuellen Ebene.

                                      Ich wünschte nur, ich hätte diese Macht durchgehend gespürt - für meinen persönlichen Geschmack war u.a. der Mittelteil in seinem ausgelassenen, leicht eifersüchtigen Hurrah-Konsum etwas flach gehalten; sowieso bevorzuge ich zudem die stärkere und auch atmosphärisch-dringlichere Charakterzeichnung in der Verfilmung von 1969, speziell was die entscheidende Ausgangslage der Geschichte betrifft - auch wenn Murnau in seiner angemessenen Reduktion das Nötigste für seine Vision erzählt, habe ich ja kein Problem mit.

                                      Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass ich 'SONNENAUFGANG' aufgrund seiner filmhistorischen Relevanz immens schätze und auch nachvollziehen kann, warum viele ihn zum Lieblingsfilm erklären. Bei mir hat es leider nicht komplett geklappt und ich würde lügen, wenn ich nicht zugäbe, dass meine Bekanntschaft mit dem Stoff diese Verfilmung für mich einigermaßen überraschungsarm und ernüchternd gestaltete - dennoch will ich die filmische Stärke der Umsetzung nicht anzweifeln, finde ich doch gerade am Allerschönsten, dass sie so bodenständig bleibt, von Anfang an ihre Universalität deklariert und beweist.

                                      In der zurückgenommenen Konzentration der Figuren könnte man daher als Zuschauer auch ganz leicht seine eigenen Erfahrungen auf sie projizieren - und ich bin schon ein Stück neidisch auf diejenigen, die genau das zuhauf geschafft haben. Aber so ist das nun mal im Leben: ab und an fühlt man sich eher einem Herzschmerz verbunden, der 'larger than life' ist, gerade auf der großen, dennoch intimen Leinwand des eskapistischen Kinos. Bei diesem 'Lied von zwei Menschen' allerdings fand ich leider keinen besonderen Anreiz, mit ihm intim zu werden - ich schätze, man muss sich doch erst noch ein bisschen näher kennenlernen ;)

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                                        Da bin ich doch echt mal froh, über einen Film aus dem dritten Reich schreiben zu können, ohne propagandistische Absichten darin analysieren zu müssen. Immerhin sollte dieser Jubiläums-Film der damals 25 Jahre alt gewordenen UFA zwar die technische Versiertheit der deutschen Filmindustrie beim internationalen Publikum beweisen, jedoch widmete sich der Inhalt dem puren Eskapismus eines aufwendigen, unterhaltsamen Abenteuerfilms. Da hob Goebbels sogar das Berufsverbot für Erich Kästner auf, damit der unter Pseudonym das Drehbuch zu MÜNCHHAUSEN schreiben konnte - und jener ließ es sich sodann nicht nehmen, liberales und teils subversives Gedankengut in seinen Zeilen zu vermitteln.

                                        "Sie wollen herrschen, ich will leben!", ist da die bezeichnende Parole des gewitzten Haudegen Münchhausen, der sich anhand tolldreister Methoden durch alle Herren Länder begibt und mit seinem Frohsinn vorallem die Frauenwelt zu erobern und verwöhnen gedenkt - eine Herzensangelegenheit voller anarchischem Witz, die ihn wie ein Jungbrunnen am Leben erhält. Allerdings schleicht die Gefahr trotz trickreicher Souveränität seinerseits um jede Ecke und hegt vor allem Argwohn für seinen freimütigen, verschmitzten Umgang mit dem Leben. Da treffen sie ihn am Härtesten bei seinen geliebten Frauenbekanntschaften, besonders bei der Prinzessin Isabella D'Este, die von ihrem Bruder in ein Nonnenkloster gesteckt wird und fortan entsagt wird, mit ihm weiterleben zu können.

                                        So eine Ungerechtigkeit kann der gute Münchhausen nicht dulden und demütigt ihren Bruder bei einem Fechtduell, wird daraufhin von diesem verfolgt, kann aber mithilfe seines Dieners Christian entkommen und fliegt mit ihm sodann zum Mond, wo die Zeit schneller zu vergehen scheint, Münchhausen aber gleich alt bleibt. Innerhalb eines Tages muss er dann jedoch mit ansehen, wie sein Kumpan Christian an Altersschwäche stirbt - da entpuppt sich die Unsterblichkeit als bittere Crux, erlebt er doch noch mehrere Jahrhundertwenden mit, kann aber keinen Halt in der Liebe finden, da er jede seiner Damen ziehen lassen muss, die leider ohne ihn älter werden.

                                        Schlussendlich, in der Gegenwart angekommen, kann er durchaus auf ein Repertoire an fantastischen Geschichten zurückgreifen und über seine zahlreichen, spannenden Abenteuer sinnieren, entschließt sich aber, nun mit seiner ultimativen Baroness in den Armen, seine Unsterblichkeit aufzugeben und mit ihr den ebenso wunderbaren Weg des sterblichen Lebens zu beschreiten - jene Wege davor haben sich aber dennoch voll gelohnt und bescheren auch uns Zuschauern, dem der liebe Münchhausen seine 'Lügengeschichten' auftischt, wunderbar-gewitzte, aufregende und fantasievolle Erinnerungen.

                                        Da lässt der Film vergangene Jahrhunderte im farbenfrohen, detaillierten Agfacolor vor unseren Augen erblühen und an der eindrücklichen Brillanz des Bildes nachfühlen, füllt es mit aufspringendem, genüsslichem Leben. Und selbst wenn uns diese Welten zunächst fremdartig erscheinen und in ihrem barocken Stil zur Überwältigung neigen könnten, hat man stets den lebenslustigen und ausgefuchst-schlagfertigen Baron Hans Albers an der Seite, der sich aus den ganzen politischen Verhältnissen nichts macht, einen ansteckenden Frohsinn verbreitet und den Gesetzen der Physik einen Streich spielt, auch sonst von herrlich-phantastischem Zauber umgeben ist (allen voran Ferdinand Marian als Graf Cagliostro hat da reichlich aufregende Magie auf dem Kasten).

                                        MÜNCHHAUSEN behilft sich dabei einer eindrücklichen, pointierten Tricktechnik und schweift immer wieder niedlich-überraschend in hysterisch-surrealen Schabernack ab, bis hin zur aberwitzigen, süß-naiven Reise auf die dunkle Seite des Mondes, wo das irdische Gleichgewicht vollends fantasievoll aus den Fugen läuft und damit an den Pioniergeist der menschlichen Vorstellungskraft appelliert. Kein Wunder, dass es später in Terry Gilliams 'ABENTEUERN DES BARON MÜNCHHAUSEN' (1988) sodann darum ging, jene Magie wieder zu entfachen, wirkt sie doch hier so wundersam-natürlich und befreiend - zwar auch mit bitterer Fallhöhe, welche aber das Leben erst wirklich lebenswert und zusammen mit dem frischen Geist der Liebe zum Leben unsterblich macht. Und so hat dieser Film auch seine Produktionsumstände und deren Zeit & Herrscher souverän überlebt - ein wahrhaftig zeitloser Schönling; ein unsterblicher, cineastischer Jungbrunnen.

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                                        • 8 .5

                                          [...] Ein Film voller Liebe, der bei mir auf massig Gegenliebe trifft, technisch und inhaltlich eine wunderbar-erquickende und herzhafte Einheit ergibt [...], zwar einige Längen aber auch heißblütige Wonnen innehat und mit seinen aufgeregten, mit-Leben-erfüllten Charakteren im unaufgeregt-bearbeiteten Plot das pure, versierte Glück mit all seinen bittersüßen, absurden Fallhöhen präsentiert, ohne auf moralische Plakativität zu setzen [...]

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                                            über Kaboom

                                            Trotz angeklatscht-klobiger Digitaloptik ein gewitztes, bi-sexuelles Mystery-Abenteuer von Gregg Araki. Teils unfassbar ulkig-pulpig in seinem übernatürlichen, bunten Teen-Horror-Wahnsinn (als wäre man bei einem äußerst körperbetonten Scooby-Doo mit JAY & SILENT BOB SCHLAGEN ZURÜCK-Look gelandet), jedoch wiederum genüsslich zwischen lustvoll-traumhafter Ekstase (Boobs & Abs galore!) und strahlend-sensuellen Terror pendelnd.

                                            Da lauscht man Juno Temples Basic-Sex-Education mit latent-britischem Akzent und im nächsten Moment erwischt Haley Bennett ein eifersüchtiger Voodoo-Zauber inkl. verhonkten, digitalen Übergängen aus dem Windows Movie Maker - schöner kann's nicht werden. Zudem erklingen durchweg sphärische Ambient-Chöre bei der irrwitzigen Erforschung sexueller Vorlieben und konspirativer Intrigen, mit dabei: LADYTRON, HARMONIA und PLACEBO.

                                            Arakis Anliegen war eine außerordentlich frivole Feelgood-Time in poppig-genussvoller Rasanz und Erotik, mit stets einladender, wilder Aura und einem spaßig-freimütigen Ensemble - mission accomplished, wenn auch im Endeffekt eine äußert belang- und harmlose Blödelei auf verballerten 90's-Rädern...ach, gibt Schlimmeres aus der Indie-Szene (erst recht viel zu Aufgeblasenes). Ist doch ein echt sympathisches, trashy Filmchen - ein lockeres Spiel mit den Irrungen und Wirrungen der Teen-Angst und der zelebrierten, sexuellen 'Anarchie'.

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                                              Im ersten Weltkrieg begegnen wir unseren 3 Hauptkerlen: der verschmitzte und sympathische Eddie (James Cagney), der raubeinige und gewaltbereite George (Humphrey Bogart) und der ordentlichste und bravste von den Dreien, Lloyd (Jeffrey Lynn). Der Krieg an sich ist natürlich die Hölle und doch halten alle zusammen mit dem Traum von Morgen im Kopf, ins heimatliche Leben wiederzukehren, mit all seinen wunderbaren Versprechungen.

                                              Doch nach dem Waffenstillstand entpuppt sich die Rückkehr vor allem für Eddie als ernüchternde Erfahrung, da die USA am Horizont der 1920er Jahre mit ihren Heimkehren nichts anzufangen weiß: ohne den dringlichen Militärkomplex sind Industrie & Wirtschaft am Abflauen, sein früherer Job konnte auch nicht mehr auf ihn warten und seine heiße Braut von der Brieffreundschaft, Jean Sherman (Priscilla Lane), ist in Wirklichkeit noch ein pausbäckiger Teen. Da versucht er sich, zusammen mit seinem Bruder Danny über Wasser zu halten, in jenen krisengeschüttelten Zeiten, die sodann von der Prohibition noch weiter gebeutelt werden.

                                              Hier tut sich für unseren Eddie aber eine Chance auf, trifft auf die verruchte Panama (Gladys George), welche ihn in die Welt des Alkoholschmuggels und der Flüsterkneipen einführt - ein brutales, auffressendes Geschäft; gegen die Obrigkeit und gegen konkurrierende Organisationen arbeitend. Im Grunde entfachen dabei dieselben Gefechte von einst - jetzt lediglich durch die Irrungen der Regierenden ins eigene Land verlagert, einem Bürgerkrieg ähnelnd. Da kann Eddie in dieser einzigen, übrig gebliebenen Option für seinen Aufstieg im 'land of opportunity' - dass ihn in den Krieg schmiss und Opfer verlangte, aber ihm auch Aussicht auf den Aufschwung versprach - endlich aufgehen und verbündet sich wiederum bezeichnenderweise mit seinen alten Kumpanen George (fürs Grobe) und Lloyd (fürs Legale).

                                              Im Grunde strebt er aber wie jeder der Heimkehrer nach dem Glück, nicht nur in Hinsicht eines finanziellen Erfolgs oder 'american dreams', sondern auch im streng persönlichen Rahmen, der Liebe und der inneren Zufriedenheit. Da verguckt er sich schlussendlich doch noch in die inzwischen erwachsen gewordene Jean, engagiert sie für Gesangsauftritte in seiner neuen Bar und hält um ihre Hand an - mit dem Versprechen, sich letzten Endes aus diesem Geschäft zurückzuziehen. Denn im Grunde ist es für ihn ja auch nur Mittel zum Zweck, einerseits um seinen Lebensunterhalt zu verdienen und andererseits um sie zu verwöhnen, zu umgarnen. Aber ihr Herz gehört inzwischen dem aufrichtigen Lloyd, der Eddie bei seinen immer mörderischeren Geschäften nicht mehr decken kann und mit Jean den Weg in die anerkannte, normale Gesellschaft eintritt.

                                              Und dann wäre da auch noch der kugelsichere und perfid-bösartige George, der keine Lust mehr hat, nur der Handlanger von Eddie zu sein und ihn deshalb an seine Widersacher verrät. Er etabliert sich fortan als wahrer, ultimativer Gangster und setzt jene selbstgerechte Gewalt um, die er zur Kriegszeit schon andeutete, jetzt skrupellos über seine ehemaligen Verbündeten einbrechen lässt und die Macht an sich reißt. Selbst als die Prohibition & der illegale Handel mit dem Alkohol aufgelöst werden und der Börsencrash die Vereinigten Staaten in die Knie zwingt, hält er die Stränge in der Hand und knöpft seinem alten Partner Eddie das letzte Standbein der Existenz, sein Taxi-Unternehmen, ab.

                                              Nun ist George der Boss der Stadt und Lloyd ein angesehener Staatsanwalt. Der einzige, der in den Nachwirkungen dieses Krieges erneut im Stich gelassen wird, ist Eddie. Sein Aufstieg in den 20er Jahren wurde mit einem harten Fall quittiert, der ihn nun, 1930, wieder an den aussichtslosen Boden der Gesellschaft gebracht hat - er lebt in einem winzigen Hotelzimmer, verdient geradeso sein Geld mit Taxi-Fahrten und muss mit ansehen, wieviel besser es seinen alten Kumpanen geht. Da hilft nur noch der Alkohol. Einzig Panama, diejenige die mit ihm von Anfang an gemeinsam den Weg des Verbrechens ging, ist an seiner Seite geblieben und hofft trotz jener bitteren Realität, in welcher beide von der Zeit verklärt werden, noch immer auf die Wiederkehr des Aufschwungs.

                                              Regisseur Raoul Walsh erzählt diese aufregende und letztendlich tief-bittere Rise-&-Fall-Fabel von einem Amerika im Wandel der Zeit mit eindrücklicher Rasanz und verständnisvoller Charaktertiefe. Präsentiert den zeitlichen Kontext und dessen innewohnende Krisen mit virtuos-montierten und pointiert-nachvollziehbaren Stichpunkt-Etablierungen, entfaltet dessen Auswirkungen allerdings besonders effektiv mit einschneidend-verständnisvoller Zugänglichkeit in seinem ausgiebig erforschten Charakter-Komplex, dem wir über die Jahrzehnte hinweg chronologisch begleiten.

                                              Im Fokus steht dabei natürlich Eddie, kongenial verkörpert von James Cagney, der in diesen 'wilden' Jahren seinen Platz im Leben suchte, stets von der Gesellschaft gebraucht und ausgespuckt wurde, sich dennoch auf unlauteren Wegen ein Leben aufbaute und sich dabei mit im-Grunde-guten Herzen auf seine Freunde verließ. Enttäuschungen und Umstellungen in allen sozialen Kreisen zwangen ihn schließlich dennoch wieder dazu, von vorne zu beginnen. Doch obwohl sein Leben dadurch wieder am unteren Ende der Spirale landete und fortan klein gehalten wird, verfällt er nicht dem Hass, weiß er doch um seine eigene Schuld und akzeptiert sein Schicksal, selbst wenn er es in Alkohol (für den er sich nie wirklich interessiert hat) tunken muss.

                                              Als Lloyds Familie aber von George bedroht wird, der von der Staatsanwaltschaft wegen seiner illegalen Machenschaften zur Rechenschaft gezogen werden soll, will Eddie - der alles was er tat, zur Selbsterhaltung unternahm und niemals seine Menschlichkeit dafür aufgab - letztendlich doch noch das Richtige tun und appelliert an Georges Gewissen, diesen Gangster-Terror noch länger aufrechtzuerhalten. Schließlich muss er doch einsehen - so argumentiert Eddie -, dass die Zeiten der Prohibition, des Verbrechens, des Krieges nicht mehr Bestand haben in dieser neuen Welt, weshalb man eher Lloyd den Weg ebnen sollte, da dieser tatsächlich was Positives bewirken kann.

                                              George denkt nicht im Traum daran und will Eddie niederballern, doch der kommt ihm zuvor und kämpft sich sodann energisch durch die Reihen von dessen Schergen, kann aber den fatalen Kugeln nicht entkommen und verstirbt schließlich vor den Stufen einer Kirche, allerdings in trauernder Anwesenheit seiner Panama, die den Sterbenden in ihren Armen hält und ihm zusammen mit der religiösen Kulisse die letzte, tragische Ölung gibt. "Er ist mal wer gewesen". 'Die Gesellschaft ist dran schuld', lässt sich heutzutage so einfach daherreden oder sogar zynisch verleugnen, wenn es um die Motivationen von Kriminellen geht. Selten aber gelingt es einem Film, genau diesen Faktor so prägnant und empathisch-nachvollziehbar zu vermitteln, wie dieser hier. Wahrhaftig ein humanistischer Klassiker, moralisch urteilsfrei, epochal und zeitlos - und dazu auch noch eine äußerst knackige, wegweisende Gangster-Story.

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                                                  Recht gemütliches und beinahe Spannungs-befreites Trivialwerk über 2 stets lässige Geheimagenten & kumpelhafte Widersacher (u.a. Peter Van Eyck, der durchweg leicht beschwipst/verschnupft/tranig/heiser klingt), die sich schließlich für die Lösung eines Falls, der Entführung des titelgebenden Professor Zandor und dessen Formel einer unzerstörbaren Stahllegierung, zusammenrappeln.

                                                  Zum einen ganz beliebiger, verschmitzter Eurospy-Eskapismus, zum anderen sonnige Tourismus-Propaganda fürs malerische Lissabon - in der Größenverteilung jener Faktoren nicht komplett stimmig, aber gewitzt aufgelockert durch dilettantische Action-Sequenzen (inkl. Faustgemenge auf einem Spielplatz), kindisch-verklemmte Erotik-Anspielungen und einen omnipräsenten, jazzig-durchgeorgelten Score.

                                                  Rundum befriedigend-zweckerfüllendes und handwerklich sympathisch-kostengünstiges Unterhaltungsfilmchen, welches aber selbst in seinem Genre keine außerordentliche, erst recht nicht wilde Besonderheit darstellt. Kann man aber durchaus nebenbei laufen lassen und dabei ganz entspannt den gewissen Retro-Charme und Bahnhofskino-Naivität des Settings für sich einverleiben.

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                                                    Teils gefakete, stets effekthascherische und handwerklich naive Betrachtung über den Ist-Zustand des Tötens und Getötet-Werden in der Wildnis, in allen Variationen zwischen Mensch & Tier. Ein vollends zynischer, drastisch-exploitativer Mondo mit berüchtigten, in den Vordergrund gerückten, Todes-Szenarien - zudem ohne versuchte historische Reflexion, wie bei Prosperi & Jacopetti (deren Output ohnehin schon immens streitbar und oberflächlich bis rassistisch ist), stattdessen eine willkürliche Aneinanderreihung von Grausamkeiten. Da bleibt eine etwaige Erziehungsfunktion zugunsten einer sensationalistischen und platten Gewaltschau inkl. verlogener Sentimentalität und Snuff-Mentalität leider aus. Stellt aber nicht nur in seinem gestalterischen Narrativ, sondern in seiner Existenz nochmals unter Beweis: Menschen sind Bestien.

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