DerDude_ - Kommentare

Alle Kommentare von DerDude_

  • "What was once before you - an exciting, mysterious future - is now behind you. Lived; understood; disappointing. You realize you are not special. You have struggled into existence, and are now slipping silently out of it. This is everyone's experience. Every single one. The specifics hardly matter. Everyone's everyone. So you are Adele, Hazel, Claire, Olive. You are Ellen. All her meager sadnesses are yours; all her loneliness; the gray, straw-like hair; her red raw hands. It's yours. It is time for you to understand this.
    Walk.
    As the people who adore you stop adoring you; as they die; as they move on; as you shed them; as you shed your beauty; your youth; as the world forgets you; as you recognize your transience; as you begin to lose your characteristics one by one; as you learn there is no-one watching you, and there never was, you think only about driving - not coming from any place; not arriving any place. Just driving, counting off time. Now you are here, at 7:43. Now you are here, at 7:44. Now you are...
    ...gone"

    https://www.youtube.com/watch?v=d3PabquGsf4

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    • Der beste Science-Fiction Film aller Zeiten.

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      • 7 .5
        über Detroit

        Kathryn Bigelow scheint zu wissen wie man selbst im gegenwärtigen Hollywood noch die ein oder andere Kontroverse auslöst. Während bei ihrer vorangegangenen Aufarbeitung der Tötung von Osama Bin Laden ZERO DARK THIRTY böse Stimmen ertönten, hinsichtlich der dargestellten Folterszenen, entfachte DETROIT eine kleinere Kontroverse der etwas anderen Art : Eine weiße Regisseurin nimmt sich der Unruhen in Detroit der 60er an, ein Thema das, nach vielen Meinungen, Schwarzen gehören würde.
        An dieser Stelle sei schon mal eingesprungen. Konnte man die Aufschreie um ZERO DARK THIRTY noch damit rechtfertigen, dass Folter nach staatlicher Anleitung im Mainstream-Kino generell selten gezeigt wird, so ist der neue Vorwurf gegen DETROIT nur als hanebüchen anzusehen.
        Um eines klar zu stellen : Keine Rasse, kein Geschlecht, noch irgendeine Zugehörigkeit hat das Recht ein Thema für sich filmisch zu beanspruchen. Gerade wenn es um so verherrende Ereignisse der US-amerikanischen Geschichte geht ist es wichtig, das viele Standpunkte vertreten werden, viele Stimmen gehört werden. Eine unbeteiligte Perspektive kann immens von Vorteil sein, gerade wenn es darum geht zu ergründen, warum das passiert ist, was nicht passieren durfte.
        Bigelow führt den Zuschauer ohne Kompromisse in das angespannte Rassenverhältnis in Detroit des Jahres 1967 ein. Die schlackernde Handkamera verbreitet Nervosität und Unruhe. Bigelow etabliert ein Klima der Anspannung, durch das sich die Menschen wüten.
        Das Verhalten der afroamerikanischen Bürger, wie auch von den, meist weißen, Polizisten, ist geprägt von Frustration und Misstrauen und entlädt sich schließlich in gewalttätigen Übergriffen. Polizeigewalt wurden selten derart greifbar auf Leinwand gebannt, wenn es irgendwann nur noch der eigene Frust ist, den die Polizisten aus ihren Gefangenen herausprügeln. In diesem Chaos kann nur Chaos geboren werden. Mitten in diesem Chaos steht der schwarze Wachmann Dismukes (John Boyega), der selbst Opfer zahlreicher Anfeindungen ist, warum sich denn ein Schwarzer nun gegen seine "Brüder" stellen würde. Seine Perspektive bleibt die vielleicht wichtigste, denn seine Motivation, jegliche Eskalation zu unterbinden, lässt sich am einfachsten entschlüsseln. Nicht so wie die des Polizisten Krauss (Will Poulter), der sich von Missbrauch seiner Beamtenfunktion (und seiner Dienstwaffe) schließlich zum reinen Schikanen steigert. Wie Bigelow diesen Polizisten inszeniert, bewegt sich immer in einem schmalen Grat zwischen akkurater Darstellung von Polizeigewalt und typischer Antagonisierung, letztendlich aber wirkt er glaubhaft.
        In einem Motel geschieht schließlich das Verbrechen. Bigelow lotet dabei diesen begrenzten Raum aus und erschafft eine vorbildliche Beklemmung. Ewig werden wir dieses Motel nicht verlassen, doch wenn wir es am Ende dann tun, ist der Film nicht vorbei. Bigelows Aufarbeitung der Geschehnisse nach der Nacht des Verbrechens sind zwar gut gemeint, behindern den Fluss des Filmes dann aber nur. Besonders im Angesicht der Tatsache, das hier der Fokus nur auf den Figuren bleibt, welche zwar zu Beginn alle recht behutlich eingeführt wurden, aber dennoch nur schablonenhaft geblieben sind.
        Aber trotzdem, bitte noch mehr von solch Kino der Beklemmung, Madame Bigelow, aber vielleicht mit etwas weniger Hang zur Überlänge.

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        • 2 .5

          JUSTICE LEAGUE ist eine Bankrotterklärung und das auf mehreren Ebenen.
          Erst einmal in Hinsicht auf Charaktere, dann in seiner Position innerhalb des angestrebten DCCU und eigentlich in jeder Beziehung. Selbst die leidenschaftlichsten Ablehner des Cinematic Universe dürften von diesem 2 Stunden Helden-Eiertanz enttäuscht sein. War der Vorgänger BATMAN V SUPERMAN : DAWN OF JUSTICE zwar ein ideologisches und inszenatorisches Massaker der negativen Art, so spürte man wenigstens das Verlangen nach Größenwahn, selbst wenn jener sich schon immer erzwungen angefühlt hat.
          JUSTICE LEAGUE ist deswegen so ärgerlich geworden, einfach weil er so mutlos geraten ist. Die Frage ist, ob die etlichen Schwächen des Drehbuchs bereits vor oder erst nach dem Ausstieg von Regisseur Zack Snyder vorhanden waren. Denn auch sonst wirkt der Film wie ein Snyder, dem man Fußfesseln angelegt hat. Was in Anbetracht der kinematografischen Slow Mo/Nerd-Masturbationsvorlagen SUCKER PUNCH oder MAN OF STEEL noch wie ein logischer Schritt klingt raubt dem Film jede eigene Identität, jeder eigene Stempel und lässt ihn schließlich völlig in der Belanglosigkeit untergehen.
          Zuerst einmal : Der Schurke. Ein überirdisches CGI-Wesen, scheinbar direkt importiert aus World of Warcraft. Dessen Motivation ist komplett unwichtig, er ist lediglich ein Vehikel dafür, das unsere Helden aufeinander treffen. Eine wirkliche Bedrohung scheint er nie zu sein und nie kommt der Film ihm mit irgendeinem Interesse entgegen.
          Dann die Helden : Ein unhomogener Haufen Brachialkämpfer deren Dynamik untereinander von der ersten Szene an unecht wirkt. Snyder (oder Joss Whedon) hat das Interesse an Batman (sehr gelangweilt : Ben Affleck) verloren und reduziert den Fledermauskämpfer auf den sprücheklopfenden Playboy, den bereits Joel Schumacher in ihm sah. Stattdessen liebt jetzt jeder Wonder Woman (Gal Gadot), die der Film dann aber nur versucht, möglichst beeindruckend in Szene zu setzten ohne weiteres Interesse an ihr. Gleich zu Beginn hat der zweckentfremdete Amazonen-Wischmob eine hochgradig peinliche Action-Szene bei der der Film nicht zum letzten Mal die Grenze zur Computerspiel-Zwischensequenz überschreitet. Der Rest ist eigentlich nicht der Rede wert, außer vielleicht We Need To Talk About Flash, der uns zwar mit tragischem Background vorgestellt wird, dann aber den Rest des Filmes nichts weiteres als peinliche One Liner von sich geben darf.
          Schlussendlich aber ist es die Inkonsequenz des Filmes, die ihm das Genick bricht. JUSTICE LEAGUE fühlt sich manchmal an wie der Schnipsel eines viel größeren Filmes der allein stehend nicht funktioniert. Versprach BATMAN V. SUPERMAN eine, zumindest hobbymäßige, Aufarbeitung ethnischer Konflikte durch einen übermächtigen Weltraumwesen, schiebt JUSTICE LEAGUE all das beiseite und ist lieber eine 2 Stunden lange Zwischensequenz, die zwar aus vielen Teilen besteht, aber sich letztendlich für keines von ihnen interessiert.
          In der Hinsicht kann man Warner Bros. nur gratulieren : Ihre Filme sind nun auf Augenhöhe mit dem großen Marvel Konkurrenten, zumindest in Sachen Qualität. Denn alles an JUSTICE LEAGUE wirkt so, als hätte sich jeder große Mühe gegeben, den Film so austauschbar wie möglich daherkommen zu lassen. Dieses Ausmaß an ungenutzten Potenzial ist mal wieder das, wo DC am meisten überzeugt. JUSTICE LEAGUE ist ihr Höhepunkt und ihr Untergang zugleich.

          Dennoch nicht so schlimm wie SUICIDE SQUAD.

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          • DerDude_ 13.11.2017, 19:29 Geändert 13.11.2017, 19:30

            Dieser Schnappschuss aus Gus van Sants ELEPHANT (schön das er es auf das Poster geschafft hat) :

            https://assets.mubi.com/images/film/197/image-w1280.jpg?1481539760

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            • Handy muss immer aus sein !
              Scheiß auf stumm schalten, scheiß auf Flugmodus, ausschalten ist die einzige Lösung. Alleine aus dem Grund, weil ich für die Laufzeit des Filmes in dem Film eintauchen will und meine tagtäglichen Gegebenheiten ausblenden will. Das Kino ist wohl einer der wenigen Orte, wo das in der Form noch möglich ist.

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              • Nein.
                Niemals, nie, in keiner Situation ist es angebracht, im Kino zu reden. Mein Puls befindet sich jedes Mal wenn irgendjemand im Saal meint, seinen Senf über den Film mit seinem Sitznachbarn zu teilen auf 180. Rascheln von Chips- oder Popkorntüten ist in Ordnung, jeder hat das Recht im Kino Snacks zu verputzen. Auch Lachen an unpassenden Stellen geht klar, aber sobald geredet wird ist Sense bei mir.

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                • 7

                  THE KILLING OF A SACRED DEER fühlt sich als Film ungefähr wie eine lange, schmerzhafte Impfung an, vollführt durch einen Arzt, der mehrfach die Vene verfehlt, einem aber immer mehr versichert, wie sehr alles unter Kontrolle ist.
                  Die Nadel hat übrigens die Größe eines Kugelschreibers
                  So viel zu meiner metaphorischen Erklärung. Mit THE KILLING OF A SACRED DEER zieht es Yorgos Lanthimos wieder in den Schoß der Familie. Papa Colin Farrell, Mama Nicole Kidman und ihre beiden Kids fröhnen sich zu Beginn noch in der Sicherheit des Großbürgertums, werden aber ehe sie sich versehen, daraus verjagt. Ein mysteriöser Junge, zu dem der Vater ein merkwürdiges Verhältnis aufgebaut hat, führt nichts Gutes im Schilde und die Familie wird es zu spüren bekommen, erst ganz langsam und dann mit voller Wucht.
                  Zwar muss sich die Familie in Sachen Weirdness vielleicht noch etwas fortbilden um an die Familie aus Lanthimos DOGTOOTH heranzukommen, dennoch aber sind sie mehr als befremdlich. Wie man es aus den Werken des Griechen gewohnt ist artikulieren sich hier alle Figuren auf einer unangenehmen Ebene bzw. sie sprechen was sie im Kopf haben oft direkt aus. Das führt zu abstrusen Sätzen, die kein normaler Mensch in ihrem Alltag so äußern würde wie "Kann ich deine Achselhaare sehen ?" Trotz ihrer befremdlichen Offenheit scheint man hier nie zu irgendjemanden ganz durchzudringen. Weder das Elternpaar, noch die Kinder und besonders nicht den dämonischen Jungen, scheint man hier zu irgendeinem Zeitpunkt voll greifen zu können. Die Familie hat nichts was sie vereint, nicht mal ihre Angst.
                  Eine lauerndem kaum beschreibbare Angst hängt über ihnen, visualisiert durch Lanthimos atemberaubende Bildkompositionen. Mehr als einmal kommt einem der Name Stanley Kubrick in den Sinn, wenn etwa Farrell durch eine Halle läuft, die Kamera ihm folgt und dabei die Wände der Halle sich über die gesamte Leinwand erstrecken. Ähnlich wie der Meister aus Großbritannien rahmt Lanthimos seine Figuren als Spielball ihrer Umgebung, als Opfer einer höheren Macht ein.
                  THE KILLING OF A SACRED DEER ist wohl Lanthimos radikalster Film, weil er hier die unvorstellbare Grausamkeit direkt ausspricht, während sie in DOGTOOTH oder auch THE LOBSTER zunächst nur lodernd im Verborgenen verblieb und erst mit zunehmender Laufzeit immer mehr zum Vorschein trat. Aus dem Szenario von THE KILLING OF A SACRED DEER, so merken es die Figuren, als auch wir langsam, gibt es kein Entkommen, keine Flucht, nur eine radikale, zumürbende Entscheidung, die jeden Sinn von Gerechtigkeit zerstört (oder festigt ?).
                  Yorgos Lanthimos offenbart wie immer zwischenmenschliche Kälte und gesellschaftliche Furcht und mit diesem Film ist ihm ein verstörendes Psychogramm gelungen,bei dem selbst der offensivste Schrecken immer mit dem gewohnt bitterbösen Weirdness-Humor verbunden ist. Keine Ahnung was mehr Angst macht.
                  Ja, Lanthimos härtet ab, nach dieser Impfung muss man sich über ansteckende Krankheiten anderer Filme erst mal keine Sorgen mehr machen.

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                  • Auch ne Art, den gemeinen Kinogänger zu verarschen.
                    Frech thront auf manchen deutschen Kinopostern "Der neue Film von Joel & Ethan Coen", dabei zeigten sich die beiden Brüder lediglich für das Drehbuch mitverantwortlich, während die Regie George Clooney führte.

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                    • 7
                      DerDude_ 29.10.2017, 10:31 Geändert 29.10.2017, 10:42

                      Tonal gesehen weißt die zweite Staffel STRANGER THINGS keinerlei Variationen auf. Was aber nichts verkehrtes ist. Die Kleinstadt Hawkins der 80er Jahre bleibt eine, zu der man gerne zurückkehrt und auch mit den Figuren hat man wieder einmal jede Menge Spaß.
                      Gerade in den ersten Folgen hinkt der Erzählton etwas hinterher, die ersten drei Episoden bestehen fast nur aus (Wieder)Einführungen der Figuren und des Settings und eine genaue Handlung macht sich erst schleichend bemerkbar. Danach aber ist man wieder gewollt sich von dem Nostalgie-Trip mitzureißen und sämtlichen Spielberg/King/Carpenter-Anleihen (gegen Ende hin macht sich ein bisschen William Friedkin bemerkbar) aufzusaugen. Jene romantisierende Kindheits-Verklärung, die bereits den Charme der ersten Staffel ausmachte, muss man mögen, denn sie ist das Grundkonzept der Serie.
                      ACHTUNG SPOILER
                      Fast macht es den Eindruck, als würde die Serie ihre Dauer-Nostalgie selbst kritisieren, wenn Will Byers schließlich von erschreckenden "Jetzt-Erinnerungen" heimgesucht wird und mental an seine absoluten Grenzen gebracht wird. Monströse Horror-Erinnerungen, gegen die er sich nicht wehren kann und die sich anfühlen, als würden sie jetzt passieren. Richtet sich dieses Konzept etwa an all die Kinder des 21sten Jahrhunderts, deren Bild der 1980er völlig verklärt wird, weil ihnen Film und Fernsehen eine Erinnerung rekonstruieren, deren Teil sie nie waren ?
                      Man mag es bezweifeln.
                      Schlecht ist die Serie deswegen aber trotzdem nicht. Gerade in Anbetracht der Figurenentwicklung zeigt die Serie deutliche Ambivalenz. Die für mich wohl markanteste Entwicklung durchläuft Steve Harrington, Nancys geherzter Boyfriend. Seine Wandlung vom Angeber zum Beschützer wird durch seine, mehr als liebenswerte, Bromance mit Dustin noch einen Schritt vorangetrieben.
                      So unterhaltsam die Staffel auch ist, so fühlt sich ihr Ende doch wie ein abgeschlossenes an. Wenn in den letzten Sekunden aber obligatorisch auf eine weitere Staffel hingedeutet wird, fragt man sich dann doch wie lange dieses Konzept gut gehen wird, bevor es zu generisch wird.

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                      • 10

                        "Quite an expierence...living in fear"

                        Seit meiner Anmeldung auf dieser Plattform habe ich so ziemlich jeden meiner Lieblingsfilme mindestens einmal kommentiert. Viele dieser Kommentare habe ich nach Jahren gelöscht weil ich sie im Nachhinein nur noch als verdrossene, unreflektierte Lobhudeleinen abtue, selbst wenn auch meine Liebe zu diesen Filmen bis heute ungebrochen ist.
                        BLADE RUNNER ist eine Ausnahme. Ich habe es mir nie erlaubt diesen all umfassenden, zutiefst weisen Film in Worten zu begreifen, einfach weil ich immer das Gefühl hatte, dass das Spektrum von ihm außerhalb meiner Fassbarkeit liegt und, ehrlich gesagt, glaube ich das bis jetzt. Aber dennoch, jedes Mal wenn ich an diesen Film denke, ergreift mich der unwiderstehliche Drang, irgendwie meine Liebe zu ihm in Worte zu fassen. So soll es sein.
                        Heute ist es fast unmöglich eine U-Bahn zu betreten, ohne Passagieren zu begegnen, die sich die Fahrtzeit mit ihrem Smartphone vertreiben. Wenn das Thema Künstliche Intelligenz angesprochen wird, dann scheint unser Vertrauen in jene heute so groß wie nie zuvor. Viele in meinem Bekanntenkreis streben selbstfahrende Autos an, weil sie glauben, eine Maschine sei fähiger als ein Mensch. Dieser Glaube ist keine Dummheit, er ist Vertrauen in Fortschritt, in Freiheit durch Fortschritt.
                        In der Welt von BLADE RUNNER scheint jener Fortschritt den Menschen zum Verhängnis geworden sein. L.A des Jahres 2019 ist eine multikulturelle, hypertechnisierte Metropole die sich selbst zu geißeln scheint. Ein verrauchter Moloch in der der Mensch überholt zu sein scheint. Die Menschheit flieht auf fremde Planeten, der permanente Regen wird jede ihrer Spuren wegwischen. Rick Deckard (Harisson Fords wohl vielseitigste Performance) scheint sich dessen bewusst zu sein. Nur mit Alkohol erträgt er dieses Leben in einer, eigentlich immer mehr zerfallenden, Welt. Seinen Job kann er nur gewissenlos ausführen, dennoch nagt er sichtbar an ihm. Er ist der ultimative Film-Noir Antiheld. Jenes ist BLADE RUNNER auch in jedem Frame : Ein wirklicher Film-Noir, vielleicht der letzte von ihnen, denn seine Cyberpunk-Welt ist bis in jedes Detail so herausragend gestaltet. Immer hat man den Eindruck, unter jedem Berg von futuristischen Materialien liege etwas verborgen liegt. Oder sei es nur das leuchtende Auge einer künstlichen Eule, das uns starr entgegenblickt. Der Score von Vangelis darf an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen : Er wärmt diesen Film und erschafft Assoziationen und Stimmungen, wie eine Klangdecke, die uns sanft umhüllt.
                        Als Blade Runner muss Deckard Replikanten, künstliche Menschen, ausschalten, Maschinen die sich gegen ihre "Götter" (bzw. uns Menschen) gestellt haben. In einem Tummult aus entfremdeter Inhumanität sind die Replikanten brennende Flammen, die nur wollen, dass ihr weiter Licht brennen darf. Zumindest für ein bisschen länger. Dieses Verlangen nach einfacher Existenz kuliminiert schließlich in dem, von Rutger Hauer spektakulär gespielten, Replikanten Roy Batty. Ein Wesen, übermächtig und dennoch in dem Bewusstsein das er keine Zeit mehr hat. Das Tragische an ihm und seiner, sich selbst auferlegten Bestimmung ist, das er sich nie von seinem Sklaven-Dasein trennen wird. Er und die anderen Replikanten funktionieren als Projektionsfläche für alle Ausgebeuteten, auf ihre Funktionalität reduzierten.
                        Es ist unmöglich über diese Figur zu reden, ohne seinen finalen Schlussmonolog unerwähnt zu lassen. Der legendäre "Tears in Rain"-Monolog, der einmal als "bewegenster Todesmonolog der Filmgeschichte" bezeichnet wurde (keinerlei Einwände meinerseits) hat mich Zeit meines Lebens immer wieder beschäftigt. Immer wieder entdecke ich in diesen Worten so viel über unsere Existenz. Doch die, vielleicht profundeste (zumindest wenn ich meine Gedankengänge einem Test unterziehen würde) kam mir erst vor kurzem : Nämlich das Roy Batty damit aussagt, dass die Momente, die unser Leben ausmachen, die es erst zu unserem, ganz eigenen Leben machen, nie weiter gegeben werden können, egal welchen Fortschritt des Informationsaustausches wir erreichen. Sie sind nicht transferierbar, man kann sie jemandem erzählen, sie aufschreiben und vielleicht sogar ein ganzes Buch mit ihnen füllen, aber würde man ihnen dadurch gerecht werden ?
                        Sie werden mit uns gehen und wenn wir nicht mehr da sind, sind sie es vielleicht auch nicht mehr. Diese Angst vor der Nonexistenz spricht aus Roy Batty, der sein Ende im Angesicht seines Ablaufdatums dennoch akzeptiert zu haben scheint. In einem letzten Akt rettet Batty Deckard das Leben, jemand der alle seine Geliebten getötet hat und der kurz davor war ihn auch zu töten. Weil Roy weiß, wie schmerzhaft Nonexistenz sein wird, nicht ist, sein wird.
                        BLADE RUNNER, trotz seiner düsteren Fassade, scheint diesen Glauben an den Wert der Existenz in sich zu tragen und gibt ihn in so vielen Momenten an den Zuschauer weiter. Deckard selbst scheint diesem Prozess immer mehr gehörig zu werden. Zu Anfang weiß er gar nicht, welchen Schaden die Erkenntnis, nie eine Kindheit, nie eine Familie und letztendlich nie ein Leben gehabt zu haben bei der Replikantin Rachel anrichtet. Doch als beide sich näher kommen finden beide Licht in dieser Finsternis, einen Sinn in dem Unsinn der untergehenden Welt und sei es nur der naive Traum von einem Einhorn, welches auch den vieldeutigen Schlusspunkt des Filmes markiert. Hier wird nun endgültig unklar, wo Mensch und Maschine sich trennen, ob sie es überhaupt tun. Und was von beiden kann man ein "Wunder" nennen ? In der, Jahre später erschienenen, Fortsetzung heißt es an einer Stelle "...weil Sie nie ein Wunder gesehen haben". Für alle die BLADE RUNNER gesehen haben, kann hier nicht gesprochen werden. Denn die haben ein Wunder gesehen und tragen es hoffentlich bis an ihr Ende bei sich.

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                        • 7 .5
                          DerDude_ 16.10.2017, 20:55 Geändert 17.10.2017, 07:42

                          Christian würde gerne die Welt retten, zumindest glaubt er das. Doch er kann es nicht. Egal wie viele Bettlern er großzügig ein Chicken Ciabatta kauft, am nächsten Tag liegen sie wieder hungernd auf der Straße. Und egal wie viel Mühe er sich bei dem Marketing der neuen Ausstellung seines Museums gibt, die Message des Kunstwerkes stößt bei den Werbemännern nur auf taube Ohren.
                          Jene Message ist folgende : In einem erleuchteten Viereck gilt es, altruistisch und fürsorglich zueinender zu sein. In "The Square" hat jeder die gleichen Recht, die gleichen Pflichten. Eine Erinnerung an ein gesundes Miteinander.
                          Ruben Östlund begibt sich mit THE SQUARE auf die Suche nach dieser, durchaus gut gemeinten, Botschaft und ob sie überhaupt noch zu verwirklichen ist. Das Ergebnis ist ein 142 Minuten langer Ritt durch die europäische Kunstszene. Was er findet ist belustigend, wie erschreckend : The Square ist auf Gerechtigkeit auf gebaut, nur ist jene für jeden eine andere und letzlich kämpf jeder für sich selbst. Als Christian sein Telefon und seine Geldbörse gestohlen werden, unternimmt er einen solchen Versuch, für sich selbst Gerechtigkeit einzufordern. Doch jener Versuch richtet Konsequenzen außerhalb von Christians Denkfeld an, und seine eigene Machtposition beginnt zu bröckeln.
                          Die Kunst müsste eigentlich ein Ausweg aus diesem gesellschaftlichen Kreislauf aus Misstrauen sein, sie müsste uns doch irgendeine Antwort liefern können. Doch Kunst ist in unserer Gegenwart, so scheint es der Film zu verstehen, nur noch ein Artefakt der Bedeutung. Sie muss irgendeinen Standpunkt vertreten, am besten irgendeinen Kontroversen, anders lasse sie sich nicht vermarkten. Doch als ein, zum Affen dresierter Schauspieler im Zuge eine Performance außer Kontrolle gerät und das Publikum angreift, bekommt man sie zu spüren, die Kraft der Kunst und unsere Machtlosigkeit ihr gegenüber.
                          Weiterhin bedient THE SQUARE fast den kompletten Katalog an politisch/sozialen Thematiken, wie etwa den komerzialisierten Kunstbetrieb oder das Machtverhältnis zwischen den Geschlechtern. All das rund um einen Mann, der entweder lernt, was es wirklich heißt, Verantwortung für sein Umfeld zu übernehmen, oder es eben nicht tut, so viel lässt der Film am Ende übrig. Trotz seiner Sezierung unseres täglichen Miteinander sollte THE SQUARE vor allem als Kunstwerk verstanden werden, dass das Ziel hat, den Betrachter zu verändern. Ob die Message dieselbe ist, wie die des titelgebenden Vierecks, ist möglich. Das wäre dann vielleicht naiv, doch wenn Kunst zynisch sein darf, darf sie auch naiv sein.

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                          • 8 .5

                            Wenn man VOYAGE OF TIME mal ganz knallhart herunter bricht, stellt er erstmal eine 90 Minuten-Version der Schöpfungssequenz aus THE TREE OF LIFE dar. Malick baut sogar mehrere Verweise zu seinem vorhergegangenen Werk ein, was aber nur konsequent erscheint, erzählen beide doch von derselben Gegebenheit.
                            Betrachtet man VOYAGE OF TIME als die National Geographic/IMAX-Experience, als das er oft beworben wurde, und wofür sogar eine kürzere, alternative Fassung existiert, so stellt man aber recht schnell fest, dass das hier kein Dokumentarfilm im klassischen Sinne ist, sondern in erster Linie ein Malick Film.
                            Seinen Fluss an Bildern von Natur und Kosmos unterbricht Malick oftmals um uns mit verwackelten Videoaufnahmen von Obdachlosen auf der Strasse zu konfrontieren. Schönheit und Elend trifft aufeinender, wenn der Film uns dadurch auf unsere Erde in ihrem Jetzt-Zustand zurückwirft.
                            Dazu flüstert Cate Blanchett auf der Tonspur zu Mutter Natur, scheint sie aber nie erreichen zu können ("Mother, where are you ?"). Für einen Dokumentarfilm kann man das unpassend und unnötig esoterisch finden, ich aber sage : Wie soll man im Angesicht der Schönheit, die dieser riesige Film uns offenbart, schweigen können ?
                            Die Weltraumbilder kreierte Malick erneut zusammen mit 2001-SE Supervisor Douglas Trumball, mit dem Ergebnis das die Bilder von Sonnengeburten und Sternenstaub nun an die Ästhetik des Barock erinnern (bzw. eine ganz eigene Sprache haben), gleichzeitig aber in jeder Hinsicht plastisch wirken. Gegen Ende hin taucht der Film in ein schwarzes Loch ein und paralisiert das Auge mit Farbexplosionen und zuckenden Formen. Der eigentliche Special Effects Supervisor des Filmes aber ist Dan Glass, der sich bereits für das CGI bei MATRIX zu verantwortlich zeigte. Was hier entsteht, sind wunderbar passende Computereffekte, die sich perfekt in ihre natürliche Umgebung einarbeiten, wenn etwa auf dem Grund des Meeres Lava aus dem Boden quilt und sich schließlich im Wasser zu Magma formt, so erlebt man die Kräfte der Elemente so beängstigend wie jemals zuvor. Auch die Dinosaurier, für die Malick ja inzwischen bekannt ist, sind inzwischen sehr greifbar animiert worden, wenn auch man sie unabstreitbar als unecht identifizieren kann, was aber ihren Einsatz, sowie die Kraft der Bilder keinen Abbruch tut.
                            VOYAGE OF TIME ist über seine ganze Laufzeit ein formvollendeter Strom an Eindrücken, der uns durch das Gedeihen unserer Welt und allen Welten führt. Chronologisch gesehen beginnt Malick in etwa nach dem Urknall und bringt uns schließlich zu den ersten Menschen. Jene Wüstenaufnahmen, durch die die Urmenschen wandern, in denen sie das erste Mal Tiere berühren und schließlich andere Lebensformen als das, was sie sind beginnen wahrzunehmen, bilden einen stillen Epilog zu dem Film. Zu unserer modernen Welt führen dann nur noch wenige Minuten.
                            Malicks Ansatz, hier den Kosmos mit all seinen Kräften, in all seinem Umfang, in all seinen endlosen Fragen und sinnlosen Grausamkeiten zu umfassen, ist ein größenwahnsinniger. Ein derartiges Welten-Essay sah man in kleinerer Form und nur auf unsere Welt fokussiert bei Geoffrey Reggios KOYANISQATSI. Malick wäre aber nicht er, würde er nicht noch massiver ausholen. Das Ergebnis ist ein begingungsloses Spektakel.
                            Wahrscheinlich wird Malick hiermit seine grössten Skeptiker nicht bekehren können, doch welchen nutzen hätte das, wenn man vor so viel Wunder auf die Knie fallen will ? Denn VOYAGE OF TIME könnte selbst eines der Wunder sein, die er uns näher bringt.

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                            • 8 .5

                              Engel und Teufel auf meiner Schulter....

                              Auf wen soll ich hören ? Welche Zeichen soll ich deuten ? Wer flüstert zu mir ? Wer schweigt mich an ?

                              In THE WAILING wird ein koreanisches Bergdorf zum Spielball des Bösen. Morde, deren Grausamkeiten mit jedem Mal zunehmen, stehen bald an der Tagesordnung. Es ist nass, weil es jeden Tag erbarmungslos regnet. Ein einziges, zwischenmenschliches Chaos macht sich breit. Unser Kämpfer für Recht und Ordnung, der Polizist Jong-goo muss die Wahrheit ans Tageslicht bringen. Regisseur Hong-jin Na entfaltet seine Ambivalenz bereits in dem Protagonisten : Jong-goo ist nicht der typische Ermittler, wie man ihn aus Serienkiller-Filmen gewohnt ist. Er ist recht korpulent, kommt oft zu spät und vor allem, hören wir ihn mehr als einmal vor lauter Panik schreien. Er ist kein schlechter Polizist, aber ein relativ unaufmerksamer, und offenbar ist das genug, um dem Aberglauben und der Grausamkeit in Goksung Einzug zu gewähren.
                              Immer wieder schwingt sie subtil mit : Die Unfähigkeit der Behörden. Das Wissen, das das was hier passiert zu groß für jeden ist, macht sich breit. Der tägliche Umgang miteinander ist von Launen geprägt. Irgendwo wurde hier einmal eine Frau an einem See vergewaltigt, vielleicht auch nicht, aber es fiel in jedem Fall unter den Teppich.
                              Die ganze Verdrängung, die in Goksung eingekehrt ist, scheint sich nun in Form von roten Hautblasen, Pestbeulen ähnlich, an der Oberfläche abzusetzen. Als habe man eine Plage auf die Welt losgelassen, die den Menschen seine animalischen Triebe ausleben lässt. Als schließlich ein Exorzismus vollführt wird, ist endgültig unklar, auf wessen Seite wer hier steht : Der des Teufels, oder des Engels ?
                              THE WAILING funktioniert als okkultische Parabel über die alltägliche Begegnung mit Unaufmerksamkeit und Unachtsamkeit. Letztendlich aber bietet er ein breites Spektrum an Interpretationen, die alle samt vieldeutig sind. Genau wie das Böse in Goksung, säht der Film falsche Symbole, führt in die Irre und lässt uns im Dunkeln zurück. Regisseur Nan kreiert ein Panoptikum aus Polizeiarbeit, religösen Ritualen und kannibalistischer Trieben in dessen Zentrum die Frage steht, wann man für das Gute kämpft und wann einen das Böse bereits eingenommen hat. Dabei beschwört der Film zahlreiche Szenen am Rande der Verzweiflung, bis uns die Begegnung mit dem absoluten Bösen greifbar vorkommt.

                              ACHTUNG SPOILER !
                              In der letzten Szene entdeckt Jong-goo das Massaker in seinem Haus, angerichtet durch seine Tochter. Er bricht zusammen und in den letzten Minuten wirkt es so, als wäre er auch seiner Tochter zum Opfer gefallen. Wir sehen eine glückliche Rückblende von Vater und Tochter. Überdenkt man den Film noch einmal, so ist das Verhältnis von Jong-goo zu seiner Tochter bereits zu Beginn kein gutes. Er ist zwar für sie da, verhält sich aber oft unliebsam und genervt gegenüber ihr. Erst als sie besessen wird, beginnt er um sie zu kämpfen. THE WAILING wirkt in dieser Beziehung wie eine Lehre für jemanden, der seine Familie für gegeben hinnahm und sie deswegen verlieren musste.
                              SPOILER ENDE

                              THE WAILING bedeutet so viel wie "Das Jammern" und davon hören wir im Film eine ganze Menge. Hong-jin Nan skizziert hier eine Geschichte der Verzweiflung und des Aberglaubens, der falschen Fährten und berechtigten Ängsten. Eine Naturgewalt ? Eher sowas wie eine Göttergewalt von einem Thriller !

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                              • 5 .5

                                HAPPY END könnte auch die Haneke-Parodie sein, die Michael Haneke selbst gedreht hat. Denn im Grunde genommen wird sich hier vielen Elementen bedient, die Haneke gerade in seinen neueren Filmen oft bedient : Abgeriegelte Bourgeoisie, erkaltete Zwischenmenschlichkeit und ein pessimistischer Blick auf die Welt, in der wir leben. HAPPY END erinnert oftmals an CACHE, in dem Haneke noch wesentlich böser die klaffenden Wunden der europäischen Oberschicht entlarvt. Doch, stand in seinen Filmen der letzten Jahre noch Beklemmung im Vordergrund, ist der Ton von HAPPY END ein erschreckend gleichgültiger.
                                Die Figuren, so sehr sich Haneke auch Mühe macht, sie irgendwie verständnisvoll zu zeichnen, könnten auch aus einer Luis Bunuel-Groteske sein. Besonders Jean-Louis Trintignant als verbittertes Familienoberhaupt ist so ein zwiespältiger Charakter, bei dem man unsicher ist, ob man nun mit ihm fühlen oder über ihn lachen soll. Isabelle Huppert spielt die abgeklärte Geschäftsfrau mal wieder perfekt, während gerade Franz Rogowski als ihr desillusionierter Sohn wohl die meisten Lacher auf seiner Seite verbuchen kann. Tatsächlich aber bleibt einem, für einen Haneke, das Lachen selten im Halse stecken, stattdessen will Haneke diese französische Oberschicht auf ihre Absurdität entlarven.Leider verbleibt Haneke dabei in seiner beharrlichen Beobachter-Position und gewährt dem Zuschauer nur kurze Einblicke in die Familienmitglieder. Dadurch, und das nie ein genauer Konflikt vorhanden zu sein scheint, prallt das Geschehen oft an einem vorbei.
                                Dabei entstehen Momente, die brilliant böse, aber auch welche, die einfach nur entsetzlich peinlich sind.
                                Letzteres trifft dann ein, wenn Haneke wieder seinem, scheinbar eingeschworenem Erzfeind begegnet : Technologie. Minutenlang sehen wir durch die Handy-Kamera von Tochter Eve, die bereits in der ersten Szene ihren Hamster mit Tabletten vergiftet und dabei voll drauf hält. Soziale Medien dienen nur dazu, sexuelle Gelüste auszuleben und als dann auf einmal ein YouTuber gezeigt wird, der über die Haarschnitte von Kindern ablacht, dann kann man den Film nur noch schwer ernst nehmen. Hanekes ewiger Kulturpessimismus, sein völliges Ablehnen moderner Medien, waren seit BENNYS VIDEO nie wieder so spürbar. Gerade das er Tochter Eve als "Opfer" dieser modernen, vernetzten Welt versucht darzustellen, verfällt Haneke in seine Position als ewiger Oberlehrmeister, der alles tut, außer irgendetwas zu entlarven.
                                Die verbale Kommunikation der einzelnen Familienmitglieder macht den eigentlichen Reiz dieses Filmes aus. Selten erlebt man ein so unangenehmes gemeinsames Abendessen und nicht oft werden Figuren so zwiespältig porträtiert. Nur leider verweilt Haneke dann immer wieder zu kurz bei ihnen. Der Film wäre wesentlich besser geworden, wenn Haneke sich ein Familienmitglied ausgesucht hätte, so lernen wir kein einziges davon wirklich kennen.
                                Zu guter letzt ist das Ganze dann auch noch ein politischer Kommentar , wie es das merkwürdige Ende andeutet. HAPPY END scheint Hanekes Vision vom gegenwärtigen Europa zu sein, als Mikrokosmos Familie dargestellt. Und leider entlässt einen der Film mit dem Gefühl : Wie viel davon war jetzt ernst gemeint ?
                                Lachen kann man hier übrigens um die drei mal, was vielleicht drei mal mehr ist als in allen anderen Haneke Filmen zusammen. So reizvoll sich diese "Groteske" auch anhört, HAPPY END ist ein ziemlich egaler Film geworden, bei dem einen nur einzelne Szenen im Kopf bleiben und Denkstoff anregen, man dem Gesamtprodukt aber nur gleichgültig gegenübersteht.

                                Noch was :
                                SPOILER
                                Versucht Haneke irgendeine Verbindung zu LIEBE durch Jean-Louis Trintignants Figur zu schaffen ? Sein Charakter heißt, genau wie in LIEBE, Georges, und die Geschichte die er über seine Frau erzählt, scheint sich der Handlung aus LIEBE zu gleichen, mit der Ausnahme das sich in der Geschichte die Krankheit der Frau auf mehrere Jahre erstreckt.

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                                • Das "echte" Star Wars liegt bereits seit 34 Jahren unter Erde und lässt sich nicht wieder beleben. Kein Prequel, kein Sequel wird das möglich machen.
                                  "Aber niemand konnte Lucas vorwerfen, es nicht versucht zu haben" Ja und Nein. Zum einen hat es einen sehr naiven Charme, wie Lucas versucht hat, seine Geschichte in den Prequels zu erweitern, nur leider waren Episode I-III letztendlich auch nur reinste Studioproduktionen die man am Zielpublikum orientiert zusammengezimmert hat. Da gibt es überlangen Polit-Talk, da ein paar hoffnungslos erbärmliche Romanzen-Dialoge zwischen Anakin und Padme und hin und wieder darf Jar Jar Binks dann ein paar Faxen machen. Zusammen passt das Alles nicht und machen die Prequels zu der CGI überladenden, bunten Masse die sie nun mal ist.
                                  Episode VII funktionierte nach demselben Prinzip, er sollte allen gefallen, nur diesmal ging man viel mehr auf das Zielpublikum ein. Das Ergebnis ist zwar wesentlich gekonnter als die Prequels, aber im Endeffekt genauso langweilig, einfach weil es der Story nichts brauchbares hinzufügt. Rogue One war dann die Bankrotterklärung. Es tut noch heute weh, wie sehr man dieses, eigentlich tolle (nur wie gesagt, lange tote) Franchise nun für Ballerorgien und Kriegsfantasien missbraucht hat.

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                                  • 8

                                    Die Welt ist kaputt. Ein Virus hat sie dahingerafft, die Betroffenen erscheinen mit Pest ähnlichen Beulen auf ihrem Körper, spucken Blut und können nur durch einen Gnadenschuss erlöst werden. Dieses Szenario der Apokalypse wird in IT COMES AT NIGHT auf engstem Terrarium verdichtet. In einer Waldhütte harrt eine Familie aus und kämpft jeden Tag ums Überleben. Eine freie Entfaltung, weder des Vaters, der Mutter, noch des Sohnes, kann nicht mehr stattfinden, alles ist auf das nackte Überleben ausgerichtet.
                                    Als es eines Tages Lebenszeichen einer weiteren Familie gibt, kann das erst einmal viel bedeuten. Es kann einmal die Chance auf ein besseres Überleben bedeuten, weil man zusammen bekanntlich immer stärker ist als alleine, aber gleichzeitig schürt diese Begegnung auch Misstrauen und Paranoia. Den im Endeffekt ist sich hier jeder selbst der Nächste und wenn es drauf ankommt, kann man sich dann wirklich aufeinender verlassen ?
                                    Die große Stärke dieses Filmes ist, wie sehr hier eine fraktuierte Gruppendynamik beleuchtet wird und die äußere Bedrohung dafür oft in den Hintergrund tritt. So verbleibt die Gefahr von Außen oftmals eine Abstrakte, schwer zu fassende, nur um dann wieder komplett präsent hervorzutreten. Diese Gefahr ist nicht nur ein permanent baumelndes Damoklesschwert, sie erschüttert die Gruppe jedes Mal aufs neue, bis schließlich ein falsch gewählter Satz uns jedes letzte Gefühl von Sicherheit raubt.
                                    Und dann gibt es noch Sequenzen in IT COMES AT NIGHT, die im Traum des jungen Travis spielen, der seinem Umwelt noch am wenigsten verarbeiten kann und in denen er von seinen Ängsten heimgesucht wird. Gleichzeitig aber scheint er am meisten am Zusammenhalt der beiden Familien festzuhalten, er sehnt sich nach einer Gemeinschaft, die nicht nur durch Angst aneinander hält.
                                    IT COMES AT NIGHT scheint die einzige Hoffnung, den einzigen Ausweg aus einer infizierten Welt nur in der Aussicht auf Gemeinschaft zu sehen und genau deswegen treffen einen die letzten Minuten dieses Filmes so hart. Ein Teil von mir sieht die bittere, letzte Einstellung des Filmes als subtile Hommage an Bela Tarrs Weltuntergangs-Poem DAS TURINER PFERD, was das Ende umso hoffnungsloser macht.

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                                    • DerDude_ 17.09.2017, 13:41 Geändert 17.09.2017, 16:58

                                      SPOILER :

                                      Das der Sohn (bzw. Jesus) von den Anhängern verspeist wird ist eine groteske Version des christlichen Verspeisens der Hostie. Man spricht auch vom "Leib Christi".

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                                      • DerDude_ 16.09.2017, 14:57 Geändert 16.09.2017, 14:57

                                        "I knew these people, these two people..."

                                        Harry Dean Stanton war einer der größten, ungesungenen Legenden der Kinogeschichte. Seine Filmografie ist enorm, in zahlreiche Genres verschlug es ihn. Er trat in recht billigen Produktionen bis hin zu großem Hollywood-Kino auf und bis ins höchste Alter war seine Aura mit einer Weisheit und einer Würde durchzogen. Ich werde nie sein Gesicht zu Beginn von PARIS, TEXAS vergessen : Verwundert, ohne genaues Ziel vor Augen steht er da, ohne jeglichen Plan wohin ihn die Pfade führen könnten und dann geht er einfach trotzdem los, einem ungewissen Horizont entgegen.
                                        Ruhe in Frieden, du ganz großer.....

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                                        • 5 .5
                                          DerDude_ 14.09.2017, 20:45 Geändert 15.09.2017, 08:21
                                          über mother!

                                          Ein, zusammenfassend, sehr merkwürdiges Erlebnis.

                                          mother! (ein Fragezeichen hätte auch gepasst) ist erstmal ein typischer Darren Aronofsky. Distresse, psychologischer Terror, Angst , die zur erschütternden Realität wird, Obsession. Jennifer Lawrence als Titelfigur (?) muss zunehmend mit ansehen, wie ihre Ehe, ihr Haus und schließlich ihr Leben zum Spielplatz wird und kann nichts dagegen tun. Aronofskys Kamera klebt förmlich an ihr, zeigt ihr Gesicht in breiten Aufnahmen und lässt oft nicht von ihrem Hinterkopf ab. Wir sind gefangen in der passiven Perspektive der Ehefrau eines Künstlers.
                                          Aronofsky deutet die Angst vor Kontrollverlust immer wieder an, steigert sie und eskaliert im finalen Schlussakt dann komplett. An dieser Stelle zeigt er sich sehr einfallsreich, selten hat man so viel Freude an der Dekonstruktion im Kino wahrgenommen. Dennoch aber ist der Weg zu solchen Momenten ein langer, sich ziehender. Das Grundkonzept von mother! ist letztendlich ein sehr vielversprechendes : Was passiert, wenn Kunst als Projektionsfläche zu weit geht ? Wer darf überhaupt entscheiden, was zur Inspiration gemacht werden darf und demnach "für jeden" bestimmt sein soll ? Jennifer Lawrence wandelt durch diese Horror-Vorstellung, nur eine Roman-Quelle zu sein, aber als Mensch nicht mehr ernst genommen zu werden.
                                          Und leider tut sie das verdammt lange. Es ist recht früh klar, wohin der Hase hier läuft, sobald die Abwärtsspirale erst mal begonnen hat, hört sie nicht mehr auf. Und auf Dauer liefert der Film schlicht nicht genug und dreht sich auf weite Strecken im Kreis. Auftritte von Michelle Pfeiffer und Ed Harris sind sehr angenehm, verleihen sie dem Chaos zumindest ein bisschen Charisma, dennoch ist es schade, wenn Aronofsky schlussendlich nicht zu viel mit ihnen anfängt.
                                          mother! wohnt eine zwischenmenschliche Kälte inne, nie wirken die Interaktionen zwischen den Figuren besonders greifbar. Natürlich ist das gewollt, aber es unterbindet leider eine gewisse Faszination für diesen Schrecken.
                                          Im Endeffekt ist Aronofskys erneuter Ausflug ins Wunderland der Psychologie hinter gesellschaftlichen Rollenbildern ein mehr gewollter, als gekonnter, der visuell wesentlich mehr her macht, als er inhaltlich liefern könnte.

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                                              Es flackert und ruckelt unkontrolliert. Wenn wir Robert Pattinson am Ende des Filmes in einer der wenigen, ruhigen Einstellungen von GOOD TIME schließlich tief in die Augen sehen können, spiegelt sich in seinem Gesicht unser eigener Eindruck der vergangenen Höllenfahrt. Die Safdie-Brüder haben erneut einen New Yorker Gossen-Alptraum kreiert der von den Ereignissen an einem einzigen Tag und dem darauffolgenden Morgen erzählt. Nie kommt Pattinson als Connie Nikas zur Ruhe, nie scheint er sein Tempo zu verlangsamen, zumindest innerlich. Für ihn ist es höchste Priorität, seinen geistig zurückgebliebenen Bruder, der durch sein verschulden in Polizei-Gewahrsam sitzt, zu befreien. Dabei nutzt er jede Gelegenheit die sich bietet und lässt nichts unversucht.
                                              Die Safdies inszenieren diese Achterbahnfahrt, wie schon ihn vorangegangenes Drogendrama HEAVEN KNOWS WHAT als wildes Schnittmassaker und mit einer, scheinbar unkontrollierten Kamera, nur um in manchen Szenen jede Hektik komplett zu zerstören und den Zuschauer in einer völlig statischen Einstellung gefangen zu halten. Befremdlich ist es auch, das das Tempo des Filmes fast die gesamte Laufzeit hinweg sich konstant fortbewegt, nur um dann in einer, ebenfalls LSD-ähnlich inszenierten Montage von den Ereignissen eines Vortages zu schildern. Letztendlich aber sind es Einfälle wie diese, die GOOD TIME zu einem schwer zu bändigenden Trip machen, der immer weiß zu überraschen.
                                              Es ist mehr als bewundernswert, wie es den Safdies gelingt, jeden Aspekt des Medium Film zu nutzen um eine Geschichte zum unvergesslichen Trip werden zu lassen, die unter der Führung manch anderer Regisseure zur Alltags-Unterhaltung geworden wäre. Anders als in HEAVEN KNOWS WHAT ist es hier z.b. auch die Tonspur, die völlig eskaliert, wenn etwa ein Nullton-Geräusch urplötzlich auftritt und unerbitterlich das Trommelfell des Zuschauers penetriert.
                                              Inmitten all dessen steht, oder besser, rennt ein Robert Pattinson, wie man ihn so nie und nie besser gesehen hat. Die Besetzung des TWILIGHT-Stars als eine Figur, die tief im New Yorker Gossen-Milieu verwurzelt ist, ist vielleicht der riskanteste Aspekt des Filmes, wusste ein David Cronenberg in COSMOPOLIS noch einst, ihn wegen seiner kühlen, nichtssagenden Haltung sehr gut einzusetzen. Sein Connie Nikas jedoch ist alles, nur nicht kühl oder nichtssagend. Von seinem ersten Auftritt an meistert Pattinson jede Bewegung und jede Gestik des verhinderten Punks, der nun endlich das einzig richtige tun kann und dafür bereit ist, alles zu geben.
                                              Es sei angemerkt, dass das Ende dieses Filmes ein sehr abruptes ist und den Zuschauer bewusst relativ unzufrieden zurücklässt. Somit wird GOOD TIME zu einem Film, den man erst einmal sacken lassen muss, bevor wir den Saal zu Iggy Pop verlassen dürfen. In dem Screening, dem ich beiwohnte, waren Teile des Songs am Abspann untertitelt, man fragt sich ob das gewollt war : "I am not gonna get there. But its a nice dream. Its a nice dream..."

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                                              • Favoriten : Spring Breakers (Korine <3), Moonlight (seit dessen Oscar-Sieg ist A24 längst ganz oben angekommen) und natürlich The Witch.

                                                Empfehlung : Ginger & Rosa von Sally Potter. Ein einfühlsames Coming of Age-Stück mit Elle Fanning in ihrer, in meinen Augen, besten Performance.

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                                                • DerDude_ 06.09.2017, 17:09 Geändert 06.09.2017, 17:21

                                                  Mich verwundert das Desaster so gar nicht.
                                                  Egal ob es jetzt der letzte Marvel-Superheld oder Star Wars VII bzw. die filmische Katastrophe Rogue One ist, diese Filme vereint neben ihrem Studio etwas ganz Entscheidenes : Sie sind furchtbar langweilig inszeniert. Als Zuschauer hat man nie das Gefühl, jemand habe sich hinter der Kamera Gedanken über eine Szene gemacht, nie ist ein prägender Stil vorhanden. Stattdessen wird nur darauf geschaut, das Alles so konsumierbar wie möglich gemacht wird.
                                                  Ein eigener Stil, den ein Regisseur nun mal mit sich bringt, könnte ja Zuschauer irritieren oder gar verschrecken. Es ist kein Wunder, dass Lord und Miller das Weite gesucht haben. Ihr Fall ist bei weitem nicht der schlimmste, es bricht mir bis heute das Herz was dieses Studio mit Edgar Wright und ANT-MAN gemacht hat, ein Film an dessen Konzept er Jahre gearbeitet hatte.
                                                  Colin Trevorrow ist vielleicht eine Außnahme, wahrscheinlich war wirklich der Misserfolg von THE BOOK OF HENRY zu groß. Dennoch : Ich glaube nicht das wir als Zuschauer bei STAR WARS VIII mitbekommen werden, das Rian Johnson hinter der Kamera saß. Wären in Episode VII nicht ein paar Lense-Flares eingestreut gewesen, wer hätte J.J. Abrams als Regisseur identifizieren können ?

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                                                  • Hast du nicht vor ein paar Monaten noch WONDER WOMAN in den siebten Himmel gelobt ? Jetzt musst du mir aber ernsthaft erklären : Wo ist Wonder Woman denn bitte "komplex" oder "ambivalent" ? Im Endeffekt ist sie auch eine austauschbare Figur die ohne Probleme durch einen Mann ersetzt werden könnte.
                                                    Dasselbe gilt bei anderen Beispielen : James Bond könnte ebenso gut eine Frau sein, für John Wick gilt das gleiche. Diese Figuren definieren sich nicht durch ihr Geschlecht, sondern durch ihre Fähigkeiten.
                                                    Ich kenne ATOMIC BLONDE nicht, aber es ist nichts frauenfeindliches daran, wenn ein Charakter, nach denen Formulierungen, nicht Interessant genug ist. Dann ist es halt einfach kein guter Charakter.

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