diceman - Kommentare

Alle Kommentare von diceman

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    über Mayhem

    Ein Bürogebäude unter Quarantäne; ein Virus, welches moralische Hemmschwellen abschaltet und das von Sigmund Freud umschriebene "Es" von der Kette lässt ... soviel zur Ausgangssituation.

    Joe Lynchs Kommentar auf Paradigmen des Klassenkampfes (die da oben, wir hier unten, alle gegen alle) punktet mit messerscharfen Dialogen und halsbrecherischem Tempo und steuert auf ein Massaker zu, an dem sich die BPjM zum BluRay/DVD-Release die Zähne ausbeißen wird. Indem Lynch Protagonisten ausreichend rationales Urteilsvermögen zugesteht um befreite Aggressionen konstruktiv zu nutzen, bringt er Gesellschaftskritik ebenso punktgenau nachhause, wie aus der Nagelpistole abgefeuerte Munition.

    Ein ultrablutiges, amoralisches Vergnügen, Mitternachtskino per definitionem. Im Vergleich zum thematisch ähnlich gelagerten BELKO EXPERIMENT aber leichter goutierbar: wo jener mit KZ-Analogien an die Nieren ging und einen biochemischen Katalysator für die Freisetzung des Tieres im Menschen schuldig blieb, setzt MAYHEM auf voyeuristischen Schaueffekt und unverblümte Satire; deswegen auch der gefährlichere Film, weil er mehr Abstraktionsvermögen vom Zuschauer einfordert.

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    • 7
      über Jungle

      Greg McLean mag keine Touristen, elegische Naturaufnahmen dafür umso mehr. Das war so in WOLF CREEK, und in JUNGLE ist das nicht anders. Diesmal schickt er Daniel "I ain't fucking Harry Potter no more" Radcliffe in die Wildnis rund um den Amazonas, der sich bald zum existenzialistischen Horrortrip entwickelt, und Leos Leidensweg in THE REVENANT in nichts nachsteht.

      Das Skript orientiert sich arg sklavisch an der zugrunde liegenden Biographie, etwas Genre-Eskapismus war durchaus im Rahmen meiner Erwartungen, trotzdem sollte man sich dieses Exempel vom Menschen (üblicherweise das größte Monster in der Fantasy Filmfest-Selection), der in den entfesselten Naturgewalten seinen Meister findet, nicht entgehen lassen. Derartig wuchtige, und archaisch-schöne Aufnahmen gibt selten im Kino zu bewundern.

      • 8

        Da ist er ja, der obligatorische Festival-Nierentreter, der einen schluckt, durchwalkt und halbverdaut auskotzt. HOUNDS OF LOVE braucht verdammt viel Mut, und wer durchhält ... würde jetzt gerne sowas schreiben, wie "wird belohnt" ... allerdings trifft das nicht ganz das Gefühl, wenn man nach 108 nervenaufreibenden Minuten käsebleich, mehr tot als lebendig, mit klammem Gefühl in der Brust, aus dem Saal torkelt.

        Halb Entführungs-Thriller, halb Drama über häusliche Gewalt, und ein schonungslos-realistischer Blick in Abgründe jenseits vermeintlich friedlicher Fassaden der Suburbs. Das größte Grauen erspart uns die Kamera, indem sie rechtzeitig auf Kopfkino umschaltet, was das psychologische Aufreiben der Protagonisten nicht weniger unerträglich gestaltet; ein Exempel in Schmerz und Hoffnungslosigkeit. Dabei liefert Newcomer-Regisseur Ben Young mit seinen hypnotischen Zeitlupen, musikalischem Kontrapunkt, und der intensiven Performance von Emma Booth nicht weniger als filmische Handwerkskunst auf höchstem Niveau.

        Über HOUNDS OF LOVE wird man in Zukunft noch sprechen.

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          diceman 23.02.2018, 21:50 Geändert 03.04.2019, 22:47

          Tinder kills ... zumindest in BAD MATCH, dem ersten offiziellen Genre-Beitrag zum Swipe-Right-Phänomen. Was tun, wenn das Date nicht alle Tassen im Schrank hat? Aus dieser wahrlich nicht originellen Idee strickt BAD MATCH ein temporeiches, spielfreudiges Update mit Seitenhieben auf die Smartphone-Generation, das unverschämt geradlinig auf die Katastrophe zusteuert. Ein kleiner fieser Reißer, der Spaß macht und auch ein bißchen weh tut - also alles richtig gemacht.

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          • 8

            So nihilistisch kann nur Israel ...

            Auf einem verlassenen Militärgelände treffen eine Gruppe Kinder auf Deserteure der israelischen Armee; eins der Kinder stiehlt eine Handfeuerwaffe aus dem Gepack der Soldaten, die Situation eskaliert, und am Ende des Tages werden Kinder keine Kinder mehr sein, aus Menschen werden Leichen, und jenseits des Stacheldrahtes tobt der Krieg weiter, ungeachtet der Leben, die in seinem Schatten ausgelöscht werden.

            LAND OF THE LITTLE PEOPLE gibt sich als Thriller mit Coming-of-Age-Elementen und erzählt vom Verlust der Unschuld. Was spielen Kinder, die in militarisierten Kommunen aufwachsen? Inwiefern ist hier Spiel noch Spiel, als vielmehr Training für das Überleben nach der Schule? Bei den Antworten, die LAND OF THE LITTLE PEOPLE gibt, wird einem kalt, sehr kalt - einer der grausamsten, aufreibendsten Filme, die ich jemals gesehen habe!

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              Ein Arzt, der sein privilegiertes Leben aufs Spiel setzt, als er in die Schattenwelt von Kopenhagen abtaucht um den Mord an seinem Bruder zu sühnen: DARKLAND ist zugleich kompromißloser Gangster-Thriller wie pulsierende Milieustudie über Parallelgesellschaften und aufeinanderprallende Kulturen, mitreißend gefilmt vom irakischen Regisseur Fenar Ahmad. Näher und authentischer kann man sich nicht am Puls der Zeit bewegen. Ein treibender Synth-Score untermalt die in elektrisches Zwielicht getauchten Großstadtbilder.

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              • 9

                Es fällt schwer, bei Nacho Vigalondos neuestem Streich nicht in Euphorie zu verfallen: dauerbreite US-Journalistin entdeckt, daß sie eine telekinetische Verbindung zu einem Monster hat, welches im Hafenviertel von Seoul Gebäude einreißt und Passanten zertrampelt. Anne Hathaway trägt den Film, mit einer anbetungswürdigen Performance irgendwo zwischen beschickerter Hippie-Göre und quirliger Mangapuppe; später kann sie auch ernst, als sie zunehmend über sich hinauswächst.

                Offbeat Humor und real-world Melancholie gehen Hand in Hand, COLOSSAL ist nur auf flüchtigem Blick selbstironisches Kaiju-Getrampel: hinter der Fassade kristallieren sich überraschend tiefsinnige Meditationen heraus, über unsere (Un)fähigkeit miteinander auszukommen, über gesellschaftliche Probleme wie Alkoholismus und fehlende Kommunikation.

                Konventionen auf links gestülpt, mal eben das Genre Beziehungsdrama neu erfunden. Toll, toll, toll. Reine Fantasyfreunde werden eventuell enttäuscht; als Fan von guten Filmen findet man sich in "Best of both Worlds" wieder.

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                  diceman 23.02.2018, 21:45 Geändert 23.02.2018, 21:45

                  Mit seinem Leinwanddebüt THE BLACKCOAT'S DAUGHTER (formerly known as FEBRUARY) ist Oz Perkins (ältester Sohn von Anthony Perkins) eine ganz, ganz tolle Variation des bekannten Bessessenheit/Exorzismus-Themas geglückt, die nicht nur ausgesprochen charakter-fokussiert daherkommt und subtile psychologische Nuancen laut klapperndem CGI-Terror á la INSIDIOUS vorzieht, sondern sich auch tonal und erzählerisch traut, neue Wege zu beschreiten. Passt grad, mit seiner melancholischen Grundstimmung und unterkühlten Bilder, super in die Jahreszeit.
                  Geheimtip!

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                  • 7

                    THE ENDLESS ist kein Film, der einem die Gebrauchsanweisung zu seinem Verständnis auf dem Silbertablett serviert, und ich bin mir auch gar nicht so sicher, ob das bei einem Film, der den Anschein erweckt, man hätte eine Kamera im Unterbewusstsein eines Menschen aufgestellt und immer auf REC gedrückt, als jener anfängt zu träumen, wirklich möglich (und notwendig ist).
                    Ein wunderschön gefilmtes nicht-euklidisches Erlebnis mit Sogwirkung, daß zum Staunen und Rätseln einlädt, und noch lange über den Abspann hinaus fesselt.

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                    • 7

                      Gothic-Grusel aus Irland, der mal nicht laut rasselnd und SFX-lastig daherkommt, sondern düster-romantisch, melancholisch und schwelend. Wirkt in dieser Hinsicht etwas aus der Zeit gefallen: statt Jump-Scares setzt THE LODGERS auf dichte Atmosphäre und in Zwielicht getauchte Bilder von verfallener Architektur, die ihren ganz eigenen Sog entwickeln. Die tolle Hauptdarstellerin und eine Prise Coming-of-Age machen das Erlebnis rund.
                      Hat mir gut gefallen.

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                      • Mir fallen nicht einmal ausreichend Gründe ein, mir einen Marvel-Film zum ersten Mal anzugucken.

                        • diceman 31.12.2017, 15:01 Geändert 31.12.2017, 15:08

                          Gemessen an der Erwartungshaltung haben mich ALIEN: COVENANT, GHOST IN THE SHELL und 47 METERS DOWN am meisten überrascht.

                          ALIEN: COVENANT wurde von der Presse dermaßen zerfetzt, da konnte man nur mit niedrigen Erwartungen rein - nun ja, ich mochte schon das Stiefkind PROMETHEUS, und meinetwegen darf Ridley Scott die philosophische Linie mit Fokus auf künstlicher Intelligenz gerne weiterbehalten; das ermöglicht faszinierende neue Sichtweisen auf den Mythos - allemal besser als ein x-beliebiger Weltraum-Slasher.

                          47 METERS DOWN: hätte nicht gedacht, daß das minimalistische Konzept soviel hergibt, ist aber ausgesprochen fokussiert erzählt und schick gefilmt. Da konnte ich nicht anders als mitfiebern.

                          GHOST IN THE SHELL: Warum ist der nochmal schlecht? Achso, Reflex-Downvotes von der Anime-Fraktion (deren Welt wahrscheinlich zusammenbricht, wenn sie erfahren, daß GitS auch nur eine Variation von NEUROMANCER ist). Okay, das Finale ist aus dem ROBOCOP-Baukasten, aber die wichtigsten Ideen sind präsent, und liefert im Mittelteil sogar eigene Impulse. Eine etwas mutigere Auflösung hätte ich mir gewünscht - das jetzige Ende ist arg auf Franchise-Building ausgerichtet.

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                            über Raw

                            Ohnmachtsanfälle in Toronto: bessere Promo kann sich ein Film nicht wünschen; von Autor/Regisseurin Julia Ducournau wird man in Zukunft sicherlich noch hören.
                            Verstörend, berührend, aufwühlend, psychologisch ausgefeilt, mit feinen schwarzhumorigen Spitzen abgeschmeckt ... eines jener filmischen Phänomene, wie sie nur 2-3 Mal pro Dekade passieren, die Genre-Begriffe transzendieren und sich mit visionärem Schneid in die Netzhaut fräsen. RAW muß man erlebt haben (starke Mägen und Nerven vorausgesetzt)!
                            You have been warned!

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                              Okkulter Seelenraub im Free4All-Social-Media-Glashaus: UNFRIEND a.k.a. FRIEND REQUEST liefert souverän inszenierte B-Thrills auf dem Klischee-Campus, die Dramaturgie folgt ausgelutschten Mustern (NIGHTMARE ON ELM STREET, anyone?), ist aber nicht schlimm, weil's wirklich schick ausschaut und Regisseur Simon Verhoeven die Schocks nachhause bringt. Ein großartiger Soundtrack bügelt die letzten Schwächen weg. So dürfen deutsche Genre-Produktionen gerne häufiger aussehen.

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                                diceman 08.02.2017, 17:47 Geändert 14.02.2017, 19:18
                                über Vanessa

                                VANESSA gehört zu der Art von Film, für deren TV-Ausstrahlung ich mit 12 Jahren spät nachts wach geblieben bin, und dann doch enttäuscht war, daß so wenig gefickt wurde. Heute erfreut man sich an bekloppten Szenen wie der Reisdusche, und Dialogperlen der Marke: "Das Klima drückt einem die Schenkel auseinander" und "dein Busen ist viel schöner als meiner". Achso, Handlung gibt's auch:

                                (Nicht ganz so) unschuldige Klosterschülerin erbt eine Bordellkette in Hong Kong, und verbringt das Gros ihrer Laufzeit ihre Sexualität zu entdecken: Männern mit sexy Popelbremse den Kopf verdrehen, hier ein lesbisches Küßchen, da ein bißchen BDSM-Ringelpiez, und wem jetzt immer noch nicht die Lenden jucken, respektive die Birne qualmt, für den gibt's Voodoo-Sexmagie in karibischer Strandidylle. Gern geschehen. Das alles führt leider nirgendwohin, und so verwundert es kaum, wenn auf einmal der Abspann läuft, ohne daß Vanessa (oder wir) etwas dazugelernt hätten. Außer vielleicht, daß das nächtliche Fernsehprogramm in den letzten Jahrzehnten erheblich an Qualität eingebüßt hat.

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                                  diceman 30.01.2017, 22:57 Geändert 31.01.2017, 03:29

                                  Basierend auf einem Ereignis, daß sich um die Jahrhundertwende (19./20. Jahrhundert) in Australien zugetragen hat: bei einem Ausflug in die Wildnis bleiben drei Schülerinnen und eine Lehrerin verschollen. Spurlos. Bevölkerung, Polizei und Internatsleitung sind ratlos, und wo man hinsieht, verstörte Blicke, brütende Gesichter, verschwörerisches Tuscheln. Die flirrende Sommerluft, das Echo eines verhaltenen Kicherns, die verträumte Atmosphäre - alles Fassade: hinter den Mauern einer Erziehungsanstalt für privilegierte junge Damen brodelt es gewaltig ...

                                  PICKNICK AT HANGING ROCK hat mich nachhaltig beschäftigt: großes Kino mit großen Bildern und großen Emotionen, und einer ambivalenten Inszenierung, die Spielraum für Interpretation lässt. Poetisch und mysteriös, ebenso behutsam wie unerbittlich und irgendwie "schwelend". Hat mich über seine komplette Laufzeit in Bann geschlagen. Ein Film über Legendenbildung.

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                                    THE SEASONING HOUSE macht es einem nicht einfach, der pisst nämlich Drama-Queens wie Exploitation-Fans gleichermaßen ins Müsli. Für einen bloßen Unterhaltungs-Thriller wird das Setting zu desolat und schonungslos ausgeschlachtet, mit extra gritty Note, dank Balkan-Kriegs-Szenario. Verändern wird der Film nix, dafür ist er zu sehr Genre: rausgekommen ist ein Quasi-Exploitation-Suspense-Rache-Drama, das in der Darstellung von Zwangsprostitution durchweg an die Nieren geht, dann, im Vigilante-Part in bester "Zeig's-ihm!"-Manier die blubbernde Blutsuppe auftischt, und sich dann auch noch traut, im Finale eine Antiklimax aufzufahren (die ich in Aussage und Exekution aber ziemlich wirkungsvoll fand).

                                    Warum das vielleicht doch irgendwie funktioniert? Rosie Day ist ein zierliches Mädchen, der man ihren erbitterten Überlebenskampf zu jeder Sekunde abnimmt, weil sie eben nicht unvermittelt zum Super-Girl mutiert, sondern jedwede physische Herausforderung innerhalb ihrer körperlichen Grenzen mit den ihr von Gott gegebenen Mitteln nachvollziehbar meistert. Ich fands mitreißend, auch gut gefilmt und gespielt.

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                                      diceman 30.01.2017, 19:11 Geändert 31.01.2017, 03:53

                                      Pubertärer "Boah bin ich hart"-Quatsch, für Normalzuschauer quasi unanguckbar: per Strichliste alle Widerwärtigkeiten zum Thema Snuff-Porn in einen Topf geschüttet und einen zweitklassigen "Twist", der nach der zehnten Minute absehbar ist, hintendran geklatscht, und dessen "Big Reveal"-Inszenierung an Peinlichkeit nicht zu überbieten ist - fertig ist der nach Aufmerksamkeit geifernde Gemütserreger. Für alle Beteiligten eine ziemliche Fremdscham-Nummer - hätte einer meiner Bekannten diesen Film produziert (oder gar gedreht), würde ich ihm/ihr die Freundschaft kündigen.

                                      Für ECHTE Kontroverse muß ein Film eine Idee liefern, welche die Handlung transzendiert und mich über das Gezeigte reflektieren lässt, mein moralisches Empfinden in eine Sackgasse drängt, so geschehen in MARTYRS, DEVIL'S REJECTS, EDEN LAKE oder INSIDE - dafür ist SERBIAN FILM zu oberflächlich und schludrig geschrieben, suhlt sich in pornographischer Übertreibung, wüsten Behauptungen und unglaubwürdigen Wendungen - wie egal den Machern ihre eigenen Charaktere sind, merkt man in den Dialogen: da geht's ausschließlich ums Wichsen oder Ficken; stattdessen Imaginationen übers soziales Umfeld, ein empathischer Appell, oder dem Zuschauer ein Gespür für gelebte Werte zu vermitteln, das bleibt SERBIAN FILM uns schuldig. Provokation, die nicht provoziert - wie ein 9-jähriges Arschlochkind, daß mich "Fotze" nennt, vors Schienbein tritt, und sich dann aus Trotz einpinkelt - da halte ich auch nicht an und fange an zu argumentieren, ich gehe einfach weiter und bemitleide die Eltern.

                                      Hat mich der Film verstört und abgestoßen? Ja. Hat er mich aufgerüttelt oder bewegt? Nein. Hat er mich gelangweilt? Auch.

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                                      • diceman 26.01.2017, 13:08 Geändert 26.01.2017, 15:13

                                        Wer hat sich das Originalinterview gegeben? Hier wird weder Kannibalismus verniedlicht, noch als Norm propagiert. Im Gegenteil: ausgesprochen vernünftige Worte sind das, wenn man sich die gesprochenen Worte mal im Kontext gibt und Frau Ducournaus Ansichten zu moralischer Integrität mit einrechnet. Im Kern absolut humanistisch und auf andere gesellschaftliche Sachverhalte übertragbar. Meine Vorfreude auf RAW bleibt ungebrochen.

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                                          diceman 26.01.2017, 07:02 Geändert 26.01.2017, 08:58

                                          Semi-authentisches Biopic über Pop-Provokateur Serge Gainsbourg, dessen größter "Coup" es wohl war, der damals 18jährigen France Gall einen Song über Oralverkehr auf die Stimmbänder geschrieben zu haben, den diese, ohne die tiefere Bedeutung zu verstehen, mit unschuldigem Lächen vortrug und so nur einen von vielen Mainstream-Hits (written by Serge) landete; oder seine Reggae-Version der "Marseillaise", die beinahe einen Volksaufstand provozierte, inklusive Bomben- und Morddrohungen ...

                                          Die France-Gall-Episode wird im Film nur angerissen (und leider weichgespült). Trotzdem bleibt ein aufregend und poppig inszeniertes Feature, daß in anderen Lebensabschnitten des Auteurs es umso deutlicher versteht, den zwiespältigen Charakter seines Protagnoisten hervorzuheben. Visualisiert wird jener schillernde Wesenszug als Alter Ego "Häßliche Fresse", eine von ihm selbst in Kindertagen erdachte Comicfigur (Symbiose aus kindlicher Imagination und Nazi-Karikatur vom Bösen Juden), die ihn bis ins Erwachsenenalter begleitet. Und je älter er wird, desto weniger ist er auf "Häßliche Fresse" angewiesen, wenn es darum geht, mal wieder das Arschloch heraushängen zu lassen. Als Casting-Glücksgriff stellt sich Eric Elmosnino heraus, der das Original (besonders im Alter) täuschend ähnlich verkörpert.

                                          Da bei dem Zigarettenqualm, der von allen Beteiligten produziert wird, es an ein Wunder grenzt, daß man überhaupt was vom Set sieht, doppelt Augen auf für den Auftritt von Laetitia Casta als Brigitte Bardot, der ist nämlich BOMBE!

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                                              diceman 02.12.2016, 08:02 Geändert 07.12.2016, 14:14
                                              über Arrival

                                              Villeneuves erster großer Fail. Dabei erachte ich Aufbau und Pay-Off bis kurz vor Schluß gelungen, die paar INTERSTELLAR Vibes inklusive; mag so humanistisch angehauchte SF ganz gerne. Zumindest auf visueller Ebene kann man ihm keinen Strick drehen, auch an interessanten Ideen mangelt es nicht. Aber dann kommt das dumme, haarklein ausbuchstabierte Ende, welches jegliche Ambivalenzen (und damit Gründe, sich mit den Fragen, die der Film aufwirft, weiter zu beschäftigen) im Keim erstickt. Stinkt nach fettem Produzentenschwein, das kurz vorm Final Cut nochmal im Studio vorbeigehechelt ist - der ENEMY-Villeneuve hätte das sicher behutsamer inszeniert.

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                                                Ganz schön blah.

                                                Ein SFX-Overkill sondergleichen, der einen mit zunehmender Laufzeit weniger und weniger berührt - die sich auffaltende Stadt in INCEPTION war seinerzeit ein Wow-Moment, der mich in den Sitz gedrückt hat; wenn im DR. STRANGE-Intro auf ähnliche Weise Eindruck geschunden wird, muß das größer, schneller, weiter daherkommen, mit noch mehr beweglichen Komponenten, alles was der Rechner hergibt - und mehr ist da nicht; einfach nur sterile Spezialeffekte. Später dann mehr davon. Und im Finale dreimal soviel.

                                                Bin auch immer etwas verstört, wenn ich einen Protagonisten serviert bekomme, der ALLES kann - und damit meine ich nicht Christian-Grey-Alles (Helikopter fliegen, Geld scheffeln, Klavier spielen, mit seinen Blicken multiple Orgasmen auslösen), sondern wirklich fucking "Alles"! Find sowas langweilig, weil's Tür und Tor für Logiklöcher und Erklärbär-Fallen öffnet; da muß der Bösewicht immer zweimal mehr Übermächtiger sein - und wo so'n beklopptes Wettrüsten irgendwann endet, muß ich nicht näher erläutern. Wie soll das denn in Zukunft mit den Avengers laufenl? BRAUCHT Cumberbatch die Avengers überhaupt noch? Der kann sich mit 'nem Fingerschnippsen durchs Universum teleportieren und jede Gefahr mal eben in die Spiegeldimension hieven und dort mit seinen Über-Skills genüßlich auseinandernehmen - und falls mal doch was schief geht, macht nichts, kann man ja die Zeit zurückdrehen. Puh, nochmal Glück gehabt.

                                                Ist mir auch egal, ob das werkgetreu ist - find das Konzept von magiebegabten Superhelden per se einen ziemlichen Bullshit. Kann ich jetzt bitte DEADPOOL 2 haben?

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                                                • diceman 11.09.2016, 05:43 Geändert 11.09.2016, 10:55

                                                  Maximal bekloppte Statistik (und Artikel). Klar gibt es in Hollywood einiges aufzuholen, was Gleichberichtigung angeht. Aber dies an blanken Zahlen festzumachen ("es müssen Drehbüchern im Durchschnitt lediglich 5 mehr weibliche Charaktere hinzugefügt werden"), ist hirnverbrannt und kontraproduktiv. Es nervt. Sind Slasher-Filme jetzt per se feministischer, weil da mehr Frauen als Männer über die Klinge springen? Was interessiert mich, ob ein Mann oder eine Frau einen Film gemacht hat? Mir ist ja auch egal, ob ein Arzt oder eine Ärztin meinen Blinddarm rausholt, oder wer mir die Haare schneidet, Hauptsache, er/sie hat Ahnung von der Craft. Wichtig ist doch, wie die Person hinter der Kamera zu Frauen und Männern steht, und was in Dialogen vermittelt wird, nicht die Anzahl der Textzeilen pro Geschlecht - Newsflash: nicht jeder männliche Regisseur ist ein Sexist, und nicht jede Regisseurin die Heilung für die Krankheit (POISON IVY 2, looking at you - ein konservativ-verbohrteres, einseitigeres Frauenbild ist kaum vorstellbar). Und auch in Filmen von Frauen gibt es -schock- Frauen, die bewußt (und selbstbewußt) mit ihren Reizen spielen (Soska Sisters, AMERICAN MARY) - ist doch nichts Verkehrtes dran, that's life, so funktioniert unser genetischer Code, und mein Gehirn ist weit genug entwickelt, daß ich mich trotzdem in der Lage sehe, eine Armlänge Abstand zu halten; nicht weil's mir Politik und Erziehung vorschreiben, sondern weil mir Empathie, Einsicht und Bildung schlichtweg kein anderes Verhalten durchgehen lassen. Und in den richtigen Händen kann auch ein Film mit einer sexy in Szene gesetzten Protatonistin feministische Ideale transportieren (TEETH/THE LONG KISS GOOD NIGHT) - daher, liebe Moviepilot*Innen, ein Appell: bitte etwas mehr Fokus auf Inhalte und differenzierte Ausführungen, nicht gleich in blindem Aktionismus nach dem Ampelweibchen schreien.

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                                                  • diceman 12.07.2016, 18:48 Geändert 12.07.2016, 18:48

                                                    Nicht auf Vollständigkeit geprüft ... und, ja, BLADE RUNNER ist geil, keine Frage. Die Liste unten ist eher persönlicher Natur, beinhaltet vorwiegend Filme, die mich in einer besonderen Stimmung heimgesucht, und dann nicht mehr losgelassen haben:

                                                    http://www.moviepilot.de/liste/10-beste-science-fiction-filme-diceman

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