EudoraFletcher68 - Kommentare

Alle Kommentare von EudoraFletcher68

  • 3 .5

    Geschichtslehrfilm für Schüler oder vielleicht für ein einfach strukturiertes einheimisches Publikum. Es geht um das Leben und Wirken der GomburZa, drei philippinische römisch-katholische Pfarrer, die während der späteren Kolonialherrschaft der Spanier hingerichtet wurden. Vorher wurden sie aber von den spanischen Kirchenoberhäuptern ihrer Ämter enthoben, weil man sie aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit loswerden wollte. Da die Filipinos sehr religiös sind, ist dieses Kapitel ihrer Geschichte vermutlich von besonderem Interesse.

    Der Film ist so bieder und langweilig inszeniert, dass er mir gar keinen Spaß gemacht hat. Der Kitsch hat es auch nicht besser gemacht. Ein paar geschichtliche Infos über die Zeit der Kolonialherrschaft zu bekommen ist in Ordnung, aber dafür hätte ich keinen knapp 2stündigen Film gebraucht. Noch dazu fiel mir mit zunehmender Laufzeit auf, dass in dem Film eigentlich kaum Handlung gezeigt wird, sondern überwiegend verschiedene Bühnenbilder, in denen (vornehmlich) Männer zusammensitzen oder stehen und schwadronieren. Somit kann ich mir nur schwer vorstellen, dass GOMBURZA für ein breiteres Publikum geeignet ist, da einfach nur todeslangweilig.

    Die Darsteller sind halbwegs ok, allerdings mit Tendenz zum Overacting und die Dialoge wirken auswendig gelernt und steif.

    https://boxd.it/bZCw2

    24
    • 9
      EudoraFletcher68 07.05.2024, 05:52 Geändert 07.05.2024, 06:18

      Eudora guckt Filme, die auf den Filmfestspielen in Cannes gezeigt wurden. #180

      LA PIANISTE war für die Goldene Palme nominiert, Michael Haneke erhielt den GRAND PRIZE DE LA JURY, Isabelle Huppert wurde als beste Darstellerin und Benoît Magimel als bester Darsteller ausgezeichnet.

      Dank ARTE habe auch ich entdeckt, dass neben Lars von Trier, Ken Loach und den Dardenne-Brüdern Michael Haneke ein regelmäßiger Gast auf den Filmfestspielen in Cannes ist.

      Eine um die 40jährige Musikprofessorin unterrichtet an einer Wiener Musikhochschule Klavier und lebt mit ihrer dominanten Mutter, die jeden ihrer Schritte eifersüchtigen überwacht, zusammen. Diese verfolgt sie mit Vorwürfen, wenn sie nicht rechtzeitig daheim ist. Die beiden schlafen außerdem zusammen im selben Bett.
      Gelesen habe ich, dass die Pianistin angeblich ...

      ANFANG SPOILER
      ....Masochistin sein soll. Das erklärt natürlich überhaupt nichts. Ich glaube eher, dass sie eine Borderline-Persönlichkeitsstörung hat: Sie verletzt sich selbst mit Rasierklingen (an Stellen, wo es außer ihr niemand entdecken kann), ist in einer Hass-Liebe verstrickt und kann sich von ihrer Mutter nicht lösen, hat diverse sexuelle Perversionen, ist einerseits sehr sensibel, andererseits brutal, hat kein Gewissen und kennt keine Grenzen (verletzt andere, wenn sie z.B. wütend auf sie ist oder pinkelt neben ein Auto in dem ein Paar gerade GV hat). SM ist nur ein Element ihrer Borderline-Störung. Sie hat wahnsinnige Angst vor Nähe und gleichzeitig kann sie aber auch nicht allein sein. So versucht sie mit ihren Regeln ihre Gefühle und den jungen Mann unter Kontrolle zu kriegen. Außerdem versucht Erika ihre Emotionen unter Kontrolle zu haben, bzw. sie gar nicht erst zu fühlen (z.B. durch die Selbstverletzung). Sie sagt zu dem Jungen, sie habe keine Gefühle (was natürlich Unsinn ist, sie hat extreme Gefühle und agiert diese auch aus).
      Entsprechend der Beziehungsdynamik der Borderline-Störung fragt der jugendliche Liebhaber sie: „Warum zerstören, was uns zusammenbringt?“ Genau darum geht es aber für Menschen mit Borderline-Persönlichkeiten: Sie zerstören das, was ihnen nah kommt, das was sie lieben. Der Protagonistin gelingt es indem sie dem verliebten Jungen ihre sexuellen Perversionen offenlegt, woraufhin er sie verachtet und dann auch hasst. Wenn die Borderlinerin zerstört hat, was sie liebt, beginnt sie von vorne, versucht, verzweifelt, es wieder zu reparieren. So auch hier. Innerhalb kürzester Zeit war es ihr gelungen, den Jungen von sich wegzustoßen. Einen Tag später versucht sie ihn wieder zurück zu bekommen.
      Es gibt eine Szene mit der Mutter im Bett, da wirkt es fast so als versuche sie mit der Mutter Sex zu haben, was natürlich auf sexuell übergriffiges Verhalten durch die Mutter in der Kindheit der Frau hindeutet. Auch dass sie sich übergibt, als sie mit dem Jungen GV hat, deutet darauf hin, dass Sexualität für sie extrem bedrohlich ist.
      Es stellt sich dann heraus, dass sie den Liebhaber gut ausgewählt hat, denn nach anfänglichem Zögern geht er auf ihre Bedürfnisse ein.
      ENDE SPOILER

      Das Psychogramm dieser kranken Frau hat mir super gut gefallen! Herr Haneke hat echt Ahnung von psychischen Abgründen und Beziehungsdynamiken. Womöglich hat ja E.L. James sich hiervon etwas abgeguckt?

      Vielleicht werde ich ja nun noch zum Haneke Fan?

      Isabelle Huppert werde ich garantiert nie mehr vergessen. Sie hat die Auszeichnung als beste Darstellerin für diese Rolle absolut verdient.

      Bis zum 13.10.2024: https://www.arte.tv/de/videos/024203-000-A/die-klavierspielerin/

      https://boxd.it/eqWlK
      https://boxd.it/pX9xC

      30
      • 4
        EudoraFletcher68 07.05.2024, 05:50 Geändert 07.05.2024, 06:17

        Nun habe ich es also mit Prinzessin Monoke versucht. Ich hatte es schon befürchtet, denn ich hatte vor längerem den Film schon einmal begonnen und nach 30 Minuten abgebrochen. Auch dieses Mal kann ich nicht besonders viel mit der ersten halben Stunde anfangen, aber ok, wenigstens musste ich bei der deutscher Synchro keine UT lesen.

        Leider ging es mir genauso wie beim ersten Mal: Mir gefallen die Bilder nicht und die Geschichte hat mich auch kalt gelassen. Im Grunde eine große Ödnis.

        Es freut mich für alle, die darin ein Meisterwerk finden und Loblieder darauf singen. Für mich war´s nichts. Ich wird´s dann demnächst noch mit einem der anderen Werke von Hayao Miyazaki versuchen.

        https://boxd.it/5eyv2

        24
        • 8 .5
          über Divines

          Eudora guckt Filme, die auf den Filmfestspielen in Cannes gezeigt wurden. #179

          DVINES war für die Queer-Palme nominiert (was mMn nicht so naheliegend ist) und wurde mit der Goldenen Kamera und dem SACD Prize - Special Mention auf der Director's Fortnight ausgezeichnet.

          Die Protagonistin, eine ungefähr 13jährige Schülerin hält am Anfang ihrer Lehrerin einen Vortrag über Geld und das Geldverdienen, den ich total nachvollziehen und genau so unterschreiben könnte. Nur kann man als jugendliche Schulabbrecherin wahrscheinlich nur Geld mit Prostitution oder Kriminalität verdienen. Und wo das in der Regel hinführt, weiß man ja.

          Zuerst einmal versuchen die Mädchen ihr Glück bei einer Dealerin aus dem Viertel. Witzig ist, dass man als Zuseherin den Mädchen nur das Beste wünscht und fast hofft, dass sie beim Drogenverkauf nicht geschnappt werden. 🤔 Natürlich passiert Dounia auf dem Höhepunkt ihres Höhenflugs etwas – ich habe an der Stelle erst einmal den Film angehalten, weil ich nicht sehen wollte, wie es abwärts geht. So schön war der Höhenflug!!

          Die beiden Mädchen sind topp-Schauspielerinnen, vor allem Oulaya Amamra finde ich großartig. Sie ist voller Energie und sehr ausdrucksstark! Dass sie außerdem auch noch wahnsinnig hübsch ist, schadet natürlich auch nicht.

          Die Bildqualität ist großartig, die Auswahl der Locations auch. Ebenso gefallen mir die verschiedenen Elemente, die z.T. nicht so viel mit der Haupt-Handlung zu tun haben (z.B. die Szenen mit dem jungen Kerl, der als Balletttänzer trainiert) super.

          Die Inszenierung ist temporeich, genauso wie die Mädchen. Stringent und gradlinig ist die Geschichte aber nicht. Wenn man so einen Stil nicht mag, sollte man den Film besser auslassen.

          https://boxd.it/eqWlK
          https://boxd.it/pX9xC
          https://boxd.it/lsxHS
          https://boxd.it/2tBzk

          29
          • 7

            Meine nahende Trennung von N***l** Ende Mai führt zu einer vermehrten Sichtung von Filmen, die noch Potenzial haben.

            UNFROSTED gehörte dazu. Seinfeld ist mir sympathisch und als Kind habe ich auch Corn Flakes gegessen. Also....

            Überrascht war ich, dass nur so wenige Kollegen hier den Film gesehen haben.
            Jerry Seinfeld als Autor/Regisseur/Hauptdarsteller erzählt eine entzückende Satire über den Kampf der großen Frühstücksflockenanbieter Kellog´s und Post um den Markt, inclusive Spionage, Entführungen, Aufkauf aller Zuckervorräte usw., usw. Die Bilder der 1960er sind erstaunlich gut gelungen, die Charaktere sind natürlich total überzeichnet, aber wirklich gut gelungen. Echt witzig ist auch die Diskussion über die Inhaltsstoffe...
            Supersympathisch und klug finde ich Seinfelds popkulturelle Referenzen (Ich habe mit Sicherheit nicht ansatzweise alle erkannt, aber die, die ich bemerkt habe sind toll): Don Draper entwickelt eine Werbekampagne für Kellog´s, mit beim Pitch sitzt Roger Sterling! Und auch der Sturm auf das Kapitol wurde integriert.

            Ich würde mal davon ausgehen, wem DON´T LOOK UP gefallen hat, der müsste auch UNFROSTED mögen.

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            • 8 .5

              Eudora guckt Filme, die auf den Filmfestspielen in Cannes gezeigt wurden. #178

              L'ARGENT war für die Golde Palme nominiert und Robert Bresson wurde als bester Regisseur ausgezeichnet.

              Der letzte Kommentar ist 11 Jahre alt! Das geht ja gar nicht!

              Der Film ist auf mehreren Ebenen interessant. Die manifeste Geschichte zeigt uns, dass das Geld die Welt beherrscht und der Kapitalismus die Wurzel allen Übels ist. Wir beobachten die Folgen für die Menschen, hier vor allem für einen Mann aus der Arbeiterklasse. Die Inszenierung ist absolut ökonomisch. Keine überflüssige Szene, keine überflüssige Geste. Alles ist total auf den Punkt und jede Szene erfüllt einen Zweck (wenngleich sich mir dieser im letzten Viertel nicht immer erschlossen hat). Die Figuren wirken großteils wie Zombies - ein Vergleich der einem wohl nur einfällt, wenn man viele Zombiefilme gesehen hat, sonst würde man vielleicht sagen, wie ferngesteuert. Was sie ja auch sind, vom Geld.

              In Paris sind gefälschte 500 Franc-Scheine im Umlauf. Derjenige, der damit auffliegt, bekommt den ganzen Ärger. in diesem Fall ist es ein Heizöllieferant, der 3 gefälschte Scheine aus einem Fotoladen bekommen hat. Als er bei der Polizei angibt, dass er die Scheine aus diesem Laden hat, machen der Eigentümer und der Assistent eine Falschaussage. Das hat sehr negative Konsequenzen für den Heizöllieferanten. Der Assistent bestiehlt seinen Chef, da er diesen eh für einen Lügner und Dieb hält.
              Die Aufnahmen sind topp! Allein für die Bilder von Frankreich aus den 1980ern lohnt sich der Film schon. Auch die Wohnungen und die Einrichtungen sind super.

              Interessant finde ich den 16 Jahre alten Kommentar von maslobojew: "Wer Michael Haneke mag, sollte sich auch Robert Bresson anschauen (und umgekehrt)." Reiner Zufall, dass ich L'ARGENT kurz nach einigen Haneke-Filmen sah. Keine Ahnung, ob mir der Vergleich eingefallen wäre.

              [Meinen Dank an cine!]

              https://boxd.it/eqWlK
              https://boxd.it/pX9xC

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              • 8

                Ich gucke noch ganz schnell alles, was Potenzial hat auf N***l**, bevor meine Kündigung wirksam wird. Die haben Perlen des indischen Kinos und, wie ich auch festgestellt habe, supergute unbekannte ältere skandinavische Filme. Diese aus der großen Menge an Schrott herauszufischen ist die Kunst!

                Dieser Film ist auch für Indien-Film-Einsteiger geeignet.

                Wunderbare Low Budget- (lt. Wikipedia und Währungsrechner bis 550.000 €) Dramödie um zwei vertauschte frisch getraute Ehefrauen. Eine der beiden Frauen will nicht wieder gefunden werden, was die Suche verkompliziert. Manche der Polizisten haben auch ihre eigene Agenda, was das Finden der jeweiligen Familien der Frauen auch noch erschwert. Im Lauf des Films verändert sich der Schwerpunkt und was einfach nur als Verwechslungskomödie begonnen hat, bekommt überraschenden Tiefgang und vor allem auch weibliche Empowerment!

                Das Lokalkolorit und die Auswahl der Locations sind wunderbar. Die Darsteller, bis auf einen Polizeikommissar (wahrscheinlich ein Verwandter von irgendeinem einflussreichen Beteiligten), sind auch alle gut. Die Bilder finde ich sehr schön.

                BOMBAY DIARIES von Kiran Rao hatte mir auch sehr gut gefallen. Aber mit LAAPATAA LADIES hat sie sich definitiv noch gesteigert. Je länger der Film läuft, desto besser wird er!

                Lohnt sich total! Es gibt viele entzückende Momente... Eine höhere Bewertung war nicht möglich, weil der Film auch ein paar Defizite (z.B. im Drehbuch: der geldgierige Inspektor wird plötzlich zum Menschenfreund und am Schluss wird´s etwas sehr kitschig) hat, aber das ändert nichts daran, dass LAAPATAA LADIES ein schöner Gute-Laune-Film ist.

                https://boxd.it/esNdm
                https://boxd.it/jrTey
                https://boxd.it/cQ8hC

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                • 8 .5
                  EudoraFletcher68 04.05.2024, 07:37 Geändert 04.05.2024, 07:57

                  Eudora guckt Filme, die auf den Filmfestspielen in Cannes gezeigt wurden. #177

                  FALLENDE BLÄTTER war für die Goldene Palme nominiert und wurde mit dem Jury Preis ausgezeichnet.

                  Ich liebe Kaurismäki, auch wenn ich nicht alle der 15 gesichteten Filme liebe (aber viele davon): https://boxd.it/3VNo4

                  Er knüpft hier an seine älteren Filme wie ARIEL oder SCHATTEN IM PARADIES (SHADOWS IN PARADISE) an, auch musikalisch. Leider sieht die Welt von heute nicht mehr so interessant und bunt aus, wie die Welt der 1970er und 1980er. So sehen auch die Bilder aus. Nicht, dass die Kamera nicht gut wäre, nur leider ist die Welt einfach nicht mehr so interessant (alles glatt und irgendwie gleichförmig).
                  Während überall im Hintergrund die Nachrichten laufen und die aktuellen Todeszahlen in der Ukraine und den Stand von Putins Krieg angeben, sieht man einigen Menschen bei ihrer Arbeit und ihrem Leben zu: Eine Supermarktverkäuferin, einige Bauarbeiter, die in Containern leben. Die beiden Männer gehen abends in einen Karaoke-Lokal und der eine singt recht schön – entzückend!

                  Großartig ist seine mehr oder weniger subtile Kapitalismuskritik. Z.B. muss die Supermarktverkäuferin muss abgelaufene Ware in die Müllpresse werfen. Sie darf sie weder Bedürftigen schenken, noch ein abgelaufenes Käsebrot selbst essen. Der Wachmann meldet sie der Geschäftsführung und darauf wird ihr fristlos gekündigt. Das geht in der für Kaurismäkis Charakteren typischen kühlen und kurz angebundenen Art von Statten. Solche Szenen gibt es mehrere. Mich würde ja zu sehr interessieren, ob die Finnen wirklich so drauf sind. Kenne nur leider keinen.

                  Dazwischen gibt es ein paar kleine Schmankerl für Filmfans, wie z.B., dass die beiden Protagonisten ins Kino gehen und sich...

                  ACHTUNG MINI SPOILER
                  ... THE DEAD DON´T DIE ...
                  ENDE SPOILER

                  ... ansehen. Auch wenn ich den Film nicht so den Burner finde, so liebe ich doch Jim Jarmusch (noch mehr als Kaurismäki). Überhaupt ist die Annäherung der beiden so schön inszeniert, dass mir das Herz aufgegangen ist. Leider ist die Beziehung nicht gerade einfach und der Mann muss sich entscheiden zwischen dem Alkohol und der Liebe. Wie so etwas meistens ausgeht, weiß man ja.

                  https://boxd.it/pX9xC
                  https://boxd.it/gDz9g

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                  • 8 .5
                    EudoraFletcher68 04.05.2024, 07:36 Geändert 04.05.2024, 12:52

                    Danke, OUROBOROS, GlorreicherHalunke, Tormund und Miss_Jupiter, dass ihr mich ermutigt habt, diese sehr ungemütliche Mini-Serie weiter zu gucken!

                    Natürlich ist BABY REINDEER fantastisch! Aber das Geschehen ist auch krass gruselig, vor allem, weil man ja nachlesen kann, dass die Mini-Serie auf den wahren Erfahrungen des Autoren/Regisseurs/Hauptdarstellers beruht. Wenn man googelt, findet man einen Artikel darüber, dass die „echte“ Martha sich nun an die SUN gewendet habe und behauptet, sie würde von Richard Gadd gestalkt werden....

                    Ein armer Mensch Ende 20 mit einem geringen Selbstwert, einer unklaren sexuellen Identität und einer gewissen Portion Talent, die aber keinesfalls ausreicht, um ein guter Comedian zu sein, arbeitet am Tresen einer Bar und versucht, sich zu seinem Traumberuf Comedian zu mausern. Eines Tages kommt eine dicke Frau um die 40 in die Bar gestolpert und aus irgendeinem Grund finden sie spontan Gefallen aneinander. Er lädt sie auf eine Tasse Tee ein und sie machen Scherze miteinander. Ehe er es so richtig bemerkt hat, hat er sich mit ihr verwickelt. Sie will ihn unbedingt, ist besessen von ihm, schreibt ihm ständig Mails und verfolgt ihn. Er kann sich nicht abgrenzen von ihr. Das Einfallstor ist seine übersteigerte Sehnsucht nach Beifall, nach Aufmerksamkeit. Und diese Frau schenkt ihm extrem viel Aufmerksamkeit. Außerdem gibt es da noch eine andere traumatische Beziehung in seiner Vergangenheit hat, die er zu vergessen versucht und die seinen Selbsthass widerspiegelt. Jedenfalls ist das eine meisterhaft inszenierte echt tragische Geschichte, die sehr gut zeigt....

                    ANFANG SPOILER
                    ... welchen Beitrag das Opfer zu der Dynamik leistet! Das finde ich so gut gelungen. Wahrscheinlich hat der Autorenfilmer eine Psychotherapie gemacht. Ansonsten könnte ich mir nicht vorstellen, wie er diese tiefen Einsichten in sein problematisches Gefühlsleben und Handeln gewonnene haben kann.
                    ENDE SPOILER

                    Cineastisch auch cineastisch wirklich toll umgesetzt!

                    Dicke Empfehlung für alle, die sich für echte menschliche Abgründe interessieren.

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                    • 8 .5

                      Eudora guckt Filme, die auf den Filmfestspielen in Cannes gezeigt wurden#176

                      BRIGHT FUTURE war für die Goldene Palme nominiert.

                      Von Autorenfilmer Kiyoshi Kurosawa habe ich noch gesehen: TO THE ENDS OF THE EARTH (7,5 Punkte), KAÏRO (7 Punkte).

                      Einer der Protagonisten hat daheim ein Aquarium mit einer Qualle drin! Ich wusste nicht, dass man die Tiere so halten kann. Sieht sehr schön aus. Diese Qualle ist ein sehr gefährliches Tier.

                      Die Farbigkeit und die Effekte sind interessant und durchdacht.

                      Erst einmal schwer zu sagen, worum es genau geht. Man sieht zwei jungen Männern bei ihrem entfremdeten Alltag zu. Bei der vermutlich schlecht bezahlten, langweiligen Arbeit in einer Wäscherei und bei ihrer Freizeit. Die Freizeitaktivitäten wirken extrem sinnlos, irgendwelche komischen Spiele in Spielhallen, Essen aus Wegwerfplastik.... Dazwischen immerhin ab und an in der Bowlinghalle. Daheim liest man Animes. Die beiden Kerle haben top-schicke Klamotten an! Das sage ich als Modemuffel. Der Titel weist in dem Zusammenhang auf Gesellschafts- oder Kapitalismuskritik hin. Einer von den beiden hat ein Aggressionsproblem. Nein, eigentlich haben sie beide eins.
                      Der 55jährige Chef beginnt, Gefallen an den beiden Jungs zu finden und sie zu sich nach Hause einzuladen. Außerdem taucht er auch unangemeldet bei ihnen auf. Warum? Man weiß es nicht. Aber dann passiert eines Tages etwas Krasses, was die Situation für beide verändert. Auch für die Qualle. Dann taucht noch eine vierte Person auf.
                      Plötzlich entwickelt der eine der Jungs ein Gefühl für Sinnhaftigkeit, weil er eine Mission für sich gefunden hat.

                      Die gesamte Geschichte hat tragische, gewaltsame aber auch komische Elemente, die auf eine wunderbare Weise zusammengestellt wurden.

                      https://boxd.it/pX9xC
                      https://boxd.it/5eyv2
                      https://boxd.it/jrTey

                      30
                      • 6 .5

                        Eine Journalistin, die einen kleinen Internet-Kanal hat (für den sich keiner groß interessiert) versucht einen Fall von institutioneller sexueller Misshandlung bzw. Zwangsprostitution aufzudecken. Dabei stößt sie gegen eine Mauer des Schweigens. Sie muss gegen das Patriarchat, Machtmissbrauch und Korruption angehen. Sie muss kreative Ideen entwickeln, um die Ermittlungen anzustoßen. Es hilft ihr ein älterer Assistent, der es faustdick hinter den Ohren hat.

                        Die Hintergründe des Falls ergeben für mich Sinn, habe ich doch schon ähnliche Geschichten gelesen. Diese Art des Umgangs mit Sozialausgabe (oder auch Spendengeldern) scheint in Indien häufiger vorzukommen.

                        Erzählt wird eine durchaus spannende Geschichte mit einem pädagogischen Anspruch. Manches ist etwas kitschig bzw. übertrieben, aber insgesamt ist es ein eher schmuckloser Thriller, den man sich durchaus ansehen kann.

                        https://boxd.it/cQ8hC

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                        • 8

                          Eudora guckt Filme, die auf den Filmfestspielen in Cannes gezeigt wurden. #175
                          Ein weiterer Film der Dardenne-Brüder, die neben Lars von Trier und Ken Loach Stammgäste in Cannes sind. LE SILENCE DE LORNA war für die Goldene Palme nominiert und die Dardenne-Brüder wurden für das beste Drehbuch ausgezeichnet. Die Werke der Dardenne-Brüder sind ein großer Zugewinn meiner Cannes-Challenge.

                          MP-Vorhersage 7,2

                          Die Albanerin Lorna hat zu Hause ihren Ex-Partner sitzen, dem es offensichtlich nicht gut geht und der wahnsinnig an ihr hängt. Er will clean werden. Sie hat das anscheinend schon öfter gehört und glaubt ihm nicht. Sie hat einen neuen Freund namens Sokol. Außerdem hat sie offenbar seit kurzem die belgische Staatsbürgerschaft erlangt. Dann gibt es noch Fabio, der findet, man sollte den Drogensüchtigen besser umbringen. Warum? Lorna möchte lieber eine schnelle Scheidung. Dann gibt es noch einige Russen, die Geschäfte mit Migranten betreiben. Man erfährt nach und nach, was hier eigentlich gespielt wird. Es ist eine Schattenwelt, die wir Normalbürger niemals kennenlernen werden. Vor dem Film hatte ich keine Vorstellung davon, dass so eine Szene überhaupt existiert. Aber das ergibt natürlich total viel Sinn.

                          Mir gefällt der Film sehr gut, vor allem, weil er ein bisschen mehr Liebe für die Bilder und Details gemacht wurde als die 3 anderen Werke der Dardenne-Brüder, die ich gesehen habe (LE FILS - 6,5 Punkte, ROSETTA - 7,5 Punkte, LA FILLE INCONNUE - 7 Punkte).

                          https://boxd.it/pX9xC
                          https://boxd.it/tNt3o
                          https://boxd.it/txSNa

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                          • 2

                            Typischer Filipino-Mainstream-Bill-N***l**-Stangenware.

                            Ich sehe mir diese Filme nur noch an, um euch davor zu warnen! Nicht dass einer noch auf die Idee kommt, zu glauben, das wären geeignete Vertreter philippinischer Filmkunst.

                            Ein paar nette Filipinos aus der Oberschicht werden jäh aus ihrem schönen Leben gerissen, weil die Frau Krebs hat. Buhuhuhu, schnüff-schnüff.... Nun will sie noch einmal richtig leben, bevor es dann ans Sterben geht. Drum reisen sie dann nach Tasmanien. Wie schöööööööööön.... Denn in Australien soll´s nämlich die kleinsten Pinguine geben – wie süüüüüüüüüüüß! Nun darf die Protagonistin sogar in einem Naturpark auch noch einen Tasmanischen Teufel streicheln. Dafür noch 1 Punkt Abzug. Wer in 2024 noch einen Film macht, in dem eine aussterbende Tierart gestreichelt wird, den sollte man einfach nur schlagen!

                            Ansonsten tut der Film keinem weh ist voller Klischees, Leere und langweilig.

                            Lieblose Ausstattung, kein Lokalkolorit, schmalzig-tränenreiche aber für mich belanglose Geschichte, schlechte Schauspieler, uninspiriertes Drehbuch. Ein paar hübsche Bilder aus Australien.

                            https://boxd.it/bZCw2

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                            • 7

                              Bis zum 31.5.2024: https://www.arte.tv/de/videos/109710-000-A/drive-my-car/

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                              • 3
                                EudoraFletcher68 01.05.2024, 06:42 Geändert 01.05.2024, 07:33

                                Eudora guckt Filme, die auf den Filmfestspielen in Cannes gezeigt wurden. #174

                                THE KILLING OF A SACRED DEER war für die Goldene Palme nominiert. Yorgos Lanthimos und Efthimis Filippou wurden für das beste Drehbuch ausgezeichnet.

                                Mir ist der Film in erster Linie auf die Nerven gegangen. Das habe ich befürchtet gehabt und deshalb sehr lange gezögert, ihn mir anzusehen. THE LOBSTER hatte mir schon nicht gefallen. Das hat bestimmt alles einen tieferen Sinn. Ich habe jedoch keine Freude am Rätsel raten. Bzw. wenn mir ein Film gefällt, ohne dass ich ihn verstehe, passt das auch. Aber wenn ich mir über die Bedeutung eines Films Gedanken machen muss, damit er mir dann vielleicht gefällt, dann vergeht mir alles. Meine Stimmungslage während des Ansehens schwankte zwischen geringem Interesse, großer Langeweile, Gereiztheit und Ärger.

                                https://boxd.it/pX9xC

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                                  Eudora guckt Filme, die auf den Filmfestspielen in Cannes gezeigt wurden. #173

                                  JENSEITS DER HÜGEL war für die Goldene Palme nominiert. Cristian Mungiu wurde für das beste Drehbuch und Cristina Flutur und Cosmina Stratan als beste Darstellerinnen ausgezeichnet.

                                  Neben Lars von Trier, Ken Loach, den Dardenne-Brüdern und Michael Haneke ist auch Autorenfilmer Cristian Mungiu ein regelmäßiger Gast auf den Filmfestspielen in Cannes.

                                  Im Rahmen meiner Cannes-Challenge ist das der 3. Film (der 4. insgesamt), den ich von ihm gesehen habe. Alle haben mir bisher überdurchschnittlich gut gefallen.

                                  JENSEITS DER HÜGEL gab es auf Prime nur in Synchro, was dem Film vermutlich nicht gerade gutgetan hat. Ungefähr bis zur Hälfte empfand ich das Gesehene als eher enttäuschend, da ich mich nicht gerade gut unterhalten fühlte. Die zweite Hälfte ist dann aber doch recht spannend, geistig anregend und emotional aufwühlend.

                                  Eine Nonne bekommt Besuch von ihrer Freundin, mit der sie im Waisenhaus aufgewachsen war. Ihre Wege trennten sich. Während die eine zum Glauben fand, ging die andere nach Deutschland ging. Was genau sie dort machte, bleibt unklar. In jedem Fall arbeitete sie dort. (Meine Fantasie: Vielleicht als Prostituierte und nun ist sie traumatisiert?). In dem Kloster herrschen absurde Regeln und viel Aberglaube. Die Freundin will bei der Nonne bleiben. Sie scheint an Schizophrenie zu leiden, jedenfalls bekommt sie einen aggressiven Ausbruch und man bringt sie in die Psychiatrie. Dort gibt man ihr Haldol und Fluoxetin und entlässt sie wieder. Da sie nicht weiß, wohin und an der Nonne hängt, lässt man sie im Kloster leben, obwohl der Pfarrer darüber sehr unglücklich ist, weil sie sich oft nicht an die Regeln hält. Ihr Verhalten ist zum Teil tatsächlich eigenartig und vor allem zeitweise auch sehr aggressiv, allerdings ist das Verhalten der Nonnen und des Pfarrers auf eine andere Weise genauso merkwürdig.

                                  ANFANG SPOILR
                                  Ich vermute, dass es übergeordnet auch um die Frage der Deutungshoheit geht, wer verrückt ist und wer gesund. Häufig ist es ja so, dass wenn ein Mensch sich stark emotionalisiert ausdrückt, man ihm/ihr nicht glaubt und wenn sich jemand sachlich und kontrolliert gibt, sieht man ihn als glaubwürdig an. Auch vor Gericht/Ämtern ist das oft so. Hier wird also die junge Frau ins Unrecht gerückt, weil sie aggressiv und aufgebracht ist und die Klosterleute ruhig und freundlich wirken. Und natürlich geht es auch darum, welche Methoden man anwenden darf, um einen Menschen zu „heilen“. Das ist auch eine Frage, die man der Psychiatrie immer wieder stellen muss: Elektroschocks und starke Medikamente sind ziemlich brutale Methoden, um Menschen unter Kontrolle zu kriegen, die uns beunruhigen. Die Behandlungen erfolgen im Grunde nicht im Sinne der Patienten, sondern für die Mehrheit, damit die ihre Ruhe vor den Verrückten hat. Zwar haben Psychiatrien einen Heilungsauftrag, während die Kirche diesen nicht hat. Aber das hier aufgezeigte Problem stellt sich auch in der Psychiatrie.
                                  ENDE SPOILER

                                  Die letzten 20 Minuten sind einfach nur genial!!

                                  Fazit: Auch wenn es in der ersten Hälfte etwas mühsam war, gefällt mir doch auch dieses Werk von Mungiu hervorragend.

                                  Besonders empfehlenswert für alle, die sich für Religiosität und Exorzismen im Film interessieren.

                                  Insgesamt haben mir die Bilder auch gut gefallen. In der letzten Hälfte gibt es sehr schöne Winterbilder mit viel Schnee: https://boxd.it/3Maow

                                  https://boxd.it/pX9xC
                                  https://boxd.it/uAGGc
                                  https://boxd.it/ao24o

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                                    über R.M.N

                                    Eudora guckt Filme, die auf den Filmfestspielen in Cannes gezeigt wurden. #172

                                    R.M.N. war für die Goldene Palme nominiert. Das ist nach 4 MONATE, 3 WOCHEN UND 2 TAGE der 2. Film, den ich von Cristian Mungiu gesehen habe.

                                    Es beginnt mit einer Großschlachterei für Schafe in Deutschland. Spätestens seit dieser Tönnies-Geschichte während Corona weiß man um die prekäre Situation der Schlachter. Dann sieht man eine Verwaltung einer Backfabrik in Rumänien: Es geht um EU-Subventionen, die man unter bestimmten Voraussetzungen bekommt.

                                    Kurz vor Weihnachten haut der Schlachter Matthias seinem Vorarbeiter eine blutige Nase und fährt zurück in seine Heimat Transsilvanien.

                                    Dort angekommen, dauert es ein bisschen bis man die ganzen Verflechtungen versteht. Es gibt dort genau dieselben schlecht bezahlten Arbeitsstellen für Auslänger, wie in Deutschland und denselben Rassismus und dieselbe Xenophobie. Die Backfabrik braucht neue Arbeiter, aber keiner der Einheimischen will für den Niedriglohn dort angestellt werden. Also werden für wenig Geld Arbeiter aus Sri Lanka geholt, was den Dorfbewohnern nicht gefällt. R.M.N. wird nach einem eher rasanten Anfang erst einmal langsam und mäandert eine ganze Zeit vor sich hin. Bis dann plötzlich am Weihnachtsabend die Situation eskaliert. Im letzten Drittel gibt es eine Bürgerversammlung, die für mich das Beste an der Geschichte ist.

                                    Insgesamt hat mich an dem Autoren-Film besonders fasziniert, wie er die Verwirrung zwischen den verschiedenen Nationalitäten, Sprachen und Kulturen zeigt - großartiges Kino!

                                    Positiv zu vermerken sind außerdem die hervorragenden Bilder, auch die Nachtaufnahmen: https://boxd.it/j79eC

                                    Ich stelle fest: Es gibt großartige Filme aus Rumänien: https://boxd.it/uAGGc

                                    [1000 Dank an Cine!]

                                    https://boxd.it/pX9xC
                                    https://boxd.it/jrTey
                                    https://boxd.it/jrTey

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                                      EudoraFletcher68 30.04.2024, 07:05 Geändert 30.04.2024, 07:28

                                      Einerseits gruselig, was man hier erfährt über die EU-Politiker, andererseits gut, dass man davon erfährt. Die einen denken wahrscheinlich, das ist nur ein Bruchteil von dem, was tatsächlich passiert, die anderen sehen es positiv, dass die Angelegenheit aufgeklärt wird.

                                      Die eine verdächtigte Politikerin ist total naiv und sagt: Die Staatsanwaltschaft hat mich jetzt 1 Jahr lang in Ruhe gelassen. Das muss bedeuten, dass sie nichts gegen mich in der Hand haben. Ich schätze eher mal, die sind noch dabei zu ermitteln und den Prozess vorzubereiten. Zumindest in Deutschland kann sowas ja gut mal 2 oder mehr Jahre dauern. Wie auch immer, interessante Einzelheiten, von denen ich bisher noch nichts wusste.

                                      Unglaublich, dass auch in diesen Kreisen das Prinzip angewandt wird, dass Leute sich selbst kontrollieren sollen. Und selbst entscheiden dürfen, wie sie die Regeln auslegen. Wahnsinn, dass da nicht schon längst ein Riegel vorgeschoben wurde. Pharmafirmen dürfen selbst festlegen, ob ihre Produkte schädliche Begleiterscheinungen haben oder nicht. Genauso ist es mit Unkrautvernichtungsmitteln und anderen Ackergiften und Zusatzstoffen in Nahrungsmitteln. Na egal, das ist ein anderes Thema. Oder vielleicht auch nicht.

                                      https://boxd.it/2sMNK

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                                        EudoraFletcher68 29.04.2024, 06:36 Geändert 29.04.2024, 21:25

                                        Eudora guckt Filme, die auf den Filmfestspielen in Cannes gezeigt wurden. #171

                                        ZERO FUCKS GIVEN war für die Goldene Kamera und den Critic´s week Grand Prize nominiert und erhielt die Auszeichnung der Gan Foundation Support Distribution.

                                        Der Autorenfilm brauchte ein bisschen, bis ich mich für ihn so richtig erwärmte, aber dann gefiel er mir umso besser.

                                        Eine junge Frau arbeitet als Flugbegleiterin bei einer Billig-Airline. Die Atmosphäre erinnert an AMERICAN HONEY: Junge Menschen arbeiten in prekären Verhältnissen in wechselnden Gruppenkonstellationen und Orten. Der Arbeitgeber spielt die Angestellten gegeneinander aus: Jede soll möglichst viele Bordverkäufe machen. Sobald Feierabend ist, wird viel getrunken, Drogen werden konsumiert. Die Protagonistin lebt in einem gesichtslosen Apartmentkomplex auf Lanzarote. Sie ist entwurzelt und nun läuft ihr Vertrag bei der Airline aus. Wenn sie sich nicht zur Cabin Managerin weiterbildet, hat sie bald keinen Job mehr. Gewerkschaften und Streiks interessieren sie nicht, sie will einfach nur ihre Arbeit machen. Natürlich wird sie von ihrem Arbeitgeber gef****. In der 2. Hälfte lernt man den Background der jungen Frau kennen.

                                        Ohne Musik wirkt die Inszenierung fast wie eine Doku. Sehr interessant fand ich das Arbeitsumfeld der Flugbegleiterinnen dargestellt. Ob es wirklich so ist, ich habe keine Ahnung, aber es wirkt alles glaubhaft und schlüssig. Die Atmosphäre am Flughafen, im Flugzeug und dann nach Feierabend im Club oder Hotelzimmer ist auch sehr gut gelungen!

                                        Die Hauptdarstellerin Adèle Exarchopoulos kenn ich aus BLAU IST EINE WARME FARBE. Da ist sie großartig! Auch in dieser Rolle überzeugt sich mich komplett. Sie wirkt natürlich und selbstverständlich. Tolle Schauspielerin!

                                        https://boxd.it/pX9xC
                                        https://boxd.it/txSNa
                                        https://boxd.it/jrTey

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                                          Seidl besucht Menschen in Kellern und filmt, was die dort machen.

                                          Man kann im Keller Puppen sammeln und mit ihnen spielen, auch wenn man schon über 60 ist, in einem kleinen Pool planschen, Fitness machen, einfach nur Wäsche waschen oder musizieren. Eine große Spielzeugeisenbahn aufbauen. Oder auch Jagdtrophäen sammeln.

                                          Man kann einen Spielautomaten im Keller stehen haben. Man kann im Keller Waffen sammeln und auch Schießübungen machen. Man kann Nazi-Unformen, Hitler-Bilder und viele andere „schöne“ Sachen aus dem Nationalsozialismus sammeln.
                                          Dann kann man sich da treffen und saufen und seinen Rassismus ungehindert rausposaunen. Es gab vor 10 Jahren noch Ösis, die mit ausländerfeindlichen Sprüchen, die man eher aus den 1970/80ern kennt, über türkische Gastarbeiter daherkommen: „die ficken unsere Weiber!“ Wenn man diese Typen anschaut, ist mal eins klar: Keine Frau, die halbwegs bei Verstand ist, würde die ficken.

                                          Apropos ficken: Das kann man im Keller natürlich auch machen, man kann sich ein SM-Studio einrichten oder auch sonstwie der Prostitution nachgehen. Hier gibt es einige Paare, die recht exhibitionistisch sind und uns ihre Sex-Spiele vorführen. Ob ich das alles so genau hätte sehen müssen, weiß ich nicht, aber das Groteske hat natürlich einen gewissen Unterhaltungswert....

                                          Als Gegenpol zu den sehr ästhetischen Bildern sieht man viele hässliche Menschen und ihre perversen, verbotenen, monarchistischen oder faschistoiden Besitztümer oder Aktivitäten, die sie voller Stolz präsentieren.

                                          Die Kamera-Einstellungen bei Seidl erinnern mich gelegentlich und hier wieder an „The Shining“ von Kubrick. Bevor Kubrick-Fans aufschreien: Mir geht es um die Ästhetik bezüglich der Bildanordnungen und der Farben. Für mein Empfinden schafft Seidl es außerdem auch sehr gut, mit der Kamera die auch zum Teil hässlichen Räume ansprechend oder wenigstens interessant aufzunehmen.

                                          https://boxd.it/2sMNK

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                                            über Liebe

                                            Eudora guckt Filme, die auf den Filmfestspielen in Cannes gezeigt wurden. #170

                                            LIEBE wurde mit der Goldenen Palme ausgezeichnet.

                                            Dank ARTE der 4. Haneke-Film, den ich innerhalb von 2 Wochen sah.

                                            Die beiden Protagonisten sind ein Ehepaar im Alter von 80+. Sie lieben sich und gehen gemeinsam ins Theater und in die Oper. Eines Tages erleidet die Frau einen Schlaganfall. Wir wohnen dieser Situation und den Konsequenzen bei.
                                            Ein wichtiger Film über das Altwerden und der Frage nach dem Sterben in Würde und was es mit einem Menschen macht, wenn sein/ihr Partner schwer erkrankt und pflegebedürftig wird.

                                            Ein brutaler Film, typisch für Haneke. Ein sehr geradliniger, klar verständlicher Film, untypisch für Haneke, soweit ich das bis jetzt beurteilen kann.
                                            Da das Thema des Films in meinem Umfeld gerade diskutiert wird, war für mich LIEBE von besonderem Interesse.

                                            Bis 13.10.24: https://www.arte.tv/de/videos/072369-000-A/liebe/

                                            https://boxd.it/pX9xC
                                            https://boxd.it/eqWlK

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                                              EudoraFletcher68 28.04.2024, 07:04 Geändert 28.04.2024, 11:49
                                              über Safari

                                              Danke kidhan, dass du mich mit deinem Kommentar daran erinnert hast, dass SAFARI schon ewig auf meiner WL war.

                                              Wir nehmen teil am Schießen von Wildtieren in Safari-Parks von Namibia und Südafrika ist sehr erschwinglich für einen österreichischen Touristen (zwischen 245-1.700 € pro Tier). Seidl lässt die Jäger erzählen, die reden sich um Kopf und Kragen. Leider gibt es keine Gesetze, die das verbieten und so können diese Leute das ungehindert machen und glauben noch, sie tun was Gutes (nach dem Motto, die Leute in Afrika verdienen ja Geld mit uns).

                                              Ich könnte mir sogar noch vorstellen, dass es mir gefallen könnte, auf die Jagd zu gehen, da ich früher auch geangelt habe. Sich nachts durch den Wald zu schleichen und dann ein Reh oder Wildschwein zu schießen, dass ich dann ausnehmen und zerteilen und zubereiten würde, das hat durchaus etwas Archaisches.

                                              Aber was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, ist dass die Protagonisten überhaupt kein Interesse daran haben, die erlegten Tiere zu essen, sondern es geht ihnen tatsächlich nur darum sie zu schießen (teilweise auch möglichst viele) und dann Körperteile von ihnen als Trophäen zu besitzen. Sie sind ernsthaft stolz auf ihre „Leistung“.... Sie fühlen sich großartig und geben mit ihrem Wissen über Waffen an. Selbstzufrieden und hemmungslos erzählen sie darüber, wie schön die Jagd ist und nebenbei lassen sie auch noch ein paar rassistische Aussagen vom Stapel. Wo Seidl diese Leute immer auftreibt?

                                              Das Zerlegen und Häuten der Tiere übernimmt dann natürlich das Schwarze Personal.
                                              Mir gefällt Seidls Stil. Meist ist er ein distanzierter Beobachter bestimmter Szenen, so auch hier. Der Zuseher kann sich selbst entscheiden, wie er das finden will. Ich liebe Seidl dafür, dass er eigentlich mit all seinen Werken entweder in die Schmuddelecken des österreichischen Bürgertums guckt und da teilweise groteske Dinge zutage fördert, oder das Leben von Randgruppen zeigt.

                                              Einerseits dachte ich mir, dass diese absurden Jäger für mein Empfinden nicht genug hergaben, um 90 Minuten zu füllen. So wiederholt sich dann das ein oder andere. Andererseits wirkt der Film auch über die Zeit und ich die ohnmächtige Wut breitet sich im Zuschauer aus. Am schlimmsten war für mich die 4köpfige Oberschichtsfamilie mit ihren zwei verwöhnten Bratzen. Es wird auf diese Weise verdeutlicht, wie viele Tiere diese Leute dann bei einem Besuch abknallen! Ich kann mir nicht vorstellen, dass das sich nicht negativ auf die Population auswirkt.

                                              Ulrich Seidl ist bekannt für seine bitterbösen Filme und Dokus.
                                              Gesehen habe ich von ihm
                                              PARADIES: LIEBE (8 Punkte)
                                              PARADIES: HOFFNUNG (6,5 Punkte)
                                              PARADIES: GLAUBE (8 Punkte)
                                              HUNDSTAGE (8 Punkte)
                                              MODELS (7,5 Punkte)
                                              IMPORT/EXPORT (8 Punkte)

                                              https://boxd.it/2sMNK

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                                                EudoraFletcher68 27.04.2024, 06:59 Geändert 27.04.2024, 09:19

                                                Eudora guckt Filme, die auf den Filmfestspielen in Cannes gezeigt wurden. #169

                                                LA STANZA DEL FIGLIO wurde mit der Goldenen Palme und dem FIPRESCI Prize ausgezeichnet.

                                                Ein italienischer Psychoanalytiker und seine Familie. Seinen Beruf macht ihm mal mehr mal weniger Freude. Seine Patienten sind ganz schöne Idioten. Seine Frau ist sehr nett. Als er am Wochenende ans Telefon geht und einen Patienten dran hat und dann auch den Frühstückstisch verlässt und alle Pläne, die er für den Sonntag mit der Familie hatte, um auf unbestimmte Zeit zu dem Patienten nach Hause zu fahren, weil dieser in einer Krise ist, dachte ich mir: Das ist doch jetzt wohl nicht ernst gemeint? Das ist doch jetzt ein mit seiner Geliebten vereinbarter Code und er fährt jetzt für ein paar Stunden zu ihr? Niemals ist man als Psychoanalytiker einfach abrufbar und schon erst recht nicht fährt man zu einem Patienten nach Hause. Abgesehen davon und von dem Setting, dass er mit manchen Patienten am Schreibtisch sitzt, sind die therapeutischen Szenen nicht schlecht inszeniert (was fehlt, ist die übergeordnete psychoanalytische Haltung des Protagonisten).

                                                In seiner Abwesenheit geschieht zu Hause etwas, das sein Leben radikal verändert.

                                                Den Patienten, der das eigene Leben so stark beeinflusst hat, sollte man nicht weiter behandeln, sondern ihn an einen Kollegen überweisen. Aber er behandelt ihn weiter und sagt subtil fiese Sachen zu ihm. Sein Supervisor ermutigt ihn, dem Patienten mitzuteilen, was sein Anruf am Wochenende im Leben des Analytikers ausgelöst hatte. Meine Überlegungen hier sind nicht essenziell für den Genuss des Films, sondern eigentlich nur kleine Elemente.

                                                Übergeordnet geht es darum, dass das Leben sich von einem Tag auf den anderen radikal verändern kann und wie die Menschen damit umgehen.

                                                Ich konnte mit dem Film gut connecten, erstens weil der Protagonist meinen Beruf hat, zweitens, weil ich am Tag zuvor eine ähnliche Geschichte von einer Patientin gehört hatte und drittens, weil ich mit den Charakteren und auch der Entwicklung etwas anfangen konnte.

                                                https://boxd.it/eUmE2
                                                https://boxd.it/pX9xC

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                                                  Passend zu DECKNAME DENNIS und DIE MONDVERSCHWÖRUNG zeigt diese Doku wie gefährlich solche verrückten Menschen werden können. Die Ideen überschneiden sich, aber sind natürlich auch ein paar andere dabei. Jedoch würde ich sagen, dass es sich im Prinzip um ähnliches Gedankengut handelt. Krass, dass die Gruppe um Prinz Reuß tatsächlich einen gewaltsamen Umsturz geplant hat.

                                                  Ich hatte nicht den Eindruck, inhaltlich sehr viel neues zu erfahren, aber die Köpfe hatte ich bisher noch nicht gesehen. Man bekommt Original-Mitschnitte von Reuß und einigen anderen dieser Typen und sitzt fassungslos davor, vor allem wenn man dabei zusieht, wie diese Leute mit ihrem bodenlosen Unsinn Anhänger um sich herum versammeln.

                                                  Die Doku selbst ist so aufgezogen, wie die meisten ARTE-Dokus (da gib es bestimmt ein Handbuch), was ok ist, aber nicht kreativ. Wirkt wie Stangenware. Hier kommt es in der Hauptsache auf den Inhalt an.

                                                  Bis zum 31.12.2026: https://www.arte.tv/de/videos/114219-000-A/reichsbuerger-innenansichten-einer-extremistischen-bewegung/

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                                                    EudoraFletcher68 26.04.2024, 08:40 Geändert 26.04.2024, 09:01

                                                    Eudora guckt Filme, die auf den Filmfestspielen in Cannes gezeigt wurden. #168

                                                    SWIMMING POOL war für die Goldene Palme nominiert.

                                                    Eine britische Krimiautorin um die 50 mit anfangs undefinierten emotionalen Problemen reist nach Frankreich in das Ferienhaus ihres Verlegers um dort ein Buch ohne Kriminalfälle zu schreiben. Sie scheint auf dem absteigenden Ast zu sein.

                                                    Jedenfalls sieht der Verleger es wohl so. Er geht ihr aus dem Weg.

                                                    Sie hat mindestens eine Essstörung und diverse Ängste.

                                                    Als in dem Haus überraschend die Anfang 20jährige ungezogene Tochter des Verlegers auftaucht, ist es mit dem Frieden für die Autorin vorbei.

                                                    Was den Film für mich sehenswert machte, war die Spannung zwischen der älteren Autorin und der jungen Frau mit den schönen Brüsten. Die Autorin ist sehr wechselhaft, einerseits hat sie etwas Verhärmtes, Frustriertes an sich, andererseits, wenn sie lacht und sich freut, geht einem das Herz auf und dann wirkt sie gleich viel attraktiver. Dieses Wechselspiel hat mir gefallen.

                                                    Dass der Film ein paar Softporno-Elemente hat (Der Pool-Mann mit der jungen Frau) hätte es für meinen Bedarf nicht gebraucht, zumal ich mich an solche Szenen aus meiner Jugend erinnere und mich nie darüber gefreut habe, wenn irgendein Fremder Typ sich an mir aufgegeilt hat.

                                                    Jedenfalls nutzt die Autorin die junge Frau dann als Quelle ihrer Inspiration und geht dabei überraschend invasiv vor.

                                                    Es geht wohl um ein wechselseitiges Eindringen in die Intimsphäre und auch ganz konkret wird viel eingedrungen, zumindest in die junge Frau. Witzig finde ich, wie die beiden zusammen am Ende zusammenfinden. Das Ende habe ich aber nicht verstanden.

                                                    Die Inszenierung ist topp! Vor allem im Vergleich zu den anderen Pool-Filmen, die ich gesehen habe. SWIMMING POOL gefällt mir besser als zu Beginn befürchtet.

                                                    https://boxd.it/pX9xC
                                                    https://boxd.it/eqWlK

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