Fando_Y_Lis - Kommentare

Alle Kommentare von Fando_Y_Lis

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    Fando_Y_Lis 24.05.2016, 21:50 Geändert 25.05.2016, 00:32

    "The Witch" ist ein perfekter Film mit wunderschönen Bildern, toller Musik, sehr guten Darstellern und einer packenden und nicht leicht zu durchschauenden oder verstehenden Story, die Horror, Drama, Geschichte, Familietragödie, Religion und Psychologie streift bzw. unter einen Hut bringt.

    Als 21.-Jahrhundert-dauernervöse Smartphone-Gucker & Multitasking-Terminatoren mit stetigem Zeitdruck (was wir ja irgendwie alle sind) ist es eine besondere Herausforderung, der nach Neuengland ausgewanderten 17.-Jahrhundert-Familie in diesem langsamen und zum großen Teil stillen, aber extrem intensiven Werk zuzuschauen.

    Besonders gelungen ist die fragezeichenartige Welt: ist das Gesehene real? Oder übersinnlich? Hat es mit Religion zu tun? Mit Wahnhaftigkeit? Ist es eine Familien-Psychose? Oder war die Familie einfach mal zu lange allein in einer durch Auswandern von England nach Neu-England selbst gewählten aber doch wohl unerwartet kargen und grau-braunen Welt, in der eine aus heutiger Sicht banale Krankheit oder das Ausbleiben einer guten Ernte um die Kinder satt zu bekommen eine Katastrophe bedeutet?

    Eine Stärke von "The Witch" ist, das es MINDESTENS zwei sinnvolle Auflösungen bzw. Erklärungen für das Geschehene gibt. Durch die authentische Sprache (ich empfehle unbedingt die Original-Version!), die guten Darsteller und das fantastische Setting wird man als Zuschauer mit Haut und Haaren in diese inzwischen komplett fremde Welt hinein gezogen. Es ist kaum zu glauben wie klein der Zeitunterschied ist von damals bis heute ist wenn man sich die Leiste anschaut wie lange es Menschen auf der Erde gibt.

    Es gibt diverse Möglichkeiten gedanklich mit diesem Film umzugehen: ich sehe ihn als Parabel auf den Irrsinn von Religion. Aber es gibt sicherlich noch viele andere Varianten...vor allem durch den dann tatsächlich völlig überraschenden, grandiosen, überwältigenden Schluss, der dem Ganzen noch mal die Krone aufsetzt.

    Dazu kommt: als Horrorfan bin ich nicht leicht zu erschrecken oder zu begruseln. Bei "The Witch" hab ich mich teilweise und zum ersten Mal seit ziemlich langer Zeit richtig GEFÜRCHTET...!

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      Fando_Y_Lis 24.05.2016, 08:48 Geändert 24.05.2016, 08:49

      Schöne Menschen sagen in schönen Kulissen unter schöner Beleuchtung nicht immer sinnvolle Sätze auf. Die theater- sowie märchenhafte Inszenierung wirkt manchmal unfreiwillig komisch, bietet aber dennoch nachdenkliche sowie humorvolle Momente.

      Ergänzt wird der Reigen durch eine Menge Softsex.

      Erinnert ein wenig an "Shortbus", ist aber meilenweit von dessen Größe entfernt.

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        Fando_Y_Lis 22.05.2016, 23:32 Geändert 22.05.2016, 23:32

        Na gut, "Ein Herz und eine Seele" ist simpel gestrickt, folgt immer der gleichen Art von Plot, spielt so gut wie "nur" in der Wohnung von Ekel Alfred und seiner Familie.....und ist dennoch toll, weil es - wie wir es spätestens seit den ersten HBO-Serien wie "Oz", "The Sopranos" oder "Six feet under" - eine Positionierung des Zuschauers regelrecht einfordert, anstatt lediglich Feierabend-Berieselung zu sein.

        Und das finde ich toll!

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          Fando_Y_Lis 22.05.2016, 01:07 Geändert 22.05.2016, 01:10

          Gelungen!

          Vater Mutter Kind und Untermieter auf ziemlich engem Raum. Dieser wird während des Films so gut wie gar nicht verlassen. Der Untermieter, genannt "der Student" will eigentlich nur seine Ruhe, um Forschungen zu betreiben, wird aber relativ rabiat dazu verdonnert, Sohnemann Klaus sein Hauslehrer zu werden, denn der soll es schließlich mal zum Präsidenten bringen....

          "Der Bunker" ist zwar etwas langsam und ich fand den Schluß etwas vorhersehbar, jedoch punktet der Film mit schrulligen Momenten und Dialogen sowie vier richtig guten Darstellerinnen und Darstellern. Außerdem ist das Setting absolut großartig. So viel Hässlichkeit (oder wenn man so will: Schönheit) zusammen getragen.... Tapeten, Möbel, der Schlafanzug von Klaus wird der Akptraum meiner schlaflosen Nächte werden....die clownesque komplett unnötige und sinnfreie Figur auf Klausen´s Nachttisch ebenfalls....das Porzellan....die Schränke...und wie das Essen aussieht....! Uff....

          "Der Bunker" wirkt ein bisschen wie ein Theaterstück oder noch mehr wie ein Kammerspiel. Das Gekünstelte in der Darstellung scheint so gewollt zu sein, um dem skurillen Treiben noch die Krone aufzusetzen.

          Dieser Film entzieht sich galant und konsequent einer Einordnung: es ist nicht wirklich Horror, irgendwie Drama, Komödie kommt auch vor....es ist einfach....

          "Der Bunker".

          Sehenswert!

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            Trailer ist super. Aber der Trailer von "Only God forgives" war ebenfalls super ;o)

            Sonst fand ich alle Winding-Refn-Filme toll, allen voran "Drive", "Walhalla rising" und die "Pusher"-Trilogie.

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            • 5 .5

              Teilweise relativ kitschig inszenierter Dokumentarfilm mit sülziger Klaviermusik zu dem wichtigen Thema Ernährung (sowie Massentierhaltung) der für mich keine einzige neue Information bereit hielt. Ich wußte schon vorher, wie schlimm das Abschlachten von Tieren ist, wie schädlich Fleischkonsum, weißes Mehl und Milchprodukte sind.

              Zu den dokumentarischen Bildern werden Interviews mit Ärzten, Schlachthaus-"Aussteigern", (ehemals) kranken Menschen und Wissenschaftlern gezeigt. Dazu gibt es sehr interessant gefilmte Szenen von glücklich wirkenden Menschen und Tieren, die sich gesund ernähren (die Menschen) und die artgerecht gehalten und gestreichelt werden (die Tiere). Das sieht dann so aus wie in einer Margarine- oder Waschmittel-Werbung: völlig stilisiert, auf eine höhere Ebene gebracht, farblich und inszenatorisch aufgebaut wie ein Religions-Trailer.
              Kann man gut finden. Ginge aber auch "ohne".

              Die Live-Aufnahmen aus den Schlachthöfen sind hingegen so, daß ich es wirklich nicht geschafft habe die ganze Zeit auf die Leinwand zu schauen, da das Ganze so widerlich und schockierend ist, obwohl ich die Informationen vorher schon im Hirn hatte. Aber nicht in so deutlichen Bildern.

              Da so viele verschiedene Themen angerissen werden, hatte ich nach dem Anschauen das Gefühl, so eine Art Propaganda-Video gesehen zu haben, welches mich aus diversen guten Gründen zum Veganer (das Wort kommt - so weit ich mich entsinne - übrigens kein einziges Mal im Film vor) machen soll. Bin ich tendenziell aber sowieso schon. So wirklich gefallen hat "Hope for all" mir trotzdem nicht.

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              • 6 .5
                Fando_Y_Lis 16.05.2016, 19:21 Geändert 17.05.2016, 10:12

                Wenn der gesamte Haupt-Cast
                a. nackt
                b. rauchend
                c. Alkohol trinkend
                ins Meer springt, dann ist klar: Hier kann es sich nur um den neuen Film von Thomas Vinterberg handeln, der sich um eine Hausgemeinschaft Anfang der Siebziger Jahre in Kopenhagen dreht.

                Zeitgleich nahm die Sängerin Hildegard Knef ein Album mit dem Titel "Worum geht´s hier eigentlich?" auf. Das Gleiche fragte ich mich heute bei "Kollektivet" ("Die Kommune").

                Der Film hat ein unglaublich gutes Ausgangspotential: Vinterberg hat nach wie vor eine gute Hand für Kamera, Licht und selbstverständlich für die fast ausnahmslos großartigen Darsteller, die hier allerdings in ihren holzschnittartig angelegten Rollen dermaßen verheizt werden, daß es fast zum Heulen ist. Die Story ist holprig, teilweise nicht nachvollziehbar und klischeebeladen. Lediglich Tryne Dirholm als Anna hat eine nachvollziehbare und dramaturgisch ganz gut geratene Rolle. Der bekannteste Darsteller aus dem Film dürfte Ulrich Thomsen sein, dessen Rolle etwas zu extrem und gleichzeitig zu lasch in den seltenen Wutausbrüchen und im Umgang im Spannungsfeld Affäre / Ehefrau / Kommune geraten ist. Auch wirkt er komplett unterfordert in seiner Darstellung vom Kollektiv-Mitglied und Dann-Doch-Irgendwie-Boss Erik.

                Ein Freund erzählte vor ein paar Tagen, die alternative Rockband Weezer werde sich für immer an ihrem zweiten düsteren und kraftvollen Album "Pinkerton" messen lassen müssen. Für Thomas Vinterberg dürfte dies für seinen ebenfalls kraftvollen und düsteren (ersten Dogma-)Film "Das Fest" wohl auch zutreffen.

                Natürlich ist auch ein nicht so guter Vinterberg-Film kein schlechter Film, aber im Ganzen ist die Darstellung des Anfang-Der-Siebziger-Kollektivs doch sehr lau ausgefallen.

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                  Fando_Y_Lis 26.04.2016, 14:14 Geändert 26.04.2016, 15:53

                  "The X-Files" oder "Akte X" stellt für mich die Klammer zwischen "Twin Peaks" und den seit Ende der Neunziger modernen sehr guten Serien (ab "The Sopranos", "OZ", "The Wire" und "Six feet under") dar.

                  Es wurde sich ordentlich bei "Twin Peaks" bedient, nicht zuletzt durch Dinge, die nicht wirklich aufgelöst wurden, teilweise die gleichen Darsteller, manchmal sogar in sehr ähnlichen Rollen wie z. B. Don S. Davis entweder als Vater von Robert Briggs oder aber Dana Scully - sowie selbstvertständlich die Musik von Mark Snow, die in beiden Serien so etwas wie einen eigenen Star und Charakter darstellt.

                  Es ist zwar zu merken das die Serie bei einem kommerziellen und eher konservativen Sender lief (jede Folge dauert fast genau 45 Minuten, Experimente im Serien-Format halten sich im Rahmen, kommen zuweilen aber - lt. Berichten von Erfinder Chris Carter häufig nach Widerständen und Diskussionen - aber vor, direkt zu sehende Gewalt, Sex und Fluchereien halten sich im Rahmen. Zumindest nach heutigen Maßstäben. Was das erste der drei Dinge angeht: es ist ein bisschen wie bei Hitchcock´s "Psycho": man denkt man hat "viel" gesehen, im Grunde genommen ist aber häufig so gut wie nichts zu erkennen.

                  Dennoch ist der Ekelfaktor bei etlichen Folgen ziemlich hoch. Angefangen hat dies mit "Ice", wo Parasiten unter der Haut rumkrabbeln. So gut wie in jeder Staffel wurde etwas ähnliches etabliert, weil es bei den Zuschauern so gut ankam.

                  Doch allem voran sind natürlich die Verschwörungs-Folgen am beliebtesten - auch mir gefallen diese am besten. Durch alle Staffeln wird hier ein roter Faden gesponnen, von dem teilweise wenig aufgelöst wird. Leider ist besonders in der neunten Staffel ein ordentliches Chaos zu verzeichnen. Die Folgen sind nicht mehr so gut, alles wirkt verwirrend, Moulder fehlt, und es wirkt so als ob die Serie sich verzettelt.

                  Dennoch handelt es sich bei "X Files" um eine Sternstunde des Fernsehens - ganz klar.

                  Ich schaue gerade wieder mal alle Folgen aufgrund der vor kurzem erschienenen Blu-Ray-Box. Manche Sachen wirken natürlich "dated". Wir wissen natürlich längst, das Regierungen und regierungsnahe Instanzen korrupt sein können und gerne Leute überwachen, ist nach wie vor erschreckend, aber dürfte wohl kaum noch überraschend sein.

                  Auch das Fehlen von Internet und Handys (vor allem in den frühen Folgen) wirkt seltsam: FBI -Agenten, die erst mal eine Telefonzelle suche müssen? Heutzutage natürlich komplett undenkbar.

                  Ansosten gilt aber: Daumen noch für eine der besten und vor allem innovativsten Serien aller Zeiten!

                  P. S.: Die neuen Folgen (10. Staffel) habe ich nach den im Internet zu lesenenden Bemerkungen nicht angeschaut.

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                    Fando_Y_Lis 24.04.2016, 06:23 Geändert 25.04.2016, 08:46

                    Für einen Horrorfilm aus hiesigen Landen hätte ich echt gerne mehr Punkte verteilt. Leider geht das beim besten Willen nicht, da "Die Präsenz" viel Potential verschenkt.

                    Das Schlimme ist dabei für mich nicht unbedingt, wie der Film sich bei "Blair Witch Project" und "Paranormal Activity" bedient, sondern das schlunzige Drehbuch mit den unfassbaren Logiklücken und beknackten Ideen. Manche Dinge funktionieren gar nicht (WLan klappt tadellos, aber kein Handyempfang? Das Spukhafte tobt wie irre und unsere drei Protagonisten pennen die gante Nacht durch und bekommen nichts mit? Einer der Darsteller will durch den unübersichtlichen Wald fliehen, obwohl es eine ganz normale STRASSE gibt?)

                    Am gravierendsten finde ich das bekloppte Verhalten von den Dreien (es gibt sonst niemanden in dem Film zu sehen, was eigentlich eine gute Grundidee ist) in Bezug auf das Bleiben in der Spukhütte. Jeder Mensch würde sich verdrücken und seinen besten Freund und seine geliebte Freundin nicht solchen Gefahren aussetzen. Die Art wie das "Dortbleiben" argumentativ "eingefädelt" wird ist es dann auch was aus dem interessanten Ansatz des Films den Todesstoß versetzt, weil danach die Lust zumindest bei mir abgeflaut war.

                    Wenn dann über eine Stunde von weniger als anderthalb Stunden Laufzeit "nichts" zu sehen ist und die Geräuschkulisse irgendwann nicht mehr spannend ist sondern nervt und vor allem Rebecca so gut wie nichts tut außer rumjammern ist die Luft entgültig raus.

                    Das etwas wirre Ende macht´s nicht besser.

                    2 Punkte für zweimal erschreckt werden und 1 Punkt für das Einhalten der Kamera-Perspektive (das funktioniert besser als in manch anderem Genre--Beitrag).

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                      Fando_Y_Lis 19.04.2016, 00:23 Geändert 19.04.2016, 00:58
                      über Wild

                      Achtung leichte Spoiler!

                      Wenn ein Film es schafft das ich etwas verstört aus dem Kinosaal taumle, dann ist er allermindestens interessant und sehr wahrscheinlichl auch gut, denn wenn ich verstört bin hab ich den Film ernst genommen - schließlich hat er mich nicht kalt gelassen. Und ein Werk ernst nehmen, was von der Beziehung einer Frau mit einem Wolf handelt, ohne das es ein Märchen, Fantasy- oder Horrorfilm ist, will schon was heißen.

                      Die echt tolle Lilith Stangenberg als Ania arbeitet in einem sehr langweligen und grauen Büro. Ihr Chef und ihre Kolllegen wirken ebenfalls langweilig und grau. Das gleiche gilt selbstverständlich für Halle-Neustadt, von dem ich vorher schon wußte, das es kaum Las Vegas, Berlin Friedrichshain oder London Hackney sein wird.

                      Grau grau grau......alles öde, nichts bleibt groß "hängen" im Gedächtnis, und dann werden auch noch ständig elendig öde Parkplätze gezeigt; Container, Recycling-Rampen, hässliche Lampen, schlimme Beleuchtung und Beton wo sich so langsam die Natur den Weg in Form von Gras durchbricht. Es wird so einiges aufgefahren bei dem sich der Gedanke aufdrängt: "Diese Dinge wurden von Menschen erfunden, die entweder wahnsinnig waren oder aber Menschen so sehr gehasst haben, daß sie diese quälen wollten - oder war lediglich sehr viel Gedankenlosigkeit im Spiel?"

                      An der Schnittstelle Stadt & Wald treffen dann Ania und der Wolf zum ersten Mal aufeinander. Was folgt ist eine wirklich seltsame Beziehungs- oder Liebes-Geschichte, die immer etwas vage bleibt und so einiges an Interpretations-Freiraum im Raum stehen lässt. Die Zivilisation in der wir leben kommt dabei nicht unbedingt gut weg. Es geht auch nicht auf einem konventionellen Weg zurück zur Natur wie im fast gleichnamigen Film mit Reese Witherspoon. Eigentlich geht es überhaupt nicht zurück zur Natur, eher zurück ins Hochhaus. Für den Wolf ja erst mal unfreiwillig, was im Lauf des Films aber so wirkt als hätte er Spaß an der...nun ja....Beziehung. Aber er bekommt schließlich Cola und Eier zm Frühstück serviert, nicht ohne eigenartige Kommentare (hier wird der Film tatsächlich kurz mal auf absurde Weise lustig). Die Protagonistin wird durch ihre Freundschaft mit dem Wolf entspannter und macht mit den attraktiven männlichen Putzhilfen im Büro etwas das nicht nach der für sie vorgesehenen Tätigkeit aussieht, was der konsternierte Chef mit den Worten kommentiert: ""Warum machen Sie mit den Reinigungskräften auf meinem Schreibtisch rum?" Das hat dann beinahe schon Loriot-Qualitäten, ansonsten ist der Film sehr ernst und auch ziemlich düster.

                      Vor allem der Schluss hat mir sehr gut gefallen, weil er in aller Düsterkeit Zuversicht ausstrahlt und gleichzeitig ein relativ offenes Ende im Raum steht.

                      Als weiterer Pluspunkt ist die stets interessante, sich aber nie in den Vordergrund drängelnde richtig gute Musik von Terranova zu nennen.

                      Alles in allem super unterhalten gefühlt und Freude empfunden was im ja manchmal arg schlafmützigen deutschen (Arthaus-)Film so gehen kann...

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                      • 6 .5

                        Zwei Anmerkungen vorweg:

                        In meiner Kindheit / Jugend war "The Fog" eine Zeitlang mein Lieblingsfilm. Er lief mal im - ich glaube - ZDF als ich jung war.

                        Gestern Abend hatte ich die Möglichkeit, den Film in der OV doch tatsächlich im Kino zu sehen! Danach bin ich mit Freunden auf eine Techno-Party, wo wir auf dem Floor sehr eingenebelt wurden von der Nebelmaschine, was mir sehr gut gefiel in dem Moment :o)

                        Ich hatte den Film viel besser in Erinnerung als ich ihn dann letzte Nacht wahrnahm. Es gibt kaum eine Story, und diese schleppt sich etwas voran, ist sehr stringent und es gibt eigentlich keine große Überraschung.

                        Jedoch hat der Film auch etliche Bonus-Punkte, als da wären:

                        a. Janet Leigh :o) Als Jungspund hatte ich natürlich keine Ahnung, daß diese etwas ältere grauhaarige Dame die gleiche ist, welche mich schon im damaligen anderen Lieblingsfilm "Psycho" faszinierte.

                        b. das Setting: gute Kameraeinstellungen, wie das unschuldige Städtchen mit den netten Bewohnern (sie könnten alle Sympathieträger in Stephen-King-Geschichten sein) in den Nebel des Grauens gerät.

                        c. es bleibt lange ein Rätsel, wer oder was in dem Nebel steckt. Das erhöht die Spannung.

                        d. und natürlich: DIE MUSIK! Natürlich von Carpenter selbst komponiert und aufgenommen. Der Score ist - vor allem im letzten Drittel des Films - der eigentliche große Star und fast noch wichtiger als der Nebel.

                        Unter´m Strich bleibt eine konventionelle Gruselgeschichte mit eigen sehr interessanten Stilmitteln und spannenden Darstellern (die leider etwas unterfordert sind). Nicht Carpenter´s Highlight, aber aufgrund des Klassiker-Status und der eigentümlichen Atmosphäre so was wie ein "Muss".

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                          Fando_Y_Lis 06.04.2016, 20:50 Geändert 06.04.2016, 21:14

                          So richtig Sinn ergibt die leicht holprige Handlug in diesem - heute würde man es so nennen - Retro-Trash-Streifen von 1968 nicht, aber immerhin kann aufgeatmet werden: Produzent de Laurentis hat Bava nicht so sehr an die Kandare genommen, daß des Maestros Händchen nicht mehr zu sehen wäre im Endprodukt.

                          Der italienische Meister hat sich dann auch wieder mal gut ins Zeug gelegt, was etwas seltsam anmutende Kamera-Fahrten angeht und natürlich noch mehr beim Thema "Farbenrausch". Ob er sich wieder alte Gemälde angeschaut hat vorher, um sich inspirieren zu lassen? Da bin ich nicht sicher, denn der Film strahlt in fast jeder Sekunde einen knallbunten 60er-Jahre-Farbreichtum aus. Die easy going Musik von Ennio Morricone passt wunderbar zu dem Film und macht den zwar düster-kriminellen, aber dennoch locker inszenierten Ganoven-Spaß zu so etwas ähnlichem wie einer Kettenkarrusell-Fahrt (mit Sektglas in der Hand).

                          Die Darsteller sind allesamt gut und prima gewählt: vom Oberbösi hin bis zu den bond-mässigen Girls. Überhaupt wirkt der Film fast wie eine Parodie auf alte Bond-Filme. Da ich erst vorgestern eine Doku namens Gender & Giallo gesehen habe, war ich für die Darstellung de Damen wohl besonders sensibilisiert und hatte viel Spaß am "Drehbuch", wenn ich sah wie die Mädels sich zum Beispiel auf dem Schiff lediglich in Liegestühlen räkeln und Nägel feilen, während die Herren der Schöpfung Geschäften, Intrigen und Boshaftigkeiten nachgehen. Auch lustig: die Stelle wo zwei Herren aus der Luke eines Flugzeugs geworfen werden , was so einfach aussieht als würde jemand Kaugummipapier aus dem Bürofenster schnippen. Hier ist einzig ein kleiner Luftzug zu sehen, und zwar weil neben der Luke eine hübsche Frau steht, deren eh schon knapp bemessenes und gut durchsichtiges Kleidchen (nackt wäre weniger aufreizend als das zu sehende sparsame Stoff-Ensemble :o) ein wenig hoch rutscht, was sie damit kommentiert, daß ein bisschen frische Luft ja mal gut täte. Leute die sehr politisch korrekt sind, könnten bei diesen Szenen und auch bei einigen anderen in "Danger: Diabolik" schon mal Schnappatmung bekommen. Ich hab aber schon oft gehört, daß Mario Bava Frauen nicht nur liebte, sondern auch stets völlig korrekt und respektvoll behandelt hat. Was das Thema: "Darstellung von Frauen in italienischen Filmen" angeht, ließen sich wohl zehn Bücher schreiben und eine Million Spekulationen anstellen......aber das ist eigentlich ein anderes Thema.

                          Das einzige was mir an dem Film nicht so gut gefällt: er wirkt mit einer Laufzeit von ca. 100 Minuten ein wenig zu lang, da die Handlung dies nicht wirklich hergibt.

                          Besondere Erwähnung verdient das Setting: ob es sich um das gigantische, runde, drehende weiße Bett handelt, die seltsamen (Plexi-)Glassäulen oder weitere große Gebilde, die nur von jemandem entworfen sein können, der möglicherweise ein Kind von John Waters, Pierre & Gilles und Jeff Koons ist. Was passiert eigentlich mit diesen großen Gebilden nach den Dreharbeiten? Werden die irgendwo aufgehoben? Fährt Sohn Lamberto Bava (vielleicht mal am Sonntag) zu dem Giga-Bett, welches vielleicht in einer alten Halle steht, und dreht mit seinen Enkeln eine Runde drauf?

                          In Zusammenhang mit den bereits erwähnten Schnickschnack-Elementen dieses relativ sinnfreien, aber liebevoll und super inszenierten Spaßes ist "Danger! Diabolik" eine ungewöhnliche Perle und ein ungewöhnlicher Film für den ja doch in so einigen Genres bewanderten und leider häufig unterschätzten Mario Bava.

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                            Fando_Y_Lis 05.04.2016, 08:26 Geändert 05.04.2016, 21:53

                            Wann hab ich schon mal einen Film aus Venezuela gesehen? Erinnere mich gar nicht....und dann kommt "Pelo Malo" daher, eher ein thematisches Schwergewicht, insbesondere für ein lateinamerikanisches Land, in dem Machismo ziemlich hoch gehalten wird: fragemnatrisch wird die Geschichte von Junior und seiner alleinerziehenden Mutter erzählt. Beide leben in so ´ner Art Bienenwabe in Caracas. Die Mutter hat aus irgendwelchen Gründen ihren Job beinm Wachschutz verloren, vögelt mit dem Automechaniker, gibt ihre Kinder bei Bedarf gegen Kohle bei einer Nachbarin oder aber bei Omi ab. Omi verhätschelt den Jungen, der sein krauses, vom verstorbemem Vater "geerbtes" Haar loswerden will. Darum gibt´s in dem Film einige lustige Stellen (ich sag nur: Banane und Avocado) aber alles in allem ist "Pelo Malo" ein Drama mit Fasbinder- und Almodóvar-Anleihen.

                            Vieles in dem Film wird nicht ausgesprochen, etliches muss man sich selbst zurecht reimen, passt aber sehr gut zur Handlung und dem teilweise seltsamen und nicht immer unbedingt nachvollziehbaren Verhalten der Protagonisten. Es gibt zwei bis vier Szenen die richtig weh tun.
                            Ich wußte über den Film vorher eigentlich nichts, hab aber nach zehn Minuten gedacht, daß er mir Sicherheit von einer Frau gedreht wurde (dem ist so).

                            Am besten gefiel mir das Setting: die anonyme und relativ runter gerockte Siedlung in Caracas nimmt fast so was wie eine Hauptrolle im Film ein. Die Darsteller bewegen sich durch diese labyrinthische Beton-Einöde wie Ameisen in Gedanken und immer mit Plänen behaftet, wie sie den nächsten Tag und die kommende Aktion überstehen. Sehr viel Freude gibt es nicht. Wie auch? Die Wohnung der Kleinfamilie sieht so aus als würde sie jeden Moment zusammen brechen.

                            Tut sie zwar nicht, dafür bricht aber die Mutter fast zusammen, weil sie ständig von der Angst begleitet wird, daß ihr Sohn aufgrund seines Verhaltens schwul sein könnte. Und das ist der eigentliche Dreh- und Angelpunkt des Films und der führt dann auch zu ziemlich traurigen Konsequenzen.

                            Ich fand "Pelo Malo" etwas puzzle-mässig, was dem Film aber gut steht. Interessante und talentierte Darsteller, eine gelungene Kamera und - wie gesagt - das spannende Setting lassen viel Interesse aufkommen, welches in der für heutige Verhältnisse relativ kurzen Laufzeit von 93 Minuten nie abflaut.

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                              Fando_Y_Lis 03.04.2016, 11:12 Geändert 03.04.2016, 11:12

                              Mario Bava ist laut der Meinung einiger Leute aus dem Filmgeschäft sowie vielen Fans einer der unterschätztesten Regisseur aller Zeiten. Ich bin immer wieder erstaunt, wie extrem verschieden seine Filme sind (ist bei seinem Neffen im Geiste - dem ebenfalls genialen Dario Argento - ja nicht unbedingt der Fall ;o)

                              "Blutige Seide" oder "Blood and black lace" oder "Sei donne per l ´assassino" stammt aus der in etwa mittleren Filmphase von Mario Bava. Er etabliert hier viele Dinge, die später das Giallo-Genre ausmachen sollen, wobei es einge Elemente auch schon vorher - bei anderen Regisseuren und bei ihm - gab. Neu sind die rauschhaften Farbgebungen mit Licht und Schatten, bevorzugt in nächtlichen Stunden: blau, rot, grün...häufig alle zeitgleich im Bild, Akzente setzend, flackernd, surreal wirkend...mittendrin eine leuchtend rote Schaufensterpuppe...hier hat Argento sich ganz klar für "Suspiria" beeinflussen lassen. Auch die schwarzen Handschuhe, der maskierte Killer und das Wegsterben fast sämtlicher Protagonisten (bzw. wohl eher Protagonistinnen) wirkt sehr Giallo.

                              Und natürlich die Tatsache, daß neben dem wunderbaren Setting die Handlung nicht ganz so wichtig scheint: ein Killer bringt nacheinander die Models einer Agentur um, die Auflösung ist wirklich überraschend und erinnert ebenfalls an einen Argento-Film, wobei ich aus Spoiler-Gründen nicht mehr dazu schreiben möchte. Der Film wirkt auf jeden Fall so, daß Setting und Atmosphäre viel wichtiger sind als eine logische und stringente Story (was sich möglicherweise auch daran ablesen kässt daß ich die Models kaum auseinander halten konnte).

                              Wie immer hat Bava mit einem Minimum an Geld ein Maximum an Schönheit auf die Leinwand gebracht: Bava-Biograph Tim Lucas sagte das der Film umgerechnet wahrscheinlich zwischen 100.000 und 125.000 Dollar gekostet habe.

                              Wie bitte? Dafür geht ein heutiger Blockbuster-Regisseur eventuell nicht mal auf Klo und zurück :o)

                              Natürlich hatte Bava auch bei "Se donne per l´assassino" kleine unkonventionelle Hilfsmittel: so sind die toll anzuschauenden Kamerafahrten zum großen Teil entstanden, weil der Kameramann diese auf einem kleinen roten Holz-Spielzeug-Wagen für Kinder durch das Setting fuhr.....

                              Zum Thema "Gewalt" und "Gore": ich empfand dies nicht sehr drastisch. Die Gewalt wird zwar slasher-mässig in den Mittelpunkt gestellt und genüsslich inszeniert, um nicht zu sagen "ausgestellt", allerdings ist sie aus heutiger Sicht fast schon harmlos, da die Kills zwar zu sehen sind, dies aber ohne Details geschieht. Für einen Film von 1964 ist die Darstellung allerdings krass. Dies wird natürlich durch das sowieso ständig vorhandene sleazy Feeling des Films noch verstärkt: es ist zwar alles supertoll in Szene gesetzt und sieht keinesfalls billig, sondern classy und stylish aus, aber der Film wirkt trotzdem ein wenig wie aus der Schmuddel-Ecke.

                              Ich hab das zwar wahrscheinlich bei wenigstens jedem zweiten Bava-Werk gesagt, hier trotzdem noch mal ;o)
                              Dieser hier ist einer meiner Lieblingsfilme des italienischen Meisters.

                              Schon in den ersten Minuten des Betrachtens war mir klar: hier darf ich einen Klassiker schauen, den ich bestimmt bald wieder ansehen werde.
                              Ich empfehle die Arrow-Blu-Ray, da diese wirklich eine Referenz ist mit neu abgetasteter 2K-Version vom Kamera-Negativ. Komplett uncut ist sie auch.

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                                "Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen."

                                Loriot hat hiermit eine Grundaussage des Films in einem kurzen und wie für ihn üblich - genialen Satz abgehandelt. Damit hätte er einen Teil - aber nicht alles - über "Mon Roi" ("Mein ein, mein Alles") gesagt.

                                Wir schauen Vincent Cassell und Emmanzuelle Bercot zwei Stunden beim Lieben und Leiden zu, was ja nun nicht besonders innovativ ist in der Filmlandschaft. Hier ist es jedoch super inszeniert, die beiden Hauptdarsteller sind super, die emotionale Reise bleibt auch für die geneigten Zuschauerinnen und Zuschauer interessant und wartet dazu noch mit einem sehr unspektakulären, aber nachdenklich stimmenden Schluss auf.

                                Wie die Liebe wächst und dann an Alltäglichkeiten, dämlichem Verhalten & Lügengeschichten zerbricht und etwas Verändertes daraus entsteht bleibt auch über den recht langen Zeitraum und der stringenten Erzählung bis zum Ende sehenswert.

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                                  Leichte Spoiler.

                                  So´n bisschen Kammerspiel in schwarz / weiß und offensichtlich an Originalschauplätzen zeigt Doris Dörrie in ihrem ungefähr vierundzwanzigsten Kinofilm (genau weiß ich es nicht). "Grüße aus Fukushima" punktet durch die Atmosphäre und das seltsame Thema, zwei sehr charakteristisch wie auch kulturell sehr unterschiedliche Frauen in einem Niemandsland der Postapokalypse Zeit miteinander verbringen zu lassen. Die Deutsche (natürlich auf Sinnsuche ;o) sowie die Japanerin, welche alles verloren hat durch die Nuklear-Katastrophe nähern sich im Laufe der Zeit durch langsam zu entdeckende Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede (Streitereien inclusive) an. Mit Abstand am beeindruckensten fand ich die Geister-Szenen, die durch den Umstand das der Film wie ´ne halbe Doku wirkt ziemlich gespenstisch und genial wirken. Erinnerte mich in dem Punkt leicht an Lars von Trier´s "Riget". Allerdings wird ein bisschen arg viel Zeit vertan im Niemandsland. Die Gegenpole (Stadtleben, plötzlich auftauchende Tochter der Japanerin, der mysteriöse Herr aus dem Leben der deutschen Touristin) tauchen erst im letzten Fünftel des Films auf und steigern die Interessantheitskurve deutlich.

                                  Was eindeutig für den Film spricht: ich hatte den ganzen Abend lang noch die teilweise kargen aber beeindruckenden Bilder des Films vor Augen. So was gibt es wirklich nicht jeden Tag zu sehen.

                                  Musik: Ulrike Haage,. bekannt vor allem durch die Rainbirds, aber auch durch die Avantgarde-Band Stein sowie durch diverse Hörspielproduktionen.

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                                    Mein Lieblings-Film von John Waters und eins seiner vier abendfüllenden Frühwerke, die vor allem durch einen deutlich hohen Trashfaktor, wenig Budget, aber tolle Darsteller sowie eine durchgeknallte Handlung (mal wieder mit Divine in einer Hauptrolle) besticht.

                                    Beleuchtet wird das Leben und Wirken von Dawn Dawenport: Kindheit, Jugend, Kriminelle, Verbrecherin, elektrischer Stuhl.

                                    Fast jede Szene von "Female Trouble" ist krasse, derbe Comedy mit fantastischen Dialogen, die gleichzeitig geschliffen und schwachsinnig sind. Kaum eine Szene ohne Seitenhieb auf die so genannte "Normalität", dazu knallbunte Klamotten, irrsinnig eingerichtete Wohnungen und dann natürlich der ganze Cast bestehend aus John Water´s Freundeskreis wie die bereits genannte göttliche Divine, dazu Mink Stole, Cookie Mueller, David Lochary und die tolle Edith Massey, welche es zwar nicht mochte, von John Waters in leicht extreme Kostüme (hier: enge Lederklamotten) gesteckt zu werden, dies aber mitmachte, was gut ist, denn wer sonst in aller Welt sollte die tollen, ihr auf den Leib geschneiderten Rollen spielen? (Eigentlich spielt sie sich lt. John Waters sowieso selbst).

                                    Divine - im "wahren Leben" lt. aller Beteiligten eine der liebenswertesten Personen überhaupt - spielt mal wieder eine exzentrische Kratzbürste, die sich seit ihrer Kindheit mit allen Leuten anlegt, ihren Eltern Weihnachten ruiniert ("Not on Christmas!" mit ihren ebenfalls renitenten Schulfreundinnen Leute überfällt, einen langhaarigen schluffigen Ehemann hat sowie eine aggressive durchgeknallte Tochter (fantastisch: Mink Stole: "Why don´t you go and listen to some folk music, you lousy hippie!")

                                    Divine hat in diesem Film teilweise einen Iro, und zwar zu einer Zeit BEVOR das im Punk-Bereich Mode wurde. Am Schluss im Gefängnis hat sie eine Glatze und ist zudem von einem Säure-Attentat ihrer Nachbarin entstellt. Vor ihrer Verhaftung hat sie eine der besten Performances aller Zeiten gegeben: wie sie gegen Bezahlung ihren gewichtigen Körper in engem Kleid auf einem Trampolin auf und nieder hüpfen lässt, hat Freunde und mich bei der Erstbetrachtung des Films im Kino Tränen lachen lassen.

                                    Der Film hat einen ganz eigenen Charme und es ist als Glück zu betrachten, daß es anscheinend keine deutsche Synchronisation dazu gibt. Was würde dann mit so tollen Monologen passieren wie der von Edith Massey, bei dem sie erklärt sie hätte viel lieber einen schwulen Neffen? "I worry that you'll work in an office, have children, celebrate wedding anniversaries.The world of heterosexuals is a sick and boring life!"

                                    Natürlich hat der Film nicht mehr die subversive Kraft wie zu seiner Entstehungszeit in den Siebzigern, diese lässt sich aber deutlich erahnen und zudem ist "Female Trouble" sehr, wirklich SEHR lustig und ein Meilenstein amerikanischer Underground-/Trash-/DIY-Kultur.

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                                      Fando_Y_Lis 07.03.2016, 16:44 Geändert 07.03.2016, 18:09

                                      Die finstereste Gesellschaftsbeschreibung Pasolini´s dürfte wohl "Salo" sein. Dann gibt es noch so mittel-düstere, die leicht nihilisisch sind ("Mamma Roma" und "Accatone" zum Beispiel, sowie der herausragende "Teorema",) dazu kommen dann noch einige relativ lustige Filme von dem italienischen Multi-Genie, basierend auf klassischen LIteratur-Vorlagen, so wie hier "Decamerone" von Giovanni Boccaccio aus dem 14. Jahrhundert.

                                      In "Decameron" werden diverse kürzere Geschichten behandelt, die alle in irgend einer Form mit den Themen Liebe / Erotik & Sex zu tun haben, wobei es immer einen doppelten Boden gibt, da - in der Buchvorlage wie im Film - neben dem lustigen vordergründigen Humor auch Dinge wie Poltik, Kirche, Klassengesellschaft und damit einhergehende seltsame Verhaltensweisen, Intrigen und Neurosen behandelt werden.

                                      Als Beispiel hierfür möge ein Teil der Story genannt werden, bei dem Nonnen in einem Kloster den eben angekommenen taubstummen Arbeiterjungen verführen, weil der aus ihrer Sicht ja nix weiter erzählen kann...

                                      Pasolini hat - so wie meistens - direkt vor Ort und in keinem Studio gedreht und meistens Laiendarsteller eingesetzt. Letzteres ist manchmal ganz toll geraten und ab und zu geht es auch daneben - das macht den Film allerdings nur noch charmanter. Ist ja nicht Hollywood. Deshalb "gehen" hier auch Darsteller, denen vorne mal der ein oder andere Zahn fehlt. Kann schon sein, daß Pasolini hier seinem Steckenpferd "relativ hübsche prollige unperfekte Typen die bedeutend jünger sind als er" nachgekommen ist - das wollen wir ihm aber auf keinen Fall vorwerfen :o) Auf jeden Fall ist gut zu merken, daß Pasolini hier wieder mal seiner Liebe zum so genannten "einfachen Volk" (Arbeiter, Bauern etc.) nachgekommen ist.
                                      Zudem: Full Front Nudity beider Geschlechter im Film war zu der Zeit des Entstehens relativ ungewöhnlich, wird hier aber genau so integriert wie alte graue Gassen, verfallene Ruinen und karge Landschaften, die bei Pasolini ja traditionell eine Hauptdarsteller-Funktion inne haben.

                                      Unerwähnt kann natürlich nicht bleiben, daß Italien in puncto Sex ein sehr merkwürdiges Land ist, in dem ganz andere ungeschriebene Gesetze gelten wie im Rest vom europäischen Festland. Das war zu Pasolini´s Zeiten schon so, und es hat sich meinem Eindruck und den Berichten vieler italienischer Bekannten nach nicht viel verändert seitdem. Darum ist Pasolini´s humorvoller Film genau so als gesellschaftspolitisches Statement zu betrachten wie seine ernsten Werke.

                                      Gesichtet auf Blu Ray , BFI, UK, Neben dem Hauptfilm enthält diese eine Pasolini-Doku "Notes for an african Orestela".

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                                        Wer Giallo-Filme nachmacht oder verfälscht, oder nachgemachte oder verfälschte in Verkehr bringt, wird mit Meister Argento´s "Dracula 3D" nicht unter zweimal anschauen bestraft

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                                          Fando_Y_Lis 02.03.2016, 10:02 Geändert 02.03.2016, 10:04

                                          Wenn man sich nicht daran stört, daß geschichtliche Ereignisse.....nun ja....sehr gedehnt und neuinterpretiert wirken, daß Da Vinco aussieht wie ein bodygebuildeter Halbstarker mit stets aufgeknöpften Klamotten, damit seine behaarten Brustmuckies immer gut zu sehen sind, daß die Welt ganz klar in schwarz-weiß gut-böse eingeteilt ist, daß die Erfindungen übertrieben dargestellt und teilweise schlecht computeranimiert sind, daß die Serie versucht, mit Splatter und Softsex an "Vorbilder" wie "Game of Thrones" und "Spartacus" ranzukommen, daß das Ganze eher wirkt wie Indiana Jones im Mittelalter oder Goonies für Erwachsene............dann......ja dann.......

                                          In dem Fall unterhält die Serie ungemein.

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                                            Fando_Y_Lis 02.03.2016, 09:56 Geändert 02.03.2016, 10:05

                                            So wie üblich hinterlässt Michael Moore auch mit seinem neuen Film "Where to invade next" ein leicht ambivalentes Gefühl, denn er tarnt seine tendenziösen Werke als Dokumentarfilm. Dieses Mal tut er dies aber so offensichtlich und leicht durchschaubar, daß es fast schon so wirkt als würde er eine Parodie auf sich selbst drehen.

                                            Das ist auf langen Strecken kurzweilig und unterhaltend, und Moore verschafft tatsächlich ernsthafte Denkanstösse, auch im Angesicht der verzerrten bzw. klischeehaften Darstellung europäischer Länder: Italiener: super Liebhaber, ständig Sex. Franzosen: geiles Essen ist das Wichtigste. Island: Frauenquote. Norwegen: superliberales Justizsystem.

                                            Dem stellt Moore die amerikanische Realität gegenüber: Gefängnisse sind ein riesiger Industriekomplex, in dem Schwarze versklavt werden. Gesundheits- & Urlaubssystem: Katastrophe bzw. nicht vorhanden. Wissen wir alles, weshalb ich mich fragte: für wen ist dieser Film gemacht?

                                            - für Europäer ist es der reinste Wellness- und Feelgood-Trip, da wir vorgeführt bekommen wie gut wir es haben
                                            - kluge Amerikaner haben ein differenziertes Weltbild, es gibt ja nicht nur Trump-Wähler
                                            - nicht so kluge Amerikaner werden sich dieses Werk leider nicht anschauen (ein Appell von Moore in dem Film an seine Landsleute ist, mal über den eigenen Tellerrand zu schauen).

                                            Dennoch: wenn er es schafft, das wenigstens zehn oder hundert oder tausend Leute ihr Weltbild überdenken und dann vielleicht auch noch Energie in Veränderungen stecken, könnte die Welt sich ein bisschen zum Besseren drehen.

                                            Denn das Schönste an "Where to invade next" ist der ausgestrahle Optimismus. Damit punktet Moore trotz seiner Ambivalenz ganz klar.

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                                              Fando_Y_Lis 26.02.2016, 08:59 Geändert 26.02.2016, 19:40

                                              Oft lassen arty Filme - vor allem von Langfilm-Regie-Debütanten - ja ein bisschen kalt :o) Bei "Eraserhead" ist das keineswegs der Fall. David Lynch hat in seinem ersten so genannten "abendfüllenden" Werk die meisten seiner späteren Trademarkt bereits angewandt, auch wenn diese noch nicht ganz so ausgereift sind - aber dafür hatte und hat er ja noch Zeit...

                                              Erzählt wird tatsächlich so was wie eine Geschichte, die surreal verläuft und die werten Zuschauerinnen und Zuschauer mit jeder Menge Fragezeichen im Regen stehen lässt. Trotz vieler Unwägbarkeiten und einem sehr langsamen Tempo des Films stellt sich keinen einzigen Moment Langeweile ein: man ist gefangen in einem Schwarz-Weiß-Bilder-Rausch-Labyrinth, welches zusammengehalten wird durch eine unfassbar gute....ich möchte nicht sagen Musik, sondern Tonspur. .

                                              Bei "Eraserhead" finde ich am interessantesten, den Film auf sich wirken zu lassen, ohne Ablenkung, ohne Pause, ohne in die Küche zu gehen unm was zum trinken zu holen....genau anderthalb Stunden in eine mysteriöse, spannende, abgedrehte, schwarz-weiße, eventuell nicht zu erklärende Welt hineingezogen werden....TOLL!

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                                                Fando_Y_Lis 23.02.2016, 09:48 Geändert 23.02.2016, 14:11
                                                über Kater

                                                Oh, sehe gerade: dies ist mein Kommentar Nummer 250 :o)

                                                Wir schauen einem Paar beim Leben zu: sie bewohnen ein schönes Haus, sind beide bei einem Klassik-Orchester angestellt, haben einen Kater und sich gegenseitig offensichtlich sehr lieb.

                                                Das es sich dabei um zwei Tyoen handelt, wirkt wie eine Nebensache. Die ganze Story ist so gestaltet, daß es sich auch um eine Mann-Frau-Konstellation handeln könnte - oder um eine Frau-Frau-Geschichte.

                                                Eines Tages begeht einer der Beiden eine ziemliche Dummheit, die völlig überraschend wie aus dem Nichts kommt: auf eine so gravierende Weise, dass die Beziehung sich wie zu Ende anfühlt.

                                                Nun sehen wir den Beiden nicht mehr bei einem freudvollen und harmonischen Leben zu, sondern beim Leiden.

                                                Das ist teilweise starker Tobak und ist auf zweo Stunden ausgeweitet manchmal anstrengend: auf eine interessante und gute wie auch auf eine zu langgezogene und hölzerne Art. Die Darsteller sind gut, die Geschichte bleibt bis ganz zum Ende einigermassen spannend, und es ist auch mal ganz schön, Menschen bei einfachen Dingen zuzusehen wie zum Beispiel Kartoffeln schälen, Plze sammeln, Fußball spielen, Freunde zum Essen einladen und zu Hause mit Badeschlappen durch die Bude latschen.
                                                Prima Sache, wenn ein Film sich Zeit lässt und sich nicht dem neuzeitlichen Gebot der Dauerbefeuerung seiner Zuschauer unterwirft. Auch interessant: gerade was das Thema "Schwule im Film" angeht: meist dreht sich alles - hier ist es nicht so - um "das Eine"

                                                Stimmt nicht? Dann überleg mal kurz ob dir ein Film aus dem Bereich einfällt wo das NICHT so ist ;o)

                                                Mich interessiert die Intention des Regisseurs: will er in "Kater" zeigen, dass schwule Männer Leute sind wie die meisten anderen auch? Und das bei Leuten die "normal" wirken düstere Geheimnisse in den eigenen vier Wänden stattfinden können? Zumindest in dem Punkt folgt Klaus Händl der interessanten österreichischen Film-Tradition der letzten Jahre...

                                                Wie dem auch so: der gute Ansatz mit den guten Darstellern und der guten Story wird durch zu viel Länge, durch einige etwas ungelenk wirkenden Passagen sowie durch ein teilweise seltsames Verhalten der Protagonisten (Fußball-Freunde) ein wenig belastet.

                                                Somit ist "Kater" relativ interessant, hinterlässt aber dennoch ein ambivalentes Gefühl.

                                                Gesehen im Vorfeld der Veröffentlichung auf der Berlinale.

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                                                  Fando_Y_Lis 22.02.2016, 19:34 Geändert 22.02.2016, 19:45

                                                  LEICHTER SPOILER!

                                                  "Midnight Express" wird hier auf Moviepilot ja äusserst kontrovers aufgenommen. Ich hab den Film als Teenager zum ersten Mal gesehen und fand ihn damals großartig.

                                                  Heute zum ersten Mal seit ganz, ganz vielen Jahren gesichtet und meine Begeisterung ist nicht mehr so stark, was unter Anderem an der bereits ausführlich abgehandelten und dem Film vorgeworfenen Rassismus- und schwarz-weiß-Darstellerei liegt.

                                                  Ich hab dazu gemischte Gefühle. Wir wissen das die Türkei nicht immer unbedingt ein demokratischer Staat war (und aktuell wohl auch nicht so wirklich ist...) und demnach sind Haftbedingungen in Gefängnissen nicht das Gelbe vom Ei, wobei insbesonders türkische Gefängnisse einen sehr negativen Ruf hatten und haben.

                                                  Dies in einem Film darzustellen ist erstmal in Ordnung. Das nun wirklich ALLE Türken als negativ dargestellt werden - nicht nur bis in die kleinste Nebenrolle, sondern auch bei den Statisten (ich hab extra ganz genau hingesehen heute) ist bitter. Schließlich soll ein korrupter Staatsapparat angeprangert werden bei "Midnight Express", wobei es leider teilweise so wirkt, als solle ein ganzes Volk denunziert werden.

                                                  Das Thema hat mir den Film ehrlich gesagt ein bisschen verleidet, was schade ist (könnte auch am Drehbuch von Oliver Stone liegen, der ja gerne mal den Provokateur und wütenden Schreihals raushängen lässt...) denn ansonsten ist er - bei Alan Parker ist man das ja gewohnt - schon sehr gut und teilweise ausgezeichnet geraten.

                                                  In der Türkei war der Film dann auch viele Jahre verboten. Der "echte" Billy Hayes erklärte in einem Interview, er findet die Türken in dem Film ausnahmslos zu negativ dargestellt, auf das Gefängnis träfe dies ebenso zu. Oliver Stone entschuldigte sich 2004 für die "Über-Dramatisierung" der Situation in türkischen Gefängnissen.

                                                  Die Atmosphäre in "Midnight Express" ist von vorne bis hinten sehr bedrückend. Der Film hat viele spannenden Momente (wobei der Auftakt mit dem hörbaren Herzschlag das Highlight ist, wie ich finde) und man leidet mit dem Hauptprotagonisten (Brad Davis) spürbar mit: die Willkür denen er und auch die anderen Häftlinge ausgeliefert sind, das Nichtwissen ob die Haftstrafe aus dubiosen Gründen nicht einfach verlängert wird, und das jahrelang gleiche langweilige Leben innerhalb eines wahnsinnig ungemütlichen und kaputten Gefängnistrakts...

                                                  Brad Davis spielt gut. Er ist jetzt nicht unbedingt Robert de Niro oder so, aber er verleiht der Hauptfigut doch eine Menge Leben. John Hurt spielt ebenfalls interessant, die meisten Nebenrollen bleiben aber wohl nicht lange im Gedächtnis haften. Die Musik von Giorgio Moroder...nun ja....sag ich´s mal so: bis auf eine Stelle (Fluchtversuch zu Beginn) hat sie nicht weiter gestört. Ich mag teilweise die "Hits" von Giorgio Moroder, welche er für andere Leute geschrieben hat, aber der sehr künstliche Sound passt nicht zu diesem düsteren Drama.

                                                  Am meisten ergriffen hat mich die Szene wo die Freundin von Billy Hayes ihn nach etlichen Jahren Knastaufenthalt besucht (inzwischen ist er in einer Anstalt für "Geisteskranke" untergebracht) und zwischen den beiden befindet sich eine Glasscheibe und er bittet sie weinend, sich auszuziehen.

                                                  Sicherlich ein aus diversen Gründen sehr sehenswerter Film, allerdings ist es auch nicht schlecht mit einem kritischen Blick drauf zu schauen.

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                                                  • 7 .5

                                                    Eine sehr konventionell erscheinende Doku über eine sehr unkonventionelle Künstlerin. Der Film lebt fast komplett durch Archivaufnahmen von der großartigen Janis Joplin - und natürlich ein bisschen von altem und neuem Footage ihrer Weggefährten wie ehemalige Bandmitglieder, ein Typ von The Grateful Dead und natürlich Moderator Dick Cavett, der eine sehr lustige Antwort auf die Frage gibt, ob mal was zwischen ihm und Janis war.

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