Gabe666 - Kommentare
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Alle Kommentare von Gabe666
Vor zwei Jahren bewertete ich Tarantinos "Inglourious Basterds" und erwähnte diesen Kurzfilm dabei beiläufig, aber lobend, nicht ahnend, dass es ihn tatsächlich auch hier auf mp gibt.
Nun also eine etwas detailliertere Rezension zu "Stolz der Nation": Tarantinos filmisches Mündel Eli Roth ist hier eine herrliche Parodie auf Propagandafilme der Nazis aus dem zweiten Weltkrieg gelungen. Daniel Brühl in seiner Rolle als Frederick Zoller aus dem Film, der sich hier dazu noch selbst spielt (also quasi eine doppelte schauspielerische Leistung, wenn auch keine sehr anspruchsvolle), gibt den natürlich aufrechten deutschen Soldaten, der niemals weicht, seine Pflicht ehrenvoll ausführt und den Gegnern natürlich in Sachen Treffsicherheit in geradezu übermenschlicherweise überlegen ist und dem dazu nie die Munition auszugehen scheint. Lässt man den WWII-Kontext weg, könnte man den Film so im Grunde auch als Satire auf unreflektierte Kriegs- und Actionfilme generell ansehen, in denen die Helden ja auch quasi die unbesiegbaren Übermenschen sind, die immer aufopferungsvoll kämpfen und ihre Gegner reihenweise und ohne jegliche Anstrengung ins Jenseits befördern (heute wohl mehr denn je; man braucht sich nur mal die Youtube-Kommentare zum Film durchlesen, in denen mittlerweile sehr häufig "American Sniper" sarkastisch als Remake des Films oder ähnliches bezeichnet wird).
Für Roth ungewohnt, ist der Kurzfilm ziemlich unblutig (was aber auch nur passt; in Sachen Splatter und Gore wurde man schließlich erst ab den 60ern so richtig zeigefreudig), weist dafür aber einen sehr hohen Bodycount auf. Die Absurdität ergibt sich hier wirklich aus der mit schnellen Schnitten dargestellten Inszenierung, wie Zoller die amerikanischen Soldaten reihenweise über den Haufen schießt. Dazu gibt's hier auch viele, in ihrer Plumpheit schon fast dreiste (was aber definitiv beabsichtig war) Zitate aus berühmten Werken der Filmgeschichte, allen voran Sergej Eisensteins "Panzerkreuzer Potemkin" (der ja selbst ein Propagandawerk war), inklusive dem rollenden Kinderwagen.
Auf den Wilhemsschrei wurde natürlich auch nicht verzichtet (dabei tauchte der das erste Mal eigentlich erstsmals im Jahre 1951 auf - aber in "Inglourious Basterds" hat Tarantino die Weltgeschichte ohnehin so geschrieben, wie's ihm gefällt).
Eine weitere coole Referenz ist der Cameo von Bo Svenson, dem Hauptdarsteller des originalen "Inglorous Basterds"-Films, der Tarantino als Inspiration diente, als amerikanischer Colonel, dem Denkmalschutz wichtiger ist als die Leben seiner Soldaten (eigentlich im Kontext des Films nicht ganz passend, wird hier ein Gegner der Nazis doch durchaus positiv dargestellt). Sein Auftritt ist im in "Inglourious Basterds" gezeigten Ausschnitt aus "Stolz der Nation" übrigens nicht zu sehen, es lohnt sich daher wirklich, sich das gute Stück in voller Länge anzusehen. Was aber auch wirklich nur 6 Minuten in Anspruch nimmt.
Neben der völligen Überzeichnung der Kriegsszenen und den augenzwinkernden Referenzen, ist auch charmant, wie viel Sorgfalt darin gelegt wurde, "Stolz der Nation" zumindest von den handwerklichen Aspekten wie einen echten Kriegsfilm aus den 40er Jahren aussehen zu lassen. Der in fehlerfreiem Deutsch gezeigte Vorspann (für eine amerikanische Produktion nicht unbedingt üblich, aber gut, der ist auch unter deutscher Coproduktion entstandem) und die hohe Körnigkeit des Bildes sind gute Beispiele für die Detailverliebtheit der Macher. Und auch sonst gibt es noch so einiges in dem Kurzfilm zu entdecken. Ein netter Gag ist beispielsweise das Hakenkreuz aus Einschusslöchern, das nur ganz kurz zu sehen ist.
In seinen gerade einmal 6 Minuten also ein sehr unterhaltsames Werk. Noch witziger ist allerdings das "Making-Of" zum Film, in dem Eli Roth als angeblicher Regisseur des Films sowie Sylvester Groth und Julie Dreyfus in ihren Filmrollen als Joseph Goebbels und Francesca Mondino zu sehen sind, die den Film und seinen Hauptdarsteller natürlich in den Himmel loben. Man kriegt sich da wirklich vor lachen fast nicht mehr ein!
Beides sehr sehenswert. Kurzfilm und zugehöriges "Making-Of" sind übrigens beide auf der Blu-Ray zu "Inglourious Basterds" enthalten. Man kann sie sich aber auch, wie erwähnt, in voller Länge auf Youtube anschauen.
"TV Total" schaue ich zwar schon lange nicht mehr regelmäßig, aber wenn ich in den letzten Jahren mal zugeschaltet habe, war es immer noch recht unterhaltsam. Was Pro7 und Privatsender generell angeht, die einzige Show, die ich mir noch angucken konnte. Auch wenn sie mit den Jahren immer mehr zu einer Werbeplattform verkam, sorgte er durch seine sympathische Art dafür, dass es unterhaltsam wurde.
Diese Ankündigung kommt jetzt ziemlich überraschend. Aber wenn er jetzt genug hat, soll man ihn nicht dran hindern. Der ehemalige VIVA-Moderator (was ich tatsächlich erst vor wenigen Wochen herausgefunden habe; habe ihn halt wirklich erst durch "TV Total" kennengelernt) geht ja mittlerweile stramm auf die 50 zu und nach 16 Jahren Arbeit für Pro7 kann man es ihm nicht verdenken, wenn er Lust auf was Neues hat. Tatsache ist, dass er die deutsche Medienlandschaft in der Zeit maßgeblich prägte. Als Musikproduzent begründete er so einige Karrieren und war auch mit einigen Liedern erfolgreich (an den "Maschendrahtzaun"-Quatsch erinnere ich mich noch zu gut; das sind richtige Kindheitserinnerungen!), seine Castingshows waren authentischer als die unerträgliche Konkurrenz von RTL, er sorgte für Siege oder zumindest hohe Platzierungen beim ESC (nicht, dass ich darauf so viel geben würde) und natürlich darf man nicht die verrückten Wettbewerbe wie Wok-WM, Turmspringen, Stock-Car-Crash-Challenge, "Schlag den Raab" und die Autoball-WM vergessen. Der Bundesvision-Song-Contest war auch 'ne feine Sache und bei der "Pokerstars.de-Nacht" hab ich auch immer mal wieder reingeschaut, obwohl ich das Spiel bis heute nicht wirklich kapiert habe.
Ohne ihn fehlt im deutschen Fernsehen auf jeden Fall was. Jetzt ist Pro7 für mich komplett uninteressant geworden. Denn alle restlichen Formate da sind schon lange ausnahmslos für die Tonne.
Er wird sich jetzt wohl in's Private zurückziehen. Ihm sei's gegönnt. Vielleicht verlegt er sich aber auch mehr auf seine musikalische Tätigkeit. Bisher ist ja nur vom Ende seiner TV-Karriere die Rede.
Sehr schöner Text, aus dem man die Liebe zu diesem Film richtig spüren kann.
Ich habe den Film vor einigen Monaten gekauft (besitze ihn zusammen mit fünf weiteren Filmen und einer Doku über Wood in einer Box), bin aber aus irgendeinem Grund noch nicht dazu gekommen, ihn zu sehen. Will ich natürlich unbedingt noch machen, und Woods andere Filme auch; warte nur noch auf die passende Gelegenheit. Und direkt danach werd' ich mir wohl Burtons Film über Wood anschauen, mit dem er diesem Tribut zollte und der, ironischerweise, mit mehreren Oscars ausgezeichnet wurde.
Auch wenn ich den Film noch nicht gesehen habe: als "schlechtesten Regisseur aller Zeiten" würde ich Wood nicht bezeichnen. Trash, der mit Herzblut und Liebe zum Medium inszeniert wurde, ist in der Regel immer unterhaltsam und hat viel mehr Charme als kalkuliert schlechte Filme, die einfach nur mit absurden Ideen einen Kultstatus generieren wollen. Und auch als so manches teuer produziertes, aber seelenloses Hollywoodkino. Als "schlechtesten Regisseur" würde ich eher jemanden wie Uwe Boll ansehen, dem seine Werke selbst meist überhaupt nichts bedeuten und der dazu einfach nur extrem unsympathisch rüberkommt. Wood dagegen hatte offensichtlich das Herz am rechten Fleck, auch wenn er kein Talent besaß. Solche Leute bräuchte es häufiger. Der einzige, der mir da heutzutage noch einfallen würde, wäre Tommy Wiseau.
Die wirklich schlechten Filme sind die, die die nicht nur handwerklich auf unterirdischem Niveau sind, sondern auch jegliche Form von Originalität, Herzblut und Unterhaltungswert vermissen lassen. Ein handwerklich schlechter Film, der gerade wegen seiner Mängel unterhaltsam ist, kann in dem Sinne also durchaus "gut" sein.
SA Wardega ist echt cool! Die recht aufwändigen Streiche, in denen oft auf Filme angespielt wird (wie zum Beispiel das hier: https://www.youtube.com/watch?v=cVy7YeeqGZQ) sind alle sehr witzig. Hab ihn schon lange abonniert.
Chris Pratt finde ich nach dem Video hier auch erst recht cool. Er erschreckt sich natürlich, nimmt's danach aber gelassen und plaudert ein bisschen mit dem Macher (die Flüche und der Mittelfinger sind sicher nicht so ernst gemeint). Er ist nicht so abgehoben wie viele andere Stars, sondern scheint bodenständig geblieben. Sehr sympathisch.
Fuck yeah, was für ein wilder Ritt!!
So ein Spektakel dürfte wohl kaum einer auf der Rechnung gehabt haben, als der Film erstmals angekündigt wurde, so überzeugte ja auch George Millers bis dato letzter "Mad Max"-Film, der mittlerweile 30 Jahre zurückliegt, nicht gerade viele. Für den vorläufigen Abschluss "Fury Road" besinnt sich der bereits 70 Jahre alte Hollywood-Veteran nun wieder auf seine Tugenden und liefert ein wahnwitziges Oldschool-Actionfest ab, das so ziemlich jeden Blockbuster der letzten Jahre in Sachen Inszenierung in den Schatten stellt. Von der Handlung her weist er große Ähnlichkeit zum bahnbrechenden zweiten Teil des Franchise von 1981 auf, aber während dieser eine größere Verfolgungsjagd erst am Ende zeigte, ist der Film hier eine einzige gigantische Jagd. Er ist ein reiner Adrenalinrausch, unterbrochen nur durch wenige kurze Verschnaufpausen, bzw. "Boxenstopps", wenn man so will. Praktisch von der ersten Minute an wird Vollgas gegeben und dieses irrsinnige Tempo bis zum Schluss beibehalten. Die vereinzelten ruhigen Szenen balancieren den Film zwischendurch gut aus, nutzen die für einen Moment stehende Handlung für Erklärungen des Hintergrunds oder emotionale Momente, die den Charakteren mehr Profil verleihen. Darüber hinaus strukturieren sie den Film auch und fungieren quasi als Cutscenes für die verschiedenen Level. Vom Aufbau her ist der Film tatsächlich fast wie ein Computerspiel, eben mit verschiedenen Leveln in jedesmal andersartiger Umgebung, neuen Herausforderungen, anderen Kampfstrategien und auch Bossgegnern.
Es gefällt natürlich besonders, dass der Film wirklich im Stile der Actionfilme der 80er und frühen 90er Jahre gedreht ist. Stunts, Car Crashs, Verfolgungsjagden, Explosionen - hier ist alles echt! Sicher es kamen auch viele Compuereffekte zum Einsatz. Allerdings vor allem in ergänzender Form, um beispielsweise die Hintergrundlandschaft in einer Szene darzustellen, Menschenmassen zu vergrößern, den Sandsturm gigantischer zu machen oder ein paar Autos bei den Verfolgungsjagden hinzuzufügen, um die Meute zu vergrößern. Und so harmonieren beide Techniken auch sehr gut. Allgemein würde ich schon sagen, dass bei einem Actionfilm der Großteil der Schauwerte handgemacht sein sollte und Computertricks vor allem zur Ergänzung genutzt werden sollten, denn so gut CGI auch gemacht sein mag, es wirkt immer in gewissem Grade unecht und echte Explosionen sind generell glaubwürdiger und wirken unmittelbarer auf den Zuschauer (wobei ich ja durchaus auch Freude an Filmen empfinde, die zu einem großen Anteil computeranimiert sind, so wie "Avatar", aber der ist auch kein reiner Actionfilm; andererseits - für die Marvelfilme hab ich auch einiges übrig, aber das liegt wohl vor allem daran, dass ich Comicfan bin... ok, "Pacific Rim" war auch geil... ach, vergesst einfach, was ich geschrieben habe, ich hab an beidem meine Freude! :D). In seiner Machart ist der Film damit erfrischend und in der heutigen Zeit schon fast sowas wie ein Fremdkörper.
Getragen wird er dazu von einer hervorragenden Besetzung. Tom Hardy ersetzt Mel Gibson in der Titelrolle und passt perfekt zum Charakter des schweigsamen, einzelgängerischen Antihelden mit gequälter Seele. Wobei Mad Max hier ja eigentlich schon fast zum Nebencharakter degradiert wird. Die Bühne gehört zu einem großen Teil eindeutig Charlize Theron als unbeugsame Heroine Furiosa. Die verstümmelte, verbitterte Kriegerin mit kahlgeschorenem Kopf gehört ohne Zweifel mit zu den interessantesten Figuren des Franchise und zu Therons besten Rollen. Den entstellten, degenerierten, grausamen Antagonisten Immortan Joe gibt Hugh Keays-Byrne, der in der Reihe selbst schon einmal zu sehen war. Er stellte im ersten Teil Toecutter, den Anführer der brutalen Bikergang, dar. Hier ist er allerdings kaum wiederzuerkennen, da er man ihn zum einen stark geschminkt hat und er zusätzlich den Großteil des Films über eine Maske trägt. Einer seiner fanatischen Anhänger, der junge Hitzkopf Nux, wird vom aufstrebenden Jungstar Nicholas Hoult dargestellt (u.a. bekannt aus den letzten beiden "X-Men"-Filmen und "Warm Bodies"), der den Krieger mit harter Schale und weichem Kern sehr überzeugend verkörpert. Anfangs noch mit einem unbedingten Drang, sich zu beweisen, ausgestattet, ist er schwer gezeichnet, als ihm das nicht gelingt und beginnt im späteren Verlauf sogar, seine Ideale in Frage zu stellen (wobei ich es schon ein wenig unglaubwürdig fand, dass er so schnell zahm wurde und seine Loyalität wechselte, aber das lag am Drehbuch und nicht am Darsteller). Immortan Joes Liebesdienerinnen, die von Furiosa befreit und beschützt werden, was die Handlung erst ins Rollen bringt, werden hauptsächlich von jungen Models dargestellt. Ob das eine so gute Entscheidung war? Man merkt ihnen größtenteils schon an, dass sie im Schauspielbusiness noch ziemlich unerfahren sind. Wirklich überzeugend fand ich nur Riley Keough und Zoe Kravitz (ebenfalls bekannt aus "X-Men: First Class"), die als einzige tatsächlich bereits über Schauspielerfahrung verfügen und mit ihren Leistungen hervorstechen. Dagegen war es ein großer Fehler, die größere Rolle der Splendid ausgerechnet mit Rose Huntington-Whiteley zu besetzen, denn sie zeigt wie im dritten "Transformers" (der bisher auch ihr einziger weiterer Film war) die ganze Zeit nur einen einzigen Gesichtsausdruck. Einem Charakter kann man kein Profil verleihen, wenn man die ständig nur mit ausdrucksloser Miene durch die Gegend läuft! Es mag wegen der ziemlich heiklen Thematik unangemessen zynisch von mir klingen, da sie im Film wie die anderen eine Sexsklavin darstellt, die von Immortan Joe sogar ungewollt schwanger wurde, aber als ihr Charakter sich etwa nach der ersten Hälfte aus dem Film verabschiedet, war das mMn eine gute Entscheidung. Sie konnte die Rolle nicht angemessen verkörpern und hätte im weiteren Verlauf nur gestört. Als Schauspielerin taugt sie für mich nichts und war eine einzige Fehlbesetzung. Dabei ist ihre Rolle ja durchaus interessant. Man hätte da eine bessere Wahl treffen sollen.
Ein weiterer erwähnenswerter Schauspieler ist dann noch der ehemalige Wrestler Nathan Jones, der schon in mehreren Actionfilmen zu sehen war. Er stellt den muskelbepackten Rictus Erectus (mal wieder: was für Namen!) dar, einen der Hauptantagonisten. War ein würdiger Endgegner für Max und Furiosa.
"Fury Road" hat neben der beeindruckenden Action und den größtenteils guten Schauspielern natürlich noch mehr zu bieten. Wie schon die beiden unmittelbaren Vorgänger, ist er, was Setdesign, Kostüme und Make-Up angeht, unglaublich fantasievoll und detailreich gestaltet und ein wahrer Schmaus für die Augen. Man kann sich hier wirklich garnicht sattsehen an den cool designten Karren, schrägen Typen, beeindruckenden Kulissen bzw. Hintergründen und originellen Waffen. An Verrücktheiten wird hier wirklich einiges geboten und so wird dieser Teil der Reihe seinem Titel mal so richtig gerecht ("mad" heißt im Englischen ja nicht nur "wütend", sondern auch "verrückt"). Von den mit Kreide bemalten fanatischen Kriegern Immortan Joes, die einer neuen Religion folgen, die um Stahl und Öl kreist und Elemente der nordischen Mythologie übernimmt, und sich vor ihren Selbstmord-Attentaten Chrom ins Gesicht sprühen bis zu einem durchgeknallten Metal-Gitarristen, der seine Gitarre auch als Flammenwerfer gebraucht. Wie cool ist das denn?! :D \m/
Was die Geschichte angeht, so steht dieser Teil natürlich mal wieder im Widerspruch zu seinen Vorgängern (oder zumindest zum ersten Teil), da sich Max mal wieder äußerlich kaum verändert hat (sicher, Tom Hardy sieht anders aus als Gibson, aber vom Erscheinungsbild her könnte er genauso alt sein wie dieser in den 80ern), die Welt aber offensichtlich schon seit Jahrzehnten in diesem apokalyptischen Zustand ist. Immortan Joes Festung besteht offenbar schon lange, und von Furiosa wird an einer Stelle im Film erwähnt, dass sie vor zwanzig Jahren dort hin kam. Da die Welt im ersten Teil noch ziemlich zivilisiert aussah, Max aber offensichtlich nicht altert, haut das mal wieder nicht hin. Dementsprechend sollte man diesen Teil, was die Kontinuität betrifft, auch losgelöst von den anderen betrachten, auch wenn es immer wieder Anspielungen auf die Vorgänger gibt, allerdings vor allem auf Teil 2 und 3. So wird Max hier immer wieder von Visionen heimgesucht, in denen ihn die Menschen, die er verloren hat und nicht retten konnte, quälen (das Kind, das er immer wieder sieht, könnte zum Clan aus dem dritten Teil gehören, bin mir da aber nicht sicher). Offensichtlich hat Max viel zwischen diesem und dem dritten Teil erlebt, was ihn stark gezeichnet hat. Allgemein ist es interessant, wie Max hier dargestellt wird. Mit ihm wird der Film zwar eingeführt, er ist aber anfangs größtenteils passiv. Von Immortan Joes Handlangern wird er gefangengenommen und als unfreiwilliger Blutspender missbraucht; den Antrieb für die Handlung gibt tatsächlich Furiosa. Erst als er und Nux durch den apokalyptischen Sandsturm von der Horde getrennt werden und den Flüchtenden begegnen, wird er wieder tätig. Allerdings bleibt er auch für den Großteil des Films eher Furiosas Verbündeter und richtet sich nach ihr als selbst tätig zu werden. Ungewöhnlich, aber erfrischend.
Nebenbei ist auch der zwischen dem ganzen Spektakel eingestreute Subtext von Interesse. Zwischen der ganzen Action konnte George Miller durchaus auch Sozialkritik einbauen. So gründet sich Immortan Joes macht vor allem darauf, dass er eine Wasserquelle kontrolliert und seine Untergebenen so auf ihn angewiesen sind (übrigens ist das auch das erste Mal, das in der Reihe Wasser als Ressource thematisiert wird; eigentlich wirkte es in den Vorgängern schon komisch, dass Öl als wichtigster Rohstoff galt, denn in der Wüste ist Wasser am wichtigsten - Öl kann und sollte man nicht trinken, Wasser braucht man aber zum Überleben). Dazu bindet er sie auch an sich, indem er einen Kult um sich herum aufbaute, sich selbst quasi gottgleich stilisiert und ihnen nach ihrem Tod das Paradies verspricht, wenn sie ihm folgen. Viele autoritäre Herrschaftsformen gründeten ihre Macht und Gewalt auf solche religiösen Stilisierungen. Die Warboys ähneln in ihrem Fanatismus und Bereitschaft, ihr Leben für ihren Führer und ihren Glauben zu geben, stark an die modernen, selbst ernannten "Gotteskrieger". Und die aus früheren Jahrhunderten.
Was dem Film auch hoch anzurechnen ist, ist die Thematisierung der Rolle der Frau in solchen kriegerischen Zeiten und Gegenden, in denen die Zivilisation zusammenbricht, was in der Reihe und dem Genre allgemein bisher sträflich vernachlässigt wurde. Es ist leider eine Tatsache, dass Frauen oft als Freiwild gelten, wenn keine Regeln des Zusammenlebens mehr Bestand haben und von den brutalen Zeitgenossen lediglich als Objekt zur Befriedigung ihrer Triebe angesehen werden. Was ja auch in einigen, oft vom Krieg gezeichneten, "Gottesstaaten" der Fall war. Mit der Figur der Furiosa und dem Stamm der Vuvalinis, die im weiteren Verlauf des Films auftreten, aber auch einigen der geflohenen Sklavinnen, die durchaus Selbstbewusstsein und Stärke zeigen, hat man hier starke Frauenfiguren, die für Emanzipation und ihre Selbstbestimmung eintreten.
Soviel zum Subtext des Films.
Freilich ist die Geschichte nicht frei von Unlogik [SPOILER: neben Nux, der mir ein bisschen zu schnell die Seiten wechselt, war es auch etwas unbefriedigend, dass einem keine Erklärung dafür geliefert wurde, wie Furiosa einen so hohen Status in Immortan Joes Armee erlangen konnte, wenn sie so oft schon versucht hat, zu fliehen, wie es an einer Stelle erwähnt wird; anfangs scheint er ihr ja zu vertrauen, sonst hätte er ihr nicht die Leitung des Konvois übertragen - wie also ist sie in diese Position gelangt?], aber das Wichtigste ist natürlich die Action und die hat es wahrlich in sich! Die Kamera bleibt immer nah am Geschehen, geht gelegentlich sogar auf Frontalkurs mit den Fahrzeugen und fängt beeindruckende Bilder ein; der Schnitt ist perfekt auf den Rhythmus eingestimmt. Und die energetische, vorwärtsdrängende, oftmals überraschend aufdröhnende Musikuntermalung vom niederländischen Komponisten und Musikproduzenten passt perfekt zu den Bildern. Neben der größtenteils elektronischen Musik wurde dabei auch auf orchestrale Untermalung gesetzt. Und die Wiederverwendung eines klassischen Stückes, nämlich Verdis "Requiem", das man schon in den Trailern hörte, ist ungewöhnlich, funktioniert aber perfekt.
Und zuletzt sind auch die 3D-Effekte nach mehreren Enttäuschungen der letzten Zeit wieder richtig klasse. Gehören meiner Meinung nach sogar mit zu den Besten, die ich je in einem Kino gesehen habe! Sehr oft ragen einem hier Gegenstände ins Gesicht oder die Landschaft erscheint räumlich. Da wurde mal sehr gute Arbeit geleistet!
Nur ganz zum Schluss übertreibt es George Miller mit seiner offensichtlichen Liebe zu dieser Technologie, setzt er dann doch zu plakative Effekte ein, indem er alle möglichen (offensichtlich computeranimierten) Gegenstände auf die kamera zufliegen lässt. Kam im Kino zwar ziemlich atemberaubend rüber, allerdings wirkte es doch auch etwas zu bemüht und übertrieben, vor allem auch, was den Einsatz von Computereffekten angeht. Ich habe die Vermutung, dass diese Sequenz im Heimkino eher albern rüberkommt, da sie zu eindeutig auf den 3D-Effekt ausgerichtet ist. In 2D hat man dann eben nichts davon. Ein 3D-Film sollte mMn aber immer auch ohne dieses Gimmick funktionieren.
Diese unnötige letzte Sequenz vom Showdown, einige unglückliche Besetzungen und die gelegentliche Unlogik sind aber auch wirklich die einzigen Kritikpunkte, die ich hier habe und fallen, was meine Wertung betrifft, kaum negativ ins Gewicht. "Mad Max: Fury Road" ist ein irrer Trip, ein wahnwitziges, rastloses Effektspektakel, das durch seine Oldschool-Herangehensweise extrem eindrücklich auf den Zuschauer wirkt, laut, wahnsinnig schnell und völlig durchgedreht. Die vielen Verrücktheiten (u.a. gibt es in der Sumpfszene offensichtlich auch eine Salvador-Dalí-Referenz) und coolen Gimmicks sorgen für eine Spaß, der Film nimmt sich aber zwischendurch auch Zeit für Emotionen und wird von tollen Darstellern getragen. In Sachen Brutalität kehrt er übrigens auch zu seinen Wurzeln zurück: besonders im Showdown geht es sehr heftig zu.
Für mich ohne Zweifel (nicht nur in seinem Genre) der beste Film des Jahres (und vor ein paar Wochen war das noch "Avengers 2" - der hat bei mir zwar auch dieselbe Wertung, aber ist definitiv kein solches Unikat wie dieser), der dazu auch viele Blockbuster der letzten Jahre locker in die Tasche steckt. George Miller hat definitiv gezeigt, dass er es immer noch drauf hat. Die Bezeichnung "Mastermind" aus den Trailern ist mehr als angemessen!
Das hier ist ein bahnbrechendes Meisterwerk und würdiger (vorläufiger) Abschluss für die Saga. Meiner Meinung nach auch der beste Teil der Reihe. Ich denke, nach der nächsten Sichtung gebe ich ihm dann auch den Lieblingsfilm-Status. Noch muss ich die ganzen Eindrücke verarbeiten.
Wirklich, jeder Actionfan, der was auf sich hält, muss den gesehen haben! An alle Liebhaber des Genres: schaut ihn auch unbedingt an, solange er noch im Kino läuft! SCHAUT DEN FILM! Wer das nicht macht, der hat echt was verpasst!
Der dritte Teil der "Mad Max"-Reihe (der für ungefähr dreißig Jahre auch der letzte war) hat ja, wie auch einige andere abschließende Sequels zu erfolgreichen Franchises ("Indiana Jones IV", "Matrix" II & III), allgemein einen eher schweren Stand. Anscheinend bin ich hier, wie bei denen mal wieder der Außenseiter, denn mir sagte er durchaus zu. Ich finde ihn tatsächlich auch immer noch besser als den ersten.
Für "Mad Max: Jenseits der Donnerkuppel" stand diesmal ein wesentlich höheres Budget zur Verfügung. Das resultierte allerdings auch darin, dass der Film merklich auf ein jüngeres Publikum zugeschnitten wurde. Ursprünglich hatte Regisseur George Miller, der sich die Arbeit hier mit seinem Freund George Ogilvie teilte, ihn sogar nicht einmal als weitere Fortsetzung zu seinem "Mad Max"-Franchise geplant, sondern ihn als eigenständigen Film vorgesehen, in dem es um eine Gruppe von Kindern geht, die in einem postapokalyptischen Setting überleben muss und von einem Mann gerettet wird. Erst später entschloss er sich, Max Rockatansky zu diesem Mann zu machen.
Ob das eine so gute Entscheidung war? Ich gebe selbst zu, dass der Film seltsam zerrissen wirkt. Die erste Dreiviertelstunde ist dem direkten Vorgänger noch ziemlich ähnlich, die Stadt Bartertown, offenbar eine sich etablierende neue Zivilisation, fügt sich gut in die Endzeitwelt ein und wirkt ausgesprochen drekcig und skurril. Dann wird Max nach dem Kampf in der titelgebenden Donnerkuppel in die Wüste verbannt und eben von der erwähnten, in einer Oase lebenden, Gruppe von Kindern gerettet. Und dieser zweite Teil des Films unterscheidet sich wirklich stark vom vorhergehenden Geschehen und wirkt tatsächlich mehr wie ein Kinderfilm. Ob das der Part war, der von George Ogilvie inszeniert wurde? Genau kann man's jedenfalls nicht sagen, aber inszenierungstechnisch klaffen die beiden Handlungssegmente stark auseinander.
Dazu wird es hier dann auch sehr unlogisch.
[SPOILER: Das fängt schon damit an, dass Bartertown offenbar schon seit mehreren Jahrzehnten existiert, sich Max' äußere Erscheinung aber erneut kaum verändert hat. Ist der irgendwie in einen Jungbrunnen gefallen? Man fährt hier definitiv auch besser, wenn man diesen Teil separat von den beiden Vorgängern betrachtet und einfach ignoriert, dass der Protagonist in jedem denselben Namen trägt. Als eigenständige Werke funktionieren sie besser, zumal hier auch wieder keine Vorkenntnisse bezüglich der beiden anderen Filme nötig sind, um diesen hier zu verstehen.
Was in dem zweiten Part des Filmes komisch anmutet, ist eben, dass Max, anstatt mit den in die Wüste geflüchteten Kindern, nachdem er sie gefunden hat, nicht sofort in die Oase zurückkehrt, sondern stattdessen den Zwerg befreit, obwohl ihm klar sein müsste, dass ihm das nur Probleme einbringt.]
Die Motivationen der Charaktere sind hier mehrmals nicht wirklich ersichtlich.
Zudem ist der Showdown hier dann auch bei weitem nicht so beeindruckend wie erhofft, kann mit dem aus dem Vorgänger schon garnicht gleichziehen. Liegt vermutlich auch daran, dass der Gewaltgrad hier eben stark zurückgeschraubt wurde, eben um ein jüngeres Publikum anzusprechen.
Aber es gibt eben auch viel, was an dem Film positiv hervorsticht. Das höhere Budget wurde für beeindruckende Massenszenen genutzt, die so in den Vorgängern noch nicht möglich waren und was Kulissen und Kostüme betrifft, so sind sie hier mit einer Kreativität und Detailfreude gestaltet worden, dass man hier durchaus merkt, dass viel Herzblut in den Film geflossen ist. Die vielen skurrilen Elemente, wie beispielsweise ein Zwerg namens Master, der von einem Hünen namens Blaster getragen wird (also Masterblaster sozusagen - Mann, ist das bescheuert!), haben außerdem ihren ganz eigenen Charme. Und die Action ist hier, obwohl wesentlich rarer gesät als noch im Vorgänger, wieder klasse gemacht. Vor allem der Kampf Max gegen Blaster in der Donnerkuppel ist toll choreographiert und macht richtig Laune. Die Verfolgungsjagd mit der Lokomotive weiß auch zu gefallen.
Und dann ist da natürlich noch die Filmmusik, die sich stark von den Vorgängern unterscheidet. Der Score stammt diesmal nicht von Brian May (nicht zu verwechseln mit dem Queen-Gitarristen), sondern vom Altmeister Maurice Jarre, ist dadurch konventioneller und melodischer, aber auch abwechslungsreicher. So finden sich hier Anklänge an Ethnomusik, aber auch viele Jazzeinflüsse. Interessanter sind aber die Titel vom Soundtrack, welche sicher auch maßgeblich zum Bekanntheitsgrad des Filmes beitrugen. So steuerte Rockikone Tina Turner, die hier auch ihre erste und auch einzige größere Rolle in einem Spielfilm hatte, zwei Songs zum Film bei, wobei einer davon auch über diesen hinaus berühmt wurde. Die Rede ist natürlich von "We Don't Need Another Hero", den so gut wie jeder kennen dürfte. Von Endzeit-B-Movies ist man zu bombastischem 80er-Jahre-Pop umgeschwenkt. Ja, schon sehr ungewohnt, hat aber durchaus was.
Durch die Schauspieler kann der Film ebenfalls punkten. Neben Mel Gibson in seiner Paraderolle, der hier wie im Vorgänger den knurrigen Einzelgänger perfekt verkörpert, ist auch Bruce Spence wieder mit von der Partie, wenn auch diesmal in einer ganz anderen Rolle. Sein Charakter ist wie der Gyro Captain aus dem Vorgänger viel in der Luft unterwegs, hat diesmal aber auch ein Kind und fungiert nicht als Sidekick oder Sympathieträger, da er Max zu Anfang des Films bestiehlt und später von ihm gezwungen werden muss, ihm zu helfen. Der Zwerg Master wird von damals bereits 77 Jahre alten Kleinwüchsigen Angelo Rossitto dargestellt, den man hier in seiner letzten größeren Rolle sieht. Die erwähnte Tina Turner als dessen Gegenspielerin Aunty Entity kann auch durchaus überzeugen und füllt ihren Charakter mit viel Charisma. Erwähnenswerte Nebendarsteller sind noch der Rocksänger Angry Anderson als Entitys tumber Gehilfe und die damals 23-jährige Helen Buday als Anführerin des Kinderklans. Von den jungen Darstellern hat sie definitiv am meisten Eindruck hinterlassen.
Der dritte "Mad Max" ist zwar offensichtlich der am kommerziellsten ausgerichtete der Reihe und weist gewisse Schwächen in seiner Dramaturgie auf (dazu zählt auch das eigenartige, schon etwas unbefriedigende, offene Ende, bei dem Max zur Erlöserfigur verklärt wird), kann aber durchaus unterhalten. Er unterscheidet sich stark von seinen beiden Vorgängern, wie die auch untereinander, wirkt aber auch selbst ziemlich zerfasert. Schon eigenartig, wenn man bedenkt, dass alle vom selben Regisseur stammen (wie auch der vierte Teil, der ja nochmals völlig anders ist).
Wenn man mit der Ausrichtung auf ein jüngeres Publikum und dementsprechend der zurückgefahrenen Brutalität und Düsterkeit leben kann, kann man hiermit jedenfalls durchaus Spaß haben. Man hat wieder viele schräge Typen, eine sehr fantasievolle Ausstattung mit tollen Kostümen und Masken, ein atmosphärisches Endzeitsetting (wobei Bartertown und die Siedlung der verlassenen Kinder aber hier auch schon wieder die Hoffnung auf eine neuerrichtete Zivilisation verkörpern), sehr schön fotografierte Aufnahmen von Wüste und Urwald, ordentlich inszenierte Actionszenen, überzeugende Schauspieler und einen coolen Soundtrack. Für damals vielleicht kein würdiger Abschluss der ursprünglichen Trilogie, aber einer, mit dem man im Grunde durchaus zufrieden sein kann. Er ist jedenfalls durchaus einen Blick wert.
So, das war mein kleiner Rückblick zur ursprünglichen "Mad Max"-Trilogie. Morgen (oder genauer: später am heutigen Tag; es dauerte wesentlich länger, die Kommtare zu schreiben als geplant) kommt dann mein Kommentar zum vorläufigen Abschluss "Fury Road".
Jetzt muss ich mich erstmal ausschlafen!
Jawoll, so muss das! "Mad Max 2" ist nicht nur der bis dato teuerste australische Film, sondern auch eine der besten Fortsetzungen überhaupt, die ihren Vorgänger in so gut wie jeder Hinsicht übertrifft.
Nach dem Erfolg seines (wie meinem vorhergehenden Kommentar zu entnehmen, für mich eher mäßigen) Erstlings schuf George Miller mit einem wesentlich höheren Budget und besseren Drehbuch einen beeindruckenden, bombastischen Nachfolger, der ein ganzes Subgenre prägen sollte. Bis heute bezieht sich praktisch jeder Film mit einem Endzeitsetting in irgendeiner Weise auf ihn, denn Mel Gibsons zweiter Einsatz als Max Rockatansky (cooler Name übrigens!) wies alle Elemente auf, die für diese Art Filme maßgeblich wurden: eine lebensfeindliche Umgebung als Handlungsort (für gewöhnlich die Wüste, alternativ auch das Meer - ist ja im Grunde eine Wasserwüste - wie in "Waterworld"), einen wortkargen (Anti-)Helden, eine aufgrund irgendeiner Katastrophe (Virus, Meteoriteneinschlag, Dürre, verschwindende Ressourcen, etc.) oder eines (für gewöhnlich Atom-)Krieges völlig zusammengebrochene Zivilisation, daraus resultierend eine archaische Gesellschaftsform, in der in der Regel jeder sich selbst der Nächste ist - und natürlich völlig überzeichnet dargestellte Gangs in Lederklamotten und schrägen SM-Outfits, die in aufgemotzten Karren durch die Gegend düsen und sich gegenseitig bekriegen. Insbesondere letzterer Aspekt wurde danach sehr oft und gerne kopiert.
"Mad Max 2" ist Actionkino in Reinkultur. Die Handlung ist nur auf das Nötigste beschränkt, Gut und Böse sind klar umrissen, gesprochen wird allgemein nicht viel (von den etwa 180 Seiten im originalen Drehbuch sollen nur 20 mit Dialogen gewesen sein), es geht ziemlich rauh und brutal zu und zum Schluss wird einem ein Showdown geboten, der sich gewaschen hat. Dazu gibt's eine beklemmende Endzeit-Atmosphäre, toll fotografierte Bilder der australischen Wüste und einen schauspielerisch gereiften Mel Gibson, der seinen knurrigen Antihelden mit viel Charisma und Bad-Ass-Attitüde verkörpert.
Max ist nach den Geschehnissen des ersten Teils verbittert, durchstreift ziellos das wüste Land und gerät zufällig zwischen die Fronten in einem Konflikt zwischen Siedlern, die Erdöl (was mittlerweile zum kostbarsten Gut geworden ist) fördern und eben einer der rabiaten Gangs. Mehr muss man zur Handlung nicht wissen.
Der Film ist vorbildlicherweise auch ohne den ersten Teil verständlich; nur in einem Prolog wird kurz auf diesen Bezug genommen, da sich die beiden Filme aber auch stark voneinander unterscheiden und ansonsten nicht viele Verbindungen miteinander aufweisen, kann man ohne Probleme auch hier in die Reihe einsteigen. Ohnehin erscheint es schon etwas unglaubwürdig, dass die Welt, in der das Franchise spielt, in dem nicht unbedingt großen Zeitraum, der zwischen den beiden Filmen stehen soll, schon so heruntergekommen ist. Im ersten Teil war die Zivilisation im Grunde noch intakt, hier hingegen ist schon alles verwüstet (und soll es im dritten und vierten Teil noch mehr werden). Da Max aber äußerlich kaum gealtert ist, können nicht viele Jahre in der Zwischenzeit vergangen sein. Die postapokalyptisch wirkende Welt ist aber offensichtlich schon seit längerer Zeit in diesem Zustand. Daher ist es im Grunde schon logischer, wenn man die beiden Filme (und im Grunde auch die Nachfolger) als eigenständige Werke ansieht, da es schon ziemlich weit hergeholt ist, dass in verhältnismäßig kurzer Zeit so viele Veränderungen stattgefunden haben sollen.
Aber Logik ist hier ohnehin zweitrangig, im Vordergrund steht allein die Action. Und die hat es hier wirklich in sich. Man bekommt richtig klasse inszenierte Verfolgungsjagden und Kämpfe zu sehen, mit richtig beeindruckenden Stunts, die damals tatsächlich alle echt waren. Heute leider keine Selbstverständlichkeit mehr, da hauptsächlich mit Computereffekten gearbeitet wird. Echte Stunts und Car Crashs haben jedoch meist eine unmittelbarere Wirkung auf den Betrachter. Aus diesem Film kann sich also auch heute noch vieles sehen lassen.
Das Einzige, was etwas negativ ins Gewicht fällt, wäre die öfters etwas zu aufdringliche, schrille Filmmusik. Allzu störend ist sie aber nicht und in genug Szenen unterstützt sie auch die Atmosphäre oder Spannung.
Dazu hat man auch viele originelle Elemente, die den Film unverwechselbar machen. Von den Charakteren bleiben einem viele im Gedächtnis. Bruce Spence als schrulliger Gyro Captain fungiert als Max' Sidekick und Comic Relief, bei den Siedlern sorgt Virginia Hey als Warrior Woman für Frauenpower und wird glücklicherweise nicht mit Max in eine obligatorische Liebesgeschichte verwickelt, Mike Preston verkörpert den umsichtigen Anführer der Siedler Pappagallo (diese Namen!) und ein verwilderter Junge, der seinen Boomerang als Waffe benutzt, lässt Max zusammen mit einem Hund (der den schlichten Namen "Hund" trägt) ein wenig auftauen. Bei den schrägen Bösewichtern stechen da vor allem Vernon Wells (Arnies Gegner in "Phantom-Kommando, der auch hier völlig overacted) als grobschlächtiger Brutalo Wez, dessen namenloser blonder Liebessklave und natürlich der schwedische Gewichtheber Kjell Nilsson als maskierter, muskelbepackter Anführer "Lord Humungus" hervor. Wobei letzterer, der praktisch schon vor Jason Voorhees die Hockeymaske für Antagonisten salonfähig machte, einen wirklich ernstzunehmenden, kultverdächtigen Gegenspieler abgibt, der nicht nur durch seine körperliche Kraft, sondern auch psychologische Kriegführung zur Bedrohung wird. In der deutschen Fassung wirkt er leider eher lächerlich, aber das liegt wohl einfach nur an seiner viel zu hohen, quäkigen Synchronstimme, die einfach nicht zu einem solchen Hünen passen will. In der Originalfassung wirkt er viel bedrohlicher.
Dazu punktet "Mad Max 2" noch mit markigen Sprüchen, einem sehr fantasievollen, detaillierten Szenenbild und coolen Kostümen und zuletzt einem der beeindruckendsten Showdowns, die je gedreht wurden. Die finale Verfolgungsjagd, bei der Max einen riesigen Tanklaster durch die Wüste fährt, während ihm die Gang auf ihren Gefährten hinterherrast, stellte alles in den Schatten, was man bis dahin gesehen hatte und bleibt auch heute noch eine der beeindruckendsten Actionszenen, die je gedreht wurden. Wahnsinn, was da alles zu Bruch geht! Und auch die Stunts hauen einen heute noch um. Muss man unbedingt gesehen haben, soviel ist klar! Das hier ist Filmgeschichte!
George Miller hat sich hier wahrlich selbst übertroffen und ein Meisterwerk abgeliefert, was auch heute noch prägenden Einfluss auf die Popkultur hat. Unzählige Filme und Spiele (als augenfälligstes Beispiel sei da mal nur die "Fallout"-Reihe genannt) wären ohne ihn garnicht denkbar. So bezeichnete auch James Cameron ihn als eine seiner wichtigsten Inspirationen, vor allem für seinen "Terminator".
"Mad Max 2" ist dreckig, brutal, nihilistisch, hat eine tolle Endzeit-Atmosphäre, schräge, überzeichnete Charaktere und einen beispiellosen Showdown. DAS Werk, das den Endzeitfilm definieren sollte. Zudem wartet er zum Schluss noch mit zwei netten, kleinen Twists auf.
Mit Abstand einer der besten Actionfilme, die je gedreht wurden! Man kann sich garnicht satt sehen! Die Wertung ist hier übrigens auch noch nicht fest. Ich denke, nach der nächsten Sichtung stufe ich den zum Lieblingsfilm auf.
Was ist an dem Film jetzt nochmal so toll?
Sicher, für das geringe Budget, das George Miller damals zur Verfügung hatte, ist es schon beachtlich, was er damit auf die Beine stellen konnte. Die Verfolgungsjagden mit Auto und Motorrad haben es wirklich in sich. An sich ist die Action echt nicht schlecht. Nur gibt es davon leider viel zu wenig zu sehen.
Größtenteils zieht sich der erste "Mad Max" einfach wie Kaugummi, und das liegt daran, dass in etwa drei Vierteln des Films mal einfach NICHTS passiert. Es wird viel gelabert und durch die Gegend geschlendert oder eben gefahren, aber zu richtigen beinharten Konfrontationen kommt es nur selten. Der Konflikt zwischen dem Hauptcharakter Max und der Bikergang, welcher dann am Ende in einen Rachefeldzug seinerseits mündet, wird viel zu lange hinausgezögert. Max' Urlaub mit seiner Familie, in dem sie eben die ganze Zeit einfach nur durch die Gegend fahren oder sich in der Wildnis entspannen, nimmt einen zu großen Raum im Film ein. Man schläft hier vor Langeweile zwischendurch wirklich fast ein.
Dazu kommt auch, dass im Film wirklich kaum einer der Darsteller überzeugend spielt, nicht einmal Mel Gibson in seiner ersten Rolle, dessen Mimik sich hier wirklich kaum ändert. Aber gut, hier war er wohl auch noch recht unerfahren. Die Darsteller der Biker dagegen neigen sehr zum Overacten, was aber nicht amüsant, sondern eher nervig rüberkommt. Ihre Charaktere sind auch irgendwie ziemlich albern geraten, vor allem die Verehrung für ihr Mitglied Nightrider (nicht zu verwechseln mit "The Hoff" aus der Serie; der hier schreibt sich ohne K!), das am Anfang bei einer Verfolgungsjagd mit Max das Zeitliche segnet, kommt eher lächerlich rüber, da auch kein wirklicher Anhaltspunkt dafür geliefert wird (warum hat jetzt gerade er "Klasse" und die anderen Raser nicht? Er macht wie sie im Film ja auch nichts anderes als durch die Gegend rasen und Autos crashen, da ist kein Unterschied feststellbar).
Und Max' Rachefeldzug am Ende hat mich dann schlicht auch einfach enttäuscht, denn in einen in irgendeiner Weise beeindruckenden Showdown mündete das Ganze nicht und ging dazu, nach der langen Exposition, viel zu schnell vonstatten.
[SPOILER: Er macht nur drei Mitglieder der Truppe fertig, die ersten beiden dazu auch ziemlich unspektakulär, obwohl sie alle für den Tod seines Kindes verantwortlich sind, und dem letzten, der ihn offenbar nicht erkennt, macht er am Ende nicht einmal klar, warum er ihn töten will - bitte, das ist doch keine Rache!]
Auch handwerklich ist hier nicht alles optimal. Der Schnitt ist in den Actionszenen teilweise viel zu hektisch und abrupt geraten, was sie etwas unübersichtlich macht.
Etwas nervig ist auch die chaotische, teils ziemlich schrille Musik, die nicht so ganz zu den Bildern passen will.
Und zudem verstehe ich auch nicht, warum der hier als "erster richtiger Endzeitfilm" gilt. Von Endzeit ist hier nämlich nicht viel zu sehen. Die Infrastruktur ist noch völlig intakt, die Leute gehen geregelt ihren Berufen nach, Max kann sogar Urlaub machen, höchstens Gangster und Polizisten gehen brutaler als gewöhnlich vor. Aber das könnte auch daran liegen, dass alles in einer eher abgelegenen, dünn besiedelten Gegend spielt. Als postapokalyptischen Film kann man den hier eher nicht bezeichnen, es ist allenfalls eine Art Actionthriller, der im Hinterland spielt.
Was man aber immerhin positiv erwähnen kann, ist die Kameraarbeit. Bleibt in den Verfolgungsjagden immer nah am Geschehen, ist rastlos und schnell, behält aber den Überblick. Die Naturaufnahmen gefallen auch und es gibt zumindest ein paar anständige Explosionen. Von Interesse sind außerdem die Stilmittel des Regisseurs, bei den Crashszenen zum Einen die Augen der Opfer hervorquellen zu lassen, und zum Anderen bei einem Szenenübergang häufig eine Wischblende einzusetzen. Ich denke, außer George Lucas ist Miller der einzige Regisseur, der letztere Methode so häufig eingesetzt hat.
Übrigens war der Film bis vor etwa drei Monaten hierzulande indiziert, was aber wie so oft kein bisschen nachzuvollziehen ist, denn selbst in der Uncut-Fassung hält sich die Gewalt sehr in Grenzen und einen kompromisslosen Rachefeldzug bekommt man auch nicht geboten. Dementsprechend ist er heute auch passenderweise ab 16 Jahren freigegeben.
Unterm Strich bleibt ein größtenteils eher langweiliger Film, aber zumindest mit recht ansehnlichen Car-Crash-Actionszenen und schönen Aufnahmen der australischen Wildnis. Nur gibt's von ersterem eben zu wenig und letzteres allein trägt einen Film noch lange nicht. Für das geringe Budget ist das Ganze hier schon erstaunlich, nur leider eben nicht wirklich unterhaltsam. Vielleicht hatte ich auch einfach eine zu hohe Erwartungshaltung wegen des Klassikerstatus, dem der Film aber eben einfach nicht gerecht werden konnte. Der große Einfluss des Films wird mir irgendwie nicht ersichtlich. Wer einen richtigen Endzeit-Actionfilm sehen will, sollte sich den zweiten Teil anschauen, DER definierte das Genre wirklich. Aber der hier? Was besonderes konnte ich hier beim besten Willen nicht ausmachen.
Naja, aber immerhin weiß man danach, woher die Macher von "Saw" die Idee mit der Falle hatten, bei der man sich den eigenen Fuß absägen muss, um zu überleben.
"A Girl Walks Home Alone At Night" war ja einer DER Geheimtipps in der (noch nicht ganz abgelaufenen) ersten Hälfte dieses Jahres. Und auch einer, auf den ich besonders gespannt war. Die hohe Erwartungshaltung hat er allerdings nicht ganz befriedigen können. Aber der Reihe nach.
Zunächst einmal: worum geht's? Der Film spielt in einer abgelegenen iranischen Kleinstadt mit dem schrägen, aber durchaus passenden Namen "Bad City", in der der Heranwachsende Arash sich durchs Leben schlägt, aber unter seinem drogenabhängigen, unverantwortlichen Vater zu leiden hat, der ihm dazu Ärger mit einem Dealer beschert. Der Vater wiederum versucht eine ältere Prostituierte für sich zu gewinnen, die er anscheinend schon lange kennt (seine Ex-Frau? Der Film bleibt da sehr vage). Dann ist da noch ein kleiner Junge, der nachts auf einem Skateboard die Zeit totschlägt und eben das titelgebende Mädchen - eine Vampirin, die ebenfalls nachts durch die Stadt streift, allerdings um ihren Blutdurst zu stillen und die Gesellschaft von unliebsamen Subjekten zu reinigen. Auf einem ihrer Streifzüge begegnet sie Arash und langsam entspinnt sich eine Liebesgeschichte zwischen den beiden.
Der Film lässt sich nicht eindeutig einem Genre zuordnen: durch die Vampirthematik und einige brutale Geschehnisse kann man ihn zum Horrorgenre zählen, das Wüstensetting und die Inszenierung mit langen Einstellungen erinnern an einen Leone-Western, die teils skurrilen und grotesken Geschehnisse wecken Assoziationen zu einem David-Lynch-Film (besonders dessen Erstling "Eraserhead", der wie dieser hier auch in Schwarzweiß gedreht wurde) und Jim Jarmusch hatte wohl auch einen gewissen Einfluss auf die Regisseurin. Wobei das wirklich Besondere am Film seine Herkunft ist: die Regisseurin und sämtliche Darsteller stammen aus dem Iran, der ja nicht gerade für derartiges Genrekino bekannt ist. Gut, gedreht wurde er tatsächlich nicht dort (was wohl auch nicht möglich gewesen wäre, so sieht man doch mehrere Frauen in einigen Szenen recht freizügig rumlaufen), sondern in Kalifornien, aber von der Inszenierung her unterscheidet er sich tatsächlich sehr vom westlichen Kino.
Es ist auch ein Film, der weniger über seine Geschichte, als vielmehr über seine Bilder und Atmosphäre wirkt. Tatsächlich passiert nicht viel, gesprochen wird auch nur selten, stattdessen werden die Charaktere hauptsächlich in langen Einstellungen beim Wandern, Tanzen, nachdenklich-vor-sich-hin-starren oder Skateboardfahren gezeigt. Man muss sich also schon auf das Gezeigte einlassen können. Die trostlos wirkenden Schwarzweißbilder in Verbindung mit dem treibenden, atmosphärischen Soundtrack, der von bekannten und unbekannteren iranischen Rockands wie Kiosk, Federale und Bei Rui stammt, haben auf jeden Fall was. Die allesamt eher unbekannten Schauspieler, allen voran Sheila Vand als geheimnisvollen Vampirmädchen, sind dazu sehr überzeugend. Angereichert wird das Ganze auch mit ein klein wenig Gesellschaftskritik, die sich mit Armut und der Stellung der Frau im Iran auseinandersetzt.
Was mich am Film störte, ist, dass man keine wirklichen Identifikationsfiguren hat, da auch Arash nicht wirklich sympathisch rüberkommt. Und die Handlung plätschert eben größtenteils nur vor sich hin; es gibt keinen richtigen Konflikt, der irgendwie Spannung aufbringen könnte. Da hilft dann auch die Atmosphäre nicht mehr viel. Zudem wirkte die Szene, in der die Vampirin mit verzerrter Stimme zu dem kleinen Jungen spricht, eher albern und deplatziert. Und das Ende war erschreckend nichtssagend.
[SPOILER: Die beiden verlassen die Stadt und das war's? Er schien ja dahintergekommen zu sein, dass sie seinen Vater umgebracht hat, aber das kümmert ihn nicht? Was genau war der Sinn der Szene, in der er zum Schluss aus dem Wagen aussteigt, einfach nur ein paar Schritte durch die Gegend macht und dann wieder einsteigt?]
Die Handlung wurde leider nicht zufriedenstellend aufgelöst. Da hätte man schon mehr draus machen können.
Aber nichtsdestotrotz bleibt AGWHAAN (der volle Titel ist mir zu lang) ein sehenswerter, kleiner Film mit interessanten filmischen Querverweisen und Zitaten, einer ungewöhnlichen Inszenierung und sehr atmosphärischen Bildern und Musik. Durchaus einen Blick wert.
Einfach ein wunderschöner Film!
In Zeiten von CGI-Animation, die andere Animationstechniken mittlerweile fast völlig verdrängt hat (nicht, dass ich sie per se schlecht finden würde; im Gegenteil!) ist es doch auch mal erfrischend, zur Abwechslung einen modernen Knetmasse-Stop-Motion-Film zu sehen. Und was für einer das hier ist!
"Mary & Max" ist eine rührende Geschichte über zwei Außenseiter, die sich nie persönlich begegnen, aber eine innige Brieffreundschaft pflegen: Mary, das australische Mädchen, das unter seiner alkoholsüchtigen Mutter zu leiden hat, und der vom Asperger-Syndrom betroffene ältere New Yorker Max. Beide haben es wahrlich nicht leicht im Leben, aber durch den gegenseitigen Austausch bereichern sie ihres und das des jeweils anderen.
Die Geschichte ist dabei teilweise sehr ernst: es geht um den Umgang mit Verlust, Tod, Krankheit, Ausgrenzung und Selbstmord. Gelegentlich muss man schon schwer schlucken, aber immer wieder wird der Film dann auch durch den liebevollen, teils ziemlich schwarzen und skurrilen Humor aufgelockert. Und die unfassbare menschliche Wärme, die von den Charakteren ausgeht, obwohl es sich nur um Knetfiguren handelt, zieht einen unweigerlich in die Geschichte. Man lacht, weint, leidet und freut sich mit Mary und Max, so sehr wachsen sie einem ans Herz.
"Mary & Max" ist ein Film über das Leben, über die zwischenmenschlichen Beziehungen, über Liebe, Trauer, Hass und Versöhnung. Eine wundervolle Tragikomödie, oft wirklich lustig und traurig zur gleichen Zeit, mit wirklich liebenswerten Charakteren. Dazu mit wirklich tollen Sprechern besetzt, die die Briefdialoge der handelnden Personen verkörpern. So hört man im Original u.a. den großartigen Philip Seymour Hoffman, der leider nicht mehr unter den Lebenden weilt [SPOILER: unter dem Gesichtspunkt bekommt man beim Ende einen zusätzlichen Kloß im Hals], Toni Collette und Eric Bana, und in der deutschen Synchronfassung u.a. Helmut Krauss (dürften so einige als Nachbar Paschulke aus "Löwenzahn" kennen; er sprach u.a. Samuel L. Jackson in "Pulp Fiction", Marlon Brando in der Neusynchro von "Der Pate" und öfters war er für James Earl Jones zu hören), dessen rauchiger Baßstimme man gerne lauscht, Sebastian Schulz (spricht u.a. Donald Faison als Turk in "Scrubs" und Simon Helberg als Howard in TBBT) und Gundi Eberhard (deutsche Stimme von u.a. Jessica Biel, Michelle Monaghan und Shawnee Smith). Und unterlegt ist das ganze mit einer wirklich schönen, vergnüglichen Filmmusik, die einem im Ohr bleibt.
"Mary & Max" ist anrührend, warmherzig, liebevoll gemacht und wartet mit einigen Lebensweisheiten auf. Ein Film für die ganze Familie, wenn auch nicht unbedingt für die Kleinsten, denn ab und zu ist er schon ziemlich eklig und grotesk, was auf besonders junge Kleinkinder eine verstörende Wirkung haben könnte. Aber ansonsten für jedermann geeignet. Sollte man gesehen haben!
PS: "Harvie Krumpet", der vorhergehende Stop-Motion-Kurzfilm des Regisseurs Adam Elliot, ist übrigens ebenfalls sehr sehenswert. Kann man sich auf der Blu-Ray von "Mary & Max" als Extra anschauen.
Der zweite Einsatz von Marvels Heldentruppe hat mir tatsächlich besser gefallen als der erste.
"Age Of Ultron" ist etwas düsterer als sein Vorgänger, die Bedrohung wirkt hier ernsthafter und man hat mehrmals wirklich das Gefühl, dass die Charaktere in ernstzunehmenden Schwierigkeiten stecken. Humor ist allerdings immer noch viel enthalten (die aus den Trailern bekannte Szene, bei der die Männer des Teams versuchen, Thors Hammer aufzuheben, was natürlich nur ihm glückt, lieferte schon eine gute Kostprobe und ist glücklicherweise auch nicht die einzige sehr witzige Szene). Und besonders gefällt, dass Charaktere, die im Vorgänger und den anderen Filmen des Marvel Cinematic Universe nur am Rand agierten, wie Hawkeye und Black Widow, hier mehr Beachtung kriegen. Dazu fügen sich auch die neu eingeführten Figuren gut ein.
Aaron Taylor-Johnson und Elizabeth Olsen als Zwillingspaar Quicksilver und Scarlet Witch (die auch schon im siebten "X-Men"-Film auftauchten, da allerdings völlig anders interpretiert wurden) sind dabei die interessantesten Neuzugänge. Anfangs noch Gegner der Avengers, werden sie im weiteren Verlauf zu ihren Verbündeten. Ihre Beweggründe werden dabei durchaus gut herausgearbeitet und auch die Hintergrundgeschichte ist interessant gestaltet worden. Taylor-Johnson und Olsen spielen dazu überzeugend, wenngleich es schon etwas befremdlich ist, sie nach dem neuen "Godzilla" vom letzten Jahr, in dem sie ein Ehepaar darstellten, nun als Geschwister zu sehen. Und dass sie hier mit einem osteuropäischen Akzent reden, was so weder im "X-Men"-Film noch in den Comics vorkam, war auch etwas irritierend. Zugegeben, das dürfte das erste Mal sein, dass die Herkunft dieser Charaktere mal etwas eingehender thematisiert wurde, aber von der Umsetzung her wirkte es, zumindest in der deutschen Synchro, schon etwas klischeehaft und leicht lächerlich. Naja.
Was die Fähigkeiten der beiden betrifft, so hat man sich bei Quicksilver da offenbar sehr an der "X-Men"-Version orientiert und ihn die Aktionen der anderen Personen in Zeitlupe wahrnehmen lassen. Für eine zum Brüllen komische Szene wie bei der Mutanten-Konkurrenz von Fox (hier sind die beiden ja nicht mal Mutanten) wurde das hier allerdings nicht genutzt. Scarlet Witchs Kräfte dagegen wurden gegenüber dem Comic ziemlich zurückgefahren und auch teils ganz anders interpretiert (so beherrscht sie hier Gedankenkontrolle und Telekinese, während sie in den Comics die Realität verändern kann), für genug Action sorgt sie damit aber dennoch. Ihr Auftritt beim Showdown hat es wirklich in sich und zählt zu meinen Lieblingsszenen des Films.
[SPOILER: Was mich dagegen sehr störte, war, dass man sich von Quicksilver dann bereits im Showdown trennte. Sicher, irgendein Verlust gehört immer dazu, sonst ist's kein Superheldenfilm, aber hätte es denn ausgerechnet eines der neuen, wirklich interessanten Gesichter erwischen müssen? Aber so wie wir Marvel kennen, wird das vermutlich eh nicht von Dauer sein. Hoffe ich zumindest.]
Nun zu Ultron, dem auch im Titel genannten Antagonisten: mal wieder eine künstliche Intelligenz, die aber durch ihre Gerissenheit und schiere Masse an Roboterkörpern bedrohlich wirkt. Ein würdiger Gegner und definitiv den Film wert, aber was an ihm irritierte, war, dass er sich für einen Roboter zu menschlich verhielt. Dass er immer mal wieder flotte Sprüche raushaut, war zwar mehrmals durchaus witzig, aber passte nicht wirklich zum Charakter. Und in der deutschen Synchro kam dazu, dass sein Sprecher (Andreas Fröhlich, die deutsche Stimme von Edward Norton) auch nicht so recht zu ihm passen wollte, obwohl er sich durchaus Mühe gab, ihn so bösartig wie nur möglich zu intonieren. Im Trailer war es ja noch Benjamin Völz (der den Originalsprecher James Spader auch für gewöhnlich synchronisiert) und ich denke schon, dass der im Film auch besser gepasst hätte, auch wenn er sich im Trailer noch zu sehr nach einem Menschen anhörte (aber das lag daran, dass man seine Stimme da einfach nicht genug elektronisch verfremdet hatte).
Dann sind noch unser Aushängeschild in Hollywood, Thomas Kretschmann, und "Gollum" Andy Serkis dabei, ersterer als Hydra-Anführer Baron Strucker (in den Comics einer der Hauptgegner von Nick Fury und S.H.I.E.L.D.) und zweiterer als Waffenhändler Ulysses Klaue (im Original: Klaw). Beide, vor allem Serkis, sind klasse, ich hätte mir aber für sie auch mehr Screentime gewünscht. Kretschmanns Abgang war dazu auch ziemlich banal, kam zu unvermittelt und dem Charakter im Grunde nicht würdig.
Ansonsten treten noch die Französin Julie Delpy, die noch relativ unbekannte koreanische Darstellerin Kim Soo-hyun und die vor allem aus Serien bekannte Linda Cardellini in diesem Franchise erstmals auf. Alle spielen durchaus solide, hinterlassen aber nicht viel Eindruck.
Und zuletzt ist auch "Jarvis" Paul Bettany in diesem Franchise nach einem längeren, lediglich stimmlichen Engagement, erstmals in physischer Gestalt zu sehen, wenn auch nur per Motion-Capture.
Zu den etablierten Charakteren, allen voran der titelgebenden Heldentruppe, ist zu sagen, dass sie hier besser denn je harmonieren und man ihnen den Spaß anmerkt, den sie beim Dreh hatten. Enttäuscht hat mich keiner, glänzen konnten hier vor allem Downey Jr., Johansson und Ruffalo.
Was von vielen am Film bemängelt wurde, war ja, dass er zu gehetzt wirken würde. Ich persönlich fand eher, dass sich Whedon hier an manchen Stellen im Gegenteil zu viel Zeit gelassen hat. Die Episode auf Hawkeyes Farm war zu lang und redundant, da sie auch fast nichts zur Handlung beitrug. Über längere Strecken passierte da einfach nichts, weshalb ihm im Mittelteil die Puste ausging. Andererseits stimmte es auch, dass manche Entwicklungen der Handlung zu schnell abgewickelt wurden. Jemand, der noch nicht so bewandert ist, was das Marvel-Universum angeht, könnte da leicht den Überblick verlieren.
Der größte Kritikpunkt wäre also, dass der Film, was Action und ruhigere Szenen angeht, nicht richtig ausbalanciert wirkt. Vor allem, da ohnehin auch einiges rausgeschnitten worden sein soll (ich bin da mal sehr gespannt auf eine etwaige erweiterte Fassung).
Worüber man sich aber überhaupt nicht beschweren kann, sind die Schauwerte. Und hier zeigt Joss Whedon mal wieder, dass er genau weiß, wie Actionszenen auszusehen haben und wie man sie mitreißend und übersichtlich inszeniert. Besonders toll und originell gemacht ist da beispielsweise die Eröffnungsszene, in der die titelgebenden Handlungsträger in einer beeindruckend gefilmten Plansequenz eingeführt werden. Und natürlich der bombastische Showdown, bei dem man sich, was Zerstörung angeht, so richtig satt sehen kann, und in dem auch wirklich jeder der Helden seinen großen Auftritt bekommt. Scarlet Witch fand ich da, wie erwähnt, am coolsten und nachhaltigsten.
Zudem verschweigt Whedon auch nicht, wie es so manche seiner Kollegen tun (I'm looking at you, Bay), dass bei den Zerstörungsorgien durchaus Zivilisten in Gefahr geraten und lässt den Zuschauer auch an deren Lage Anteil haben. So ist der rabiate Kampf zwischen Iron Man und Hulk, bei dem ein Großteil einer afrikanischen Stadt in Schutt und Asche gelegt wird, zwar schön anzuschauen, aber eigentlich wünscht man sich dabei, dass die Zerstörung aufhört, da viele Unbeteiligte unnötig in Gefahr geraten. Und beim Showdown wird eben auch viel Wert darauf gelegt, Menschenleben zu retten. Es wird hier nicht nur in Explosionen geschwelgt, sondern dazu durchaus ein Blick auf die Folgen geworfen.
Zwischendurch wird das Ganze dann natürlich auch, wie erwähnt, immer mal wieder mit Humor aufgelockert. Thors Hummer fungiert da oft als Auslöser für die Gags. Außerdem gibt es natürlich mal wieder ein Cameo von Stan Lee Himself, das mit zu seinen witzigsten zählt (vor allem dank der "Excelsior!"-Referenz).
In Sachen Unterhaltungswert wird hier also sehr viel geboten, auch die Filmmusik (an der diesmal sogar Altmeister Danny Elfman mitschrieb) ist wieder angemessen episch und bleibt im Kopf. Besonders toll gemacht war dann noch die Abspannsequenz, bei der der Kampf der Avengers gegen Ultron als Marmorskulptur im antiken griechischen Stil dargestellt wird, was die Helden sozusagen zu modernen Inkarnationen der Heroen aus den alten Stoffen macht (was ja nur passend ist: im Grunde könnte man Hercules & Co. als frühe Superhelden ansehen; wenn auch damals weitaus brutaler und nicht so vorbildlich wie heute).
Eine Midcredits-Szene gibt es natürlich auch wieder, die hier narrative Funktion hat und das kommende Spektakel "Infinity War" ankündigt. Dürfte allerdings auch nur für die verständlich sein, die sich im Marvel-Universum auskennen.
Zusammenfassend also, trotz einiger Defizite in der Gliederung der Handlung und bei einigen Charakteren, ein sehr unterhaltsames und vor allem optisch herausragendes Erlebnis. Hat mir, wie die meisten Superhelden-Spektakel der letzten Jahre, sehr gefallen. Die hohe Wertung mag manchen vielleicht übertrieben erscheinen, aber ich gebe gerne zu, dass ich vor allem durch Schauwerte und Heldengeschichten zu begeistern bin. Nennt mich anspruchslos, aber ein Film, bei dem man nicht viel nachdenken muss, und der einem dafür richtig was für die Augen und Ohren bietet, muss auch mal sein.
Das 3D war allerdings leider wieder völlig enttäuschend. Nur am Anfang war ansatzweise was von Tiefenwirkung zu spüren, größtenteils merkte man aber kaum einen Unterschied, wenn man die Brille abnahm. In der Hinsicht kriegt Marvel es wohl wirklich einfach nicht gebacken.
Schlicht einer der besten Thriller, die je gedreht wurden.
Nach seinem Erstling "Alien 3", bei dem er unter einem ziemlich chaotischen Dreh zu leiden hatte, schwor sich David Fincher noch, nie wieder einen Film zu drehen. Zum Glück überlegte er es sich dann doch noch anders. Denn schon mit seinem zweiten Film sollte er ein Meisterwerk schaffen, dem in den nächsten Jahren noch weitere folgen sollten.
"Sieben" (im Original auf originelle Weise "Se7en" genannt) ist ein unfassbar düsterer, mörderisch spannender Horrortrip in die Abgründe der menschlichen Psyche, der dazu von hervorragenden Darstellern getragen wird.
Morgan Freeman in seiner Paraderolle als abgebrühter Detective Somerset fungiert als moralische Instanz des Films, als Ermittler, der sich trotz der furchtbaren Verbrechen, mit denen er tagtäglich zu tun hat, seine Menschlichkeit und Empathie bewahrt, wohingegen seine Kollegen ihren Beruf nur noch mit Ignoranz und Zynismus ertragen. Für die Rolle des mitfühlenden, väterlichen Polizisten, der als Einziger in der verkommenen Welt, die der Film zeigt, den Überblick behält, kam praktisch nur er in Frage. Brad Pitt, zur damaligen Zeit noch ein aufstrebender Jungstar, gibt seinen völlig gegensätzlichen, ehrgeizigen und auch arroganten Partner Mills. Besonders gegen Ende des Films stellte er sein Schauspieltalent auf beeindruckende Weise unter Beweis, sollte diese Leistung aber in den folgenden Jahren mit seinen Rollen in "12 Monkeys" und "Fight Club" (letzterer ebenfalls von Fincher) noch übertreffen.
Gwyneth Paltrow als Mills' geradezu mädchenhaft wirkende Ehefrau spielt auch überzeugend. In weiteren Nebenrollen sieht man noch weitere hochkarätige Darsteller wie "Shaft" Richard Roundtree, "Gunnery Sergeant Hartmann" R. Lee Ermey und "Dr. Cox" John C. McGinley. Der wahre Clou des Films war aber natürlich die Besetzung des Mörders, der (mit Absicht) den Allerweltsnamen John Doe trägt, mit einem weiteren bekannten Charakterdarsteller (den ich hier, für die, die den Film noch nicht gesehen haben, auch nicht verraten möchte), der weder im Vorspann genannt, noch in der Berichterstattung vor dem Kinostart in irgendeiner Weise erwähnt wurde, und die Zuschauer damals mit seinem Auftritt wohl völlig überraschte (ich selbst wusste, als ich den Film gesehen habe - übrigens im Rahmen eines Seminars an meiner Uni, das sich mit dem Schaffen des Regisseurs auseinandersetzt - , freilich schon Bescheid).
Dass die Charaktere Somerset und John Doe, wie sich in den verschiedenen Gesprächen im Film zeigt, eine ähnliche Sicht auf die menschliche Gesellschaft als Ganzes haben, allerdings zu völlig gegensätzlichen Schlüssen und damit Handlungsweisen kommen, gibt der Konstellation der Figuren einen besonderen Kniff und macht die Handlung erst recht interessant.
Die Geschichte des fanatischen Mörders, der seine Taten nach dem Vorbild der sieben Todsünden aus der katholischen Theologie inszeniert (wobei seine Interpretation tatsächlich von der theologischen abweicht, da die im Film genannten eigentlich Hauptlaster bezeichnen, die zu Sünden führen können und nicht die Sünden selbst), jedes Opfer als Verkörperung je einer darstellt und damit der Gesellschaft den Spiegel vorhalten will, ist verdammt gut ausgeklügelt, lädt zum Nachdenken über die eigenen charakterlichen Schwächen ein (auch wenn die Taten des Mörders definitiv nicht gutzuheißen sind) und ist mehrmals von erschütternder Brutalität. Wobei die in ihrer ausgesuchten Grausamkeit wirklich ihres Gleiche suchenden Morde im Film gerade deswegen so verstören, weil man sie eben nicht sieht. Nur durch die gezeigten Resultate, die aber nicht voyeuristisch ausgeschlachtet werden, und die Schilderungen der Ermittler oder Zeugen entsteht ein Bild im Kopf des Zuschauers. Und das ist wesentlich schockierender als jede direkte Zuschaustellung einer Gewalttat. Die eigene Fantasie übertrifft eben immer die Realität. Damit ist "Sieben" auch ein gutes Beispiel dafür, dass es nicht expliziter Gewaltdarstellungen, sondern lediglich Andeutungen bedarf, um den Zuschauer zu verstören. Sollten sich, gerade in der modernen Zeit, so einige Horror- und Thriller-Regisseure mal wieder zu Herzen nehmen.
Interessant ist zudem der Umgang mit der Symbolik um die titelgebende Zahl sieben (die Handlung spielt an 7 Tagen, Somerset hat nur noch diese Tage zu arbeiten, die Morde - bzw. deren Entdeckung - geschehen alle in diesem Zeitraum und gleichzeitig könnte man darin auch eine Anspielung auf den biblischen Schöpfungsmythos sehen) und das Spiel mit Versatzstücken des Hollywood-Kinos. Die Beziehung von Somerset und Mills erinnert schon ziemlich an die Buddycop-Filme der 80er Jahre, von der Kameraarbeit, Ausstattung und dem Spiel mit Licht und Schatten her sind Anklänge an den Film Noir ersichtlich. "Sieben" ist damit auch dem, in den 90er Jahren einsetzenden, postmodernen Kino zuzuordnen, da er die filmische Geschichte reflektiert.
Die düstere Atmosphäre zieht einen zudem von Anfang an in den Bann. Aus den, von Kameramann Darius Khondji meisterhaft eingefangenen Bildern, scheint Farbe fast vollständig verschwunden zu sein. Fast den ganzen Film über regnet es, und auch wenn das letzte Viertel mit dem Showdown in strahlendem Sonnenschein spielt, bringt das in keiner Weise die erhoffte Erlösung. Im Gegenteil.
Der hohe Bekanntheitsgrad und filmgeschichtliche Status des Werks rührt mit Sicherheit auch von dem in seiner radikalen Konsequenz nahezu beispiellosen Ende her, was damals mit Sicherheit viele Zuschauer schockierte. Interessant ist in dem Zusammenhang auch, dass Regisseur Fincher vor einigen Jahren sogar eine handfeste Auseinandersetzung mit einer Frau hatte, die am Ende ein blutiges Bild gesehen zu haben glaubte, das in Wirklichkeit garnicht gezeigt worden war (die, die den Film kennen, werden wissen, was ich meine). Wieder einmal ein gutes Beispiel dafür, dass die eigene Fantasie einem Streiche spielen und sogar die Erinnerung verfälschen kann (was an eine weitere witzige Anekdote erinnert, betreffend die Hakenszene im originalen "Texas Chainsaw Massacre": einer der Schauspieler gewann Wetten gegen mehrere Leute, die tatsächlich überzeugt waren, man sähe das Eindringen des Hakens). Statt einem direkten Zeigen des Grauens wurde in der Szene nämlich ein harmloses Bild dazwischengeschnitten, was aber durch sein plötzliches Aufblitzen und den starken farblichen Kontrast zur Szene den Zuschauer stark irritiert. Auf dieses Stilmittel sollte Fincher übrigens auch vier Jahre später in seinem "Fight Club" zurückgreifen, in dem es allerdings eine andere Bedeutung hat.
Interessant ist betreffend des Endes zudem, dass ursprünglich ein anderes vorgesehen war, von dem jedoch nur Storyboards existieren (auf der Blu-Ray sind diese enthalten). Dieses hätte dem Film durch das überraschende Handeln eines Charakters eine gänzlich andere Pointe gegeben. Mir persönlich sagt es auch zu, und ich hätte gerne auch eine gedrehte Version davon als Alternative zum letztlich verwendeten gesehen, vor allem, da die Beziehung von Mills und Somerset so auch eine weitere, interessante Komponente bekam, auch wenn die ursprüngliche Variante bei weitem nicht so radikal und pessimistisch ausfällt wie das bekannte Ende.
Zum Schluss ist noch der originelle, meisterhafte Umgang mit Filmmusik und damit zusammenhängend die unkonventionellen Inszenierungstechniken lobend zu erwähnen. Der mit einem Remix des kontroversen Songs "Closer" der Industrial-Formation Nine Inch Nails (deren Frontmann Trent Reznor später die Musik für Finchers Filme komponieren sollte) unterlegte, im Videoclip-Stil (was auf die Wurzeln des Regisseurs verweist; schließlich inszenierte er vor seiner Filmkarriere hauptsächlich Musikvideos und Werbespots) geschnittene Vorspann mit Bildern, deren Bedeutung sich erst später im Film offenbart, zieht einen sofort in den Bann und stimmt einen auf die folgende düstere Geschichte ein. Der direkt für den Film geschriebene Score vom späteren "Herr der Ringe"-Komponisten Howard Shore, der die meisten anderen Szenen untermalt, ist ebenfalls recht atmosphärisch und unterstützt die Stimmung, bleibt einem allerdings nicht allzu lange im Gedächtnis. Interessanter sind die restlichen Stücke aus dem Soundtrack und deren Einsatz.
Brilliant gemacht ist beispielsweise die Szene, in der die beiden Protagonisten getrennt voneinander Recherchen zu ihrem Fall anstellen, und in der sich die charakterlichen Unterschiede der beiden offenbaren. Unterlegt wird die Szene mit dem berühmten klassischen Stück "Air" von Johann Sebastian Bach; die Gegensätze der beiden (Somerset als Konsument von Hoch-, Mills von Populärkultur) werden dabei durch Parallelmontage dargestellt.
Und dann ist da natürlich noch der völlig ungewöhnliche Abspann, unterlegt mit einem Song von David Bowie (interessant ist, dass ein anderes Lied vom selben Album zwei Jahre später für einen weiteren meisterhaften psychologischen Thriller, nämlich "Lost Highway" von David Lynch, verwendet wurde; scheinbar steckte Bowie zu der Zeit in seiner düsteren Phase ^^), der von oben nach unten und nicht, wie sonst, umgekehrt über den Bildschirm läuft. Gab es sowas eigentlich jemals davor schon mal oder auch danach? Beziehungsweise, hat überhaupt jemand dieses originelle Stilmittel außer Fincher jemals verwendet? Würde mich schon interessieren.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass David Fincher mit "Sieben" ein Meisterstück des Spannungskinos gelang, dem man sein Alter kein bisschen ansieht. Man mag kaum glauben, dass der Film mittlerweile ganze 20 Jahre auf dem Buckel hat (und damit in diesem Jahr sozusagen sein Jubiläum feiert), er wirkt genauso frisch und modern wie ein aktueller Film und wird wohl wirklich die Zeit überdauern und in fernerer Zukunft als Klassiker gelten. Durch seine düstere Geschichte, die mit religiösen und popkulturellen Anspielungen durchsetzte Symbolik, originelle Inszenierungstechniken, den häufigen Bruch mit der Erwartungshaltung des Zuschauers, die tollen Darsteller und natürlich den radikalen Schlussakkord zieht er einen auch heute noch in seinen Bann. Definitiv ein Film, den man gesehen haben muss!
Ich bin froh darüber, dass ich ihn kürzlich nachholen konnte (besitze ihn mittlerweile auch auf Blu-ray). Von der Sitzung im Seminar, bei der er besprochen wurde, habe ich mir übrigens auch so einige Gedankengänge für diesen Kommentar übernommen. Die Wertung ist außerdem nicht fest. Nach ein paar weiteren Sichtungen mausert der sich bei mir vielleicht noch zum Lieblingsfilm!
Kommt jetzt schon ziemlich spät, aber einen Vorschlag für einen Roman, den ich gerne verfilmt sehen würde, hab ich doch noch: "Schnee" (nicht wirklich passend zur aktuellen Jahreszeit ^^) von Orhan Pamuk. Dafür ist er 2005 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet worden.
Eine sehr vielschichtige, interessante Betrachtung der modernen Türkei, welche die inneren Spannungen in der Gesellschaft thematisiert, dabei mehrere Sichtweisen behandelt (von Islamisten, türkischen Staatsdienern und Kurden), die Vorurteile aller Gruppierungen offenlegt, aber auch zu Mitmenschlichkeit, Austausch und Solidarität aufruft. Verpackt wurde das ganze in eine Art politischen Thriller, in dem es um einen Putsch in einer abgelegenen Stadt geht, teilweise mit satirischen Elementen. Dazu gibt es auch eine Liebesgeschichte.
Der Roman ist brilliant geschrieben: packend, emotional, teils mit hintergründigem Witz. Und er hilft, die Lage in dem Land besser zu verstehen. Bei einer Verfilmung würde zwar mit Sicherheit Pamuks Sprachgewalt verloren gehen, aber die Geschichte an sich ist sehr interessant und bietet viel Potenzial für eine filmische Auseinandersetzung mit der Lage in der Türkei. Wer die Adaption machen könnte, fiele mir jetzt nicht ein, aber da die Handlung auch teilweise in Deutschland spielt, sollte es eine türkisch-deutsche Koproduktion sein.
Das ist jetzt aber wirklich mein letzter Vorschlag!
Originelle Idee. Gefällt mir!
Ich kann mir denken, dass es nicht angenehm ist, die Hässlichkeit des modernen Boulevardjournalismus am eigenen Leib zu erfahren. In der Hinsicht beneide ich die Hollywood-Berühmtheiten definitiv nicht. So neu ist das für die Danes zwar sicher nicht; ist ja nicht so, dass es in ihrem Heimatland keine Zeitungen vom Format der BILD gäbe (bzw. macht unser Schmierblatt doch im Grunde nur die englischsprachigen nach). Aber es ist verständlich, wenn es einem zuviel wird. Und wenn sie die verklagt, bekommt sie von mir volle Unterstützung.
Macht die Klage so hoch, dass der Springer-Verlag blutet! Denen gehört endlich ein Denkzettel verpasst!
Das ist der Nachruf, auf den ich gewartet habe! Sehr schön geschrieben und diesem Ausnahmetalent würdig. Gute Arbeit! :)
Sehr schöner Überblick über seine bekanntesten Rollen. Ich kenne von denen bisher natürlich "nur" "Herr der Ringe" und "Star Wars". Den Rest will ich definitiv noch nachholen!
Sehr schade, aber es war leider auch vorauszusehen. Der Jüngste war er ja wirklich nicht mehr. Und für jeden kommt nun einmal die Zeit.
Aber angesichts seines wirklich sehr beachtlichen und extrem vielseitigen filmischen Outputs (er hält ja sogar den Rekord für die meisten Rollen eines Schauspielers) und vieler anderer Engagements (u.a. als Synchronsprecher, Rezitator und sogar ältester Metal-Sänger der Welt) kann man vor ihm nur den Hut ziehen. Er hatte ein wirklich reiches, erfülltes Leben, für das man ihn beneiden kann. Ich habe großen Respekt vor ihm.
Aufgefallen ist er mir, wie wohl den meisten meiner Generation, durch sein Spätwerk, also "Herr der Ringe" und "Star Wars", außerdem auch in mehreren Tim-Burton-Filmen. Und ich kenne ihn noch aus "Gremlins 2". Sein früheres Werk interessiert mich natürlich auch. In seine zahlreichen Verkörperungen von Dracula will ich mich definitiv auch noch einarbeiten.
R.I.P. Ich werde ihn definitiv in Erinnerung behalten. \m/
Und ich hoffe, es kommt hier auf mp noch ein richtiger Nachruf!
Klingt witzig! Her damit! :D
Wobei es singende Zombies aber tatsächlich bereits gibt, wenn auch nur im Internet. Siehe hier: https://www.youtube.com/watch?v=lNtxkmFpWWk xD
Immer her damit!
Wirklich sehr putzig! :D
Klasse Arbeit!
Großartiger Kommentar! Sehr treffende Beschreibung dieses atemberaubenden Spektakels! Für mich der bisher beste Film des Jahres! Und ich bezweifle stark, dass den bis zum nächsten noch irgendeiner übertreffen wird.
Mein Kommentar zum Film wird wohl leider noch etwas auf sich warten lassen, da ich momentan viel um die Ohren habe. Aber ich werde, wenn es dann so weit ist, versuchen, mindestens so viel Euphorie wie du da rein zulegen. :)
Übrigens: bei der mörderischen Hitze heute konnte ich mich ziemlich gut in die Lage der Protagonisten reinversetzen! :D
Also mir sagt das nicht wirklich zu. Größtenteils ist das einfach nur einfallsloses Recycling der besten Szenen aus dem ersten Film. Der dreizehnfach multiplizierte Toshio wirkt einfach nur lächerlich. Und dass man Kayako jetzt offenbar mit diesem Glasgow Smile noch fieser machen wollte, kommt leider auch nur billig rüber. Der letzte Teil vom amerikanischen Remake war schon grottenschlecht, jetzt vergeigen's offenbar auch die Japaner.
Tut mir leid. Da kann ich ihm nicht zustimmen!
Witzige Idee! Gefällt mir! :D