jacker - Kommentare
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Alle Kommentare von jacker
Falls jemand Lust hat zu lauschen, wie ich mich mit Tamino vom Second-Unit Podcast (auf MP als TheDrPepperPower unterwegs) knapp vier Stunden über Terrence Malick's Gesamtwerk (ohne KNIGHT OF CUPS) mit Schwerpunkt auf THE THIN RED LINE unterhalte, there you go: http://enoughtalk.de/diverse-talk-003-von-malick-verschaukelt-feat-tamino
[...] Es ist wohl ein leichtes die Intention dahinter falsch zu verstehen, hämisch mit den Finger auf DISCONNECT zu zeigen und dem Film vorzuwerfen, er verteufle lediglich dass böse, böse Internet, welches den Menschen ja ganz offensichtlich nichts als schlechtes bringe (dass dieser Wortlaut auch durch Meinungen und Kritiken zieht ist nicht zu überhören). Klar, rein argumentativ lässt sich der Vorwurf wohl nicht vollkommen entkräften, denn die chiffrierte Sprache, in der die feinen Nuancen der vorliegenden Erzählung bis ins Letzte zu lesen sind, ist höchst subjektiv zu entschlüsseln – das mag zu verschiedenen Ergebnissen führen – doch ich bin mir sicher Regisseur Henry Alex Rubin wollte eine gänzlich andere Aussage mit diesem Werk treffen: Der Titel DISCONNECT ruft keinesfalls dazu auf, als letze Notbremse in einer (durch das Web) aus dem Ruder gelaufenen Welt die Verbindung zu den globalen Datenautobahnen zu kappen, viel mehr erzählt er von vielseitigen Schicksalen der Neuzeit – eine Zeit in der viele Menschen leider wie durch unsichtbare Wände getrennt nebeneinander her Leben und aus den verschiedensten Gründen verlernt haben, miteinander zu kommunizieren. Darum geht es. Eine Zeit in der die Verbindung abgebrochen ist, der besagte “Disconnect“ zwischen Vätern und Söhnen, entfremdeten Ehepartnern, oder gestrandeten Jugendlichen und der gesamten sie umgebenden Gesellschaft stattgefunden hat. [...]
[...] all diese prägenden Epochen seines Lebens sind elementarer Teil der Serie, immer wieder wird über toll montierte, morphende Szenenübergänge in Rückblenden gewechselt, die den Figuren stetig mehr Profil, Motivation und Glaubwürdigkeit verleihen, plus weit mehr als nur Murdock’s Story erzählen. Auch die Freundschaft zwischen ihm und seinem Anwalts-Partner Foggy Nelson, die aus deren gemeinsamen Studium entstand, bekommt ein glaubhaftes Fundament, ebenso die Figur des Fisk – ein beherrschter, zurückhaltender Mann, der nur selten in explosiven Ausbrüchen dem Wahnsinn freien Lauf lässt und ein Tor zur Hölle aufstößt. DAREDEVIL liegt eindeutig etwas an den Figuren und ihrem Zusammenspiel.
Ebenso an körperlicher, knackiger Action: das beginnt bei Parcours-lastigen Verfolgungen auf den Dächern New Yorks, die zwar ab und an zum reinen Skill-Showoff verkommen, größtenteils aber von gesunder Dynamik getrieben sind und endet in einer schier endlosen Flurkampf-Plansequenz, die zwar an das offensichtliche südkoreanische Vorbild nicht heran reicht, sich aber dennoch in Bezug auf Kameraarbeit und Fight-Choreo nicht verstecken muss. Erwähnenswert ist wohl auch, dass die blutige Gewalt in DAREDEVIL für den Protagonisten nicht folgenlos bleibt – im Gegenteil, Murdock kassiert mächtig und zwar nicht nur Faustschläge. Dieser Held ist verletzbar, schliddert einige Male ganz knapp am Jenseits vorbei und ist auch mal eine Episode vollkommen außer Kraft gesetzt [...]
[...] Passte, wie die anderen zufälligen Sinnlosigkeiten im Minutentakt, halt gerade gut ins Skript. Sehr, sehr spannend, wenn alles sowieso nur random ist, elementare Charaktermomente aus dem Nichts kommen und genauso schnell wieder vergessen sind, sowie niemals klar ist was in Handlung, Kämpfen, etc. möglich ist, weil der Film sich nie an seine eigenen Regeln hält, oder schlichtweg gar keine hat.
Getoppt wird derartige Drehbuch-Würfelei nur noch von der vollkommen absurden Liebesgeschichte zwischen Anakin (sobald dieser arrogante Fatzke den Mund aufmacht will man rein schlagen, aber egal – die Macht ist schließlich stark in ihm) und Padme. Ihr gemeinsamer Wellness-Urlaub in diversen Computerwelten strotzt vor Romantik und gegenseitiger Achtung: Er verarscht sie am laufenden Band, nimmt sie nicht einen Deut ernst und kommandiert sie ruppig herum – sehr anziehend, man möchte meinen sogar zum Verlieben. Und als er ihr dann noch eröffnet, gerade ein gesamtes Volk incl. Frauen und Kinder mit seinem Lichtschwert brutalst abgeschlachtet zu haben, kann sie einfach nicht mehr widerstehen und verfällt ihm willenlos – klar: sexier als Genozid wird es wohl nicht mehr! What. The. FUCK?! [...]
[...] Zwischentöne gibt es in nicht, ebenso keine Grenzen mehr, vollkommen gleichgültig hat er sich in eine Lage manövriert, die nur in Extremen enden kann. All dies ist nur ein Spiel für ihn und das Leben als Einsatz genauso viel oder wenig wert, wie die nächsten 10.000 Dollar des koreanischen Kredithais.
Inwieweit das Spielen an Casino-Tischen als befreiender Ausbruch aus innerer Leere und vernichtender Bedeutungslosigkeit funktionieren kann, wertet THE GAMBLER lange Zeit gar nicht und vertraut auf den gesunden Verstand der Zuschauer: „Alles oder nichts“ als einzige Option – die Absurdität dieser vermeintlichen Hoffnung ist von Vornherein klar, denn auch „alles“ wird bei Bennett’s Verhalten zwangsweise schnell zu „nichts“ führen, so lange er nicht aufhört – alles auf Schwarz funktioniert schließlich nur so lange, bis das erste mal Rot kommt. Und das wird es. Das weiß man. Auch er weiß es, genauso wie jeder User weiß, dass der nächste Schuss Heroin irgendwann tödlich enden kann, er ihn sich aber trotzdem in die Vene jagt. Nachvollziehbarkeit existiert in Bezug auf eine Spieler-Psyche nicht, die das Spiel als rettendes Sprungbrett sieht, ohne zu begreifen, dass die Chancen in der Luft zu bleiben gering und der unter sich liegende Abgrund zu tief ist. Kann dieser Weg nur ins Verderben führen? [...]
[...] Fakt ist dass Paul Verhoeven’s zynische ultra-Trash Zukunftsphantasie von vor knapp 30 Jahren diverse üble Entwicklungen der Gesellschaft (bzw. Wirtschaft) voraus ahnte und in Bezug auf aktuelle Missstände leider nur selten daneben lag. Zwar watschelt noch keine gegen ihren Willen forcierte Mensch-Maschine als metallener Vollstrecker durch unsere Metropolen und gibt den Bad-Boys und -Girls der Straßen 20 Sekunden Zeit bis zur bedingungslosen Kapitulation, doch was Verhoeven über Fremdsteuerung des Bürgers, mediales Werbe-Bombardement und Skrupellosigkeit des Kapitalismus (aus)malte, ist heutzutage leider höchst real.
ROBOCOP als vordergründige über-Gesellschaftskritik zu sehen, ist aber dennoch etwas überzogen. Natürlich sind besagte Themen im Film enthalten und ohne Frage mehr als unterhaltsam verpackt – es wäre gar blauäugig sie als Zufall abzutun, Verhoeven wollte kritisieren – aber der Fokus des Films liegt auf gut gelauntem, brachial-überzogenem Sci-Fi-Action-Trash voll grinsendem 80er-Charme und nettem World-Building. Die vollkommen jenseits von gut und böse gezeichnete Gang um Boddecker, welche gehirnamputiert gackernd ihre Shotgun-Magazine in den armen Rechtshüter pumpt, die absurden Produkte („Nuke’em“) in den Fernsehwerbungen, oder die abgedrehten Momente, in denen z.B. Robocop einem Vergewaltiger die Eier weg schießt – „I’ll buy that for a dollar!“ [...]
Ey, die haben doch voll keine Ahnung, Junge! Da muss VERTIGO und CITIZEN KANE auf Platz 1 stehen, alles andere ist niederer Dreck!
Aber im Ernst: Tolle Liste, die weit mehr als die Sight & Sound Kritikerliste zu sagt - zum einen, weil scheinbar nicht alles was weniger als 50 jahre alt ist per se raus fällt, zum anderen (kann auch quatsch sein) erscheint mir die auf Anhieb internationaler..
[...] Alles sehr mysteriös, doch spätestens an dem Punkt, als bewaffnete Männer beginnen Sarah zu verfolgen, kippt das Mysterium in Gefahr, der es zu entkommen gilt, zumindest so lang bis die Suche nach dem eigenen Ursprung sie in die nächste brenzlige Situation treibt. Dieses Stochern in der eigenen genetischen Erschaffungsgeschichte ist zwar Leitmotiv, aber dennoch nur eine von vielen konkreten Richtungen in die sich Season #2 parallel entwickelt. Nachdem anfänglich alles um Zusammenarbeit in der gemeinsamen Sache ging, gehen die Klone nun zunächst gezwungenermaßen getrennte Pfade, die lange parallel laufen, bis es zur nächsten Kreuzung kommt – jede hat ihr eigenes, spezielles Päckchen zu tragen, welches vollsten Einsatz erfordert.
Das ist zum einen etwas schade, weil gerade die Interaktion der vielen von Tatiana Maslany verkörperten Frauen enorm zur Brillanz der ersten Staffel beitrug, zum anderen aber auch notwendig, weil so jede von ihnen ein schärferes, echteres Profil bekommt und die jeweiligen zwischenmenschlichen Bindungen endgültig verfestigt werden. Während Cosima verzweifelt an einer tödlichen Lungenkrankheit forscht, die die Klone befällt und mittelfristig in den Tod reißen wird, Allison irgendwie versucht ihr Leben und ihre Ehe wieder in erträgliche Bahnen zu lenken und Helena unter dem Wahnsinn abgedrehter Jesus-Freaks zu leiden hat, baut man zu allen von ihnen eine so feste Bindung auf, wie sie in der Season #1 streng genommen nur zu Sarah bestand – der Clone-Club wird zum Ensemble, die Verkörperung der einzelnen Frauen durch Maslany endgültig übermenschlich und die einzelnen Storylines in ihrer Gewichtung gleichwertig. [...]
Danke fürs Empfehlen :)
[...] Ceylan’s Werke definieren sich nicht über Eckpunkte eines Plots, die die Figuren gehetzt abgrasen, damit zum Schluss alle Haken auf der Drehbuch-Checkliste des klassisch(-langweiligen) Dreiakters gesetzt sind. Wichtig ist, was im doppelten Sinne – im Inneren der Figuren, aber auch in dem was der Schnitt zwischen den Szenen zu zeigen ausspart -zwischen den Zeilen passiert: Der Gefängnis-Aufenthalt des Vaters scheint zunächst ein tiefes Loch in Alltag und Funktion der Familie zu reißen. Doch ist vorher alles in bester Ordnung gewesen? Lebten sie glücklich und harmonisch zusammen? Dem ist nicht so und es sind die kleinen Fetzen, die Ceylan fast beiläufig einstreut, welche schleichend das Bild einer völlig dysfunktionalen Familie formen und davon berichten, dass die Abstinenz von Eytüp lediglich offene Wunden wieder freigelegt und letztendlich noch tiefer eingerissen hat – hier ist schon lange nichts mehr wie es sein sollte, weil einschneidende Ereignisse Spuren hinterlassen, die unter Umständen irreversibel entzweien.
Was andere Drehbücher in seitenlangen Dialogen nicht schaffen, verpacken Ceylan und der überragend aufspielende Cast in Bildern und subtilsten Charakter-Regungen. Es sind Blicke, leichte Verschiebungen der Betonung oder kaum merkliche Körpersprache, die von Verzweiflung, von Sehnsucht und von geplatzten Träumen erzählen. [...]
[...] Ganz in der Schule der südkoreanischen Meister inszeniert Autor und Regisseur Jeong Geun-seop sein Erstlingwerk in (nahezu) vollkommener audiovisueller Brillanz. Die Protagonisten bewegen sich durchweg, eingefangen von Kameramann Lee Jong-youl (laut der IMDb ebenfalls Debütant), in starken Bildkompositionen, die sehr bewusst und wohlüberlegt erscheinen. Dabei ist VERJÄHRUNG optisch sehr abwechslungsreich gestaltet, die farblose Anonymität eines Großstadt-Bahnhofs weiß Lee ebenso gekonnt einzufangen, wie harmonische, malerische Natur als (emotionalen) Rahmen des Gezeigten. Technisch stimmt alles, Slowmotion verdichtet gezielt besonders intensive Momente und selbst spielerische Szenenübergänge wie ein Morphing zwischen dem realen Bild eines Flusses und der Aufnahme einer Überwachungskamera am selben Ort sitzen. Jeong erschafft intensive Stimmungen durch Klang und Bilder. Diese Vorgehensweise beherrscht er bereits so sicher, dass spielend zwischen Spannung, Drama oder knackiger Dynamik gewechselt wird – die Einzelteile addieren sich organisch, der Film nutzt Schnitt und Farbfilter immer als sinnvoll-gestaltende Komponente im aktuellen Geschehen und nur selten scheinen die typischen kleineren Unsicherheiten und Kunstfehler eines Regiedebuts hervor. Freunde des gesamt-asiatischen Films dürfen sich zudem auf kleinere Zitate, wie zum Beispiel die Regenschirme aus Johnnie To’s SPARROW freuen. [...]
[...] Konkret bekommt ein unglückliches Paar von ihrem Therapeuten den Auftrag für ein Wochenende auf ein Anwesen in die Berge zu fahren und sich neu kennen zu lernen – dieser Ort habe bis jetzt JEDE Beziehung gerettet – was sie halbherzig, aber dennoch optimistisch gestimmt, in Angriff nehmen. Einmal angekommen und um angenehme Zweisamkeit bemüht, dauert es nicht lange bis… Dinge passieren. Seltsame Dinge – jedes weitere Wort wäre zu viel. Wer obige Fragen also spannend findet und demnach in Betracht zieht sich Charlie McDowell’s Regiedebut wirklich anzuschauen, tut gut daran genau jetzt aufzuhören zu lesen, keinen Trailer zu gucken, sondern einfach den Film zu starten und sich dem Inhalt hinzugeben. Die Maxime „erst der Film, dann alles andere“ schadet in den letzten Jahren sowieso nicht, aber zahlt sich hier besonders aus, denn der erste große inhaltliche Knall in diesem verrückten Werk, wird nicht der letzte bleiben.
Es sei nur so viel gesagt: THE ONE I LOVE lässt Mark Duplass und Elizabeth Moss von der Leine und erlaubt ihnen alles aus sich heraus zu holen – das Resultat ist großes, enorm nuanciertes Schauspiel, ohne welches der mächtige Stoff wahrscheinlich im Sande versickern würde, anstatt dem Zuschauer, sofern er sich darauf einlässt, massiv in seiner Selbstwahrnehmung auf den Zahn zu fühlen. [...]
[...] Amirpour bricht den Kosmos ihres kleinen Filmes auf das essentiellste herunter: eine Hand voll Figuren in einer vollkommen ausgestorbenen Stadt im Nirgendwo – umringt von Wüste und Bohrtürmen, getrieben von Perspektivlosigkeit und Leere, die mit Drogen aufgefüllt wird. Anhand dieser kleinst-Konstellation, leitet A GIRL WALKS HOME ALONE AT NIGHT gängige strukturelle Machtverhältnisse ab: Die vermeintlichen Fäden ziehen hier (wie so oft) wenige Männer, welche im Rausch der Macht mit alles und jedem umspringen wie es ihnen beliebt. Der Drogenverkauf schafft Abhängigkeiten, diese schaffen Schuld und schnell sind Frauen zum Sex und andere Männer zur Abgabe wichtiger persönlicher Besitztümer gezwungen. Gewalt herrscht. Doch eines Nachts taucht eine verschleierte Unbekannte auf den Straßen auf und leitet einen Paradigmenwechsel ein.
Gemessen am alles durchflutenden Symbolgehalt, ist dies bereits ganz großes Kino, richtig rund wird der Film jedoch erst, als sich abzuzeichnen beginnt, dass Amirpour nicht die üblichen Stolpersteine eines extrem feministischen Ansatzes mitnimmt: A GIRL WALKS HOME ALONE AT NIGHT verurteilt die machthabenden Männer nicht bereits für das Mann-sein, sondern für die Taten die sie walten lassen. Zwar werden Arroganz und Gott-Komplex des selbst ernannten Big Boss von Bad City ihm schnell zum Verhängnis, doch als die Unbekannte dann einem kleinen Jungen eine markerschütternde Ansprache ins Ohr flüstert, die er wohl sein Leben nicht vergisst, wird klar dass Amirpour sich der Wahl bewusst ist, die Menschen für ihren Werdegang treffen können. [...]
Für die Podcast-Hörer: Ich habe mit Niels von cinecouch.net und Christian von wiederauffuehrung.de ein ausuferndes Gespräch über John Woo geführt. Viel Spaß!
LINK: http://enoughtalk.de/?podcast=diverse-talk-002-mr-woo-you-better-put-a-bullet-in-the-head-of-a-hard-boiled-killer-tomorrow-feat-christian-niels
[...] Der Kaputte, der den Exzess in Drogen suchte, beruflich nie Fuß fasste und lange im Großstadt-Dschungel verschollen schien, ist nun zurück – unerwartet taucht er auf besagter Familienfeier auf, von misstrauischen Blicken verfolgt und den Geschwistern gerade so geduldet. Nach wenigen zwischenmenschlichen Momenten ist klar: niemand vertraut ihm mehr, niemand glaubt an seinen geäußerten Willen zur Besserung und hinter vorgehaltener Hand wird bereits getuschelt – in spätestens ein paar Tagen sei er sowieso schon wieder weg. Wenig Verständnis, wenig Toleranz. Im Folgenden geht es um den Kampf nach Anerkennung eines einsamen Mannes, der sie aus unbekannten Gründen verloren hat.
Doch was hat ihn zu dem was er ist gemacht? Reine Fügung? Sicher nicht – keine Wirkung ohne Ursache und je mehr die Rayburns ins Visier genommen werden, umso mehr scheint sich ein dunkler, geheimnisvoller Fleck aus der Vergangenheit seinen Weg ans Licht zu bahnen. Danny’s undurchsichtiges Auftreten bekommt einen beklemmenden Beigeschmack, der Verdacht, dass er vor hat eben dieses wohl gehütete Geheimnis zu enttarnen, verhärtet sich – leider auch die Gewissheit, dass die Familie nicht zögern wird ihn mit allen Mitteln daran zu hindern. [...]
(Neuer) deutsch(sprachig)er Genrefilm #8: WHO AM I
[...] ist meine Bildung gleich Null. Aber TROTZDEM war ich in dieser aus dem Off kommentierten „Aufstieg-und-Fall einer Hackergruppe“-Story namens WHO AM I sehr (!) schnell an dem Punkt, nicht mehr ein einziges weiteres Wort vom gezeigten poserhaften Schlagwort-Gedresche zu kaufen. Gründe dafür gibt es viele, primär ist hier aber wohl das WIE der kompletten Umsetzung zu nennen: In seinen Motiven kratzt WHO AM I fast durchweg nur an der Klischee-beladenen Oberfläche der beackerten Subkultur. Jedes Motiv erweckt den Anschein das erstbeste zu sein, was beim Schreiben in den Kopf kam – die quietschbunten Electro-Partys, das völlige Ausrasten im ergaunerten Cabrio, die typischen Masken, wie sie seit den Anonymous-Aktionen scheinbar dazu gehören müssen. Der Film wählt, von wenigen starken eigenen Einfällen (wie der Visualisierung des Darknets in einem U-Bahn-Wagon voller Maskierter) abgesehen, immer den auf der Hand liegenden Weg zum Ziel und ermüdet dadurch weit mehr, als es die fiebrig-hyperfrequente Inszenierung eigentlich zulassen sollte.
An sich alles verkraftbar, schließlich inszeniert Regisseur und Autor Baran bo Odar den Streifen mehr als zackig in clean-technisiertem New-School-Look und lässt keine Totzeiten aufkommen, auf Drehbuch- und Figuren-Seite passt jedoch kaum etwas. Abgesehen von Tom Schilling, in dessen Psyche mächtig herum gewühlt werden soll und der genau das darstellt, als was seine Figur sich selbst bezeichnet – ein Unsichtbarer, um den sich niemand auch nur einen Deut schert – sind die drei anderen Mitglieder der sich formierenden Hacker-Gruppe CLAY (allesamt Hauptfiguren) extrem platt und dabei over-the-top angelegt. Da sind der ultra-paranoide, dickliche Misanthrop, der handsome Ladykiller, später sogar im Porsche und der vollkommene debil jauchzende Weirdo mit mächtig Aggressionspotential, der zwar völlig hohl, aber ein begnadeter Programmierer ist. Sie stellen allesamt nur schablonenhafte B-Kino-Platzhalter ohne jegliches Profil und zudem ganz sicher keine auch nur minimal glaubwürdigen Computer-Geeks dar [...]
Interesse geweckt? Dann ruhig mal einen Blick auf meine Liste der (neueren) deutsch(sprachig)en Genrefilme werfen: www.moviepilot.de/liste/neuer-deutscher-genrefilm-un-moglich-jacker
[...] ORPHAN BLACK gerät für Sarah zu einer geheimnisvollen Suche nach den Wurzeln der eigenen Identität und eröffnet auf dem steinigen Weg ein Mysterium nach dem nächsten. Dabei hält die schnelle, packende Inszenierung über die knapp 400 Minuten Laufzeit der S1 durchweg einen so pervers hohen Spannungslevel aufrecht, dass das Schauen der Serie vor allem zu einer Bewährungsprobe für Fingernägel mutiert. Die Regler stehen auf Maximum, denn ORPHAN BLACK geht auf Tuchfühlung mit inszenatorischen Extremen – durch die Verschmelzung des messerscharfen Scores mit den cleanen, ins Unermessliche farb-korrigierten Bildern, rangiert die Serie audiovisuell nah der Überstilisierung, durch die fiebrige Taktung gleicht jeder Schnitt einem hektischen Adrenalinstoß, an Härte und Creepiness wird so wenig wie an Thrill und intensivem Drama gespart. Die wechselnden Regisseure liefern das höchstmögliche Maß an Intensität, ohne es jedoch auch nur einen Moment zu weit zu treiben. I bought it all.
Inhaltlich gleicht Sarah’s Weg einer fordernden Flucht aus den Fängen diverser höherer Mächte, die sie zum Ping-Pong-Ball der verborgenen Interessen instrumentalisieren. Wer das ist und was die wollen, sickert nur mühsam, Tropfen für Tropfen, aus dem fest verschnürten Paket der Geheimnisse heraus – was jedoch zum Vorschein kommt, lässt mit beachtlicher Regelmäßigkeit die Kiefer herunter klappen, denn überraschende Enthüllungen und unerwartete Twists jagen sich mit Höchstgeschwindigkeit. Der Clou dabei: je mehr der Plot einen vermeintlichen Wissensvorsprung verkauft und ein umfassendes Bild zu entstehen scheint, desto undurchsichtiger wird das Spiel tatsächlich – mehr Parteien, mehr Interessen und in Summe doch wieder mehr Fragezeichen. [...]
GeSneakt
[...] Ich habe an Horror wirklich keine großen Ansprüche – ein bisschen dichte Atmosphäre, ein wenig unklare Bedrohung und die Sache passt. Aber dieser Film unterbietet alles (und ich meine alles), was ich auf diesem Sektor je gesehen habe. Wenn man sich vor Augen führt, was das Medium Film leisten kann, bleibt eigentlich nur eine ehrliche Einschätzung: Dieser 80 Minuten lang abgefilmte Desktop (kein Scherz, in UNKOWN USER sieht man 80 Minuten einen verdammten Desktop, auf dem geskypt wird) spuckt und uriniert auf alles was die Filmkunst je erreicht hat, gibt sich aber damit nicht zufrieden, sondern hebelt direkt ein digitales Grab aus, auf dem zu tanzen er jeden Moment bereit ist.
In den wohlgesonnen Kritiken zum Film (what the fuck?) wird überwiegend die ungewöhnliche Machart, sowie die Kritik am Umgang mit Social-Media (what the fuck²?) gelobt. Nein. Falsch! Die Machart ist tatsächlich nett und hätte einen zehnminütigen Kurzfilm zu etwas gelungenem werden lassen, aber wenn ich die Hälfte eines Filmes zunächst auf Chat-Fenster schauen und Direkt-Nachrichten LESEN muss, entspricht dem nur ein Ausdruck: Ödnis. [...]
Der Hammer war vor allem, dass ARTE auf Tonkanal 3 den Originalton und optionale Untertitel mit ausgestrahlt hat. Es wäre so schön, wenn das bei fremdsprachigem Kino standard würde. Technisch ist es doch im Digital-Kabel-Zeitalter genau KEIN Problem! Danke ARTE!
[...] „Ihre Waffen werden immer stärker als unsere Fäuste sein“, heißt es – leider wahr und ein Satz, der dazu animiert über den Lauf der Zeit zu sinnieren. Die Kampfkünstler hält er dennoch nicht davon ab, es wenigstens zu versuchen: was der Film in diesen (häufigen) Kampfszenen für ein Feuerwerk der Körperlichkeit los lässt, ist schier unglaublich und eigentlich nicht in Worte zu fassen. Technik und Choreografien beeindrucken bis auf ein Level hinauf, das körperliche Erstarrung und stockenden Atem hervor ruft – nicht selten will das Hirn nicht glauben, was das Auge da gerade gesehen hat – und auch die Einbindung von Sets und Utensilien sprengen jegliche denkbare Grenze der Kreativität. Kämpfe voller Plateau-Wechsel auf wippenden Leitern, Regenschirme als Waffe, die Liste ist endlos und die Resultate rufen jubelnde Begeisterungs-Stürme hervor. Kleiner Auszug: Jet Li springt zwischen zwei Wänden in die Luft, hält sich im Spagat zwischen diesen, kämpft kurz in dieser Position und springt im Salto aus ihr heraus. Noch Fragen? [...]
[...] Das Team trifft sich, das Team separiert sich, einer bleibt in Paris, der Rest bahnt sich den Weg gen Nazi-Deutschland, mal hier mal da, mal ein Kunst-Fund, mal eine Niete. Dabei wird trotz hohem Dialog-Anteil sehr wenig Charakterzeichnung betrieben und großartige Schauspiel-Ikonen wie Goodman oder Murray bleiben so weit unter ihren Möglichkeiten, dass ihr Status sich nicht signifikant von „körperlich anwesend“ unterscheidet. Schade. Abgesehen von wenigen bewegenden Szenen kommt emotional in keine Richtung wirklich Fahrt auf – ab und an ein Gag zum Schmunzeln, stellenweise ein leichter Hauch von Spannung, immer wieder humoristische Brüche im Dienste der Unterhaltsamkeit – in Summe läuft der Film nur vor den Augen, nicht auch im Herzen ab. [...]
[...] Liefert diese Geschichte über einen schlecht gelaunten Pfandleiher, der ein Baby findet, dann zwanghaft versucht es wieder los zu werden und als das Haus dann tatsächlich wieder leer (und still) ist beginnt zu bereuen, profunde Erkenntnisse über das Leben, oder die Natur des Menschen? Nein. Trotz nur 80 Minuten Laufzeit beginnt die enorm karge Atmosphäre, welche durch die vorliegende, vollkommen unspektakuläre Kameraarbeit noch weiter gedämpft wird, schnell zu fordern, ohne jedoch im Abgang für ihre Sperrigkeit zu belohnen. Wenn überhaupt, ist der Film Momentaufnahme eines Lebens, dessen Zahnräder sich schon längst verkantet haben – das Brüderpaar Daniel und Diego Vega spinnt aber weder Auswege aus diesem Status Quo, noch trifft es wertvolle Aussagen über den Umgang mit einer derartigen Lebenssituation. Stattdessen wird der Zuschauer emotional vollkommen außen vor gelassen und die Figuren leben eine Weile vor sich hin. Ende – keine wirkliche Wandlung, keine Erkenntnis, kein Neubeginn. [...]
[...] Die drei Hauptprobleme dieser wirren Geschichte um ein Handels-Embargo, intergalaktische Verschwörungen und Lichtschwert-Kämpfe sind wohl das Drehbuch, der inflationäre Einsatz des Computers und Jar-Jar Binks. Ein nichtssagender Fließtext leitet es ein: Figuren ohne jegliche Eigenschaften stolpern durch einen simplen (das macht nichts), aber trotzdem nicht verständlichen (das macht sehr wohl etwas) Plot, jagen ohne Sinn von Ort A nach Ort B und treffen Entscheidung, die so elementar nicht nachvollziehbar sind, dass sich die Nackenhaare sträuben. Trotz aufmerksamer Sichtung, steht ohne Pause die eine Frage vor dem inneren Auge: „Was passiert hier gerade, und vor allem WARUM?“. Nichts ist begründet, nichts macht Sinn, aber egal… es ist schließlich STAR WARS. Und wer braucht schon Drehbücher, wenn er Green-Screens hat? [...]
[...] Stark wirkt ELECTION, als würde To versuchen anhand einer zunächst fiktiv erscheinenden Story die realen Verhältnisse in seiner Heimatstadt Hongkong abzubilden: Triaden als Teil des Ganzen, zig Tausende Männer gehören ihnen an, über hunderte Jahre sind sie fest mit dem System verwachsen – eines existiert nicht mehr ohne das andere und sich voneinander frei zu schneiden ist schier unmöglich, denn in jeglichen Aspekten des alltäglichen Lebens haben Triaden ihre Finger drin. In Hongkong ist bereits die Mitgliedschaft in selbigen als kriminell eingestuft und steht unter Strafe – kein Zweifel also, dass der Staat diese (übrigens keineswegs mit der klassischen Mafia gleichzusetzenden) Strukturen gern los werden will – doch To lässt in ELECTION keine Zweifel aufkommen, dass der Feldzug der Autoritäten ein Ritt gegen Windmühlen ist. Es ist zu spät für eine tiefschürfende Veränderung, das System ist etabliert. [...]
[...] Wie wenig der einzelne in diesem Kosmos noch zählt, vermitteln Zhangke und Kameramann Yu Lik-wai eindrucksvoll über die visuelle Ebene. Immer wieder findet A TOUCH OF SIN Bilder, die den symbolischen Wert des Menschen durch Kontraste mit der erschlagenden Wirkung schierer Größe auf die Dimension eines Staubkorns schrumpfen. Überdimensionale Brücken am Dunst-verhangenen Horizont der Städte, oder Heerscharen an riesigen Plattenbauten, hochgezogen wie Dominosteine aus dem Nichts und bewohnt von gesichtslosen Arbeitsbienen, so austauschbar wie entbehrlich. In dieser Welt zählen Namen nicht mehr, niemand interessiert sich mehr dafür, wer diese Leute wirklich sind, oder was sie ausmacht. „Wo kommst du her?“ ist die letzte verbliebene Höflichkeits-Floskel, wenn auch die Antwort egal zu sein scheint – nicht selten bekommen die Arbeiter der Firmen doch sowieso nur noch eine Nummer, die sie im Folgenden bezeichnet.
Die vollkommene Entmenschlichung. [...]