lieber_tee - Kommentare
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Alle Kommentare von lieber_tee
„Lieber bin ich für fünf Minuten ein Held als für den Rest meines Lebens ein Loser!“
Wong Kar-wais kraftvolles Debüt ist offensichtlich von den Heroic-bloodshed-Movies der späten 80er geprägt. Traditionelle Werte wie Freundschaft und Treue werden melancholisch abgesungen, in den chinesischen Triaden angesiedelt, mit kitschigen Übergefühlen und rau-brutaler Gewalt erzählt. Die Geschichte wechselt unvermittelt und roh zwischen Gangster- und Liebesschnulze. Diese fragmentarischen, sperrig-narrativen Ansätze finden sich in späteren Werken von Kar-wai wieder. Verwischte Hand-Kamera-Bilder in Slow-Motion und Farbfiltern getaucht (hier noch ohne seinem späteren Stamm-Kameramann Christopher Doyle) prasseln auf den Zuschauer nieder. Sie verstärken die Orientierungslosigkeit und Einsamkeit der Charaktere, die im kriminellen Neon-Noir-Moloch von Hongkong in einem tragischen Beziehungs-Netzwerk zueinander stehen.
Das moderne, urbane Leben als verkürzte Skizze.
7 zerbrochene Bierflaschen an die Halsschlagader gedrückt.
1001 Filme: Die Sie sehen sollten, bevor das Leben vorbei ist...
Sadomasochismus in der Kunst.
Im Diskurs um den Film „Whiplash“ gibt es grob zwei Lager. Die einen sehen in ihm eine distanzlose Wiedergabe von Zucht und Ordnung, die faschistische Tendenzen hat. Sie wenden sich verärgert und angeekelt ab. Die anderen sehen eine psychologisch differenzierte Darstellung entmenschlichter Disziplin, wo sich der Schüler (Sohn) zuletzt von seinem Peiniger (Über-Vater) lösen, emanzipieren kann.
Nach meiner Meinung haben beide Interpretationen eine Legitimation. Die zentrale Szene beim Auftritt des Schülers am Ende des Films kann sowohl als Hingabe und Bestätigung für eine militärische Ausbildung gesehen werden, wenn der Meister nach dem ewigen Schleifen schließlich seinen Schüler zu übermenschlicher Leistung angespornt hat und er dabei, in seiner Genugtuung, ein orgiastisch verzücktes Gesicht bekommt. Die Szene kann aber auch so verstanden werden, dass der Zögling sich von der Dressur gelöst, erlöst hat und in seinem eigenständigen Musik- und Kunstverständnis selbständig zu seiner Erfüllung, Entfaltung kommt. Letztlich ist mir persönlich die endgültige und vermeintlich richtige Interpretation der Geschehnisse egal.
Dass der Film ohne Frage handwerklich und besonders schauspielerisch, wie in seiner geschickten Vertaktung des Schnittes mit der Jazz-Musik phänomenal ist, steht außer Frage.
Ich frage mich eher warum hier Kreativität, bzw. das Erlernen eines Handwerkes bis zur Meisterlichkeit als ein Kriegsfilm zwischen den Parteien Schüler und Lehrer dargestellt wird. Das entspricht meinem persönlichen Verständnis von freiheitlich erschaffener Kunst weniger, auch wenn mir klar ist das zumindest das Grund-Handwerk mit Fleiß ein geübt werden muss. Aber vielleicht will der Film ja genau diese Art des Erlernens kritisieren. Dafür benutzt er allerdings filmische und inhaltliche Mittel, die an das Grundproblem von Kriegs- bzw. Anti-Kriegsfilmen erinnern. Im selben Maße wie er die Schlacht negativ findet, stellt er sie ausufernd da, erliegt letztlich ihrem spektakulären Schauwert, da er sie elektrisierend darstellt.
Hinzu kommt, dass ich mich des Öfteren gefragt habe was mich daran fasziniert zwei emotional verkrüppelte Menschen, die eigentlich beide ziemlich große pathologische Unsympathen sind, bei ihrer Arbeit zu beobachten. Das ich sogar suggestiv in ihren Bann gezogen werde, obwohl sie eigentlich, so ganz persönlich, dahin gehen können wo der Pfeffer wächst. Es liegt wahrscheinlich daran, dass Arschlöcher immer auch verzaubern. Vielleicht weil jeder von uns (ganz geheim) auch mal so die Sau raus lassen will. Sadistische Macht haben, Erniedrigen oder gar die Lust an Leiden und Unterwerfung zu spüren, die einhergeht mit Aufopferung, bis zur absoluten Anerkennung, kann faszinieren.
Die einen berührt das unangenehm, die anderen feiern so etwas ab.
6 mit Blut besudelte Schlaginstrumente.
Gender-Shitstorm, (Vulgär-) Remake-Shitstorm, Dislikes-Trailer-Shitstorm, Titel-Song-Shitstorm und jetzt Abspannsitzer-Karaoke-Shitstorm...Ohje, wie kann man nur so ein Marketing verkacken... Aber ok, Negativ-Werbung ist auch Werbung.
Ein vergeilter Flower-Power-Hippie möchte sich ordentlich über seine Nudel rollen lassen und bucht einen Fick-Urlaub auf dem britischen Gothic-Fitness-Schloss von Dr. Frankenstein. Leider will der nur Gehirne demontieren und elektrisieren, damit seine Versuchspuppen Sportübungen im Gymnasium machen.
Sturmtruppen-Leder-Biker, Guillotinen-Limousinen, drogeninduzierte Waldmeisterbrause und ein schlecht gelaunter Mad Scientist im Rollstuhl der Lobotomie als sexuelle Erfüllung sieht.
„Horror Hospital“ meißelt sein irrwitziges Feuerwerk aus Nonsens mit deutscher Spruchakrobatik ebenso in die Gehirne des Zuschauers wie in die seiner Probanden. Regisseur Antony Balch hat viel Schwachmate-Tee getrunken und rülpst einen hüftsteifen Beat aus unfassbar kurios-blöden Ideen heraus, dessen Einzelteile famos sind aber die Gesamtsumme doch arg hölzern wirkt weil Dramaturgie und Grusel hier Fremdworte sind.
6 und eine halbe Rübe abhacken.
„Die Mitesser kommen!“
Am Tag der Wiederauferstehung diniert sich die siebte Plage des Universums durch dasselbe US-Kuh-Dorf des ersten Teils, bis die Critter-Busters aus der Milchstraße sie wieder pulverisieren.
Nachlässiger, lächerlicher Abklatsch des Vorgängers, der zwar ein recht hohes Tempo aufweist aber seine Fortsetzungsregel, das Gleiche nochmal nur fetter und mit mehr (müden) Gags in Bezug auf Horror-B-Movies, funktioniert so gar nicht. Die igelhaften Mümmelmonster stehen nur noch für Klamauk, der jeglichen Ansatz von Bedrohung oder Originalität raubt. Und das nicht nur, weil ihnen in der deutschen Fassung dümmliche Kinder-Schüttelreime wie "Lakritze, Lakritze ich bin Telegraphenfritze" in ihr gefräßiges Maul gestopft werden.
4 Hunde namens Salzstreuer.
1o kleine "Negerlein" in einem britischen Adel-Landhaus treffen sich um die Nachkommenschaft einer alten Hexe anzutreten und werden auf Grund ihrer Verfehlungen nach und nach ins Jenseits befördert.
Die Mischung aus Agatha-Christi-Krimi, okkultem Kram und etwas übersinnlichen Horroreinschlag ist nie wirklich gruselig, geschweige denn packend. Die Morde wirken eher albern, Jedi-Ritter Richard Marquand versteht es zu keinem Zeitpunkt effektiven Drive zu entwickeln, seltsam einfallslos und lustlos plätschert der Streifen so vor sich hin. Die Hauptdarstellerin spielt ebenso furchtbar daneben wie der Soundtrack. So dudelt und dödelt diese dröge 70er Nummer vor sich hin, eingefangen in einem aalglatten Look. Das hübsch arrangierte Schloss-Setting schreit ständig nach einem düsteren Gothik-Schauermärchen, der Ruf verhallt aber.
4 nackte Knack-Ärsche von Sam Elliott.
„Wie geht es ihm? Kann er uns ein paar Fragen beantworten?“ - „Keine Chance, seine Lippen sind verbrannt.“
Dieser Film scheut keine Kosten und intellektuelle Mühen.
Es gibt rassistische Kommentare, die schwarze und gelbe Hintern einheizen, Zeitraffer-Verfolgungsjagden mit Kontinuität-Problemen, Kampfszenen auf Schulhofniveau, verschiedenste Perücken, die in Angeber-Karren wehen, Star-Power bis zum abwinken, kreative Akrobatik beim Sterben, heruntergeklimperte Commodore 64-Musik und Kleinkinder-Grimassen als Schauspiel.
Und Titten.
„Samurai-Cop“ gehört zu der Fraktion „So schlecht, dass er schon wieder gut ist“. Natürlich nur unter der Voraussetzung das inkompetent gemachte Filme, mit ihren unbeabsichtigten Humor, beim Zuschauer Genuss erzeugen. Er ist filmisch so überbelichtet wie er unterbelichtet ist. Er ist so lustig wie sein unlustiger Sidekick, der ständig über unlustige Witze lacht.
Regisseur Amir Shervan (und/oder die deutsche Synchronisation) flutet dieses Worst-Szenario mit unglaublich lahmen und sexistischen Einzeilern und Einzellern. Lässt ein ledergebräuntes Pussy-Magnet mit Tarzan-Frisur und aufgepumpten Körper durch den Film stolzieren. Bekleidet mit einer Badehose, die jeden schwulen Poolboy aus der kalifornischen Pornofilmindustrie in Wallung bringt. Seine selbstzufriedene Debilität erzeugt bei mir ein glucksendes Glücksgefühl, offenbart und persifliert (unbeabsichtigt oder gewollt) die Lächerlichkeit des Machismo und der Klischees im 8oer Jahre-Action-Kinos.
So unfassbar kläglich dieses Werk ist, so liebenswert ist es auch.
Mit sieben abgetrennten Köpfen das Klavier dekorieren.
Tote haben nichts zu verlieren und fahren mit einem lila Damenrad durch Paris...
Luc Besson erzählt gerne Geschichten über alternde Männer, schützenswerte Kindfrauen und amerikanischen Cowboys, die Europa (gern Frankreich) aus den Klauen des Bösen befreien. Hier generiert ein narzisstischen aber liebenswerten Papa mittels rüder Gewalt, Gaffa-Tape und kalter Kompetenz seine Familienzusammenführung. Moderne, sexuell-selbständige Entwicklungen bei seiner pubertierenden Tochter werden dabei mit Kugeln und Handkantenschläge negiert. Sie wird wieder zu seinem 9-Jährigen Kleinkind reduziert, das nur unselbständig in den nostalgischen Erinnerungen des Versager-Vaters existieren darf. In einem Land wo fremdländische Menschen Stereotypen oder bedrohliche Gefahren bedeuten, holzt sich der Bodyguard-Papa seine eigenen prüden, weißen US-Mittelschicht-Wert-Vorstellungen wie eine Axt im Walde zurecht. Das Drehbuch wirkt zwischen Plakativität, ironischen Brüchen und grausamer Ernsthaftigkeit seltsam zerfahren. Seine Figuren sind wie Comic-Reliefs die Schlagwörter für reaktionäre Überzeichnungen geben, so das der Film wohlwollend als Parodie auf die Männlichkeit des (80er) Actionkino und des Agentenfilms zu interpretieren ist. Regisseur McG krallt sich gerne wie ein Irrer an diese formelhaften Genre-Motive, inszeniert sie zugespitzt. Aus der triefenden Soße aus Pathos und Patriarch entsteht die tragische Figur eines einsamen Mannes, der in seiner Sentimentalität berauscht von Aggressivität und Paranoia ist. Das wirkt wie eine halluzinogene Todes-Wahnvorstellung eines Killers der, müde von der Gewalt die er der Welt angetan hat, ein trautes Weihnachten bei Frau und Kind sucht. Ob das als zynische Selbstparodie eines Heilen-Welt-Familienbildes gemeint ist steht allerdings irgendwo verloren zwischen den Drehbuch-Zeilen...
5-mal den Puls möglichst niedrig halten.
Der zweite Teil von "Ghoulies" ist eine geringfügige Verbesserung gegenüber des 1985er Überraschungshits aus der B-Movie-Baumschule von Charles Band.
Ein blasierter Zahlenhengst will einen abgewrackter Wander-Rummel zu einer Frauen-Schlamm-Catch-Arena degradieren aber die kleinen Monster aus der Hölle fressen den Turbo-Kapitalismus einfach auf, bis sie selbst aufgefressen werden.
Dieser Käse hat einen gewissen affektierten Charme, da er im Gegensatz zum ersten Film sich nicht ernst nimmt und endlich die titelgebenden Gummipuppen die Hauptrolle spielen und den gewünschten anarchischen Quatsch machen dürfen. Deutlich stärker fokussiert auf die bewusste Lächerlichkeit der feindlichen Biester ist der Streifen zwar nie clever oder beängstigend, die Geschichte so eindimensional wie ihre Figuren aber Knabbereien auf der Kirmes und Geisterbahn haben bei mir immer nostalgische Steine im Brett, auch wenn „Ghoulies 2“ nix anderes als ein zu lang gezogener Klowitz ist.
5,5-mal Pärchen mit grünem Schleim ankotzen.
Monster-U-Boot-Movie aus der Grabbelfilmkiste...
„Sirene I“ gehört zu den Nachgeburten von Unterwasserfilmen à la The Abyss, Leviathan, Deep Star Six. Er ist einer dieser billigen Sci-Fi/Horror-Schlock-Filmen, die in ihrer Geistlosigkeit mich immer zum Lächeln bringen, auch wenn das sicherlich von den Machern so nicht beabsichtigt war. Es geht um eine U-Boot-Besatzung auf eine Rettungsmission und einem geheimen Regierungsprojekt, das schrecklich schief gegangen ist. Die Crew ist stereotyp, aber ausreichend sympathisch um sich Sorgen um ihr Schicksal zu machen. Die Handlung ist dumm, vorhersehbar hat aber manch spannende Momente.Das Leben im Meer zaubert kreative Gummi-Monster hervor, die alle in ihren verschiedenen Formen und Größen hübsch mutieren. Warum gerade dieser Alien-Rip-Off so schlechte Kritiken bekommt ist mir ein Rätsel, denn er schafft es spielerisch in seinen barmherzig kurze 79 Minuten Laufzeit genügend Interesse aufrechtzuerhalten.
5 schleimige Mutations-Föten.
Der Mörder ist immer der Gärtner.
Ein bebrillt-bärtiger Psychopath in Latzhose spannt und wichst auf zickige Frauen, bis seine Obsessionen in Vergewaltigung und Mord umschlagen.
Grober, ständig ungewollt komischer, schmieriger Down-Under Stalk`n Slash -Thriller aus den 80ern, der zurecht vergessen wurde. In der ersten Hälfte bedient er genüsslich mit Sleaze und Rape die exploitationhaften Bedürfnisse des sich an Frauen-Feindlichkeit aufgeilenden Publikums, um dann zu einer Home-Invasion-Gurke zu mutieren, in der sich alle Beteiligten so verhalten, als ob sie ihren Tod verdient hätten. Es gibt manch nette Kamera-Einstellung und einige geschmackvoll-geschmacklose Nacktszenen. Die theatralisch-unbeholfene und unfassbar doofen Art dieser kruden Gewalt-Phantasie ist aber so aufregend wie das Blubbern eines Aquariums.
4 im Meer treibende, tote Hunde.
Mit zwei Stunden eindeutig zu lang geratene Männlichkeit-Studie im Noir-Gewand. Im enorm langen Mittelteil viel zu geschwätzig, sich Zeit für die Observation und Obsession des maskulinen Voyeur-Blickes nehmend, erzeugt Reynols 3. Kino-Regiearbeit eine durchaus melancholische Betrachtung des „starken Geschlechtes“, das seine Begehrlichkeit gegenüber Frauen nur aus der Distanz spüren kann, da es ihm schwerfällt Gefühle und Verletzlichkeit zu zeigen. Das „schwache Geschlecht“ kann sich der im tiefen Chauvinismus verhangene Körper nur mit Ohrfeigen gefügig machen, seine emotionale Einsamkeit, Sehnsucht nach Zweisamkeit ist gefangen in herber Männlichkeit, das ist ebenso bemitleidenswert wie abstoßend. Eher unfreiwillig dekonstruiert Burt Reynold damit sein Sex-Symbol-Ruf. Die reine Krimihandlung, die um dieses krude Männerbild herum-gesponnen wird, ist in schön ranzigen Sets eingebunden und am Anfang wie am Ende gibt es handfeste Action, die aber schludrig abgehakt wird.
5,5 geile Blicke durch das Fernrohr.
„Wenn viele helfen ein Kind groß zu ziehen, helfen auch viele es zu missbrauchen.“
„Spotlight“ erinnert nostalgisch und melancholisch an die Macht und Bedeutung einer freien Presse.
Das 2002 brisante und heute leider immer wiederkehrende Missbrauch-Thema in der katholischen Kirche wird von Regisseur Tom McCarthy als Mahnmal sowie empathische Erinnerung an die Opfer erzählt. Der Fokus liegt dabei auf die heldenhafte Darstellung der investigativen Reportern des "Bosten Globe", deren Integrität, Mut und Fleiß der Motor für die Wahrheitsfindung ist. Durch langwierige, kräftezehrende Recherchen legen sie Schritt für Schritt einen unfassbaren Skandal offen, im festen Glauben daran, das sie damit das in sich verfaulte (Kirchen-) System verändern.
Das Bittere an dem Film ist, das die perversen Tatsachen seit Jahrzehnten frei zugänglich waren, sie sogar im Lokalteil der Zeitung formuliert wurden aber nie jemand das Ausmaß des Skandals erkannte oder sich traute das Thema anzupacken. Womit der Film latent auch der (unfreien) Presse eine Mitschuld daran gibt, das die katholische Kirche diese Untaten jahrelang vertuschen konnte. Alle schwiegen, freiwillig, weil sie tief verwurzelt in die erzkatholischen Stadt und dem Machtapparat Religion / Glauben waren.
Mit angenehmer Zurückhaltung, ohne künstliche Dramatisierung, beschwört „Spotlight“ eine Art von (vergangenen?) Journalismus, der durch ehrliche, handfeste Notiz-Bucharbeit, ohne Clickbaiting und Wut-Bürger-Facebook eine Story erschafft, die bis ins kleinste Detail ausgearbeitet, Werbekunden-unabhängig und unbequem in die Öffentlichkeit getragen wird. Erzählt als ein Film, der intelligent, erwachsen und mit ruhigen Rhythmus eine sanfte Sogwirkung erzeugt, unterstützt von einem präzise geschriebenen Drehbuch und einem ebenso präzise agierenden Schauspieler-Ensemble.
7 unbequeme Schlagzeilen.
Commissario Betti #02
Neapel ist ein Hexenkessel aus überfordernder Kriminalität, die Gewalt ist kaum aufzuhalten. Sackratten, Furzärsche und Klowichser bevölkern die Straßen, sind miese Elemente einer Camorra, die einen eigenen Staat im Staat erschafft hat. Genre-Ikone Maurizio Merli, hier sein dritter Aufritt als kaltschnäuziger Schnurrbart-Einzelgänger- Commissario Betti, bekämpft ohne Skrupel und Rücksichtnahme das Verbrechertum, treibt Schindluder mit den Paragraphen um aus diesen Abschaum Hühnerfrikassee zu machen. Regisseur Umberto Lenzi legt die Gänge höher und treibt den Zuschauer im Hochgeschwindigkeits-Modus durch die bewährten Ingredienzien des Poliziottesco. Null Charakterzeichnungen, keine Handlung nur die pure Energie für hammerharte Action, die Archetypen sind Stichwortgeber. Das wird episodisch erzählt und grenzt in seiner schlichten Radikalität auf das Wesentliche fast schon an eine Karikatur des Genres. Der beachtlich rüde Umgangston, die zynisch-menschenverachtende Stimmung in Kombination mit halsbrecherischen Hetzjagden machen „Napoli Violenta“ zu einen der Höhepunkte des italienischen Krimis der 70er Jahre.
7,5 Bowlingkugeln, direkt in die Fresse.
In einer immer brutaler werdenden Welt legen sich finstere Schatten über die partygeile Jugend. Denn im Dunklen der Großstadt leben wasserscheue Monster, die hoch kommen um bierfeuchte Jugendliche zu töten. Warum auch immer… Was sich wie eine Parabel über die Bedrohung von moralischen Werten anhört ist ein latent charmantes Filmchen in dem zu alt wirkende Schauspieler Jugendliche in Angst spielen. Sie treffen auf Ungeheuer aus dem The-Best-of-Katalog für Halloweenfeste, die sogar ihre eigenen Sammelkarten haben. Das alles erbringt keinerlei Sinn hat aber einige hübsche (unblutige) FX-Tricks. Manch beknackter Einfall macht sogar Spaß. Leider nehmen das Liebes-Geplänkel und die viel zu langen Einspieler mit grausigen Synthie-Pop das eh schon mäßige Tempo raus und der Streifen wirkt etwas zäh auf 90 Minuten gestreckt. Die Künstlichkeit und Lächerlichkeit des ganzen Konzeptes waren sich die Macher aber wohl bewusst, denn immer schwingt eine angenehm ironische, nerdhafte Note durch diesen durchschnittlichen 80er Jahre Schund.
Mit 5 Wasserpistolen die Monster um-pusten.
Bei Jess Franco kann der Zuschauer nie sicher sein ob er rudimentären Schund oder ein kleines, feines Meisterwerk serviert. Von banalen Softsexstreifen bis hin zu abgründigen Thrillern ist bei ihm alles möglich. Sobald der Regisseur aber (offensichtlich verliebt) seine damalige Partnerin Soledad Miranda abfilmt wird es spannend. Eugénie ist ein mit gestalterischen Willen produziertes Werk, das Sexploitation mit psychedelischen Thrill kombiniert und von der End-Sechziger Zeit geprägt ist, wo Sexualität und gesellschaftliche Moral neu definiert wurden. Marginal am Werk von Marquis de Sade orientiert, entsteht eine ebenso kühle wie heiße Mischung aus Inzest, Obsessionen und Intrigen, die zu Erpressung und Mord führen. Wer allerdings zum schrägen Franco-Filmuniversum noch keinen Zugang gefunden hat, wird ihn mit diesem Film wohl auch nicht finden, dafür wirkt der Streifen zu harmlos, sperrig und unprofessionell.
6 Minuten anschauen wie sich Soledad Miranda an und auszieht.
Philippe Petits Traum ist ein Drahtseilakt. Er will zwischen den beiden höchsten Gebäuden der Welt spazieren gehen. Geradlinig spannt er eine Schnur der Verwirklichung über Abgründe die er ignoriert. Ist er ein Spinner der Hybris, der erst in schwindelnden Höhen sich spüren kann oder ein todessehnsüchtiger Selbstmordkandidat, dessen Narzissmus ihn superlativ fliegen lässt. Interessante Fragen, die Robert Zemekis „The Walk“ aber nicht beantwortet, kaum zum Thema hat. Denn sein True-Story-3D-Spektakel über den französischen Artisten und sein unglaubliches Kabinettsstück in extremer Höhe ist ein nostalgisch retuschiertes Märchen über die Demut vor der artistischen Kunst und dem „Spirit“ das Unmögliche zu wagen. Vom Biopic zum klassischen Heist-Movie wird hier klassisches Hollywood-Erzählkino formatiert. In Bildern die nach Poesie schreien aber leider sich von ihrer digital generierten Künstlichkeit nie entfernen können. Der Zuschauer soll den Boden unter den Füßen verlieren aber so richtig findet er nicht das emotionale Fundament bei den Figuren. Er rutscht auf den verkitschten Bildern aus, wird nie wirklich an die Geschichte gefesselt, der dargestellte menschliche Schaffenskraftakt berührt wenig. „The Walk“ sieht einfach nur hübsch aus, wie der gezeigte Balanceakt des Wahnsinns, in luftiger Höhe, ganz weit weg.
6 festen Böden unter den Füßen.
Das New York der frühen Achtziger ist ein Sumpf aus Gesindel, Gewalt und Korruption. Das spürt der treuherzige, fleißig arbeitende Normalo der Geschichte als die urbane Brutalität in seinen privaten Raum drängt. Seine Familie wird Opfer von schmierigen Verbrechern und er von schmierigen Winkeladvokaten. Der Illusionen von staatlich-fairer Rechtsprechung und Genugtuung beraubt gibt es nur eins, Selbstjustiz!
William Lustigs kleiner, fieser Rachethriller gehört zu den knarzig-harten Klassikern des US-Exploitationkinos. Sein nicht origineller Plot ist in einem unterschwellig und dann explodierenden Gefühlt von pumpender Gewalt verordnet. Als einer der wenigen Vigilanten-Filme streift er das Thema der militanten Bürgerwehr, die auf eigene Faust unbarmherzig nach den Urhebern von Verbrechen sucht, sie bestraft, liquidiert. Aber Eddie Marino, die Hauptfigur, lehnt diese Form der Selbstjustiz zunächst ab. Aus moralischen Gründen macht er bei der selbstherrlich wirkenden Gruppe NICHT mit, um am Ende im Alleingang (aus persönlichen, nicht politischen Gründen) doch das Recht in die eigenen Hände zu nehmen. Das ist im Vergleich zu ähnlichen Produktion durchaus differenzierter und subtiler dargestellt, da die zynische Auflösung der Geschichte von einer vorherigen Gewaltspirale geprägt ist, in der es keinen Gewinner gibt sondern nur Gegengewalt. Was für ein grimmiger, nihilistischer Film.
6,5-mal in die Niederungen der Moral abtauchen.
Die Prostituierte ist in der Landschaft von Krimis meist ein ängstlicher Zeuge, Einweg-Opfer, sexualisiertes Objekt oder eine moralisch verurteilte Frau am Rande der Gesellschaft und des Films. Hier wird sie inszeniert als kolportagehafte Madonna / Hure Dichotomie.
Tagsüber geht die Protagonistin brav mit Zöpfen und erledigten Hausarbeiten in eine Privat-Schule, nachts schlendert sie in knappen Dessous gekleidet lachend über die hell erleuchteten Boulevards Hollywoods, auf der Suche nach Freier und verlorenen Träumen. Ihr stets sexualisierter Kinderkörper bestätigt die pädophile Männerphantasie aus Geilheit, Jugend und Unschuld. Seltsamerweise ist sie allerdings nie im Film nackt zu sehen. Diese Rolle übernehmen andere Asphaltschwalben (die dann auch ermordet werden) oder die High-School-Cheerleader in der Umkleidekabine.
Angel bleibt immer irgendwie (moralisch) rein und unschuldig, trotz ihres horizontalen Jobs. Wenn sie dem Detektiv (die Verbildlichung ihres Vaterkomplexes, und des schlechten, bürgerlichen Gewissens) erzählt, das sie schon mit Hunderten von Männern geschlafen hat, ist das schwer zu glauben, so keusch stellt der Film sie da (im Film hat sie nie dargestellten Geschlechtsverkehr mit Freiern, lehnt eigentlich ständig welche ab, woher sie auch immer dann ihre Miete für ihre luxuriösen Wohnung hat). Sie schlendert selbstbewusst (später mit großer und kleiner Knarre bewaffnet), scherzend, eis-essend durch die Straßen, die als bunte, lebendige, wenig bedrohliche, geile, Männer-Räume dargestellt werden, macht in nächtlichen Hotel-Lobbys ihre Aufgaben für die Schule. Ist befreundet mit schrillen, sympathisch dargestellten Außenseitern und scheint schon jahrelang nichts von der Realität aus Gewalt, Vergewaltigungen, sexuell übertragbare Krankheiten und ungewollten Schwangerschaft mit zu bekommen haben bzw. sie nicht zu fürchten.
Dabei ist ihre tragische Familiengeschichte bitter. Sie arbeitet als minderjährige Prostituierte weil ihre Eltern sie mit 12 Jahren verlassen haben, ihr Leben als Nachtfalter auf der Straße ist eine Ersatzfamilie geworden.
In diese Romantisierung und sexuell-ausbeuterischen Darstellung von Prostitution kommt aber ein Eindringling. Er wird als eine mutter-fixierte Bedrohung dargestellt. Ein nekrophiler Serienkiller, der die Straßen unsicher macht und letztlich die Unabhängigkeit der Hure in Frage stellt. Er ist der Motor für die Negativierung eines selbstbestimmten Lebens. Die Morde treffen Angel zwar nie direkt, aber ihren Freundeskreis. Das Engelsmärchen bekommt zunehmend ein Problem, das letztlich durch den Inbegriff cowboyhafter, männlicher Schussgewalt gelöst wird.
6-mal Obst mit Ballermann.
Hervorragende Kritik, Mr. V.V.
Die unversöhnliche Natur des Überlebens.
Nach einer nicht genauer definierten Apokalypse lebt ein namenloser Mann vereinsamt in einem abgelegenen Haus im Wald und versorgt sich auf das Minimum reduziert selbst. Erst durch die zunächst argwöhnisch beäugte (Zweck-) Gemeinschaft durch eine Mutter mit ihrer Tochter entstehen Ansätze einer familiären Struktur. Aus dem Keim von Zusammenhalt wird ein kleines Pflänzchen der Menschlichkeit, allerdings fern eines romantischen Paradieses…
Gleich vor weg, wer beim Indie-Debüt von Regisseur und Autor Stephen Fingleton einen auf Äußerlichkeiten gerichteten, actionhaltigen Endzeitthriller erwartet kann abschalten. Hier steht der parabelhafte und psychologische Aspekt einer Post-Apokalypse als unwirklich wirkendes Kammerspiel im Vordergrund. Die durch eine Ölkrise auf den animalisch-archaischen Naturzustand zurückgeworfene Welt ist ohne soziale Bindungen. Nur das Rudel Wölfe oder der Einsame sichert sein Überleben. Das wird bewusst langsam, mit bitterer Ruhe, dialogreduziert erzählt, untermauert von einem fiesen, unterschwelligen Thrill. Denn die Bedrohungen kommen von innen wie von außen...
Nüchtern, nur mit Blicken und Gesten, beobachtet der Film diesen rudimentären Gesellschaftszustand. Mit langen Kameraeinstellungen und -fahrten, akzentuierten Tonmotiven, einem zurückhaltenden und intensiven Spiel der Darsteller zeigt Fingleton eine kleine Welt wo es keinen Schutz, keine Intimitäten gibt. Naturalistisch reduziert er seine Protagonisten auf das nackte, körperliche Fortbestehen, ja auch auf ihre sexuellen, tierhaften Triebe. Was das mit Menschen als soziales Wesen macht, entblättert „The Survivalist“ Schicht für Schicht um im Kern zu einer desillusionierenden, (fast) hoffnungslosen Reduktion zu kommen: Wer nichts zum Fressen hat, der kann sich Menschlichkeit nicht leisten.
7 Züge an der letzten Zigarette.
Affen-Slasher für ganz Arme...
Hier spielen aus unerfindlichen Gründen gelangweilte (Tier?) Ärzte irgendein affiges Rollenspiel im bewusst hermetisch abgeschlossenen Uni-Gebäude um eine minderjährig wirkende, paarungswillige Prinzessin zu erretten, nachdem sie zuvor einem Affen ein Anti-Aggression-Serum gespritzt haben, das aber leider paradoxe Nebenwirkungen hat. Sie werden nach und nach von einem rot-arschigen Pavian, der wie wild vor den Sicherheitstüren herum-springt, gemeuchelt, weil sie sich immer in den Bedrohungssituationen trennen, nicht wissen wo ein Telefon ist oder wie man die Beleuchtung wieder einschaltet oder einfach nur doof wie Brot sind. Die Schauspieler spielen wie der Popo des Pavians, die Dialoge furzen wie eben dieser und ständig gehen irgendwelche Türen auf und zu, Sprechfunkgeräte an und aus. Keiner sucht einen sicheren Ort sondern rennt als Beute herum und wirft aussichtslos Brotbesteck aus dem Fenster. Am Ende habe ich nur noch die Daumen für das arme Vieh gedrückt, das es alle Arschlöcher von ihrer geringen Hirnmasse befreit, hat aber nix genutzt, war aber knapp...
2 Punkte für diesen (gefühlt) 2 Stunden langen Affenzirkus.
Kommissar Terzi #3
Mark, der ober-coole Chauvi, hier Undercover für den Geheimdienst in Kreisen unterwegs, die den Staat wegsprengen wollen. Schnell wird klar, dass nichts klar ist, der Unterschied zwischen Rechtsstaatlichkeit und Terrorismus marginal ist wenn es um die Gewaltbereitschaft geht und doppelte Spiele gespielt werden. Hauptdarsteller Franco Gasparri bleibt ein italienischer Knusperschönling der nicht schauspielern kann. Zu Panflöten-Dudelmusik kämpft er gegen Extremismus, schlendert naiv durch den Streifen, der überraschender Weise aus dem Poliziottesco-Genre in einen sanft-sprudelnden aber auch etwas scheelen Agentenfilm umkippt. Die Geschichte wirkt zusammengeschustert, hat dreiste Logikaussetzer, was aber dem Spaß keinen Abbruch tut tut, denn alles bleibt auf einem ständig daneben liegendem, herrlich abstrusem Niveau.
6 finale Todesschüsse.
""Erledigt die ganze Bande, befreit das Mädchen und ist immer noch nicht zufrieden... nicht zu fassen... was will er denn noch?"
Solide Merli / Massi Zusammenarbeit, die auf der Poliziesco-Welle surft. Wie es sich für das Genre gehört, ist die Gewaltbereitschaft in der Stadt mal wieder exorbitant, so muss halt ein Kommissar aus Eisen her, der risikofreudig, ohne großen emotionalen Ballast und bürokratischen Aufwand seinen Sohn aus den Fängen finsterer Gesellen befreit, bevor sein eh schon halbgares Familienleben komplett den Bach herunter geht. Das schafft der Film innerhalb eines Sonntags, stark verdichtet entsteht ein Echtzeitgefühl. Exploitationhafte Ausuferungen oder übermäßiger Sadismus stehen dabei nicht im Vordergrund, in seiner unkomplizierten, flotten Unaufgeregtheit ist der Film ein knochentrockener Actioner der angenehmen italienischen 70er Jahre Sorte.
6 Draufgänger.
Ein Franchise am Abgrund.
Nach dem der dritten Teil nur noch schwache Einnahmen einfuhr, verscherbelte Warner Bros. die Rechte an dem bereits finanziell strauchelnden Canon-Studio, das sich dadurch nochmal einen großen Erfolg versprach. Das Chaos hinter den Kulissen (massive Budget-Kürzungen, kastrierter Neu-Schnitt des Films, Script-Mitspracherecht für den Hauptdarsteller, Freibrief für eine Rolle in einem andern Film um Gene Hackman ins Boot zu holen) sorgten allerdings für einen unfassbar käsigen, holprigen und blöden Film. 80er-Zeitgeistig schwafelt dieser Unsinn naiv von atomarer Abrüstung und Entspannung zwischen Ost und West. Daher muss symbolisch ein solarbetriebener Nuclear-Adonis mit blondierter Föhnfrisur gegen den letzten Kryptonier antreten. Das klingt wie es ist, ein peinlicher Comic, infantil, bunt und schrill. Leider bleibt der anarchische Ansatz anderer Canon-Produktionen immer wieder halbherzig stecken und so endet dieser Zelluloid-Dilettantismus in kindlichen Biedermeiertum.
4-mal mit dem Röntgenblick die Chinesische Mauer reparieren.