mikkean - Kommentare
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Alle Kommentare von mikkean
Teenies brechen in die Häuser von Prominenten ein. Sie nennen es Shopping und plündern die berstenden Kleiderschränke und Schmucksammlungen von Paris Hilton und Co.. Klingt wie die Idee zu einer abgedrehten Komödie. Oder wie eine Kreuzung aus den Goonies und der Panzerknackerbande. Ist aber tatsächlich so, zumindest ähnlich, in Hollywood passiert. Also Sachen gibt es.
"The Bling Ring" ist die filmische Nachlese zum eigentlich unfassbaren Beutezug dieser nicht mehr ganz kleinen Strolche. Und weil die Regisseurin Sofia Coppola heißt, dürfte klar sein, dass dies weder das seichte TV-Movie of the Week, noch irgendso ein aufgeregter Hybrid aus Milieu-Studie und Jugend-Kriminalitäts-Report geworden ist.
Sofia Coppolas Filme sind ja generell sehr ruhige Angelegenheiten. Beobachtungen oder Schilderungen, die mit langem Atem gefilmt scheinen. Fast wie Natur-Dokus. Nur, dass sich hier jeweils Menschen vor der Linse und unseren Augen tummeln, an deren Leben und Krisen wir teilhaben dürfen. Manches erscheint da direkt auf den Punkt gebracht, beinahe dichterisch. Anderes ein wenig beiläufig. Was natürlich auch immer die Gefahr mit sich bringt, dass Zuschauer sich langweilen oder zu distanziert vom Geschehen fühlen dürften.
Auch "The Bling Ring" ist eine dieser Beobachtungen. Ein wenig wie eine Episode von "90210". Oder "O.C. California", weil das Wetter und die Häuser-Landschaft so schön sind. Es sind keine Wellblech-Hütten, noch Armen-Viertel, aus denen die Teenies hier gekrochen sind. Diese Einbrecher und Diebe gehören zu den privilegierten Wohlstands-Kindern.
Und genau dieser Umstand macht den Reiz von "The Bling Ring" aus. Coppola entwirft das lockere, ruhige Porträt einer Jugend, die eigentlich dank Kreditkarten und dem lukrativen Einkommen der Eltern keinerlei Zukunfts-Ängste haben dürfte. Ganz so einfach ist das natürlich nicht für alle Protagonisten. Aber wie schon erwähnt, sind hier keine Robin Hoods am Werk, die sich des ungleichen Sozial-Gefälles bewusst sind.
Es sind teils gelangweilte Teens. Wohlhabende, aber alles andere als berühmt. Ihr Fenster zur Welt der A-List-Stars und It-Girls verschaffen sie sich durchs erschreckend einfache Einsteigen in die Villen der Promis. Den Celebrity-Status kannst du dir eben nicht erkaufen. Ein, zweimal bei Paris Hilton einsteigen und ihre Sachen verticken, das könnte schon entschädigen.
Oder sind diese Verbrechen auch eine Art Kompensation des permanenten Drucks, den sich Figuren wie die von Emma Watson und Taissa "American Horror Story" Farmiga ausgeliefert sehen. Diese Mädels werden ja von Film-Mutti Leslie Mann geradezu darauf getrimmt, den Stars nachzueifern. Mit Lebensmotto und Collagenbild zur Missions-Planung, ein besserer Mensch zu werden.
Simple Antworten bietet "The Bling Ring" natürlich nicht. Und auch nicht jeder Dieb in der Runde möchte sich die Zeit vertreiben oder sucht den Nervenkitzel. Sofia Coppola schafft es dennoch, in ihrer besonnenen Art, ein erstaunlich gutes Profil einer Generation abzuliefern, die am Ende noch vorm Richter zittert und doch auch nach Talkshow-Auftritten und Click-Zahlen für den eigenen Blog lechzt.
Und mal ehrlich, die gezeigte Art und Weise, wie sie sich wiederholt Zutritt zu Häusern und Wohnungen verschaffen, stimmt schon ängstlich. Sollte es wirklich so einfach sein, per Google und Satellitenbild ein Grundstück auszuspionieren? Mag etwas dramaturgisch übertrieben sein. Doch die echten Beutezüge wurden auch nicht gerade von Jung-Spionen in der "Mission: Impossible"-Grundausbilung begangen.
Wie auch immer. "The Bling Ring" ist ein überraschend guter Sofia-Coppola-Film. Sehr straight und wenig selbstvergessen im Erzähltempo. Und die eigentlichen Themen werden einem auch beim ersten Ansehen klar. Vielleicht wirkt der Film ziellos und inkonsequent, weil diese Ursprünge, die Diebstähle und deren juristisches Nachspiel nicht gleichberechtigt behandelt werden.
Aber Coppola ver- oder beurteilt diese Kids ja nicht. Sie hat sich fasziniert von den Ereignissen auf die Fährte dieser Jugend begeben und zeigt sie so, wie sie wahrscheinlich auch waren. Als Darsteller einer Teenie-Soap, in der es mal nicht um Schwangerschaften, Fremdgehen und Elternstress geht. Mag sein, dass Look und Feel oberflächlich wirken. Eine echte Nähe will ich vielleicht auch gar nicht zu diesen Menschen aufbauen. Doch in ihre Welt und Gedanken kann ich schon einmal reinschnuppern.
Kino-Fanatiker Quentin Tarantino meldet sich zu zurück. Zum achten und allem Anschein nach vorletztem Mal geht es ins Parallel-Universum geistreicher, flotter Sprüche, krasser Bigger-Than-Life-Typen und Holy-Shit-Kopf-Wech-Momente. Dazu dutzendfach Querverweise und Zitate. Genre-Mythen und Motive, die in diesem einzigartigen Schmelztiegel, die Tarantino als seinen Verstand bezeichnet, zusammen geschmissen, durchgerüttelt und verzerrt werden.
Mit "The Hateful 8" ist es also wieder ein Western geworden. Acht dubiose Gestalten sitzen während des Schneesturms irgendwo am frostigen Arsch der Welt fest. Aber Tarantino wäre nicht Tarantino, wenn er einer solch schlichten Ausgangslage nicht seine ganz eigenen Wendungen und Kniffe abgewinnen würde. Es spricht für sein Talent und Ehrgeiz als Künstler, in 168 gottverdammten Minuten vor allem aus Rede-Duellen Spannung zu beziehen.
"The Hateful 8" verdeutlicht aber auch, dass inzwischen selbst der große Tarantino etwas zu sehr um die eigene Achse dreht. Und dass er sich irgendwann zwischen "Kill Bill" und "Death Proof" ein wenig zurückentwickelt hat.
Statt High Noon mit Outlaws und Sheriffs mit Goldstern, Texas und Wüstenstaub also Schneesturm und die Enge von Minnies Miederwarenladen. Dubiose Fratzen, ein Kutscher und Kopfgeldjäger. Eine Gefangene, ein abgewrackter Südstaaten-General und der zukünftige Gesetzeshüter. Sie reden, sie schimpfen, sie philosophieren etwas. Denn es ist eine Zeit, nur wenige Jahre nach dem Bürgerkrieg. Wunden scheinen nur oberflächlich verheilt. Die einenden Brücken über die breite Kluft zwischen Nord und Süd wirken klapprig.
Dieser Tarantino-Western ist beinahe so etwas wie eine Mogelpackung. Die Figuren labern lieber als zu schießen. Und schon der Bruch mit Political Correctness, laut ein Mann einen N***er nicht mehr N***er nennen darf, zeigt bald, dass Tarantino nach größerem strebt. Die Streitthemen wie die Freiheit aller Menschen, die Verhältnis-Mäßigkeit und Gerechtigkeit in Kriegs-Tagen oder die Propaganda-Maschine der Regierung, spiegeln nicht weniger die ewige Unvereinbarkeit der amerikanischen Gesellschaft wider. Ignoranz gegen Progressivität, liberal gegen fundamental. Oder immer noch schwer angesagt, Schwarz gegen Weiß.
Wem das nicht zusagt, kann sich wieder auf die Jagd nach Easter Eggs machen. Erraten, bei welchen Einstellungen sich Tarantino hat inspirieren oder zum Klauen anleiten lassen. Oder wir spitzen die Ohren und kriegen mit, dass neben Kurt Russell und der paranoid beengten Situation, Ennio Morricone gleich auch Passagen aus der Musik von "The Thing" übernommen hat.
Allen, die vor allem Tarantinos Schreibstil lauschen, wird auffallen, dass seine Dialoge immer noch unerreichbar bleiben. Was haben sich schon etliche Nachahmer die Zähne daran ausgebissen. Für diese Klasse werden sie nie bereit sein. Doch auch die ihm eigenen fliegenden Wortwechsel dienen Tarantino inzwischen etwas zu sehr der Ego-Politur. Ja, wie viele Umschreibungen für N***er kann er noch finden, bevor sich das eine Wort zu sehr abnutzt? Schokokuss, Blacky. Beinahe putzig, mit welchen Namen Samuel L. Jackson alias Major Marquis Warren belegt wird.
Immerhin ist die Anwesenheit eines schwarzen Kopfgeld-Jägers und ehemaligen Kriegshelden eine von zwei Dauer-Provokationen für einen Teil des Ensembles. Die andere ist Jennifer Jason Leigh. Als Daisy Domergue blickt Leigh dem Galgen entgegen, wird fortwährend als Samtsack benutzt und genießt eigentlich nur den Luxus der stillen Überlegenheit. Hey, denn Daisy Domergue hat nicht vor, so einfach dem Henker ausgehändigt zu werden. Trotzdem ist Daisy meilenweit entfernt von den Powerfrauen, denen Quentin Tarantino zuvor mit ausgefahrener schlaffer Zunge huldigte.
Daisy schwingt kein Schwert, darf nicht einhändig ein Sechser-Gespann lenken und erst recht tritt sie keine Ärsche. Wo Samuel L. Jackson wenigstens einen der facettenreichsten Charaktere und Schusswaffen zugesprochen bekommt, verbleibt Jennifer Jason Leigh ein bisschen zu sehr in der Rolle der hinterfotzigen Bitch from Hell. Das Weib, das am Ende eigentlich nur endlich jeder baumeln sehen möchte.
Es könnte schon bedenklich erscheinen, welche Funktionen Quentin Tarantino seinen Frauen-Figuren hat zukommen lassen. Die einen sind entweder Sklaven oder sie sind kurz wahrzunehmen als Mitglied einer hässlichen Meute. Auch Daisy erhält Hilfe von jemandem im Geschäft. Und wo die Auflösung dieser Kriminellen-Charade im Grunde umso weniger überraschend gelungen ist, so krasser ist doch die Schilderung der Bösewichte. Kaltblütige Arschgeigen, die dich anlächeln und mit dir scherzen, bevor sie dir einfach den Leib durchlöchern.
Aber auch abseits seines Frauenbilds verheddert sich Tarantino dieses Mal. Denn "The Hateful 8" spielt zwar wieder mit Rassenhass und der Ungleichheit in unserer Welt. Im Gegensatz zu "Django Unchained" beantwortet er diese Problematik jedoch nicht mit einer überspitzten Comic-Fantasie samt moralischem Kern. Am Ende vereint Tarantino den schwarzen und den weißen Mann, die sich anfangs nicht rochen konnten. Dafür sind auch alle Spielfiguren in dieser kleinen Blase vom Brett gefegt. Und Minnies Miederwarenladen bleibt, was es ist. Ein Querschnitt von Problemen. Beileibe keine Lösungs-Anleitung.
Wäre schon ideal für ein Schluss-Wort. Aber diesen Punkt haben wir noch nicht ganz erreicht. Dafür möchte ich am liebsten noch so viel loben. Und klarstellen, dass "The Hateful 8" sich mir dennoch nicht bei exorbitanter Laufzeit lang gezogen und verzettelt erscheint.
Dies ist vor allem immer noch ein Tarantino-Happening. Ein Film auf Zelluloid gedreht, im guten alten Theater-Breitband-Format präsentiert, der aus der derzeitigen Kino-Landschaft hervorsticht wie Unkraut im schönsten Garten. Da ist ein gehöriges Maß an Aufgeblähtheit dabei, was Tarantinos Selbstbewusstsein angeht. Für uns ist es ein einziges Freudenfest.
An den Sitz gefesselt zu werden. Nicht nur durch ultralange, schier endlose Kamera-Fahrten, das können auch andere wie Gaspar Noé. Wir dürfen uns an einer Vielzahl von Details erfreuen. Besagte Anspielungen, die Klarheit der Sprache oder die Verve, mit der Kurt Russell, Michael Madsen (der sich immer für Tarantino aus dem Limbus von unwürdiger Video-Ware erhebt), Demián Bichir oder auch Bruce Dern ihre Rollen lebendig werden lassen. Wir sind gepackt, wenn Tarantino die Rede Jacksons von seinem schwarzen Sohn und den Sohn des Generals mit dem Klavier-Spiel unterbricht. Oder es lässt die Nackenhaare in freudiger Ekstase aufrecht stehen, wenn Tim Roth (über zwanzig Jahre nach "Reservoir Dogs" und "Pulp Fiction" das Tarantino-Comeback dieses Films!) in seinem Moment der Präparation mit einem Grinsen kurz zum Publikum blickt.
Dies sind Augenblicke, die nicht nur einen Tarantino aufregend und ein wenig anders machen. Sie vermitteln uns, was dieses Medium Film so magisch wie einzigartig macht. Selbst wenn "The Hateful 8" im Großen und Ganzen eher einen Ausblick auf Tarantinos selbsterklärtes nächstes Ziel, das Theater, gibt. Nicht umsonst fühlt sich dieser Film wie ein überlanges Ensemble-Stück an.
Es ist kein schwacher Film, es ist kein schlechter. Kein unheilvoll überfrachteter. Mehr einer, der als eine Mini-Retrospektive nochmals daran erinnert, was Quentin Tarantino zu Tarantino macht. Wäre es sein letzter Film geworden, wären wir vielleicht etwas versöhnlicher im Umgang. So bleibt "The Hateful 8" ein schön deftiges Potpourri. Ein Werk, nach dem wir uns umso mehr fragen, was der Maestro sich wohl als Nächstes ausdenken wird. Wie wäre es denn mit einer Space Opera? Einem blutigen Historien-Schinken oder, oder ...
Rache ist doch immer wieder das schönste Leitmotiv. Sie wird am besten kalt serviert, kann sich auf einen einzigen Schwerthieb oder nur eine Patrone zwischen die Augen beschränken. Sie kann per Knopfdruck Lebenswerke und Dynastien hinwegfegen. Und sie kann Motherfuckern, die übers eigene Verfallsdatum gelebt haben, einen deftigen Stinkefinger mit auf den Weg geben.
Den eigenen Schmerz dutzendfach, nein, hundertfach zurückzahlen. Deinem Peiniger ins Gesicht sehen, während ihm klar wird, dass dieses Feuer nur ein Vorgeschmack auf die Hölle ist. Auch "Dead Man Down" beginnt als vergleichsweise herbes Beispiel eines düsteren Revenge-Streifens. Hart und von jeglichem Humoranflug bereinigt ist der Ton. Kaltblütig und ruchlos sind die Handlanger um Oberboss Alphonse (Terrence "Empire" Howard), die dessen Herrschafts-Anspruch gewaltsam unterstreichen.
Nur Colin Farrell spielt als verlässlicher Knappe Victor ein perfides doppeltes Spiel. Äußerlich Knecht, im Innern angetrieben vom denkbar unermesslichsten Verlust. Wie schwer muss es einem Mann wie Victor fallen, sich zu verstellen. Seine Rache derart geflissentlich zu planen und den passenden Moment abzuwarten, um den Drecksack Alphonse endlich in die ewigen Jagdgründe sprichwörtlich wegzupusten.
Aber immer schön der Reihe nach. "Dead Man Down" ist ein Rache-Thriller, bei dem abgewartet und an der Spannungs-Schraube gedreht wird. Größtenteils jedenfalls. Wie Farrell da seinen Chef Howard heimlich ins Geschäft pfuscht, ihm per Puzzle-Teilen langsam die unsichtbare Schlinge um seinen Hals verdeutlicht. Das passt. Weil Colin Farrell wie geschaffen ist für diese Mischung aus eiskalter Überzeugtheit. Er kann diesen Willen zu Töten wunderbar subtil verdeutlichen. Farrell ist einfach dieser Typ, dem alles genommen wurde. Der nur noch eines zu geben hat, weil auch er sich schon längst von seinem Leben verabschiedet hat. So wie Terrence Howard scheinbar mühelos den miesen, schmierigen Hurensohn auf dem Eisenthron hinkriegt. Ein Arschloch, dessen Tage schon gezählt sind. Wir wollen nur endlich wissen, wie und wann.
Und selbst als Noomi Rapace als vernarbte Nachbarin von Farrell ins Spiel kommt, bleibt "Dead Man Down" ein schön düsteres Rache-Spiel. Plötzlich muss Victor, unser Engel des Todes, umdenken. Ist die zurückhaltende Dame ja nicht nur einer zaghaften Annäherung, sondern an Erpressung interessiert. Töte, damit ich dich nicht verrate. Könnte etwas zu viel werden, aber "Dead Man Down" kriegt erst mal die Kurve.
Der Film bleibt so lange spannend und interessant, wie wir uns halbwegs in dieses Konstrukt aus Maulwurfs-Infiltration, Sabotage, Racheakt und Erpressung hinein-versetzen können. Was wunderbar funktioniert, wenn wir Stück für Stück von Victors Motivation erfahren. Mitansehen, wie dieser Kerl ein Spiel vorantreibt, an deren Ende ein wirklich passendes Finale stehen soll.
Doch dann kippt alles. Weil Pläne natürlich nie so funktionieren, wie sie sollten. Und weil sich zwischen Farrells und Rapaces Figuren etwas mehr anbahnt. Verzeihlich, aber damit ist jedes Kalkül hinfällig. Zum Schluss tauscht "Dead Man Down" alle Stimmung und Vorbereitung ein für etwas Radau. Aus dem Strippenzieher Victor muss ganz schnell ein Actionheld werden, der das Mädchen rettet, sich allein gegen eine Übermacht ins Feuergefecht stürzt und nebenbei endlich seinen Rachedurst stillen kann.
Leider fühlt sich diese Wendung nur bedingt überzeugend und passend für einen Film an, der bis dahin sehr sparsam mit Tempo, überdrehter Choreografie und Ballerei umgeht. Viel eher wirkt das Finale von "Dead Man Down", als wären hastig ein paar Drehbuchseiten aus einem völlig anderen Script angeheftet worden. Damit die Sache noch etwas an Schwung bekommt und vielleicht Leute anzieht, die vorher kaum Interessen an den Figuren und ihren Hintergründen hatten.
Was per se "Dead Man Down" nicht vollkommen entgleiten lässt. Aber zumindest für mich verliert der Film durch diesen Schluss spürbar an Zugkraft. Eine Kraft, die vorher durch dieses herrliche Spiel zwischen Todes-Sehnsucht und Rache-Plänen gekennzeichnet war. Ab dem ersten Schuss im Showdown wird "Dead Man Down" dann eher zu einem guten kleinen Action-Ritt. Davor jedoch war er ein schön trister Rache-Trip, der auch mit absehbarem Ende verführerisch düster erstrahlte.
Captain Richard Phillips, verlässlicher Seemann und Familienmensch. Dann plötzlich Mittelpunkt einer dramatischen Geiselnahme auf dem Indischen Ozean. Vier Tage in der Gewalt somalischer Piraten. Die brutale Anspannung, die qualvolle Ungewissheit und nackte Angst, jederzeit von Kugeln durchlöchert zu werden – das alles können wir und wollen wir uns nicht mal im Ansatz vorstellen.
Aber "Captain Phillips" lässt es uns erleben. So hautnah, wie es filmisch betrachtet, eben nur geht. Und dank drei wichtiger Pfeiler bleibt einem diese Aufbereitung nachhaltig in Erinnerung.
Zuerst wegen der Besetzung von Tom Hanks als Titelhelden. Sympathisch legt er diesen Captain an. Als einfachen Working Class Hero, der auf hoher See um den Zusammenhalt seiner Crew bemüht ist. Einer, der sich auch ganz selbstverständlich schützend vor seine Mannschaft stellt und sich lieber selbst als Faustpfand anbietet. Dass Hanks diese Rolle und diesen Spagat – zwischen Normalo und Streitobjekt im Mexican Standoff zwischen der Ersten und der Dritten Welt – gut meistern würde, war abzusehen. Dass er einen mit seiner Leistung derart durchrütteln würde, überrascht trotzdem.
Hanks Darstellung passt jedoch hervorragend zu Handhabung von Regisseur Paul Greengrass. Ruhig, besonnen und selbst im größten Sturm nach dem letzten Fitzelchen Vernunft greifend. So wie Phillips im Film, versteht es auch Greengrass, ein mal qualvolles, mal erdrückendes Maß Nähe durch objektive Distanz zu erzeugen. Was nichts anderes bedeuten soll, dass Greengrass zu jenen gesegneten Regie-Assen gehört, denen konsequent tolle Beobachtungen und Schilderungen gelingen, ohne sich in der Hast oder störenden politischen Untertönen zu verzetteln.
Schon bei "Flug 93" gelang ihm das sprichwörtlich Unmögliche: einen dichten wie verstörenden Film über jene Ereignisse an Bord der United-Airlines-Maschine zu realisieren. Das Spekulative greifbar und lebensnah erscheinen zu lassen. Und den Vorwürfen der Tragödien-Ausbeutung oder Instrumentalisierung am Ende standhalten zu können. So wie "Flug 93" ist auch "Captain Phillips" kein propagandistisches Heldenlied auf unverwüstliche Amerikaner, die grinsend einem Gewehrlauf trotzen. Noch verkommt der Film in keinem Moment zu einem Werbeclip für die High-Tech-Errungenschaften einer, bis an die Zähne bewaffneten, US-Marine.
Für derartige Mätzchen ist Paul Greengrass zu klug. Er bleibt lieber an allen Beteiligten kleben und lässt uns Zuschauer spüren, wie sich die Ereignisse mit jeder vergangenen Stunde umso dramatischer wie auswegloser entwickeln. Und dass sich diese Geiselnahme nicht auf eine denkbar simple Gleichung mit Faktoren wie unbescholtene Seefahrer und brutale Freibeuter aus der unterentwickelten Ecke der Welt, reduzieren lässt.
Wenngleich "Captain Phillips" auch keine anklagende Sozial-Kritik übt, so fährt der Film bei der Darstellung der somalischen Piraten einen weiteren und vielleicht sogar den wichtigsten Trumpf auf. So werden uns Abduwali Muse und seine Mitstreiter nicht einseitig als Hasardeure und Geisel-Gangster präsentiert. Greengrass widmet sich zumindest in einem kleinen, gut nachvollziehbaren Fenster, den weniger selbst-süchtigen Motiven dieser verhärmten Freibeuter.
Plötzlich geht es nicht um adrenalinsüchtige junge Verbrecher, die in Motor-Booten auf Kaperfahrt gehen. Es sind Fischer und Menschen wie du und ich, am anderen Ende dieser unserer Welt, die mit Waffengewalt um ihr Leben fürchten. Wo die Fischerei fast ausgestorben ist, muss eben nach anderem Wild gejagt werden. Gut, "Captain Phillips" kann diese Problematik nur anschneiden und wird sich auch nicht lösen können. Aber immerhin bleibt der Film auch bei der Betrachtung dieser Aspekte seinem Credo treu. Und liefert uns keine rücksichtslosen Feindbilder, sondern schon bemitleidenswerte Typen, die aus der Not, und mit der Aussicht auf den eigenen Tod in der Heimat, in aller Verzweiflung bis zum Äußersten gehen.
So wird das von Ober-Geiselnehmer Muse beschworene Amerika, von einer Träumerei zum sprichwörtlichen Sinnbild einer Sehnsucht, die unerfüllbar bleiben wird. Und die er dennoch nicht aufgeben wird, weil er schon weniger als nichts zu verlieren hat.
Und wenn "Captain Phillips" diese reale Problematik schon nicht lösen kann, dann kann er sie uns ungeschönt um die Ohren hauen. Oder uns mit der Besetzung von Barkhad Abdi ins Gesicht schubsen. Abdi, der selber mal auf der Straße vertickt hat und zufällig für den Film entdeckt wurde, erweist sich als letzter Pfeiler dieses Geisel-Dramas. Er sieht so aus wie jemand, der den Schmutz seine Wiege und das Elend seine Bettdecke nennen darf. Vor allem gelingt es diesem unbeschriebenen Blatt, an manchen Stellen mit Tom Hanks auf Augenhöhe zu spielen.
"Captain Phillips" erhebt keinen Anspruch darauf, ein Geiseldrama mit all seinen verschiedenen Facetten zu schildern. Und doch gelingt Paul Greengrass mehr als nur das Einfangen einer beklemmenden Enge und das Suggerieren konstanter Todesangst. Und trotz nüchterner Perspektive gibt es Momente wahrer Gänsehaut. Augenblicke wie jener, in denen Phillips kurz vor dem finalen Schusswechsel auf einem Stück Papier seinen Abschiedsbrief zu kritzeln beginnt. Nur kurz ist das, aber ohne Kommentar dennoch umso bewegender. Selbst ein komischer Nachgeschmack bleibt, denn "Captain Phillips" zeigt keine versöhnliche Wiedervereinigung mit den Liebsten. Keine Siegesfeier oder Schulterklopfen. Am Ende dieses sehr ungleichen Duells hat ein Mann sein Leben wieder, während andere es verloren haben. Und einer, der von Amerika geträumt hat, tauscht die eine Misere gegen den Kerker. Was für ein Film.
"John Carter: Das Millionengrab". Das wäre der wohl passendere Titel für dieses Spektakel gewesen, nach dessen Bauchlandung sich Disney einige Hundert Millionen Dollar Verlust abschreiben durfte.
Dabei ist "John Carter - Zwischen Zwei Welten" bei Weitem nicht so schlecht. Liefert die Geschichte doch eine äußerst Aufbereitung des, spätestens seit "Flash Gordon" bekannten Typus des Erdlings in einer fremden Welt ab, der in jene zum Helden und Befreier aufsteigt.
So ergeht es jedenfalls John Carter, der sich gerade von in der staubigen Wüste Arizonas befindet und im nächsten Moment den wahren Mars kennenlernt. Also so, als hätte Bastian nicht in "Die Unendliche Geschichte", sondern in Frank Herberts "Dune" gesaugt. Oder so ähnlich.
"John Carter" erzählt eine halbwegs monumentale Story von Menschen- und fremdartigen Alien-Völkern, von Städten auf Beinen und Luft-Schiff-Kriegen. Von verfeindeten Stämmen und Bewohnern, die von Strippenziehern in den Untergang manövriert werden. Natürlich bekommt Erden-Bürger Carter auf dem Roten Planeten die Kraft und die Courage verliehen, dieses Unheil abzuwenden und den Bewohnern Hoffnung für die eigene und gemeinsame Stärke zu verleihen.
So weit, so bekannt. Natürlich wäre mehr ohne Disney-Geld nur schwer denkbar gewesen. Wobei die Edgar-Rice-Burroughs-Adaption gar nicht mal so schlecht wegkommt. Der Aufwand ist schon gewaltig. Allein die Gegenüberstellung realer Darsteller wie Taylor Kitsch oder Lynn Collins mit digitalen Parteien wirkt bei Betrachtung von 420p oder 720p-Auflösung eher bescheiden geglückt und sehr artifiziell. Auch bei der Gestaltung und dem Story-Verlauf weckt der Film zwangsläufig nicht nur wohlige Vergleiche mit "Star Wars" und Co. "John Carter" hat öfters etwas von einem "Stargate"-Aufguss, für den ein bisschen mehr Geld geflossen ist.
Die bösen Alien-Kräfte, die zwischen den Welten springen. Das Bündnis verfeindeter Stämme und selbst die Hieroglyphen, die große Veränderungen vorhersagen. Als hätte Roland Emmerich nochmals seine Däniken-Vorstellungen reanimiert und mit dem Prunk von "Cleopatra" gekreuzt.
Aber maulen wir nicht. Anspruchsvoll sind diese Geschichten eh nie so richtig. Dafür ist "John Carter" recht ordentlich, doch auch sehr lang gezogen, erzählt. Die Details der Story sind okay und stimmig eingefangen, am Ende zählen ja eh die Schauwerte. Von denen einige sogar richtig gut geworden sind. Und so nah wie hier kommen wir wahrscheinlich nie mehr an eine gewaltige Leinwand-Aufbereitung einer "Heavy Metal"-Comic-Fantasy. Selbst wenn die blutiger, sehr sexy und wilder ausfallen.
"John Carter" enttäuscht wenn schon, dann nur so richtig, weil er Außen hui und innen verdammt ausbaufähig ausgefallen ist. Flach ist dieses Abenteuer, aber auch sehr kurzweilig. Es hätte natürlich etwas mehr Raffinesse, mehr eigenständigen Witz oder Mut zur ernsteren Unterhaltung gebraucht, damit dieser Stoff in Serie geht. Aber es ist nun mal so, wie es gekommen ist. "John Carter" lohnt ein Ansehen, vielleicht auch ein zweites. Und dann sind auch schon wieder zwei Stunden um.
Ich sag's mal so: Nicht das Beste, nicht das Schlechteste auf der Welt. Und eigentlich sogar besser als gedacht. Relativ betrachtet ist "Wir Sind Die Millers" nur eine spröde Ansammlung von Fick-Dich- und Schwanz-Sprüchen. Äußerungen halt, mit denen vor allem die Auflagen und Standards der amerikanischen Behörden mächtig gedehnt und provoziert werden.
Und sowieso bekomme ich immer öfters den Eindruck, solche Komödien liebt das Publikum, weil dort schön geflucht wird und der beschauliche Geist von Familien-Unterhaltung und Policital Correctness einen rektalen Reality-Check erhält.
Nichts gegen einzuwenden. Wir alle rufen doch gerne FUCK oder SCHEIßE. Zur Hölle also mit dem verfickten "Scheibenkleister oder "Oh je" ;-)
Den Radau, der bei diesen Produktionen gerne beschworen wird, liefern diese Filme aber dann doch zu selten. Oder sie lassen den flotten Sprüchen halt viel heiße Luft folgen. Bei "Wir Sind Die Millers" besteht besagter heißer Dampf aus der Vorstellung, ein Drogen-Dealer/Loser lässt mit seiner Stripper-Nachbarin und zwei Problem-Kids einfach mal so die konservative Wunschvorstellung der Vorzeige-Familie lebendig werden. Ist ja nur für eine Überführung von viel, sehr viel Gras über die mexikanische Grenze. Am Ende wird daraus natürlich nicht "Natural Born Spliffers" oder "Druggy And Clyde". Die Millers zeigt, wie unsere Anti-Helden dem Gesetz zum Sieg verhelfen und dafür belohnt werden.
Anarcho geht zwar anders, aber bis dahin bietet der Film einige Augenblicke, bei denen ich zumindest mal wieder laut lachen darf. Bis sogar ich kurz wieder nach Luft ringen muss. Nehmen wir das gewaltsame Ableben des Gras-Babys. Vorhersehbar, flach, aber auch genau richtig vom Timing her.
Ich würde gar meinen, obwohl Jason Sudeikis nicht der witzigste Comedy-Shooting-Star ist und vieles hier sehr Schablonenhaft abläuft, ist "Wir Sind Die Millers" ganz witzig. Nicht auf ganzer Linie, aber doch bis zum Schluss hin und wieder. Trotzdem gibt es lustigere Kandidaten auf dem Gebiet der "geist- bis anspruchslosen" Komödie, bei der unbeirrt wild abgefeiert werden darf.
Wow. Alice Cooper, Sylvester Stallone, Michael Douglas, Mick Fleetwood, Anne Murray, einige der bekanntesten Chef-Köche der Welt, Ihre Heiligkeit — der Dalai Lama und noch viele weitere Berühmtheiten in einem Film. Nicht eine weitere verschwendete Komödie übers Showbiz. Nein, sie alle erweisen in "Supermensch: The Legend Of Shep Gordon" ihrem Kumpel, Blutsbruder und Manager(-Freund) die Ehre.
Mike Myers sollte wirklich ein zweites Standbein als Doku- und Biopic-Regiesseur in Erwägung ziehen. So gut und eigentlich viel zu kurz ist "Supermensch" geworden. Das durch und duch amüsante Porträt von Shep Gordon, der vor allem Alice Cooper zum absoluten Superstar machte, obwohl er selbst privat mehr Soul bevorzugt. Was kein ein Typ nur für ein Leben und eine Karriere sein Eigen nennen, wenn er einst in Los Angeles aufschlug, wo er im Motel Janis Joplin, Jim Morrison und Jimi Hendrix Gras anbot, bevor er Cooper und seine Band langsam, aber sicher, zum Albtraum aller Eltern und Moralhüter machte?
Die Antwort: Ein ganz schön bewegtes und durchgeknalltes Leben eben. So krass, dass Myers neben Archiv-Schnipsel und Interviews sogar Spielszenen inszeniert, um die irre Logik mancher Begebenheit zu verdeutlichen. Oder er legt die Aussagen gleich frech auf andere Aufnahme bekannter Gesichter, die leider nicht mehr zu Wort kommen können.
Es klingt vielleicht etwas böse, aber eine Sitzung allein mit Shep Gordon — der übrigens so witzig, ehrlich und charismatisch, wie sonst kaum eine besungene Manager-Legende rüberkommt, hätte "Supermensch" wohl nur halb so überzeugend gemacht. Wie gesagt, Gordon ist ein Super-Kerl, von dem ich schon vor dem Abspann gerne persönlich lernen würde. Aber die Aussagen, die detailreichen Spiel-Szenen und lustigen Kommentare der Beteiligten macht aus dieser Doku erst eines der vergnüglichsten und aufrichtigsten Denkmäler.
Und wie Myers es erst schafft, in seiner lockeren und beneidenswerten Handhabung selbst Tiefschläge und Tragödien ohne Mühe in den Erzählfluss einzubauen. Wow. Nachdenklich und betroffen machen, ohne für Minuten jetzt erst mal Zeit für Schnaupen zu lassen. "Supermensch" besitzt vor allem den Charakter eines coolen Gesprächs, eines Monologs, bei dem der Zuschauer unbezahlbare Anekdoten des Rock- und Superstar-Lebens, der Geschäftswelt hinterm Glitzern und dem Auf und Ab des Wegs eines viel beschäftigen wie großherzigen Mannes, abgreifen kann.
Das oft zitierte Kriterium, dass eine Doku einem keine echte Bindung zum Subjekt aufbauen lässt, setzt "Supermensch" einfach mal so außer Kraft. Wer hier meint, er würde irgendwie nichts mitnehmen oder keine eigenen Schlüsse aus dem Gesagten ziehen, der redet entweder nicht mit, noch lauscht er vor allem nicht allzu den Leuten um sich herum.
Also, ruhig mal Ausschau halten nach Leuten wie Shep Gordon. Es wird zwar keinen zweiten wie ihn geben (wie auch?), aber das Leben der anderen lohnt sich und hält die ein oder andere wichtige Lektion bereit.
Es gibt leider viel zu viele traurige Tatsachen, vor denen wir unseren Verstand und
das Bewusstsein abzuschotten versuchen. Die Welt ist ja schon kalt und trostlos genug. Warum also darf ich nicht ein bisschen Träumen und mich in freudigere Gedankenwelten zurückziehen? An einen Ort, wo nüchterne Fakten und profunde Beweisführung mal weniger greifen oder weniger ernst genommen werden?
So ein erdachtes Paradies führt mich in diesem Fall zu "Non-Stop". Denn hier darf ich bei einer Flugzeugentführung in zehntausend Meter Höhe mitfiebern und bin doch schon von Anfang beruhigt. Immerhin ist es Liam Nesson, der als geplagter und seelisch zermürbter Air Marshal Mill Marks die Dinge wieder ins Lot bringen wird. Versprochen.
"Non-Stop" ist aber auch mal wieder einer dieser Filme, bei denen ich das Rauschen von dort draußen ausblenden kann. Nix da von: "Hitchcock ist nicht mehr! Niemals wird ihm einer nur annähernd das Wasser reichen!" Unerreicht wird Sir Alfred selbst-redend noch auf absehbare Zeit bleiben. Jedoch kommt hin und wieder jemand daher und zeigt uns etwas, dass wohl auch Hitchcock zum Schmunzeln bringen würde.
Etwa die Aussicht auf einen Film, der sich beinahe ausschließlich in der Enge einer Passagiermaschine abspielt. Wo unser angeschlagener Held herauszufinden versucht, hinter welcher Sitznummer sich der mysteriöse Schurke versteckt, der droht, erst die Insassen zu töten, dann auch noch die Maschine abstürzen lassen will.
Wenn es Alfred Hitchcock bei diesem Pitch nicht in den Fingern gekribbelt hätte, dann weiß ich auch nicht. "Non-Stop" stammt natürlich nicht von Hitchcock, sondern von Jaume Collet-Serra. Was sogar am positivsten überrascht. Waren "House Of Wax" und seine erste Nesson-Kollaboration "Unknown Identity" schön anzusehen, aber inhaltlich nicht immer allererste Sahne. Wie schon gesagt, das Rauschen. Ich stell es ab.
Damit gelingt es mir auch, den ersten Akt von "Non-Stop" zu bewundern. Dieses hübsche Schlenkern zwischen den unterschiedlichen Figuren, denen Nesson alias Marks beim Einchecken und vorm Abheben begegnet. Ja, überhaupt wird die Enge und die zunehmend mulmige Situation, als Air Marshal Dutzenden von Verdächtigen in die Augen zu starren, ziemlich gut genutzt. Immer wieder sind es diese Blicke, die hier eine Rolle spielen. Ob von der Stewardess, die Michelle "Lady Mary" (Downton Abbey) Dockery spielt oder Corey "House Of Cards/The Strain" Stoll. Irgendwas geht immer ab, sogar schon vor der ersten Drohung.
Und wenn es einem Film gelingt, seinen Helden inmitten voll besetzter Sitzreihen als einsamsten Menschen der Welt zu präsentieren, dann ist wirklich ein superbes Maß an Suspense. Selbst Julianne Moore als Sitznachbarin und Quell der Freundlichkeit muss da früher oder später ins Visier genommen werden.
Aber selbstredend nicht zu lange. Bei "Non-Stop" sind diese Paranoia-Anflüge etwas begrenzter, immerhin läuft irgendwie ein Countdown und ganz alleine kann ein Air Marshal wohl kaum sowohl die Lokalität absichern, die Meute beruhigen und gegebenenfalls die Spielchen des bösen Buben unterbinden.
Ich hab zu Beginn etwas von Gedanken-Paradiesen geschrieben. Diesen Gedanken will ich mal auf "Non-Stop" anwenden. Wir haben es hier mit einer Art Feel-Good-Thrill-Ride zu tun. Die Ausgangslage ist bedrohlich, der Held steht mit dem Rücken zur Wand, am Ende gerät das Flugzeug außer Kontrolle ... und doch wird alles gut.
Es ist nicht der erste Film seiner Art, der mit unseren Ängsten des Ausgeliefertseins und der Machtlosigkeit in dieser Lage spielt. Es ist nicht der erste Film, bei dem alles Shit! steht und dann irgendwann die glückliche Wendung kommt. Trotzdem hält "Non-Stop" die Sache gut am Laufen und Jaume Collet-Serra bringt neben zwei gestandenen Hollywood-Veteranen sogar Nachwuchs wie Dockery, Oscar-Gewinnerin Lupita Nyong'o gekonnt ins Geschehen einbindet. Ob nun das mysteriöse und sehr hinterfotzige leise Töten von Passagieren und Crew bis zum Steilflug am Ende. Alles wurde reingenommen und es funktioniert, trotz gut sichtbarer Logik-Löcher und diesen verdammten Story-Punkten, über die du nach dem Anschauen immer wieder stolperst.
Wenn du bei "Non-Stop" einfach mal dran bleibst und genießt, ist eine der besseren Flugzeug-Beinahe-Katastrophen. Zeit, groß nachzudenken oder zu analysieren bleibt, trotz des scheinbar gemäßigten Tempos zu Anfang, ja sowieso nicht. Und wenn es abgeht, dann ist "Non-Stop" wie Wes Cravens "Red Eye", wenn der in der Luft geblieben wäre. Eine Ausnahme-Situation, ein Ausnahme-Held, Kaboom und Kugelhagel. Warum soll ich mich da fragen, wie die Leute an Bord angesichts der Ereignisse so ruhig bleiben können?
Ich will einfach in Ruhe alles störende aussperren und mich mal begeistern lassen. Und wenn ich meine, "Non-Stop" sei ein richtig gut funktionierender Thriller, dann hat er seinen Dienst schon mehr als zufriedenstellend geleistet. Außerdem hätte Sir Alfred seinerzeit auch einen derart glücklichen Ausgang inszeniert. Es geht ja nichts über das glückliche Aufatmen des Publikums. Ich gehöre ja auch gern dazu.
GOOGLE - THE MOVIE. Okay, ich hab's verstanden. Die Jungs und Mädels hinter dem Suchmaschinen-Giganten haben den besten Job der Welt. Und ihr Arbeitsplatz ist der geilste Abenteuer-Spielplatz im uns bekannten Universum.
Aber wofür braucht es Amerikas Antwort auf die Supernasen — Owen Wilson und Vince Vaughn — die hier quasi die Fortsetzung von "Die Hochzeitscrasher " drehen. Nur um so vieles unwitziger.
"Google.co ... Ne, "Prakti.com" nervt mit dieser eintönigen "Nerds-treffen-auf-alte-Dummies-Schiene". Alles schon so oft gesehen und wie zwei völlig technik-resistente Deppen plötzlich Kids was über die Freuden am wahren Leben beibringen. C'mon!
Vielleicht nervt mich an diesem Werk nur die altbackene Routine, mit der Vaughn und Wilson sich in die Unterklassen-Liga eines Adam Sandlers begeben (Die selbe Masche, immer der gleiche Film). Die Sprüche, das Märchen vom armen Schweißer-Mädchen. Typen, die keine Ahnung von den "X-Men" haben, aber die "Hunger Games" kennen?
Prakti.whatever wirkt relativ spröde zurechtgeschustert, transportiert lustlos eine Message von "es ist nie zu spät, um dazu zu lernen" oder "Google ist die strahlende Zukunft der Arbeitsbeschäftigung". Und weil die beiden Stars die selben Rollen so schon woanders gespielt haben, kann dieses Suchergebnis getrost ungelesen weggeklickt werden.
Großer Gott. Clint Eastwood, was tust uns nur an? Der Mann, der früher Bösewichte mit gezückter Knarre einfach weggepustete, hat im hohen Alter doch so gute Werke vorgelegt. In "Flags Of Our Fathers", "Letters From Iwo-Jima" oder "Gran Torino" werden weder Gewalt noch Konfrontation als alleiniger Ausweg verherrlicht.
Der betagte Eastwood zeigte sich viel mehr als Regie-Genie, das mit dem eigenen zweifelhaften Andenken spielte, um uns zu verdeutlichen, wie abgestanden stereotype Feindbilder und Vorurteile heutzutage sind. Eastwood drehte eher kluge Abhandlungen über fatale Vaterlands-Treue oder Propaganda. Wir haben das zurecht bewundert oder zumindest positiv bemerkt.
Aber nun die Kehrtwende. "American Sniper", der Superhelden-Streifen ohne Superheld. Das Freudenfest aller reaktionären Irrlichter. Was bitte soll das? Und warum zum Teufel wird so ein Stoff zum Blockbuster und Oscar-Anwärter?
Mal kurz innegehalten, Fakten betrachten und durch den Kopf gehen lassen ...
Ich werde trotzdem nicht schlau daraus.
"American Sniper" ist die filmische Aufbereitung der Bestseller-Biografie von Chris Kyle. Der erfolgreichste Sniper der amerikanischen Militär-Geschichte hat in seinem Dienst die meisten tödlichsten Treffer erzielt. Klar, dass sich so etwas verkaufen lässt. Kyle ist aber nicht nur ein Denkmal vorgelebter Tötungs-Effizienz, er wurde auch daheim in den Staaten Opfer eines gestörten Veteranen.
Eastwoods stilisierte Leinwand-Würdigung lässt Bradley Cooper in die Rolle des Chris Kyle schlüpfen. "American Sniper" ist dabei eher eine Semi-Biografie und wird mehr zu einem Kriegsfilm für alle, die gerne Siege feiern.
Sehr kurz und flach ist der Abriss, der Kyle als Kind zeigt. Ein Knirps, der gut schießen kann und vom Vater für die fette Jagd-Beute belobigt wird. Es ist auch die platte und erschreckend einfache Moral-Vorstellung, die sich wie ein schwarzes Leichentuch über den gesamten Film legt.
DIe Menschen teilen sich also auf in die schwachen Schafe, die sich nicht verteidigen können und Friede, Freude und Eierkuchen predigen. Gefolgt von den bösen Wölfen und den Hirtenhunden. Papa predigt seinem Chris vor, ein guter Hirtenhund zu tun. Zuzubeißen, aber nur dann, wenn ein anderes Leben in Gefahr ist.
Fragt sich nur, wer eigentlich Teil der schutzbedürftigen Herde ist. Vermutlich alle, die "unserer Meinung" sind und stolz den Fahneneid schwören.
Bradley Cooper gibt dann den erwachsenen Kyle. Ein glückloser und mittelmäßiger Cowboy ohne echte Perspektive. Chris denkt um. Natürlich, als er in der Glotze von den Bomben-Attentaten auf amerikanische Botschaften hört. Dies führt direkt zur Militär-Ausbildung, natürlich als waschechter Navy SEAL. Wie gut, dass Chris doch so gerne auf die Jagd ging.
Fast Forward. Nachdem Chris nebenbei seine große Liebe Taya Ranae (Sienna Miller) kennenlernt, ist auch schon der 11. September 2001. Und – Abrakadabra! – Chris Kyle liegt im ersten Irak-Einsatz auf der Lauer und zielt auf einen Jungen mit Sprengkopf.
Fettes Ausrufezeichen. Und nicht das letzte seiner Art bei diesem Film, der aller Wahrscheinlichkeit nach der dümmste oder klügste Kriegsfilm der letzten Dekade sein muss. "American Sniper" macht es einem auf jeden Fall sehr leicht, sich definitiv schlauer als das Gebotene zu fühlen.
Clint Eastwood nimmt sich der größten Helden-Legende der jüngsten amerikanischen Geschichte an und hat scheinbar keine Lust auf Selbst-Reflektion und allzu komplexe moralische Frage-Stellungen. Der Mann, der sich auch schon mal mit leeren Stühlen anlegt, inszeniert diesen Film wie der knarzige Schimpfe-Opa, der mit gezückter Knarre auf den Boden spuckt und alles Fremde von seinem Rasen fernhalten will.
Wie sonst soll ich mir diese irritierende und fragwürdige Darstellung des Irak-Krieges erklären? Bradley Cooper gibt einen stoischen Scharfschützen und Krieger, der im Grunde nur zwei Sorten von "Einwohnern" begegnet: Kollaborateure/Fieslinge und Schwächlinge. Ich bin jetzt auch mal voreingenommen, aber so sehe ich das. Es gibt die ultrabrutalen und verachtenswerten Bösen, die schon mal Kindern den Schädel aufbohren. Mies, diese Säcke. Und es gibt solche, die wie Zivilisten auftreten und entweder vor Angst schweigen oder fieserweise Waffen horten und Schlimmeres planen.
Kein Wunder, dass "American Sniper" vorrangig davon erzählt, wie amerikanische Truppen im Hexenkessel Irak von Freiheits-Boten zum Freiwild werden. Und Chris Kyle ist das wachsame Auge, der goldene Fingerabzug Gottes, der diesen Unrat erledigt und seinen Leuten den Arsch rettet. Go for it, Cowoby!!!
Ja, "American Sniper" ist ein bedenklicher Film. Aber es wäre allzu leicht, ihn als rein rassistisch oder ideologisch aufgepumpt zusammenzufalten. Denn das wäre a) ein Armutszeugnis Hollywoods und b) nicht das Ehrenmal, das an die tief verbundene Liebe zur dienenden Truppe und echten Legenden appellieren will.
Dennoch spielt vor allem Bradley Cooper einen wenig sympathischen Menschen, der ziellos durchs Leben steuert und als Soldat im Töten seine Berufung findet. Kyle zeigt keinerlei Empathie gegenüber den Menschen, die er im Irak von Unterdrückung und Diktatur befreien will. Im Gegenteil, er nennt sie "Wilde" und macht diejenigen rund, die ihm Information verschweigen.
Erinnert ihr euch noch an "The Hurt Locker"? Für mich ist "American Sniper" die von allen Bedenken bereinigte Hardliner-Antwort darauf. Am besten kommt das bei Kyles Kumpel zur Geltung, der zuerst einen Punisher-Comic liest, bevor dessen markantes Totenkopf-Logo nach und nach alle Gewehre, Schutzwesten und Einsatzwagen der Kompanie ziert. Amis scheinen ja voll auf diese Tour abzufahren. "Rein gehen, rumballern und keine Fragen stellen!"
Beinahe wirken diese Kriegs-Szenen so, als hätten Trey Parker und Matt Stone jetzt die Realfilm-Version von "Team America" nachgereicht. AMERICA, FUCK YEAH! Nur warte ich vergebens auf einen satirschen Bruch oder den Moment, wo jemand halt ruft und wir mal übers Geschehen nachdenken.
Was so natürlich nicht ganz stimmt. Denn "American Sniper" zeigt Chris Kyle auch daheim zwischen seinen Einsätzen. Mit seiner schwangeren Frau, als Vater. Und immer wird deutlich, dass Kyle einen Schuss weg hat und sich nicht im normalen Leben zurecht findet. Wie auch Jeremy Renner als Hurt Locker. Nur bleibt Kyle bei Sniper in Gedanken nicht nur bei seinen Leuten. Er kann sich nicht mit Schwäche und negativen Begleit-Erscheinungen abfinden.
Bestes und schmerzlichstes Beispiel: die Beerdigung seines Punisher-Kumpels, dessen Andenken ein verlesener Brief über die Aussichtslosigkeit des Krieges. Wichtige Gedanken, die Kyle mit den Worten kommentiert, dass keine Kugel, sondern dieser Brief seinen Freund getötet habe.
Eastwood dreht mir da wirklich einen Schraubstock an die Eier. Ich kann irgendwann nicht mehr still sitzen. Weil ich mich für klüger als das halte. Aber "American Sniper" will nicht nur Helden-Lied und Quasi-Propaganda sein. Im letzten Akt will dieser Film den langsamen Weg zurück ins Leben näherbringen. Und dabei dienten dem echten Chris Kyle, wie sollte es auch anders sein, Schießübungen mit Veteranen und Kriegs-Versehrten.
Bringen wir es mal auf den Punkt: "American Sniper" wirkt wie effekt-hascherische Strippen-Zieherei. Weder der Dienst, noch der Grund für Kriegs-Ausflüge werden hinterfragt. Einzig und allein der gewaltige Schatten des erfolgreichsten Schützen zählt.
Dafür will ich Eastwood nicht mal ohrfeigen. Ich bin nur enttäuscht, dass er alle Stärken und Erkenntnisse seiner Vorgänger-Filme opfert und allen US-Patrioten, Waffen-Liebhabern und besonders geistig fest zementierten Republikaner-Freaks eine Plattform bietet. Wo sind nur die, die nach der Sichtweise der Iraker fragen? Wo sind die unangenehmen Wahrheiten und gerne verhüllten Grausamkeiten des Krieges? Bei "American Sniper" verdichtet sich alles aufs Schießen und erschossen werden.
Ein wahrhaftiges Wunder, dass Cooper für diese steinerne Leistung einen Goldjungen in Aussicht hatte. Und wozu brauchte es Sienna Miller? Die muss doch nur zweimal besorgt und verängstigt ins Handy schreien und auf ihren geistig abwesenden Gatten einreden. Eastwood hätte doch gleich alles im Irak spielen lassen und einen Ego-Shooter drehen können.
Und doch frage ich mich, ob vor allem der letzte Akt die Brücke vom Kriegs-Getümmel zum inneren Schlacht-Feld schlagen will. Wenn ja, ist "American Sniper" beinahe undifferenziert und ziemlich verkorkst ausgefallen. Ein Irrsinn, dass gerade Eastwood für eine derartige Thematik fast lustlos so wenig Zeit aufbringt.
Ich will nicht behaupten, dass "American Sniper" ein schlechter Film ist. Er ist einige Etagen über dem Trash-Morast anzusiedeln. Aber er ist weder ein allzu beeindruckenswerter oder aufwühlender Kriegsfilm, noch ist er besonders facettenreich. Viel mehr wirkt diese Verbeugung vor einem lebendigen Kriegs-Helden schlicht eindimensional, verbohrt und erschreckend einfältig. Und dies sind keine Eigenschaften, die ich persönlich bei jemand ausmachen will, der eine Waffe in den Händen hält.
Echte Legenden werden ja vornehmlich über Titel, Verdienste und die Vielzahl ihrer Errungenschaften definiert. Wahre Größe entspringt dabei manchmal aber nicht allein der eigenen Leistung, sondern auch der Bereitschaft, die Fackel an die nächste Generation zu überreichen. Rocky Balboa war für mich schon immer eine Legende dieses Formats. Kein Typ, der zum lebendigen Helden-Denkmal erstarren würde.
Mit "Creed" aber wird Rocky nun auch endgültig zur gewaltigen Licht-Gestalt. Zum Giganten, der sich nicht mit einem Platz in Sport-Chroniken und ewigen Besten-Listen begnügt. Der Italian Stallion lässt den Nachwuchs sein Erbe antreten und wir Fans und Zuschauer erleben dabei die gewaltigste Überraschung.
"Rocky Balboa", zehn Jahre ist das jetzt her. Der war schon mehr als gut. Etwas zu bekannter Story-Verlauf. Für manche einen Tick zu rührselig. Aber verdammt, Sly zeigte uns auch, wie eine Legende würdevoll abtritt. Und nun kommt "Creed" mit der Wucht eines Sucker Punch (nicht der Film!) daher.
Ich sage es ganz offen: "Creed" hat mich schon nach zehn Minuten im Sack. Die toughe Vorgeschichte des Titelhelden Adonis "Donnie" Johnson – unehelicher Sohn des großen Apollo, der seinen Vater nie kennengelernt hat. Der wundervolle Auftritt von Phylicia Rashad als Apollos Witwe Mary Anne. Und dann betritt Haupt-Darsteller Michael B. Jordan die Bühne.
Jordan, der wieder unter seinem "Fruitvale Station"-Regisseur Ryan Coogler zur Höchstform auffährt, verleiht Adonis sowohl Charisma als auch Seelenschmerz. Er macht Adonis zu einem Getriebenen, dessen Unruhe und Unsicherheit, wir selbst unausgesprochen wahrnehmen können. Dieses lodernde Feuer. Die Donnerkraft im rechten Haken, von der er nicht weiß, in welche Richtung er sie lenken soll.
Auftritt Sylvester Stallone. Rocky, der einstige Rivale und beste Freund von Apollo will sich eigentlich nur noch seinem Restaurant widmen. Doch er reicht seinen Box-Handschuh schließlich weiter und erinnert uns daran, warum Stallone "Copland" so unvergesslich machte. Der Speck ist weg, dafür aber auch die übertriebene Pose als stahlharter einsamer Rächer. Ade Ein-Mann-Armee und flockige B-Movie-Sprüche. Bühne frei Sylvester Stallone, der als ergraute Box-Legende eine seiner besten Rollen vorbildlich weiterentwickelt.
Und es mag verwundern, ohne Rocky wäre "Creed" nur halb so gut geworden. Aber es braucht durchaus des Nachwuchs Michael B. Jordan, um diesen Stoff so packend und einprägsam zu transportieren. Denn die Idee des Spin-Offs um den Sohn von Apollo hat auf dem Papier immer noch etwas von einer verzweifelten Fortsetzungs-Maßnahme. Aber wer das Ergebnis erst sieht, wird vermutlich ebenso überrascht sein, wie frisch, kraftstrotzend und auch clever der Ansatz von "Creed" wirklich ist.
Hier geht es nicht nach ein paar aufmunternden Worten übers Training direkt in die Ruhmeshalle. "Creed" würdigt das Andenken des großen "Rocky" und besinnt sich stilsicher auf die Wurzeln des Underdogs und Außenseiters. Adonis wird es mehrfach schmerzlich bewusst, das ein gewisses Talent und der Name eines übergroßen Vaters nicht deine Bestimmung garantieren. Nicht, dass er es auf diesen Namen anlegen würde. Ist aber eine andere Geschichte.
Für mich ist "Creed" eine filmische Glückssträhne. Eine Trefferreihe, bei der jeder Hieb sitzt. Die Prämisse des großen Endfights wirkt nur halb an den Haaren herbei gezogen und reflektiert immer noch die arschige Seite des Boxsports. Jene Seite, bei der sich Champions dafür bejubeln lassen müssen, dass sie Gegner platt hauen, die ihre Titel nicht im Ansatz gefährden. Kenne ich doch irgendwie ...
Rein technisch betrachtet holt Ryan Coogler alles aus seinem Film heraus. Die beiden großen Fights sind eine Augenweide und ziehen uns direkt ins Ringgeschehen hinein. So muss Sport aufgezogen werden: ganz nah am Objekt, jeder Schlag spürbar. Die Kamerafahrten sind hinreißend und überstehen selbst die Garnierung mit Durchhalte-Pathos. Selbst wenn "Creed" so manchem als Ich-bin-der-Größte-Geschichte mißfallen könnte, es ist das passende Update einer Story, die uns schon 1976 begeistert hat.
Außerdem weist hier jede wichtige Figur Narben auf, innerlich wie äußerlich. Ob der Hörschaden von Adonis Love Interest Bianca alias Tessa Thompson, dessen aufbrausendes Temperament oder Rocky, der selten zuvor derart verletzlich gezeigt wurde. Ja, sogar der Endgegner verfügt über mehr als eine Dimension. Was wollt ihr denn noch?
"Creed" ist ein starker Film geworden. Die beinahe unerwartet würdevolle Verbeugung vor einer Legende, die ihre Nachfolge bestimmt. Und wenn die Academy richtig hingesehen hätte, dann hätte – nach Stand Ende Januar 2016 – neben Stallone auch Michael B. Jordan eine verdiente Oscar-Nominierung erhalten. Denn "Creed" ist, und das ist vielleicht der größte Erfolg, eine gleichberechtigte Angelegenheit geworden. Zwei Typen auf Augenhöhe.
"Rocky III - V" sind endgültig vergeben und vergessen. Neben "Rocky" und "Rocky Balboa" steht von nun an direkt "Creed". Nicht wegen der zeitlichen Abfolge und Kontinuität, sondern wegen der Qualität.
Bei aller Abhärtung, die ich meine, mir inzwischen zugelegt zu haben. Trotz der Zuversicht, mir einreden zu können, dies sei nur ein Film und nicht einmal der erste seiner Art. Was Alejandro G. Iñárritu mit "The Revenant" vorlegt, hat mich doch an einigen Stellen dazu gebracht, laut Autsch" zu denken. Oder "Fuck, das tat weh".
Nicht, dass ich vor Ekel und Abscheu aufgezuckt oder zurückgeschreckt bin. Aber der Überlebenskampf in "The Revenant" ist schon intensiv eingafangen. Kälte, Schnee, Dreck, Blut, Schweiß und Scheiße. Und das sind nur die gnadenlosen Widrigkeiten der Natur, durch die sich Leonardo DiCaprio als Trapper Glass schlägt, damit er endlich Rache an Tom Hardy nehmen kann.
"The Revenant" ist eigentlich eine simple Rache-Geschichte. Eine über den Willen, die Hölle notfalls auch mehrmals zu durchqueren, um Vergeltung üben zu können. Glass kehrt dafür sogar sprichwörtlich von den Toten zurück, an mehr als einer Stelle des Films. Er kriecht mit verdrehtem Fuß durch den Schnee, quält sich Abhänge hinauf und frisst, was er kriegen kann.
Das alles ist derart greifbar und dicht eingefangen, dass zwischenzeitlich die Gewissheit von Stuntdoublen, Netz und doppeltem Boden in den Hintergrund rückt. So gut ist dieser Film. Allein schon angesichts der Performance von DiCaprio würde ich meinen, dass auch Hollywood endlich seine Vengeance-Story der Marke "Oldboy" hingekriegt hat.
Hier suhlt sich nicht jeder im Dreck und lässt es schwierig aussehen. DiCaprios Zittern und seine kaum vorhandene Stimme, das sind Ausdrucksmittel, die sich schön durch den gesamten Film ziehen. Und ja, "The Revenant" ist ein zermürbendes Stück Kino. Ein Ereignis, das unverhofft über einen herfällt und dich zweieinhalb Stunden lang nicht aus seinen Klauen entlässt.
Im Grunde schon beeindruckend, weil die doch sehr einfache Prämisse von der Abrechnung zwischen Hardy und DiCaprio gar nicht auf derlei epische Breite schließen lassen würde. Überwältigend und zermürbend auch deshalb, weil "The Revenant" mir zwischenzeitlich endlos wie die Weite der verschneiten Bergwelt Louisianas um 1823 vorkam. Endlos und langwierig, nicht langweilig. Wenn dieser Film seinen Figuren Atempausen lässt – und das sind nicht wenige – erinnert einen immer wieder daran, wie mickrig und verloren diese Figuren doch in der gewaltigen Kulisse erscheinen.
Sicherlich scheint "The Revenant" dazu prädestiniert, das Publikum zu spalten. Knallharte Rache-Geschichten gibt's auch kompakter. Lange Filme könnten auch ruhig auch mehr Dialoge beinhalten. Irgendwie nachvollziehbar. Wie gesagt, die eigentliche Handlung ist einfach. Etwas aufgepeppt mit Mystik und spirituellen Anleihen. Dafür verzichtet der Streifen bei seinem Ausflug in die Neue Welt auf den rosafarbenen Zuckerguss der Karl-May-Erzählungen.
Rothäute und Bleichgesichter, aber von Cowboys und freundlichen Indianern fehlt jede Spur. "The Revenant" zeigt die beiden Parteien im gleichermaßen aussichtslosen Kampf gegen ein Land, dem sie Fell, Nahrung und Komfort abzutrotzen versuchen. Wie es Duane Howard in seiner Rolle als Arikara-Häuptling treffend formuliert, befinden wir uns in einer Zeit, in der alle Absprachen hinfällig geworden sind. Der weiße Mann raubt den Ureinwohnern den Lebensraum, die Nahrung und nicht zuletzt die Würde. Wann gab es zuletzt einen Film dieser Art, bei dem einem schon übel wurde, weil wir gar der sexuellen Ausbeutung von Indianern beiwohnen mussten?
Ich rede von den Frauen, die sich in der Nähe des verhassten Forts aufhalten und sich in der Spelunke den stinkenden weißen Jägern an den Hals werfen. Friedenspfeife und Blutsbruderschaft? Lang, lang scheint's her. Wenn überhaupt eine Nähe zum Western festzustellen ist, dann wohl die zur Härte eines Sam Peckinpah. Jedenfalls erinnerte mich das Eröffnungs-Gemetzel an das große Stadt-Sterben zum Ende von "The Wild Bunch".
Überhaupt zeigt "The Revenant" eine Welt, die ihre Moral und das Recht des Stärkeren aus den Tagen unseres Lieblings-Barbaren Conan übernommen hat. Nur, dass hier mit Pfeil und Bogen und im Idealfall mit der Silberbüchse, statt Streitaxt und Schwert gekämpft wird. Auch fallen die Stämme gegenseitig übereinander her. Ob nun Feindschaft oder brutaler Ausdruck von Verzweiflung, "The Revenant" verbreitet das Gefühl, als könnte jederzeit der Weltuntergang bevorstehen. Es ist den Beteiligten vielleicht nur nicht klar. Oder sie tragen die Anzeichen dafür auf dem eigenen Leib wie Tom Hardy die vernarbten Überreste seines Kopfes.
Was "The Revenant" also so besonders macht? Die körperliche Anstrengung der Darsteller, der wahrlich hässliche Down-and-Dirty-Look, die Musik, as Wechselspiel zwischen unmenschlicher Brutalität und fast mediativen Augenblicken. Besonders zu würdigen ist aber vor allem die unglaubliche Kamera, für die Emmanuel Lubezki als Director of Photography verantwortlich zeichnet. Verblüffend, wie hier das Schwenken, die Nähe zu den Figuren, die Perspektiv-Wechsel während eines Aufeinandertreffens, alle Grenzen aufzuheben scheinen. Schon beim Inferno zu Beginn wollte ich nicht auf unsichtbare Schnitte und Kniffe achten, ich war einfach mittendrin im Geschehen – verloren und kopflos.
Da kann ich eigentlich gar nicht anders. Ich muss sagen, dass "The Revenant" von vielen Kino-Sitzungen eine der denkwürdigsten ist. Und dass ich selbst vermeintliche Logik- und Story-Löcher der immensen Wirkung dieses Films etwas unterordne. Jedenfalls, bis ich diese beim zweiten, dritten Ansehen vielleicht nicht mehr ignorieren kann.
Action mit Liam Nesson und alle Hände gehen hoch!!!
Aller guten Dinge sind drei. Warum nicht also sollte auch das schlagkräftige Einmann-Aufräum-Kommando namens Bryan Mills seinen dritten Aufttritt bekommen? Wir hatten ja nicht gerade schlaflose Nächte deswegen, sendeten keine Gebete gen Himmel. Doch wir wollen an dieser Stelle mal ernsthaft anerkennen, dass uns die "96 Hours - Taken"-Reihe ein schönes Trostpflaster war.
Eine leicht verdauliche und amüsante Aufbereitung von stahlharten Action-Klichees, die halbwegs darüber hinweg hilft, dass in unserer Zeit echte Knaller wie "Lethal Weapon" fehlen oder nur noch bedepperte "Stirb Langsam"-Sequels abgeliefert werden.
Umso lieber folge ich Nesson alias Mills von Paris über Istanbul zurück ins heimische Los Angeles. Wo unser ehemaliger "Experte" endlich kurz vor der Rückkehr in eine geliebte Normalität steht. Die Beziehung zu Tochter Kim ist besser denn je, auch die zu Ex-Frau Leonore blüht wieder auf. Aber der Auftritt von Famke Janssen ist nur von tragischer kurzer Natur..
Plötzlich findet sich Mills in den Schuhen von Dr. Kimble wieder und wird als Mörder seiner Frau von den Behörden gejagt. Wenn die nur wüssten, wen sie da zu stellen versuchen.
Ganz im Ernst, mit "Taken 3" legt Regisseur Oliver Megaton auf der Zielgerade mal eben so locker den besten Teil der Serie vor. Nicht als Höhepunkt in Sachen verschossener Patronen, gebrochener Knochen und geknackter Genicke. Nur beim Sachschaden könnten wir durchaus ein Replay der Vorgänger gebrauchen.
Was "Taken 3" abhebt, ist das ungewöhnlich gute Mindest-Maß an Story. Nix allzu Revolutionäres wird geboten, dafür ist das Aufeinandertreffen von "Der Profi" und "Auf Der Flucht" – Lieblingsfilm mit vergleichbaren Qualitäten bitte selber einfügen – geradezu stimmig und rund geraten.
Endlich mal keine störenden rassistischen Stereotypen, keine Verwurstung ernster Mißstände wie organisierter sexueller Ausbeutung und Menschenhandels zur bloßen Action-Kulisse. Nee, "Taken 3" hat fiese Russen mit hässlichen Gesichtern, miesen Killer-Angewohnheiten und viel Bang Bang. Boom macht es auch, aber tatsächlich möchte ich meinen, das nicht zu übertrieben. Zuhause tobt sich Bryan Mills nicht wie ein blind wütender Bulle aus. Nur wenn er es macht, dann richtig.
Und auch der Humor legt zu. Wenn Forest Whitaker als Randfigur und Chef-Ermittler seinem Team die "offiziellen" Lebensläufe von Mills und Kumpanen vorträgt, dann kommt angesichts der Ereignisse schon Stimmung auf. Die Lacher kommen nicht mehr nur, wenn vielleicht Töchterchen Kim über den Dächern von Istanbul Granaten zwecks Standort-Bestimmung zündet.
Überhaupt gefällt so ziemlich alles an "Taken 3", jedenfalls im Vergleich. Als gelebter Traum jedes Baller-, Kaboom- und Handkanten-Fetishisten wirkt der Film sogar erwachsener. Etwas zielstrebiger steuert hier alles auf den persönlichen Showdown mit dem wahren Mörder der Geliebten zu. Und irgendwie schafft es Megaton, all das Fieslinge-Zerlegen, Abknallen und Sprengen nicht in ein übertrieben heilloses Durcheinander wie "Transporter 3" ausarten zu lassen.
Selbst für einen Actionfilm mit Liam Nesson als Allzweck-Tötungswaffe, ist "Taken 3" fast als gesetzt zu bezeichnen. Weniger ist eben doch auch mehr. So scheint es, denn dieser Film mag den lärmverliebten kleinen Jungen in uns enttäuschen. Aber der große Junge könnte meinen, dass es zwar Blödsinn ist. Dafür aber ganz cool geworden ist.
Es ist eigentlich alles vorhanden: Ridley Scott auf dem Regiestuhl, ein paar Stars im Rausch des schmutzigen Drogen-Geschäfts und ein Drehbuch von Cormac McCarthy. Dem Mann, der "The Road" und vor allem "No Country For Old Men" verfasst hat. Und als Sahnehäubchen Javier Bardem und eine weitere unmögliche Frisur.
Was könnte da also noch schiefgehen?
Und dann das. "The Counselor" gefällt mir nicht. Ja, richtig gelesen. Bei aller Liebe zum geschriebenen Wort, meiner persönlichen Bewunderung für die Aussagekraft von McCarthys Schreibstil. So sehr ich das Medium Film liebe und mich gerne damit beschäftige, "The Counselor" packt mich nicht.
Zwei Stunden lang entführt uns der Streifen ins Grenzgebiet von Texas und Mexiko, von Moral und schmutzigen Geschäften, Sex und Gewalt, Versuchung, Manipulation und brutalen Konsequenzen. Drogen verschiffen, abzweigen, Geld einsacken, untertauchen, auf Kreuz legen.
"The Counselor" beackert kein neues Terrain im ewig schimmernden Ödland des dreckig erworbenen Reichtums. Verzeihbar natürlich, dennoch windet sich die Handlung in einem Anfall sich selbst stimulierenden Palaverns. Michael Fassbender, Brad Pitt, Bardem, Camero Diaz oder Penélope Cruz fällt also nichts besseres ein, als über Moral und Geschäft zu reden. Sicht nicht die Hände schmutzig zu machen, bis ihnen die Kacke um die Ohren fliegt.
Dabei gelingen McCarthy leider nur selten wirklich tiefgründige Momente. Gerade bei einem derart hochkarätigen Autor fallen mir manche Sätze etwas zu plump aus. Nehmen wir nur die Diaz und ihr Schluss-Bild von der Jagd. Wie sie da Sex, Eleganz und Anmut ausschmückt, um dann klar zu machen, da sie nur von ihren geliebten Wildkatzen spricht. Für mich kein wahrer Knaller.
Selbstverständlich bin ich weder ausgewiesener Literatur-Kritiker, noch will ich mein Talent mit dem von McCarthy vergleichen. Als Fan echter Dialog-Kunst muss ich dennoch etwas enttäuscht zeigen. "The Counselor" bietet einige hervorragende Text-Passagen, aber diese wahren Schmuckstücke werden durch ein gewaltiges Maß Blaba arg in die Länge gezogen.
Auch Ridley Scott als Regisseur und Ästhetik-Dirigent gelingt es nicht so recht, sich zu entscheiden, ob er nun eine düstere Crime-Story, eine Erzählung über die Korruption der Seele oder schlicht eine Seifen-Oper erzählt. Wie in der Welt des schönen Scheins auch, bewegen sich die Figuren in "The Counselor" zu lange und zu gewollt in einer Blase aus Wohlstand, Sicherheit und Versuchung. Geld investieren, welches zu verdienen. Alles klingt so einfach und die hübsche Inneneinrichtung von Bardems Anwesen oder der Klunker zur Verlobung geben diesen Gestalten ja kein Grund zur Annahme, dass sich dies ändern könnte.
Bis es nicht mehr gut geht, sondern blutig wird. Aber selbst dann packt "The Counselor" mich nicht. Dafür rückt mir der Titelheld viel zu wenig zu nahe. Kann ich mich nicht überwinden, bei all den Gemeinheiten und Abrechnungs-Aktionen plötzlich Mitleid und Anteilnahme zu empfinden. So gut aufgelegt und ausgewählt die Darsteller auch sind, bleibt tatsächlich allein die Diaz als miese Raubkatze einem, wegen ihrer Abkehr von der Comedy-Routine, positiv in Erinnerung.
Deswegen erscheint mir "The Counselor" passend für die Kategorie "Große Namen, geringe Wirkung". Bei allen Zutaten und anfänglichen Versprechungen, Ridley Scott folgt nur halb erfolgreich denselben Spuren wie Steven Soderbergh in "Traffic". Scott schafft, wenn überhaupt, einen "Jackie Brown" ohne Pep, Dialogwitz und interessant verschachteltes Erzähl-System. Es ist wie "Scarface" ohne den Größenwahn und das Aufbrausen eines Tony Montana.
"The Counselor" ist schick, aber halbgar. Könnte von vielem handeln, aber versackt leider gefühlt ohne Aussagekraft auf halber Strecke. Bis zum nächsten großen Milieu- und Kartell-Referenztitel dauert es wohl noch ein wenig.
Angus Scrimm – Eine Würdigung
So verspätet dies jetzt auch kommt: Angus Scrimm ist von uns gegangen. Verspätet habe ich davon Kenntnis genommen, was die Trauer nicht lindert. Mit Scrimm hat sich nicht nur der Tall Man von uns verabschiedet, sondern gleich DAS BÖSE.
Viele Filme erleiden ja dieses unverdiente Schicksal: Deutschland verpasst ihnen einen völlig neuen Verleihtitel und der wirkt oft unbeholfen, sinnentleert und ziemlich überflüssig. Auch die Übersetzung und Bedeutung von Don Coscarellis PHANTASM mutete hierzulande wohl zu nebulös und komplex an. Es ist ja auch ein schwieriger Film, mehr Träumerei und Experiment als abgeschlossene Erzählung.
Und doch, DAS BÖSE – wie PHANTASM schließlich bei uns genannt – passt wie die Faust aufs Auge. DAS BÖSE: das ist der Tall Man, ein fast zwei Meter großer Mann im schwarzen Anzug. Ein unheimlicher grauhaariger Bestatter, der von Kleinstadt zu Kleinstadt zieht, wo immer mehr Menschen sterben und Leichen verschwinden. Der Tall Man plündert die Friedhöfe um seine Dienerschaft zu vergrößen. Sein Regiment aus Killergnomen in Mönchskutten und natürlich die mörderischen Spheres. Jene schwebenden Silberkugeln mit ausfahrbaren Klingen und Bohrern, in denen unsere Gehirne gesteckt werden.
Richtig gelesen, der Tall Man tötet seine Opfer nicht einfach, er schlachtet sie. Der Verstand wird versklavt und soll die Spheres antreiben. Unsere Körper stutzt er auf die passende Größe für seine Dimension, eine raue rötlich glühende Wüstenwelt.
Freddy, Jason, Michael Myers, Dämonen und finstere Todesgötter – sie alle wollen uns zerstören, zerteilen, zermalmen und schlicht umbringen. Aber der Tall Man, der ist anders. Er ist die wahre Angst vor dem Tode. Nicht vor dem Fakt des Ablebens, sondern die nackte Furcht vor dem, was danach kommen könnte.
Angus Scrimm war DAS PURE BÖSE. Unbesiegbar, hinterlistig und unsterblich. Wenn der Tall Man etwas zu sagen hatte, dann war es einsilbig und jagte einem Schauer über den Rücken. Einmal hielt eine kurze Ansprache in DAS BÖSE III, als endlich seinen Jungen gefasst hatte. Kurz bevor er A. Michael Baldwin den Schädel aufbohrt. Ein toller Moment, so rätselhaft wie die verzwickte Logik der gesamten PHANTASM-Reihe und natürlich im speziellen die Natur des Tall Man betreffend.
Und doch, Angus Scrimm war nicht nur ein Gigant von einem Mann, der vor allem eine Horror-Rolle ausfüllte. Scrimm wirkte bei seinen Auftritten immer warmherzig, belesen und zeigte sich so charmant wie ein wahrer Gentleman.
Eine wahre Verschwendung, dass jemand wie er kaum die Chance erhielt, auch außerhalb eines Genres seine Stärken auszuspielen. Vielleicht war Scrimm den anderen Filmemachern und Studiobossen auch zu unheimlich. Dabei erinnere ich mich auch gerne an ein Interview, in dem der Tall Man erzählte, dass er sich beim ersten Ansehen von "Alien" damals beinahe zu Tode gefürchtet hat.
Aber es gibt auch Facetten, von denen ich erst jetzt erfahre. Nun, wo Scrimm seine Lorbeeren nicht mehr persönlich einheimsen kann. Grammy-Gewinner? Musik-Liebhaber und gefragter Profi für Essays und Beiträgen? Der Tall Man wirkt plötzlich nicht nur cooler, er ist plötzlich auch ein Stück menschlicher geworden.
Trotzdem wird uns Angus Scrimm vor allem als jene einzigartige Erscheinung im Horror-Kino in Erinnerung bleiben, die alle anderen überragte. Weil der Tall Man das beste Outfit trug und keine Maskierung nötig hatte. Weil er auf konventionelles Schlachter-Werkzeug verzichten konnte und vor allem, weil allein die Komplexität dieser einen Figur allen Mysterien von "Lost" locker ein Schnippchen schlug.
Farewell Angus Scrimm, R.I.P. Tall Man, du wirst uns noch lange in unseren Albträumen heimsuchen. Das hast du dir wahrhaftig verdient.
69 Jahre. Krebs, schon wieder. Erst mühsam und benommen beginne ich sehr langsam, den Verlust von David Bowie zu verinnerlichen. Das Unmögliche zu akzeptieren und mit Bedauern das Tragische irgendwe anzunehmen. Und nun nimmt uns das Schicksal, dieses grausame Biest, den nächsten Giganten.
Alan Sidney Patrick Rickman, einer der besten, verlässlichsten und überhaupt sympathischten Vertreter des britischen Schauspiel-Adels. Rickman war wandelbar, spielte einfühlsam und mit Humor. Oder er verwendete sein gesamtes Talent darauf, den denkbar schlimmsten Ober-Fiesling zu spielen.
Ob als Sheriff von Nottingham, als menschenverachtender Aborigine-Jäger in "Quigley Der Australier" und selbstverständlich als Hans Gruber in "Stirb Langsam". Gruber, der Prototyp des Bösen. Inbegriff des Oberschurken und Endgegners. Und trotzdem, mimte Rickman kein sadistisches Aas, sondern einen charismatischen Gegenspieler, dessen Heimtücke wir schon beklatschen wollen.
Ja, das war Rickmans Durchbruch und der erste goldene Treppenabsatz auf dem Weg zur Legende. Und über ein Jahrzehnt später gelang ihm mit der unvergesslichen Darstellung des Severus Snape eine schier undenkbare Steigerung. Als kalter, dunkler und empathierloser Scheinbar-Bösewicht in einer mehrteiligen Fantasy-Roman-Adaption, vermittelte Rickman die gesamte Tragik eines Helden, der im Schatten gutes schafft, indem er böse Taten begeht. Oder sie zumindest unterstützen muss. Snape war für mich einer der Hauptgründe, jeden "Harry Potter"-Teil abzuwarten. Ich wollte mehr von diesem Mann sehen, der dich so schön mit kaltem Blick und seiner Stimme herabsetzen konnte. Severus Snape hätte gar nicht seinen Zauberstab zucken müssen. Ich wäre schon vorher zu Stein erstarrt.
Aber Alan Rickman konnte so viel mehr als nur genüsslich im Part des Widersachers aufzugehen. Er fühlte sich wohl im großen Gefühlskino, in der Welt der bedeutsamen Literatur. "Sinn Und Sinnlichkeit" oder "Snow Cake" und natürlich der Weihnachts-Herzenswärmer "Tatsächlich Liebe". Rickman war ein toller Mime. Einer, der sich auch den schelmischen Spaß gönnte, für Kevin Smith in "Dogma" Metatron, den Botschafter Gottes, zu geben.
Rasputin, der hochnäsige Wein-Liebhaber und -richter in "Bottle Shock", Spock-Hommage in "Galaxy Quest" oder ... und ...
Es wird uns eine Freude und ein wenig Trost sein, in den kommenden Tagen und Wochen die Juwele dieser vielseitigen Karriere erneut zu entdecken und zu erleben. Wenigstens etwas im Angsicht der unerträglichen Gewissheit, dass es Alan Rickman nicht mehr vergönnt ist, seinem Werk einen weiteren Eintrag hinzu zu fügen.
Goodbye Alan Rickman. Es war wundervoll mit Ihnen. Wir werden Sie vermissen.
P.S. Liebes Schicksal, so langsam fühlt es sich an, als wolltest du uns wirklich einen reindrücken. Was wir haben wir denn verbrochen?
Das Schönste am Märchen ist nicht das Happy-End. Sicher, als Kind freuen wir uns alle, wenn Schneewittchen oder Dornröschen aus ihrem Schlaf erwachen, wenn Königreiche und ihre Einwohner glücklich aufblühen und sich die Macht des Guten wie ein Schleier aus Glückseligkeit und Frieden über alles und jeden legt.
Das Problem mit dem Märchen ist jedoch, dass wir alle erwachsen werden und ein jeder seinen eigenen neuen Blickwinkel auf diese Geschichten zulegt. Manchmal scheint es, so groß wir sind, desto unbedeutender und hoffnungslos naiv müssen uns diese Erzählungen vorkommen. Als würde das allein schon das Alter gebieten.
Trotzdem besitzt das Märchen eine Stärke, die weit über exotische, mythische Schauplätze und fröhliche Ausgänge hinausreicht. Das Märchen beflügelt unsere Träume, heizt unsere Phantasie an. Wenn wir ehrlich mit uns selbst sind, dann spornt uns das Märchen an. Weil es clever Lektionen und Beobachtungen aus dem wahren Leben und seinen jeweiligen Epochen konserviert. Weil es Moral und Courage lehren kann, ohne sich wie ein erhobener Zeigefinger oder ein Drill-Sergeant aufzuspielen.
Das Märchen ist doch meist unsere erste Begegnung mit dem geschriebenen Wort und der Erzählung in mündlicher Form. Es ist so etwas wie unsere erste Liebe und der Grund, warum wir im Leben nach mehr als dem uns vorgesetzten streben (sollten). Filmisches Äquivalent zu diesem Märchen ist "Das Erstaunliche Leben Des Walter Mitty".
Alarm, Ben Stiller macht einen ernsten Film!!! Oder eine andere Art von Komödie!!! Ja, undenkbar oder haben wir etwas Stiller mit Adam Sandler verwechselt? Ben Stiller hat sich nicht nur durch "Voll Auf Nüsse" oder seine Duelle mit Robert De Niro definiert. Mit der Rolle des Walter Mitty wagt er dennoch einen gewaltigen Sprung.
Weg von leichter Comedy hin zur ernst zu nehmenden Kunst. Der Kunst, anderen eine Inspiration zu sein und einen jeden daran zu erinnern, dass es den mutigen ersten Schritt braucht, um seinem Leben eine neue Wendung zu verschaffen. Oder der Sinn lautet: "Alles ist möglich. Glaube nur an dich selbst."
Es ist schon etwas besonderes gelungen, wenn die Message eines Films so universell wie auch simpel erscheint. "Das Erstaunliche Leben Des Walter Mitty" ist einer dieser seltenen Fälle. So schlicht ist die Geschichte von Mitty, der im Foto-Labor des LIFE Magazine die Negative verwaltet, ein sehr einfaches Leben führt und doch immer wieder in eine aufregende Traumwelt verfällt.
Und wovon Walter so träumt. Er wird zum selbstlosen Helden, dem romantischen Eroberer und vor allem, bezwingt er jede Gefahr. Es ist das Leben, das Walter so gerne führen würde und für das er sich entweder zu klein, unbedeutend oder unvorbereitet führt. Bis zu jenem Tag, an dem alles zusammen kommt. Dem Tag der letzten Print-Ausgabe, dem Tag der letzten Sendung des Star-Fotografen Sean O'Connell.
Alles geht schief, nichts will klappen. Und Walter wagt den Schritt hinaus in die Welt, besser, um die Welt. Denn um ans letzte Cover-Foto für LIFE zu gelangen, wird Walter schließlich alle Vorsicht, Ängste und Stricke abwerfen müssen. Und wer weiß, vielleicht kann er dann auch endlich den Mut finden, seine angebetete Kollegin Cheryl anzusprechen ...
Ich muss es einfach sagen: "Das Erstaunliche Leben Des Walter Mitty" ist einer dieser Filme, die mit einem fetten UND OB! enden. In jeglicher Hinsicht. Die Geschichte ist simpel, naiv und verträumt und trotzdem fesselt sie. Selbst dann, wenn der Film nicht so abenteuerlich oder atemlos ausfällt, wie es der Trailer suggeriert.
Ben Stiller hat es geschafft, ein Full House hinzulegen. Die Besetzung ist klasse, nicht nur mit Kristen Wiig, Shirley MacLaine oder Sean Penn. Auch Neu-Boss und Quasi-Fiesling Adam Scott fährt nicht nur einen unmöglichen Bart auf. Ein anderes Wunder ist der Umstand, dass Taliban, ausbrechende Vulkane oder eisige Fluten selten so sehr Nebenschauplatz wie essentielle Lektion auf einer Heldenreise waren.
So betrachtet, ist "Das Erstaunliche Leben Des Walter Mitty" fast schon ein Werbespot für die nächste Weltreise. Und doch gelingt es dem Film, die Schauplätze und Widrigkeiten wie in einem Märchen zu umspielen. Walter Mitty meistert seine verschiedenen Aufgaben und entgeht jeder Gefahr. Wie eine Märchen-Figur halt.
Ist das naiv, kindisch und viel zu gutgläubig angesichts der Anforderungen der modernen Welt und ihrer vielseitigen Konflikte? Sicherlich. Aber ist das nicht auch die Magie der Ablenkung? Die Verdichtung komplexer Sachverhalte zu einer überschaubaren Moral und Geschichte.
"Das Erstaunliche Leben Des Walter Mitty" ist einfach gedacht und doch auch einfach inspiriend. Und es erwärmt das Herz, ohne Tränendrüse und zu viel Zuckerguss. Denn Walter fällt die Lösung nicht einfach in die Hände. So wie auch die eher ernsten Apsekte der Story – Jobverlust, das Sterben des Print-Markts – nicht auf wundersame Art und Weise verschwinden. Das Happy-End ist vor allem die Wandlung von Walter Mitty, das Aufblühen und Ausleben seiner Stärken.
Der Film ist nicht dennoch nicht ganz, aber auch nicht immer wieder vom Blödel-Virus befallen. Mitunter wirkt es sogar sher rührselig. Und trotzdem muss ich Ben Stiller dazu beglückwünschen. Er hat den richtigen Schritt gewagt. Wie schon bei Jim Carrey und ein, zweimal bei Sandler gelingt die Orientierung in ernstere Gefilde. Es ist ein schönes Märchen dabei herausgekommen, selbst für große Kinder.
STALLONE. SCHWARZENEGGER. ESCAPE PLAN.
Wenn dies so vor zwanzig Jahren auf einem Kinoplakat geprangt hätte, wäre ich blind in den Film gerannt. Ich war natürlich jünger. Ließ mich vollends von coolen Onelinern und der guten alten Äktschn begeistern. Das ist nun heutzutage leider etwas anders.
Nicht allein, weil ich älter, ein wenig weiser und abgeklärter bin. Die Schuld müssen auch meine Vorzeige-Eighties-Bolliden Sylvester und Arnie teilweise auf sich nehmen. Aus mehreren Gründen. Weil die Qualität ihrer Filme nach Granaten und zumindest sehr vergnüglichen Filmen wie "Demolition Man", und ja, auch "Judge Dredd", "True Lies" oder "Eraser" merklich abnahm. Hollywood spendierte ihnen noch ein paar halbherzige Big-Budget-Versuche, dann war die Luft raus. Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger wurden immer öfters abgelöst von einer jüngeren Generation und Arnie war sowieo erstmal der Governator.
Doch eines haben wir inzwischen auf die harte Tour gelernt. Hollywood kann die Bomben-Titel der Achtziger und Neunziger nur selten überzeugend, nostalgisch oder lässig genug kopieren. Es fehlt einfach an Leuten mit demselben Charisma wie es Arnie und Sly verkörpern.
Im Gegenzug landen auch die Zwei nur selten einen Volltreffer, wenn sie versuchen, ihre Erfolgs-Formel neu aufzubereiten. Da fehlt mal das Geld der frühen Tage, mal ein echt peppiges Drehbuch oder schlicht versagen alle Bemühungen, weil doch alle Zutaten schlicht zum Overkill führen. Beweisstück A und B, der erste und der dritte Eintrag der "Expendables"-Reihe.
Und trotzdem war ich neugierig auf "Escape Plan", dieses erste, große Aufeinander-Treffen von Schwarzenegger und Stallone. Wie würden die coolen Muckie- und Maul-Helden meiner Kindheit und frühen Jugend sich in einem gemeinsamen, abendfüllenden Film wohl schlagen?
Na, definitiv stark. Absolut. "Escape Plan" ist stellenweise der perfekte Ausbau der geteilten Screentime-Chemie der "Expendables"-Filme. Es ist aber auch weit weniger genial, wie ich erhofft hatte.
Grundlegend geht diese Tough-Guy-Version von "Papillon" oder "Flucht Aus Alcatraz" in Ordnung. Sly Stallone wird als Ausbruch-König und Sicherheits-Experte Ray Breslin ordentlich gelingt. Statt die Schwachstellen eines futuristischen Hochsicherheits-Komplexes auszutesten, findet sich Breslin in den Fängen eines Ober-Arschloch-Gefängniss-Bosses (Jim Caviezel) und sadistischer Wärter-Kotzbrocken wider.
Nichts gegen einzuwenden. Bei diesem Gespann, manch guter Idee und überhaupt dem Versprechen, dass "Escape Plan" ein guter Film werden würde – da hätten sie auch vom Planet der Affen fliehen können. Doch dann beschleicht mich auch jederzeit dieses Gefühl, dass "Escape Plan" nicht schlecht ist, aber besser hätte sein können. Ein wuchtiges Ding, wie es 1995 bis 2000 wohl noch mit mehr Geld vollgepumpt worden wäre.
Mann, was wäre das damals für eine Sensation gewesen. Stallone und Schwarzenegger kämpfen sich zusammen aus dem Knast!!! Das machen sie natürlich immer noch. Nur fühlt sich "Escape Plan" nicht wie das lang erhoffte Treffen der Giganten an, das wir uns doch alle so lange gewünscht haben. Es gleicht eher einer gewaltigen Action-Nostalgie, deren Muckis und markante Sprüche an die Glanzzeiten der Stars und ihrer goldenen Epoche anzuknüpfen versucht.
Noch immer ist nicht falsches daran. Auffällig daran ist nur, dass "Escape Plan" gerade im Knast-Teil mehr überzeugt, während die Rahmenhandlung samt Co-Stars komplett verschenkt wird. Der Part mit Breslins Team, in dem Amy Ryan und Vincent D'Onofrio auftauchen, wird so schnell wie beinahe überflüssig abgefrühstückt. Da hätte der Film auch gleich komplett im Knast spielen können.
Natürlich ist dies ein Problem, mit dem jeder Gefängnis-Film zu kämpfen hat. Im Fall von "Escape Plan" erscheint mir die hochkarätige Besetzung da aber schon verschenkt. Nehmen wir nur Sam Neill, der sich als Doc eher in die Sache verirrt zu haben scheint. So unwichtig, wie hier mancher Part gehalten wird, hätte es die Namen gar nicht gebraucht.
Ansonsten ist "Escape Plan" gar nicht so schlecht und durchweg genießbar. Vor Ort, im Knast, raufen sich Stallone und Schwarzenegger zusammen, müssen Schläge einstecken, Pläne schmieden und am Ende reichlich austeilen. Wie gesagt, die Sprüche sind so gar etwas weniger – subjektiv betrachtet – dafür gibt es zwei, drei echte Lacher (der Baumarkt-Gag). Nur den Grips nehme ich Muskelberg Stallone etwas weniger ab. Breslin als Hünen und MacGyver-Schüler zu präsentieren, ist bei Stallone schon etwas zu weit hergeholt. Zumal die Flucht ansonsten weniger kopflastig und clever abläuft.
Schließlich ist "Escape Plan" am Ende ein Alt-Herren-Happening mit Action-Garantie. Auch wenn ich immer noch denke, dass dieser Film vor zwanzig oder fünfzehn Jahren größer, gewaltiger und eben denkwürdiger ausgefallen wäre. So ist er okay, aber leider auch nicht überwältigender als die anderen Solo-Tänze von Arnold Schwarzenegger ("The Last Stand") und Sylvester Stallone ("Shootout").
Wie war das nochmal? Knapp daneben ist halt auch vorbei?
8. Januar 2016: David Bowie feiert seinen 69. Geburtstag und beschenkt die Welt gleich mit. Mit "Blackstar" wird mehr als eines der aufregendsten Alben des einzig wahren Ausnahmekünstlers veröffentlicht. Bowie erinnert wieder einmal alle daran, wie sich musikalische Abenteuerlust, Verspieltheit und Mystik anzuhören und anzufühlen haben.
Und nun, am 11. Januar ereilt uns die schreckliche Nachricht, dass die Stimme des Starman für immer verklungen ist. Ziggy Stardust hat unsere Erde verlassen. Ein weiterer unglaublich schwerer Abschied. Vor allem jetzt, wo ich mich wieder umschauen und Ausschau halten werde. Die Augen und Ohren weit offen auf der Suche nach jemanden, der auch nur annähernd den Status des Idols David Bowie verdienen würde.
Sicher, Künstler und Künstlerinnen gibt es viele. Die Geschmäcker sind verschieden und ich habe es nicht nötig, irgendjemanden in diesen traurigen Stunden zu bashen. Klar ist für mich nur, DAVID BOWIE WAR EIN UNIKAT. Ein Universal-Genie und Tausendsassa. Ganz gleich, wie viele Alben deiner Alben mit Gold und Platin veredelt wurden. Wie viele Stadien du in der Welt gefüllt hast oder wie viele Zillionen Follower deine Posts und Bilderchen im sozialen Netzwerk anhimmeln. Du wirst wahrscheinlich nie auch nur annähernd diese Schuhe ausfüllen können. Sorry.
DAVID BOWIE war natürlich zuallererst Musiker. Das Pop-Chameleon schlechthin. Glam-Rock-Gott, Pop-Genius, Pop-Künstler, Dance- und Ambient-Jongleur. Wenn Bowie wollte, hat er in fast jeder erdenklichenen Musik-Richtung seine Möglichkeiten erforscht und ausgelotet. Ob mit Brian Eno, Iggy Pop, John Lennon, Tina Turner oder Mick Jagger. Gute Musik wird für immer mit Bowies Namen verbunden sein.
Und das wichtigste Vermächtnis sollte wahrscheinlich nicht in Form unzähliger Hits wahrgenommen werden, sondern im Credo, immer bereit für Neues zu sein. Sich auf alle Ausdrucksformen zu stürzen, keine Hemmungen zu haben und Barrieren einzureißen.
David Bowie war natürlich "Der Mann, Der Vom Himmel Fiel". Aber auch "Der Mann, Der Niemals Stillstand" wäre ein passender Titel. Weswegen wir Herrn Bowie auch immer wieder als Schauspieler erlebt haben. Nicht bloß als tragisches Alien. Für Scorsese als Pontius Pilatus, als armer Vampir-Lover der Deneuve in "Begierde" oder als ganz cool als er selbst in einem Gast-Auftritt in "Zoolander".
Wenn ich hier noch an "The Prestige" erinnern dürfte. In Christopher Nolans Duell zweier Magier vollbrachte Bowie in der Rolle des Nikola Tesla sogar ein Wunder. Das passt doch, oder?
Es dürfte sowieso unbestreitbar sein, dass David Bowie auf der Leinwand mehr als passable Leistungen vollbrachte. Immerhin waren die Kunst der Pantomime und die des Theaters seine ersten Leidenschaften. Deswegen war Bowie stets mehr als nur ein Cracked Actor oder einer jener Musik-Stars, die fernab des Sicherheitsnetzes der Bühne und Video-Dreharbeiten wie Fische auf dem Trocknen dastanden.
Am schönsten und bewundernswertesten war wohlmöglich die Tatsache, dass David Bowie in der Luft tänzelte, mühelos übers Wasser schritt und uns dennoch nicht dazu zwang, ihm die Füße zu küssen. Bowie schwärmte uns vor seinem Heißhunger auf neue Wege vor, zeigte seinen Stolz aufs Geleistete. Aber er ließ nach den Ziggy-Tagen, die er ja eh in einer Rolle absolvierte, nie auf einem Meer aus Händen tragen. Da war immer diese unterschwellige Einladung und Ermunterung, dass auch du dir diesen Luxus leisten könntest. Dass auch du deine Leidenschaften ausleben solltest.
Selbst wenn ich nur gerade wieder mal "Station To Station" aus dem Schranke hole – Hammeralbum, vor allem das Titelstück – oder ich mir diese Cover-Abbildungen ansehe. Es wird mir umso schmerzlicher klar, dass unsere Welt erneut ein gewaltiges Stückchen trister, leiser und farbloser geworden.
DAVID BOWIE. IDOL. IKONE. LEGENDE. INSPIRATION. FORMWANDLER. MAJOR TOM. Mach es gut. Lebe wohl und bis später, auf der anderen Seite. Vielen Dank für all deine Werke.
R.I.P. DAVID BOWIE
Das zu mögen was andere hassen – ja, die Freiheit nehme ich mir ...
Guillermo Del Toro kehrt zu seiner ersten großen Liebe zurück. Nach Ausflügen in die fantastische Welt des Hellboy und eine gewaltige Reminiszenz ans Kaiju-Kino, frönt Del Toro wieder der Kunst gefrorener Arterien und von Geisterhand zugeschnürter Kehlen. Mit einem kleinen Makel.
"Crimson Peak" versprach anfangs blanken Old-School-Horror im klassischen Ambiente und ist doch mehr eine Gothic Romance: Gefühlskino. Die Geschichte hin und hergerissener Frauen. Düstere Anwesen, auf denen die Schatten nicht ruhender Seelen wie eine Last liegen.
Dies ist antiquiert, gekünstelt und fällt wiederum völlig aus dem Rahmen, wenn wir uns kurz vor Augen führen, was im zeitgenössischen Kino als Horror goutiert wird. Mit seiner hoffnungslos naiven Sicht auf die menschliche Natur läuft "Crimson Peak" Trends wie billigem Home-Video-Spuktagebüchern, Dämonen, Vampiren und Zombies entgegen. Und muss diesen ungleichen Kampf natürlich verlieren.
Schließlich will ich ehrlich sein, es ist nicht die Glaubwürdigkeit der Geschichte, die mich zu "Crimson Peak" gezogen hat. Es ist eine Story wie ein schmachtendes Liebes-Gedicht. Die junge unbedarfte Edith hat so gar nichts gemein mit ihren Alters-Genossen. Sie will als Autorin respektiert werden und sich keinem schmucken Heirats-Kandidaten an den Hals werfen. Aber das Auftauchen von Sir Thomas ändert alles. Die progressive Amerikanerin scheint im britischen Aristokraten-Sprössling ihren Seelen-Partner gefunden zu haben.
Wäre da nicht der Argwohn von Ediths Vater, die bald schon mit seinem Ableben verklingen. Edith ehelicht ihren Prinzen und geht nach England. Auf Allerdale Hall, Thomas Familien-Anwesen, soll ihr neues Leben beginnen.
Ein schauriges Leben soll es sein. Allerdale Hall ist eine heruntergewirtschaftete Ruine, ein Haus wie eine offene Wunde. Entweder fallen Schnee oder Blätter durchs offen klaffende Dach oder das Grundstück wird vom flüssigen roten Teer ertränkt, der im Erdreich wartet. So gesehen, wartet "Crimson Peak" mit einem wahrhaftigen Albtraum-Schloss als Schauplatz auf.
Die perfekte, düstere Kulisse. Mitsamt langen unheimlichen Korridoren und dem creepy Gefühl, dass dieses Gemäuer ein lebendiger Organismus ist. Hier müssen ja zwangsläufig Schauer-Gestalten zu Hause sein oder die Besitzer, Sir Thomas und seine Schwester, nichts Gutes im Schilde führen.
Boah und trotzdem wird Guillermo Del Toro für "Crimson Peak" meist gescholten. Wenn ich die Qualität der Geschichte beurteilen soll, könnte ich dem Mob durchaus anschließen. Hier ist alles wenig aufregend und besonders ausgeklügelt erzählt. "Crimson Peak" ist eine ganz klassische Story, die größtenteils ohne Überraschungen auskommt und sich bereits mit der ersten Geister-Erscheinung quasi selbst überführt.
Es ist aber auch kein reiner Horrorfilm mit Gespenstern, sondern – Gag am Rande: das literarische Werk der Heldin – eine Geschichte mit Geistern. Keine über Geister. Ein kleiner feiner Unterschied, der dann an Bedeutung gewinnt, wenn sich die wahren Absichten von Sir Thomas und seiner Schwester offenbaren. Auch hier gibt es kein allzu großes Überraschungs-Moment.
Doch wozu dann für diesen Film plädieren? Nur, um der Masse entgegen zu schwimmen und sich was auf die eigene Unabhängigkeit in Sachen Geschmack einzubilden? Mitnichten, ich war schon vorher von den Horror-Visionen angetan, denen Del Toro seinen Namen und/oder seine Handschrift aufdrückte. Weshalb mich "Crimson Peak" bei mir keine falschen Erwartungshaltungen enttäuscht hat.
Ja, dieser Film ist äußerst artifiziell. Die Kostüme, das Design einer vergangenen Epoche und selbst der Umgang der Figuren untereinander – das alles hat etwas steifes, gekünsteltes und kann sehr unaufrichtig wirken. Ich verstehe schon, wenn sich jemand über die unterkühlten, beinahe emotionslosen Leistungen seiner Stars Mia Wasikowska, Tom Hiddleston und Jessica Chastain auslassen. Immerhin sind diese Figuren in einer Welt verortet, die heutzutage prüde, distanziert und glücklos wirkt. Die Menschen versprechen sich hier der Finanzen und des Prestiges wegen.
Und der Horror-Reigen, denn Del Toro in seiner Herzens-Angelegenheit "Crimson Peak" auffährt, ist keine Aneinanderreihung unbeholfener Schock-Momente. Keine atemlose Running Order von Buh-Rufen und Schloss-Gespenster-Attacken. Es passt schon, dass Mia Wasikowska als Alice das Wunderland erkundet hat. Hier erlebt seine Art Umkehr: die langsame Realisation, dass in unserer Wirklichkeit ganz reale Schatten vergangener Schandtaten schlummern.
Nun ist die Schauer-Romanze "Crimson Peak" vielleicht nicht die perfekte Symbiose aus Liebes-Melodram, spooky Kriminal-Geschichte und Tragödie. Aber es ist durchaus eine sehenswerte Angelegenheit, wenn wir uns mal den Luxus gönnen wollen, in alte Zeiten einzutauchen. Wenn wir wissen, dass auch die hier zitierte Gothic-Romance, vor deren Tradition sich Del Toro hier verbeugt, nicht immer durch wendungsreiche Plots auszeichneten. Sondern vom transportierten Vibe und stimmungsvoller Bild- und Ton-Komposition leben.
Deshalb sehe ich in "Crimson Peak" eine hübsche Erinnerung ans klassische Horror-Kino der alten Hollywood-Tage. Jenes Kino, das ohne Frankenstein, den Wolfman und Dracula auskam. Das Monster ist hier allenfalls der Mensch mit bösen Absichten.
Und sowieso besitzt dieser "selbstverliebte", ganz und gar gekünstelte Ansatz einen speziellen Charme. Horror und Kostüm-Film. Wie "Dogville" mit kompletten Kulissen-Bauten. Wie "Downton Abby" mit Schloss-Geist. Oder einfach nur das besondere Stück Schauer-Gefühls-Kino, das ohne Taschentücher und protzigem Background-Wissen historischer oder literarischer Figuren bestritten werden kann. Wenn ich so darüber nachdenke, ist "Crimson Peak" möglicherweise der besondere Horrorfilm des Jahres 2015. Oder auch nicht, ich mochte diese spezielle Horror-Theaterstück trotzdem.
STAR WARS. Mal ehrlich, welch andere Filmreihe jagt uns allein durch ihre Erwähnung derlei wohlige Schauer über den Rücken? Es gibt sie, aber keine ist wie STAR WARS. Selbst wenn viele Zöglinge, Kopien und Nachzügler sich gern eine Scheibe von der Zauber-Formel des George Lucas abschneiden wollten, keiner ist so gut wie das Original.
Und nun, seit dem 17. Dezember 2015 ist der Traum Wirklichkeit geworden. Nein, der Traum geht eigentlich weiter: "Star Wars: Episode VII - Das Erwachen Der Macht" ist auf unseren hiesigen Leinwänden gelandet. Nach Gene Roddenberry beerbt J. J. Abrams also auch Lucas und darf die Pforte zum nächsten Kapitel der ewigen großen und wohl auch einzig wahren Sternen-Saga aufstoßen.
Ich reibe mir gerade noch den Feen-Staub aus den Augen und versuche, "Star Wars: Episode VII - Das Erwachen Der Macht" einigermaßen klar zu bewerten. Falls dies überhaupt möglich ist. Denn wie könnte ich STAR WARS hassen und niedermachen? Das wäre so, als würde ich auf meiner Kindheit herumtrampeln. Oder zumindest auf die damit verbundenen Freuden. Unschuldig, aufgeregt, elektrisiert und noch verstärkt wertefrei im Kino oder dem heimischen TV zu sitzen. Sich auf jede Minute zu freuen, in denen Neues und unbekannte Welten vor deinem Auge vorbeiziehen.
Einfach noch mal Kind sein dürfen – dass schafft "Star Wars: Episode VII - Das Erwachen Der Macht" dann allerdings nicht ganz. Und das ist weder Kritikpunkt noch melancholischer Wehgesang auf die unabänderliche Abkehr von der eigenen Unschuld.
Ich kann "Star Wars: Episode VII - Das Erwachen Der Macht" nicht erleben wie das mythisch verklärte STAR-WARS-Kino-Erlebnis meiner Generation. Dafür habe ich vor über einem Jahrzehnt die Episoden I bis III erduldet. Der Hype war gigantisch. Wir alle dachten und hofften doch alle, dass Lucas himself seine eigene Schöpfung in Ehrfurcht gebietenen Bildern weitererzählen würde.
Nix da, Episode I-III sind ernüchternd. Zu wenig bleibt von der Handlung kleben. Das generelle Feeling der galaktischen Welten leidet unterm digitalen Zauber-Kleister, den Lucas in beinahe jeder Einstellung auf die Linse schmiert. Und was durchaus ernst und wichtig für die eigene Mythologie erscheint, wird verkitscht oder lächerlich schnell abgehakt.
Was uns auch endlich zu "Star Wars: Episode VII - Das Erwachen Der Macht" bringt. Jenem großen Startschuss für einen völlig neuen Abschnitt der Sternen-Saga, der auch scheinbar viel wieder gutzumachen hat. J. J. Abrams erfüllt dabei unsere Erwartungs-Haltung, indem er nicht am Heiligen Gral rüttelt.
"Star Wars: Episode VII - Das Erwachen Der Macht" ist fast perfektes Entertainment. Die Wiedergeburt des großen Namens STAR WARS bietet keinen radikal erneuerten Ansatz wie etwa Christopher Nolan mit seinem Dark Knight. STAR WARS ist trotz aller Aussetzer immer STAR WARS geblieben. Eine Mär von jungen Helden, die große Sehnsüchte antreiben, die sich unter drastischen Umständen zu bewähren haben und die nicht weniger als große Tapferkeit beweisen.
Helden wie Rey, die Schrott-Sammlerin. Die passende STAR-WARS-Heldin fürs 21. Jahrhundert weiß nichts über ihre Herkunft, lebt im sandigen Müll-Paradies und träumt von Größerem. Und siehe da, ein kleiner Droid zieht sie rein ins galaktische Schlachten-Getümmel, dem ewigen Kampf zwischen den freiheitsliebenden Völkern der Republik und den totalitären Sturmtruppen der First Order. Gut, dass Rey über viele ungeahnte Talente und etwas Mojo, äh, die Macht verfügt. Das kommt ihren neuen Wegbegleitern Finn und den legendären Han Solo und Chewbacca gerade recht.
Ja, es wirkt vieles einfach nur maßgeschneidert. Um der Enttäuschung vorzubeugen, scheinen Abrams, und nicht zuletzt sein Co-Autor Lawrence Kasdan ("Das Imperium Schlägt Zurück"), den Mythos STAR WARS angezapft und beliehen zu haben. Sprich: Vieles an "Star Wars: Episode VII - Das Erwachen Der Macht" kommt bekannt vor, ob du nun eingefleischter Fan bist oder einfach gerne Filme und Geschichten dieser Art magst.
Die Guten sind gut und edel. Sie geben sogar einem Stormtrooper-Deserteur wie Finn eine Chance. Einem Überläufer misstrauen? Jemanden wegsperren und verhören? Bei STAR WARS wohl undenkbar, hier zählt allein die Aufrichtigkeit deiner Worte und Taten. Aber was sowieso über allem steht, ist das Abenteuer. Es ist ein gewaltiges, wenngleich die inhaltlichen Proportionen klar abgesteckt scheinen. Besonders große Überraschungen bahnen sich eher nicht an. Vieles am Mysterium scheint entweder der eigenen Serie entnommen oder entspricht – Gott bewahre!!! – bekannten Helden-Motiven. Trotzdem übt "Star Wars: Episode VII - Das Erwachen Der Macht" sein Publikum nur in den Augen absoluter Zyniker und Fans mit der Lizenz zum Scharfrichter. Klar, Kritik an STAR WARS fällt nach den Episoden I-III leicht.
Nicht unterschätzen sollten wir dennoch folgende grundlegende Tatsache: George Lucas erschuf anno 1977 etwas Einzigartiges. Sein "Krieg Der Sterne" war und ist visionär. In allererster Linie ist diese Saga aber auch Unterhaltung. Filmkunst natürlich, aber wer wird sie denn gleich beim nächsten Stammtisch neben Bergmannoder Godard in die Runde knallen. Lucas hat durchaus tiefgründige Aspekte in seine Erzählung eingefügt. Aber er vor allem eine leicht zugängliche Helden-Geschichte. Er setzte Standards, erfand die Größe des Kinos neu, nicht aber das Medium an sich.
Diese Lehre befolgt "Star Wars: Episode VII - Das Erwachen Der Macht" in seinen 136 Minuten Spielzeit. Die politischen Untertöne sind minimal. Die Erben des Imperiums sind immer noch böse, düster und wüten vielleicht etwas brutaler auf der Leinwand. Zivilisten werden erschossen, beschossen und gefangen. Neu sind hingegen unterschiedliche Ethnien selbst in diesen Reihen und sogar Frauen dürfen jetzt Helm tragen. Maßgeschneidert fürs neue Millenium, siehe unsere Heldin Rey.
So simpel und wenig überraschend die Bandbreite dieses neuen Kapitels auch ist. "Star Wars: Episode VII - Das Erwachen Der Macht" funktioniert als die bestmögliche Fortsetzung durch eine neue Generation. Die Planeten sind entweder schön öde oder sie erblühen in schönstem Grün. Die Technik ist Alltags-Gegenstand und so sieht sie auch aus. Oder sie funktioniert mal gar nicht!
"Star Wars: Episode VII - Das Erwachen Der Macht" ist sicherlich nicht die Offenbarung geworden, die von manchen herbeigesehnt oder beschworen wurde. Es ist eine wenig langweilige Neu-Interpretation eines großen Ur-Stoffes, bei dessen Handhabung selbst Meister Lucas schon ins Straucheln geriet. Und wie bei jedem Mythos und jeder Religion kommt es am Ende auf die individuelle Sicht des jeweiligen Gläubigen an, ob er oder sie das Dargebotene empfängt oder nicht. Fürs Sakrileg hat J. J. Abrams jedenfalls sehr viel Witz und Selbst-Referenz in die Rezeptur übernommen. Wer hätte gedacht, dass Stormtrooper Selbstgespräche führen oder vor dem zornigen Boss die Biege machen? Oder dass die First Order alles aus der Asche des Imperiums übernommen hat, nur nicht die Aktennotiz, die besagt, dass todbringende Massen-Vernichtungswaffen lieber nicht über auffällige Öffnungen und Schwachstellen verfügen sollten?
Die wahre Qualität von "Star Wars: Episode VII - Das Erwachen Der Macht" wird schließlich erst mit den kommenden Fortsetzungen gebührend beurteilt werden können. Erst mit den nächsten Kapiteln können wir zurückblicken und sagen können, ob Episode VII ein erzählerisches laues Lüftchen war, ob es zu viel oder zu wenig Inhalt gab oder ob nicht sogar Abrams der alleinige ganz große Wurf gelungen ist.
Wir werden sehen. Und bis dahin sage ich: George Miller ist im direkten Vergleich mit "Mad Max: Fury Road" die wohl überraschendere, nahtlose Anknüpfung einer großen Saga gelungen. Ohne dass wir es kommen sahen oder geglaubt hätten.
Aber STAR WARS ist halt STAR WARS. Weswegen ich jetzt mal meine – und es endlich großschreibe – "STAR WARS: EPISODE VII - DAS ERWACHEN DER MACHT" ist der beste Teil seit "Die Rückkehr Der Jedi-Ritter". Unterhaltsam, einfach in der Orientierungs-Phase und ab da nur noch schnell, nostalgisch und mittendrin sogar von echter inhaltlicher Tiefe, teilweise jedenfalls. Also ganz im Sinne der Macht die Fortführung und Weiterentwicklung der visuellen Brillanz, die George Lucas dereinst maßgeblich prägte.
Hollywood im Jahre 2015: Die ehemalige Traumfabrik hat sich in ein ausgetrocknetes Ödland verwandelt. In den Schädeln verwester Kreativlinge wuchern keine neuen Ideen mehr. Die wenigen Glücklosen, die jene große Katastrophe überlebt haben, klammern ihre glanzlosen Augenhöhlen an Franchises, Roman-Adaptionen, Sequels und Remakes.
Sie starren hohl auf schale Märchen-Welten, die von glänzenden Zukünftigkeiten spinnen. Nicht selten sind es Mythen aus alten, besseren Zeiten, die verfremdet und mit viel fahlem Anstrich aufgehübscht werden. Aber die Ablenkung vom trostlosen
Alltag will sich nicht mehr oft einstellen. Das Volk ist der Versuche vertrockneter Studio-Bosse überdrüssig.
Wir haben etwas vermisst. Ein bestimmtes Gefühl, eine Anmutung wahrhaftiger Größe. Lange konnten wir es nicht benennen. Doch dann geschieht das Wunder.
George Miller kehrt zurück ins Wasteland Hollywood. Nicht, um uns niedliche Geschichten von sprechenden Schweinchen oder tanzenden Pinguinen zu erzählen. Und erst recht sucht Miller keine Ablenkung im Sternenkrieg vor langer, langer Zeit in einer weit entfernten Galaxie.
Nein, "Mad Max: Fury Road" löst ein Versprechen ein, dass Miller vor rund dreißig Jahren gab. Es ist nicht weniger, als das endlich realisierte vierte Kapitel in der Helden-Sage von Max Rockatansky. Jenem Mann, jenem Ex-Cop, dem im tobenden Wahnsinn nach dem Atom-Krieg alles genommen wurde.
Max wurde ein anderer, ein Road Warrior. Ein Alleingänger, der mit gut bewaffnet und mit viel PS unterm Hintern, jeden Tag aufs Neue ums Überleben kämpft. Mein ganzes, nicht so langes Leben dachte ich immer, es gäbe nur einen Mann für diese Rolle. Aber Mel Gibson kehrt nicht zurück, Tom Hardy übernimmt das Zepter. Und dieser wahrhaft starke Mime erweist sich mimisch wie physisch als perfekte Besetzung für diese Bürde.
In "The Dark Knight Rises" trat Hardy noch Batman in den Arsch. Hier darf er zeigen, dass auch ihm derart legendäre Rollen passen. Nach dem Genuss von "Mad Max: Fury Road" ist klar, dass keinen besseren für diesen Part gibt.
Dreißig Jahre nach der Donnerkuppel lässt Miller die Ödnis, Härte und Hässlichkeit des Wasteland wieder aufleben. Seines Wasteland, dass seither unzählige Möchtegern-Vertreter des post-apokalyptischen Action-Kinos inspirierte, als Videogame-Kulisse diente und Weltuntergangs-Szenarien befeuerte. Und nun darf George Miller einmal selbst aus dem Vollen schöpfen. Mixt die Tradition des handgemachten Filmhandwerks mit den Möglichkeiten des digitalen Zeitalters.
Was dabei entsteht, ist eine bombastische Vision von der kargen Welt des Übermorgen. Eine artifizielle, gigantische Wüste, eine Welt voller grässlicher und armseliger Kreaturen. Und sie ist in jeder Minute des zweistündigen Spektakels genau richtig getroffen. In diese Welt können wir eintauchen, wir meinen, den Wüstensand zu schmecken, der uns staubig um die Ohren weht. Selbst die monströsen Setpieces und Naturschauspiele gehen eine Symbiose aus Budenzauber und Glaubwürdigkeit ein.
Vor allem merken wir es nicht nur an der Besetzung. Schon in seiner Einführung macht uns Miller klar, dass dies seine Welt ist und dass er sie so ernst nimmt wie jeder anderer Mythen-Schöpfer auch. In "Mad Max: Fury Road" findet die Krönung seiner eigenen Schöpfung statt. Es gibt nicht ein Detail, über dass Miller und seine Helfer gebrütet haben. Mad Max war halt schon immer mehr als bloße Action im Outback. Da gibt es Kasten, Charakter-Klassen, Funktionen und sagenumwogene Orte, zu denen es alle zieht.
"Mad Max: Fury Road" ist nicht weniger als der vierte Teil einer Reihe, die sich ihren Platz in der Kino-Geschichte verdient hat. Es ist mehr, nämlich der durchweg gelungene einer Neuauflage, wie sie heutzutage nicht mehr gelingen will. Weil Fremde ihr Fandom mit Allwissen verwechseln oder weil Studiobosse immer noch das letzte Wort haben, wenn es ums große Geld geht.
Nicht so bei George Miller. Er hat gewartet, Pläne geschmiedet und verworfen und am Ende nahm er selbst mit Stürmen auf, nur um den Film zu verwirklichen, der in seinem Kopfkino lief.
Dies wäre schon ein perfektes Schlusswort. Ich muss jedoch noch dieses loslassen: "Mad Max: Fury Road" verkörpert cineastische Perfektion, selbst mit Aufnahmen, in denen schon mal die Crew zu sehen ist. Dieses neue Kapitel vom getriebenen, verletzten und doch edlen Helden Max ist allereinstes Spektakel. Nicht nur ein gewaltiger Actionfilm, der mal eben alle Riesenroboter und Sternenschlacht auf ihre Ränge verweist. Zu sehen und vor allem zu erleben ist ein echtes Meister-Werk. Im Sinne eines Meisters Werk, der es versteht, minutiös das Feeling einer waschechten, kaputten Welt mit kaputten Typen zu vermitteln. Sondern Massen-Szenen aufzufahren, die von Cecil B. Demille persönlich abgesegnet scheinen. Grandios.
Und darüber hinaus erzählt dieser neue Mad Max eine gute Geschichte, zu deren emotionale Tiefe vor allem Charlize Theron mit Glatze und Gesichtsbemalung entcheidend beiträgt. Das sie Power hat, wussten wir schon. Aber mal ehrlich, wer hätte gedächt, dass Imperator Furiosa die beste und tragischte Heldin des Kinojahres werden würde?
Nur eines von vielen, unzähligen Details, die sich "Mad Max: Fury Road" gönnt – vom durchgeknallten Nicholas Holt, den hübschen Frauen des Tyrannen bis zur Aura des Immortan Joe höchstpersönlich – um waschechte Grandeur zu vermitteln. Für mich ist das vor allem viel Luft anhalten, die Augen übergehen lassen und sich wieder wie ein Kind begeistern dürfen. So wie damals, als du ich zum ersten Mal Gibson über den verlassenen Highway brettern sah.
"Mad Max: Fury Road" ist ein Brückenschlag zwischen der Vergangenheit eines Heldenmythos und den Errungenschaften der heutigen Zeit. Es ist eine perfekte Kreuzung beider Stärken, es ist eine Auferstehung, die dem eigenen Vermächtnis treu bleibt und keinen Verrat daran begeht. Nostalgie und Zukunfts-Vision, so staubtrocken, erbarmungslos und doch voll aufrechtem Heldentum wie eh je.
"Jurassic World" und "Star Wars" sind 2015 ebenfalls zurückgekehrt. Sehr erfolgreich und in jedem Fall empfehlenswert. Was "Mad Max: Fury Road" ihnen voraus hat, ist der Vorsitz des großen Kopfes dahinter. Mit Mad Max kehrt auch George Miller zurück ins Rampenlicht und legt mit 70 Jahren einen Film vor, der den Atem stocken lässt und allen anderen deutlich macht, dass die Urheber sich auf ihre Werke am besten verstehen.
Groß, größer, Mad Max. Ist dies der beste Film 2015? Vielleicht. Auf jeden Fall ist es dieser eine, bei dem ich nicht über Story-Löcher, Unstimmigkeiten und Fehl-Besetzungen nachdenken konnte oder wollte. Dafür steckte mein Kopf zu tief drinnen im Wasteland. Dafür erscheint mir dieser Film einfach zu perfekt, wie er ist. Jetzt kann die Schwarz-Weiß-Version kommen.
Gott ist tot. Unser Gott natürlich. Lemmy is gone. Ein Idol verabschiedet sich. Und wer jetzt meint, das war schon lange abzusehen, hat recht. Lemmy Kilmister hat uns sein eben lang den wahren Rock'N'Roll-Lifestyle vorgepredig. Mit jedem Zug an der Zigarette, mit jeder geleerten Whiskey-Flasche und jedem gebrüllten Konzert-Aufschrei: "We are Motörhead and we play Rock & Roll!"
Das Leben von Lemmy kannte keinen Rückwährtsgang und keine Bremse. Soweit ich zurückdenken kann, war der einzig wahre Warzen-Gott auf hundertachtzig, riss eine Tournee nach der anderen ab und verkündete überall auf der Welt das Gospel der lautstarken Rock-Musik.
Ja, ich war noch jünger. Da entdeckte ich langsam die Freuden verzerrter Gitarren und tief tönender Bässe, die Wucht peitschender Drums. Für mich neue Alben habe ich verschlungen, ob Klassiker oder gerade angesagt. Und immer wieder stieß ich an Grenzen. Metallica, Iron Maiden, Black Sabbath – klang alles cool. Nur manchmal musste ich an etwas erst gewöhnen.
Die stilistischen Unterschiede der Sabbath-Ära von Ozzy und Dio. Diese überlangen und doch geilen Arien der frühen Metallica-Jahre und dann diese Songs, welche die Jungs seit den Neunzigern ablieferten.
Aber Motörhead waren anders. Muss ich in alle Ewigkeit diesen bedeutenden Moment rekapitulieren können, in dem "Ace Of Spades" in mein Leben trat? Und spielt das überhaupt eine Rolle? Was zählt ist die Power, die spürbar in allen Dingen nachhalt. Die Worte, die Akkorde und dieser Drive.
Ja, Motörhead waren wahrhaft anders. Bei ihnen gefiel mir auf Anhieb alles. Jeder neue Song, jedes weitere Album. Es war einfach alles nur riesig.
Selbst jenen "feingeistigen" Verfechtern des guten Geschmacks, der Melodie und kompositorischer Raffinesse mag es selbst heute nicht ganz klar sein: Motörhead boten vier Jahrzehnte lang mehr als nur die x-te Variation eines Dampfhammers-Sounds mit In-die-Fresse-Tempo und griffigen Riffs.
Lemmy Kilmister hat mehr als einmal sein wahres Talent fürs Songwriting bewiesen. Ob in seiner Version des dreckigen Blues, Abrissbirnen-Nummern oder einfühlsamen Balladen wie "Don't Let Daddy Kiss Me" oder "1916". Der Mann war nicht nur ein tobender Rock-Gott, Lemmy schrieb auch anderen gern etwas auf den Leib. Nicht zu vergessen die Hymne "R.A.M.O.N.E.S.". Vielleicht der beste Ramones-Song, auf den die Brüder nicht alleine kommen konnten.
Und wenn Lemmy mal nicht die Konzert-Hallen und Gehörgänge der Welt zum Beben brachte, dann trat er in Musik-Videos oder Filmen auf. Wobei er sich erst gar nicht an etwas anderem versuchte. Lemmy war ein Unikat und verkörperte sich stets selbst. Sehr schön zu beobachten in "Eat The Rich", wo Lemmy zwar Spider heißt, aber ansonsten zu einhundertzehn Prozent den einzig wahren Lemmy gibt.
Dass nun diese traurige Nachricht irgendwann verkündet werden würde, war uns allen natürlich klar. Nur wahrhaben wollten wir diese Tatsache nicht. Lemmy, der müsste schon von einem Berg oder Meteoriten erschlagen werden. Der müsste schon auf der Bühne spontan explodieren oder mindestens einfach so umkippen. Krebs jedoch, das ist zu normal-sterblich. Unwürdig und uncool.
Der Tag ist aber gekommen. Kurz nach Weihnachten und dem siebzigsten Geburtstag von Ian "Lemmy" Kilmister. Wir werden ohne diesen Giganten leben lernen müssen. Wenigstens bleiben uns die unvergesslichen Platten, diese starken Cover und all diese Jahre auf der Bühne.
Ich glaube sowieso, dass Lemmy gerade dort oben seine erste Probe mit Würzel und Phil Taylor auf die Beine stellt. Wahrscheinlich schauen ihn Philip Lynott, Gary Moore und Jimi Hendrix zu. Mindestens die.
In diesem Sinne: ein Hoch auf Lemmy. R.I.P. Unsere Welt wird noch lange Ohrenschmerzen haben. Stone Deaf Forever.
Wenn ich einen Film wie "Der Lorax" kritisieren will, dann rächt es sich, dass ich noch nicht jedes Buch auf der Welt gelesen habe. Ganz einfach, weil ich Dr Seuss natürlich als den großen Vordenker, Pädagogen und fantasievollen Autor kenne, aber nur gelegentlich die Nase in sein Werk stecke.
Deshalb kann ich an dieser Stelle keinen Vergleich mit der literarischen Qualität der Vorlage und dem computer-generierten Zauber der Film-Adaption ziehen. Aber vielleicht ist das sogar unnötig.
Wie schon bei "Der Grinch" spielt sich hier alles im bunten Parallel-Universum voll Who-artiger Bewohner ab. Genauer gesagt in Thneedville, einem sterilen Guantanamo im Niedlichkeits-Look, wo schon vor Ewigkeiten gedanklicher Individualismus und auch die Natur abgeschafft wurden. Unser erster Held Ted, nicht ganz der typische neugierige Jüngling, wagt sich hinter die hermetisch abgeriegelten Mauern dieser Stadt, in der alles nur in Plastik und Metall glänzt.
Es ist abermals die Liebe und diese ganz verrückte Idee, der Angebeteten einen echten Baum präsentieren zu können. Und siehe da, es gibt jemanden, der Ted alles über die Bäume und die Natur erzählen kann. Der Once-ler versetzt Ted und uns zurück in die Zeit saftig grüner Wiesen und dichter Wälder. Eine Zeit vor dem kargen Ödland, von dem die Bürger von Thneedville auch gedanklich abgeschottet werden.
In dieser Story taucht dann auch der Lorax auf. Jenes putzige Wesen, das von Danny DeVito auch auf Deutsch hervorragend vertont wurde. Der Lorax warnt noch davor, die prachtvolle Vielfalt der Umwelt auszubeuten, doch umsonst.
Stellt sich nur die Frage, ob, wie und warum es Ted schaffen sollte, die düsteren Geister der Vergangenheit zu besiegen und seine Mitbürger aus dem Koma aus fröhlichem Konsum wach zu rütteln?
Ja und warum das alles überhaupt? "Der Lorax" ist ganz klar kein einfaches Öko-Märchen für Kinder. Jedenfalls verstecken in seiner Thematik äußerst unangenehme Anspielungen auf die zombie-hafte Lebensweise, die Dr. Seuss bereits während der siebziger Jahre in der Gesellschaft ausmachte. Kaufen, kaufen,k aufen, wegschmeißen, aufbohren, umwühlen, anzapfen, wegschütten, niederbrennen. Ja ja, "Der Lorax" fängt diese Mentalität ganz gut ein und womöglich erzieht der Film damit sogar ein paar jüngere Zuschauer zum Guten.
Weniger ansprechend finde ich da diese Auflösung. Nach einem Abenteuer voller Umwelt-Moral oder -Bewusstsein, einem Kampf gegen kaltherzige Kapitalisten, erblüht schließlich neues Leben aus dem Samen der Hoffnung. Mit viel gutem Willen kehrt die vergangene Umwelt wieder zurück. Und ich muss mich fragen, bin ch vielleicht zu alt geworden oder den Kinderschuhen entwachsen?
Ich mag "Der Lorax" irgendwie, bis zu diesem Ende. Das ist mir dann doch zur Wunschvorstellung. Nachdem ich gesehen habe, wie der blinde und ungesunde Raubbau an der Natur Einzug in diese verknuddelte Welt gehalten hat. Ich weiß einfach nicht, ob diese Ermutigung Kindern zur Botschaft genügt. "Du musst es nur wollen und Reue zeigen, dann ist alles vergeben?" Wirklich? Nach dem Fällen des letzten Baumes, der Vertrocknung des letzten Sees und dem Ziehen der letzten Blume?
Da will ich nicht mal wissen, ob dies das Ende und die Lektion sind, die Dr. Seuss ursprünglich niederschrieb. Die filmische Variante von "Der Lorax" gleicht mir da einfach zu sehr der moralischen Wende des Grinch. Denn auch dieser musste am Ende nur klein beigeben, die Weihnacht akzeptieren und lieben lernen. Und schon liebten ihn alle. Und beim Lorax? Da schaut jemand wehmüig auf seine schlimmen Taten zurück und kann am Ende doch die Welt wieder besser machen.
Wenn es sonst nichts weiter ist. Ich weiß nicht warum, aber "Der Lorax" ist mir inhaltlich zu wichtig und als Film schon wieder zu trivial ausgefallen. Es klafft etwas auseinander. Ein buntes Abenteuer in einer Welt voller Figuren, die mir auch so nicht unbedingt ans Herz wachsen können und am Ende halt die große hoffnungsvolle Wende. Vielleicht bin ich auch schon durch deutlich erwachsenere Werke wie "9" geschädigt. Immerhin führte uns dieser die unheilvollen Langzeitwirkungen des Krieges und der Umwelt-Zerstörung mehr als eindringlich vor Augen.
Das muss es sein, ich finde "Der Lorax" zwar niedlich und ganz gut. Aber er ist mir nicht düster und konsequent genug. Oder ich empfinde es letzten Endes als überflüssig, immer wieder Literatur-Klassiker zu bemühen. Ach, dieser Zwiespalt.
24. Dezember 2015:
Ich will euch was erzählen von Weihnachten. Weihnachten ist das Fest der Liebe, der Güte und Vergebung. Die Zeit des Schenkens.
Und es ist die Zeit, um die Nüsse von Bösewichtern zu knacken und richtig Dampf abzulassen.
So wie es uns Arnie in "Phantom-Kommando" so schön vorlebt. Lange, sehr lange habe ich diesen Film zu wenig gewürdigt. Räumte ihm in Arnies Filmografie einen der untersten Plätze ein. Irgendwo bei "Red Sonja" oder "Herkules In New York". Aber dann kam die Wende.
Dank einer ausnahmsweise coolen Zensur-Befreiung sah ich "Commando" endlich in seiner vollen Pracht. Und schon musste ich meine von Erinnerungs-Wolken getrübte Sicht neu überdenken.
Aus diesem einfachen Grund: Dieser Film macht Spaß, ist irrsinnig cool, nicht hohl und vor allem, zerlegt Arnold eine Horde erstklassiger Bösewichter.
Ja, die achtziger Jahre hatten es in sich. Da machte es noch Zack, Boom und Krach. Nicht in der Videotheken-Ecke, sondern auf der Leinwand. Studio-Bosse ließen sich solche Filme noch was kosten. Und sowieso waren Arnie, Sly und Co. die beste und coolste Garde Action-Heroes, die dem Kino passieren konnte.
Und ein Film wie "Commando"? Der brauchte nicht mehr als einen protzigen Helden, eine entführte Tochter, ein Ultimatum und Waffen, viele Waffen. Rae Dawn Chong als völlig unbedarfte Stewardess wird auch ins Geschehen reingezogen und darf als Stichwort-Geberin für Comic-Relief sorgen. Kluge Entscheidung.
Bei "Commando" wird mir nun warm ums Herz. Ich johle, wenn Arnie Genicke bricht, einen Typen von der Klippe fallen lässt und das Hauptquartier der Bösen zerlegt. Egal, ob das eine Sicherheitsschnur im Bild zu sehen ist. Was soll's, wenn bei der Explosion der Barracke Schaufenster-Puppen in Militär-Klamotten zerfetzt werden.
Das ist alte Schule und so was von verzeihbar. Hauptsache, es macht Spaß wie das
Drehbuch von Action-Spezi Steven E. de Souza. Mag sein, dass Arnie niemals einen Part wie den des John McClane spielen könnte. Arnie ist seine eigene Klasse. Und das ist gut so.
"Commando" in astreine Handarbeit. Von den coolen Dialogzeilen, den herrlich starken "Aufräumarbeiten" im gegnerischen Lager bis zu den Ober-Fieslingen. Arnies Kollegen Bill Duke und der herrlich aufgedrehte Vernon Wells (die deutsche Synchro lässt den tollen Ausdruck seiner Stimme leider etwas vermissen) bereiten dem Tough Guy einen starken, ebenbürtigen Kampf bis zum Schluss. Und wenn dann auch noch Dan Hedaya sein Schurken-Gesicht in die Kamera hält, dann ist klar, ohne "Phantom-Kommando" wären Filme wie "The Expandables" undenkbar.
Das Action-Kino eines ganzen Jahrzehnts wäre weniger unterhaltsam. Würde weniger vor aufrechtem Wortwitz und stählernen Muskeln platzen. Es sind Filme die "Commando", die einem die Wartezeit auf den nächsten, wirklich guten "Terminator" oder was sonst noch, richtig versüßen.
In diesem Sinne, lasst es krachen und feiert schön.