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Alle Kommentare von mikkean
Schöne Grüße vom Fantasy Filmfest 2015:
Es gibt Dinge, die kannst du nicht erklären. Filme wie "Kung Fu Jungle"/"Kung Fu Killer" gehören dazu. Die sind nicht einfach nur Kung Fu oder Martial Arts, die sind einfach nur Donnie Yen.
Was ist schon von einem Film zu halten, in dem ein Serienkiller der Reihe nach Meister der Kampfkunst meuchelt und die Hongkonger Polizei auf die Expertise und Fertigkeiten eines Knastis angewiesen ist? Ja, schon klar. Eine Story, die sich auf ein Streichholz ritzen lässt, das muss Gekloppe der Güteklasse B oder C sein. Doch falsch gedacht, wir reden hier von einem Donnie-Yen-Spektakel.
Zugegen, "Kung Fu Jungle" (Wikipedia)/"Kung Fu Killer" (Titel beim FFF 2015) fesselt einen nicht gerade mit der weltbesten Prämisse. Doch die Geschichte, so vorhersehbar und etwas abgekupfert sie auch ausgefallen sein mag, versucht nicht, wird überzeugender dargeboten als gedacht. Donnie Yen bekommt als verurteilter Kampfsportler Hahou Mo nicht nur genügend Raum für akrobatische Darbietungen, die Kiefer runterklappen lassen und bei uns fauleren Menschen zu extremen Neid-Anfällen führen dürften.
Unser geplagter Hahou Mo war einst extrem ehrgeizig und wollte sich mit möglichst den besten der besten messen. Ein bisschen wie El Topo. Auch, weil es Hahou Mo schließlich zu einem tödlichen Duell trieb. Er lernte seine Lektion und büßt nun im Knast. Bis ein geheimnisvoller Killer mit noch kränkerem Ehrgeiz seine besondere Todesliste abarbeitet.
Natürlich steht Hahou Mo ganz oben auf dieser Liste. Überraschend bis phänomenal hingegen bei dieser Story ist neben teils übermenschlich guten Fights der übermenschliche Killer. Wang Baoqiang heißt der Darsteller, der nicht nur einen irre grinsenden Psycho-Klopper spielen darf. Erst schlürft er als Krüppel durchs Bild, dann plötzlich haut der dem jeweiligen Meister seine Spezial-Fähigkeiten um die Ohren. Ah ja, noch so ein interessantes Detail an "Kung Fu Killer" ist die Reihenfolge der Opfer. Jeder Meister verkörpert eine besondere Fertigkeit. Von außen nach innen, wie es im Film heißt. Von den Tritten zu Händen zu Waffen.
Das hierbei weniger Wert auf die ultimative Hochzeit von Serienkiller-Jagd und Martial Arts, als denn auf ein waschechtes Kampfkunst-Turnier ohne Grenzen, geschenkt. Problematischer, da auffälliger, ist da schon die Tatsache, dass dieser Film Fans von Nonstop-Action-Orgien nicht eine Dauer-Aneinanderreihung von nie enden wollenden Kampfszenen bietet. Es sind dann doch weniger als gedacht, dafür wird in der Handlung nicht so blindlings in den Ermittlungen herumgestochert.
Und auch die Qualität der gebotenen Kämpfe ist unbestreitbar riesig, umwerfend und gehört mit zum atemberaubendsten, was in den letzten Jahren aus Hongkong kam. Abropos, jedem Filmfan des HK-Kinos dürfte die Fülle an Gastauftritten und Querverweisen Freudentränen in die Augen schießen lassen. Selbst wer niemanden oder kaum jemanden der Gaststars erkennt, darf sich über den Fanservice im Abspann freuen.
Was bliebe also als Fazit zusammenzufassen? So blöd der Titel "Kung Fu Jungle"/"Kung Fu Killer" auch klingen mag, der Film ist nicht weniger als ein wahnsinnig mitreißendes Potpourri gnadenlos guter Kampfszenen, Mörder-Choreografie, ein wenig Serial Murder und Selbstbeherrschungs-Weisheiten. Wer nicht gerade einen tiefgründigen und vielschichtigen Reißer, sondern echtes Handkanten-und-Kick-Kino erwartet, kommt mindestens voll auf seine Kosten. Bei Filmen wie diesen sehe ich es Donnie Yen auch nicht nach, dass er keinen dritten "Ip Man"-Teil mehr gedreht hat.
Schöne Grüße vom Fantasy Filmfest 2015:
Es war einmal ein Märchen, das wollte keine Kinder in den Schlaf wiegen. Das handelte nicht von strahlenden Rittern und gutherzigen Prinzen, die eine holde Maid aus den Klauen der Gefahr entreißen. In diesem Märchen besiegelt kein der wahren Liebe Kuss eine glorreiche Zeit für jedermann im Land.
"Das Märchen Der Märchen" oder "Tale Of Tales" von Matteo Garrone ist dieses Märchen, das von einer Zeit und einem Reich berichtet, indem Könige und Königinnen dem Wahnsinn verfallen, sich dem Blutdurst hingeben und das arme Volk in den verdreckten Straßen sich selbst überlässt.
Kein Zweifel, Garrone bläst unseren gängigen Erwartungen an Märchen-Adaptionen gehörig den Zuckerguss vom Kuchen. Und dass ihr ja keine Gesangs-Nummer erwartet, Disneyland liegt nämlich in ganz weiter Ferne. Stattdessen entfaltet "Tale Of Tales" in üppigen Kulissen, schönen Palasträumen und zugewucherten Märchenwäldern, seinen bizarren Charme.
Basierend auf den Erzählungen des Poeten Giambattista Basile versammelt der Film drei recht morbide Geschichten, von verrückten KönigInnen und leidenden Königskindern. Salma Hayek wünscht sich nicht sehnlicher als ein Kind. Bekommt erst eines, nachdem ihr Gatte ein Seemonster erlegt und dabei stirbt. Nach dem Verzehr des Herzens der Bestie bringt die Königin einen Jungen zur Welt, wie auch die Küchenmagd. Beide Söhne, der Bettelknappe wie der Prinz, gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Und ihre Majestät die Hayek trachtet dem niederen Doppelgänger ihres Bubs nach dem Leben.
Vincent Cassel bumst sich als nimmersatter König durchs Leben. Eines Tages folgt er einer bezaubernden Gesangsstimme und einer Kutte zu einer unscheinbaren Hütte. Er begehrt das unsichtbare Mädchen. Zu dumm, dass in der Hütte zwei ziemlich schlecht gealterte Schwestern wohnen.
Und zu guter Letzt ist da noch die Mär vom König Tobey Jones, der Tochter und Amtsgeschäfte vernachlässigt, weil er einen Floh gefangen hat und füttert. Bis der echte Hollywood-Monster-Ausmaße erreicht. Aber eigentlich geht es in dieser Geschichte um das Martyrium einer Prinzessin, die sich nach einem schönen Prinzen sehnt und vom Vater einem Oger überlassen wird.
Klingt alles schräg und ziemlich abgedreht, richtig? Ist es auch. Ohne Frage ist "Tale Of Tales" wieder einmal ein Stellvertreter dieses ominösen "ganz besonderen Films". Jene Genre-Gattung, in der alles geht und doch nichts muss. Auch "Tale Of Tales" ist von vielem etwas und doch ganz anders, als die meisten Beschreibungen erahnen lassen. Matteo Garrone entdeckt den wahren Kern des Märchens wieder und wirft einen betrübenden Blick auf eine Gesellschaft, in der die Reichen immer verrückter und fanatischer werden. Während die Ärmeren vom Glauben abfallen und armselig verrecken.
Und doch, "Tale Of Tales" ist kein überhebliches Sittengemälde und ruft nicht zum Sturm auf die Paläste auf. Dafür ist die Kritik, wie vieles andere auch, zu subtil. Wie ein waschechtes Märchen auch spinnen die Geschichten des Films abgefahrene Storys, die sich Leute einander erzählen. Um sich zu amüsieren, zu erschrecken oder um die dekadenten Machtinhaber abzulästern.
Dabei ist "Tale Of Tales" ein herrlich altmodisches Spektakel, bei dem neben den Kulissen auch die Kreaturen vorrangig in handgemachter Ausführung begeistern. Und ja, es gibt auch Monster in diesem Film, meist sind es aber welche in menschlicher Form. Eigentlich das größte und vermutlich höchst hinderlichste Ausrufezeichen ist die Erzählweise dieser Anthologie. Bitte etwas Sitzfleisch einplanen. "Tale Of Tales" erzählt seine Geschichten in verschachtelter Form und braucht knapp über zwei Stunden. Das wird nicht jedem angemessen lang vorkommen oder als gar überlang erachtet werden.
Weswegen ich anrate, sich dieses Films wirklich dann anzunehmen, wenn ihr mal wieder ein Märchen ohne Kitsch, Glanz und Glorie sehen wollt. Jede Story braucht seine Zeit, überzeugt aber immer mit einem Blick auf niedere menschliche Instinkte und Beweggründe. Es sind drei Geschichten um Korruption, weniger im Staat als im Kopf und im zunehmend schwarzen Herzen.
Dass "Tale Of Tales" dabei nicht der einzigartige Beitrag im endlosen Genre-Wald der düsteren Fantasy-Stoffe geworden ist, fällt angesichts der aufwendigen Machart und dem herrlichen Kontrast zwischen hübschen Kleidern und Goldschmuck auf der einen und Blut, Gedärm und Wahnsinn auf der anderen Seite, gar nicht so auf. Viel mehr ist klar, dass "Tale Of Tales" ein ganz eigensinnig erzähltes Stück Schauer-Märchen darstellt, dass nichts mit dem überkandidelten Humor, der Liebe und der Verwurstung immer gleicher Motive und Figuren wie "CInderella", "Magnificent" oder "Spieglein, Spieglein" gemein hat. Es sind böse Geschichten, etwas moralisch, etwas schön und garantiert nichts zum Schlafengehen.
Nichts gegen Roman-Verfilmungen, doch wer bitte schön hat laut nach einem Film geschrien, der auf einem Schwangerschafts-Ratgeber basiert? In Hollywood ist so ein Bestseller die Einladung zum Schaulaufen der Stars (ähm) in einem weiteren verzweifelten Versuch, einen US-Ensemblefilm auf die Beine zu stellen. Oder dem Thema lebensnahen (ähm) Witz zu entlocken.
"Was Passiert, Wenn's Passiert Ist" zeigt belegt abermals, dass die Erfolgsformel von "Tatsächlich Liebe" nicht endlos reproduzierbar ist. Und dass dafür irgendwie auch britisches Talent anwesend sein muss. Der US-Alleingang ist irgendwie alles einmal: mal lustig, mal traurig, mal blöd und immer sehr, sehr, sehr vorhersehbar. Ist das überhaupt das richtige Wort in diesem Zusammenhang?
"Was Passiert, Wenn's Passiert Ist" ist das, was rauskommt, wenn Filmleute neue Stoffe suchen. Es wird alles reingepackt und nichts ist zu wild, zu laut oder zu böse. Nah am Leben im Hollywood-Stil halt. Einmal kannst du dir das auch ansehen. Danach steige ich aus.
Du schlägst ein Geschichtsbuch und mir nichts, dir nichts, schießt dir ein Paar Finger in die Augäpfel. "12 Years A Slave" ist das cineastische Äquivalent dieser selbstredend unmögliche Erfahrung.
Als Ellen DeGeneres während der Oscar-Verleihung 2014 ihren vielsagenden Spruch "Entweder mögt er ihn oder ihr seid Rassisten" fallen ließ, habe ich noch nicht gedacht, dass ich ihr mal derart zustimmen müsste.
"12 Years A Slave" ist ein so beklemmendes Stück Starkino, welches ich allein schon seines Verdienstes wegen nicht genug wertschätzen kann. Der Verdienst, eines der düstersten und unmenschlichsten Kapitel der Geschichte lebendig werden zu lassen. Ohne dass ich mich frage, ob die Kostüme authentisch sind. Ob diese Art von Möbel damals wirklich in den Herrenhäusern stand. Ja, selbst ob die Menschen nicht doch zu schöne Zähne oder gepflegte Frisuren haben.
Steve McQueen ist der Balanceakt gelungen, einerseits den Glamour namhaften Personals und ausreichender Mittel zu versammeln und dennoch kein geschöntes Bild dieser schändlichen Episode nicht nur amerikanischer Historie aufzeigen zu können. Es wurde schon darüber diskutiert und philosophiert, ob Steve McQueen mit seinem Werk nicht zu sehr die Sehgewohnheiten der breiten (weißen) Masse bedienen würde. Ob "12 Years A Slave" nur halb so radikal und angriffslustig wie "Shame" sei.
Verbleiben wir doch bei folgender Betrachtungsweise: "12 Years A Slave" ist ein Kompromiss. Welcher Film über Vernichtungslager oder die Ausbeutung der Sklaverei ist das nicht? Welcher Film könnte all die Schrecken, den Horror langsamer bis brutal schneller Zerstörung menschlichen Lebens offen und unzensiert zeigen? Ohne dabei seine Zuschauer zu verstören und für immer vom Bildschirm zu vertreiben?
Sicher, keiner lässt sich gern die Verbrechen seiner Vorfahren unter die Nase reiben. Aber "12 Years A Slave" ist auch nicht als Agitation gedacht. Es ist die zumindest schonungslos geschilderte Chronik des Lebens des Solomon Northup. Eine Geschichte über Menschenraub, die Verleumdung einer Existenz, Ausbeutung und Ermordung. Eben eine der schändlichsten aller Zeiten in einer Nation, deren Wunden leider immer noch nicht verheilt scheinen. Was selbstredend auch auf unsere Welt als Ganzes zutrifft.
Bevor wir selbst noch zu viel philosophieren, sollte klar sein, dass "12 Years A Slave" einer dieser ganz raren Fälle ist, bei dem ich mich nicht frage, ob ein Schauspieler besonders heraussticht. Ich mich nicht frage, ob der gute weiße Mann am Ende nicht eine zu verkrampfte Entschuldigung für dieses Verbrechen darstellt. Dieser Film funktioniert als ganzes, weil er schmerzhaft und allen dramaturgischen Änderungen und Vorbehalten zum Trotz, einfach ehrlich erscheint. Es kann nach diesem Film keine Leugnung mehr geben. Kein "So schlimm wird es damals schon nicht gewesen sein".
Sondern hoffentlich hilfreiche Diskurse und das Hoffen, dass irgendwann wirklich keine Grenzen der Hautfarbe, des Glaubens, des Namens und der Herkunft zwischen uns Menschen gezogen werden.
Wenn der Protagonist Yoon Ji-wook zu Beginn von "Man On High Heels" einen Mafia-Boss und seine versammelte Mannschaft aufmischt, ist das perfekt choreografiertes wie fotografiertes Action-Kino. Yoon Ji-wook sieht klasse aus, trägt maßgeschneiderte Anzüge und braucht eigentlich keine Schusswaffe, um den Kriminellen Angst und Ehrfurcht einzubläuen.
Doch die Ein-Mann-Kampfmaschine quittiert vorzeitig den Dienst und das nicht, weil er endlich den gesamten Abschaum der Unterwelt eingebuchtet oder weil die Arbeit satthätte. Yoon Ji-wook will endlich alle Fesseln von sich reißen und endlich als das Leben, was er seit Kindheitstagen immer wieder zu verdrängen und unterdrücken versuchte. Er will endlich den Mann hinter sich lassen und die Frau in ihm nach außen kehren.
Mal abgesehen von so manch schlimmen eindimensionalen "Tucken"-Auftritten ist das Martial-Arts-Kino ja sonst die Domäne echter Kerle. Steinharter Muskelprotze und Ganzkörper-Akrobaten. Nun also wagt Regisseur und Autor Jang Jin das Unmögliche und reißt mit "Man On High Heels" die Genre-Grenzen ein.
Sein Film ist kein an Vernunft und Toleranz appellierender Transgender-Klopper. Erzählt wird nicht die verkitschte Geschichte vom mutigen Coming Out. Yoon Ji-wook ist eine durchweg tragische Figur, deren Entscheidung nicht allein in der südkoreanischen Gesellschaft für schiefe Blicke und Unverständnis sorgt.
Jang Jin hat den perfekten Ausgangspunkt gewählt, um anhand des männlichsten aller männlichen Helden, Vorurteile und Anfreindungen aufzuzeigen. Auch die Beweggründe für die Geschlechtsumwandlung, das Ablegen aufgedrückter Rollen und das Hadern mit der eigenen Homosexualität fasst "Man On High Heels" mutig an. Und das geradezu beeindruckend eindringlich und ergreifend, selbst wenn die Geschichte mehr deprimierend ausfällt.
In Rückblenden gewinnt der äußerliche Vorzeige- Macho und Über-Kämpfer Yoon Ji-wook an Kontur. Er wird uns als Junge gezeigt, den seine romantische Neigung zum Klassenkameraden erst abschreckt und der damit hadert, sich selbst zu lieben. Zeitlebens wird Yoon Ji-wook sich selbst verstecken und zu einer äußeren Hülle werden, die jeder liebt und schätzt. Nur er nicht.
Und auf das sensible wie erschütternde Drama eines Menschen, der sich selbst verleugnet, lässt "Man On High Heels" nahtlos wieder echte Gefahr aufkommen. Denn nicht umsonst steckt im Transgender-Action-Noir-Drama der Wortzusatz Action. Leider hat Yoon Ji-wook nur seine Marke und seinen Posten hinter sich gelassen, die Unterwelt aber hat ihn nicht freigestellt. Der Gangster-Boss, der im Auftakt vermöbelt und eingebuchtet wird, hat nämlich noch einen Bruder.
Was ganz nach Alibi-Handlung und minimalen Ausflügen ins dramaturgische Fachgebiet klingt, ist bei "Man On High Heels" durchaus ernstzunehmender Bestandteil eines sensationellen Gesamtpakets. Keine störenden Stereotypen, keine Alibi-Sympathisierung, "Man On High Heels" nimmt sich, seinen tragischen Heroen und seine nicht minder bewegende Geschichte absolut ernst. Ebenso wie die von der (südkoreanischen) Gesellschaft geschmähten "Schwuchteln", "Tunten" und "Transen". Die Anführungszeichen sind wohl selbsterklärend.
"Man On High Heels" ist natürlich für beinharte Fans echter Kampfkunst mit Vorsicht zu empfehlen. Hier wird weniger gegen geschlossene Münder und die Schwerkraft angekämpft, gekämpft wird dennoch ansehnlich bis aufs Blut. Jang Jin ist ein ganz mutiger und vollkommen gelungener Vorstoß gelungen. Ein kräftezehrender Streifen, eine zermürbende Geschichte und ein Rausch, der sogar ein Happy End mit bitterstem Beigeschmack aufwartet. Lohnenswert, anders, toll.
Es ist doch große Kunst, wenn jemand das unmögliche in Wort fasst. Geschweigedenn, wir Anteil an etwas haben zu können, vor dem wir sonst zurückschrecken würden. Dieses Etwas ist im Fall von "The Sessions" die Intimität zwischen zwei Menschen. Und nicht, dass wir moralische Kindsköpfe davor ekeln würden. Nein, wir fühlen uns vielleicht befremdet beim Gedanken, den durch Polio gelähmten Mark dabei zu beobachten, wie er sich seinen Traum von körperlicher Zweisamkeit endlich erfüllen sucht. Sex, ja, es ist ein Film über Sex. "The Sessions" ist zugleich auch ein ruhiger, gefühlbetonter Film über das Finden der Liebe. Und witzig ist er auch noch. Es mag nicht jedem gefallen. Mancher wird meinen, schon Besseres gesehen zu haben. Mir recht. Ich nominiere "The Sessions" hiermit dennoch für den Titel "Bester Beitrag im ARD-Sommer-Kino 2015". Bitte sehr oft mehr davon und weniger deutsche Wurst-Titel.
Sie sind die stillen Opfer des Krieges und zugleich auch die ältesten Zeugen: Kunstwerke. Bei Millionen zu beklagenden Toten kommen Ölgemälde oder Skulpturen nur den wenigsten unter uns umgehend als größte Verluste der blutigen Episoden der Menschheitsgeschichte in den Sinn. Doch es stimmt, Kunst ist die Errungenschaft einer Gesellschaft, einer Kultur und des Glaubens. Kunst ist gleichwohl der Werke großer Dichter und Denker im Erbgut unserer Völker eingebunden.
Mit diesem philosophischen Hintergedanken ist es George Clooney an dieser Stelle einmal sehr hoch anzurechnen, dass er seinen Beitrag, zum nicht gerade an Vertretern armen Thema Zweiter Weltkrieg, den bisher unbesungenen Helden und Opfern dieser grausigen Zeit gewidmet hat. "The Monuments Men" ist die Geschichte jener Männer und Frauen, die in Unterzahl zur restlichen alliierten Streitmacht, jene Güter jahrehundertealter Kunst und Kultur sicherstellen und erhalten sollten.
Das ist gelinde gesagt ein absolutes Genre-Novum, wie auch leider kein Garant für einen ergreifenden wie stolzen Volltreffer. Denn Clooneys Kriegsfilm über Kunsthistoriker, Maler oder Architekten – im Sportlerdrama-Jargon ein Haufen Helden aus der zweiten Reihe – gleicht allzu oft den gezeigten Bunker-Verstecken der Nazis. Alles zusammengepfercht, aufgereiht und aufgebahrt, aber keine Alternative zur Atmosphäre eines gut konzipierten Museums.
"The Monuments Men" steckt sich ein nobles Ziel, knackt den Besetzungs-Jackpot und bietet neben Trümmerlandschaften traumhafte Kulissen. Doch George Clooney gelingt irgendwie nicht viel mehr, als uns Zuschauer für ein hochinteressantes Kapitel Weltkriegs-Geschichte zu interessieren. Sobald er uns mit seiner Einführung am Haken hat, bietet "The Monuments Men" nur bedingt mehr als einen geradlinig verschlafenen Spielfilm mit Uniformen, etwas Geballer, Pathos und einer fetten Schicht klebrig süßen Nektars vollbrachten Gutmenschentums.
Es widerstrebt mir, dieses Wort zu gebrauchen. Undifferenziert fasst Misere und Haltung des Films jedoch recht gut zusammen. "The Monuments Men" ist viel zu oft fast richtig interessant, beinahe bewegend und landet dann doch wieder auf der Einbahnstraße in Richtung Was-geht's-mich-an-Hausen. Verschrobene Figuren lassen einen etwas zu lang und steif verfahrenen Streifen halt nicht auf magische Weise lebendig werden.
Viel zu oft ziehen die Geschehnisse an uns unbekümmert vorbei wie der Aufstieg und Fall von Königen, Päpsten und Diktatoren an den gezeigten Kunstwerken. Nicht, dass "The Monuments Men" irgendetwas mit aufrüttelnder Kriegs-Action am Hut hätte. Dies ist nicht "Der Soldat James Ryan" (auch wenn der mitspielt, kleiner Scherz am Rande) oder "Full Metal Jacket". Gerade deshalb muten Sequenzen auf dem Schlachtfeld, Schusswechsel in zerbombten Städten, wie Fremdkörper an. Selbst wenn die echten Monuments Men ebenso darin verwickelt wurden, Clooneys Filmfassung stehen diese Ausflüge nicht recht.
Was sich nahtlos auf alle übrigen Aspekte des Films übertragen lässt. "The Monuments Men" schlenkert etwas ziellos zwischen Pathos-Tretminen, Resistance und dem unbeirrten Glauben an die Mission. Stellt uns eine unmögliche Heldentruppe vor, die sich teilweise schon lange kennt und doch uns im Publikum fremd, bis ein wenig gleichgültig bleibt. Auch der ein oder andere tragische Tod in diesen Reihen vermag es nicht, das verschenkte Potenzial spät zu entfalten. Als Gruppe bunter Vögel, die sonst nichts mit Krieg am Hut hätten, bietet "The Monuments Men" einige Späßchen und eine neue Perspektive auf das, worum es im Kampf auch gehen sollte. Aber sonst? Sovjets, die Kunstschätze einsacken, Nazis, die Madonnen-Staturen stehlen und vorher Konzentrationslager leiteten? Na und?
George Clooney hat es gut gemeint, nicht alles ist im schließlich gelungen. "The Monuments Men" ist natürlich kein verklärendes "Ocean's WII" geworden. Als packende Geschichtsstunde oder Ehrendenkmal ließe sich der Film freilich auch schwer beschreiben. "The Monuments Men" ist irgendwie ein Kriegs-Abenteuer mit edler Zielsetzung. Nur die Figuren bleiben uns ehrlich gesagt etwas egal, wie auch der Film sein Weltkriegs-Setting nur manchmal richtig ausschöpft. Der Film geht nicht besonders in die Tiefe und doch, hin und wieder bleibt etwas gutes hängen. Sehr oft hat das vor allem mit Bill Murray und Bob Balaban zu tun. Ich empfehle die beiden Nachbarn-Szenen beim Zahnarzt und der anschließende Besuch beim, was war das, Neffe oder Cousin? Das kurze Zusammensitzen wirkt nicht so gewitzt wie ein Quentin-Tarantino-Outtake, doch bekommt das "Heil Hitler" hier mal eine ganz besondere Bedeutung.
In solch kurzen Momenten verschafft Clooney "The Monuments Men" eine ganz eigene Kontur. Einen Hauch echten Esprits, der in zwei Stunden Laufzeit viel zu oft verfliegt. Leider.
Gleich vorab gibt's eine Entschuldigung an alle Schöngeister und Hüter des guten Geschmacks. Ich liebe ja auch das gesunde Niveau, komme aber auch mal gut ohne aus. Denn "Das Ist Das Ende" hat mich – vorübergehend – vollends zum Lachen gebracht. Hat mich begeistert, indem er mich entgeistert hat. Ich war überwältigt, obwohl ich dachte, dieser Stuss könnte mich nicht im geringsten amüsieren.
Und doch, diese Farce, diese Wir-kacken-der-Religion-auf'n-Kopf-Schosse kann – vorübergehend – lachähnliche Anfälle induzieren. Dabei ist "Das Ist Das Ende" natürlich nicht mehr als das filmisch weitergedachte Ende eines vertrockneten Gehirn-Furzes aus dem Schädel von Seth Rogen und Konsorten.
Wie sich Rogen, James Franco, Jonah Hill, Craig Robinson und Jay Baruchel selbst verarschen, wird nicht jedem Freudentränen in die Augen treiben können. Es ist nicht unbedingt selbstironisch, besonders klasse oder mutig. Nö, muss es auch nicht.
Die Gang besteht schon aus kleineren bis größeren selbstverliebten Pissnelken, die ganz plötzlich in den Strudel der Apokalypse geraten. Was daraus resultiert, ist reinster Gaga-Blödsinn, eine Aneinanderreihung anarchistisch wütender Humor-Attacken, die Vergewaltigung, Kannibalismus und Exorzismus verwursten. Gags auf der untersten Stufe der Humor-Evolution, ja sicher.
Wenn ich jetzt meine, dass "Das Ist Das Ende" trotzdem – vorübergehend – meine Begeisterung für die komödiantischen Dinge im Leben befriedigt, soll dies nicht bedeuten, dass ich gleich im Kopf eingehe. Diesen Film einmal zu sehen und darüber zu lachen, muss nicht mit schrumpfender geistiger Aktivität einhergehen. Viel mehr profitiert der Film vom selben Effekt, der mich schon bei "Ted" zum "Kreischen" brachte.
Auch wenn "Das Ist Das Ende" nicht so gelungen ist wie "Ted". Allein schon die geballte Kraft des hier versammelten Irrsinns lädt zum Schmunzeln und Kopfschütteln ein. Dies ist vielleicht einer der wenigen "schlechten" Filme aller Zeiten, der dennoch nicht schlecht gemacht worden ist. Know what I mean.
Außerdem ist bei diesem Quark, diesem "Evil Dead" ohne Kettensäge, diesem Untergang des guten Geschmacks, schon die Tatsache bewundernswert, dass der Müll zwei Stunden konstant auf Touren bleibt und sich sogar immer mehr steigert.
Und nach dem ersten Auftritt von Danny McBride, den ich echt durchweg klasse fand, der brillanten Selbstverarschung von Michael Cera und dem Arschsklaven, muss ich einfach sagen: "Das Ist Das Ende" ist nicht so toll wie National Lampoon, nicht grandios wie Monty Python. Es ist einfach nur bekloppte Scheiße, die ich persönlich – vorübergehend – lustig finden konnte. Schon die pure Existenz dieses Quatsches verstößt gegen alle Naturgesetze. Aber so etwas Ähnliches habe ich auch schon von Adam Sandler gesagt. Im Vergleich zu Sandler ist mir dieser Film sogar lieber.
Puh, wenn ich überhaupt eine Erkenntnis aus "Livid" gezogen habe, dann lautet diese: Ich bin so gespalten, dass ich nicht weiß, ob ich "Inside" sehen will.
Zur Erläuterung: Das Regie-Duo Julien Maury und Alexandre Bustillo legt mit besagtem "Inside" einen Traumstart hin. Viel Lob wird ausgeschüttet, beinharte Horror-Fans zeigen sich begeistert, nur an mikkean geht dieser Kelch wiederum vorbei.
"Livid" machte mich dann doch neugierig. Diese Aussicht auf grimmschen Horror mit düsterer, märchenhafter Atmosphäre. Alte Herrenhäuser, vertrocknete Omas und Ballerinas. Dazu noch Vampir-Einschlag und vermisste Kinder, die ausbluten müssen. Oh yes, wenn "Livid" nicht die Formalien des Genres erfüllt, was dann.
Trotzdem sitzen bei mir nach dem Anschauen zwei Teufelchen auf jeder Schulter. Und die flüstern mir zu.
Das linke Teufelchen sagt, was für eine verworrene Angelegenheit "Livid" doch ist. Konfuser Mist, der sich in selbstverliebt guten Bildern und handwerklich ordentlicher Aufbereitung sudelt. Der aber nie übers Embryostadium hinaus kommt. Denn bei allen ansprechenden Ingredienzien wissen Maury und Bustillo wohl selbst nicht, wie sie Horrorhaus, blutigen Schocker und Geister-Geschichte zu einem abgerundeten ganzen zusammensetzen sollen.
Teils tolle Bilder und eine beklemmend dunkle Grundstimmung reichen eben nicht aus, wenn tote Ballerinas sich nur endlos drehen. Und am Ende die eigene Logik oder die der zugrunde liegenden Vampir-Mythologie ausgehebelt wird. "Livid" bietet viele Ansatzpunkte, aber eine kaum kongruente Story. Es fließt Blut, aber es wird kaum deutlich warum.
Deswegen meint auch das rechte Teufelchen, dass in diesem Film vieles nur mit dem Prädikat "Düsteres Horror-Märchen" verteidigt werden kann. Im Märchen spielen Logik und auch vielseitige Motive nur bedingt eine Rolle. Weswegen "Livid" eher als albtraumhafte Vision, als Ahnung eines Horrorfilms begriffen werden sollte. Manche Punkte lassen sich noch mit eigener Denkarbeit miteinander verbinden. Bei anderen Elementen wird einfach nicht klar, warum sie überhaupt vorkommen.
So zieht mich "Livid" teilweise in seinen dunklen Bann. Lässt mich aber doch baff zurück. Weil der Film mal schön bebildert, herrlich spooky ist. Mit schlimmen Mosaik-Steinen wie Kindermord und blutrünstigen Monstren hantiert, aber eben nur moderat gory ist. Teilweise spannend verbleibt und sich wie die Körper und Fesseln der Figuren gleich selbst aufzulösen scheint. Wie ein Albtraum kommt "Livid" einfach so herbei und geht doch wieder vorbei. Interessant ja, aber unterm Strich nur bedingt besonders.
Im ersten Moment denke ich: "All Cheerleaders Die" ist doch Bombe. Was für eine Story: Ausnahmslos hübsche Cheerleader-Chicks, böse Footballer, ein böser Unfall und leuchtende Glitzersteine. Dann kommen die Mädels wieder und knöpfen sich die doofen Jungs vor.
Im nächsten Augenblick lasse ich all das mal sacken. Verarbeite diese krude Geschichte, die teils nur putzigen Blutstrudel, den Bodyswitch oder die Lovestory zwischen Racheengel Maddy und ihrer Ex, der Teilzeit-Hexe Leena. Und muss mich fragen: Will mich Lucky McKee verarschen?
Da hat er doch mit dem Vorgänger "The Woman" einen besten, abgründigsten und intelligenteren Horrorstreifen der letzten Jahre abgeliefert. Und nun so etwas derart Flaches, ganz ohne Anspruch?
Nein, ganz betrogen komme ich mir dann doch nicht vor. Jeder darf auch mal Spaß bei der Arbeit haben. "All Cheerleaders Die" ist dafür der beste Beweis. Story und Effekte sind herrlich überdreht und abgedreht. Der Film spielt in einer Parallelwelt voller hübscher junger Menschen, beinahe wie in "Beverly Hills 90210" oder "O.C. California". Noch besser, die erwähnten Eltern treten erst gar nicht in Erscheinung. Die wenigen Erwachsenen sind dann schon nur Lehrer(-Stereotypen).
Lucky McKee hat sichtbar Freude daran, die allseits bekannten Rollenklischees von Cheerleadern und Football-Homies zu bedienen und gleichzeitig zu verdrehen. Selbst ohne doppelten Boden und versteckte Meta-Ebene zeigt McKeee ein gutes Gespür für passende Musik-Untermalung und bisweilen auch richtig gut getimte Handgriffe. Selbst wenn der Film auch zehn Minuten kürzer hätte sein können, er funktioniert.
Besonders die Eröffnung von "All Cheerleaders Die" (wenn der Titel eingeblendet wird!!!) oder der Schluss-Gag (eigentlich zwei in einem) begeistern mich immer noch. Insgesamt ist Lucky McKee ein anspruchsloser wie durchweg unterhaltsamer Genre-Mix gelungen. Beginnt wie Teenie-Drama, wird zum Mystery-Zombie-Film und endet doch mit einem glücklichen Pärchen. Bis na ja ...
Seht einfach selbst.
Wenn auch nicht der ganz große und von mir erhoffte Wurf, ist "All Cheerleaders Die" die beste Art von Feelgood-Horror-Fun-Movie für zwischendurch, ganz ohne Verpflichtungen und unnötigen Ernst. Ein bisschen wie "Buffy - Im Bann Der Dämonen" zu Bestzeiten. Sehr gut gespielt, nette Special Effects. Und doch eine unterschwellige Mahnung an alle Herren der Schöpfung. Denn die Mädels im Film brauchen uns Kerle in so ziemlich keiner Hinsicht. Wenn doch, wollen sie von uns nur das eine, unser Blut. Oh je.
Boah, die Seyfried macht sich nackig! Gut, das auch schon bei "Chloé" der Fall – und wie heiß das war. "Lovelace" hingegen ist das lange Zeit vollmundig angekündigte Biopic über Leben und Karriere der Linda Lovelace. Sie wurde Anfang der Siebziger Jahre durch "Deep Throat", den ersten mega-erfolgreichen Porno, über Nacht zum Star, zum Mittelpunkt sehr vieler Männerfantasien. Während dieser goldenen Ära schien es für einen Moment noch, es gebe keine Trennlinie zwischen Hollywood und XXX.
Nun gut, "Lovelace" versucht sich an der Wiederbelebung dieser Zeit. Optisch gelingt das gut. Die Handlung selbst bereitet eher Kopfschmerzen oder Langeweile. Je nachdem. Die echte Lovelace wurde erst zum Aushängeschild der Industrie, später zog sie gegen diese in den Krieg. Auch "Lovelace" zeigt eine Version dieser Geschichte. Wenn auch eine vereinfachte.
Linda wird von Chuck entdeckt, sie heiraten und er macht aus ihr Linda Lovelace. Erst Prinz Charming, dann Drecksack und Hobby-Zuhälter. Nach kurzer Filmkarriere, dem Mega-Hit der Schmuddelbranche, Misshandlungen und erzwungenen Liebesdiensten erkämpft sich Linda den Weg in die Freiheit in einem erfüllten bürgerlichen Dasein.
Tatsächlich sind an dieser Handlung die Ausstattung und das Seventies-Setting das aufregendste. "Lovelace" funktioniert wie der Neunzig-Minuten-Fernseh-der-Woche. Die Handlung ist beisweilen etwas beliebig auf beschriebene Narrative ausgelegt und bietet keinerlei nennenswerte Überraschungen.
Amanda Seyfried ist hübsch und spielt auch sicherlich ganz doll. Nur ist es mit ihrer Leistung wie mit so ziemlich allem an "Lovelace": Alles wirkt so unaufgeregt und gleichgültig abgehakt, dass nie ein echter Funken überspringt und Interesse am Schicksal der Titelfigur auflodert. Peter Sarsgaard spielt ein Schinderschwein, dann gibt es den Produzenten Chris Noth, der schließlich Erbarmen hat. Vielleicht allein die Beziehung Lindas zu ihren Eltern, speziell ihrer Mutter, bietet Raum für einige dramaturgische Tiefe.
Ansonsten müht sich der Film zu stark damit ab, der inoffizielle Thronfolger von "Boogie Nights" zu werden. Problematisch oder viel interessanter erscheint der Umstand, dass die echte Linda Lovelace nicht nur einen Film mit vollem Körpereinsatz gedreht haben soll. Und dass offizielle und inoffizielle Biografien von männlichen und weiblichen Hollywood-Stars berichten, die bei ihr Schlange standen.
Gemessen an diesen Fakten, ist "Lovelace" nach all dem Vorab-Wirbel ein eher müde erzähltes Märchen, das sich zwischendurch zum gewaltsamen Albtraum wandelt, um dann doch noch ein Happy End zu finden. Ganz hübsch, aber eben nicht der Hammer, gemessen an einer solch interessanten Vorlage. Trotz all der, auch zu kurzen, Star-Auftritte, den Klamotten und diesen Frisuren. Halt nur so halb aufregend, wie das, was im Vorfeld versprochen wurde.
Wie "Jurassic Park" ohne Wow-Effekt, auf diese Formel könnte diese Kritik eingedampft werden. Aber das fände ich auch wieder zu ungerecht. Denn "Jurassic World" ist nicht der einzige Nachfolgefilm der letzten Jahre, der mit diesem Dilemma zu kämpfen hatte. Die Quasi-Nachgeburt eines überragenden Kino-Erfolgs oder Genre-Klassikers zu sein und irgendwie immer in dessen Schatten zu stehen.
"Jurassic World" war ein Jahrzehnt lang nur ein ewiges Gerücht oder die Androhung, ein Franchise unnötigerweise nochmals auszuschlachten. Als Zwölfjähriger wurde ich ja von Steven Spielberg und seinem Dino Park regelrecht umgehauen. Was war das für ein denkwürdiges Ereignis. Die Generation meiner Eltern hatte ihr "Star Wars", wir hatten unsere genetisch auferstandenen Urzeit-Giganten. Und nun, im Sommer 2015, markiert "Jurassic World" allen Unkenrufen zum Trotz seinen prähistorischen Herrschaftsanspruch auf die Kino-Leinwand.
In den ersten zehn Minuten schafft der FIlm dann auch das Unmögliche: mir schießen Freudentränen in die Augen. Fragt nicht warum, ich kann es auch kaum rational erklären. Es liegt wahrscheinlich einfach am Umstand, dass "Jurassic World" es schafft, aus der Perspektive des begeisterten jüngeren Bruders, den perfekten Grad zwischen Nostalgie und State-of-the-Art-Standard zu erreichen. Der titelgebende Themenpark in "Jurassic World" zeigt sich uns als überwältigendes, überdimensionales Vergnügungszentrum, in dem vor allem der Geist und das Wunschdenken des unvergessenen John Hammond alias Sir Richard Attenborough (eine immer noch ergreifende wie grandiose Darstellung) widerhallen. Dieser Wunsch nach einer Attraktion, die alles Denkbare überflügelt und Menschen allen Alters und aller Herkunft begeistert, ist zu Beginn von "Jurassic World" endlich Wirklichkeit geworden.
Und wenn wir die Sponsorennamen und das Starbucks ignorieren, kommt dieser Auftakt in seinem Eifern der Magie des Originals "Jurassic Park" am nächsten. Wie es ohne Spielberg, Attenborough oder Jeff Goldblum eben möglich war. Ja, es ist vielleicht Naivität und Nostalgie, die mich hier begeistern, aber während des ersten Akts von "Jurassic World" fühle ich mich wahrhaft zu Hause. Chris Pratt gefällt mir Raptoren-Trainer mit Hirn, Muckis und eben Charme (gute Kombination), der seine Schützlinge gleichberechtigt behandelt. Bryce Dallas Howard wirkt nicht fehlbesetzt. Da hockt der Nick aus "New Girl", äh, Jake Johnson im Kontrollraum. Omar "Ziemlich Beste Freunde" Sy schaut rein, wie auch Irrfan Khan als Park-Besitzer. Und auch Vincent D'Onofrio, mit vorhersehbarer, aber dennoch gut gespielter Rolle. Am größten ist die Überraschung mit dem Auftauchen von B.D. Wong, dem einzigen Rückkehrer des Spielberg-Vorbilds.
Nachdem wir so viele bekannte Gesichter und übergroße Tricktechnik bewundern haben, beginnt "Jurassic World" dann leider doch, seinen Glanz teilweise zu verlieren. Im wahrhaft fantastischen Freizeitpark bricht die neuste Attraktion aus und beginnt damit, die Angestellten auf die Speisekarte zu packen. Die übergroße Killer-Maschine Indominus hat dabei Fähigkeiten des Predator und einen unbändigen Drang zu töten. Ja, die gefräßige Dame hat ihr Leben eindeutig nicht als Zirkustier verplant.
Der fehlende Glanz erklärt sich hierbei mit dem zugrunde liegenden Schema F des Films. "Jurassic World" funktioniert nicht nur wie "Jurassic Park", es gibt auch offensichtliche inhaltliche Parallelen. Jemand erschafft blutrünstige Urzeitechsen, ein anderer wünscht sich die Katastrophe herbei. In beiden Filmen gibt es die, welche nur Profit sehen, gute und tapfere Helden und auch Kinder in Gefahr. Neu ist hier die Dimension des Schauplatzes, der Dino-Arten und auch, dass auch Touristen von Sauriern angegriffen werden.
Womit auch die Lehren, wenn wir "Jurassic World" derartigen Tiefgang zugestehen wollen, die gleichen wie schon 1993 sind. Das Leben findet auch hier einen Weg. Und genetisch modifizierte Saurier lassen sich nicht in ihrer DNA auf ein domestiziertes Maß verniedlichen. Bekannt ist natürlich auch die Rollenverteilung, die fast klassisch wirkt. Chris Pratt ist der erfahrene Dinosaurier-Mann. Bryce Dallas Howard die anfangs typisch zielstrebige Geschäftsfrau, die im Verlauf ihre Beschützerinstinkte für die Neffen entdeckt und trotzdem nur kurz zur Waffe greift und perfekte Treffer landet. Bevor sie wieder ins Klischee passt. Schon merkwürdig ausgestorbene Vorstellungen der Geschlechterrollen, die auch anderweitig breit und lang diskutiert werden.
Bei inhaltlichen Punkten wie diesen und eben den auch vorhandenen Löchern in Logik und Plot kann ich nur zu einem raten. Sich nochmals vor Augen zu halten, dass wir über einen Film sprechen, in dem Dinos gezüchtet und in einem Park gesteckt werden. Wer hat gerade Realismus geschrien?
Ansonsten muss einfach ein klar sein, dass "Jurassic World" eine sehr ähnliche Formel wie "Jurassic Park" benutzt, aber mit mehr optischer Power und heutiger CGI-Muskelkraft. Die Bilder sind besser geworden, der Inhalt ist eigentlich auch ganz okay. Denn eines macht dieser Film auch richtig. Logischerweise lässt er die ersten zwei Fortsetzungen außen vor und knüpft direkt ans Original an. Alles andere wäre blöd gewesen, doch sagt dass mal "The Lost World" und Jurassic Park III".
"Jurassic World" hätte in vielerlei Hinsicht besser ausfallen können. Etwas mehr Tiefgang bei den Figuren, mehr Glaubwürdigkeit beim Verlauf der Evakuierung und ja, ein paar bessere dramaturgische Schlenker. Natürlich ist hier vieles oberflächlich und oft auf die Schauwerte gemünzt. Wir reden allerdings auch von einem waschechten Blockbuster, nicht vom nächsten Wes-Anderson-Wunderwerk. Ein Wunder ist "Jurassic World" dann aber auch. Der Film kann allen Fans gefallen, die sich eine denkwürdigere Rückkehr in die verlorene Welt gewünscht haben. Dem Erbe von "Jurassic Park" würdigt dieser Film, auch wenn er nur ein aufgesetztes Mega-Spekaktel mit einigen Fragezeichen geworden ist. Besser wäre es vielleicht gegangen, halt auch sehr schlechter. Neben "Mad Max" ist "Jurassic World" die wohl überzeugendste Auferstehung des Kinojahres 2015.
The Horror, the Horror ...
Der Horror kommt bei "World War Z" als Lawine. Eine alles verschlingende Masse aus untoten Leibern, die nach allem trachten, was lebendig und gesund ist. Wer ich ganz fies drauf, würde ich dieses Bild als Gleichnis zum nimmersatten Moloch Hollywood ansehen (Hey, I love y'all!). Diese profitorientierte Maschinerie, die sich alles von der Buchadaption, Remake-Option oder Comic-Titeln einverleibt, was nur ansatzweise Geld in die Kassen spülen könnte.
So erscheint mir auch "World War Z" als perfektes Sinnbild für die Gier möglichst große Schauwerte zu generieren und einfach alles reinzupacken, was nur geht. Wie ein überladenes Stufen-Sandwich, das irgendwann umkippen muss, wird auch das bombastische Mega-Apokalyptische-Endzeit-Survival-Zombie-Horror-Drama "World War Z" früher oder später von den Tücken der Schwerkraft eingeholt.
Basierend auf einem Buch, das ich zwar faszinierend finde, mich aber nicht wirklich umgehauen hat. Mit allem drum und dran aufgezogen. Brad Pitt erlebt den Weltuntergang durch die Zombie-Epidemie. In den ersten zwanzig bis dreißig Minuten entfesselt Regisseur Marc Forster ein reines Kino-Spektakel. Das bedeutet teils großartige Bilder, die kaum Zeit zum Nachdenken und Luftholen lassen. Da wirkt "World War Z" am stärksten. Weil er all das zeigt, wofür George A. Romero nie das Budget hatte: den globalen Zombie-Horror. Städte, die überrannt werden und niederbrennen. Horden von Untoten, deren Massenaufläufe größenmäßig am Kriegsspektakel orientieren. Dazwischen Pitt als Familienvater, der seine Liebsten zu retten versucht. Selbst "The Walking Dead" spielt nur im Echo dieses Untergangsszenarios und sieht selbst in der größten Panik nicht nach Emmerich aus.
Ich möchte, trotz fehlender Gänsehaut, schon beinahe wow sagen. Da kippt "World War Z" leider schon um in eine Art überlange "Medical Detectives"-Folge. Aus dem Großangriff der Zombies wird ein medizinisches Puzzle, eine ebenfalls halbwegs globale Schnitzeljagd, in deren Verlauf Jerusalem fällt, Brad Pitt ein Flugzeug vom Himmel holt und sich auf ein Kammerspiel und Fang-mich-doch-Spiel mit Untoten einlässt. Nur um am Ende eine Quasi-Lösung zu präsentieren, aus der sich leicht weitere Einträge im Franchise-Katalog aufziehen lassen.
Sagen wir es mal so, "World War Z" ist eine filmische Gigantomanie, die sich leider am eigenen Gewicht verhebt. Großangelegtes Horror-Szenario, globaler Gesundheits-Schocker und allgegenwärtiger Überlebenskampf. Was bei diesem Konzept wirklich interessiert, wird vom Film ledigleich angeschnitten. Zeit für echte Sympathie mit den gebotenen Figuren bleibt eh nicht. Unser kleiner Trip um die Zombie-Welt bietet vor allem bemerkenswert umgesetzte Massen-Aufläufe und einen Faktor Blockbuster-Selbstverliebtheit, der so bisher nur im Horror-Genre beschworen wurde.
Ansonsten weiß ich nicht, was genau die Absicht hinter der dünnen Storyline gewesen sein soll. Ein Mann, der die Welt bereist und irgendwie immer heil aus der Sache raus kommt. Und Zombies gibt es auch. Eine Katastrophe will "World War Z" auch nicht nennen, dafür ist mir der Film zu zerfahren und hat immer mal wieder einen guten Moment zu bieten. Diese zusammengenommen ergeben aber halt keinen rundum gelungenen Film, sie ragen lediglich aus der Masse von Untoten heraus. Daher kann ich auf die angedrohte Fortsetzung ruhig noch etwas länger warten.
Ein Tag, noch finsterer als jede Satansmesse. Gevater Tod hat Sir Christopher Lee zu sich gerufen. Traurig, erschütternd, weil nicht nur das Horrorkino, nicht nur die Welt der Bösewichte einen der ganz großen verloren hat. Sir Christopher war ein Charmeur, ein Multitalent und hat bis ins hohe Alter erhabene Klasse wie auch Demut seiner Zunft verkörpert. Eine Legende, ein Vorbild. Farewell Sir Christopher.
Sir Christopher Lee: Legende, Graf Dracula, Gentleman und vielleicht der einzige Schauspieler, der wirklich mal als Spion tätig war. Charmeur, finsterer Gegenspieler und ein Sänger, der im hohen Alter selbst Metal-Bands noch Feuer unterm Arsch machen konnte.
Was wird es in den nächsten Stunden und Tagen nicht alles an Würdigungen, Rückblicken und Liebeserklärungen geben über diesen absolut einzigartigen Darsteller. Einer, der dann noch Filme drehte und Alben aufnahm, als andere es sich schon längst im Liegestuhl gemütlich machten.
Ich könnte jetzt in Worten schwelgen und mich an einem erhaben klingenden Nachruf üben. Große Rollen aufzählen, die stets charmante Persönlichkeit loben. Alles richtig und genau das, was uns in Erinnerung bleiben wird.
Viel wichtiger erscheint mir mein persönlicher Bezug zu Christopher Lee. Der Umtand, dass ich es immer als Wink des Schicksals begriffen habe, meinen Geburtstag mit diesem Mann zu teilen. Einem Schauspieler, der für mich Sinnbild für die Furcht und Faszination vor Vampiren, den besten Hammer-Filmen und grandiosen Verkörperungen war. Und der Klasse auch abseits der Leinwand zu vermitteln wusste. Ich habe beim Kerzenauspusten immer auch kurz an diese Verbindung gedacht und werde damit natürlich nicht aufhören. Nur wird es beim nächsten Mal ein wenig schwerer fallen und einen traurigen Beigeschmack haben.
Doch Sie werden immer ein Teil meines Lebens bleiben. Machen Sie es gut, Sir Christopher Lee. Ihr Ergebener mikkean.
Ein Slasher-Klassiker, von dem du noch nie was gehörst hast? Wie ist das möglich? Der Justiz sei Dank, hat "Curtains" mehr als zwei Jahrzehnte auf dem Index verbracht, seine Strafe aber inzwischen abgesessen. Vollständig rehabilitiert, darf die kanadische Horror-Mär ihre Klingen nun offiziell in der Öffentlichkeit ausfahren.
Bevor hier überhaupt aber irgendwer abgestochen, stranguliert, erhängt, durchbohrt oder sonst wie unsanft aus dem Leben scheidet, öffnet sich erst mal der Vorhang für die Schauspiel-Diva Samantha. Privat und professionell eng verbunden mit ihrem Regisseur Jonathan, ergründet der Star psychische Abgründe fürs gemeinsame Lieblings-Projekt über eine Frau, die dem Wahnsinn verfällt. Was gäbe es da für eine bessere Vorbereitung, als selbst die Irre zu markieren und sich ins Heim einweisen zu lassen?
In der Anstalt will Samantha einige Zeit lang Stimmung und Inspiration von mental stabilen Seelen aufsaugen, ihr Liebster soll sie dann rechtzeitig wieder herausholen. Doch Pustekuchen, der geliebte Maestro ist halt ganz ein Schwein und lässt seinen Star dort Schmorren. Während Samantha eingesperrt ist, lädt der Regisseur-Exzentriker fünf Kandidatinnen zur Audition. Natürlich für die Rolle, die eigentlich Samantha zugedacht war. Aber was weiß die schon richtig?
Na ja, vielleicht weiß sie doch etwas. Jedenfalls staunt unser Meister nicht schlecht, als sich lediglich vier der geladenen Damen einfinden und plötzlich auch Samantha im Landhaus ankommt, in dem die Audition steigen soll.
Ein abgelegenes Haus, eine Handvoll Personen, mindestens eine davon mit einem "wahnsinnig" guten Motiv – die Party kann steigen! Tatsächlich dauert es bei "Curtains" zunächst einige Zeit, bis der erste Mord geschieht. Dass schon mal überrascht. Und wenn dann geschlachtet wird, gibt es neben einer scheuslichen Maskierung auch eine Steilvorlage für alle, die eine Puppen-Phobie haben.
"Curtains - Wahn Ohne Ende" fantasievoll zu nennen, würde dann wahrscheinlich doch zu weit gehen. Oder wäre etwas zwiespältig, denn natürlich, spult der Film ein hinlänglich bekanntes Programm ab. Von den Kills selbst brachte es die Eislauf-Sequenz zu echtem Kult-Status. Viel unterhaltsamer als das mörderische Treiben ist der wunderbar angespannte Casting-Prozess. Die Mädchen mit ihren unterschiedlichen Backgrounds, die um eine Rolle kämpfen und Samantha und ihr Regisseur/Liebhaber, die sich zwischenzeitlich ordentlich fetzen. Samantha Eggar (unvergessen als Mutter in Cronenberg's "The Brood") und John Vernon verleihen "Curtains" erst diese gewisse Brise, die es schafft, dass der Film einem etwas länger haften bleibt. Amüsant ist es schon, wie die zwei sich einerseits fetzen, als hätten sie direkt bei Elizabeth Taylor und Richard Burton gelernt und dann sofort den Modus wechseln, um das Gesicht zu wahren.
Ansonsten ist dies ein durchaus atmosphärischer Genre-Vertreter. Inzwischen fällt es dennoch etwas schwer, "Curtains" genügend Eigenständigkeit oder Genialität zu attestieren, die seinen Ruf rechtfertigen würden. Maßstäbe wurden wohl nicht gesetzt, dafür erfüllt der Film die Standards des Slasher-Films. Sogar mit einer zeitweilig erkennbar eigenen Note, siehe das Setup und die Puppen.
Und selbst wenn es rückblickend unverständlich erscheint, warum "Curtains -Wahn Ohne Ende" so lange dem deutschen Publikum vorenthalten wurde – denn so unmenschlich brutal und abartig ist nicht – ist der Film vor allem als nostalgisches Juwel der achtziger Jahre interessant. Ein etwas anderer Reißer aus der Zeit, als jede Woche mindestens fünf unter Hochdruck produzierte Schlitzer-Killer um die Gunst des Zuschauers buhlten. Da gab es selbstredend sehr viel müderen Scheiß.
Wem "Brothers Grimm" zu familienfreundlich war, wem die Adaptionen von Schneewittchen, Cinderella und Co. zu den Ohren raus kommen, ja der ist bei "Hänsel & Gretel: Hexenjäger" vielleicht an der richtigen Adresse.
"Dead Snow"-Kommandeur Tommy Wirkola erfüllt sich wohl den Traum eines jeden märchengeschädigten Kleinkinds: die ollen verwässerten und verharmlosten Erzählungen aus Gute-Nacht-Büchern mal gehörig aufzupeppen und der Moral von der Geschicht in den Hintern zu treten. Oder besagten gleich wegzupusten, wie den Kopf einer eckligen, bösen Hexe.
"Hänsel & Gretel: Hexenjäger" schickt Jeremy Renner und Gemma Arterton als berühmtestes Geschwisterpaar der Märchenwelt auf eine ganz besondere Mission. Nachdem sie als Kinder der kinderfressenden Besitzerin des Lebkuchenhäuschens den Gar ausmachten, schlugen Hänsel und Gretel die Laufbahn professioneller Hexen-Killer ein. Als Hitman der Fantasy-Welt streift das Gespann fortan durch die Lande und schaltet mit Verstand, Kampftechnik und allerlei tricky Werkzeug eine Besen-Reiterin nach der anderen aus. Bis sie in Gestalt von Ober-Hexe Famke Janssen scheinbar ihre Meisterin gefunden haben.
Bitte nicht mehr als ein wild übertriebenes B-Movie-Vergnügen erwarten. "Hänsel & Gretel: Hexenjäger" lebt von einer ähnlichen Atmosphäre, wie sie schon Tim Burton mit "Sleepy Hollow" etablierte. Ein paar schöne Studiobauten, kleine dreckige Dörfer und dunkle Hexenstätten und immer wieder der finstere Wald, der selbst bei Tageslicht nicht einladend ausschaut. Das schillernde, warme Gefühl der klassischen Märchen-Verfilmungen der 1950er und 1960er, die Zeit also, als europäische und russische Produktionen das Genre prägten, ist passé. Entsprechend dem düsteren Kern der grimmschen Erzählungen (und den schauerlichen volkstümlichen Legenden), verdreht "Hänsel & Gretel" diese einst bunte Optik ins schwarze Gegenteil.
Alles ist dreckiger, böser und doch huschen die Helden und ihre entsetzlich aussehenden Gegenspielerinnen durch eine wilde Geschichte, die vor allem durch ihren Hang zum ausgemachten Schwachsinn unterhält. Am Ende tobt sich unser Jäger-Duo bei einem Hexen-Gemetzel aus, das sogar dem Vampir-Schlachten der Gecko-Brüder im Titty Twister zur Ehre gereichen könnte.
Und sonst? Tja, ist "Hänsel & Gretel: Hexenjäger" zu ziemlich alles, was die Vorschau versprach und überdies sehr schnell zu Ende. Der Film rauscht schnell an einem vorbei. Bei allen platzenden, brennenden und erschossenen Hexen-Wesen, allem mystischen Murks, hat Tommy Wirkula letztlich etwas vorgelegt, dass sich wie ein Pilotfilm anfühlt. Ein paar grob umrissene Ansätze und Figuren, viel Kampfgeschehen und schön blutiges Märchen-Treiben. Die Serie mit mehr Substanz bleibt er uns noch schuldig.
Ich wage es und werfe den ersten Stein, schon wieder. Schon "Insidious" war für mich ein vergnüglicher Vertreter des Horror-Kinos der letzten Jahre. So günstig er auch produziert war, so gewitzt machten sich James Wan und Leigh Whannell über klassische Handlungs- und Schock-Motive her. Wir erleben es ja bis jetzt immer wieder. Die Horror-Hits sind preiswerte kleine Produktionen, die etablierte Muster aufgreifen und im besten Fall, einen eigenen Dreh verpassen.
Ob dies nun kopieren, wiederkäuen oder neu interpretieren darstellt, muss im schon im Einzelfall debattiert werden. Dafür ist schon die Remix-Kultur zu gewaltig angewachsen und wird in Musik und Film erst mal nicht vertrieben werden können.
"Insidious: Chapter 2" nun war quasi unvermeidlich. Nicht allein deswegen, weil jeder halbwegs erfolgreiche oder überschwänglich besuchte Streifen ein Sequel erhält. Oder weil Fortsetzungen seit jeher eine Lizenz zum Gelddrucken darstellen.
Die Existenz dieses zweiten Teils liegt auch in der halben Auflösung des Vorgängers begründet. Gemein, wie sie sind, ließen die Macher einfach den schwarzen Vorhang über das Schicksal der geplagten Familie Lambert fallen. Und wir fragten uns oder auch nicht, wie es jetzt weitergeht. Was nun passieren würde, wenn wir doch erleben mussten, dass Josh alias Patrick Wilson nicht ganz unverändert von der anderen Seite heimgekehrt ist.
Natürlich ist der Spannungsaufbau jetzt ein wenig vermodert. Immerhin sollten die Beteiligten doch jetzt schon aufgeklärt und offener für die unheimlichen Signale und Vorkommnisse sein. Oder sie sind es nicht, weil die Freude und ein Gefühl des Ausgelaugtseins herrschen. Jedenfalls ist sich Renai (Rose Byrne) bald sicher, dass etwas nicht stimmt im Haus ihrer Schwiegermutter, in dem die Familie Zuflucht sucht.
Während unsere Spukhaus-Experten aus dem ersten Teil ihren eigenen Kontakt mit der Geisterwelt suchen. Da auch sie ahnen, dass nicht alle bösen Einflüsse unsere Welt verlassen haben ...
Folglich gibt es in "Insidious: Chapter 2" erneut schauerliche Angriffe auf die Lamberts und eine gruselige Nutzung der Innenräume des Wohnhauses zu bestaunen. Abermals greifen die Evil Spirits tief in die Trickkiste. Sie spielen mit den Lebenden und trachten schließlich danach, Nachwuchs fürs Jenseits sicherzustellen. Dreh- und Angelpunkt ist auch hier wieder die mysteriöse Begabung von Vater Josh (Patrick Wilson), die auch sein Sohn Dalton teilt.
Irgendwie ist "Insidious: Chapter 2" ganz klar Routine. Was soll auch schon neues kommen? Der Film nutzt größtenteils die Grundlage des Erstlings, um unseren Blick auf Häuser und Ruinen nachhaltig zu prägen. Was sogar an mancher Stelle gelingt, während der Spukfaktor auf demselben Niveau verbleibt. Wenn schon keine Steigerung, dann ist "Insidious: Chapter 2" wenigstens die konsequente Fortführung und Weiterentwicklung der bisherigen Shock Tactics. Ein paar neue Lichtspiele, mehr gruseliges Ambiente und bessere Masken, doch es ist immer noch eine unterhaltsame Horror-Show, keine Revolution.
Was auch nichts Schlechtes bedeutet. Schließlich fühlt sich "Insidious: Chapter 2" auch wie die vermisste Hälfte des ersten Teils an. Alle zwingenden Fragen werden endlich beantwortet und zumindest diese Geister-Nummer bekommt mit dem Killer-Motiv wieder einmal eine etwas andere Erklärung für die Heimsuchung. Was selbstredend auch mit der Aufsplittung des ursprünglichen Handlungsmusters einhergeht. "Insidious: Chapter 2" verbringt einige Zeit damit, zwei parallele Stränge laufen zu lassen, die dann im etwas überhasteten Finale zusammengeführt werden.
Wodurch auch eine beliebte Frage aufgeworfen wird: Hätte ein wirklich guter und sinnig gedachter Film nicht gereicht? Blöd natürlich, dass Markt und Studiopolitik die Antwort schon vorwegnehmen. Bei "Insidious: Chapter 2" ist ein Mischding aus kommerzieller Kalkulation und durchaus zufriendenstellender Auflösung herausgekommen. Ein Film, der nicht wirklich besser oder schlechter geworden ist, sondern dem Format des Erstlings entspricht. Nicht gruseliger, aber fast ähnlich packend. Etwas dunkler, etwas fieser und sogar erhellender. Leider kommt zum Schluss wieder der Startschuss für den nächsten Teil. Der ist dann vielleicht doch etwas zu viel des Guten.
Armer, armer "Insidious". Sich zu diesem Film zu bekennen, hat ein bisschen was von der Adoption eines Streuners. Dereinst hoben James Wan und Leigh Whannell mit "Saw" ein hahnebüchenes, dreckig blutiges und fieses Vergnügen aus der Taufe. Und der Dank? Ein Überraschungserfolg und ebenso viele schlechte Kritiken. Seither scheint es, dass es Leuten leicht fällt, Gülle über den Regisseur Wan und seinen Partner in Crime Whannell zu kübeln.
Niemand hat jedoch behauptet, "Saw" sei makellos und erhaben. Gerade die kranken Ideen und das immer wieder durchschimmernde magere Budget machten den Spaß-Faktor aus. Der hohe Hate-Gehalt bei "Saw" hängt vielleicht auch mit den schlechten Fortsetzungen zusammen, an denen beide Kreativ-Köpfe nur indirekt beteiligt waren. Auf jeden Fall fand ich einigen Gefallen an Wan's Werdegang und seinen weiteren Werken, "Death Sentence" mal ausgenommen. Und siehe da, sowohl Wan als auch Whannell steigern sich doch von Film zu Film.
Im Horror-Bereich fühlen sich die Zwei sichtbar wohl und geben immer wieder Schubkraft. War "Saw" noch minimal in Besetzung und Schauplätzen, zeigte sich "Dead Silence" zumindest visuell und atmosphärisch deutlich reifer und fühlte sich stellenweise wie eine schöne Verbeugung des klassischen Horror-Kinos à la "House Of Wax" (der von 1933).
"Insidious" nun hat im Flair was den Achtzigern. Die Story von der heimgesuchten Familie Lambert, den unheimlichen Vorkommnissen und Gestalten in ihrem Haus, dem mysteriösen Koma Dalton – das erinnert natürlich stark an "Poltergeist". Oder an die Besessenheit, welche alle Mieter des "Amityville"-Hauses überkommen hat.
James Wan und Leigh Whannell lassen die Toten jedenfalls gehörig nach den Lebenden greifen. Erst sind es nur Geräusche aus dem Babyfone oder blutige Handabdrücke, dann schließlich toben unheimliche Schauer-Gestalten durch die Bude. Schließlich ist es der Kontakt mit "der anderen Seite", der die Lamberts allein von ihren ungewollten Hausgästen erlösen kann.
Zu meiner Schande muss ich gestehen, vor "Conjuring" hielt ich "Insidious" für einen der besten Grusel-Film unseres Jahrhunderts. Denn ja, hier wird sich bei bekannten und vielleicht nicht so bekannten Genre-Vorgängern bedient. Im Grunde ist der Film so nah dran an "Paranormal Activity" wie er sich davon abhebt. Nicht nur, weil wir der Handlung ohne installierte Kameras folgen dürfen. Wan gelingt es in meinen Augen, der Funktionsweise und dem Schock-Aufbau seiner Vorbilder gerecht zu werden und dabei eben nicht wie die x-te Kopie zu wirken.
Dies ist natürlich rein subjektiv betrachtet und sollte nicht als Diktat dienen. Wer "Insidious" denn nur als Aneinanderreihung bewährt ausgelutschter Terror-Attacken mit ruckeliger Kamera und nervtötend tönenden Sounds versteht, hat auch recht, irgendwie natürlich. "Insidious" lebt für mich davon, ein bisschen "Poltergeist" nachzuspüren und doch auch ein paar eigenständige Ideen einfließen zu lassen. Zum Beispiel die Sache mit dem Koma des Jungen oder die Vergangenheit von Patrick Wilsons Figur des Familien-Oberhaupts Josh. Der stellt nämlich irgendwann fest, dass er mehr mit dem Jenseits zu tun hat, als er bisher dachte.
Sogar eine Brise Humor schwingt mit, wenn das Ghostbuster-Duo Specs und Tucker auftaucht. Einer wird natürlich von Autor Leigh Whannell gespielt, na ja. Für manche dürfte "Insidious" spätestens dann ins Banale und Lächerliche abdriften. Für mich wiegt das gar nicht so schwer. Ich empfehle mal einen Blick auf den schwedischen Geheim-Tipp "The Visitors", bei dem es ganz ähnlich zuging. Erst wird eine Familie von unsichtbaren Kräften eingeschüchtert, dann sorgt der paranormale Ermittler für etwas Ablenkung. Dort wie hier gelingt es am Ende, die etwas lockere Seite mit dem Grusel zu verbinden. Was nicht nur an der Besetzung von Patrick Wilson und Rose Byrne liegt, auch nicht allein am wüsten Make-up der Verstorbenen.
"Insidious" ist die Summe vieler erfreulich schauriger Teile. Die Schreckens-Momente sind nicht genial im Sinne von neu und ungesehen. Sie funktionieren, weil Wan und Whannell etwas schräg denken wie einst bei "Saw". Beim Herumrennen und Schreien der Geister bleibt es nicht, effektiv wird das auch durch den wahnsinnigen Score. Die musikalische Untermalung lärmt, als wäre ein von Paginini besessener Irrer auf den Soundtrack von Hitchcocks "Psycho" angesetzt worden. Außerdem ist die Erkundung des Schauplatzes, dem Wohnhaus, nochmals interessanter, wenn wir vom Diesseits ins Jenseits wechseln.
Das alles ist keineswegs revolutionär, aber immer noch unterhaltsam. Selbst wenn der Herzschlag nicht aussetzen sollte, "Insidious" hat definitiv seine guten Momente. Selbstredend wird nicht jeder Zuschauer und erst recht nicht jeder Horror-Liebhaber, den Film gut finden. Aber unter dem Geplänkel über erschöpfte Stil-Mittel und merkwürdige Gewichtungen von Gags und Grusel geht eines vielleicht verloren. Die Qualität von "Insidious", die eine oder andere unbeachtete Tür aufzustoßen, die auf den altbekannt scheinenden Genre-Korridoren bisher übersehen wurden.
Hiermit prämiere ich Adam Sandler als Kandidaten für folgende Titel:
"Schauspieler, der sich selbst als Comedian begreift und einfach nur noch bekloppte Filme macht"
"Der Typ, der mich dazu gebracht hat, dem Fach der Komödie abzuschwören"
"Personifizierter Furz- und Schwanz-Witz, der trotz überraschender Co-Stars nur noch eine gähnende Gag-Bilanz erzielt"
"Der Mann, bei dem selbst Rush-Songs uncool wirken"
"Der Typ, bei dem selbst das F-Wort an Wert verliert"
Adam Sandler, eigentlich ist er ein Phänomen. Weitere Titel-Vorschläge bei Belieben eigenständig ergänzen.
South Central in your face Baby!!! Lassen wir die Bombe gleich zu Beginn platzen: "End Of Watch" ist der legitime Erbe von "French Connection". Zwei Cops – Menschen, nicht Super-Cops – gehen im schlimmsten Viertel von Los Angeles auf Streife. Clou des Ganzen ist dabei die Tatsache, dass Taylor (Jake Gylllenhaal) einen Filmkurs belegt und seinen Job per Digicam festhält. Was wir dabei zu sehen bekommen, erinnert mehr an ein Kriegsgebiet im Nahen Osten, als denn die Traumfabrik Hollywood. Kindesmisshandlung, Raubmord, Drive-by-Shootings und die Häuser alter Omas, die ganz abscheuliche Überraschungen bereithalten.
Nicht von ungefähr erinnert "End Of Watch" an das, was bei einer Liason von "Training Day" und "Blair Witch Project" herauskommen würde. Regisseur und Autor David Ayer war sowohl an Ersterem beteiligt, wie er auch für "Street Kings", "Harsh Times", "S.W.A.T." oder "Dark Blue" immer wieder in den Hexenkessel L.A. blickt. Auch "End Of Watch" ist vor allem durch seine direkte Nähe bisweilen packend und interessant. Jake Gyllenhaal und Michael Peña sind die Ideal-Besetzung als Cop-Duo. Sie zeigen uns, was bedeutet, in einer Gegend, die schlimmer als Beirut im Ausnahmezustand scheint, täglich das Gesetz zu vertreten. Dass es einer Zielscheibe gleichkommt, sich die Dienstmarke anzuheften. Und dass es immer wieder hart ist, derartigen Scheiß zu erleben, auf den dich die Polizeischule nie im Leben hat vorbereiten können.
Bei aller Härte ist "End Of Watch" auch eine echte Sozial-Nummer. Der Blick auf eine Nachbarschaft, die, bei aller Liebe Leute, am besten dem Erdboden plattgemacht gehört. Wenn Drogenschmuggler oder Mitglied eines Killer-Kommandos die einzigen Aufstiegschancen darstellen, kann etwas nicht stimmen.
Auf der anderen Seite gewähren unsere Blutsbrüder Taylor und Miguel auch immer wieder den Einblick ins Privatleben. Stellen uns ihre Geliebten vor, lassen uns an der Familienplanung teilhaben und sorgen dafür, dass wir am Ende die eine oder andere Träne für diese Typen verdrücken müssen. Dennoch sind unsere Männer in Uniform keine Engel. Sie haben Ecken und Kanten, stolpern über ihre Stellung im Revier oder ziehen unliebsame Kollegen auf. Was ebenso als Schutzmechanismus verstanden werden kann. Ein Männer-Gespräch übers Ficken und Schwänze als Rettungsanker, damit du am Ende des Tages noch Mensch bleiben kannst. Gerade diese Wesenszüge scheinen ihren Weg direkt von William Friedkin's "French Connection" hierher gefunden zu haben. Nach dem die persönliche Seite des Cops in den letzten Jahren vor allem in TV-Formate wie "Southland", "The Wire" oder "True Detective" ihre Entfaltung fand, zeigt "End Of Watch", wie dies immer noch am besten funktioniert. Unauffällig, authentisch und, obwohl der Film im Grunde genommen Scripted Reality ist, lebensnah gehalten.
Gäbe es die interessante Perspektive nicht, wäre "End Of Watch" nur ein Cop-Film unter vielen. So hingegen ist es weniger eine Story über gute Cops und böse Gangster, sondern ein fast ungefilterter Blick darauf, was es heißt, ein Polizist zu sein. Abseits vom Pathos eines Militär-Rekrutierungs-Videos oder den Helden-Geschichten, die es ins Fernsehen schaffen.
Wenn Weihnachten und Ostern wieder auf einen Tag fallen, Horden von Fans "Excelsior!" schreien und ins Kino strömen und Kritiker Messer und Streitäxte wetzen, dann kann es nur einen Anlass geben. "Marvel's The Avengers 2: Age Of Ultron" ist endlich da. Eine unerträgliche Wartezeit ist zu Ende und alle fragen sich, ob Joss Whedon die nochmalige Quadratur des Kreises gelungen ist. Wir könnten auch einfach durchatmen und das Ganze auf uns zukommen lassen.
Das zweifellos vollgepackte Blockbuster-Ereignis des Sommers 2015, bei dem es neben vielen geliebten und ersehnten Helden des Marvel-Universums, auch massige Materialschlachten geben wird. Und das sei nur noch mal der Form halber erwähnt, "The Avengers" ist eine Geschichte von Menschen und Superwesen in bunten Kostümen (mit Umhängen und/Masken) und mit manchmal schillernder Hautfarbe. Es dürfte doch schon eher klar gewesen sein, auf was es beim fertigen "Age Of Ultron" hinauslaufen würde.
Hier fliegen Leute durch die Luft und werfen sich auch gern Felsbrocken oder Lichtblitze entgegen. Mit einem Ensemble, das jede Shakespeare-Adaption und jeden Indie-Regisseur in Verzückung versetzen würde, lässt Joss Whedon ein weiteres Mega-Spektakel vom Stapel. Am liebsten eines, welches jeder Definition von Superlative gerecht wird. "Marvel's The Avengers 2: Age Uf Ultron" ist gewaltig groß, laut lärmend und berstend gefüllt mit allerlei tricktechnischem Zauber. Wenn es kracht, dann in ausufernden Schlacht-Szenen, die wiedermal die Größen des Genres Kriegsfilms heulend nach Hause schickt.
Und welchem Finsterling verdanken wir dieses Spektakel? Niemand Geringerem als dem bereits im Titel aufgeführten Ultron. Sozusagen die Mutter aller bösen Blechbüchsen. Neulinge und Ignoranten dürfte es verwundern, aber dieser Auftritt scheint tatsächlich überfällig, immerhin ist der Comic-Ultron fast so alt wie mancher Avenger.
Bei der Beseitigung der Hydra-Auswüchse aus dem zweiten "Captain America"-Solo-Auftritt, spüren unsere Rächer endlich Lokis Zepter auf. In dessen Juwel sich just eine künstliche Intelligenz versteckt. Ausgerechnet Tony Stark, der idealistisch und geplagt von den Ereignissen des ersten Teils, von einem globalen Schutzwall gegen Alien-Invasoren träumt, befreit dieses K.I. aus ihrem Winterschlaf. Gesegnet mit einem Bewusstsein und rapide wachsendem Wissen, übernimmt Ultron Stark's Rüstungsfabrik und beginnt mit dem Aufbau einer Armee.
Natürlich ist Ultrons erklärtes Ziel nicht weniger als die Auslöschung der Avengers und das Ende der menschlichen Rasse. Im Original leiht James Spader Ultron seine Stimme und verleiht dem markanten Bösewicht sein Charisma. Auch die deutsche Synchro steht dem in nichts nach, denn Ultron ist der perfekte Endgegner für die Avengers. Gespeist mit dem menschlichen Intellekt, fasziniert von Kultur und Religion und dann auch wieder ein Geschöpf, das sich einen genervten Aufschrei nicht verkneifen kann. Der Entwicklungs-Prozess ist vielleicht sehr subtil, doch Ultron stellt eine gelungene Mixtur aus der wiedererwachten Seele eines Robocops und HAL 9000 dar. Oder er erinnert an die defekte Bombe aus John Carpenter's "Dark Star" (Es werde Licht!).
Ein Blechmann allein, okay, mitsamt Armee, wäre dann aber doch zu wenig gewesen. Aus diesem Grund haben endlich auch die Zwillinge Quicksilver und Scarlet Witch ihren Auftritt. Zeitweise schmieden diese und Ultron eine unheilvolle Allianz und sorgen maßgeblich dafür, dass die Action etwas in Stocken gerät. Denn "Marvel's The Avengers 2" zeigt auch wieder, dass unsere Heldentruppe zwar perfekt agiert, aber nicht immef harmoniert. Es gibt inzwischen freundschaftliche Bande, doch ein Funken Misstrauen oder Zweifel reicht und die Gruppe knallt mit dem Gesicht zuerst auf den Boden der Tatsachen.
Wenn an dieser Stelle noch kein Wort über die Leistungen von Scarlett Johannsson, Robert Downey Jr., Chris Evans, Chris Hemsworth, Jeremy Renner, Mark Ruffalo oder Samuel L. Jackson gefallen ist, liegt das keineswegs an deren Versagen. Nein, unsere Truppe ist inzwischen richtig gut mit ihren Rollen verwachsen. Was soll es auch Negatives zu bemängeln geben? Jeder hatte schon mindestens zwei Auftritte und durch die vorangegangenen Marvel-Filme kennen wir unsere Helden. Wer jetzt auf neue Enthüllungen und verborgene Charakterzüge hofft, wird ebenfalls nicht enttäuscht. Wie jeder "Thor", "Iron Man" und selbstverständlich "The Avengers", muss "Age Of Ultron" den Zwiespalt zwischen Mega-Action und den darin vorkommenden Persönlichkeiten händeln.
Gerade jetzt gab es schon mäkelnde Stimmen, die behaupteten, Joss Whedon und sein Cast wären irgendwie auf Autopilot und fast jeder hätte den Film spürbar gleichgültig absolviert, um die Sache endlich abzuhaken. Was natürlich auch leicht zu verwechseln ist mit der Tatsache, dass "Marvel's The Avengers 2" eine etablierte Heldentruppe zum Thema hat. Und dass bei den Figuren sehr wohl noch um Sinnfragen geht. Wie die schmerzhafte Vergangenheit von Agent Romanoff. Oder Tony "Iron Man" Stark, der Nahtod-Erfahrung und ein Gefühl der Hilflosigkeit nicht abschütteln kann, schlittert in ein moralisches Dilemma. Angetrieben vom Traum, sich bald aus dem Heldenleben zurückzuziehen, sät Stark zeitweilig Zwietracht und lernt dieselbe Lektion wie der Bruce Wayne der "Dark Knight"-Reihe. Der wollte auch erst nur ein Ideal schaffen und inspirieren, musste schließlich aber einen Krieg ausfechten, den er selbst befeuert hatte. Die moralischen Konflikte sind bei Marvel und DC fast die gleichen. Natürlich setzte Christopher Nolan auf eine Bannbreite und Tiefe, die Joss Whedon nicht kopieren möchte. Bei Whedon leben dagegen die Züge des klassischen Marvel-Verse der Goldenen und Ära wieder auf. Als die Vorstellungen von gut und böse nach außen klar schienen und sich erst mit der Zeit komplexere Facetten und Grautöne einschlichen.
Deswegen ist "Marvel's The Avengers 2: Age Of Ultron", bei aller dunklen Bedrohung und schwarzen Wolken, immer noch das Sinnbild für das bunte Comic-Heft, das Laufen gelernt hat und wie es sich um ein, zwei Dimensionen erweitern kann. Statt auf tristen Realismus zu schielen, folgt der Film der Tradition der "Spiderman"-Reihe von Sam Raimi. Ob das nun schmalztriefend naive Unterhaltung, Berieselung des Verstands oder einfach nur gute Comic-Action ist, sei mal dahingetellt. Angeführte Plot-Löcher wie die Frage "Wie blöd musst du sein, eine künstliche Intelligenz loszulassen?" oder "Warum eigentlich die Hydra-Festung samt Inhalt zurücklassen, wenn sie sich prima als Ultron's Hauptquartier eignet?", suchen da nach Angriffsflächen, wo es eigentlich keine geben sollte.
Nicht, dass wir Marvel und seine Film-Versionen mit kindlichem Gemüt und Gutglauben zu verteidigen suchen. Manchmal sind derartige Missverständnisse inhaltlicher Fragen auch Resultat des Nichtaufpassens beim Geschehen. Oder das Missverständnis geschieht, weil jemand einen Comic-Stoff zu ernst nimmt und dabei genau das Gegenteil erzielt. Siehe die unglaublich schwere Note von "Man Of Steel", bei dem die Untersuchung von Christus-Querverweisen und ausgeblendete Kollateral-Schäden einem den Spaß an der ganzen Superman-Neuauflage gewaltig zu schmälern drohten. Wenn ein Comic wirklich bei jeder Silbe und jedem Bleistift-Strich ernst genommen wird, dann bitte nicht, um es gleich neben literarisches Kulturgut zu vergleichen und zu zerfetzen. Das ist schon etwas unfair.
Ganz richtig, "Marvel's The Avengers 2: Age Of Ultron" ist eine äußerst fette Angelegenheit. Fett, weil es hier mächtiger als mächtig wummst und der Karton sich nicht bloß rüttelt. Er geht einige Male in die Luft. Doch auch die eine oder andere Schwäche ist anzumerken. Etwas zu doll aufgeblasen. Zu stark im Handlungsverlauf an den Vorgänger angelehnt. Trotzdem sollte jedem klar sein, an der mittlerweile bekannten Marvel-Rezeptur wird sich nicht so schnell nichts ändern. Immer werden neue Gegner auftauchen, zwischenzeitlich dominieren und am Ende werden sie mit Donnerhall und Paukenschlag weggepustet. Da macht auch "Age Of Ultron" keine allzu großen Sprünge vom festgelegten Fahrplan. Unterscheiden kann sich der Film nur durch die extrem guten Effekte und das Engagement aller Beteiligten.
Das Rächer-Team schlägt sich wieder wacker und hat neben seelischem Ballast auch Zeit für kesse Sprüche und sogar etwas Romantik. Neben den Neuzugängen Aaron-Taylor Johnson und Elisabeth Olson gefällt auch, wie (und welche!) Nebenfiguren aus dem Kosmos Platz finden. Wenn "Marvel's The Avengers 2: Age Of Ultron" vielleicht nicht selbst ein eigenständiges Wunder vollbracht hat, so führt es doch das des übergroßen Vorgängers mühelos fort. Und das mit ebenso großen Fußsohlen. Alles andere wäre auch lächerlich gewesen. Avengers können ihre Gegner auf all erdenklichen Arten zerlegen, nur mit Blicken zu töten wäre eh zu langweilig gewesen.
Steven Soderbergh und der schöne Schein. In "Magic Mike" ließ Channing Tatum die Hüften kreisen und bot dem kreischenden weiblichen Publikum eine heiße Stripshow. Da ging es um ein berauschtes Tage- und Nachtwerk aus Partys, Drogen und schnellem Sex. Abseits davon zeigte der Film aber auch die ernüchternde und versackte Lebensbilanz seiner Hauptfigur. Und nun das weibliche Gegenstück, "The Girlfriend Experience".
Verbringen wir einige Zeit mit dem New Yorker Call Girl Chelsea, das eigentlich Christine heißt. Lernen wir ihre Arbeit und ihren Kundenkreis kennen. Dem bietet Chelsea mehr als nur eine flotte Nummer oder die Erfüllung diverser Fetish-Vorlieben. Ihr Gesamtpaket ist ein Abend mit der perfekten Freundin. Sie diniert mit dir, philosophiert über den gemeinsamen Kinobesuch und hat ein offenes Ohr für deine Sorgen und Probleme. Es sind die Tage vor der Präsidentschaftswahl 2008 und die Zeit des ersten Bebens der Finanzmärkte im neuen Jahrtausend. Verständlich, dass die Menschen genügend schwere Gedanken mit sich herumtragen.
Mit "The Girlfriend Experience" legt Soderbergh seine Version von "Pretty Woman" vor. Wir erleben eine deutliche Umkehr des Hollywood-Märchens. Konfetti, Glamour, Schönfärberei und jegliche faktenbeugende Note sollte lieber an anderer Stelle gesucht werden. Im Geiste zumindest verwandt ist "The Girlfriend Experience" mit Ken Russells "Die Hure". Zumindest macht auch Steven Soderbergh einem keinerlei Illusionen darüber, dass auf Chelsea ein Kessel Gold am Ende des Regenbogens wartet.
Und trotzdem ist dies kein schmerzhaftes Porträt einer bemitleidenswerten jungen Frau, die sich auf versifften Straßen dem Abschaum der Stadt feilbieten muss. "The Girlfriend Experience" spielt sich größtenteils in schmucken Hotelzimmern oder In-Restaurants ab. Nackte Haut und verschwitzte Haut sind aufs absolute Mindestmaß reduziert. Beim Akt selbst würgt der Film ab. Kein neuer Kunstgriff, aber doch sehr effizient, wenn du Leute vor den Kopf stoßen. Jedenfalls, wenn sie mit den falschen Erwartungen eingeschaltet haben.
Wovon "The Girlfriend Experience" sehr viel zu bieten hat, das sind Dialoge und Off-Kommentare. Gespräche über die Arbeit, einen widerwärtigen Blogger, der Chelseas berufliche Zukunft zu bombardieren droht. Das Wesen des Jobs oder auch Beziehungsfragen, die unsere Heldin zunehmend beschäftigen. Und immer wieder die Themen Weißes Haus, Kurseinbruch und Werte an- und verkaufen. Eingebettet in hübsche Stadtaufnahmen und unaufgeregte Musik-Untermalung, die auch schon mal von Straßen-Künstlern stammt.
Dazu noch das Gefühl, dass es hier vor allem um einen Karneval der Nichtigkeiten und Details am Rande geht, deren volle Bedeutung sich entweder erst spät oder nie ableiten lassen wird. Im Großen und Ganzen wird die oft beschworene Handschrift Soderberghs auch hier deutlich. Zum Genre-Etikett Experimental Drama gesellt sich dann aber auch der Eindruck, dass "The Girlfriend Experience" eher dröge, als intensiv ist. Im Kern mag es Steven Soderbergh um aufrichtige Emotion, die Gefühlswelt echter Menschen mit Problemen und Jobs, die sie notgedrungen ausüben, gehen. Nur wirkt die Linse nie bedrückend nah am Objekt der Beobachtung. Das Gegenteil ist der Fall, die handelnden Figuren und den Zuschauer scheint eine Milchglasscheibe zu trennen.
Nicht, dass "The Girlfriend Experience" das Thema verklären würde. Nein, es könnte hier auch um eine Frau gehen, die etwas ganz als Profession ausübt. So unauffällig und beiläufig sind Sex und echter zwischenmenschlicher Kontakt bei "The Girlfriend Experience". Was wohl auch diejenigen erkannt haben, die diesem Film sehr gute Kritiken gewidmet haben. Gerade in der beinahe erschütternd beschämenden Schluss-Szene scheint dies auf den Punkt zu kommen. Dafür braucht es dann aber erst siebzig ereignislos wirkende Minuten. Und ein Look and Feel, mit dem Soderbergh eher nach der funkelnden Hülle von TV-Formaten wie "Gossip Girl" oder "Sex And The City" zu schielen scheint. Alles schön gefilmt, wenn auch moderat budgetiert, wechselnd zwischen wenigen Schauplätzen und Begebenheiten.
"The Girlfriend Experience" macht es einem eher schwer, etwas aus der Betrachtung mitzunehmen. Da sind all diese Sinnfragen, deren Erkenntnisgewinn sehr marginal wirkt. Und es gibt die Präsenz von Sasha Grey. Ehemals einer der bekanntesten Pornostars des jungen Jahrtausends, gab die Dame hier ihr Debüt als "echte" Schauspielerin. Fragt sich nur, was mehr beeindruckt. Die Tatsache, dass sie weiterhin ihren Künstlernamen nutzt (statt ihn abzustoßen) oder das Gefühl, dass ihre Performance wie der Film beeindruckend unbeeindruckend bleibt. Nein, dies ist keine direkt Kritik an Grey's Spiel. Viel mehr die Feststellung, dass alles in und an "The Girlfriend Experience" so vertieft in sich ist, dass es Außenstehenden eher Langeweile oder Kopfkratzen entlocken wird. Allen guten Absichten zum Trotz.
Hereinspaziert in den Cirque d'Emmerich. Wir bieten ein Feuerwerk aus Freedom Fighters, explodierenden Wahrzeichen und viel Emotion. Geben Sie also bitte Sachverstand und Erwartungen an künstlerisches Höchstmaß bitte an der Umkleide. Das ist "White House Down".
Roland Emmerich mag für die einen der Inbegriff des talentierten/überladenen Mainstream-Zauberers sein. Für die anderen wahrscheinlich seit jeher das Gegenstück zur Kopfschmerz-Tablette. Wer seine Filme sieht, der sollte schon eine Ahnung haben, was ihn oder sie erwartet.
Das ist auch bei "White House Down" der Fall. Die Einsamer-Held-gegen-feindliche-Übermacht ist schon ein paar Jahre alt, selbst den Schauplatz gab es schon mal. Nur habe ich "Olympus Has Fallen" bislang ausgespart und irgendwie fand die Emmerich-Version des Washington-Ausnahme-Zustands den Weg in meinen Player.
Und tatsächlich, "White House Down" fährt mal wieder alles auf. Den Channing Tatum als grundsympathischen Helden, der ausgerechnet mit seiner Tochter den falschen Tag im Kalender erwischt. Den strahlenden Jamie Foxx als grundsympathischen Präsidenten, der über sich hinauswächst und, wen überraschst es, klügere Ansichten besitzt als seine realen Vorbilder. Es gibt die Horde perfekt vorbereiteter Terroristen, die noch übleres im Schilde führen, als Gebäude zu sprengen und Leute zu erschießen. Und natürlich fährt Emmerich wieder einige dieser Momente auf, in denen sich ein Gefühl von Patriotismus einstellen muss. Ganz gleich, ob du Amerikaner bist oder nicht. (Die Fahnen-Schwenker-Szene)
Allzu klebrig wird das Hohelied auf das Leben des Führers der freien Welt jedoch nie. Hauptsächlich eines gelingt Roland Emmerich mit "White House Down" dagegen schon, einen brauchbaren Action-Kracher vorzulegen. Einen Film, der absurd einen Über-Moment auf den anderen schichtet und doch eine Note an Selbstironie zu behalten, wie sie schon bei "Stargate" oder "Independence Day" aufblitzte. So ist Emmerich halt und dann sind seine Werke dieser Art auch am besten, wenn sie überbordend auftrumpfen und doch die eigene Unsinnigkeit nicht ganz aus den Augen verlieren.
Bei "White House Down" sind das jene Augenblicke, in denen das unfreiwillige Team Tatum/Foxx im Kugel- und Granatenhagel einen lockeren Spruch reißen kann. Oder schon allein das Ausmaß der Ballereien und Explosionen einfach zu viel des guten sind. Und noch etwas fällt an "White House Down" positiv auf, selbst wenn es ein trauriger Fakt ist. Bei allen Anleihen bei "The Rock" und dem Genre-Denkmal überhaupt, "Stirb Langsam", wird deutlich dass es in diesem Jahrtausend nur wenige gelungene Beiträge, wie diesen, gab.
Emmerich hat es doch tatsächlich geschafft, einen Film zu inszenieren, in dem ein John McClane eine gute Figur machen würde. Selbst besagte Tendenz zum Humor erinnert hier und da ansatzweise an "Die Hard" oder "Bad Boys". Nur haben die bisher auch sehr schlechte Fortsetzungen erhalten. Und dies hinterließ eine merkliche Lücke.
Ob diese nun von "White House Down" perfekt ausgefüllt wird, steht natürlich zur Debatte. Für jemanden, der sich sagt, Action muss auch Spaß machen, ist der Film aber vielleicht genau das Richtige. Wie schon zu Zeiten von "Independence Day", hat es Roland Emmerich geschafft, die Stärken und Schwächen eines Genres zu vereinen. Halt nicht so schlecht wie befürchtet, erst recht nicht, wenn die Voraberwartungen nicht zu hoch gesteckt waren.
Sommer 2014. Die Welt ist in Aufruhr, denn eine Comic-Adaption entwickelt sich zum Knüller einer durchwachsenen Saison. Plötzlich sind alle verrückt nach einer wilden Truppe intergalaktischer Outlaws, Glücksritter und nur per Zufall heldenhaft agierende Spinner. Aber wie haben es eine grünhäutige Amazone, ein leicht an Selbstüberschätzung leidender Star Lord, ein genmanipulierter Waschbär, ein sprechender Baumriese und ein etwas tumber Kampfgigant geschafft, zur erfolgreichten Heldentruppe nach den Avengers zu werden?
Blöde Frage. Natürlich, weil die "Guardians Of The Galaxy" einfach cool und unique sind. James Gunn hat das Wunder vollbracht, all den "X-Men"- und "Spiderman"-Übersättigten eine geniale Mixtur aus Heldenverehrung und Selbstironie schmackhaft zu werden. Nicht umsonst sind oft die beliebtesten Heroes jene, die eigentlich gar keine sein wollen.
"Guardians Of The Galaxy" bildet da keine Ausnahme. Frei von der Nötigung, eine Comic-Vorlage auswendig lernen zu müssen, kann hier jeder, der etwas für bunte und krachende Unterhaltung übrig hat, eintauchen und sich an den gegensätzlichen Charaktere erfreuen. Oder am erfreulichen Umstand, dass es bei "Guardians Of The Galaxy" zwar um nicht weniger als die Rettung des freien Universums geht, dennoch sehr viel Platz für Humor, einen dollen Retro-Soundtrack und erfrischende Einfälle gibt. Die ein oder andere Punchline ist sogar, mal untypisch für Marvel, ziemlich doppeldeutig.
Was unterm Strich, unter all den galaktischen Effekten, dem spitzenmäßigen Design und der Illusion einer durchegknallten Welt fernab unserer Erde, bleibt, ist eine simple Tatsache. Die "Guardians Of The Galaxy" sind das beste und größte Heldenteam seit den Avengers. Sie müssen die selben Lektionen und ähnliche unmöglich erscheinende Aufgaben bewältigen, wie ihre Marvel-Kollegen. Sie sind aber nicht ihre Marvel-Kollegen und genau dies sorgt für einen regelrechten Orkan frischen WInds. Diese Leistung wird sicherlich von "Age Of Ultron" etwas in den Hintergrund gedrängt werden, er ist ja auch schon fast ein Jahr alt. Trotzdem, ist und bleibt "Guardians Of The Galaxy" die seit langem schönste Neudeutung gängiger Comic-Modellvorlagen, die etwas andere Space Opera und der verdammt witzige Trip durch unendliche Weiten.