Rajko Burchardt - Kommentare
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Alle Kommentare von Rajko Burchardt
[...] "Perfect Stranger" ist das Ergebnis folgenden Rezepts: Man nehme zunächst einen smart dreinschauenden Bruce Willis, auf den die Kamera immer dann besonders elegant schwenkt, wenn er gerade lässig den Raum betreten oder einen abgehalfterten Witz über die Lippen gebracht hat, stelle ihm eine sexy ins Licht gerückte Halle Berry als modische Profilerin zur Seite und packe dann noch zwei große Hände voller illustrer Filmklischees der 90er dazu. [...]
Seine großen Jahre in der Traumfabrik nährten sich unaufhaltsam dem Ende, von Kritik und Publikum mit zunehmend weniger Interesse wahrgenommen, legt doch auch dieser zehnte Film von Regielegende Preston Sturges ("Sullivan's Travels") abermals Zeugnis seines Rufes als Ingenium Hollywoods ab, beweist als fesselnd inszenierte und vor allem meisterlich erzählte, mit satirischen Elementen angereicherte Mischung aus der Sophisticated-Screwball-Comedy und den schwarzen Thrillermotiven einer Krimigeschichte die bissige Einzigartigkeit des ehemaligen Theaterautors. [...]
[...] Ganz sicher meint es Regisseur Sijie Dai ("Balzac and the Little Chinese Seamstress") gut mit seinem Film, jeder Einstellung wohnt eine Spur Ambition inne und jeder sehnsüchtig-tragische Moment, in dem die beiden Mädchen ihren unterdrückten Gefühlen nachgeben, ist von poetischer Schönheit getragen. Die Musik ist dabei mindestens so süßlich wie sich die Bilder pittoresk ausstellen, die Geschichte in etwa so dramatisch wie auch vorhersehbar und die metaphorische Komposition homosexueller Symbolik – man nehme den im viel zu kleinen Käfig gefangen gehaltenen Vogel – bestimmt so nett wie auch ersichtlich. "The Chinese Botanist's Daughters" geht über seine visuelle Ebene allerdings nie hinaus, es fehlen einheitliche Erzählstruktur, vielschichtige Figuren und Ansätze bei Drehbuch und Regie, eine gesellschaftlich untersagte Liebe mitsamt ihres traditionellen wie politischen Kontexts in Beziehung zur inneren Zerrüttelung dieser Frauen zu stellen. [...]
[...] Unter Einsatz einer pulsierenden Musik des britischen Elektro-Duos Underworld wird das Vordringen in Grenzbereiche auch für den Zuschauer zu einer audiovisuellen Erfahrung, die sich weniger einer Ausformulierung ihres veritablen conditio-humana-Ansatzes, denn der möglichst unnarrativen Darstellung einer Raum und Zeit auflösenden Weltraumreise verschreibt. Deshalb versteht sich "Sunshine" kaum als konventionelles Genrekino, dafür entwickeln sich seine Figuren zu dürftig, erarbeitet er keine dramaturgische Dichte und auch keinen erkennbaren Spannungsbogen. Boyles Inszenierung ist vielmehr auf eine eigene Stilistik der Science Fiction angelegt. [...]
Fast jeder namhafte Regisseur verzeichnet ihn in seinem Oeuvre, den einen großen Ausrutscher, den Publikums- und Kritikerflop, den großen Scheiterfilm. "The Bonfire of Vanities" ist Brian De Palmas Katastrophenzeugnis, sein "Popeye", "Cutthroat Island" oder – na ja, nicht ganz – "Heaven’s Gate", seine persönliche Niederlage jedenfalls. Der Film wurde weltweit verrissen, weil er die gefeierte Vorlage von Tom Wolfe in den Sand gesetzt habe, erwies sich als kolossales Verlustgeschäft für Warner und inspirierte letztlich gar ein eigenes Buch über die kontroverse Produktionsgeschichte, in dem der Film als Musterbeispiel eines Hollywoodfiaskos ausgewiesen wird. Aber Scheitern ist immer spannend. Ein Film wie dieser, der alles sein will, aber nichts ist, interessiert mich immer noch mehr als die meisten erfolgreich gelackten Brachenerzeugnisse. "The Bonfire of Vanities" ist ein Manifest aus Indifferenz und Ideen, die in die falsche Richtung laufen. Der Film ist konsequent undurchdacht und ganz offensichtlich der kompromittierte, seichte, harmlose Überrest seiner vermutlich zynischen und bitterbösen Vorlage. Er vereint einen Haufen unerträglicher Figuren, und die wenigen nicht unerträglichen sind zumindest unerträglich fehlbesetzt. In seiner ganzen Blöße ist das dennoch ein faszinierender Film voll ungenutzter Möglichkeiten und mit einigen unglaublich skurrilen Aussetzern auf der Humorskala. Ein gescheiterter De Palma, sehenswerter als manch gescheiter.
Hysterische Low-Budget-Komödie über eine dysfunktionale Familie, die sich offenbar satirisch meint in der Überspitzung diverser all american values. Die Geschichte wird, ich vermute mal zur besseren Verdaulichkeit des Unsinns, in die Rahmenhandlung eines Dozenten und seines Filmkurses verlegt, die den Familienteil von "Home Movies" wie eben ein Home Movie erscheinen lässt. Brian De Palma hat den Film mit Studenten zum Abschluss seines kurzzeitigen Lehrstuhls gedreht, was nahe legt, dass das Framing auf ebendiesem Filmkurs basiert. Zwar begegnet man hier einigen von De Palmas Stammschauspielern, ansonsten aber finden sich in dieser lautstarken und enorm anstrengenden Comedy bestenfalls Bruchstücke seines Stils wieder. Der Film hat zugegeben hin und wieder einen gewissen schrillen Charme, überwiegend aber ist das ein höchst uninteressanter und öder Studentenulk, der in De Palmas Oeuvre zurecht bestenfalls eine Fußnote einnimmt.
Aufstieg und Fall eines kubanischen Flüchtlings in Miami, der sich die unbegrenzten (Karriere)Freiheiten der USA zu eigen macht und vom buchstäblichen Tellerwäscher zum Gangstermillionär hocharbeitet. Brian De Palma hat hier das Drehbuch von Hollywoods seinerzeit größter Koksnase Oliver Stone verfilmt, der "Scarface" als Satire auf den American Dream und das aufsteigende Yuppietum anzulegen schien. In einem Meer aus Vulgarismen, Drogen und Gewalt installiert sich Tony Montana sein eigenes Luftschloss in einer unsichtbaren Parallelgesellschaft: "The World Is Yours". Eine Gegenstimme verleiht der Film Michelle Pfeiffer, die als Sprachrohr des Publikums die Selbstüberschätzung und Absurdität der von Al Pacino nahezu unerträglich gespielten Titelfigur kommentiert, irgendwann aber auch einfach sang- und klanglos aus der Handlung verschwindet (an Frauen ist Stone sowieso noch weniger interessiert als De Palma). Seltsam, dass "Scarface" in jenen Zirkeln zum unangefochtenen Klassiker mutierte, deren Abgrund er so übersteuert zu skizzieren scheint. Das mag daran liegen, dass der Film – trotzdem er keine Zweifel an der Verachtung seiner Figuren und deren Handlungen lässt – die eigene Coolness und Ästhetik genüsslich auskostet. Tony Montana ist zwar wahnsinnig, aber es ist ein Wahnsinn, der einem doch ein "genial" abzugewinnen versucht. Der Film ist fasziniert von dieser Figur, und am Ende eines Ballerfinales (balla balla) ist er auch versucht sie zu heroisieren. Da verwundert es nicht, dass man "Scarface" geschätzte fünf Millionen Hip-Hop-Musikvideos zu verdanken hat, in denen sich die Prollkultur mit Goldkettchen und Fuffies im Club selbst feiert. Ohne "Scarface" gäbe es wohl keine Gangsterrapper, kein Grand Theft Auto und kein Tony-Montana-Poster in meiner Stammpizzabude. Ich möchte vorsichtig gestehen: Ein absolut verzichtbares Erbe.
[...] Klar sieht Stallone ein bisschen aus wie eine Drag Queen, das Gesicht ein einziges Bombenfeld aus Botox und Kajal. Klar auch, dass Lundgren nicht mehr ganz als sexy Universal Soldier durchgeht. Selbst der deutlich jüngere Jet Li ist ganz plötzlich sichtbar in die Jahre gekommen. Das ist schon ein echter Bunch alter Säcke hier, manche besser gealtert, manche kaum, manche undefinierbar. Das geht auch im Film nicht ohne Ironie, auch nicht ohne den ein oder anderen vielleicht doch etwas unwürdigen Witz. Über den zu kleinen Li oder den zu großen Lundgren, zum Beispiel. Aber die Dialoge sind dennoch der Knaller, und wenn Schwarzenegger reichlich augenzwinkernd anmerkt, dass er nun besseres zu tun habe, als in den Dschungel zum Spielen zu gehen, dann kommentiert sich der Film ausreichend clever selbst. [...]
[...] Doch alles Schöne kulminiert im Unschönen. Auf dem Mars angekommen wird’s besonders extraterrestrisch. Am Ende braucht es ein bisschen heitere Schöpfungsgeschichte, ein wenig Sinnieren über menschliche Ur- und Vorsprünge und eine trotzdem wie immer – geschlechtlich und ethnisch – klare Rollenverteilung. Der sich humanistisch wähnende, hochpeinliche Schlussakt samt Händchenhalten mit einem CGI-Alien besitzt dann leider auch nicht die unbekümmerte Naivität eines Steven Spielberg, dessen "Close Encounters" hier ebenso zitiert wird wie der (scheinbar) unumgängliche Kubrick. Schade eigentlich, dass dieser anfänglich noch recht faszinierende Science-Fiction-Trip sein Ende in esoterischem Erlöserkitsch Marke Darren Aronofsky finden muss.
Finde ich nicht tragisch, diese ganzen Nerdfilme mit weichgespülten Helden (besonders wenn Treudoof-Gucker Michael Cera sie spielt) hängen mir eh zum Hals raus.
Männer braucht das Land.
Seit ich als Kind Stephen Kings "Carrie" las, habe ich mich immer wieder an Brian De Palmas Kinoadaption des Stoffes gewandt, in der Hoffnung, der Film würde mich ähnlich fesseln und verstören wie Kings kluger Debütroman über die entfesselten Kräfte eines jungen repressiven Mädchens. Doch ich werde einfach nicht warm mit De Palmas Manierismen, die kaum etwas vom behutsam erarbeiteten, subtilen und sorgfältigen Psychohorror der Vorlage auf die Leinwand übertragen können. Der Film findet zu keinem homogenen Tonfall, an deplatziert komische reiht er wenig wirkungsvoll erschreckende Momente. Die starken Figuren des Buches sind im Film gut bis sehr gut besetzt, aber es fehlt De Palma an charakterlichem Fokus (vielleicht, weil er mehr damit beschäftigt ist, die Kamera scharf zu stellen). Der visuelle Einfallsreichtum ist sicherlich beachtlich, und die üblichen handwerklichen Kniffe des Regisseurs sind bemüht, das in der Vorlage geradezu apokalyptische, quasi unverfilmbare Finale in zermürbende Bilder zu übersetzen. Dennoch bleibt "Carrie", zumindest für mich, nur eine schale Interpretation des psychologisch feinfühligen, brillant die Ängste junger Heranwachsender thematisierenden Romans. Und es hätte bei der Umsetzung eines derart femininen und theoretisch eine Fülle an Gender-Diskursen anstoßenden Stoffes doch einen Regisseur gebraucht, der – ohne mir den langen Kritikerbart vom vermeintlich misogynen De Palma anheften zu wollen – etwas mehr von Frauen versteht, als nur Duschszenen in Slow-Motion zu filmen.
Brian De Palma, der Bildermacher, der visuelle Erzähler, der Kameraflüsterer, ist nun nicht unbedingt jemand, der Filme aus dem Kopf heraus inszeniert, ein Diskursanstifter schon gar nicht. Mit "Casualties of War" hat er einen Kriegsfilm gedreht, auf der Höhe des US-Kinos über Vietnam. Durchaus vorstellbar, dass ein (mutmaßlich) ideologisch weitgehend unbefangener Ästhet wie De Palma sich Zugang zu jenem komplizierten Genre verschafft, das seit jeher den bekannten Widerspruch in sich trägt, Krieg bedienen und Krieg verurteilen zu müssen. Doch seine Verliebtheit in Stil und Formschönheit bricht dem Film schon nach wenigen Minuten das Genick, wenn er Marty McFly in einen unterirdischen Tunnel stürzen lässt und aus der Frage, ob er von einem herannahenden Vietnamesen erstochen oder doch noch in letzter Sekunde vom Sarge hochgezogen wird, mittels Montage einen klassischen Suspense-Moment zu kreieren versucht. Solche geschmacklosen Momente durchziehen den gesamten Film, sogar vor einer nur auf äußere Spannung ausgerichteten Giallo-Hommage schreckt De Palma nicht zurück. Krieg als Kintopp - statt Politik gibt’s den Film-Film der Woche. [...]
[...] David Hemmings spielte in "Blow Up" einen hedonistischen Photographen, den besonders die Persönlichkeitsrechte von Frauen wenig scherten, John Travolta hingegen ist hier ein Romantiker, der in der Wahrheit auch die Liebe zu finden hofft. Umso tragischer ist es, dass De Palma dessen Figur nur entscheidende Vorsprünge erlaubt, um sein berühmtestes Zitat ("Die Kamera lügt 24 mal pro Sekunde") bestätigt zu sehen. Die These, dass Kino Wahrheit nicht ab-, sondern überhaupt erst bildet, und dass sich diese Wahrheit dennoch als so nutz- wie folgenlos erweisen kann, ist noch immer eines der definitiven Statements zum amerikanischen Film. Wenn Travolta endlich seinen perfekten Schrei findet, bleibt zwar das Kino intakt - doch könnten die dafür notwendigen Bedingungen kaum niederschmetternder sein.
Elegant inszenierter Schmuddel-Thriller mit Strapsengarantie, der sich mit deutlichen Giallo-Bezügen im Wesentlichen als Hommage an Hitchcocks "Psycho" lesen lässt. Angie Dickinson ist vorzüglich als Janet Leigh, und Michael Caine gibt einen amüsanten Norman Bates. An die virtuose erste halbe Stunde kann Brian De Palma später nicht mehr anknüpfen, dafür verspricht er einige besonders ordinäre Höhepunkte, die im Kontext seiner nicht unähnlichen Folgearbeiten "Blow Out" und "Body Double" jedoch in gewisser Hinsicht sinnstiftend wirken (exemplarisch dafür die in allen drei Filmen durchexerzierten Duschszenen). Allerdings bleibt mir De Palmas Verständnis von Sex – in keinem Film so deutlich wie diesem – ein einziges Rätsel. Obwohl es um nahezu nichts anderes geht, hat dieser Film nicht den Hauch von Erotik. Sex ist hier stets auf irgendeine Art negativ konnotiert: Er ist Bedrohung, Waffe, Lockmittel, Ehebruch, Anleitung zum Mord. Er ist divant und irgendwie verächtlich, Spaß an Sex hat in De Palmas Filmen zumindest niemand, am Ehesten noch sorgt er für Geschlechtskrankheiten (ist hier tatsächlich der Fall). Wenig verwunderlich demnach, dass der Regisseur seine damalige Frau Nancy Allen gleich zwei Mal in Folge als Nutte besetzt hat. Als thematisches Konzept mag das in "Dressed to Kill" sogar seinen Sinn haben, das Bild vom verwerflichen Sex, aber De Palmas Filme erscheinen mir leider alle irgendwie so verstellt vulgär. Warum nicht mal sorgenfrei vögeln?
Über lange Zeit hinweg scheint es, als laufen hier zwei Filme parallel: Ein politischer Verschwörungsthriller, ganz im Geiste der aufgeladenen 70er Jahre, und ein parapsychologisches Jugenddrama über Telekinese mit Horrorelementen, das nicht von ungefähr an "Carrie" erinnert. Erst nach und nach enthüllt Brian De Palma die Verbindungen der zunächst offenbar gegensätzlichen Erzählstränge, was dem visuell weitgehend zurückhaltenden und handlungslastigen Film besonders in der Mitte nicht immer gut bekommt. De Palmas Vorliebe für Perspektivwechsel und Verschiebungen der Wahrnehmungsebenen findet durch das telepathische Element einen überdeutlichen Ausdruck, der sich in sämtlichen Beziehungen der Filmfiguren spiegelt. Leider aber überlässt er dem Zuschauer wieder nur ungern die Denkarbeit und kehrt selbst noch die letzten Anflüge von Sub- oder Metatext nach außen. Diese Vorgehensweise findet eine graphische Entsprechung in der denkwürdigen und berühmten Schlussszene, die weniger ihres blutigen Effektes oder ihrer Radikalität wegen, als durch die Besetzung mit John Cassavetes, dem Urgestein des US-Independentfilms, einen interessanten und bleibenden Eindruck hinterlässt.
Brian De Palma fühlt sich in vielen Genres wohl, mit wechselhaftem Erfolg hat er sich neben Thrillern oder Kriegsfilmen auch immer wieder im Komödienfach versucht. Selbst das verbindet ihn noch mit seinem großen Vorbild Hitchcock, und vielleicht wäre De Palma mit seinen unterschiedlichen Stoffen, aber unverwechselbarem Stil im klassischen Studiosystem Hollywoods besser aufgehoben gewesen, um als Regisseur auch unbestritten zur oberen Kanonriege der Autorenfilmer zu zählen.?! "Wise Guys", der hierzulande unter den saudämlichen Titeln "Zwei Superpflaumen in der Unterwelt" und "Zwei ausgeschlafene Jungs" firmiert, ist eine formelhaft amüsante Mafiakomödie, bei der De Palma seine technischen Sperenzien zugunsten eines straighten Comedyplots spürbar herunterschraubt und die Show ganz den Blödeleien seiner Hauptdarsteller überlässt. Danny DeVito beweist erneut sein Talent als hervorragender Komiker mit exzellentem Timing, während der ein oder andere Drehbuchgag komplett in die Hose geht. Irgendwie ist das aber ein sehr sympathischer Film, ein bisschen doof, ein bisschen drüber, und ganz schön anarchisch.
Am Anfang lässt Brian De Palma erst einmal minutenlang lang die Kamera kreisen, was sicher kompliziert gedreht und hübsch anzusehen, aber irgendwie auch nicht enden wollend und redundant und ein bisschen hysterisch ist. Eine Viertelstunde und den ersten ersehnten sichtbaren Schnitt später entfacht der Film dann einen Overacting-Zirkus ohnegleichen – Schauspielführung ist de Palmas Sache nicht. Interessant zumindest, wie sich der Thriller um ein Attentat in einer Boxarena filmisch nach und nach konstituiert: In "Rashômon"-Manier mit Rückblenden und verschiedenen Blickrichtungen, die beispielsweise in ein und derselben Einstellung von der subjektiven Perspektive einer Figur zu der subjektiven Perspektive der auktorialen Kamera wechseln, die damit zum eigentlichen Hauptdarsteller des Films wird. Entsprechend technisch ist "Snake Eyes" mit seinen vielen Plansequenzen kalkuliert und entsprechend leb- und leidenschaftslos erscheint seine Geschichte, die durch ein unschönes (dem Regisseur wohl aufgezwungenes) Ende auch noch völlig entwürdigt wird.
Kinoadaption der Erfolgsserie um eine Gruppe Geheimagenten, die das originelle Teamkonzept der Vorlage auf ein konventionelles Ein-Mann-Starvehikel herunter bricht, in dem sich Tom Cruise vergeblich als alternativer James Bond zu etablieren versucht. Cruise, hier auf dem Höhepunkt seines Erfolges, fährt als Produzent (mit Partnerin Paula Wagner) und Hauptdarsteller seinen bewährten Kurs: Keine Co-Stars auf Augenhöhe, keine wichtigen Szenen ohne ihn, keine allzu eigensinnigen Regisseure am Werk. Dementsprechend eignet sich der rein handlungsgetriebene Film für Regisseur Brian De Palma kaum zur Spielwiese der Verfremdung, und an Subversion ist er ja sowieso nie interessiert. Ein paar Subjektiven, eine CGI-Kamerafahrt ins Fenster eines Zuges, ein paar lose De-Palma-Motive um Schein und Sein, ansonsten rein schematisches Produzentenkino, das bis auf den großartigen Einbruch ins CIA-Hauptquartier keine nennenswerten Höhepunkte hinterlässt und sich rückblickend gar als etwas popeliger Blockbuster entpuppt. Herausragend einzig Danny Elfmans seinerzeit unkonventioneller Action-Score, der zum zigfach kopierten Prototypen wurde.
[...] Und dann ist „Salt“, den man soweit ja durchaus gut weggucken kann (kein Qualitätskriterium), ganz plötzlich in dem Moment zu Ende, als man gerade anfangen möchte der Geschichte zu folgen. Es bleiben nach 100 raschen Minuten mehr Fragen als Antworten über, so als hätte man nur einen langen Teaser zum eigentlichen Film gesehen. Schön und gut, wenn das hier der Startschuss zu einer neuen Serie sein soll, aber zunächst einmal wäre es ganz nett, wenn „Salt“ auch als eigenständiger Film funktionieren würde. Denn noch sind die Fortsetzungen, die die vielen losen Fäden des Films geradezu einfordern, noch reine Zukunftsmusik.
Ein erfolgloser Schauspieler gerät als Zeuge eines Mordes in die Rolle seines Lebens und überwindet gleichermaßen Liebes- und Lebenskrise. Als Hollywoodthriller im doppelten Sinne mit Anleihen beim Exploitation- und Schmuddelkino inszeniert, erweist sich "Body Double" als einer der veritableren Filme von Brian De Palma. Im offenkundigen Sleaze-Kontext fühlen sich nicht nur die profanen Hitchcock-Bezüge des Regisseurs gut aufgehoben, sondern auch dessen Strapsen-, Titten- und Stripfetische, die er hier als selbstreflexiv deutbare und in sanften Anflügen von Einfallsreichtum auch Erzähltechniken spiegelnde Komödie über das Filmbusiness verhandelt. Dem Film fehlen jedoch inszenatorische Raffinesse und intellektueller Wille, um das Potenzial des Dopplungskonzepts deutlicher ausschöpfen zu können. Und Craig Wasson ist eine lebende Schlaftablette.
Zunächst munteres Sinnieren über die Femme Fatale des Film Noir als reine Begrifflichkeit, ohne Sinn, Leidenschaft oder eingehendes Verständnis, später Diffamierung derselbigen als Schlampe, die Männer ins Verderben stürzt. Für Brian De Palma scheint sie erwartungsgemäß ein Objekt der Begierde zu sein, das den männlichen Blick spiegeln und als Projektionsfläche herhalten muss. "Femme Fatale" ist ein als Hommage getarntes Wiederkäuen des Missverständnisses, die Frau im Film Noir nur als bloßes konstruiertes Mysterium und die Frau im Kino grundsätzlich als Abbild reiner Männerfantasien zu begreifen. Und einmal mehr müssen für den allmählich quietschend rostigen Altherrenschlock De Palmas Meisterwerke wie "Vertigo" oder "Double Indemnity" bemüht werden, um dem wie so oft schicken und gleichfalls ermüdenden Bilderreigen aus Vulgarität und Küchenpsychologie einen angemessenen Anstrich von Legitimation zu verpassen. Ein Best-of-De-Palma-Gebräu mit den üblichen filmischen Kniffen, angesoffen vom eigenen Tittencocktail, sich am als elegant vermarkteten Sleaze aufgeilend und zuletzt tiefsinnig wähnend in der eingeengten Vorstellung, Kino sei letztlich nur Mittel zum Voyeurszweck. Oder ein Traum. *applause*
Psychothriller über multiple Persönlichkeitsstörung, den Regisseur Brian De Palma als schwarze Komödie und zugleich irrwitzige Genreparodie anlegt. John Lithgow fährt in der Hauptrolle alle nur erdenklichen Geschütze auf (queer!), während De Palma augenzwinkernd und selbstreflexiv seine typischerweise oft ausgestellten technischen Finessen kommentiert. Ein Film, der mit Flashbacks, Off-Dialogen, Traumszenen, Schockmomenten, Erzählbrüchen und den obligatorischen Plansequenzen eine beachtliche Palette an filmischem Einfallsreichtum vorführt und seine eigene Handlung so konsequent konterkariert, dass dem Zuschauer einiges an Aufmerksamkeit abverlangt wird. Jazz in seiner besten Form – selten hat es so viel Spaß gemacht, Herrn De Palma bei der Arbeit zuzuschauen.
Herausragend photographierte Schmalspurversion von "Vertigo", bei der Regisseur Brian De Palma und Autor Paul Schrader ein Liebes- zum Familienmelodram umdichten. Der erstaunlich gefühlvolle Tonfall weicht immer mehr banalen Thrillereffekten, während der Film in hemmungsloser Erklärungswut alles (Offensichtliche) verbalisiert, das sich bei Hitchcock noch im Sub- und Metatext verbarg. Ein Ende wie aus dem Groschenheft bildet dann den adäquaten Abschluss dieser formal ausgeklügelten und im Vergleich zum Vorbild doch kläglich unterambitionierten Imitation auf gedanklichem Seifenopernniveau. Die Auflösung verweist die teils sinnliche und poetische Atmosphäre der ersten zwei Drittel in moralisch banale Konventionsmuster von Rache und Betrug und raubt dem Film damit auch jede mythische Qualität. Letztlich weniger Hommage, denn unfreiwillige Persiflage mit einer bedauernswert beschränkten Auffassung von Hitchcocks Meisterschaft.
Nach "Vertigo" fühle ich mich unendlich bereichert. Nach "Obsession" nur beraubt.
Mit Western-Elementen angereicherte Kinoverarbeitung und Mythoskonstruktion der berühmten Prohibitionsagenten, die im Chicago der 20er Jahre Al Capones Alkoholhandel bekämpften. Stellenweise virtuos inszeniert, versprüht der Film unentwegt nostalgisches Kinoflair, das mit ausgedehnt gefilmten und kompliziert geschnittenen Sequenzen die lückenhaft erzählte Geschichte zu kaschieren versucht. Tatsächlich bleiben Brian De Palmas "Untouchables" mehr als nur unberührbar, weil der dramaturgisch viel zu treibende Film sie nie richtig formen und zusammenbringen mag. Stattdessen konzentriert sich das Drehbuch lieber auf den familiären Background des Gruppenleaders (gespielt von Kevin Costner), der jedoch immer wieder unmotiviert in die Handlung eingefügt und letztlich rein schematisch und funktional skizziert wird, um eine stärkere Beziehung zur Figur herzustellen. Dieses Baukastenprinzip durchzieht den gesamten Film, der artig nach Zahlen malt, aber kaum Tiefgründiges über die Unbestechlichen oder den zeitlichen Kontext zu berichten weiß. Absolute Tiefpunkte sind die Overacting-Performance Robert De Niros als Al Capone, der in seinen wenigen Momenten völlig willkürlich aufdreht und dem der Film keine einzige wirklich niveauvolle, geschweige denn erinnerungswürdige Nicht-Show-Off-Szene gönnt, sowie Ennio Morricones Musik, die durch ihre 80er-Synthie-Sounds ihren Teil dazu beiträgt, dass der Film alles andere als geschlossen wirkt. Am Ende hinterlässt "The Untouchables" mit seiner fürs Genre überschaubaren Laufzeit von nur zwei Stunden einen sehr gestutzten, hastigen Eindruck.
Unfassbarer New-Hollywood-Horror von Brian De Palma. In der ersten Hälfte gelingt es dem Film trotz der deutlich zu langen und im Endeffekt auch ziellosen Exposition noch recht effektiv, seine Geschichte unberechenbar und spannend vorzubereiten. Nach der schönen Titelsequenz generiert De Palma unter Einsatz von Split-Screens und raffiniertem Schnitt Suspense-Momente, die – Klischee, aber wahr – ans Vorbild Hitchcock erinnern, dieses in ihrer sympathisch cheesigen Unbekümmertheit aber nicht kopieren. Ab der zweiten Hälfte jedoch dreht "Sisters" vollkommen frei und gerinnt zur absoluten Camp-Sause, bei der selbst Robert Aldrich noch was hätte lernen können. Völlig unmotivierter Perspektivwechsel, dramaturgisch komplett sinnlose Handlungsabschnitte und eine Auflösung, die keine ist, sondern sich in völligem Trash ergeht, bei dem man gar nicht weiß, worüber man zuerst lachen soll: Über die grundlos hysterisch kreischende Irre in der Anstalt? Über die völlig konfusen und zusammenhanglosen Buñuelesken Hallus der Journalistin? Oder über den Arzt mit dem seltsamen französischen Akzent und der Beule am Kopf, der das gesamte Finale über wie ein Zombie umher tingelt? Und dann, dann übertrifft sich der Film noch einmal selbst, als der Ermittler – eine Figur, für die sich der Film keine zwei Sekunden lang interessierte – am Ende auf dem Strommast eine Couch und eine Kuh observiert! Das als Schlusseinstellung ist schlicht grandios grotesk.