Rajko Burchardt - Kommentare
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Alle Kommentare von Rajko Burchardt
Werden hier bei MP eigentlich mal die ganzen Berlinale-Filme - u.a. die oben erwähnten FAMILIAR GROUND oder auch UNTER KONTROLLE etc. - eingetragen?
Schöner und treffender als Daniel Kothenschulte hat es seither niemand beschrieben:
"Besser als 'Brokeback Mountain' werden Filme im Allgemeinen nicht mehr. Noch nie hat es einen solchen Film gegeben. Nie hat jemand eine schwule Liebesgeschichte gedreht, die sich nicht nur an eine Minderheit wendet. Darum wird man 'Brokeback Mountain' noch in hundert Jahren sehen. […] Dies ist kein altmodischer Film, denn einen "Brokeback Mountain" hat es nie gegeben. Das alte Hollywood hat sich zwar immer wieder mutig an ein solches Thema gewagt, aber nie in dieser Entschiedenheit. Es sind viele ähnliche Geschichten für ein schwules Kinopublikum erzählt worden, doch den Kontext konnten und wollten sie kaum überwinden. Ang Lee ist niemand, der Zäune einreißt, aber er ist ein begnadeter Vermittler. Stets argumentiert er über den Weg der Empfindung. 'Brokeback Mountain' gibt jedem ein Gefühl dafür, wie sich eine solche Liebe anfühlt und weckt schließlich eine so tiefe Wehmut nach etwas Ähnlichem, dass mancher sein eigenes Leben dabei in Frage stellt. Tatsächlich weckt er auch die Sehnsucht nach einem ähnlichen Kinoerlebnis. [...] 'Brokeback Mountain' ist ein Film, so klar und unverstellt, als könne man Kino machen wie beim ersten Mal."
(aus "Östlich vom Western" und "Komplimente" von Daniel Kothenschulte, Frankfurter Rundschau 2006)
[...] Da dieses reinste Sammelsurium aus Selbstzitaten und Verweisen aufs eigene Schaffen jede Mühe scheut, eine halbwegs logische Geschichte zu erzählen oder sich zumindest vordergründig als Teen-Horror zu behaupten, zielt es geradewegs am breiten Publikum vorbei. Die Handlung von "My Soul To Take" erweist sich vielmehr als elliptische Assoziationskette, in der Craven mit einer traumähnlichen Stimmung Motivkonstanten seiner bisherigen Filme verknüpft. Das kann man aufgrund der vielen Auslassungen, des meist völlig zusammenhanglosen Drehbuchs und der konfusen Inszenierung, die gern auch mal ins Religiöse oder Esoterische driftet, als schlecht erzählt empfinden, so wie offenbar die normative (normierte) Filmkritik in den USA. Man kann hinter dem augenscheinlichen Gewirr des Films aber auch ein Konzept vermuten: Immerhin spielte Craven schon in "Shocker", "New Nightmare" und "Scream" mit Erzählebenen, Klischees und der Belastungsfähigkeit des Genres. [...]
[...] Hätte ein anderer Regisseur als Eastwood einen so banalen Film über Glauben und Schicksal und Verlust und Trauer und Sehnsucht inszeniert, beispielsweise M. Night Shyamalan, trotzdem er solche Themen viel ausgestellter, bedeutungsschwangerer und natürlich phantastischer verhandeln würde, könnte man nach kollektiven Verrissen der Filmkritik wahrscheinlich die Uhr stellen. Aber Eastwood ist ein Label, und unter diesem Label kann man auch den größten Jahrmarktsquatsch halbwegs seriös verkaufen. Gegen den Mut des Regisseurs zum überlegten Kitsch ist grundsätzlich gar nichts einzuwenden, bei „Million Dollar Baby“ hat das in einem moralischen, ethischen und auch religiösen Bezugssystem hervorragend funktioniert – doch hier, als schwermütiges Mystery-Drama, hat es den Anschein eines halbverdauten Genremahls. Von sich selbst gesättigt. [...]
Danny Boyle, der Liebling aller Videoclip-Werbefilm-Junkies, hat die 127stündige Tour de Force des Bergsteigers Aron Ralston verfilmt. Nach einem Unfall klemmte dessen Arm tagelang in einer Felsspalte des Blue John Canyons fest, bis Ralston eine folgenschwere Entscheidung treffen musste, um sich vor dem Tod durch Verdursten zu retten. Wie in keinem anderen seiner Filme gehen Boyles ästhetische Meriten, spielerischen Bildmotive und digital getunten Einstellungen hier eine ebenso effektive wie adäquate Verbindung mit seinem sonst so befremdlich zur (Wohlfühl-)Formschönheit gebrachten Blick ein: Der Mensch als Mittelpunkt, die komplette Reduktion des Plots, das Konzentrieren aufs Wesentliche. "127 Hours" ist das Erfahrbarmachen einer Extremsituation, die Ableitung des puren existenzialischsten Moments, dass der Wille zu Leben nicht gebrochen werden kann. Kino aus allen erdenklichen Winkeln, selbst noch vom Grund einer Trinkdose aus photographiert. Die Kamera geht ins Innere eines Camcorders und auch in die Venen eines Arms, Amputation als Klimax, Blut und Urin in Großaufnahme, bis die Batterie leer ist. Der Fokus ist immer der des Protagonisten, die Erzählung gerinnt zum halluzinatorischen Empfinden in Split-Screens. Erkennbar Boyle. Und doch reines Filmemachen – eine so konsequente Regiearbeit hat man ihm gar nicht mehr zutrauen wollen.
Selbst die Westboro Baptist Church ist mir lieber als noch ein einziger Film von Kevin Smith.
Mit psychologischem Geschick gestrickter Selbstjustizfilm über unkontrollierbare Jugendliche, Gewalt an Schulen und den Machtverlust von hilflosen Autoritäten, der seinen reißerischen Vigilantismus rückwirkend als prophetische Sozialkritik verstanden wissen will. Mark L. Lesters Qualitäten als Anstifter eines ernsthaften Diskurses über Jugendgewalt erweisen sich jedoch kaum überraschend als wenig glaubwürdig, vielmehr liegen seine Stärken in der kompletten Ausschlachtung des Themas, das er als wütende Exploitation mit klaren Gut-Böse-Trennlinien aufzieht. Ironischerweise zeichnet "The Class of 1984" trotz seiner völlig überzogenen und indifferenten Darstellung der albernen Schulpunks und klischeehaft anmutenden Dystopie verrohender Kinder insgesamt ein Bild von Jugendkriminalität, das heute zwangsläufig weitaus weniger fiktiv erscheinen muss als 1982. Unterm Strich funktioniert der Film in erster Linie als gradliniger Actionthriller, dessen größte Ambition sich im effektivem Ausverkauf, statt tiefsinnigen sozialen Visionen spiegelt.
Der liberianische Bürgerkrieg in den 90er Jahren bildet den zeitlichen und räumlichen Hintergrund für Edward Zwicks "Blood Diamond". Der Titel verweist auf die so genannten "Konfliktdiamanten", die als Währung der Rebellenführer, Terroristen und Schmuggler die Unruhen in Sierra Leone finanzierten, und auch als "Blutdiamanten" bezeichnet werden – für die Gewinnung der begehrten Steine wurden zahlreiche Teile der afrikanischen Bevölkerung misshandelt, bis 1999 über 5000 Kindersoldaten zwangsweise rekrutiert. Der illegale Handel mit den Diamanten ist auch nach Beendigung des Krieges ein Problem: Nur schwer lässt er sich kontrollieren, gelangen Steine aus Konfliktregionen in den regulären Handel – ungewiss, welche korrupten Wirtschaftsunternehmen mit ihrer Beteiligung dadurch weiterhin Unruhen in Krisengebieten finanzieren. [...] Sind die narrativen Stränge erst einmal geschnürt, entfernt sich der sicherlich ambitionierte "Blood Diamond" allerdings schnell von seiner strengen Nüchternheit. Zwick ist zunehmend weniger an problemorientierten Kernpunkten, denn kantenloser Abenteueraction interessiert. Über die reine Darstellung grausiger, Gänsehaut erzeugender Aufnahmen von Kindern mit Maschinengewehren geht das nicht hinaus – weder Ursachen noch Auswirkungen in ihrer eigentlichen Komplexität werden im Film verhandelt (die Rebellen erscheinen als dumpfe Meuchelmörder und die Figuren im politischen Kabinett, beispielsweise Präsident Joseph Saidu Momohs, spielen überhaupt keine Rolle!). Stattdessen mimt Leonardo DiCaprio in einer Mischung aus den Bogart-Charakteren eines "The Treasure of the Sierra Madre" und dem Typus des Indiana Jones den egoistischen Schmuggler, trägt dabei jedoch nicht nur einige Zentimeter zu dick auf, sondern verdrängt vor allem den eigentlichen Mittelpunkt des Films: Die Geschichte eines Ex-Söldners, dessen Sohn entführt und zum Kindersoldaten ausgebildet wird. [...]
Das Versagen der westlichen Machtapparate und deren grundsätzliche Annahme, die politischen und gesellschaftlichen Prozesse in Afrika steuern zu können, sind ein zentrales Thema in Michael Caton-Jones’ Film "Shooting Dogs", der sich nach dem in jüngster Vergangenheit produzierten "Hotel Ruanda" und dem weniger bekannten "Sometimes in April" ebenfalls mit dem Genozid in Ruanda auseinandersetzt. Zumindest auf den ersten Blick. [...] Nachdem im April 1994 der ruandische Präsident Habyarimana ermordet wurde, erreichen die Unruhen ihren Höhepunkt. Die Hutus rufen zum Massenmord an der Minderheit der Tutsi auf, während eine kleine Schule unter Leitung eines britischen Paters (überzeugend: John Hurt) sich um Bedürftige kümmert. Doch die brutale Präsenz der Hutu-Meute führt zu immer folgenschwereren Ausschreitungen – und die UN-Truppen ziehen sich allmählich zurück. [...] Die Entscheidung, sich dem Thema in gewisser Hinsicht aus einer westlichen Perspektive zu nähern, wirkt vor diesem Hintergrund fast schon geschmacklos. So meint man wird hier kaum mehr noch die Geschichte eines Massakers dokumentiert (oder interpretiert), sondern mit leichter Altherrenromantik vielmehr das Portrait eines greisen Priesters und dessen Nachzüglers (niedlich, aber doof: Hugh Dancy) entworfen. Dieser appelliert beständig an Gottes Vernunft und belegt sein Umfeld mit einem christlichen Schleier, was wie im Falle der ‚Abendmahlszene’ teilweise zu unfreiwilliger Komik führt und dem ganzen somit, besonders auch weil es mit den gängigen Musikmustern unterlegt ist, einen Hauch von Ethnokitsch verleiht. Da gaukelt "Shooting Dogs" dann sogar noch Authentizität vor, weil an seiner Entstehung zahlreiche Überlebende mitgewirkt haben. Dieser Widerspruch hingegen ist dem Film ebenso wenig bewusst wie die Tatsache, dass im April 1994 jede göttliche Institution ihre Augen von Ruanda abgewendet haben muss.
[...] Derweil hinken diesem einstigen Trend nur noch vereinzelte Nachzügler hinterher, die jene biedere Grundmoral – ein Mensch wird zur mörderischen Bestie, wenn er nicht Teil eines sozial geordneten familiären Raums ist – mit relativ beliebigen Thrillermustern kombiniert aufgreifen. Eric Barbiers "Le Serpent" ist so ein Genrefilm, der es sich in dieser Nische gemütlich gemacht hat, auch wenn er als französischer Beitrag womöglich lieber mit den detektivischen Neo-Noir-Vertretern der Claude-Chabrol-Ära assoziiert werden möchte. Er scheint ganz darauf zu vertrauen, dass seine Zuschauer sich nichts verwerflicheres vorstellen können, als dass die eigene Familie von einem wahnsinnigen russischen Erpresser bedroht wird, während man selbst als zu Unrecht verdächtigter Mörder mittellos die eigene Unschuld beweisen und schließlich das Leben seiner Frau und Kinder retten muss. [...]
Wie schon in "Bennys Video" verteufelt Haneke alles, was seinen kleinbürgerlichen Radius zu übersteigen droht (Heavy Metal = böse, und überhaupt: das Fernsehen ist doch schuld!), hebt den Zeigefinger hier und schwingt die Moralkeule dort, und immer geht es um die böse Gewalt, die er – und das ist weiterhin sein Denkfehler – nicht trennen mag zwischen realer und medialer Ausprägung. Sein aufgesetzter Killer-Monolog am Ende verdeutlicht das noch einmal, falls man es bis dato trotz ständiger Publikumsinteraktion des Mörders (ja, er grinst immer wieder in die Kamera, spult die Handlung sogar zurück – wie findig!) nicht kapiert haben sollte, wenn es heißt, dass Fiktion und Realität ja irgendwo doch das gleiche seien. Das ist natürlich berechenbar, vor allem aber ist es nicht richtig, es ist sogar so sehr falsch, dass Haneke mit diesem missverstandenen Film den eigentlichen gefährlichen Beitrag zur Mediengewalt liefert. Und dabei ist das nicht einmal ein Film, sondern nur eine ekelhafte Versuchsanordnung.
[...] "Scream" war eine große ironische Verbeugung vor dem Horrorfilm, und bei all der dreisten Entlarvung des Genres war es auch ein Film, der sich nicht nur mit den Regeln und Mechanismen des Stalk’n’Slashers auseinandersetzte, sondern sie völlig aus ihrem Rahmen löste, sie in die vermeintliche Realität einer Filmwelt überführte. Die Jugendlichen im Williamson-Zeitalter sind aufgeklärte Teens, die sich vom Kino schon lange nichts mehr erzählen, geschweige denn beeindrucken lassen, sondern die das Leben selbst zu einem Film machen: Sie wissen um die Berechenbarkeit ihrer selbst, und trotzdem wird sie das nicht vor dem sicheren Tod bewahren. [...] In vielen Momenten erreicht "Cursed" eine verspielte Dichte, bei der zahlreiche Seitenhiebe auf TV- und Modebranche besonders im Zusammenhang mit einem künstlichen Schickimicki-Ambiente amüsanten Genrereflexionen dienen. Die Motivation der Werwölfe im – wenig überraschenden – Finale ist so ganz und gar anderer Natur, als es bei den unfreiwilligen Mutationen eines Lon Chaney der Fall war. Wo einst die große Tragik der missverstanden Monster in den Mittelpunkt rückte, strebt man derweil regelrecht nach den haarigen Verwandlungen im Vollmond: Das kann einem in der Hollywood-High-Society des 21. Jahrhunderts durchaus den Karrierekick geben. Es ist geil, ein Werwolf zu sein. Oder: "There's no such thing as safe sex with a werewolf.".
Ein wenig in Vergessenheit geratenes, aber Mitte der 70er recht erfolgreiches Indie-Road-Movie, das heute fälschlicherweise unter der neuerdings attraktiven Umschreibung Grindhouse firmiert. Weitere Begriffe, die man mit dem Film in Verbindung bringen könnte, wären Drive-In-Cinema oder Redneck Nightmare, ich persönlich bezeichne die gelegentlich etwas schmuddeligen und besonders amerikanischen Vertreter dieser Art gern als "Highwayploitation" – eine grobe Formkategorie quasi, nur echt mit rostigen Schrottkarren, zurückgebliebenen Psychopathen und durchs Bild wehenden Tumbleweeds. Obwohl "Macon County Line" einige Merkmale dieser Filme trägt und auf DVD in Richtung "The Hitcher" vermarktet wird, erweist er sich eher als Selbstjustizdrama und Gesellschaftsporträt, das sogar einen wahren Fall nachstellt. Ein etwas kürzerer Vorlauf bis zum eigentlichen und erst im letzten Drittel konkret verhandelten Kern der Geschichte um Eskalation und US-Traumata und einige weniger nebulöse Verweise auf den politischen Zeitgeist der 50er Jahre (durch die 70’s-Brille) hätten dem Film eine noch größere Schlagkraft verliehen, doch trotz seines etwas ungenutzten Potenzials und der alles andere als konzentrierten Inszenierung ist "Macon County Line" sehenswertes Kino aus der Hochphase New Hollywoods.
[...] Das größte Problem des Films ist sicherlich die mangelnde Glaubwürdigkeit des Drehbuchs im Umgang mit seinem zentralen Protagonisten, den Crowe zwar souverän und konzentriert spielt, der sich im Laufe der Handlung allerdings auf kaum nachvollziehbare Art vom tollpatschigen Lehrer zum Mastermind mausert. Diese charakterliche Indifferenz mündet in einem auch formal entsprechend unausgegorenen Finale, das zwar vom französischen Original erheblich abweicht, allerdings vehement zu keinem Ende finden möchte. Da stehen dann melodramatische Momente neben komplett fehlplatzierten Actionszenen, die das zuvor sorgfältig errichtete dramaturgische Gerüst fast zum Einstürzen bringen. Haggis reiht potenziellen Schluss an potenziellen Schluss und meint es zuletzt dann doch ein wenig zu gut mit seiner Vorstellung von einer auserzählten Geschichte - auf den letzten Metern verliert sich "The Next Three Days" in platter Rührseligkeit und einer lapidar ans Publikum gerichteten Aufklärerhaltung, die für seinen Regisseur nur leider allzu typisch ist.
Roman Polanskis fiebriger Sextraum "Repulsion" durch die adoleszent-prätentiöse Aronofsky-Brille mit getönten Arthausgläsern noch mal nachbuchstabiert. Zwischen Homokitsch, Primaballerina und Psychothriller-Trash wedelt und winkt "Black Swan" nach seinen filmischen Vorbildern mit eingeknicktem Handrücken, aber ohne künstlerischen Mut, formalem Einfallsreichtum oder Gespür fürs Abgründige, Verstörende und Tiefsinnige. Psychologisch bleibt der Film flach bis plump, und wenn Aronofsky kokett die Repressivität und verzerrte Wahrnehmung seiner Protagonistin zu vermitteln versucht, übertreten seine Shaky-Cam-Bilder gelegentlich auch die Grenze zur Fremdscham. Natalie Portman tänzelt und leidet sich als schwarzes Schwänchen tapfer durch ihren banalen Horrortrip, aber zur Catherine Deneuve wird sie dadurch noch nicht – ihre Naivität und Unschuld bleibt Behauptung, ihr ehrgeiziges Spiel unglaubwürdig und angestrengt. Wie der Film.
Bedauerlicherweise wird William Castle damals wie heute vorwiegend auf seine legendären Gimmicks, seine lebhafte Effekthascherei und seine schrulligen Rip-Off-Versuche diverser Erfolgsfilme aus der A-Liga reduziert, obwohl seine Regiearbeiten zutiefst surreal, anmutig und durchaus auch künstlerisch ambitioniert waren. "13 Ghosts", der ebenso wie "House on Haunted Hill" ein charmeloses CGI-Remake über sich ergehen lassen musste, ist hingegen wahrscheinlich am Wenigsten geeignet, dieses Vorurteil auszuräumen. Tatsächlich ist der Film konsequent um seine attraktive Zugabe herum konzipiert – an bestimmten Stellen konnte der Zuschauer im Kino mit einem so genannten Ghostviewer (= anaglyphe 3D-Brille) selbst entscheiden, ob er die Geister sehen möchte oder nicht – und darüber hinaus eher ein wenig trostlos geraten. Castle schummelt sich zwar elegant um den eigentlichen Aufhänger des Films, die Titel gebenden Geister, doch nach der wunderbar stimmigen Exposition geht ihm auch dabei allmählich die Puste aus. Ironischerweise gelingt es dem Film dennoch, durch seinen pseudointeraktiven Gimmick die relativ dünne Inszenierung und den rasch als Plotaufhänger enthüllten Geisterstoff zu kaschieren: In der "Illusion-O"-Version, also der ursprünglichen Kinofassung, die auf der mittlerweile vergriffenen Erstauflage der US-DVD von Columbia enthalten ist, gerinnt "13 Ghosts" zum erinnerungswürdigen Happening mit unschlagbarem Unterhaltungswert. Und Margaret Hamilton, die hier als wandelndes "Wizard of Oz"-Zitat durch den Film schleicht, ist wiederum eine Gimmick-Klasse für sich.
Gnadenloses "Psycho"-Rip-Off, das sich die mehr oder weniger grobschlächtigeren Elemente des Hitchcock-Films vorknöpft und leidenschaftlich ins Plakative übersteigert. Nach allen Regeln der Kunst schnürt William Castle seine zunächst undurchschaubaren Erzählstränge zu einem dichten und spannenden Thriller, ehe "Homicidal" schnurstracks auf ein Ende zusteuert, dessen urkomischer und sich bei jeder Gelegenheit selbst ankündigender Twist offenbar für Menschen mit Sehschwäche konzipiert wurde. Doch selbst noch wenn Castles komplett gescheiterter Überraschungsmoment absehbar ist, bleibt die Faszination daran, mit welcher Inbrunst und Inszenierungslust er diesen vorbereitet. Castles Freude am nahenden Schlock-Schock ist jeder Szene eingeschrieben, so sehr gar, dass er kurz vor Schluss noch eine 45sekündige "Angstpause" platziert: Unter dem pulsierendem Ton eines klopfenden Herzens erscheint eine ablaufende Uhr auf der Leinwand, die dem Zuschauer Gelegenheit geben soll, den Film vorzeitig abzubrechen, falls denn seine Nerven vor Spannung zu zerbersten drohen. – Ist das nicht absolut großartig? Hat es so etwas jemals wieder gegeben? Das muss doch allein die Überzeugungstat eines Regisseurs sein, dessen Herz nur dem Kino gehören konnte. Und man hört es schlagen, 45 Sekunden lang. I love you, William Castle.
Atmosphärisches Schauerstück mit geradezu klassischem Set-Up, das heute womöglich die bekannteste Regiearbeit William Castles bildet. Nach der grandiosen Exposition, die sich mit schwebenden Köpfen und einer zügigen Vorstellung der Figuren als Musterbeispiel verkürzten und effizienten Erzählens erweist, zieht Castle sein Whodunit-Spiel als trügerische Geistergeschichte mit sorgfältigen Showeinlagen auf. Das Haunted House wird zur Theaterbühne, auf der sich die Schauspieler munter durch eine trickreiche Handlung grimassieren. Der etwas schwankende Unterhaltungswert und zurückhaltende visuelle Einfallsreichtum trüben den Genuss des Films zeitweise, obwohl oder vielleicht auch gerade weil Castle "House on Haunted Hill" ungewohnt konzentriert und ökonomisch inszeniert. Vincent Price allerdings ist einmal mehr das Salz in der Suppe, selbst noch als Skelett macht er eine gute Figur! Und immerhin war dies der Film, an dessen kostengünstiger Produktion und Gimmick-Vermarktung sich Alfred Hitchcock mit "Psycho" orientierte – und damit die bis heute nicht eindeutige wechselhafte Konkurrenzbeziehung der beiden in Gang setzte.
Zelluloidterrorimus à la Portman: BLACK SWAN, BROTHERS, THOR, HESHER, YOUR HIGHNESS, NO STRINGS ATTACHED, THE OTHER WOMAN - und das sind gerade einmal nur die Filme, die hierzulande in der ersten (!) Jahreshälfte starten. Babyurlaub für Natalie, bitte! Und dann schön zu Hause bleiben. Diese verzogenen Gören braucht doch kein Mensch. Portman, Johansson, Seyfried... die können alle nix.
(US-)Mainstreamiger geht's nicht mehr. Die Liste ist genauso albern wie seine Filme.
Effektiver Psychothriller aus der Spätphase William Castles, der durch Joan Crawford in einer Nebenrolle als typischer Hag-Horror geführt wird. Die Besetzung der Grande Dame erweist sich jedoch mehr als Vermarktungsgag und damit Kardinalsfehler, insgesamt bewegt sich Crawfords Screentime nämlich leider nur im einstelligen Minutenbereich. "I Saw What You Did" ist spannend, atmosphärisch und stellenweise schön campy, aber auch himmelschreiend ungelenk erzählt, mit einem zusammenhanglos überkonstruiertem Plot, der wie eine in die Länge gezogene Exposition (mit schmucklosem Schluss) wirkt. Castles Versuch, den Film möglichst gradlinig, konventionell und mit stetiger Spannungskurve anzulegen, geht bedauerlicherweise mit einem Mangel an surrealen Ideen und visuellen Regieeinfällen einher – nur in wenigen Momenten sticht seine sonst so bezaubernde Inszenierungslust hervor. Unterm Strich dennoch sehenswert.
Visuell eindrucksvolle, aber wenig originelle Quasi-Emulation diverser Science-Fiction-Klassiker, die Regisseur Duncan Jones für sein Filmdebüt sowohl ästhetisch ("2001" & "Solaris"), als auch inhaltlich ("Silent Running" & "Soylent Green") bemüht. Die Grundprämisse eines einzelnen Astronauten, der nach dreijähriger Stationierung auf dem Mond seiner Heimreise entgegensieht, wird zunächst mit atmosphärischen Bildern aus Einsamkeit und Tristesse vermittelt, ehe der Film denkbar umständlich seine Geschichte zu erzählen beginnt. Statt die interpretierfreudigen Ereignisse der Handlung nur zu umreißen und an Fragen nach Isolation und Identität zu knüpfen, erweist sich die zurechtgebogene Idee des Films nur als sklavisch an Drehbuch und Regie gekoppelte Plotsackgasse, über der dann auch die schwergewichtige moralische Klagehaltung zur unglaubwürdigen Pose gerinnt. Jedweden existenzialistischen Tiefgang verwirft "Moon" schließlich zugunsten einer albern zur Schau gestellten Kritik an der wirtschaftlichen Profitgier von übermorgen – statt gedanklich hinterfragt wird lieber fleißig gerügt. Die mangelnde Subtilität des Films hätte Jones im Abspann eigentlich nur noch mit dem Evergreen seines Vaters krönen müssen: Ground control to Major Tom. Space Oddity – na ja.
Pseudoprovokativer Nonsensfilm voller pubertärer Unappetitlichkeiten, hinter dessen gewollter Kunstattitüde sich lediglich eine so banale wie harmlose Biopic-Struktur mit nervtötendem Voice-Over verbirgt. Diverse Filter, Abblenden und stilisierte Spielereien vor Dauerbeschall mit Countrysongs sollen die dümmliche Haltung des Films offenbar akustisch und visuell kaschieren, demonstrieren allerdings unentwegt den Mangel an Feinsinn, inszenatorischem Können und jedweder erzählerischer wie ästhetischer Komplexität. Selten wurde White Trash im Kino so derart plump verhandelt, selten bebilderte ein Regisseur soziale Abstiegsmilieus so unverblümt als Werbeclipstrecke. Am Ende driftet dann nicht nur der psychopathische Protagonist in den Wahnsinn, sondern auch der Film: Overacting und Overdirecting geben sich die Klinke in die Hand. Ein Banalitätserzeugnis der besonders üblen Sorte – geeignet wohl für Zuschauer, die Kontroverses nur im Wohlfühlmantel mit ausreichend konventioneller Fütterung ertragen.
Konsequent auf Michael Douglas zugeschnittene Tragikomödie, der mit dieser prägnanten Altersrolle im revisionistischen Spätwerk angekommen ist. Douglas’ Figur, ein nicht altern wollender, notorischer und triebgesteuerter Betrüger mit Vorliebe für deutlich jüngere Frauen, lässt einige autobiographische Bezüge erahnen, während der Film auch ganz konkret Verbindungen zur Karriere des Schauspielers zieht, u.a. mit der Besetzung seines langjährigen Freundes Danny DeVito. Eine gewisse Affinität zum filmischen Schaffen von Douglas gereicht "Solitary Man" zum Vorteil, Anspielungen auf dessen unzählige Machorollen in diversen Erotikthrillern inklusive. Douglas spielt die Titelfigur zwar exzellent, wen die Geschichte eines abgehalfterten Womanizers bzw. den daran geknüpften Rückblick aufs eigene Werk allerdings angehen soll, bleibt Rezeptionssache. Mir hat’s hier etwas an Substanz und Wehmut gefehlt, der Film geht nicht wirklich ans Eingemachte und als Charakterstudie bleibt er dünn. Hübsch anzuschauen, vor allem wegen der guten Besetzung, aber auch allzu routiniert und zielsicher heruntergedreht. Und was beispielsweise "Gran Torino" für Clint Eastwood war, das möchte mit "Solitary Man" und Michael Douglas – so nebenbei – auch nicht recht funktionieren.
Die deutsche DVD-Ausgabe des Films ist übrigens der reinste Pfusch. Grottige Normwandlung inkl. Ruckeln und Ghosting, unanhör/-sehbare Anpassung der alten Synchro aufs Bild mit schiefer Tönhöhe. Die deutsche (um)geschnittene Version des Films ist ja sowieso völlig wert- und witzlos, die auch auf der DVD enthaltene Originalfassung kann man in deutlich besserer Qualität von Criterion bekommen.