Rajko Burchardt - Kommentare
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Alle Kommentare von Rajko Burchardt
[...] Ein Amateurfilm, wenn man es denn so nennen will: Die Crew bestand nur aus Regisseur Kouichi Imaizumi und einem zweiten Mann für Ton und Musik. Gemessen an seinen spärlichen Mitteln und Fehlern (unfreiwillige Komparsen, die in die Kamera schauen, Stative, die sich überall spiegeln) ist der Film durchaus bemerkenswert, und ausnahmslos gut gemeint sowieso. Eine kleine, etwas bemühte Coming-of-Age-Geschichte wird hier erzählt, mit sympathischen Laien, originellen Einfällen und einem liebenswerten Humor. Die Lockerheit in der Darstellung von Homosexualität ist geradezu erfrischend, während der Film – für asiatische Produktionen nicht allzu üblich – auch nicht auf recht explizite Sexszenen zwischen Männern verzichtet. Dass die Selbstfindung und Akzeptanz der eigenen Sexualität letztlich nur über den Bund der Ehe einen Weg findet, lässt sich angesichts des ansteckenden Elans von "Hatsu-Koi" verkraften. An Diskussionen über das ewige Streben nach Gleichberechtigung via Hetero-Bürgerlichkeit ist dieser Film ganz sicher auch gar nicht interessiert.
[...] Der Film ist reich an Zwischentönen, die vom Zuschauer erspürt werden müssen. Er verrät viel über die Idee einer Globalisierung, ohne den eigentlich Titel gebenden Vergleich ziehen zu wollen. Farockis Film ist keine Geschichte des technischen Fortschritts, sondern eine des Kreislaufs: Still vor sich herzeichnende Architekturstudenten aus Westeuropa, die in Afrika von den ökonomischen Arbeitsprozessen lernen wollen, sprechen eine deutliche Sprache. "Zum Vergleich", und zum Austausch.
Regisseur Marco Wilms erinnert sich an die wilde Jugendzeit im Osten, als er und seine Freunde in Prenzlauer Berg eigene Modenschauen mit Sci-Fi-Kostümen und New-Wave-Musik veranstalteten, und in ihrer eigenen unerwünschten Subkultur immer ein Dorn im Auge der Stasi und ihrer bürgerlichen Umwelt waren. Die Reunion all dieser ehemaligen Freunde, darunter Designerin Sabine von Oettingen, Friseur Frank Schäfer und Fotograf Robert Paris, mündet in einer nochmaligen CCD-Party: Chic Charmant und Dauerhaft... Der Film gefällt in seinen Archivaufnahmen, vor allem, wenn es groteske Ausschnitte aus dem DDR-Fernsehen zu sehen gibt, und missfällt in den gestellt wirkenden Doku-Teilen der Gegenwart. So lustig und unbeschwert man dieser irgendwann mal alternativen Truppe auch zuschauen mag, das oft verharmlosende Sinnieren über die an Schranken (und Mauern) gekoppelte Kreativität im Arbeiterstaat erscheint oft mit unangenehmer Altherrenromantik einherzugehen. Nicht zuletzt neigt Wilms auch hinter seiner wiederversammelten queeren Gruppe zur Selbstdarstellung – was sich irgendwann ein wenig nervend auswirkt.
[...] Auffällig ist, dass beinahe alle dramaturgischen Höhepunkte, alle Konflikte und Übersteigerungen stets in einer aufdringlichen Harmonie aufgelöst werden. Meist lassen sich alle Probleme mit freundschaftlichem Zusammenhalt überwinden, oder man beruft sich auf eine intuitive Bescheidenheit, mit der es sich genügsam und zufrieden leben lässt. Zum Erhalt des Status Quo – auch das ist eine der Soap-Regeln, an die sich "Queer as Folk" sklavisch hält – wird jeder Klimax wieder auf sein Ausgangsniveau gebracht, das der bescheidenen, alltäglichen Gemeinschaft fünf schwuler Freunde entspricht. Alles hat eine Ursache, alles hat eine Wirkung. So fällt es leicht, verschiedenste Themen zu behandeln. Homophobie, Gewalt gegen Schwule, Verlustangst, AIDS, Tot, Trennung – oder ein Millionenerbe. Bis auf die Figur des Brian, und auch ihr werden im Serienverlauf Grautöne verpasst, weisen alle Charaktere ausnahmslos positive, gutmütige, vorbildliche und mitunter auch messianische Eigenschaften auf. So funktioniert die immer wieder selbst eingeforderte Harmonie wie ein dialektisches Prinzip: Die Community ist alles. Jedweder wirklicher Konflikt wird also zugunsten von Moral, Belehrung und Botschaft zweckentfremdet, es gibt – zumindest in den ersten Staffeln – keine echten existentiellen Gefahren und auch keine echte tiefe Auseinandersetzung mit allem. [...] (weiter: http://psycho-rajko.blogspot.com/2008/06/tv-queer-as-folk-2000.html)
[...] Cronenberg lässt offen, inwiefern Brundles Transformation und der damit einhergehende Verfallsprozess als Negativschicksal erscheinen müssen: Zwar untersteht der Wissenschaftler einer mitunter unangenehmen Zersetzung, er findet sich damit jedoch nicht nur schnell zurecht, sondern nutzt auch die Vorzüge des Prozesses, sei es ein gesteigerter Lustgewinn oder die Fähigkeit zu übermenschlichen Kräften. Überhaupt inszeniert der Film die zunehmende Verdorbenheit des Fleischlichen als sexuell befriedigenden Akt, wenn Brundle in seinem Atelier athletische Turnübungen vorführt und seine Freundin Veronica zwanghaft dazu bekehren will, auch in die Teleboxen zu steigen, um "in das Plasma einzutauchen". Brundle verwandelt sich nicht nur in eine Fliege, sondern entdeckt und gewinnt Fähigkeiten, die seinem Charakter zuvor widersprachen. Aus dem sozial isoliert in einer Lagerhalle lebenden Streber, dessen ganze Garderobe aus fünf exakt gleichen Anzügen besteht, wird ein agiles Energiemonster, dessen – ironischerweise – grenzenlose Vitalität durch die Metamorphose erst aktiviert scheint. [...]
Hervorragende Wahl, bisher der beste Regisseur, den die Produzenten verpflichten konnten.
[...] “I Love You Phillip Morris”, der trotz seines irreführenden Titels nichts mit dem gleichnamigen Zigarettenhersteller gemein hat, ist eine klassische Betrügerkomödie. Nicht so raffiniert und stilsicher wie Steven Spielbergs sehr ähnlicher “Catch Me If You Can”, aber gewiss doppelbödiger. Denn die beiden Regisseure Glenn Ficarra und John Requa erzählen keineswegs eine gewöhnliche Gaunergeschichte, die lediglich die Konvention des klassischen Liebespaares gegen eine schwule Beziehung eintauschen würde. Sondern der, wenn man ihn so nennen will, Geschlechterbruch ist hier als gezielte Provokation zu verstehen und damit ursächlich für die mutigste und cleverste Hollywoodkomödie seit Jahren. [...]
[...] Die Adaption des noch sehr jungen Comics von Mark Millar (“Wanted”) erinnert im Umgang mit seinen jugendlichen Protagonisten an Greg Mottolas feingeistigen und liebevollen “Superbad”, der den Teenagerfilm wie einst John Hughes endlich wieder überraschend ernst nahm, ohne auf Comedy oder Skurrilität zu verzichten. “Kick Ass” holt hingegen das Superheldensujet im Comicfilm erfrischend leichtfüßig und geradezu selbstverständlich auf den Boden der Tatsachen zurück, in dem er klassische Außenseiter – Nerds, Geeks oder rotzfreche Mädchen – aus ihrer Verdrängung befreit. Dave Lizewskis Entscheidung, Superheld und nicht länger Schulidiot sein zu wollen, ist hier auch als Befreiungsschlag im Genrekontext zu verstehen: Deshalb ist dieser Film, trotz seiner etwas ausgestellten Indie-Attitüde, so charmant und liebenswürdig in seinem fast orgiastischen Zelebrieren von Comicästhetik. [...]
[...] „Survival of the Dead“ bleibt der Linie der bisherigen Zombiefilme Romeros treu. Erneut liefert er nur episodenhafte Einblicke in den ganz normalen apokalyptischen Überlebensalltag. Und erneut lässt er eine Gruppe unterschiedlicher Menschen zusammen kommen, die aufgrund von Spannungen und Ressentiments vor allem eine Bedrohung für sich selbst bilden. Da ist es nur konsequent, und hierin mag ein Grund liegen, warum der Film es selbst bei eingefleischten Fans schwer hat, dass die lebenden Toten nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Sie sind beiläufige Statisten, die sich ihr Menschenfleisch kaum noch erkämpfen müssen – es kommt letztlich ganz von allein zu ihnen: Soziale Gebilde sind bei Romero stets instabil, und oft gänzlich zum Scheitern verurteilt. [...]
[...] Arm und reich, schwarz und weiß kommen hier unter republikanischem Dach zusammen, um sich zu vereinen und ein Loblied auf die Gleichberechtigung einzustimmen. Dass der Film nie, zu keiner Zeit, keine einzige Sekunde lang nicht einmal ansatzweise eine Begegnung auf Augenhöhe zulässt, verrät seine scheinliberale Menschlichkeit schnell als reine Behauptung. Tatsächlich schwelgt “The Blind Side” von vorn bis hinten in der reaktionären Vorstellung, ein Schwarzer sei immer auch ein Abweichler, dem der richtige Weg erst noch gezeigt werden müsse. Es ist die uralte Idee von der Disziplinierung des ungebändigten schwarzen Wilden, die der Film in modisch gehüllte, aber zutiefst konservative Bilder drückt. [...]
[...] Interessanterweise ist der Film ebenso kontrolliert und gradlinig inszeniert wie der fürchterliche Vorgänger, allerdings hat sich Zombie nicht erneut in das Carpenter-Korsett schnüren lassen, sondern einen eigenen Erzähl- und Bildstil gefunden, der runder und bewusster erscheint als in seinen ersten beiden Filmen, aber immer noch (oder: endlich wieder) ungezwungen, originell, frisch und unverschämt eigensinnig ist. Das Augenmerk lenkt "Halloween II" auf eine verstörende Kameraarbeit und expressive Lichtsetzung, die in einigen surrealen Zwischensequenzen geradezu atemberaubend wirkt. Und die halbstündige Exposition ist ein Lehrstück echten Terrorkinos, das Zombie nicht länger nur zitat- und verweisfreudig verehrt, sondern nunmehr mit sicherer Hand beherrscht. [...]
Martin Campbell inszeniert die späte Kinoadaption seiner eigenen BBC-Serie als spannenden Polit-Verschwörungsthriller, dem er immer wieder gekonnt Tempo entzieht und somit das Augenmerk weniger auf Action-, denn leise Krimi-Töne lenkt. Unnötigerweise spielt der Film den Hintergrund seiner Geschichte immer mehr gegen ein konventionelles Rachedrama aus, das – von weltlich auf persönlich geschrumpft – die alte Chose vom einzelnen männlichen Kämpfer gegen ein versagtes System aufleiert und damit in der ermüdenden Tradition reaktionärer Selbstjustizreißer schließlich auch vor Pathos und Kitsch nicht zurückschreckt. Spätestens im sprichwörtlich biblischen Finale wünscht man sich Mel Gibson dann einfach nur wieder zurück ins Schauspielexil.
Unmittelbare Fortsetzung des vergnüglichen Eli-Roth-Films über ein Haut zersetzendes Virus, das ahnungslose Teenager befällt. Regisseur Ti West verarbeitet eine Menge erkennbares Potenzial zu einer Hommage an den 80er-Jahre B-Horrorfilm in der Tradition von "The Night of the Creeps", bei der insbesondere der Einsatz stilechter Musik und weite Teile des Setups sein Können durchschimmern lassen. Leider verliert der Film spätestens nach der ersten Hälfte den Fokus und schwankt im Tonfall zwischen augenzwinkerndem Horror, übertriebenem Troma-Splatter und pubertärer College-Comedy, die ihre Figuren in einem Moment ernst nimmt, nur um sie im nächsten an sinnfreie Gags zu verkaufen. Die indifferente Inszenierung ist dabei spürbar auf zahlreiche Umschnitte zurückzuführen, die dem Film eine so ganz sicher nicht beabsichtigte Inkonsistenz geben und spätestens im grauenhaft getimten Epilog völlig ins Leere führen. Letztlich ein Kraut-und-Rüben-Film, von dem sich West wohl schweren Herzens, aber völlig zu Recht distanziert.
Der beste Horrorfilm der Gegenwart.
[...] Es bleibt ein Film, der sein Herz am rechten Fleck, der wirklich so etwas wie eine Seele hat. Der mit Gyllenhaal und besonders Colin Farrell als ungleich erfolgreicherem Countrysänger auch in den Nebenrollen wunderbar besetzt ist. Und der mit herzzerreißenden Songs aus der Feder von Stephen Bruton und T-Bone Burnett eine leidenschaftliche Qualität besitzt. Das hier ist Musik, die in Verbindung mit den Bildern des Films nichts vorgibt, sondern wirklich zu wissen scheint, was ihre wehmütigen Texte und sanften Gitarrenklänge behaupten.
[...] Dass ausgerechnet "Alice im Wunderland" mit seinen absonderlichen Entwürfen und schrillem Charakterarsenal den sonst so freigeistigen Regisseur zu einer erstaunlich braven, berechenbaren Literaturadaption inspiriert, die sich ästhetisch zudem an die Disney-Version anlehnt, wirkt dann doch nur allzu verwunderlich. Es scheint nämlich, dass es Burton bei aller Sorgfalt, die beiden Bücher zum Leben zu erwecken, nie gelingen mag, sich zum emotionalen Kern der Geschichte vorzuarbeiten. Der Film trägt zwar seine Handschrift, aber er vermittelt nie restlos das Gefühl einer eigenständigen Vision. Er wirkt mehr wie Tim Burtons "Disneys Alice im Wunderland", statt "Tim Burtons Alice im Wunderland".
Die Ankündigung war kurios genug: Ein Remake des Abel-Ferrara-Films “Bad Lieutenant” von Werner Herzog mit Nicolas Cage und Eva Mendes in den Hauptrollen. So kurios eigentlich, dass man dahinter nur ein ausgeklügeltes Marketing- und letztlich auch Autorenfilmkonzept vermuten musste. Natürlich ist Herzogs jüngste Regiearbeit eine entsprechend komische Cop-Thriller-Variation, die sich im ausgeprägten Bewusstsein ihrer absurden, trashigen und sanft subversiven Qualitäten durch Genre- und Hollywoodklischees tänzelt, einer eigenen Logik folgt und der Frage nach Ernsthaftigkeit dabei stets elegant ausweicht. In “Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans” (!) inszeniert Herzog edgy und unbekümmert aus reiner Intuition an nahezu allem vorbei, was innerhalb des Genres oder der vagen Vorlage von Relevanz wäre. Es ist ein ausnahmslos köstlicher Film. [...]
[...] Der Run-and-Hide-Charakter des ungewöhnlich actionreichen und mit 80 Minuten Spielzeit ohnehin recht kurzweiligen "9" ist selbst für ein erwachsenes Publikum mitunter eine Belastungsprobe. Wie in der Kurzfilmvorlage verzichtet Acker auf eine erklärende Exposition und füttert den Plot erst nach und nach mit spärlichen Informationen zum Auslöser der Apokalypse. Das ist vor allem in seiner Humorlosigkeit mutig und im immer noch kindlich besetzten amerikanischen Animationsfilm eine willkommene Ausnahme, aber es erklärt auch, wieso "9" ein PG-13-Rating erhielt und bei Publikum und Kritik in den USA durchgefallen ist. [...]
[...] Alles in diesem Film klotzt und kleckert. Es ist ein Manifest an plakativen erzählerischen und visuellen Effekten. Was in der Vorlage vermutlich als stilles meditatives Drama über die beklemmende Verarbeitung eines Todes oder den schmerzhaften Abschiedsprozess funktioniert, wird bei Jackson zur lautstarken Pixel-Melange aus schwelgerischer Fantasy und reißerischem Thriller aufgeblasen. Akzente setzt der Film keine, er schwankt unentschlossen zwischen Erzählabsichten und verfängt sich doch nur wieder in der Green-Screen-Endlosschleife. Über die Message, dass es sich tot womöglich besser lebt, mag man angesichts dieses gigantischen formalen Kauderwelschs gar nicht erst nachdenken. [...]
[...] Bernd Eichinger hat ein ekelhaftes Drehbuch geschrieben, das sich szenisch im Leben Bushidos vorarbeitet, ohne biographische Zusammenhänge herzustellen, den musikalischen Werdegang schlüssig zu beleuchten oder authentische Situationen zu kreieren. In Dialogen, die bestenfalls zwischen totaler Belanglosigkeit oder einfältigen One-Linern jonglieren, meist aber unangenehm berührend den Slang und Jargon der „Straße“ nachempfinden wollen. In Szenen, deren Gestelltheit und unglaubwürdiges Herantasten an ein ihm offenbar völlig fremdes Milieu noch das geringste Problem sind. In einer letztlich nur auf das gegenseitige Schulterklopfen mit einem, der es auch geschafft, der auch mit Scheiße Millionen verdient hat, ausgelegten Werbestrategie, am Hype eines (für ihn sicherlich faszinierenden) „Jugendphänomens“ (verdammt, doch ein Phänomen?) profitieren zu können. Eichinger hat Bushido diesen Film vor-, er hat dankend zugeschlagen. Mehr Kasse, mehr Dreck. [...]
Brian De Palmas Frühwerk ist ein ganz und gar unschuldiges Konglomerat aus der schönen Musik von Paul Williams und überladenen Showeffekten. In grotesken Kostümen und Sets entfacht der Regisseur ein theatralisch virtuoses Feuerwerk aus schrillen Stimmen, schiefen Gesten und zahlreichen Versatzstücken der Popgeschichte. Die gleichfalls leichtfüßige und naive Kampfansage an das korrupte System der Plattenlabels, -Chefs und Medienkonzerne, die den einzelnen Schaffenden als künstlerisches Individuum auszumerzen versuchen, wird mit einer erstaunlichen Sensibilität formuliert, die "Phantom of the Paradise" zu einem für De Palmas Verhältnisse ungewöhnlich sentimentalem Erlebnis macht. Zudem verkleidet der Regisseur seine geliebten Hitchcock-Referenzen hier noch in ironische Zitate, wenn er beispielsweise in einer an "Psycho" angelehnten Duschszene Messer gegen Saugglocke eintauscht. Die mitunter extrem ungelenke und hysterische Inszenierung und manch arg am Ziel vorbei geschossener Einfall trüben den Gesamteindruck jedoch merklich.
[...] Hawks determiniert all das in Situationen, die zu Standards im Genre werden sollten, das Weglaufen, gegenseitige Verfolgen seiner beiden Helden ist nicht von ungefähr Ausdruck eines Willens, sich frei zu machen, und nicht zufällig bringt es wenig Erfolg, die Turtelnden im Gefängnis zusammenzusperren, da sie nur auf Basis eines natürlichen Miteinanders, im Wald bei Nacht endlich einmal die Ruhe für den Moment finden werden, eine der schönsten Szenen des Films. Synonym dafür lässt Hawks den gezähmten Leoparden Baby ausbrechen, der später mit einem versehentlich – bezeichnenderweise durch Hepburn – freigelassenen wilden Exemplar verwechselt wird, nur um zu erkennen, dass ein bloßes Befreien aus dem Käfig die Welt nicht gleich ins große Chaos stürzen wird. Der Originaltitel verweist treffend auf diese Analogie: "Baby" benötigt eben nicht zwangsläufig eine Zähmung, wenn der natürliche Willen ungebrochen scheint. [...]
[...] Der Film ist streng genommen all das, was sein Vorgänger „The Hills Have Eyes“ nicht war - ein rein auf seine Effektdramaturgie hin produziertes B-Movie, das nur auf oberflächliche Spannung abzielt und sich wenig um seine Figuren oder die Auseinandersetzung mit den Themen des vorherigen Films schert. Zu unglaubwürdig ist bereits die ganze Konstruktion der Geschichte, dass die offenbar problemlos sozialisierte, einst verwildert lebende Ruby, deren Passageritus dem Zuschauer ein Rätsel bleibt, mit diversen „dezent“ anstrengenden Teenagern einen Ausflug in die Wüste – jenem Ort ihrer schrecklichen (?) Vergangenheit – unternimmt, um die Konfrontation mit ihren alten Familienmitgliedern geradezu herauszufordern. [...]
Zwei Jahre nachdem ihm "Casablanca" zu internationalem Ruhm verhalf, schlüpfte Humphrey Bogart noch einmal in die Rolle des ständigen Skeptikers und Eigenbrödlers, der in Zeiten einschneidender politischer Veränderungen weder mit den Machtapparaten um Partei und Regierung, noch dem gesellschaftlichen Wandel als solchem etwas zu tun haben möchte ("You save France. I want to save my boat."). Er lebt ein Leben in der Nische, ist vor allem um das eigene Wohl bemüht und kommentiert das nicht selten dramatische Geschehen um ihn herum meist mit zynischen One Linern, die einer grundsätzlich lakonischen Einstellung Ausdruck verleihen. Harry Morgan ist genauso ein ausgeklügeltes Schlitzohr wie Rick Blaine, und ebenso bemüht er mit dieser Fassade eine verborgene Verletzlichkeit zu kaschieren, die womöglich nur eine Frau zum Vorschein bringen kann. [...]
[...] Platos stilles Bekenntnis hingegen ist beispielhaft für die innere Zerrissenheit der Figuren, die mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen haben, dabei jedoch alle die Isolation vom Vormund, das Gefühl, allein und unverstanden zu sein, eint. Sinnbildlich für diesen Gefühlszustand steht Starks energischer Ausspruch "You’re tearing me apart! ". In einem Ruhemoment vor dem großen Finale finden sich Stark und Plato noch einmal im Planetarium ein: Sie fliehen ausgerechnet an jenen Ort, der ihnen auf ihrer Suche nach sich selbst demonstriert, dass sie nur ein kleines unbedeutendes Glied einer großen universalen Kette sind. Aber vielleicht ist genau dies der Ansatz für wahre Rebellion: Wenn sich der introvertierte Plato die rote Jacke seines Freundes überstreift, finden zumindest kurzzeitig zwei selbst bestimmte Menschen zusammen – in einer Gesellschaft, die Jugendlichen jegliche Souveränität aberkennen möchte.