Rajko Burchardt - Kommentare

Alle Kommentare von Rajko Burchardt

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    Im Kalifornien der End-20er schickt Clint Eastwood die verzweifelte Angelina Jolie auf eine unerbittliche Suche nach ihrem verschwundenen Sohn. Der wohl nimmer müde Regisseur streift bei seiner Rekonstruktion der – gemäß Vorspann – „true story“ eine Vielzahl an Themenkomplexen und erzählt nach „Million Dollar Baby“ noch einmal die große Emanzipationsgeschichte vom Widerstand einer kämpferischen Frau gegen hartnäckige Altmännersysteme. Für Eastwood ist „Der fremde Sohn“ ein weiterer souveräner, starker und klassisch inszenierter Film, für Jolie die erste schauspielerische Herausforderung ihrer Karriere. [...]

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    • Oh Gott, was ist das hier?

      Wo bin ich?

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      • 3

        [...] Auf seiner Selbsterkundungsreise erlebt Bubby dann natürlich einige verrückte Dinge: Er wird verprügelt und in den Arsch gefickt, landet im Knast und danach gar als Pfleger im Behindertenheim, ehe er letztlich zum Rockstar aufsteigt. Im Prinzip nimmt der Film auf einem provinziellen Niveau die dümmlich-naive Gutmenschenmoral eines "Forrest Gump" vorweg, alles ist dabei mit klebriger Melancholie und prätentiösem Kunstwillen samt Pseudo-Theodizee in Szene gesetzt. Ein schrecklich schwachsinniger Film mit einem bedauernswerten Mangel an Aufrichtigkeit. [...]

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        • 7 .5

          Man will gar nicht glauben, dass "Black Narcissus" bereits 1947 produziert wurde. Andererseits ließe sich so einfach auch gar kein zeitlicher Bezug ausmachen: Das Gefühl für Orientierungslosigkeit ist Michael Powells und Emeric Pressburgers Film in beinahe jeder Einstellung eingeschrieben – und die Verortung wird noch zusätzlich mittels extremer Stilisierung erschwert: So ist der Film nahezu komplett in den Pinewood-Studios gedreht, verwirrt und begeistert jedoch ununterbrochen mit spektakulären Außenaufnahmen Indiens, die keine sind. Jack Cardiffs Kameraarbeit ist schlicht sensationell, atemberaubend und übermächtig, die Matte Paintings und Farbgestaltung bis heute unübertroffen (und der ungeheure Einfluss auf Regisseure wie Dario Argento nicht zu übersehen). Ein Technicolor-Rausch von einem Film, wahrlich. Powell und Pressburger erweisen sich im Umgang mit ästhetischen Prinzipien dabei überraschend verspielt, sie nutzen changierende Farb- und Lichtsetzung mal zugunsten einer fiebrigen Atmosphäre, die die an und für sich konfuse Handlung begleitet, dann wieder für melodramatische Effekte oder Orientmärchen-Pomp. Dass "Black Narcissus" dabei als sorgfältiges, filmisch interpretiertes Stimmungsbild ebenso wie als Film über Wahnsinn und Hysterie erscheint, liegt nicht zuletzt am enervierenden Spiel insbesondere Deborah Kerrs, deren Rolle zu einem Karriere-Archetypen werden sollte – eine Variation der ‚repressiven Nonne’ gab sie später noch einmal meisterhaft in Jack Claytons "The Innocents".

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          • 7

            [...] Erstaunlich zum einen, dass Sturges sich trotz beständigen Sujets nie wiederholt (seine Verlierertypen sind mehr als nur bloße Schablonen, die nach Bedarf neu ausgelegt werden), es vor allem aber immer wieder vorzüglich versteht, die entsprechend verzwickten Geschichten befriedigend aufzulösen, ohne Witz und Schärfe an moralische Glasierungen opfern zu müssen. Sein Märchen vom leichtgläubigen Gewinner, der die Wohlhabenden entkleidet und die Bedürftigen beschenkt, entpuppt sich natürlich als durchaus möglich – Bürokratie und Korruption sei Dank, wird aus dem Scherz vorschnell Realität. [...]

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            • 8

              [...] "The Palm Beach Story" kommt zwar eher beschwingt und leichtfüßig daher, wozu die heitere Musik ebenso beiträgt wie natürlich auch die von zahlreichen unwahrscheinlichen Ereignissen angetriebene Geschichte, doch im Kern ist auch dieser Sturges-Film mit vielfältigen zeitlichen Referenzen unterfüttert. Wie auch in seinen anderen Arbeiten findet der gegenwärtige Weltkrieg keinerlei Erwähnung, sodass man glauben könnte, der bewusste Verzicht auf jedwede Verbindung zu dessen Schreckensvisionen sei durch den optimistischen Zweck des Kinos insbesondere in Zeiten des Krieges verbürgt (so wie es Sturges in "Sullivan’s Travels" auch indirekt thematisiert) [...]

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              • IRON MAN ist sehr hübsch gewesen, netter Pilot, angenehmer Einstieg, vielversprechender Auftakt ... aber kein wirklich verpasster Film 2008, keine Sorge. ;)

                • Eine Liste, mit der ich zu fast 100% nicht d'accord gehe, sehr schön, Batz. *gg*

                  • 6

                    "We Own the Night" startet als ein mit üblichen urbanen Milieus, rüden Dialogen und sonstigen Genreklischees verhandelnder Retro-Cop-Film samt gängiger Gangster- und Mafiaelemente, stellt jedoch rasch klar, dass er auch gern als Familiendrama und existenzialistische Lebensphilosophie verstanden werden darf. Der Film entwickelt zahlreiche interessante Ansätze, während er viel zu trocken und linientreu einen mehr als simplen Plot herunterspult: Es geht einzig um Joaquin Phoenix, der sich zwischen Polizeifamilie und exzessivem Nachtleben als Clubbesitzer entscheiden muss, als Cop-Bruder Mark Wahlberg ins Visier jener Drogenhändler gerät, die bei ihm ein- und ausspazieren. [...]

                    • 5

                      [...] "Australia" ist ganz oft alles und irgendwie auch immer nichts. Er ist Liebesschnulze, nein, Schmachtfetzen par excellence, und er ist auch Kriegsspektakel, Rassismusdrama, Westernabenteuer. Er meint viel über die Kultur seines Landes, die Aborigines, die Kolonialisierung, die Städteentwicklung zu erzählen, und dazu gibt es weite Landschaftsaufnahmen mit untergehenden Abendsonnen und hüpfenden Kängurus, viel Outback-Romantik und noch viel mehr Ethno-Kitsch serviert. Aber eigentlich bildet all das nur historische Kulisse, deren Ausstattungsstaffage einzig Hintergrund sein darf für die mächtige Liebesgeschichte zwischen Nicole Kidman und Hugh Jackman. [...]

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                      • 4

                        [...] Immerhin unterhält TWILIGHT, vielleicht gerade weil er zutiefst sexuelle Motive mit bravem Kitsch zu verdrängen sucht, gelegentlich durch eine amüsante Absurdität: Schließlich ist Edward, der schöne High-School-Nosferatu, faktisch schon ein uralter Sack, weshalb seine so qualvolle Anziehungskraft zur minderjährigen Bella (!) auch als unfreiwillig originelle Variation einer pädophilen Zuneigung verstanden werden kann. Natürlich muss man sich derlei im Subtext zusammen spinnen, der glatte und keimfreie PG-13-Grusel würde ja im Traum nicht auf die Idee kommen, seine eigentlich gar nicht so uninteressanten Ansätze ein wenig zu phrasieren. [...]

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                        • 9

                          [...] In einnehmenden Bildern, die meist nur von der Schwärze der Nacht oder dem im Schnee gebrochenen Schein von Laternenlichtern ausgefüllt werden, erzählt "Let the Right One in" eine anrührende, bittere und höchst einfühlsame Geschichte über zwei offenbar ungleiche Kinder, die eine tiefe Beziehung zueinander entwickeln: Von gegenseitigem Verständnis, emotionaler Aufrichtigkeit und bedingungslosem Vertrauen – einer Beziehung also, zu der nur Kinder noch fähig scheinen. [...]

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                          • Jeder, wirklich jeder sollte sich ins Kino begeben und diesen großartigen Film sehen!

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                            • Es gibt nur ein wahres Tom Cruise-Gerücht und das kennt jeder. Man wird nur eben verklagt, wenn man es laut ausspricht.

                              • "Und entgegen der Vermutung sind es nicht nur Frauen die sich von den eingängigen Songs unter griechischer Sonne mitreißen lassen."

                                Stimmt, Schwule auch. ;)

                                571 Millionen Einspiel sind wirklich der Wahnsinn, damit hätte wohl niemand gerechnet.

                                • DARK KNIGHT ist eigentlich ein einziges großes Plot-Hole. Ist auch der Mainstream-Film mit dem schwächsten Drehbuch 2008.

                                  • 6

                                    Francis Ford Coppolas Bebilderung der als unverfilmbar geltenden intellektuellen Gedankenspiele Mircea Eliades erweist sich als streng assoziatives Sinnieren über Vergänglichkeit und die irrationalen Effekte der Zeit. Der Film ist mit einer Aufrichtigkeit, Inbrunst und ambitionierten Geisteshaltung inszeniert, als stünde Coppola gerade erst am Beginn seiner Karriere. Und nur so wird "Youth Without Youth" rezipiert werden können: Als unbefangene, paradoxerweise jugendlich erscheinende souveräne Arbeit eines Auteurs, der nie einer sein konnte. Es ist zu 100% ein Coppola-Film, vollständig von ihm finanziert. Deshalb sollte die konfuse, zusammenhanglose und streng intuitive Geschichte weniger als verkopfte Zumutung verstanden werden, sondern als Gelegenheit, der Meditation eines großen Regisseurs beiwohnen zu können. Trotz des enormen Eso-Camps, der wie wirre Beschwörungsrelikte an eine vergangene Filmepoche erinnernden Gestaltungsmittel und einer unfassbar trashigen Alexandra Maria Lara in der weiblichen Hauptrolle.

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                                    • 1 .5

                                      Im dritten Mutter-Film von Dario Argento ersetzt ein völlig lächerlicher Krimi-Plot nun die zuvor einer intuitiven Logik folgenden Auseinandersetzungen über Urängste, Alpträume und Unterbewusstsein. Komplexe Bildsprache und wirkungsvolle Horrorästhetik sind dem einstigen Meister dabei nunmehr völlig abhanden gekommen: In billigster TV-Optik spult Argento einen höchst albernen, peinlichen und unfreiwillig trashigen Esoterik-Grusel herunter, der sich mit effekthascherischen und billigen Splattereinlagen als jene Exploitation verrät, für die Argento eigentlich nie einstehen wollte. Richtig grotesk wird’s dann, wenn der ehemalige Genrevisionär dem Altherrenwahnsinn verfällt und im Finale eine Hölle aus sodomitischen Sexspielchen und nackten Lesben entwirft – die dann richtig schön phallisch zerlegt werden dürfen.

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                                      • 2

                                        Die hauseigenen Remakes bei der Fox gehen mit "The Day the Earth Stood Still" in die nächste Runde. Qualitativ bleibt es weiterhin ganz gruselig. Aus der pazifistischen Meditation über den Kalten Krieg im Original von Robert Wise entwickelt Scott Derrickson nun eine theologisch angehauchte Öko-Parabel, in der Keanu Reeves als Alien-Gentlemen auf der Erde landet, um Jennifer Connelly und ihrem Filmsohn – der in Wirklichkeit zum verzogenen Nachwuchs von Will Smith gehört – die Botschaft zu verkünden, dass die Menschen die Erde zerstören. Connellys "We can change"-Plattitüden haben allerdings Erfolg und geben Reeves mal wieder die Gelegenheit, den noblen Messias zu geben. Der Film ist dümmlich, von der ersten bis zur letzten Minuten uninteressant und in seiner akribischen Nachstellung des bahnbrechenden Originals peinlich unbeholfen. Der vermeintliche Respekt, den das Remake dem Original mit seinem gesetzten Erzähltempo offenbar entgegenzubringen sucht, generiert dabei nur Langeweile. Richtig ärgerlich ist insbesondere die Musik von Tyler Bates, der hier das Erbe von Bernard Herrmann antritt: Dessen Score zum 1951er-Original ist natürlich unerreichbar, aber Bates’ primitives Hans Zimmel-Gedudel kann nur noch als Respektlosigkeit vor der Filmgeschichte verstanden werden.

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                                          Wer dachte, die unbeholfene Altherrenromantik bei Gus Van Sant sei schon das schlimmste, was dem US-Independentfilm mit Blick auf nackte Jungs in den letzten Jahren widerfahren wäre, der wird von "Dream Boy" eines besseren belehrt. Regisseur James Bolton geht zwar gerade erst auf die 40 zu und rückt seinen schwulen Figuren nicht allzu unangenehm auf den Leib – dafür allerdings erzählt er eine ungemein abgestandene, einfallslose und beliebige Coming Out-Geschichte, die unübersehbar im Fahrwasser von "Brokeback Mountain" nach Luft schnappt. Auf Klischees wird ausnahmslos nicht verzichtet, da ist man schwul, weil der Vater in Kindheitstagen des Nachts öfter mal das Schlafzimmer aufgesucht hat, hasst und bestraft sich für die eigene Sexualität und benimmt sich überhaupt wie ein sozialer Krüppel. In ellenlangen, aber unbegründet bedächtigen Einstellungen werfen sich die beiden Teens erst verschüchterte Blicke zu und fummeln bald den lieben langen Tag herum. [...]

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                                            [...] Konsequent kehrt Anderson Motive um, statt nur die hinlänglichen Klischees des amerikanischen Thriller-Kinos zu variieren. Und das immer zu Ungunsten der Logik, die bei derlei filmischer Metaarbeit jenseits von “Strangers On A Train” und “Narrow Margin” wohl kaum noch berücksichtigt werden kann. Zuletzt führt jedoch genau das den Film zum Widerspruch zwischen Erzählkino und konzentrierter Genrereflexion, den Anderson – anders als beispielsweise Hitchcock – nicht elegant aufzulösen versteht, ja nicht einmal anzudeuten vermag, dass dieser zu verhandelnde Zwiespalt gar keiner sein muss. Deshalb kommt es auch nicht zur erhofften Entgleisung, sondern schaltet “Transsiberian” zum Schluss wieder einen Gang zurück, ehe er eine vorsichtige Bremsung hinlegt. Auf den letzten Metern erliegt der Film dann leider all jenen Klischees, die er doch eigentlich bewusst brechen und ad absurdum führen wollte, nur um die Geschichte einigermaßen schlüssig zum Abschluss bringen zu können. [...]

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                                              [...] Und an der sich selbst ad absurdum führenden Plot-Konzeption liegt es nicht allein, dass aus "Tintenherz" bis auf wenige Momente ein höchst langweiliger und liebloser Fantasy-Popanz wurde. Zäh inszeniert und unschön ausgestattet, entwickelt der Film zu keiner Zeit ein wirkliches Gespür fürs Phantastische. Es fällt der Adaption sichtlich schwer, die von Funke in der Vorlage beschworene Magie der aus Büchern hervortretenden Märchenwesen und Begebenheiten abgespeckt zu bebildern. Eher wird das, was auf dem Papier noch funktionieren mag, ohne Regieeinfälle oder originelle Effekte umgesetzt. [...]

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                                              • Wenn ich mir diese stinklangweilige Mainstream-Auflistung anschaue weiß ich, warum ich Ebert für inkompetent halte.

                                                Würde der in Deutschland leben schriebe er sicherlich für die Cinema.

                                                • Wenn ich das so lese, werde ich echt ganz hippelig. Ich will diesen Film, jetzt und sofort. Waters als Regisseur wäre natürlich der Idealfall, wobei Shankman sich als technisch versierter Musical-Regisseur erwiesen hat. Das wäre überhaupt die Frage: Musical oder Nicht-Musical. Denn Songs müssten dann ja erst geschrieben werden.

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                                                    [...] In den letzten Jahren hat Allen ja nun das alte Europa und damit viele schöne Postkartenmotive für sich entdeckt. Mit Umzug und Umorientierung verbunden ist demnach auch ein notgedrungener Perspektivwechsel: Nicht unbedingt auf Weitsicht eingestellt, sind Allens Neuentdeckungen in England und, wie nun hier, Spanien nichtsdestotrotz um einiges wohlfeiner. Die Abgestandenheit seiner sonstigen Filme scheint erst einmal beseitigt – oder zumindest kaschiert – und das neu gewonnene Urlaubsflair hat den altersmilden Regisseur offenbar sogar noch einmal richtig in Schwung gebracht. So ist “Vicky Cristina Barcelona” eine wirklich schöne, witzige, ja gar erotische Liebeskomödie, die all das Geplapper, Inhaltslose und Nichtssagende typischer Allen-Filme überhaupt nicht braucht. [...]

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