Patrick Reinbott - Kommentare
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Alle Kommentare von Patrick Reinbott
[...] Es ist ein harmloses Fleischbällchen, das zu Beginn von Julia Ducournaus Raw eine angespannte Stimmung erzeugt. Als die jugendliche Vegetarierin Justine während des Essens mit ihren ebenfalls strikt vegetarisch lebenden Eltern in der Kantine eines dieser Fleischbällchen in ihrem Kartoffelbrei bemerkt, nachdem sie sich eine Gabel voll in den Mund gesteckt hat, reagiert sie mit einem überraschten Schock darauf. Sie spuckt das ungewollte Nahrungsmittel sofort wieder aus, während die Mutter ein erbostes Gespräch mit dem Mitarbeiter der Kantine beginnt. Was an diesem Auftakt des Films sofort auffällt, sind die Handlungen der einzelnen Beteiligten. Während der Vater die Ereignisse noch mit einem Lächeln überspielt, verhalten sich vor allem Mutter und Tochter, als würden sie nach einem strikten Kodex leben, bei dem jede geringste Abweichung zur folgenschweren Eskalation führt. Diesen Kodex aus vorbestimmten Regeln, eingeprägten Vorschriften und einem Lebensstil, der einem Menschen von Geburt an auferlegt wurde, beleuchtet Ducournau in ihrem Langfilmdebüt, um ihn schließlich auf anarchisch-bösartige Weise zu durchbrechen. [...] Ducournau inszeniert mit ihrem Film die Variante einer typischen Coming-of-Age-Geschichte, in der sie von Entdeckungen und Erkenntnissen erzählt, die ein junges Mädchen im heranwachsenden Alter durchlebt. Dabei unterfüttert die Regisseurin ihren Genreentwurf mit blutigen, abschreckenden Motiven des Kannibalenfilms. So werden sensible Befindlichkeiten, die Ducournau mit neugieriger Einfühlsamkeit inszeniert, immer wieder von brutalen Erschütterungen durchzogen, die in atmosphärischer Intensität unvermittelt auf vermeintlich gewöhnliche Momente einstürzen. In einer frühen Szene, in der die Neuankömmlinge mit literweise Tierblut übergossen werden, kommt dieser Ansatz bereits in voller Pracht zur Geltung. Die Regisseurin inszeniert diesen Vorfall in Zeitlupe, begleitet von extremen Klängen auf der Tonspur, und folgt somit einer desorientierenden, schlafwandlerischen Traumlogik, die sich im weiteren Verlauf des Films noch stärker auf einzelne Szenen auswirkt. Momente, in denen Justines Körper in ein sinnliches Licht gerückt wird, wenn sie sich beispielsweise ihrem eigentlich homosexuellen Mitbewohner hingibt, den sie schon länger begehrt, werden zum Albtraum verzerrt, als ihr fleischliches Verlangen überhand nimmt und sie sich selbst in den Arm beißt, um schlimmeres zu verhindern. Trotz der drei bis vier Szenen, bei denen sich der Betrachter regelrecht zum Hinsehen zwingen muss, ist Raw jedoch weit vom reinen Schockfaktor entfernt. Ähnlich wie zuletzt in Ana Lily Amirpours (The Bad Batch) A Girl Walks Home Alone At Night und Robert Eggers‘The Witch steht der grausige Horror in Ducournaus Film gleichzeitig für ein emanzipatorisches Aufbegehren, durch das die Protagonistin nach und nach aus ihrem Zustand familiärer Restriktion erwacht und ganz zu sich selbst finden und ihre Gelüste frei ausleben darf, wenn auch unter gewöhnungsbedürftigen, zweifelsohne provokanten Umständen. Die Schlussszene, in der die Regisseurin noch eine besonders zynische Pointe enthüllt, wäre da gar nicht mehr nötig gewesen. [...]
Nach Ridley Scotts einflussreichen Meilenstein „Alien“, mit dem der Regisseur durch die Verschmelzung von Science-Fiction und kammerspielartigen Horror eine völlig neue Dimension des Terrors schuf, war es in der Vergangenheit faszinierend zu beobachten, wie sich das Franchise unter der Führung wechselnder Regisseure verformte. Während „Aliens“ von James Cameron mit seinem Fokus auf atemlose Action einen ähnlich hohen Status in der Filmgeschichte erzielen konnte wie Scotts Ursprung der Reihe, scheiterten Regisseure wie David Fincher und Jean-Pierre Jeunet trotz eigenständiger, markanter Ansätze in den Augen vieler daran, dem Todeskampf in den Weiten des Weltalls noch gelungene Facetten abzuringen.
2012 kehrte Scott schließlich persönlich auf den Regiestuhl zurück, um das Franchise nicht nur zu seinen Anfängen zurückzuführen, sondern noch weiter in die Vergangenheit. „Prometheus“ entpuppte sich als Prequel, das die Meinungen der Zuschauer massiv spaltete. Es war ein Werk, das neben der eigentlichen Bedrohung durch die Xenomorphs viel mehr um einen umfassenden Schöpfungsmythos bemüht war, bei dem die Entstehung der Menschheit mit fremdartigen Mysterien und philosophischen Denkansätzen unterfüttert wurde. Scotts Film wurde dabei von rauen Widersprüchen durchzogen, bei dem die faszinierenden, tiefgründigen Elemente um jegliche Form von Antworten beraubt wurden und der kopflastige Ansatz von der Simplizität der Figuren unterwandert wurde, die zu sehr nach klischeehaften, stupiden Strickmustern geschrieben wurden und sich zeitweise geradezu hanebüchen verhielten.
Mit „Alien: Covenant“ inszeniert Scott nun einen Nachfolger dieses höchst interessanten Films, der sich auf höchst bizarre Weise zwischen sämtliche Stühle setzt. Vorsorgliche Bedenken, bei dem Film handele es sich um puren Fanservice, der vor allem auf Anhänger von „Alien“ abzielen sollte, verwirft der Regisseur bereits mit einem Prolog, der Michael Fassbenders Figur aus „Prometheus“ gewidmet ist. Mit einer Diskussion zwischen dem Androiden David und seinem menschlichen Schöpfer greift Scott die Schöpfungsthematik seines Vorgängers unmittelbar auf, um sie in diesem 10 Jahre später angesiedelten Nachfolger wiederum auf andere Weise fortzuspinnen.
Die eigentliche Mission der USS Covenant, einen 7 Jahre entfernten Planeten zu kolonisieren, um die Menschheit vor dem Aussterben auf der Erde zu bewahren, erweist sich in der Geschichte als wesentlicher Stolperstein, der den eigentlichen Ambitionen von Scotts Film massiv im Weg steht. Die Besetzung des neuen Raumschiffs besteht erneut aus dürftig gezeichneten, überwiegend austauschbaren Figuren. Abgesehen von Fassbender, der mit dem Androiden Walter eine weiterentwickelte Version seiner Figur aus dem Vorgänger verkörpert, soll der Zuschauer in einer überlangen Exposition hauptsächlich durch den Umstand, dass die Männer und Frauen der Crew Liebespaare sind, emotional an die Charaktere gebunden werden.
Nachdem die Besatzung einem zufällig abgefangenen Funkspruch von einem nähergelegenen, unbekannten Planeten folgt und nach rund 40 Minuten der Laufzeit eine Expedition unternimmt, um eine mögliche Kolonisierung dieses Planeten in Erwägung zu ziehen, entwickelt „Alien: Covenant“ eine merkwürdige Eigendynamik. Hin- und hergerissen zwischen Überresten aus „Prometheus“, bei denen einer bedeutenden Figur Vorgängers eine besondere Bedeutung zugemessen wird, der absonderlichen Vision einer pervertierten Schöpfungs- und Allmachtsfantasie und Konventionen eines geradlinigen Alien-Schockers pendelt das zweite Drittel dieses Films zwischen eindringlichen Schauwerten, beeindruckenden Gedankengängen und konventionellen Horrormomenten, die letztendlich völlig versagen.
Um diesem Film etwas abgewinnen zu können, muss der Zuschauer akzeptieren, dass sich Scott und seine Drehbuchautoren sehr tief in die Mythologie der Xenomorphs graben. Die Hintergründe der ikonischen Alien-Rasse, die sich zunächst im menschlichen Körper einnistet, um auf schockierende Weise aus ihm hervorzubrechen, ist eng mit dem gelungensten Handlungsstrang von „Alien: Covenant“ verbunden. Für viele Zuschauer, die sich nicht auf den ambitionierten, gewagten, aber eben auch extrem erklärenden Erzählansatz einlassen wollen, könnte dies eine enttäuschende Entzauberung eines bisher effektiv gehüteten Geheimnisses zur Folge haben.
Im letzten Drittel, in dem Scott Horror und Spannung mit aggressivem Tempo und unnötigem Spektakel verwechselt, bricht das interessante Potential des Streifens schließlich endgültig in sich zusammen. Die beunruhigenden, langsamen Kamerafahrten, mit denen „Alien“ damals durch die dunklen Gänge des Raumschiffs geschlichen ist und an jeder Ecke pures Grauen versprach, weichen gehetzter, wirkungsloser Gewalt, einem abstrusen Plottwist, der lange im Voraus ersichtlich ist und zahlreichen Gedächtnismomenten, die nicht ansatzweise an die eindringliche Atmosphäre vergangener Glanzzeiten anknüpfen können.
„Alien: Covenant“ sabotiert hierdurch seine eigenen Ambitionen einer innovativen Schreckensvision, indem der Xenomorph-Aspekt nachträglich eingefügt wirkt und lieblos abgehandelt wird. Michael Fassbender und die Geschichte(n) seiner Figur(en) sind das einzige, das diesem Film einige Szenen beschert, die wohlig unter die Haut kriechen und großen Horror andeuten, der fernab des eigentlichen Alien-Terrors nie aus sich selbst hervorbrechen darf.
[...] Nach einer Abtreibung, die für Helen eher unsauber verläuft und sie direkt ins Krankenhaus befördert, scheint es für die junge Frau in New York anschließend nur noch bergauf gehen zu können. In dem charismatischen Drogendealer Bobby, der ständig unter Strom zu stehen scheint, findet sie schnell einen Menschen, mit dem sie ihre Zeit teilen und ein gemeinsames Leben beginnen will. In einer frühen Szene aus Jerry Schatzbergs (Asphaltblüten) Panik im Needle Park sitzen beide in einem Café, in dem Helen außerdem Bobbys Bruder kennenlernt. In diesen Szenen klebt die Kamera in Nahaufnahmen förmlich an ihrem Gesicht, auf dem sich ein breites, glückliches Lächeln abzeichnet. Es ist ein Lächeln, das man den gesamten Film über kaum mehr vergessen wird, denn es wird das einzige Mal bleiben, dass man Helen so ehrlich, aufgeregt und voller Lebensfreude lächeln sehen wird. Was als ungewöhnliche und trotzdem dynamische Liebesgeschichte zwischen der zierlichen, jungen Frau und dem abgeklärten, ungestümen Drogendealer beginnt, bewegt sich recht bald in Richtung eines unvermeidlichen Abgrunds, nachdem das Pärchen gemeinsam beschließt, selbst mit Drogen zu experimentieren und sich dem Konsum hinzugeben. Auf konsequent zermürbende Art formt Schatzberg sein Werk zu einer spröde beobachteten Milieustudie, die sich bewusst repetitiv einem Alltag aus abgestumpfter, zunehmend tauber Abhängigkeit widmet. Dabei ist diese Abhängigkeit gleich im doppelten Sinne zu verstehen. Helen und Bobby sind ebenso süchtig danach, sich Heroin in den Arm zu spritzen, wie sie offensichtlich süchtig nacheinander sind und trotz ihres destruktiven Lebensstils, bei dem beide dem jeweils anderen erheblich schaden, nicht ohne den anderen auskommen können. [...] Neben Al Pacino (Cruising), der hier seine erste große Hauptrolle spielt und schon durchblitzen lässt, was ihn zukünftig zu einem der größten Darsteller aller Zeiten machen sollte, bleibt Panik im Needle Park aber hauptsächlich wegen dem Schauspiel von Kitty Winn (Der Exorzist) in Erinnerung. Von der bereits erwähnten Szene zu Beginn, in der Helen die Lust am Leben unübersehbar aus dem Gesicht strahlt, über eine prägnante Szene, in der sie als Bedienung mit den Bestellungen ihrer Kunden vollkommen überfordert ist, da die Drogen ihrem Verstand bereits stark zugesetzt haben, bis hin zu den späteren Momenten des Films, in denen Helen wie eine lebende Leiche durch die Szenen wandelt, dokumentiert Schatzberg den Zerfall der jungen Frau anhand des hingebungsvollen Spiels von Winn, neben dem selbst der noch unerfahren wirkende Pacino förmlich verblasst. [...]
Als emotionale Vergletscherung der postindustriellen Konsumgesellschaft hat Michael Haneke seine Spielfilmtrilogie bezeichnet, die im Jahr 1989 mit „Der Siebente Kontinent“ ihren Anfang fand. Nach der Betrachtung dieses ersten Films bleibt hingegen eher weniger der Eindruck einer emotionalen Vergletscherung als viel mehr der Schockzustand einer schmerzhaft klaffenden Wunde, die der österreichische Regisseur tief ins Bewusstsein seines Publikums einritzt.
Dabei deutet zu Beginn des Films nichts darauf hin, was den Zuschauer gegen Ende erwarten wird. Im ersten Teil, der sich 1987 ereignet, skizziert Haneke den Alltag einer dreiköpfigen Familie, die ihren genau durchstrukturierten Handlungen mit nahezu mechanischer Präzision nachgeht. Ohne die Gesichter seiner Figuren und somit greifbare Reaktionen zu zeigen, inszeniert der Regisseur simple Handgriffe und einstudiert wirkende Bewegungsabläufe mit beängstigender Selbstverständlichkeit.
Nach außen hin entspricht die kleine Familie in Hanekes Film dem typischen Mittelstand, in dem gut bezahlte Jobs ausgeübt werden, die Kinder in anständigen Schulen untergebracht sind und zwischen den alltäglichen Verpflichtungen genügend Zeit für gemeinsames Frühstück und Abendessen bleibt. Hinter den schlichten Einzelszenen, die Haneke mit unverkennbarer Handschrift als unaufgeregte, präzise Detailbeobachtungen inszeniert und durch abrupte Schnitte in lose Fragmente zerteilt, kommt schon bald zum Vorschein, was die meisten Werke des Regisseurs auszeichnet.
Auch wenn Hanekes distanzierter, kalter Stil, der letztendlich jegliche Art von Dramaturgie eliminiert, provoziert, erzeugt der Regisseur gerade hierdurch unbehagliche Erschütterungen beim Betrachter, der sich irgendwann verzweifelt an Erklärungen und Hintergründe klammern will, die es nicht gibt.
Wenn die kleine Tochter in der Schule eine Erblindung vortäuscht, um die Aufmerksamkeit der Lehrerin auf sich zu ziehen oder die Mutter bei der routinierten Fahrt durch die Autowaschanlage plötzlich in Tränen ausbricht, sind das lediglich sanfte Irritationen von kurzer Dauer, die Haneke in das Konstrukt dieser Familie einfügt, deren jeweilige Mitglieder mehr Projektionsflächen denn wirkliche Charaktere entsprechen.
Diese Irritationen aus dem zweiten Teil im Jahr 1988 führen schließlich in den letzten Teil. Der finale Brief, den Familienvater Georg an seine Eltern schreibt, führt zur schockierenden Erkenntnis, die sich zuvor schleichend erahnen ließ und in der letzten halben Stunde zur schwer erträglichen Gewissheit wird. Haneke raubt dem Betrachter endgültig jegliches Einfühlungsvermögen, entzieht den quälend langsam inszenierten Geschehnissen sämtliche Ansätze einer schlüssigen Psychologisierung und entfacht einen spröden Albtraum.
Während der Regisseur die Inspiration für seine Geschichte durch das Lesen eines Zeitungsartikels fand, in dem das Schicksal der Familie durch umfassende Recherche mit Motiven belegt werden konnte, wandelt sich „Der Siebente Kontinent“ zum erschütternden Dokument des Grauens, in dem sich die sinnentleerten Vorgänge des Anfangs in einer apokalyptischen Vision widerspiegeln. Um Verständnis, Logik und Katharsis beraubt bleibt am Ende dieses Films nichts als Konsequenz und Wirkung übrig, die den Betrachter mit eisigen Händen umschließen und wie betäubt zurücklassen.
Der 12. Februar ist für Sam zunächst ein Tag, wie er kaum typischer für das Leben einer jugendlichen Schülerin sein könnte, die sich noch auf der Schwelle zwischen unbeschwerter Kindheit und zunehmend reflektierteren Erwachsenendasein befindet. Den Verlauf dieses Tages entspinnt Regisseurin Ry Russo-Young in ihrer Jugendbuchadaption „Before I Fall“ dabei als Abfolge von Ereignissen, die in ihrer klischeebehafteten Vorhersehbarkeit fast schon augenzwinkernd ironisch wirken.
Die gemeinsame Autofahrt zur Schule mit den besten Freundinnen, bei der die abgespielten Songs lautstark mitgesungen werden, das Verteilen von Rosen in der Klasse am Valentinstag, das Lästern über eine andere Schülerin, die aufgrund ihres ungepflegten Erscheinungsbilds leichtfertig als Psychopathin abgestempelt und beschimpft wird, innige Küsse mit dem Freund, der optisch eindeutig zu den coolsten Jungs gehört und eine Party am Abend, die etwas aus dem Ruder läuft.
Das Leben der Protagonistin dieses Films ist eines, wie es vermutlich von unzähligen anderen Mädchen desselben Alters tagtäglich gelebt wird, doch das von Sam findet durch einen Autounfall scheinbar ein plötzliches Ende. Als sie am nächsten Tag in ihrem Bett aufwacht, zur gleichen Zeit vom gleichen Klingelton geweckt wird und das Datum auf ihrem Handy erneut den 12. Februar anzeigt, wähnt sich das Mädchen noch in einem schrägen Erlebnis voller Déjà-vus. Dem Zuschauer dürfte allerdings lange vor ihr klar sein, dass Sam von nun an in einer Zeitschleife gefangen ist, durch die sie denselben Tag wieder und wieder durchleben wird, wobei ihre Handlungen keinerlei Konsequenzen auf den nächsten Tag ausüben.
Schon der Beginn von „Before I Fall“, bei dem Sam Zuschauern als Stimme aus dem Off nahelegt, dass es für sie vielleicht einen Morgen gäbe, vielleicht auch 1000 oder 10, während es für einige Menschen nur Heute gibt, ist ein deutlicher Indikator für die wenig subtile Tonart des Streifens. Filme wie „Groundhog Day“ oder „Edge of Tomorrow“, deren Geschichten ebenfalls dem Prinzip ewiger Wiederholung aufgrund von Zeitschleifen verschrieben waren, kosteten das experimentelle Potential dieses Konzepts meist regelrecht aus. Die Struktur eines Tagesablaufs, mit dem die Hauptfigur nach einer Weile bis in die letzte Sekunde vertraut war, bot sich zur ironischen Brechung an, wurde mit humorvollen Ausreißern versehen, mit schwarzhumorigen Spitzen verschärft oder in geradezu existenzieller Verzweiflung hinterfragt.
In ihrem Film beschränkt sich Russo-Young hingegen auf die moralische Läuterung der Protagonistin, die ihr gesamtes bisheriges Leben zu überdenken beginnt. Auch wenn Sam nach anfänglichen, vergeblichen Versuchen, die Zeitschleife zu durchbrechen, damit beginnt, gegen ihr eigenes Image zu rebellieren und beispielsweise ihren besten Freundinnen auf schonungslose Art einen Spiegel vorhält, zeigt sich die Regisseurin schon nach kurzer Zeit kaum noch an den Spannungen interessiert, die sich aus der sanften Verschiebung von Charakterdynamiken ergeben.
„Before I Fall“ führt das Schicksal von Sam stattdessen in furchtbar seichte Gewässer, in denen naive Kalenderweisheiten, optimistische Mottos und Sprüche regieren, die in sozialen Netzwerken eher von Nutzern geteilt werden, die das Alter der Hauptfigur schon mindestens seit 30 Jahren hinter sich gelassen haben. Einfältige Ratschläge wie „Lebe jeden Tag als wäre es dein letzter!“ gehen dabei mit Handlungsentwicklungen einher, bei denen sich die Protagonistin wenig überraschend für den netten, aufmerksamen Jungen entscheidet anstatt mit dem oberflächlichen Freund ins Bett zu steigen, ihren Freundinnen mit einem Lächeln auf dem Gesicht mitteilt, was sie an ihnen liebt, mit der ganzen Familie mal wieder einen Abend im Restaurant verbringt und die in den Suizid gemobbte Außenseiterin vor dem Tod bewahren will.
Umso bedauerlicher, dass sich zwischen glatten Einstellungen, unter die sich immer wieder formschöne Aufnahmen mischen, und dauerhaft einsetzenden Pop-Songs, die ganz selten große Gefühle in einer Situation aufkommen lassen, manche Szenen finden lassen, in denen die Regisseurin tatsächlich für einen kurzen Augenblick hinter das zu blicken vermag, was die kantenlose Oberfläche abbildet. Und schon geht es wieder zurück zum Anfang.
[...] Als albtraumhafte Vision einer Krise, die aus unerklärlichen Gründen über eine Familie hereinbricht, erweist sich The Box als stimmiger Auftakt. Dass die Regisseurin endgültige Erklärungen ausspart, dürfte einige Zuschauer frustrieren, doch so bewahrt sich das erste Filmsegment bis zuletzt einen rätselhaften Charakter, in dem Horror vor allem als irrationales Mysterium begriffen und als tragischer Zwiespalt gesät wird. Mit der schlichten Kategorisierung als Horror liegt man beim zweiten Segment bereits daneben, denn Annie ClarksThe Birthday Party ist eher eine böse Groteske, die sich hinter schillernden, farbenfrohen Bildern tarnt. Die unter ihrem Pseudonym St. Vincent besser als Musikerin bekannte Regisseurin zerpflückt die vordergründige Idylle des wohl situierten Hausfrauenalltags in Einzelteile, die aus Suizid, einer unerwünschten Leiche, einer geplanten Kindergeburtstagsparty, aufdringlichen Nachbarn und neugierigen Kindermädchen bestehen. Inszenatorisch strahlt dieses Segment das auffälligste Stilbewusstsein aus, wenn Clark glänzende Oberflächen und abgründiges Grauen zu surrealen Impressionen verschmilzt und sich in ein Zeitlupen-Finale steigert, das dem bitteren Chaos mit finalen Texttafeln die nötige Abrundung verpasst. Als glatte Enttäuschung erweist sich das dritte Segment von Roxanne Benjamin (Southbound). Don’t Fall beginnt als ausgelassene Wüstenexpedition einer befreundeten Gruppe, die eine alte Höhle entdeckt, an der merkwürdige Malereien zu sehen sind. Ohne einen Zugang zu den Figuren zu erhalten und die nötigen Sympathien entwickeln zu können, kippt die Handlung des Kurzfilms abrupt in eine Mischung aus Creature Feature und Lagerfeuergeschichte, die mit kruden Effekten ebenso schnell und belanglos ihr Ende erreicht wie sie begonnen hatte. Diskussionswürdiges Potential besitzt schlussendlich Karyn Kusamas (The Invitation) Her Only Living Son, welches sicherlich das ambitionierteste der vier Segmente markiert. Die Geschichte einer Mutter, die sich alleine um ihren schwierigen Sohn kümmert, der kurz davor ist, 18 Jahre alt zu werden, ist mit unheimlichen Andeutungen und brutalen Vorzeichen gespickt. Auch wenn eindeutige Namen und Zusammenhänge bis zuletzt vage bleiben, entpuppt sich dieser Kurzfilm nach und nach als Fortsetzung eines der ganz großen Horrorklassiker der Filmgeschichte, dessen Titel hier aus Überraschungsgründen ebenfalls unerwähnt bleiben soll. Diese Idee der Regisseurin kann wahlweise als mutig oder größenwahnsinnig betrachtet werden, doch Kusama ruht sich nicht alleine auf ikonischen Querverweisen aus, sondern beleuchtet im Kern ihrer Erzählung eine alleinerziehende Mutter, die im Angesicht des größten Schreckens und gegen sämtliche Hindernisse um das Wohl ihres Sohns kämpft, was trotz der kurzen Laufzeit zugleich ungemein berührt und beunruhigt. [...]
[...] Bis die Ereignisse in Recovery ansatzweise Fahrt aufnehmen, ist locker eine halbe Stunde des mit insgesamt 80 Minuten ohnehin recht kurzen Streifens vergangen. Man könnte Wheats Ansatz als langsamen Spannungsaufbau sowie ausreichende Figurenzeichnung begreifen, doch dafür bietet das schlecht konstruierte Drehbuch von Kyle Arrington (The Originals) kaum mehr als austauschbare Charaktere, die klischeehaft gestrickten Abziehbildern entsprechen, und vergessenswerte Dialoge. Aufgrund regelrecht hässlicher Bilder, die durch bleiches Color Grading an eine billige Amateur-Produktion erinnern und einem ungelenken Gespür für Rhythmus und Timing, bei dem der Regisseur beispielsweise Party-Szenen mit einer Verfolgungsjagd abwechselt und somit den Spannungsfluss erheblich ausbremst, ist Recovery zudem auch handwerklich überaus dürftig ausgefallen. Als Kim plötzlich aus dem Club verschwindet und das verbliebene Trio dem Signal von Jessies Smartphone folgt, das Kim bei sich trägt, verschlägt es die Figuren in ein heruntergekommenes, vermeintlich verlassenes Haus, in dem passiert, was keinen Zuschauer ernsthaft überraschen dürfte. Für eine kurzweilige Home-Invasion-Achterbahnfahrt platziert Wheat effektive Spannungsmomente viel zu spät, während sich die Antagonisten im Vergleich zu den simpel gestrickten Protagonisten ebenfalls nur als öde Psychopathen aus der Psychohorror-Trickkiste entpuppen. Auch wenn der Regisseur ganz zum Schluss mit einem Ende aufwartet, welches durchaus mit garstiger Boshaftigkeit punkten kann, verläuft sich das letzte Drittel des Films zuvor in unlogischen, kaum nachvollziehbaren Entscheidungen der Figuren, labyrinthisch angeordneten Strukturen eines Hauses, mit denen Wheat kaum etwas anzufangen weiß und beiläufig eingestreuten Gewalteinlagen, die dem Szenario keinerlei Horror oder Spannung beizufügen wissen. [...]
[...] Wenn man auf die Devise Wert legt, dass ein Film im besten Fall mit einem Knall beginnt, dann ist Joshy - Ein voll geiles Wochenende geradezu ein Paradebeispiel dafür, wie man sein Publikum von einem Moment auf den anderen regelrecht in Schockstarre versetzt. [...] Mit dem Auftakt des Films hat der Regisseur hingegen ein dramatisches Erlebnis erzeugt, an dessen Intensität er im weiteren Verlauf des Films nur noch einmal anknüpfen kann. Obgleich sich Joshy - Ein voll geiles Wochenende auch durch den Ansatz des improvisierten Drehens, welcher tief mit der Mumblecore-Bewegung verwurzelt ist, der auch viele Schauspieler dieses Films entstammen, weiterhin eine gewisse Authentizität bewahrt, wirkt der Streifen die meiste Zeit schlicht zu halbherzig. [...] Joshy - Ein voll geiles Wochenende hinterlässt somit final den Eindruck eines überlangen TV-Piloten. Gespickt mit interessanten, charismatischen Figuren, über die man im weiteren Verlauf der geplanten Serie mehr erfahren möchte, einer dramatischen Ausgangslage, die Stoff für intensive Auseinandersetzungen bietet sowie einem schmalen Grat zwischen seichten Gags, bitteren Pointen und tragischen Untertönen erreicht Baenas Werk allerdings den Abspann, wo es gerade erst losgehen könnte. [...]
Ob es nicht einen Mann brauche, um einen Mann großzuziehen, fragt die von Elle Fanning gespielte Julie in einer Szene von Mike Mills‘ „20th Century Women“. Als Hintergrund dieser Frage dient das Anliegen von Dorothea, die im Alter von 55 mit der alleinigen Erziehung ihres 15-jährigen Sohns Jamie zunehmend überfordert ist. Dessen beste Freundin Julie sowie die im gleichen Haus wohnende Untermieterin Abbie bietet sie deshalb darum, bei der Erziehung von Jamie mitzuhelfen.
Eine Antwort auf Julies Frage liefert der Regisseur nie in ganzer Klarheit, ähnlich wie der Erzählrhythmus dieses Films, der sich nie auf ein kontinuierliches Zeitgeschehen festlegen lässt und frei zwischen den Stimmungslagen und Zwischentönen schwebt. Der wesentliche Teil der Handlung erstreckt sich über einen Sommer des Jahres 1979 in Kalifornien, in dem sich die Lebensgeschichten von Dorothea, Jamie, Julie, Abbie und William, ebenfalls ein Untermieter in Dorotheas Haus, regelmäßig ineinander schlängeln. Mills nutzt die Geschichte seines selbstgeschriebenen Drehbuchs, um seine eigene Jugend sowie das Verhältnis zu seiner Mutter aufzugreifen und ihr somit auf liebevolle, nachdenkliche Weise Tribut zu zollen.
Die 70er Jahre spielen in „20th Century Women“ gewissermaßen eine große Rolle, indem sie vor allem eine Zeit des Umbruchs bedeuten. Gesellschaftliche Strömungen wie die destruktive Energie der Punk-Szene, ein vermehrtes Streben in Richtung eines freigeistigen Künstlerlebens und feministische Ungezwungenheit lässt der Regisseur aus dem vorherrschenden Zeitgeist direkt ins Bewusstsein und in die Beziehung zwischen den Figuren einfließen.
Mills‘ Film verkommt dabei nie zum emanzipatorisch erzwungenen Manifest, das dem Zuschauer Botschaften mit dem Holzhammer einprügelt. Stattdessen entwickelt der Regisseur mithilfe des Casts, der sich den jeweiligen Rollen mit Neugierde, Leidenschaft und Überzeugung hingibt, ein Ensemble aus lebensechten Menschen und ihren Gefühlen, die völlig unabhängig vom Geschlecht universell fühlbar sind. Dabei wirkt es so, als habe Mills jede Charakterfacette der Frauen, mit denen er aufwuchs und die ihn bis heute prägen, aufgespalten und einer eigenen Figur gewidmet.
Elle Fanning gibt die naive, unentschlossene Träumerin, die zwischen der rebellischen Entdeckung ihrer eigenen Sexualität und der Suche nach großen Gefühlen in eine Sackgasse gerät. Greta Gerwig erfüllt erneut das typische Ideal der verlorenen Künstlerseele, die sich gegen die Normen der Gesellschaft auflehnt. Durch die Folgen einer Krebserkrankung ihres Gebärmutterhalses gerät ihre Abbie jedoch mit den großen Fragen des Lebens in Konflikt und zeigt eine überraschende Verletzlichkeit, was ihre Zukunft betrifft.
Als Abbild von Mills‘ eigener Mutter darf man zuletzt Annette Benings großartige Darstellung von Dorothea auffassen, die sich mit leiser Verzweiflung und warmen Optimismus ihrer Rolle als Frau in der Gesellschaft, einem rasend schnellen Wandel der Zeit und der schwierigen Erziehung ihres Sohns stellt. Lucas Jade Zumann als 15-jähriger Pubertierender und Billy Crudup als eher unkonventioneller Frauenschwarm und Mechaniker, der nie erwachsen geworden zu sein scheint, sind ebenfalls bemerkenswerte Darsteller in diesem Film, der nichtsdestotrotz voll und ganz den Frauen gehört.
Neben Dialogzeilen, mit denen der Regisseur wahlweise für erheiterndes Gelächter sorgt, aufrichtige Gefühle offenlegt oder eingängige Weisheiten und Erkenntnisse streut, ist es außerdem Mills‘ Umgang mit der Zeit selbst, der „20th Century Women“ so besonders und wertvoll erscheinen lässt. Genauso wie Abbies Idee, Fotos von einzelnen Objekten zu schießen, die sich schließlich zu einem Bild ihrer Identität formen sollen, friert der Regisseur selbst ausgewählte Momente ein oder verlangsamt sie. Nebensächlichkeiten werden hierdurch zu poetischen Schnappschüssen, während die Hintergründe der einzelnen Figuren wie melancholische Erinnerungen mitten in die Gegenwart des Jahres 1979 hereinbrechen, um von Mills im Finale in letzter Konsequenz mit bewegender Überzeugung zu Ende gedacht zu werden.
In den Momenten dazwischen, wenn sich Julie wiederholt in Jamies Bett legt, um ihm ohne Hintergedanken nahe sein zu können oder Abbie zu einem Mixtape tanzt, das sie selbst erstellt hat, liegt der wahre Kern von „20th Century Women“ verborgen.
Ohne das Medium Film hätte Jonathan Caouette vermutlich nicht überlebt. Dabei ist mit dieser Aussage nicht so sehr das Filmeschauen an sich gemeint, sondern vor allem der Prozess des Filmens. Seit seinem 11. Lebensjahr benutzt der Junge aus Texas eine Filmkamera, schlüpft vor ihr in fremde Rollen und hält sein Umfeld unentwegt auf Video fest. Das Flüchten in andere Identitäten und das Festhalten einer Realität, die sich durch eine Linse betrachtet in etwas verwandelt, das Caouette auf Distanz zu sich selbst halten kann, wird für den Jungen zum Schutzmechanismus vor einem Leben, das ihn von frühester Kindheit an unerträglichen Rückschlägen aussetzt.
Aufgewachsen in Pflegefamilien, in denen er mitunter körperlich missbraucht wurde, und mit einer Mutter, die in jungen Jahren nach einem Sturz vom Dach von den eigenen Eltern Elektroschock-Therapien zur Behandlung ausgesetzt und psychisch so stark geschädigt wurde, dass von ihrer ursprünglichen Persönlichkeit kaum noch etwas übrig blieb, wird aus Caouette bereits in jungen Jahren ein traumatisierter Mensch. Nachdem er mit 12 Jahren versehentlich zwei Joints hintereinander raucht, die vom Dealer in PCP und Formaldehyd getränkt waren, erleidet Caouette zusätzlich eine Form von Depersonalisationsstörung, durch die sich sein Leben oftmals wie ein Wachtraum anfühlt, in dem er als Beobachter neben sich selbst zu stehen scheint.
Das Jahr 2003, in dem seine Mutter Renee wegen einer Überdosis Lithium ins Krankenhaus eingeliefert wird, ist der Ausgangspunkt von Caouettes Dokumentation „Tarnation“, in der er anschließend Jahrzehnte in der Zeit zurückspringt und seine gesamte Lebensgeschichte chronologisch von hinten aufrollt. Was der Regisseur zu Beginn mit lediglich 218 Dollar und der iMovie-Software auf seinem iMac schuf und anschließend für die Klärung von Musik- und Vertriebsrechten vom Verleih mit zusätzlichen 400.000 Dollar unterstützt wurde, ist ein filmisches Kunstwerk, wie man es selten erlebt.
Caouette nutzt seine selbstgedrehten Videoaufnahmen, Super-8-Schnipsel erster Kurzfilm-Gehversuche, Ausschnitte aus Film und Fernsehen, Familienfotos, übersteuerte Farbfilter und unterschiedliche Songs, um ein ganzes besonderes Porträt von sich zu fertigen, das den Betrachter zwischen extremen Stimmungslagen hin- und herreißt. Durch die Verwendung der zahlreichen Stilmittel und starken Kontraste nähert sich der Regisseur seiner eigenen Persönlichkeit und der Geschichte seiner Familie an, als wäre er lediglich ein Außenstehender, der versucht, Jonathan Caouette in den Mittelpunkt einer Dokumentation zu rücken.
Nie unterdrückt Caouette jedoch seine ganz eigene Sichtweise auf die Dinge, weswegen „Tarnation“ streng betrachtet ein durch und durch manipulatives Werk ist. Die Manipulation bezieht sich hingegen auf das Leben des Regisseurs selbst, der zwischen häuslichem Missbrauch, einem jahrzehntelang ungekannten Vater, einer schizophrenen, unberechenbaren Mutter, überforderten Großeltern, der Entdeckung seiner Homosexualität, einer eigenen Persönlichkeitsstörung und künstlerischen Ambitionen als Schauspieler und Regisseur von Theaterstücken und Kurzfilmen nach einer filmischen Aufarbeitung strebt, die seiner Existenz nachträglich Sinn verleiht.
Indem Caouette prägende Songs seiner Jugend wie nostalgisch wärmende Echos durch die frenetisch montierten Bildfolgen hallen lässt, mit verstörenden Impressionen und Verzerrungen arbeitet, die den Eindruck einer gefestigten Realität im nächsten Moment bewusst ins Surreale kippen lassen und die zerbrechlichen Linien seines Familienstammbaums immer wieder mit Erschütterungen, Fragen, Selbstzweifeln und Ängsten verziert, entsteht in „Tarnation“ auf unvergleichliche Weise das Porträt einer gestörten Seele, die in der Kunst Bedeutung findet, und ein zärtliches Memoir voller aufrichtiger, roher Emotionen eines Sohns, der seiner Mutter voller Liebe und Furcht zugleich endgültig ein Denkmal errichtet hat.
John Boormans „Point Blank“ ist weniger ein Film, der sich in konkreten Genre-Mustern begreifen lässt, sondern wirkt viel mehr, als sei er aus einer wilden Drogenfantasie heraus geträumt worden. In Cinemascope-Bildern von teils unwirklicher Schönheit schickt der Regisseur seinen Hauptdarsteller Lee Marvin als Hintergangenen auf Rachefeldzug. Um 93.000 Dollar aus einem Coup in Alcatraz wird Walker von seinem Partner betrogen, der ihn mit zwei Kugeln im Leib zurücklässt und sich mit dessen Ehefrau aus dem Staub macht.
Wider Erwarten kehrt der Totgeglaubte jedoch nach Los Angeles zurück, um seine ehemalige Frau aufzusuchen und sich systematisch einen Weg durch die kriminellen Schlüsselpersonen seiner Vergangenheit zu seinen 93.000 Dollar zu bahnen. Das Geld gerät in „Point Blank“ schon nach kurzer Zeit zum alles beherrschenden Motiv, das Walker antreibt. Der ansonsten vage charakterisierte Protagonist wird von Boorman schon nach kurzer Zeit als ebenso mürrisches wie präzises Phantom inszeniert, das mit einer Mischung aus gefasster Eleganz und rauer Brutalität unbemerkt von Szene zu Szene gleitet, um sein Umfeld in prägnanten Ausbrüchen bemerkenswerter Körperlichkeit zu erschüttern.
Das grob gefertigte Handlungsgerüst, in dem sich düstere Neo-Noir-Anleihen inmitten eines geradlinigen Rache-Thriller-Plots auffinden lassen, ist dabei eher von schlichter Natur und wird vom Regisseur dennoch umso aufregender umgesetzt. Boormans filmischer Stil reißt einzelne Momente von Anfang an aus dem Zusammenhang, um im eigentlich klaren Narrativ schwindelerregende Desorientierung zu stiften, wobei sprunghafte Schnitte, knallige Farbtöne sowie auffällig hervorgehobene Geräusche den Eindruck eines außer Kontrolle geratenen Fiebertraums oder einer drogeninduzierten Psychose nur noch verstärken.
Atmosphärisch scheint „Point Blank“ in beinahe jeder Szene auf das Maximum des Möglichen abzuzielen. Wenn der Regisseur in einem Nachtclub die psychedelische Energie eines Live-Acts mit manischen Schreien destilliert, Schrittgeräusche von Marvins Figur als unruhig polterndes Trommeln unter eine nachfolgende Szene legt, wohligen Schlafzimmer-Jazz als Klangkulisse für eine wüste Auseinandersetzung nutzt oder den Ton völlig stumm schaltet, als eine Figur isoliert in einem Aufzug zahlreiche Stockwerke nach oben befördert wird, ist Boormans Film fernab seiner formstrengen Vorbilder des Film Noir stattdessen auf formschöne Zerstreuung versessen.
[...] Der Mord an JonBenét Ramsey ist ein Verbrechen, das die USA bis heute nicht mehr loszulassen scheint. Im Jahr 1996 wurde das sechsjährige Mädchen aus Colorado, das in ihrem Leben bereits einige Titel als Schönheitskönigin gewonnen hatte, im Keller ihres Elternhauses vom eigenen Vater in einer Decke eingewickelt aufgefunden. Zuvor fand die Mutter einen Erpresserbrief, in dem 118.000 Dollar gegen die Freilassung ihrer Tochter gefordert wurden. Für JonBenét kam jede Hilfe zu spät, denn das Mädchen war bereits seit Stunden tot. Über die genauen Umstände des Todes existieren auch gut 20 Jahre nach dem Mord noch verschiedenste Theorien, denn ein endgültiger Täter konnte nie gefasst werden und es ist unwahrscheinlich, dass der Fall jemals aufgeklärt wird. In ihrer Dokumentation Casting JonBenet verschafft sich Kitty Green erneut einen Zugang zu dem rätselhaften Verbrechen und nähert sich dem Mordfall auf eher unkonventionelle Weise an. Mithilfe von lokalen Einwohnern der Stadt Boulder, in der sich die Tat ereignete, flüchtigen Bekannten der Ramsey-Familie sowie Theaterschauspielern, die in einer Art Casting-Prozess für die Rollen von Familienmitgliedern oder Zeugen vorsprechen sollen, entwickelt die Regisseurin ihr Werk aus einem experimentellen Entwurf heraus. Erinnerungen, Spekulationen, Schauspiel und Rekonstruktion dienen dazu, den Vorfall aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten, um vorhandene Fakten durch subjektive Blickwinkel zu filtern und zu einem Netz aus wilden Theorien weiterzuspinnen. [...] Dabei ist es durchaus von Relevanz, dass dieser berüchtigte Mordfall vor allem ein amerikanisches Phänomen ist, das sich als ungemütliches Mysterium über die Jahre hinweg einen festen Platz in der Popkultur der USA gesichert hat und dort immer wieder aufs Neue für faszinierten, hitzigen Gesprächsstoff sorgt. Für Zuschauer, die zu dem Mord an JonBenét bislang keinen persönlichen Bezug hatten oder durch Greens Dokumentation womöglich erstmals mit den Hintergründen in Kontakt kommen, bietet dieser Film kaum mehr als aufgewärmte Fakten, wilde Spekulationen, die mitunter an fantasievolle Verschwörungstheorien erinnern und Ansätze einer performativen Herangehensweise, die zu oft in flüchtigen Skizzen verweilt. Wenn Green neben ihrem grundsätzlich interessanten Konzept etwas gelingt, dann ist es vor allem die Wiederbeschwörung eines dunklen Schattens, der sich unentwegt auf das Bewusstsein einer ganzen Nation zu legen scheint und so lange dort verweilt, bis er nach einem sachten Entschwinden erneut auftaucht. In kurzen Momenten gelingt es der Regisseurin, diesen Schatten in den Gesichtern der Beteiligten sichtbar zu machen und zumindest für die Dauer weniger Sekunden durchblitzen zu lassen, wie die durchschlagenden Konsequenzen eines einzelnen Ereignisses auf vielfältige Weise aus dem Innersten der Menschen hervorbrechen. [...]
Schon die Eröffnungsszene in Jordan Peeles „Get Out“ greift eine Thematik auf, die sich bisher wie eine selbstverständliche Tradition durch ein jahrzehntelanges Aufgebot an Horrorfilmen zog. Während sich genrekundige Zuschauer bei jeder neuen Sichtung amüsiert dazu hinreißen ließen, afroamerikanische Figuren als erstes Todesopfer zu benennen und bei Slasherfilmen gerne vom „Zehn-kleine-Negerlein-Prinzip“ gesprochen wird, dessen Vorlage in Form eines Zählreims seinen berechtigterweise anstößigen Ursprung im 19. Jahrhundert findet, setzt der Regisseur diese offenkundige Bewandtnis mit eindeutigen Motiven direkt an den Anfang seines Films.
Indem Peele noch vor den eigentlichen Opening Credits einen namenlosen Afroamerikaner durch Kidnapping einer maskierten Person von der Bildfläche verschwinden lässt, scheint sich „Get Out“ fast schon überstürzt vertrauten Sehgewohnheiten anzuschmiegen, die der Regisseur nur wenige Szenen später schon wieder unterwandert. Es ist dieses Konzept von vermeintlicher Gewissheit, auf die knisternde Ratlosigkeit sowie ein ungutes Gefühl folgen, mit dem der Regisseur in seinem Regiedebüt auf virtuose Weise spielt. Für seine eigensinnige Mischung aus Horror, Thriller, Komödie und gesellschaftskritischem sowie politisch brisantem Subtext zerbröselt er die jeweiligen Genre-Zutaten zu einzelnen Krümeln, die er je nach Belieben neu anordnet.
Einem unguten Gefühl wird auch Hauptfigur Chris ausgesetzt, der von seiner Freundin Rose erstmals zu einem Wochenendausflug zu deren Eltern mitgenommen werden soll. Dass die Hautfarbe von Chris bisher noch kein Thema zwischen Rose und ihren Eltern war, die der liberalen Wohlstandsschicht angehören, führt bereits zur ersten subtilen Spannung. Diese Spannung wird nur noch verstärkt, als das Paar auf dem ländlich abgelegeneren Anwesen der Eltern ankommt, wo sich direkt zeigt, dass dort afroamerikanische Bedienstete in Form eines Dienstmädchens und einem Gärtner beschäftigt werden.
Peele versetzt Chris dabei genauso schnell in misstrauische Verwunderung wie sein Publikum und lässt trotz zurückhaltender Andeutungen sowie vereinzelter, beklemmender Einstellungen keinen Zweifel daran, dass irgendetwas auf diesem Anwesen nicht stimmt. Fortlaufend besticht „Get Out“ als exzellent inszenierte Beobachtung einer vor allem im Kino bisher kaum thematisierten Erscheinungsform von Rassismus, unter die sich paranoider Psycho-Horror schleicht.
Mithilfe von obskuren Sätzen, in denen Chris von Gästen im Rahmen einer Gartenparty für sein muskulöses Äußeres gelobt und ihm versichert wird, dass eine schwarze Hautfarbe mittlerweile in Mode gekommen sei, bringt der Regisseur jenen hintergründigen Rassismus zum Vorschein, bei dem der Betroffene aufgrund schmeichelhafter Äußerungen und vorsichtiger Annäherung erneut zum außergewöhnlichen Individuum verklärt wird, das es gesondert zu behandeln gilt.
Indem sich Peele von einer offensichtlichen Variante einer rassistischen Darstellungsform distanziert, die meist in wüsten Aggressionen, körperlichen Übergriffen oder brutalen Morden durch die Verantwortlichen gipfelt, findet seine durchdachte Vision erst recht zu unbequemer Eindringlichkeit. Aus der Perspektive von Chris erzählt verdeutlicht der Regisseur auf konsequente Weise, wie es sich anfühlt, wenn jede Bewegung ungewöhnlichen Blicken ausgesetzt ist und jede Verhaltensweise einer genauen Reflexion des eigenen Umfelds unterzogen werden soll.
Auf virtuose Art findet „Get Out“ so zu einem besonderen Rhythmus, der düstere Vorzeichen, gesellschaftliche Mechanismen und selbst urkomische Einschübe, für die Peele seinen Wurzeln aus dem Sketch-Comedy-Bereich treu bleibt, zu einem Albtraum verdichtet, der im letzten Drittel eskaliert.
Wie der Regisseur mit den Mitteln des Horrorfilms Impressionen kreiert, welche Themen wie Ausbeutung und Sklaverei auf gleichermaßen groteske wie irreale Weise neue Impulse verleihen und ein lange zurückliegendes, nichtsdestotrotz unaufgearbeitetes Kapitel der Menschheitsgeschichte innovativ umfunktioniert, ist faszinierend anzusehen und verliert selbst im finalen Akt voller wirrer Panik nichts an Wirkung.
Ganz zum Schluss zeigt sich der Regisseur dann ein letztes Mal unbeeindruckt von Erwartungshaltungen. Wenn sich das Blaulicht eines Polizeifahrzeugs noch einmal im Gesicht von Chris spiegelt, nachdem er in einer früheren Szene des Films schon einmal damit konfrontiert wurde, steuert Peele auf einen offensichtlichen Tiefschlag zu. Und dann wendet er sich einfach ab.
Die geschriebenen Zeilen und gesprochenen Worte von James Baldwin sind es, die Raoul Pecks „I Am Not Your Negro“ vor scharfsinniger Beobachtungsgabe, intelligenten Thesen, eindringlichen Erlebnissen und erschütternden Querverweisen förmlich erbeben lassen. Ein 30-seitiges Manuskript mit dem Titel „Remember This House“, das der Schriftsteller bis zu seinem Tod nie vollendete, ist die Grundlage fürs Pecks Dokumentation, der dem Text mit der Stimme von Samuel L. Jackson eine gespenstische Lebendigkeit einhaucht.
Dass Baldwin bis heute zu den bedeutendsten afroamerikanischen Schriftstellern gezählt wird, verdeutlicht dieses Werk in einer ungeahnten Brillanz, bei der Peck sowohl den Lebensweg dieses Menschen nachzeichnet als auch eine ebenso wuchtige wie aufschlussreiche Bilanz über die Historie des Rassismus in Amerika zieht. „I Am Not Your Negro“ wird dadurch zu einer Sternstunde des Kinos, in der sich intimste Details aus dem Privaten mit der universellen Lage eines ganzen Landes zu einem Porträt verbinden, dessen zentrale Aussagen Allgemeingültigkeit für die gesamte Welt besitzen dürften.
Im vergangenen Jahr ist es der Regisseurin Ava DuVernay mit ihrer Dokumentation „13th“ bereits gelungen, eine lehrreiche, aufrüttelnde Geschichtsstunde über die gleiche Thematik zu inszenieren und einen bedrückenden Bogen bis in die Gegenwart zu spannen. Pecks Film transzendiert DuVernays theoretische Ansätze zu einem essayistischen Feuerwerk, das der Regisseur mithilfe des entwaffnenden Intellekts von Baldwin, vor dessen geschriebenen sowie geäußerten Worten man regelmäßig am liebsten niederknien würde, und einer verblüffenden Montage anfertigt. Zusammen mit seiner Cutterin Alexandra Strauss stellt Peck vergangene Gräueltaten neben aktuellen Schrecken, versieht popkulturelle Ausschnitte aus Film und Fernsehen auf raffinierte Weise mit gesellschaftskritischen Aussagen und verleiht ihnen somit eine völlig neue Bedeutung und rückt die subjektiven Erlebnisse und Beobachtungen von Baldwin in den Mittelpunkt.
Übergeordnet beschäftigt sich der Regisseur in seinem Werk dadurch mit der Frage, was es bedeutet, als Afroamerikaner in den Vereinigten Staaten von Amerika zu leben. Das Manuskript von Baldwin, welches mittlerweile gut 30 Jahre alt ist und in dem sich der Schriftsteller mit den Toden von Malcolm X, Martin Luther King Jr. und Medgar Evers beschäftigt, denen er persönlich nahe stand, hat dabei auf genauso faszinierende wie erschreckende Weise kein bisschen an Relevanz eingebüßt. In gegenwärtigen Zeiten, in denen der Hass auf alles Fremde und die Abneigung gegenüber unbekannten Kulturen einen neuen Siedepunkt zu erreichen scheint, gewinnt sein Text nur noch weiter an mahnender Schärfe und appellierender Dringlichkeit.
Baldwins Persönlichkeit ist es aber letztlich, die „I Am Not Your Negro“ zum besonderen Meisterwerk werden lässt. Wenn er schildert, wie eine potentielle Liebesbeziehung zwischen ihm und einer blonden Frau in jungen Jahren scheitern musste, weil ein schwarzer Mann und eine weiße Frau in der damaligen Gesellschaft nicht sicher zusammen über die Straße gehen konnten und wie sie gemeinsame Wege zeitverzögert und distanziert voneinander zurückgelegt haben, wenn er davon berichtet, wie sich sein Blick auf frühe Helden wie John Wayne geändert hat, nachdem er selbst in den Spiegel geblickt hat und danach mitansehen musste, wie der Schauspieler in den Filmen Indianer erschießt, und wenn er die Unterhaltungsformate des Fernsehens als groteske Verzerrung der amerikanischen Mentalität aufgreift, bei der die Bevölkerung ihr eigenes leeres Leben in übersteigerte Vorstellungen ihrer selbst projiziert, dann sind das nur einige der Momente, die man vielleicht nie mehr vergessen wird.
Mit „xXx: Return of Xander Cage“ kehrt ein Franchise in die Kinos zurück, mit dessen Fortsetzung 12 Jahre nach dem Sequel des Auftakts vermutlich eher die wenigsten gerechnet hätten. Auch wenn Hauptdarsteller Vin Diesel im Jahr 2002 nach seinem Mitwirken im ersten „The Fast and the Furious“ mit „xXx“ Chancen auf ein potentielles zweites Standbein hatte, blieb sein Auftritt als Extremsportler und Geheimagent Xander Cage ein einmaliger. Das drei Jahre später gefolgte Sequel mit Ice Cube in der Hauptrolle geriet zur finanziell enttäuschenden Angelegenheit, von dem Diesel bereits vorab Abstand nahm, nachdem selbst ihm das Drehbuch nicht zusagte. „xXx: State of the Union“ war ein Film, über den man angesichts seiner Qualität ohnehin lieber schnell den Mantel des Schweigens hüllte und der ebenso schnell wieder in Vergessenheit geriet.
Nachdem sich die „The Fast and the Furious“-Filmreihe zum kommerziellen Kassenschlager entwickelte und einen Teil auf den anderen folgen ließ, versuchen sich Paramount Pictures im Jahr 2017 nun mit Diesel als zugkräftigen Star an einer Wiederbelebung des „xXx“-Franchise. Obwohl Xander Cage im zweiten Teil eigentlich für tot erklärt wurde, zeigt sich dieser in Teil 3 quicklebendig. Sein offensichtliches Wohlbefinden wird dadurch untermauert, dass er zu Beginn mit Skiern durch den Dschungel der Dominikanischen Republik brettert, sich auf einem Skateboard von einem Auto über die Straße ziehen lässt und anschließend, nachdem er seinen Verfolgern entkommen ist, die vermutlich attraktivste Frau der gesamten Region ins Bett bekommt.
Nach dem Auftakt von D. J. Carusos Film könnte man meinen, dass das bisherige Konzept von Xander Cages Lebensstil mit voller Absicht keinen Veränderungen unterzogen wurde, doch der Regisseur dreht zusätzlich sämtliche Regler auf Anschlag. In „xXx: Return of Xander Cage“ wird nicht einfach nur dem altbewährten „Größer, schneller, lauter“-Rezept gefolgt, das für zahlreiche Fortsetzungen im Blockbuster-Sektor zum Einsatz kommt, sondern ein völlig bizarres Paralleluniversum entworfen, das mit der Realität kaum noch etwas gemeinsam hat.
Die Jagd nach einem Gerät, mit dem sich Satelliten manipulieren und zum Absturz bringen lassen und das in falschen Händen somit zur mächtigen Waffe geraten könnte, entwickelt sich ab der Hälfte des Films zum fast schon kindlichen Wettstreit zwischen zwei Teams von Geheimagenten, die aus unterschiedlichen Gründen agieren. Dialoge, bei denen gefühlt jeder zweite Satz aus einer lässigen Bemerkung, einer gewitzten Anspielung oder abgebrühten Machismen besteht, Figuren, die sich vornehmlich in coolen Posen üben und Action-Setpieces, die sämtliche Grenzen der Logik aushebeln, physikalische Gesetzmäßigkeiten an den Rand des Wahnsinns befördern und Greenscreen-Effekte, die matschige Texturen aus dem Computer geradezu zelebrieren, sind die Bausteine dieses grellen Spektakels.
Auch wenn das Drehbuch von F. Scott Frazier deutlich zu lange braucht, um sämtliche Mitglieder des illustren Ensembles zusammenzuführen, aufeinander einzuspielen und im Schatten von Diesel, der sich nach wie vor als eher klobiger Sympathieträger aufspielt, von der Leine zu lassen, versprüht „xXx: Return of Xander Cage“ aufgrund der konsequent haarsträubenden Vermengung pubertärster Schauwerte, auf Krawall gebürsteter Stereotypen und einer sichtbaren Freude am irrationalen Exzess einen infantilen Unterhaltungswert, der in den besten Momenten durchaus ansteckend ist.
Wenn sich drei der Figuren in einer Konfliktsituation entschärfte Granaten wie bei einem ausgelassenen Brettspiel über den Tisch zurollen, Kämpfe in einem Flugzeug trotz eines Verlusts der Schwerkraft ausgetragen oder Motorräder zu Jetskis umfunktioniert werden, während Caruso alles wie ein protziges Musikvideo inszeniert, schwingt sich dieser Film in Höhen auf, in denen selbst die realitätsfremden Teile 5-8 der „The Fast and the Furious“-Reihe vergleichsweise wie subtile Charakterstudien wirken. Sicherlich hätte es den dritten Teil, der sein gesamtes Potential an Größenwahnsinn nicht einmal voll ausschöpft, nicht unbedingt gebraucht. Kurzweiligen Spaß kann man mit diesem Abenteuerspielplatz des albernen Schwachsinns und freudig zelebrierten Irrsinns aber trotzdem haben.
[...] Ohne die genaueren Umstände und Hintergründe zu kennen, entfaltet Paxton schon in diesen anfänglichen Minuten, in denen die kühle Luft der Dunkelheit förmlich spürbar ist und das Innere des Bürogebäudes vollständig zu umschließen droht, eine Stimmung der unheilvollen Anspannung. Nachdem die Stimme von Matthew McConaughey (Killer Joe) mit ihrer gewohnt betörenden Klangfarbe, die sich irgendwo zwischen Säuseln und Nuscheln ansiedeln lässt, in die Vergangenheit führt, wandelt sich Dämonisch endgültig zu einem atmosphärisch eindringlichen Monstrum, in dem der Abstecher in Fentons Kindheit eine furchteinflößende Geschichte zwischen Psychothriller, Horror und Familiendrama zum Vorschein bringt. [...] Rückblickend beschreibt Fenton diese Vorfälle als einen Zustand, der sich für ihn wie ein Traum anfühlte, der irgendwann zur Realität wurde. Ähnlich inszeniert Paxton die Ereignisse um diese Familie, die aufgrund des radikalen Verhaltens des Vaters in Abgründe gestürzt wird, als langsames Spannungsstück, in dem der brutale Schrecken auf surreale Weise in den ansonsten normal wirkenden Alltag eindringt. Dabei beleuchtet der Regisseur, ganz gemäß dem Originaltitel des Films, das zerbrechliche Familiengefüge der Meiks, welches fortan von erheblichen Konflikten erschüttert wird. Während der kleine Adam der göttlichen Mission seines Vaters ohne Zögern folgt, vermutet Fenton hinter dessen Verhalten eine Geisteskrankheit, durch die der Vater zum unberechenbaren Massenmörder mutieren könnte. Neben den obligatorischen Spannungsmomenten, die der Regisseur mit dichter Beklemmung in unangenehme Bilder und noch unangenehmere Toneffekte kleidet, interessiert sich Paxton vor allem für die ambivalenten Untertöne. Zwischen religiösem Fanatismus, psychotischen Wahnvorstellungen und unerschütterlicher Überzeugung forscht er nach den Beweggründen des von ihm selbst gespielten Vaters sowie vor allem dessen Einfluss auf seine eigenen Kinder und kreiert dabei das tragische Bild eines generationenübergreifenden Traumas, das seine Früchte auf völlig unterschiedliche Weise im Bewusstsein der Söhne vergraben hat. Als Dämonisch bereits zu einem fast schon hervorragenden Film herangewachsen ist, lässt es sich Drehbuchautor Brent Hanley (Family) allerdings nicht nehmen, einen Haken zu viel zu schlagen und seine gesamte Geschichte dadurch unter heuchlerischen, moralisch zutiefst anstößigen Trümmern zu begraben. Indem auf einen geschickten Twist, der die bisherige Perspektive massiv auf den Kopf stellt, ein weiterer Twist folgt, werden sämtliche Ereignisse in ein neues Licht gerückt. Die gesamte Ideologie des Films erhält dadurch einen faden, geradezu erschreckenden Beigeschmack, die sich nur schwer rechtfertigen lässt und rückblickend einige erhebliche Logiklücken offenbart. Selten wurde der Eindruck eines Films alleine durch seine finale Auflösung derart massiv entstellt. [...]
Wie sehr Regisseur Jason Reitman und Drehbuchautorin Diablo Cody mit „Young Adult“ gewachsen sind, macht alleine der Einsatz von sowie der Umgang mit Musik in diesem Film deutlich. Während „Juno“, die erste Zusammenarbeit von Reitman und Cody, unentwegt von einem seichten Soundtrack begleitet wurde, der sich durch akustische Pop- und Folksongs in Dauerschleife mit penetranter Vehemenz einen Weg in die Gehörgänge bahnen sollte, erzielt „Young Adult“ diesen Effekt mit nur einem markanten Stück bereits im Vorspann.
Im Song „The Concept“ von der Alternative Rock-Band „Teenage Fanclub“, den Charlize Therons Figur bei einer Autofahrt wieder und wieder von vorne abspielt, scheint das gesamte Lebensgefühl der 90er wie in einer Kapsel eingeschlossen und auf Knopfdruck abrufbar zu sein. Dieser Zustand, der den Anschein einer verzweifelten Flucht in die eigene Vergangenheit erweckt, ist bezeichnend für den Charakter von Mavis Gary. Obwohl die Buchautorin die 30 schon länger überschritten hat, klammert sie sich dauerhaft an Erinnerungen und Ereignisse, die vorwiegend aus ihrer High-School-Zeit stammen.
In der Gegenwart ist Mavis hingegen oftmals ein Mensch, der nur passiv zu existieren scheint, wenn sie tagtäglich mit Gedächtnislücken und in Klamotten neben einer leeren Schnapsflasche in ihrem Bett aufwacht. Als sie eine Mail von ihrem damaligen Freund Buddy öffnet, in dem dieser stolz seine Vaterschaft verkündet, begibt sich Mavis auf eine Reise in ihre Heimatstadt in Minnesota, um ihre ehemalige Jugendliebe zurückzuerobern.
Eine Ausgangslage wie diese mutet aus der Feder der Drehbuchautorin wie der Auftakt zu einem nostalgisch-amüsanten Trip an, auf dem Mavis bei ihrer Begegnung mit alten Gesichtern aus der Vergangenheit in einige schräge Situationen geraten dürfte. Erfreulicherweise knüpft Reitman mit „Young Adult“ aber wieder an jene bissig-ambivalenten Qualitäten an, die auch schon seine besten Werke wie „Thank You for Smoking“ oder „Up in the Air“ auszeichneten. Aus dem Plan der Protagonistin formt der Regisseur das bösartige Porträt einer narzisstischen Alkoholikerin, die einen glücklich verheirateten Familienvater aus seinem liebgewonnenen Umfeld reißen will.
Mithilfe von Theron, die ihre Figur ebenso schutzlos wie impulsiv verkörpert, pendelt „Young Adult“ ständig zwischen irritierender Abscheu, unbequemen Momenten des Fremdschams und aufrichtiger Empathie. Codys Drehbuch zeugt dabei von einer deutlich gereifteren Sichtweise, mit der die Autorin schwerwiegende Themen wie Anzeichen einer Depression, destruktiven Alkoholismus, niederschmetternde Melancholie und ein generell massiv entrücktes Selbstbild in den Mittelpunkt rückt, um Mavis‘ Geschichte anhand von deutlichen Symptomen, entlarvenden Interaktionen und aufrührenden Selbstzweifeln zu erzählen.
Im finalen Drittel dürfen sämtliche Gefühle in diesem ansonsten überwiegend zurückhaltend inszenierten Film endgültig in einem Wirbelsturm der überkochenden Reaktionen ausbrechen. Neben einem regelrechten Desaster, in dem Mavis‘ letzte Rückstände eines Schutzpanzers endgültig zum Einsturz gebracht werden, schicken Reitman und Cody ihre Protagonistin schlussendlich auf einen ungewissen Pfad. Der wird neben einem einfühlsamen Höhepunkt mit Patton Oswalts Figur, die tragikomischer kaum sein könnte, von einer Schlusspointe angeführt, die zwischen einleuchtender Selbsterkenntnis und einem unbelehrbaren Sturz in alte Verhaltensmuster ihr ganzes hinterlistiges Potential entfaltet.
[...] Der wirr gestrickte Handlungsfluss von Small Crimes wird dabei unentwegt von offenen Fragen begleitet, deren Antworten sich Katz einen Großteil der Laufzeit so lange wie möglich aufspart. Was als sorgsame Geheimniskrämerei beginnt, bei der die Verlockung auf eventuell einleuchtende oder überraschende Enthüllungen als packender Anreiz dienen sollte, entwickelt sich jedoch mehr und mehr zum frustrierenden Seherlebnis für den Zuschauer. Ein schwer vernarbter Staatsanwalt, der offenbar Opfer von Joes damaliger Tat wurde, ein korrupter Cop, der seinen Ex-Kollegen weiterhin in seine persönlichen Dienste einspannen will, ein im Sterben liegender Mafia-Boss, der droht, vor Gericht verheerende Informationen auszuplaudern sowie dessen psychopathischer, ebenfalls krimineller Sohn sind die Nebenfiguren dieses Films, in dem unentwegt mit Namen und Querverbindungen um sich geworfen wird, während bedeutende Vorfälle aus der Vergangenheit des Protagonisten nur vage angerissen werden. Die Suche nach Motiven und Hintergründen aus Joes Leben erweist sich fortlaufend als mühsames Unterfangen, wobei Katz seinen um verwegenes Charisma bemühten Hauptdarsteller Nikolaj Coster-Waldau (Game of Thrones) von einem Schauplatz zum nächsten durch die einzelnen Szenen schleust, ohne dass dem Zuschauer griffige Anhaltspunkte über dessen Verhalten geboten werden und er somit ein träges Mysterium bleibt. Als Charakterstudie eines gebrochenen Menschen, der mit sich selbst sowie nach einer zweiten Chance in seinem Leben ringt, ist Small Crimes daher ein ebenso gescheiterter Film wie als schwarzhumoriges Thriller-Drama. [...] Zwischen verschrobenen Nebenfiguren, die ihr vorhandenes Potential aufgrund der beschränkten Auftritte nie voll entfalten können, einer tragischen Familiengeschichte, die ebenfalls zur oberflächlichen Randnotiz verkommt, und beiläufig eingestreuten Elementen einer Romanze erreicht der miserabel erzählte Streifen schließlich ein Finale, das dem Streifen dramaturgisch endgültig den Todesverstoß versetzt. In dem Moment, in dem sämtliche Erzählfäden so langsam ein halbwegs kohärentes Gesamtbild ergeben, erstickt der Regisseur sein aus ungelenken Neo-Noir-Versatzstücken zusammengeflicktes Werk in zynischen Gewaltexplosionen, nimmt Figuren wie unliebsame Bausteine aus dem Geschehen und lässt Small Crimes mit einer Schlusspointe enden, die einer glatten Frechheit entspricht.
[...] Schnell wird somit klar, dass sich die Geschichte in Wolves at the Door mit den Morden an der hochschwangeren Sharon Tate und ihren Freunden beschäftigt, die im Jahr 1969 von vier Mitgliedern der Manson-Family in Tates Haus auf grausame Weise ermordet wurden. Leonetti inszeniert die wahren Fakten zunächst als stimmungsvoll zurückgenommenen Home-Invasion-Spuk, für den sich der Regisseur sichtlich auf seine Erfahrungen als Kameramann verlässt. [...] Wie der Regisseur die schleichende Infiltrierung des prachtvollen Anwesens in den Hollywood-Hills mit zombieartigen, geisterhaften Silhouetten, bedrohlichen Geräuschen und beunruhigenden Details wie gekappten Telefonleitungen verdichtet, ist die große Stärke dieses Films. Bei einer ohnehin kurzen Laufzeit von 72 Minuten lässt sich Wolves at the Door jedoch ungefähr ab Erreichen der Halbzeitmarke moralisch kaum mehr rechtfertigen. Regisseur und Drehbuchautor rücken den panischen Überlebenskampf der vier Hauptfiguren in ein zweifelsohne fiktiv erdachtes Szenario, in dem Todesqualen zum reißerischen Effekt missbraucht werden, während aussichtslose Fluchtversuche für künstlich ausgedehnte Spannungsmomente herhalten sollen. Indem sich Leonetti und Dauberman erst darum bemühen, die realen Persönlichkeiten mithilfe von aufgesetzter Emotionalisierung zu Identifikationsfiguren zu erheben, um sie im letzten Drittel als verzweifelte, überforderte Marionetten dem sicheren Ableben auszusetzen, könnte man Wolves at the Door fast schon als Grabschändung der realen Opfer bezeichnen. Auch der Umgang mit den Motiven und dem Vorgehen der Manson-Mitglieder erweist sich als dilettantischer Fehlschlag. Obwohl auf eine unnötig ausführliche Psychologisierung der Täter verzichtet wird, verkommen die Eindringliche zu platten, in spärlich beleuchteten Schatten auftauchenden Genre-Schablonen. Ihr Verhalten zwischen sadistisch motivierter Brutalität und befremdlichem Katz-und-Maus-Spiel mitsamt fragwürdig in die Länge gezogener Hetzjagden wirft am Ende mehr Fragen auf, als dieser vorschnell in reale Stock-Footage-Aufnahmen sowie erklärende Texttafeln überleitende Film auch nur ansatzweise beantworten könnte. [...]
[...] Eine Liebesbeziehung, die sich rein über die Körperlichkeit zweier Partner definieren lässt, ist die Thematik in Michael Winterbottoms (Code 46) skandalumwobenen 9 Songs. Der Regisseur erzählt die Geschichte von Matt und Lisa, die sich während eines Konzerts in London kennenlernen und fortlaufend in einen kreiselnden Strudel aus weiteren Konzertbesuchen und vielseitig vollzogenem Geschlechtsverkehr fallen lassen, welcher hauptsächlich in Matts Apartment stattfindet. Viel mehr passiert in Winterbottoms Film nicht. Das kaum vorhandene Drehbuch beschränkt sich stattdessen auf amateurhaft sowie aus nächster Nähe eingefangene Live-Musik und Sexszenen, die durch ihre explizite Inszenierung zur Diskussion anregen, ob es sich bei 9 Songs lediglich um provokative Pornographie handelt, die vom Regisseur in einen Kinofilm geschmuggelt wurde. Tatsächlich lassen sich Matt und Lisa im Kontext der ebenfalls äußerst vignettenartigen Handlung eher als menschliche Skizzen betrachten, deren charakterliche Facetten weitestgehend unbeschrieben bleiben. [...] Deutlich klarer erscheint dagegen sein anfänglicher Monolog über Lisa. Seine Erinnerungen an die 21-Jährige werden nicht von ihren Kleidern, Arbeit, Herkunft oder gar ihren gewechselten Worten bevölkert, sondern einzig und alleine von sinnlichen Eigenschaften wie ihrem Duft, dem Geschmack ihres Körpers und ihrer Haut, wenn sie Matt berührt. Diesem Konzept der reinen Körperlichkeit folgt auch der Regisseur, wenn er das Pärchen in der tobenden Menge der Konzerthallen verschwimmen und zuhause im Privaten in einer Weise miteinander verschmelzen lässt, die den freizügig und zugleich ohne störenden Voyeurismus gefilmten Sexszenen eine ungewohnte Natürlichkeit verleiht. 9 Songs bewegt sich aufgrund von immer wieder störend eingefügtem Klaviergeklimper oftmals nahe an der Grenze zum prätentiösen Arthouse-Kunststudenten-Filmprojekt und stellt die Geduld des Zuschauers durch das redundant verwendete Gerippe einer Handlung sowie unbeholfen einsetzende Dialog-Improvisationen nur noch stärker auf die Probe. Mit der puren Reduktion auf das Verhältnis zwischen Matt und Lisas Körper erreicht Winterbottoms filmisches Experiment jedoch vereinzelt eine sensible Intimität, durch die das Werk vereinzelt in ausdrucksstarke Momentaufnahmen zerfällt. In diesen kurzen Szenen erstrahlt die Lust der beiden als fühlbare Konstante, die sich durch flüchtige Höhepunkte, die der Regisseur an einer Stelle mithilfe einer realen Ejakulation bebildert, neugierige Experimente und isolierte Masturbation schlängelt. Die Auflösung dieser Beziehung ereilt das Pärchen schließlich so abrupt wie unbefriedigend, wobei 9 Songs auf eine Weise endet, die dem wahren Leben durchaus nachempfunden ist. Mit unkonventionellen Mitteln hat der Regisseur versucht, ein Stück Leben in ein Stück Kino einzufügen, wobei sein experimentell-eigenwilliges Vorhaben ebenso interessant scheitert wie es im nächsten Moment in verletzlich intimer Zärtlichkeit erstrahlt. [...]
Hinter schmalen Gullyschlitzen, in engen Abflussrohren und zwischen dunklen Kanalschächten tritt das Böse in Tommy Lee Wallaces „It“ zum Vorschein, damit ihm ein Kind nach dem anderen zum Opfer fällt. Das „Böse“ ist dabei wortwörtlich zu nehmen, denn der bedrohliche Schrecken, der das fiktive Städtchen Derry im US-Bundesstaat Maine heimsucht, tritt mit wechselhaftem Erscheinungsbild sowie in den unterschiedlichsten Formen des Terrors auf.
Am markantesten hat sich jedoch die Gestalt von Pennywise, dem Clown mit den roten Haaren und den rasiermesserscharfen Zähnen, ins popkulturelle Gedächtnis eingebrannt. Ein Aussehen, das kleine Kinder zum Lachen bringen soll, und eine Stimme, die unschuldige Freundlichkeit und teuflischen Sadismus in sich vereint, machen Pennywise zur unvergesslichen Horror-Figur, die von Wallace in wohl dosierten, aber umso eindringlicheren Auftritten entfesselt wird und sich in die tiefsten Urängste der jungen Bewohner von Derry einnistet.
Der Regisseur inszeniert den als zweiteiligen TV-Film angelegten Stoff in der ersten Hälfte als großartiges Schauermärchen, in dem sich nostalgische Bruchstücke verträumter Kindlichkeit mit verstörend-surrealen Horrorsequenzen paaren. Geschickt wechseln die Zeitebenen zwischen der Gegenwart im Jahr 1990, in dem sich eine quer durchs Land verstreute Gruppe Erwachsener aufgrund eines vor langer Zeit abgegebenen Schwurs wiedervereinigen will, und einer Gruppe von Kindern, die 30 Jahre zuvor eine innige Freundschaft knüpfen.
Mit der Geschichte von sechs Jungs und einem Mädchen, die allesamt durch Benachteiligungen wie einem Sprachfehler, Übergewicht, einer eher kümmerlichen Statur oder einem ärmlichen, gewalttätigen Elternhaus verbunden werden, entsteht Stück für Stück ein liebevoll gezeichnetes Coming-of-Age-Porträt. Von erwachsenen Einflüssen auffällig unberührt, wird dieser unschuldige Bund erst durch gleichaltrige Tyrannen auf die Probe gestellt und schließlich von einem übernatürlichen Schrecken erschüttert, der nur scheinbar gebannt werden kann.
In der insgesamt knapp über drei Stunden langen Handlung überträgt Wallace die Narben und Traumata der Vergangenheit wirkungsvoll auf die Figuren der Gegenwart, die sich im erneuten Kampf mit den mitunter in Vergessenheit, aber niemals in Unsichtbarkeit geratenen Dämonen ihrer Kindheit vor allem sich selbst stellen müssen. Das Schauspiel der Erwachsenen-Darsteller mag stellenweise ungelenk und überfordert erscheinen, doch bei näherer Betrachtung spiegeln sich darin auf präzise Weise sämtliche Unsicherheiten, Ticks, Macken und Ängste wider, welche die Kinder aus dem Jahr 1960 unaufhörlich bis ins Jahr 1990 begleitet haben.
An eine limitierte Fernsehfilm-Ästhetik gebunden nutzt der Regisseur bedächtige Einstellungen und atmosphärische Kamerafahrten, durch die „It“ zum ungewöhnlichen Epos mutiert, das faszinierend zwischen überlanger Serien-Proportionalität und verdichteter Kino-Intensität pendelt. Ein großes Manko hierbei: Messen lassen muss sich Wallaces Film zwangsläufig an der gewaltigen Romanvorlage von Stephen King, auf der dieser Film beruht. Dass über 1000 Buchseiten auf gut 3 Stunden komprimiert wurden, lässt in der Dynamik zwischen den Figuren sowie der Dramaturgie innerhalb beider Zeitebenen immer wieder Lücken aufklaffen, die Wallace aufgrund seines handwerklichen Geschicks zumindest fähig überbrückt.
Retten kann aber auch er das miserable Finale nicht, welches der packenden Geschichte um eine Vision des Bösen, die auf ewig allgegenwärtig im Unterbewusstsein verankert sein sollte, einen unpassenden Abschluss spendiert, der sich in seiner banalen Auflösung mitsamt kitschigem Happy-End auf allen Ebenen falsch anfühlt. Ein außergewöhnliches, zutiefst atmosphärisches und angenehm schauderhaftes Experiment bleibt der Film aber trotzdem.
Strahlend einheitliche Häuserfassaden, weiß glänzende Gartenzäune und sauber gepflegte Vorgärten. Spätestens seit David Lynchs stilbildenden Meilenstein „Blue Velvet“ dürfte klar sein, dass die Idee der perfekten Vorstadtidylle in einem unschuldigen Amerika nichts weiter als eine Illusion ist, hinter der finsterste Abgründe lauern.
Auch dem 10-jährigen Michael, der mit seinen Eltern in den 50ern in eine neue Nachbarschaft zieht, ist dieses Setting nicht ganz geheuer. Die fröhlichen Songs, die aus dem Radio ertönen, sind eine Spur zu fröhlich, die sauber ausgesuchten und schick aufeinander abgestimmten Kleidungsstücke seiner Mutter wirken eher wie eine Verkleidung, um etwas zu verbergen und das Essen, das täglich auf Michaels Teller landet, erweckt einen ungemein zwiespältigen Eindruck, was die Herkunft des Fleisches anbelangt.
Wird man auf Bob Balabans Werk mit dem schlichten Titel „Parents“ durch seinen nicht ganz so schlichten deutschen Titel „Pfui Teufel! - Daddy ist ein Kannibale“ aufmerksam, dürfte das zentrale Geheimnis des Grauens schon vor der eigentlichen Sichtung keine wirkliche Überraschung mehr darstellen. Um eine möglichst schockierende Enthüllung ist der Regisseur in seinem ungewöhnlichen Horrorfilm allerdings auch kaum bemüht.
Mithilfe des exzellenten Drehbuchs von Christopher Hawthorne, in dem die heile Welt der amerikanischen Vorstädte satirisch niedergerissen und saftig durch den Fleischwolf gedreht wird, entpuppt sich „Parents“ schon alleine aufgrund der markanten Kombination von aufrichtigen Suburbia-Mythen und übersteigerten Schreckensmomenten als wahre Genre-Perle, die es aufgrund ihres eher unbekannteren Status unbedingt zu entdecken gilt.
Die eigentliche Handlung hüllt Balaban in ein regelrechtes inszenatorisches Fest. Hierfür erzeugt der Regisseur mit verblüffenden Einstellungen, von denen nahezu jede zweite gewaltiges Verstörungspotential besitzt, und einem brillant zusammengestellten Score, an dem unter anderem und womöglich als deutliche Referenz Lynch-Hauskomponist Angelo Badalamenti mitgewirkt hat, eine einzigartige Sogwirkung, die sich kaum beschreiben lässt.
Das Szenario in „Parents“ wirkt einerseits fremdartig entrückt, wenn sich Michaels Ängste, Visionen und Albträume zu einem undurchschaubaren Geflecht aus Realität und Einbildung vermischen, welches einer irrationalen Traumlogik folgt und bei dem das pure Grauen jederzeit in das vermeintlich Alltägliche kriecht. Andererseits unterwirft sich die gesamte Struktur des Films der besonderen Perspektive eines Kleinkindes, das die Welt ohnehin mit anderen Augen sieht und gewisse Ereignisse aus einem Blickwinkel betrachtet, der Gewöhnliches ständig in Fragwürdiges verwandelt.
Die meiste Zeit über hält Balaban den 10-Jährigen, der unter sozialer Isolation sowie introvertierter Verschüchterung zu leiden hat, ganz nah am schaurigen Mysterium der Eltern, die Michael für Menschenfleisch konsumierende Kannibalen hält. Im Finale, in dem die extremen Stimmungen schließlich ineinanderfließen und kräftig implodieren, wechselt der Regisseur unerwartet von bedrohlichem Schrecken zu souverän dargebotener Spannung, wodurch „Parents“ endgültig zum aufregenden Atmosphäre-Meisterwerk mutiert, das man als Horror-Fan gesehen haben muss.
Zwei junge Menschen treffen durch Zufall aufeinander, bleiben zunächst auf Distanz zum jeweils anderen und bemerken nach Momenten, in denen sie sich öffnen und näher kommen, doch noch so langsam, dass sich da etwas zwischen ihnen anbahnt. Die Geschichte von „Tramps“ ist älter als das Kino selbst und wird mit garantierter Sicherheit niemanden überraschen, der jemals auch nur einen Film gesehen hat, in dem es um die Liebe geht.
Wer Adam Leons zweites Werk als Regisseur und Drehbuchautor auf eine rein inhaltliche Ebene abtastet, wird kaum mehr als ausgetretene Erzählpfade, federleichte Klischees und Konfliktsituationen vorfinden, die etwas zu selbstverständlich in positivere Bahnen gelenkt werden. „Tramps“ veranschaulicht jedoch auf erfreuliche Weise, wie ein talentierter Filmemacher einen Stoff, der sonst für ungläubiges Stirnrunzeln und genervtes Augenrollen sorgen würde, alleine durch inszenatorische Feinheiten, geschickte Handgriffe und kleine Auffälligkeiten in etwas verwandelt, dem man sich als Zuschauer nur zu gerne nach kurzer Zeit hingibt und seine ganze Aufmerksamkeit schenkt.
Im Mittelpunkt der in New York spielenden Ereignisse befinden sich Danny und Ellie. Er stammt aus einem polnischen Elternhaus und lebt in eher ärmlicheren Verhältnissen, mit dem Traum vor Augen, als Chefkoch ein eigenes italienisches Restaurant zu eröffnen. Über Ellie gibt der Regisseur dagegen weniger Preis, sie ist eher der verschlossene, abweisende Typ Mensch und benötigt anfangs mindestens zwei Anläufe, um Danny etwas aus ihrem Leben zu erzählen, das auch wirklich der Wahrheit entspricht. Zusammengeführt werden die beiden aufgrund eines scheinbar kriminellen Geschäfts, bei dem sie eher unfreiwillig und nur des benötigten Geldes wegen als Dienstboten fungieren. Der Koffer, den sie ihrer Zielperson an einer U-Bahn-Haltestelle übergeben sollen, landet schließlich in den falschen Händen.
Alles deutet auf den klassischen Beginn einer Verwechslung mit drastischen Folgen hin, in die der Regisseur nebenbei Anleihen eines düsteren Gangster-Plots streut, bei dem zwielichtige Hintermänner um den sicheren Verbleib des Koffers bemüht sind. Leon schiebt dieses Handlungselement allerdings bewusst zur Seite und lässt es als eine Art MacGuffin neben der eigentlichen Geschichte mitschwingen, bis es gegen Ende geradezu antiklimatisch verpufft.
Deutlich beeindruckender gestaltet sich viel mehr der Umgang des Regisseurs mit seinen Figuren und dem Schauplatz New York. Trotz der Tatsache, dass Leon selbst gebürtiger New Yorker ist, rückt er seine Heimatstadt in ein unaufgeregtes, nur wenig glamouröses Licht und verzichtet größtenteils auf markante Sightseeing- und Touristen-Hotspots. In „Tramps“ gerät die Stadt stattdessen zum Ort der rasanten Momentaufnahmen, für die Danny und Ellie in vielen Szenen eingefangen werden, als befänden sie sich lediglich in verkleinerten Ausschnitten eines gesamten Bereichs, aus dem der Regisseur seine Hauptfiguren unentwegt mit kinetischem Antrieb in immer neue Ecken und Plätze treibt.
Mit einer hervorragenden Kameraführung, die durch ihre Bewegungsabläufe wie ein eigenständiger Charakter wirkt, welcher dem unfreiwilligen Duo auf ihrer Odyssee flexibel und aufgeregt zugleich auf Schritt und Tritt nicht mehr von der Seite weichen will, kommt der filmische Blick des amerikanischen Regisseurs eher dem eines Europäers gleich, der zuvor ungekannte Orte mit unerschöpflicher Energie erkundet.
Unerschöpflich scheinen auch Danny und Ellie zu sein, die von Callum Turner und Grace Van Patten souverän mit jugendlicher Rastlosigkeit gespielt werden. Ihre gemeinsame Suche nach Orientierung, Perspektiven und Lösungen ist das charmante Herz von „Tramps“, das zwischen all dem Rennen, Sprinten, Hetzen und Springen der zwei Protagonisten natürlich extra schnell schlägt, bis es nach 82 erstaunlich kurzweiligen Minuten kurz zur Ruhe kommen darf.
[...] Die vielschichtigen Aspekte einer ungewollten Teenager-Schwangerschaft werden in Juno hingegen frühzeitig zugunsten seichter Wohlfühl-Bausteine unter den Tisch gekehrt. Dass sich die Hauptfigur unverzüglich gegen das Kind entscheidet und vor dem Entschluss, ihr Neugeborenes zur Adoption freizugeben, kurzzeitig sogar eine Abtreibung in Erwägung zieht, verleiht dem Streifen zusammen mit der unbekümmerten Lebenseinstellung von Juno selbst zunächst eine widerspenstige, angeraute Atmosphäre, die so gar nicht zum inszenatorischen Stil von Reitman passen mag. Der Regisseur kleidet das Werk in knallige, bonbonfarbene Bilder, die zusammen mit dem fast schon penetrant eingesetzten Soundtrack, welcher ausschließlich aus akustischen Stücken besteht, eine markante Ästhetik hervorbringen, die bis heute verschiedenen Filmemachern dieses Genres als Blaupause dient. Mit den Figuren und Dialogen, die Cody in ihr Drehbuch geschrieben hat, harmoniert dieser Stil aber dafür umso weniger. Beinahe alle Charaktere in Juno, vor allem die Jugendlichen, sprechen in einer Art, die sich nur als realitätsfremd beschreiben lässt. Altkluge Referenzen durch die Kunst- und Kulturgeschichte, Vorlieben für längst vergessene oder gerne übersehene Schätze aus dem Film- oder Musikbereich sowie gestelzte, aufgesetzt wirkende Ausdrücke sind viel mehr das Resultat einer Autorin, die ihren Kreationen Worte in den Mund legt, welche sie selbst gerne äußert oder hören würde. Wirkliche, greifbare Probleme der Hauptfigur bleiben dabei kaum mehr als angerissene Randnotizen, über die die Drehbuchautorin ihre verzerrte Vorstellung einer mehr als fragwürdigen Realität stülpt. In dieser lösen sich Konflikte nach nur wenigen Minuten in Luft auf oder reagieren Väter nach der Schwangerschaftsbeichte ihrer minderjährigen Tochter mit einem flotten Witz auf den Lippen, während ganz am Ende, vor dem sich zumindest für kurze Zeit so etwas wie glaubwürdige Dramatik einstellt, ein versöhnlicher Ausgang wartet, in dem alle verbleibenden Fragen zugunsten einer schlichten Gitarren- und Gesangseinlage über den Haufen geworfen werden. [...]
Die großzügige Narrenfreiheit, mit der sich Adam Sandler in insgesamt acht Filmen unter dem Dach des Streaming-Dienstes Netflix austoben darf, bringt auch in der mittlerweile dritten Veröffentlichung aus diesem Deal weiterhin seltsamste Irritationen zum Vorschein. Wer den umstrittenen Komiker und Schauspieler nach Filmen wie „Jack and Jill“, „That’s My Boy“ oder den beiden „Grown Ups“-Teilen, in denen Brachialhumor der geschmackloseren Sorte dominierte, endgültig verteufelt hat, dürfte von „Sandy Wexler“ abermals überrascht werden.
Als Mischung aus romantischer Komödie, einem Einblick ins wahnwitzige Showgeschäft des Los Angeles der 90er Jahre und einem exzentrisch-verschrobenen Charakterporträt lässt sich der Film zwar grob umschreiben. Bei näherer Betrachtung und schon nach kurzer Zeit offenbart sich das Werk unter der Regie von Steven Brill aber viel mehr als absurder Entwurf einer schrägen Parallelwelt, in der es sich Sandler nach Lust und Laune bequem macht und nach seinen ganz eigenen Regeln spielt.
Wie gewohnt stellt „Sandy Wexler“ für den Hauptdarsteller in erster Linie die Möglichkeit dar, unzählige Stars vor der Kamera zu versammeln, von denen viele Auftritte eher als Cameos zu verbuchen sind. Durch das muntere Schaulaufen bekannter Gesichter, die einem in den Sandler-Filmen der letzten Jahre wiederholt begegnet sind, strahlt Brills Film einen bewusst familiär gehaltenen Tonfall aus, der durch den naiv-unbekümmerten Umgang nur noch weiter verstärkt wird.
Neben erwartbaren Stammgästen wie Kevin James, Rob Schneider oder Terry Crews ist es aber Sandler selbst und seine Darstellung der titelgebenden Hauptfigur, die den Schlüssel zum Zugang in diesen Film darstellt. Das aus der Mode und aus der Zeit gefallene Erscheinungsbild sowie die bizarr überspannte Stimme des Talentmanagers werden dabei nur noch von dessen charakterlichen Ticks und Macken übertrumpft. Sandler spielt diesen Sandy Wexler, der an seinen realen Manager Sandy Wernick angelehnt ist, als nahezu unerträglichen Zeitgenossen, der lügt wie gedruckt und sich in fast jedem seiner Sätze selbst widerspricht.
Gleichzeitig besitzt er ein Herz aus Gold, das fast ausschließlich für seine Klienten schlägt. Zeigt sich bei ihnen Erfolg, stellt sich bei Sandy eine kindliche Verzückung ein, die er seinem Umfeld überdeutlich zum Ausdruck bringt. Diese Figur, die Sandlers typischer Vorliebe für vernachlässigte, von der Gesellschaft mit Missachtung gestrafte Außenseiter entspricht, ist das wild wuchernde Zentrum von „Sandy Wexler“. Und es funktioniert, da der Schauspieler seine Rolle mit all ihren offensichtlichen Mängeln und Schattenseiten ernst nimmt und seinem Publikum auf konsequente Weise näher bringt.
Aufgrund ihrer markanten Widersprüchlichkeit nimmt die Hauptfigur somit auch den Charakter der gesamten Ereignisse um sie herum ein. In der Handlung, die sich zu einem großen Teil um das Verhältnis zwischen Sandy und seiner neuen Klientin, der aufstrebenden Sängerin Courtney, dreht, findet kitschige Romantik beispielsweise ebenso ihren Platz wie eine kurze Splatter-Einlage. Anstößiger Gross-out-Humor weicht dabei vollständig einer Spielwiese von kleineren Anti-Pointen, provokant ausgedehnten Späßen und einem herrlich abstrusen Running-Gag, während das nostalgisch gefärbte Setting das Lebensgefühl der 90er vortrefflich einfängt.
Ein wesentlicher, negativer Nebeneffekt dieses anarchischen Freifahrtscheins zeigt sich hingegen in Form der episch aufgeblähten Laufzeit von 130 Minuten. Vor allem im letzten Drittel erweist sich der Streifen hierdurch als Ausdauertest, der vorangegangene Konzepte widerkäut, erzählerisch ohnehin längst auf der Stelle tritt und unnötig behäbig in den Abspann überleitet. Um eine gute halbe Stunde gekürzt wäre „Sandy Wexler“ der beste Sandler-Film seit langer Zeit geworden.