Patrick Reinbott - Kommentare

Alle Kommentare von Patrick Reinbott

  • 7
    über Passion

    Völlig zu Unrecht gescholten entpuppt sich "Passion" nach einer Zweitsichtung und vor allem ausführlicher Beschäftigung mit einigen seiner bisherigen Arbeiten viel mehr als lockere Fingerübung De Palma´s, der seine Inszenierungskünste fast schon verschwenderisch einsetzt.
    Mitnichten ist De Palma jedenfalls am oftgenannten Argento-Syndrom erkrankt. Rein handwerklich ist der Streifen immer noch besser als fast alles, was Argento in den letzten gut 20 Jahren gemacht hat.
    Mit schierer Freude fädelt er das Zickenduell zwischen den beiden Hauptfiguren ein, inszeniert überwiegend fast nur in Räumen und bietet auch in Sachen Farbspiel einige wirklich schöne Kreationen. Der Score von Pino Donaggio wirkt, als käme er 20 Jahre zu spät und wirkt herrlich aus der Zeit gefallen, untermalt den Streifen aber wirklich sehr schön.
    Dass Schauspiel- und Dialogführung nicht unbedingt die Stärken in den selbstgeschriebenen Drehbüchern von De Palma sind, wird hier aber auch wieder mal deutlich. Während Rachel McAdams in ihrer Rolle als Miststück sichtlich großen Gefallen hatte, wirkt Noomi Rapace einfach zu steif und ernst, so dass sich die typische Erotik, die De Palma öfters in seine Filmen miteinbringt, zwischen diesen beiden Frauen nicht entfalten kann. Da macht selbst unsere Karoline Herfurth im Vergleich direkt eine bessere Figur. Auch die Dialoge sind immer mal daneben, aber eher nur als Beiwerk zu gebrauchen.
    Nach dem eher konventionelleren, aber fein inszenierten Zickenkrieg treibt De Palma sein Werk nach einer brillanten Split-Screen-Sequenz erstmal in ein verunsicherndes, fast schon banales Whodunnit-Schema, nur um sich gegen Ende dann so extrem in wechselnde Bewusstseinsebenen, Traum-im-Traum-Mechaniken und Plottwists reinzusteigern, dass der Zuschauer leicht verwirrt und benebelt in den Abspann gestoßen wird.
    "Passion" ist eine lockere Fingerübung von Brian De Palma, der zeigt, dass er in seinem Fachgebiet kaum an Können eingebüßt hat. Die gelegentlich etwas over-the-top bzw. leicht trashig anmutende Geschichte und die etwas ungelenke Schauspielführung kaschiert er, in dem er seine typischen Stilmittel fast schon selbstparodistisch sicher in den Film schleudert, was vor allem gegen Ende zu einem verunsichernden Rausch führt, der manch einem übel aufstoßen lässt.

    5
    • 9

      Nachdem Regisseur Brian De Palma in den 90ern kaum die Sorte von Thrillern abgeliefert hat, die man von ihm aus den 80ern gewohnt war, kam 2002 von ihm "Femme Fatale".
      Bereits beim Einstieg macht De Palma keine Kompromisse. Während er beispielsweise in seinem "Mission: Impossible" die spektakuläre Langley-Einbruchssequenz als klaren Höhepunkt in die Mitte setzte, eröffnet er "Femme Fatale" bereits mit einem ähnlichen Knall. Die fast 20-minütige Heist-Szene während den Filmfestspielen in Cannes als Eröffnung ist so perfekt gefilmt, montiert und musikalisch von Ryuichi Sakamoto untermalt, dass einem angesichts des Spannungsaufbaus und allgemein filmischen Perfektion schier der Mund offen steht.
      Was danach folgt, ist bereits ein kleiner Bruch, bei dem De Palma nach einem weiteren kurzen Spannungsfeuerwerk ein für ihn typisches Thriller-Spiel startet, das von erotischer Obsession, Verwechslung, Täuschung, Verwirrung sowie typischen De Palma-Stilmitteln wie Split-Screens, Zeitlupen, Tracking-Shots oder Close-Ups geprägt wird.
      Mehrfach wechselt De Palma zwischen Handlungsebenen und erzählerischen Winkeln, um die Geschichte möglichst komplex zu halten, auch wenn sie vielleicht ein wenig anspruchsvoller erscheint, als letztendlich enttarnt.
      Im finalen Twist liegt dann auch das größte Diskussionspotential des Films offen. Den Kritikern, die dachten, De Palma nehme sicher wieder einen Hitchcock-Zitate-mäßigen Ausstieg aus der Handlung, zeigt der Regisseur seine wohl mittlerweile entwickelte Alles-Egal-Haltung und streckt hier allen die Zunge raus. Während man als Zuschauer die meiste Zeit des Films über rätselt, wer hier am Ende wohl im aufgebauten Verwirrspiel als Sieger hervorgeht, ist es allein der Regisseur, der diesen eigentlich völlig hanebüchenen Endclou zusätzlich sogar mehrfach im vorangegangen Verlauf offenlegt.
      "Femme Fatale" kann ruhigen Gewissens als bisherige Quintessenz im Schaffen von Brian De Palma bezeichnet werden. Ein Erotik-Thriller-Verwirrspiel mit meisterhafter Inszenierung, das den Zuschauer ununterbrochen zu fesseln weiß. Wer sich während der Sichtung an den durchaus offensichtlichen Logiklücken stößt, wird von De Palma am Ende mit ausgestrecktem Mittelfinger zurechtgewiesen. Ein Meisterwerk, dass sich schlussendlich irgendwo zwischen "Shutter Island" oder "Mulholland Drive" einordnet.

      11
      • 9

        Mitte der 80er war Brian De Palma bei Kritikern relativ verhasst. Statt sich den Vorwürfen der übermäßigen Verwendung von Sex und expliziter Gewalt zu beugen, legte er aber lieber noch einen drauf und drehte "Body Double".
        Auf geniale Art und Weise fährt De Palma in seinem Werk alles auf, was ihn auszeichnet und überhöht zudem noch an ihm kritisierten Stilmittel. Auf die sexuellen Vorwürfe reagiert er, indem er einen Teil der Handlung direkt in die Pornobranche verlegt. Auch eine Gewaltszene als Höhepunkt ist so exploitation-artig überzeichnet, dass man sich fast in einem billigen B-Movie erwähnt, die Filmsparte, in der Hauptfigur Jake sein Geld verdient.
        Die Hitchcock-Anleihen sind natürlich auch wieder an Bord, diesmal mischt De Palma "Rear Window" und "Vertigo". Dabei gehen die Kernelemente der beiden Filme so fließend ineinander über, dass man am Ende wahrscheinlich doch wieder überrascht wird und erfolgreich von De Palma hinter´s Licht geführt wurde.
        Absolut meisterhaft ist auch eine fast 20-minütige Verfolgungssequenz, bei der fast vollständig ohne Dialoge nur durch die Kamerabewegung und die Reaktionen auf den Gesichtern der Figuren eine unglaubliche Spannung erzeugt wird, einfach De Palma in perfekter Reinkultur.
        "Body Double" ist erneut ein typischer De Palma-Film. Ein wilder Thriller, in dem Zitate, Filmmechaniken und Anspielungen vermengt, ständig Erwartungen unterlaufen und gewisse Stilmittel fast schon provokant überhöht werden.

        13
        • 7

          "Blow Out" ist die persönliche Hommage von Brian De Palma an Antonionis´s "Blowup".
          Bereits der famos inszenierte Einstieg gibt die Marschrichtung vor. John Travolta als Tontechniker Jack muss hier der Frage nachgehen, was der Wahrheit entspricht und findet sich in einem Netz aus politischer Korruption, Vertuschung und Mord wieder.
          Genauso wie es Jack´s Beruf ist, Filme perfekt zu vertonen, schafft es auch De Palma hier wieder, durch seine einwandfreie Regie inszenatorische Highlights einzustreuen, bei denen auch die Wirkung der Tonebene für intensive Momente sorgt.
          Die Handlung gerät ansonsten hier und da immer mal ins Stocken und der Streifen ist dann vielleicht ein Tick zu sehr gewöhnlicher Verschwörungsthriller. Nebenbei überzeugt aber das Zusammenspiel von John Travolta und Nancy Allen, die eine schöne Chemie entwickeln. Besonders in Nancy Allen kann man sich eigentlich wieder nur verlieben. Besonders zynisch und bitter ist das Finale geraten, dass De Palma wieder mal auf dem Höhepunkt seiner handwerklichen Fähigkeiten zeigt und einen herben Schlusspunkt setzt.
          "Blow Out" ist ein vor allem handwerklich packender Thriller, der immer wieder mal mit Spannungsarmut und dem zu gewöhnlichen Plot zu kämpfen hat. Die Inszenierung, der Cast und einige, kleine Höhepunkte sorgen aber trotzdem für einen gelungenen Film, der eindeutig die Handschrift von Brian De Palma trägt.

          10
          • 8

            Brian De Palma wird ja öfters beispielsweise vorgeworfen, er sei nur ein seelenloser Hitchcock-Plagiator, doch bereits "Dressed to Kill" offenbart, was sich für ein wunderbarer Regisseur in dem Mann verbirgt.
            Es stimmt schon, der Film hat extrem offensichtliche Anleihen an verschiedene Werke von Hitchcock. Am deutlichsten lässt sich hier sicherlich "Psycho" nennen, hinzu kommt das Motiv der rätselhaften Blondine aus "Vertigo" oder Blicke von Figuren durch Ferngläser auf Ereignisse erinnern unweigerlich an "Rear Window".
            Mit was für einem unglaublich stilistischen Feingefühl De Palma sein Werk allerdings entwirft, kann man als Thriller-Fan eigentlich nur lieben. Sein persönliches Hitchcock-Best-of reichert er mit schmutzigen Sex-Motiven an, unterwandert gezielt die Erwartungshaltung des Zuschauers und kreiert so einen unwiderstehlichen Thriller-Cocktail.
            Auf diesen Cocktail presst De Palma dann noch die Muster-Schablone der italienischen Gialli, so dass sich Liebhaber an Rasiermessern als Tatwaffe und schwarzen Handschuhen erfreuen dürfen.
            Highlights bleiben über allem dann noch die atemberaubenden Spannungssequenzen, von denen De Palma eine Handvoll großzügig über den Film verteilt. Wortlose Obsessionen im Museum, das blanke Grauen im Fahrstuhl oder der doppelte Horror im Bahnhof. De Palma schafft in Sachen makelloser Bildsprache absolut beeindruckende Szenen, baut Zeitlupen, überhöhte, traumähnliche Lichtgebung, anregende Split-Screens und minutenlange Kamerafahrten in das Geschehen ein. Wenn er dann nach dem eigentlichen Finale noch einen verspäteten Höhepunkt nachschiebt, bei der die Duschszene aus "Psycho" als scheinschockierender Schabernack nachgestellt wird, muss eigentlich jeder anerkennen, dass De Palma mehr als ein seelenloser Plagiator ist.

            14
            • 8
              über Blow Up

              "Blowup" von Michelangelo Antonioni ist seit seinem Erscheinen damals 1966 zu einem regelrechten Kultfilm avanciert.
              Der Film ist allein von seiner Wirkungsweise her ziemlich speziell. Unter dem Vorwand eines Thrillers bekommt man hier zunächst eher die Bestandsaufnahme eines bestimmten Zeitgeistes zu sehen. In der ersten Hälfte des Streifens hat Antonioni mehr Interesse daran, in Stimmungen und Zuständen zu schwelgen. Die Routine der Hauptfigur Thomas, wunderbar von David Hemmings gespielt, der als Photograph arbeitet, entpuppt sich als ödes, gelangweiltes Abklappern von Stationen. Erst als er ein augenscheinliches Pärchen mitten in einem verlassenen, wunderschönen Park ablichtet, tritt ein Wendepunkt in sein Leben. Die Frau verlangt von ihm die Herausgabe der Fotos und als er diese entwickelt und konzentriert betrachtet, wird alles noch viel verdichteter.
              Genau an diesem Punkt im Film stellt sich auch beim Zuschauer des Films ein Aha-Effekt ein. Thomas, der die Bilder ganz genau betrachtet, fast schon penibel untersucht, wartet darauf, wie sie sich ganz langsam entwickeln. Dieses Muster lässt sich ebenfalls auf den Film an sich reflektieren, auch als Zuschauer schaut man langsam zu, wie sich der Film entwickelt und was man sieht bzw. nicht sieht. Das fortan entsponnene Spiel um Realität und Illusion wird ebenfalls mit einer spröden, fast schon anti-dramaturgischen Weise erzählt, lediglich der Schluss ist nochmal ein herrlich surrealer Denkanstoß.
              Es ist verständlich, dass viele dem Streifen Spannungslosigkeit vorwerfen. "Blowup" lebt von seiner extrem subtilen Machart, den Andeutungen und Betrachtungsweisen, die bei jedem Zuschauer unterschiedlich wirken. Von unbestreitbarer Qualität ist die Inszenierung. Die Bilder sind wunderbar durchkomponiert, dazu kommt ein lässig-eleganter Jazz-Soundtrack von Herbie Hancock.
              "Blowup" ist ein Film, der sich dem Zuschauer zunächst verständlicherweise verschließen könnte, denn man sollte ihn nach der Sichtung zunächst etwas wirken lassen. Nur so kann man Gefallen finden an dieser schön inszenierten, toll gespielten Mischung aus Zeitgeistporträt und Spiel um Realität und Fiktion, die durch die subtile Herangehensweise und das fast schon vollständige Verweigern einer klassischen Spannungsdramaturgie seinen ganz eigenen Reiz entfaltet.

              13
              • 6

                Mit "The Double" von Richard Ayoade bekommt man neben "Enemy" wieder mal einen Film der letzten Zeit, der sich um Doppelgänger dreht.
                Schon der Einstieg gestaltet sich alles andere als zugänglich. Ayoade nimmt hier inszenatorisch deutliche Anleihen an Terry Gilliam, vom Look her sieht der Film sehr düster aus und spielt eigentlich immer nur nachts. Der Streifen ist ziemlich hektisch und leicht anstrengend in Szene gesetzt, Ayoade will viel, überlädt seinen Streifen aber dadurch irgendwie zu stark.
                Auch die Geschichte will keine klare Linie finden. Mal ernst, mal humorvoll findet Ayoade hier nicht den richtigen Ton. Man glaubt stellenweise, irgendwo tief drin verbirgt sich ein wirklich gelungener Film, er mag aber nie so richtig zum Vorschein kommen.
                Jesse Eisenberg spielt seine Doppelrolle sehr gut und er ist es auch, der so ein wenig den treibenden Motor des Films darstellt. Mia Wasikowska schaut man auch gerne zu, sie bleibt hier insgesamt aber etwas unter ihren Möglichkeiten.
                "The Double" hat sicherlich gelungene Ansätze und einen tollen Hauptdarsteller. Mit der überladenen, teils anstrengenden Inszenierung und der inhaltlich uneinheitlichen Erzählung verhebt sich Regisseur Ayoade allerdings ein wenig und liefert so einen passablen, aber weit unter seinen Möglichkeiten bleibenden Film ab.

                11
                • 8

                  Wenn im Vorspann bereits endlich mal wieder "Written, Directed & Edited by Ti West" zu lesen ist, ist die Vorfreude bei Genre-Fans zurecht auf Anschlag.
                  Mit "The Sacrament" begibt sich West in das mittlerweile fast schon allseits verhasste Found-Footage-Genre. Dabei gelingt es ihm trotzdem erneut, mit fast schon beängstigender Inszenierungskraft, zu beweisen, dass er nicht ohne Grund einer der momentan meistgeliebtesten Horror-Regisseure ist.
                  Zunächst fallen die charismatischen Figuren auf, die West einfach perfekt schreiben kann. Hinzu kommen flüssige Dialoge, bei denen nach und nach die Neugierde steigt. Unterstützt von einem fantastischen Score dreht West die Spannungsschraube kontinuierlich an, auch wenn sich hier für längere Zeit praktisch kein wirklicher Horror bemerkbar macht. Ein Highlight des Streifens ist auf jeden Fall Gene Jones, der den sogenannten "Father", eine Art Anführer der Gemeinde, beängstigend gut spielt. Bereits früh kommt es so zu packenden, intensiven Momenten.
                  Dann kommt das letzte Drittel. Wer es schafft, möglichst unbefangen und ohne Vorwissen an den Film ranzugehen, bekommt hier handlungstechnisch einen Hammerschlag geboten. West´s Umgang mit dem Thema entwickelt sich plötzlich zu einem dermaßen radikalen, eiskalten, brutalen Werk, dass einem an manchen Stellen fast der Atem stockt. Immer wieder beeindruckend ist es auch, wie West den Horror aus den Untiefen der Menschheit herausdestilliert, weshalb das Geschehen in einen schockierend realen Mantel gehüllt wird, der einen extrem betroffen machen kann. Überhaupt gab es in letzter Zeit wenige Filme, die "The Sacrament" in Sachen Spannung, Kompromisslosigkeit und Intensität das Wasser reichen können.
                  "The Sacrament" ist der nächste Volltreffer von Ti West. Ein perfekt umgesetzter Found-Footage-Horror-Thriller, der einen durch seine Radikalität und Spannungsdichte bis zum Ende packt.
                  P.S.: UNBEDINGT die knappe Handlungsinformation hier bei MP meiden! Ein wesentlicher Knackpunkt der Handlung wird hier vorweggenommen, der einem einen großen Überraschungsteil kaputt macht.

                  9
                  • 3 .5

                    Das aktuellste Werk von Dario Argento ist eine Adaption des klassischen Stoffs von Bram Stoker: "Dracula 3D"
                    Dass Argento momentan in einer Formkrise steckt, kann man mittlerweile offiziell anerkennen, daher war die Frage im Vorfeld eher, wie mies sein neuester Film wird. Die Antwort fällt immerhin nicht ganz so vernichtend aus.
                    Von den Kulissen und Effekten her ist dies klar Argento´s am billigsten aussehender Film. Absolut grässliche CGI-Kulissen und miese Effekte lassen fast zu keiner Zeit das Budget von gut 5 Mio. Euro vermuten. Allerdings ist es im Gegensatz zur Obergurke "Giallo" ein kleiner Aufwärtstrend, dass Argento anscheinend wieder Interesse an abgründigeren Bildern gefunden zu haben scheint. Dass sich Dracula hier in verschiedene Tiere oder Insekten verwandeln kann, ist eine gar nicht mal schlechte Idee, die eben nur zu schlecht umgesetzt wurde. Auch eine farblich übersättigte Traumsequenz lässt schemenhaft den alten Argento durchschimmern.
                    Der vielgescholtene Thomas Kretschmann liefert als Dracula für mich sogar vom gesamten Cast her die beste Performance ab und hätte ruhig noch ein bisschen mehr Screentime vertragen können. Rutger Hauer geht in Ordnung, taucht aber erst nach gut 75 Minuten auf und hat nicht viel zu tun. Der Rest vom Cast ist aber wieder mal indiskutabel unterirdisch. Dafür, dass Töchterchen Asia mittlerweile zum vierten mal in einem Film vom Papa mitwirkt, liefert sie auch noch ihre schlechteste Darbietung überhaupt bisher ab, was schon eine Leistung für sich ist.
                    Auch einer, auf den im Bezug auf Argento bisher eigentlich immer Verlass war, enttäuscht hier. Der Score von Claudio Simonetti ist in den besten Momenten ganz nett, oftmals einfach nur eine Katastrophe.
                    Allgemein ist es kein übles Konzept, dass Dario Argento mit "Dracula 3D" im Jahr 2012 einen altmodischen Film abliefern wollte, der wie aus den 50ern oder 60ern wirkt. Auch dass er hier und da wieder etwas mehr Stilwillen zu düsteren, abgründigeren Bildern zeigt, ist ein positives Zeichen. Leider sind die Effekte und Kulissen absolut unterirdisch, der Cast bis auf Ausnahmen grottenschlecht, die Dialoge meist ein Witz und die Laufzeit von 110 Minuten mindestens 25 Minuten zu viel. Vom teilweise katastrophalen Score von Claudio Simonetti ganz zu schweigen. So reicht es erneut nicht mal ansatzweise für einen guten Film, im Gegensatz zu "Giallo" kann ich diesem Werk lustigerweise allerdings sogar einen Aufwärtstrend zugestehen.

                    9
                    • 2 .5
                      über Giallo

                      Man dachte schon, Dario Argento hätte seinen Tiefpunkt bereits erreicht, da legte er 2009 noch "Giallo" nach.
                      Beim Titel könnte man sogar noch denken, Argento ist in das von seinen Fans und ihm selbst so geliebte Genre zurückgekehrt, doch weit gefehlt. "Giallo" kann man sich ungefähr wie einen schlechten, internationalen "Tatort" vorstellen, der mit völlig überflüssigen Torture-Porn-Einschüben garniert wurde.
                      Mittlerweile ist wirklich gar nichts mehr von Argento´s Markenzeichen übrig geblieben, der Streifen ist völlig saft- und kraftlos inszeniert, was zu der völlig belanglosen Handlung passt. Der Handlungsstrang rund um die Ermittlungsarbeit der Hauptfigur ist fast schon provokativ langweilig.
                      Was Adrien Brody geritten hat, hier mitzuwirken, bleibt mit das größte Rätsel an dem Film. Zudem spielt er auch noch eine Doppelrolle, was doppelt ärgerlich wird: Als Ermittler darf er im fast schon komatösen Zustand rauchend von einer Szene zur anderen schleichen, hin und wieder spult er sein traumatisches Kindheitserlebnis runter. Noch viel drastischer ist allerdings seine Darstellung des Psychopathen. Durch die billige Maske und den absolut grässlichen Dialekt ist der Killer in "Giallo" sogar ein Anwärter auf einen der lächerlichsten Bösewichte der Filmgeschichte. Auch eine Emmanuelle Seigner, die ich kürzlich erst z.B. in Polanski´s "La Vénus à la fourrure" in wirklich guter Form gesehen hab, spielt hier absolut daneben und overacted furchtbar.
                      "Giallo" ist in allen Belangen eigentlich eine Katastrophe. Ein unglaublich langweiliger Krimi mit unnötigen Torture-Porn-Einlagen, der durch die lustlose Inszenierung Argento´s, das schlechte Skript und die absolut unterirdischen Schauspielleistungen zu einer Geduldsprobe für alle Argento-Fans wird.

                      8
                      • 3

                        Nach ganzen 27 Jahren lieferte Dario Argento 2007 dann doch noch den Abschluss seiner Trilogie der drei Mütter.
                        Selbst als großer Fan von Argento lässt sich hier allerdings kaum noch was schön reden. Scheinbar hat der gute Mann schon jegliches inszenatorisches Talent über Bord geworfen. Die ausgefeilte, prägnante Farbdramaturgie, die traumähnliche Atmosphäre und die kunstvollen Kamerafahrten der beiden anderen Meisterwerke seiner Drei-Mütter-Trilogie sucht man hier vergebens.
                        In wirklich minimalen Momenten, hauptsächlich am Anfang und am Ende, blitzt ein kleiner Teil der typischen Atmosphäre von Argento durch. Dafür ist vor allem der Mittelteil absolut ultra lahm geraten, der bis dahin als Okkult-Horror-Splatter angeteaserte Film verkommt zu einem verquatschten Krimi mit keinerlei Höhepunkten oder gar irgendwelchen Spannungsmomenten. Die meisten Dialoge sind eher absolut grottig, die Darsteller agieren durch die Bank weg unterirdisch. Die öde Langeweile versucht Argento dann noch mit überzogenem Splatter-Quark zu kaschieren. Wenn man auf seine älteren Werke zurückblickt, wo es ihm teilweise über viele Minuten gelang, eine immense Spannung aufzubauen, bevor der Killer zuschlägt, ist es hier das erschreckende Gegenteil. Die Morde passieren völlig unvermittelt und sind extrem ausgedehnt in ihrer (immerhin handgemachten) Brutalität. Nicht mal als ernster Trash ist der Film zu betrachten. Argento nimmt sein Finale so unglaublich ernst, so dass ich locker 4 mal lachen musste aufgrund der unfreiwilligen Komik, die hier teilweise entsteht.
                        Einzig positiv neben den erwähnten minimalen Atmosphäre-Einsprengseln ist der stimmige Score von Claudio Simonetti, der an alte, bessere Zeiten von Argento erinnert. Und der Affe.
                        "La Terza Madre" ist zwar das Finale einer Trilogie, doch mit "Suspiria" oder "Inferno" darf man den Film zu keiner Sekunde auch nur ansatzweise vergleichen. Argento ist hier auf dem Tiefpunkt seiner Fähigkeiten angelangt und liefert eine Mischung aus Langeweile, unfreiwilliger Komik und Splatter-Quark, über die man besser den Mantel des Schweigens hüllen sollte.

                        8
                        • 7 .5

                          Mit "Non ho sonno" wollte Dario Argento im Jahr 2001 wohl nochmal zu seinen Wurzeln zurück und schuf so einen Giallo nach Lehrbuch.
                          Zunächst mag man seinen Augen und Ohren kaum trauen: Argento inszeniert, als sei er nie im Jahr 2001 angekommen. Schon der Einstieg mit der Mordsequenz im Zug erinnert an Großtaten aus den 70ern oder 80ern. Zusätzlich hat Argento es geschafft, die bereits aufgelöste Band Goblin nochmal zusammenzutrommeln. Der Soundtrack ist wie von der Gruppe gewohnt eine atmosphärische Wucht und schafft den perfekten Klangteppich für Argento´s Neo-Giallo.
                          Der Film ist durchzogen von klassischen Argento-Motiven und Stilmitteln, seien es die Tiere, ein Kinderlied, nach dem der Killer mordet oder ein Schlüsselereignis, das auf die Fährte des Täters führt. Mit Max von Sydow bekommt man zudem einen wirklichen Sympathieträger in der Rolle des gealterten Ermittlers. Allein die Szenen von ihm, in denen er in seiner Wohnung allein mit seinem Papagei spricht und über den Fall grübelt, sind wirklich unterhaltsam und lockern die ansonsten brutalen Mordsequenzen auf.
                          Auch diese sind nach altem Schema inszeniert und auch wenn der Look natürlich insgesamt nicht mehr ganz so edel wie Jahrzehnte zuvor ist, was klar sein sollte, gelingen Argento hier trotzdem einige wirklich schöne Kamerafahrten und Regiekniffe.
                          "Non ho sonno" war für mich wirklich eine positive Überraschung. Argento kehrt zu seinen Wurzeln zurück und liefert einen stimmigen Neo-Giallo ab, bei dem über seine fast 2 Stunden Laufzeit kaum Längen entstehen. Ein gut aufgelegter Max von Sydow, ein fantastischer Goblin-Score sowie atmosphärisch packende Mordsequenzen mitsamt einigen wirklich gelungenen Regie-Einfällen ergeben für mich den besten Argento, zumindest von denen die ich gesehen hab, seit "Opera" von 1987.

                          5
                          • 6 .5

                            Nach "Trauma" wendete sich Dario Argento eher dem Giallo ab, um in "La Sindrome di Stendhal" eine Mischung aus Psycho-Thriller und Rape n´ Revenge zu schaffen.
                            Wirklich positiv ist vor allem die erste Hälfte gelungen. Argento´s Umgang mit dem titelgebenden Stendhal-Syndrom ist sehr gelungen und so sorgt er für äußerst atmosphärische Szenen, in denen die Verschmelzung von Realität und Fiktion auf gekonnt surreale Art und Weise umgesetzt wurde.
                            Auch Thomas Kretschmann als Serienvergewaltiger- und mörder hat eine beängstigende Präsenz und kann in seinen Szenen überzeugen. Hier gibt es einige wirklich sehr harte Szenen zu sehen, in denen Argento die Gewaltschraube ordentlich aufdreht. In der Hauptrolle wurde wieder Asia Argento besetzt, die zwar besser spielt als in "Trauma", insgesamt aber immer noch keine wirklich überzeugende Darstellung bietet. Nach langjährigem Streit hatte sich Argento auch wieder mit Ennio Morricone versöhnt, der hier mal wieder für die Musikuntermalung sorgte, die wirklich gelungen ausgefallen ist.
                            Großer Mangel des Streifens ist dann schließlich die zweite Hälfte des Films, in der der Handlungsfluss durch einen erzählerischen Bruch äußerst zäh gerät. Der Film zieht sich hier teilweise wirklich sehr in die Länge und Argento kann stilistisch wie atmosphärisch kaum noch an die sehr gute, erste Hälfte anknüpfen.
                            "La Sindrome di Stendhal" ist ein eher zweischneidiges Schwert. Insgesamt ist der Streifen aufgrund der wirklich überzeugenden ersten Hälfte wieder eine deutlichere Steigerung gegenüber dem misslungenen "Trauma". Auch ist es positiv anzumerken, dass sich Argento mal in für seine Verhältnisse eher neueren Genres ausprobierte. Die schwache zweite Hälfte macht dann aber viel von dem positiven Gesamteindruck wieder zunichte.

                            6
                            • 4 .5

                              Ab der Schaffensphase von Dario Argento in den 90ern hat der Regisseur bereits einiges an Kritik einstecken müssen. Mit "Trauma" von 1993 hat man allerdings direkt das erste Indiz, dass diese Kritik vielleicht gar nicht mal so unberechtigt ist.
                              Der in den USA gedrehte Film ist inhaltlich an seine typischen Gialli angelehnt. Waren die früheren Filme von Argento storytechnisch auch nicht immer eine Offenbarung, hatten sie zumindest den einzigartigen Regie-Stil, der aus jedem ein besonderes Erlebnis machte.
                              Bei diesem Film ist von Argento´s unverkennbarer Stilistik allerdings kaum noch etwas zu erkennen. Hin und wieder hat der Streifen noch einige wirklich gelungene Kamerafahrten zu bieten, doch ansonsten unterscheidet er sich kaum von ödem Einheitsbrei. Alle Darsteller agieren fast durchwegs hölzern oder blass, auch Argento´s Tochter Asia in ihrer ersten Hauptrolle kann hier nicht so wirklich überzeugen.
                              Gelegentlich blitzt etwas von der alten Atmosphäre durch, doch auch die Auftritte bzw. Morde des Killers sind, bis auf das ungewöhnliche Mordwerkzeug, relativ unspannend und knapp ausgefallen.
                              Auch die Musik, die sonst einen erheblichen Teil zur Atmosphäre in Argento´s Werken beiträgt, ist hier zu großen Teilen enttäuschend und unspektakulär ausgefallen. Zudem ist der Film mit fast 2 Stunden Laufzeit viel zu lang geraten und hat immer wieder Passagen, die wirklich langweilig sind.
                              Selbst als Fan muss ich einfach sagen, dass "Trauma" kaum etwas von dem zu bieten hat, wofür man Dario Argento sonst so sehr schätzt. Bis auf einige atmosphärische Einlagen und schicke Kamerafahrten ist der Streifen ein belanglos inszenierter, oftmals langweiliger Giallo, den man definitiv nicht gesehen haben muss.

                              6
                              • 9
                                über Enemy

                                Nach seinem intensiven, hochspannenden Thriller-Meisterstück "Prisoners" legt Regisseur Denis Villeneuve nun nach und bringt uns "Enemy".
                                Gedreht wurde der Streifen allerdings vor "Prisoners", die beiden Werke könnten nicht unterschiedlicher sein. "Enemy" ist ein ultra langsam inszenierter, sperriger Arthouse-Film, mit dem Villeneuve seine Regie-Fertigkeiten erneut beeindruckend unter Beweis stellt.
                                Praktisch ab Minute 1 an entfacht der Streifen eine seltsame, befremdliche Sogwirkung. Die Geschichte eines Uni-Professors, der scheinbar seinen Doppelgänger entdeckt und diesen konfrontieren will, ist in extrem triste, meisterhaft komponierte Bilder verpackt worden, bei denen vor allem die Wechselwirkung zwischen Licht und Schatten beeindruckt. Auch der extrem bedrückende, intensive Score ist fantastisch und dadurch, dass praktisch keine Szene ohne Musikuntermalung abläuft, ist der Streifen atmosphärisch sehr dicht.
                                Die meiste Zeit über verläuft die Handlung bis auf extrem surreale Einschübe auch meist eher linear, doch man wartet als Zuschauer die ganze Zeit gespannt, was noch kommen mag und wo die Geschichte hinführen wird. Soviel sei verraten: Wo sie letztendlich hinführt, wird nicht jedem gefallen, denn Villeneuve und Drehbuchautor Javier Gullón umschiffen gegen Ende sämtliche Konventionen, um den Zuschauer mit verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten und einer absolut verstörenden Schlussszene in den Abspann zu entlassen. Rauchende Köpfe und vereinzelte Frustrationen sind hier sicher.
                                Vom Cast her ist der Streifen klein gehalten, aber natürlich muss hier Jake Gyllenhaal erwähnt werden, der in seiner (Doppel-)rolle nahtlos an die grandiose Leistung aus "Prisoners" anknüpft.
                                "Enemy" ist ein hypnotischer, dichter, surrealer, toll gespielter und fantastisch inszenierter Psycho-Thriller, der aufgrund seiner Interpretationslastigkeit verständlicherweise kontrovers aufgenommen wird. Für mich war der Film nach "Prisoners" erneut ein absoluter Volltreffer von Denis Villeneuve und ist bis jetzt einer der Anwärter für meine Jahresbestenliste.

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                                • 6 .5

                                  Argento Nr. 2, "Il Gatto a nove code", ist nach seinem Debüt erneut ein Giallo nach dem Lehrbuch.
                                  Das bedeutet, die eigentliche Handlung ist auch hier wieder mal nur mäßig originell. Die Spurensuche von 2 Männern, einer Journalist, der andere ein blinder Ex-Journalist, nach einem mysteriösen Killer ist insgesamt nicht sonderlich packend, mit einigen Längen behaftet und die Auflösung kaum überzeugend.
                                  Aufgepeppt wird das Ganze allerdings von Argento´s gewohnt stilsicherer, aufregender Inszenierung, wieder mal vor allem in den Mordsequenzen. Unterstützt von einem famosen Score von Maestro Morricone geraten die meist aus der subjektiven Perspektive gefilmten Suspense- und Todesszenen erneut zu einem regelrechten Spektakel und lässt sie regelrecht aus dem gewöhnlichen, simpel gestrickten Plot hervorstechen.
                                  Zusammen mit einer schicken 70er-Jahre Atmosphäre und zwei charismatischen Hauptdarstellern ist "Il Gatto a nove code" ein zwar nicht übermäßig hervorstechender, weitesgehend konventioneller, aber trotzdem grundsolider Baustein in der Karriere von Dario Argento, die nach diesem Film immer mehr und mehr so richtig ins Rollen kam.

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                                  • 7

                                    In seinem Debüt "Rigor Mortis" lässt Regisseur Juno Mak bereits einiges an Potential aufblitzen.
                                    Komplett in einem heruntergekommenen Appartementblock spielend geht es hier grob um schwarze Magie, Geistererscheinungen, Vampire und verloren wirkende Charaktere.
                                    Die eigentliche Handlung ist aber eher nebensächlich. Mak gelingt es nicht wirklich, dass man zu den Figuren einen richtigen Zugang erhält. Das Tempo des Streifens ist sehr langsam und einen wirklichen Spannungsbogen gibt es auch nicht.
                                    Hier gilt ganz klar Form vor Inhalt und so ist "Rigor Mortis" in seinen besten Momenten ein von allen Konventionen losgelöster, bizarr-surrealer Bilderreigen, der inszenatorisch nie wie von einem Debütanten wirkt, sondern eine sehr reife, eigenwillige Handschrift offenbart.
                                    "Rigor Mortis" ist alles in allem ein äußerst interessantes Erstlingswerk. Wenn Mak in Zukunft die oben genannten Mängel noch ausbessern kann, wird man von diesem Regisseur sicherlich noch einige richtig tolle Filme zu sehen bekommen.

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                                    • 4 .5

                                      Nach den ganzen wirklich positiven Kritiken und einem relativ sehenswerten Vorgänger war ich auf "The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro" schon ziemlich gespannt.
                                      Leider muss ich den ganzen Lobeshymnen ein wenig entgegensteuern, denn trotz einiger wirklich starken Momente hat der Streifen doch seine merklichen Schwächen.
                                      Rein visuell ist er wirklich gelungen. Spektakuläre Effekte, tolle Kamerafahrten und einige wirklich schöne Einfälle machen den Film optisch zu einem Augenschmaus, er dürfte in dieser Hinsicht sogar mit zum Besten im Comicverfilmungs-Bereich zählen. Auch akustisch liefert Hans Zimmer in Zusammenarbeit mit einigen anderen Komponisten einen rundum gelungenen Soundtrack, der meist optimal zum Geschehen passt.
                                      Auf erzählerischer Ebene häufen sich hier dann allerdings die Kritikpunkte. Vorab wurde das Misstrauen schon groß, dass hier wieder bis zu 3 Bösewichte in einem Film untergebracht werden sollen. Den Drehbuchautoren ist es leider auch nicht wirklich gelungen, hier eine klaren roten Faden zu finden. Viel zu oft verliert sich der Film in dem Beziehungsgeflecht zwischen Peter und Gwen, viel zu oft in den verschiedenen Nebenhandlungen, aus denen kein stimmiges Gesamtbild entstehen will. Dazu schwankt der Film öfters stark zwischen ernsten Szenen und fast schon slapstick-artigen Komikeinlagen, weshalb hier inhaltlich einfach zu viel von allem vorhanden ist.
                                      Andrew Garfield gibt sich sichtlich Mühe und wächst auch mehr in die Rolle von Peter Parker, der zwischen Teenie-Alltag und Superheldendasein hin- und hergerissen wird. Emma Stone ist wie immer sehr sympathisch und hübsch, kommt aber meistens auch nie über die reine Rolle des Love Interests hinaus. Jamie Foxx spielt den völlig überdrehten Nerd vom Dienst, bis er zu Electro wird und Paul Giamatti ist gar völlig verschenkt. Lediglich Dane DeHaan beweist erneut, dass er zu den momentan begabtesten noch jüngeren Darstellern gehört und stiehlt Andrew Garfield in manchen Momenten, vor allem gemeinsamen Szenen, fast schon die Show mit seiner Präsenz.
                                      Erst im letzten Drittel fängt sich der Film dann nochmal ein wenig, liefert ein etwas ausbalancierteres Verhältnis von Storytelling, Action und Drama ab, wobei vor allem kurz vor dem Ende ein gewisser Handlungspunkt wirklich super und konsequent umgesetzt wurde.
                                      "The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro" ist ein handwerklich sehr gelungener Blockbuster. Abgesehen von Bild und Ton ist die Handlung allerdings oft viel zu unausgegoren und überladen, so dass hier eine klare Linie fehlt. Dies führt dazu, dass man teilweise fast schon das Interesse verliert, wäre da nicht noch mal ein überzeugender Showdown mitsamt dramatischem Höhepunkt. Insgesamt also bei weitem nicht eine der besten Comicverfilmungen, die es bisher gegeben hat. Da ist noch gewaltig Luft nach oben.

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                                      • 1
                                        • 8 .5

                                          "Dellamorte Dellamore" ist ein italienischer Horrorfilm von Regisseur Michele Soavi, der auch als Assistent für Dario Argento gearbeitet hat.
                                          Seine Einflüsse merkt man dem Werk definitiv an. Stilistisch ist Sloavi seinem Mentor Argento durchaus ebenbürtig. "Dellamorte Dellamore" ist eine pure Seherfahrung, der man mit reiner Beschreibung kaum nah genug kommen kann. Veredelt durch eine brillante Kamerarbeit und einem hervorragenden Score wirkt der Film eigentlich nie, als käme er aus den 90er Jahren, sondern als sei er 10-20 Jahre früher gedreht worden.
                                          Ist der Streifen in der ersten Hälfte noch eine Mischung aus morbider Mondscheinromantik gepaart mit blutiger Zombie-Thematik, wandelt er sich in der zweiten zu einem schwermütigen Drama, in dem der Protagonist Francesco Dellamorte, absolut fantastisch gespielt von Rupert Everett, durch einen Fiebertraum wandelt, in dem sich Realität und Wahnvorstellungen zu vermischen scheinen.
                                          Immer wieder gibt es surreale Einschübe und absurde Humoreinlagen, weshalb der Streifen stets abwechslungsreich und unvorhersehbar bleibt, bis hin zu seinem absolut außergewöhnlichen, genialen Abschluss.
                                          "Dellamorte Dellamore" ist ein stilistisch brillanter, inhaltlich beeindruckender Film für Genre-Fans, der ein definitives Highlight im italienischen Horror-Bereich darstellt.

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                                          • 8

                                            Mein erster Film von Peter Greenaway entpuppt sich früh als inszenatorisches Kunstwerk.
                                            "The Cook, the Thief, His Wife & Her Lover" wirkt wie eine Art bewegtes Gemälde. Greenaway taucht die Räume in seinem Film jeweils in eine andere Farbe, selbst die Kleidung einiger Figuren verändert sich farblich bei Wechsel der Räumlichkeit. Durch die opulente Musikuntermalung und die schwenkende Kameraarbeit wird der Streifen allein schon ein Fest für die Sinne.
                                            Greenaway erzählt die Geschichte eines barbarischen Verbrechers, der täglich mit seiner Frau und seiner Bande in einem edlen Restaurant speist. Seine unterdrückte Frau sehnt sich allerdings nach körperlicher Zuneigung, weshalb sie sich in eine heimliche Affäre mit einem anderen Restaurantbesucher stürzt.
                                            Angereichert mit einigen freizügigen und gewalttätigen Szenen wandelt sich das kammerspielartige Szenario, das überwiegend in dem prächtigen Restaurant spielt, zu einem rabenschwarzen Drama, das sich im Mittelteil zwar ein wenig verliert, dafür aber mit einem wahnsinnigen, rauschhaften Finale wieder entschädigt.
                                            Erwähnenswert sind Michael Gambon als widerwärtiger Gangster und Helen Mirren, die dessen Frau ungewohnt freizügig und ungehemmt darstellt.
                                            "The Cook, the Thief, His Wife & Her Lover" ist rein visuell ein kunstvolles Meisterstück. Die schwarzhumorige Handlung rund um die titelgebenden Personen hängt im Mittelteil zwar etwas durch, das Ende hat aufgrund seiner perversen Eindringlichkeit aber zurecht eine Art Kultstatus.

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                                              • 7 .5

                                                In seinem aktuellen Werk "Jeune et jolie" zeichnet Regisseur François Ozon das Portrait eines 17-jährigen Mädchens, das beginnt, sich zu prostituieren.
                                                Aufgeteilt über 4 Jahreszeiten entfaltet sich ein intimes, eindringliches Drama rund um die junge Isabelle, die zunächst im Sommerurlaub ihre Weiblichkeit für sich entdeckt und daraufhin entscheidet, diese Vorzüge zu verwenden, indem sie für Geld mit meist älteren Männern schläft.
                                                Ozon verweilt in seinem Film desöfteren an der Oberfläche. Tiefergehende Aspekte oder lange Erklärungen spart er aus, stattdessen überlässt er den Fokus des Films ganz den starken Darstellern. Allen voran glänzt hier Marine Vacth als Isabelle, die ihre Figur zwischen verführerischer Lolita und verunsichertem, jungen Mädchen absolut grandios spielt. Sie trägt den Film ganz locker, auch wenn der gesamte Film durchwegs perfekt besetzt ist.
                                                Das Thema Jugendprostitution an sich ist natürlich durchaus heikel, aber Ozon begegnet diesem mit Respekt, indem er die Hauptfigur keineswegs verurteilt und keine klare Stellung bezieht. Auch die Sexszenen sind zwar teilweise erotisch, aber niemals voyeuristisch oder zu explizit ausgefallen. Am Ende zieht Ozon kein klares Fazit, vielmehr darf der Zuschauer selbst Stellung beziehen und das Schicksal von Isabelle weiter denken.
                                                "Jeune et jolie" ist ein stilvolles, intimes und extrem stark gespieltes Drama, das gelegentlich ein wenig zu stark in der Oberflächlichkeit verweilt und dem Thema insgesamt vielleicht zu wenig Facetten abgewinnt. Trotzdem begegnet Ozon dem Thema mit genügend Respekt und weitesgehend klischeefrei, weshalb er so einen sehenswerten Film schuf, der durchaus zum Nachdenken anregen kann.

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                                                • 6 .5

                                                  "Grand Piano" ist ein Thriller, der kammerspielartig in der Tradition von Filmen wie "Phone Booth" daher kommt.
                                                  Im Mittelpunkt der Handlung steht der Pianist Tom Selznick, der bei einem Comeback-Konzert von einem unbekannten Psychopathen bedroht wird. Sollte er nur eine Note falsch spielen, müssen seine Frau und er sterben.
                                                  Der Film spielt zu großen Teilen nur in der Oper, in der der Auftritt von Tom und dem Orchester stattfindet. Regisseur Eugenio Mira versteht sein Handwerk definitiv und rein inszenatorisch ist der Film überaus gelungen. Ein packender Score, fantastische Kamerafahrten und ein präzises Auge für stimmige Details sorgen dafür, dass öfters wirklich Spannung aufkommt und man gerne ein wenig mit dem Hauptprotagonisten mitfiebert. Dieser wird von Elijah Wood zudem auch wirklich sehr gut gespielt. Rollen wie die des nervösen, verschwitzten und schüchternen Pianisten, der sich manisch in sein Handwerk reinsteigert, passen einfach perfekt zu Wood und so meistert er auch diese mit Bravour.
                                                  Bis hierhin kann der Streifen in diesen Punkten also auf jeden Fall überzeugen. Leider ist er inhaltlich dann schon eher ein zweischneidiges Schwert. Die Logik wird wirklich oft gebrochen zugunsten von Spannungsmomenten. Das ist in einem Thriller jetzt nicht unbedingt das schlimmste aller Dinge, hier wird es allerdings dann doch ein wenig zu viel des Guten. Gewisse Momente sind einfach zu weit hergeholt und wirken stark unglaubwürdig. Auch die Enthüllung der Motivation hinter der Handlung des Psychopathen ist letztendlich relativ unspektakulär und öde.
                                                  "Grand Piano" bietet einen tollen Hauptdarsteller und eine wirklich gelungene, detailverliebte Inszenierung, die an altmodische Thriller aus den 70er oder 80er Jahren erinnert. Leider steht die mit starken Logiklücken behaftete Handlung dem schicken Korsett des Films immer wieder unschön im Weg, so dass hier einiges an Potential für einen rundum fantastischen Thriller vergeben wurde.

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                                                  • 8

                                                    Mutige, außergewöhnliche, kreative Filme findet man heutzutage aus Deutschland praktisch kaum noch. Ein äußerst erfreulicher, überraschender Gegenbeweis ist "Finsterworld", das Regiedebüt von Frauke Finsterwalder.
                                                    Der Streifen beginnt zunächst wie eine Art Episodenfilm, bei dem verschiedene Handlungsstränge aufgeworfen werden. In sehr schöne, farbenfrohe Bilder verpackt wirken vor allem die Figuren und Dialoge ziemlich skurril und man braucht vielleicht erst ein wenig, um sich in den Tonfall des Films einzufinden.
                                                    Mit fortschreitender Laufzeit entpuppt sich das alles dann aber als bitterer, bissiger Blick hinter das deutsche (Spieß-)Bürgertum. Finsterwalder hat mit ihrem Werk einen faszinierenden Spiegel geschaffen, der einen Blick auf Vergangenheitsbewältigung, eitle Dekadenz und die völlige Isolation von Liebe und Mitgefühl bietet. Die Figuren, die anfangs fast wie Karikaturen wirken, lassen plötzlich ihre Masken fallen und scheinen auf einmal gar nicht mehr so fremd und überzogen.
                                                    Dieses Wechselspiel aus leichter Überzeichnung, bitteren Tatsachen, finsteren Lachern und einigen herben Überraschungen macht den Streifen zu einem absoluten Genuss, der dazu auch noch einwandfrei inszeniert und von eigentlich allen Darstellern wunderbar gespielt ist.
                                                    "Finsterworld" ist der intelligenteste, mutigste und außergewöhnlichste, sprich beste deutsche Film, den ich seit Jahren sehen durfte. Ein schonungsloser Blick hinter die Fassade des deutschen Gutbürgertums, der mit raffinierten Dialogen, tollen Schauspielern und gelungenen Einfällen zu begeistern weiß. Absoluter Geheimtipp, den man sich nicht entgehen lassen sollte, auch wenn man wie ich selbst sonst eigentlich wenig bis gar nichts mit deutschen Werken anzufangen weiß.

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