Patrick Reinbott - Kommentare

Alle Kommentare von Patrick Reinbott

  • 9

    "The Rover" ist ein Endzeit-Thriller-Drama von Regisseur David Michôd, in dem Guy Pearce eine Bande Krimineller jagt, die sein Auto gestohlen haben.
    Es ist ein unglaublich beklemmender, mitunter durchaus verstörender Film, den Michôd hier schuf. Sei es das karge, triste Endzeit-Setting im australischen Outback, der Verzicht auf das Erklären fast jeglicher Motive oder Hintergründe seiner Figuren, die minimalistische, sperrige Ausgestaltung der Geschichte, der unglaublich eindringliche Score oder die Performances von Guy Pearce und Robert Pattinson.
    "The Rover" ist in vielerlei Hinsicht ein sehr schwer greifbares, aber genau dadurch umso fesselnderes Werk. Die anfängliche Einblendung "Australia. Ten Years After The Collapse" ist alles, was der Zuschauer als Hintergrundinformation über das entstandene Endzeit-Szenario an die Hand bekommt. Fest steht nur, dass die scheinbar spärlich verbliebene Anzahl von Menschen mittlerweile eine Gesellschaft gebildet hat, die sich fortwährend nach und nach gegenseitig zerfleischt und auslöscht.
    Eric, hier erschreckend ausgemergelt von Guy Pearce verkörpert, ist zu allem bereit, um sein Auto wiederzubekommen. Auf seiner Verfolgungsjagd, bei der er sich eher unfreiwillig mit Pattinson´s Figur Rey zusammenschließt, häufen sich die Leichen immer stärker, oftmals auch sinnlos, ohne dass man eine Ahnung hat, was für einen Stellenwert das Auto überhaupt für Eric hat. In diesem Strudel der Gewalt arbeitet Michôd nach und nach immer klarer ein gesellschaftliches Bild heraus, in dem Misstrauen, übereilte Reaktionen sowie verzweifelte Existenzängste zu Chaos und Verderben führen. Neben einem fantastischen Guy Pearce, der die letzten Jahre eher in ungenügenden Nebenrollen verpulvert wurde, ist es vor allem Robert Pattinson, der am meisten Aufsehen erregt. Die Darstellung des naiven, eingeschüchterten, aufmerksamkeitsbedürftien Kleinkriminellen in Verbindung mit seinem extrem seltsamen Akzent verwischen mittlerweile auch die letzten Zweifel, dass in diesem Mann nicht doch ein absolut großartiger Charakterdarsteller steckt.
    Michôd inszeniert seinen Film mit behutsamer Langsamkeit, wechselt innerhalb des Erzählflusses zwischen verunsichernder Stille, fesselnden Spannungsmomenten und schockierenden Gewalteruptionen. Dabei wird bereits von Anfang an deutlich, dass Michôd definitiv ein Regisseur ist, der die Wirkungsweise von atmosphärischen Bildern in Verbindung mit einer effizienten Klangkulisse beinahe in kompletter Perfektion verinnerlicht hat. Durch die staubige, trockene Wüstenatmosphäre und die düster-grimmige Grundstimmung gepaart mit gelegentlichen, dichten Shoot-Outs wirkt der Film zudem oftmals wie ein hitziger Neo-Western.
    David Michôd´s schmutziges, beklemmendes Endzeit-Thriller-Drama "The Rover" verweigert sich durch die unklaren Hintergründe, die ruppige, minimalistische Erzählästhetik und die intensiv-sperrige Inszenierung einem Publikum, welches auf Daueraction, Tempo, simpel gestricke Charaktere und offensichtliche Erklärungen aus ist. Für alle anderen bietet der Film herausragend gespielte, vielschichte Figuren, intensive Momente am laufenden Band sowie eine flirrend-irritirende Atmosphäre, die gemeinsam mit dem geheimnisvollen, erschütternden Endzeit-Setting und der Kombination aus Thriller, (Charakter-)Drama und apokalyptischem Gesellschaftsporträt für eine herausragende Seherfahrung sorgt.
    Fast schon bezeichnend und trotzdem traurig hingegen ist es, dass der Streifen, wie auch schon andere brillante Werke der letzten Zeit wie beispielsweise "Under the Skin" oder "Short Term 12", gar nicht erst in unseren Kinos startet, sondern neben einigen Festival-Screenings direkt auf Blu-ray und DVD veröffentlicht wird.

    18
    • 7

      Ebenso wie "Scorpio Rising" ist auch "Lucifer Rising" ein Bilderrausch, in dem Kenneth Anger den Betrachter in elliptischen Fragmenten auf eine geheimnisvolle Reise quer durch mythologische, okkulte Bereiche führt.
      Der damalige Gemütszustand von Anger darf dabei hinsichtlich der mitunter satanisch-mysteriösen Symbolik gerne angezweifelt werden, doch aufgrund der intensiven Gitarrenklänge von Bobby Beausoleil, den starken, mitreißenden Aufnahmen und dem überwiegend überfordernden, experimentellen Schnitt wird man dazu eh keine Gelegenheit finden wollen und daher sollte man sich mit "Lucifer Rising" einfach für rund eine halbe Stunde kurzzeitig in ein anderes Reich entführen lassen.

      9
      • 7 .5

        Mit seinem Kurzfilm "Scorpio Rising" prägte Kenneth Anger eine Stilart, die heutzutage weitläufig als "Videoclip-Ästhetik" bezeichnet wird.
        Komplett ohne Dialoge unterlegte Anger die kurzen Abschnitte immer mit einem anderen Song und schnitt in die rauen Aufnahmen immer wieder kurz kleine Bilder oder Ausschnitte. Vor allem der kongeniale Einsatz der (Pop-)Musik als Ersatz für Dialoge inspirierte eine ganze Reihe berühmter Filmemacher und zeigt, wie man einen völlig eigenen Erzählrhythmus komplett ohne gesprochene Worte der Schauspieler schaffen kann.
        Inhaltlich ist der Film eigentlich eine gewöhnliche Biker-Story, die aber im Verlauf immer stärker in symbollastige, mitunter kontroverse Gefilde (Stichwort: Nationalsozialismus) abdriftet und sich zwischen Avantgarde und Underground bewegt.
        "Scorpio Rising" ist über seine knapp 29 Minuten hinweg eine wirklich interessante Erfahrung hinsichtlich inszenatorischer Innovationen und beeinflusste auf nachvollziehbare Weise viele große Regisseure.

        11
        • 7

          Mit "Pink Flamingos" schuf Kultregisseur John Waters einen Skandalfilm der besonderen Sorte, der auch heute noch kaum etwas von seiner Brisanz und Ausstrahlung verloren hat.
          Es lässt sich nur erahnen, was für eine Wirkung der Streifen 1972 bei seinem Erscheinen beim Publikum ausgelöst hat. Fakt ist: John Waters´ Geschichte rund um einen Nachbarschaftsstreit um den Titel "the filthiest person alive" ist der Startschuss für eine abstoßende, schräge und oftmals widerwärtige Schlammschlacht, in der zwischen Sodomie, Inzest, Koprophilie, Kannibalismus, sexuellem Missbrauch sowie Mord und Totschlag Tabus am laufenden Band gebrochen werden und keine abgründigen Perversionen ausbleiben.
          Zusammen mit den grenzwertigen, komplett überzogenen Schauspielleistungen, allen voran Drag-Queen Divine, und Dialogen, der schmutzigen Bildästhetik und einem atmosphärischen Tonfall zwischen Lachen, Staunen, Kopfschütteln und Augenaufreißen ist der Streifen eine einmalige, spezielle Seherfahrung, die sämtliche Grenzen des guten Geschmacks überschreitet und die man nur mögen oder ablehnen kann.
          Neben den zahlreichen abgefahrenen, provokativen Einfällen gibt es außerdem noch einen absolut göttlichen 50er- und 60er-Jahre Soundtrack mit haufenweise tollen Surf-Rock-, Jazz, Swing- und Rockabilly-Songs.
          "Pink Flamingos" ist ein besonderer Kultfilm, in dem John Waters sämtliche Grenzen des gutbürgerlichen Toleranz-Verständnisses sowie des guten Geschmacks mit Karacho niederreißt und ein skandalöses Trash-Feuerwerk abbrennt, bei dem zwischen amüsanten Lachern und angewiderter Schockstarre alles möglich ist.

          15
          • 8 .5

            "Cet obscur objet du désir" ist der letzte Film des großen Surrealisten Luis Buñuel und es ist definitiv ein Werk, mit dem sich der Regisseur gebührend verabschiedete.
            Anstatt wie in den beiden vorangegangen Filmen erneut einen entwaffnenden Blick hinter die Bourgeoisie zu werfen, ging Buñuel ein wesentlich universelleres und weitreichenderes Thema an: Die Liebe.
            Ein wohlhabender, in die Jahre gekommener Geschäftsmann verliebt sich in eine bildschöne 18-jährige. Aus dieser Ausgangslage heraus entspinnt Buñuel eine faszinierende, vielschichtige, teilweise knisternd erotische und ehrliche Geschichte rund um die Unergründbarkeit sowie den Facettenreichtum der Liebe an sich.
            Dabei bezieht der Regisseur zu keinem Zeitpunkt eine klare Position zum jeweiligen Geschlecht. Sowohl der Geschäftsmann Mathieu wie auch sein Objekt der Begierde Conchita verhalten sich abwechselnd nachvollziehbar und dann wiederum fragwürdig, was wunderbar zum realen Bild der Liebe und dem ewigen Thema der Beziehung zwischen Mann und Frau passt, die in echt oftmals ebenso rätselhaft, vielseitig und auch unerklärlich verläuft.
            Mit der größte Clou des Films liegt außerdem darin, dass Buñuel die Figur der Conchita mit zwei verschiedenen Schauspielerinnen besetzte. Durch diesen surrealen Kniff unterstreicht er die unterschiedlichen Wesens- sowie Gefühlsausprägungen dieser Frau und zeigt, dass sich eigentlich innerhalb jedes Menschen verschiedene Persönlichkeiten befinden, die im Wechsel in Erscheinung treten.
            So lässt sich abschließend auch erklären, wieso es in diesem Werk verhältnismäßig wenig Surrealität gibt. Buñuel beweist, dass die (mal bittere, mal süße) Realität wesentlich eindrucksvoller und eindringlicher sein kann, als es nicht erklärbare, rational kaum nachvollziehbare Geschehnisse je sein könnten und zeichnet in seinem letzten Werk "Cet obscur objet du désir" somit ein zeitloses, faszinierendes und authentisches Bild des ewigen Geschlechterkampfes mit all seinen wunderbaren wie abstoßenden Facetten.

            16
            • 8
              über Lucy

              "Lucy" ist der erste Film von Luc Besson seit längerer Zeit, bei dem er neben der Regie auch das Drehbuch komplett alleine schrieb und zusätzlich für den Schnitt verantwortlich war.
              Vermutlich lief es so oder zumindest ähnlich ab: Besson gönnte sich einige bunte Pillen oder sonstige nicht ganz legale Substanzen. Dann zappte er durchs Fernsehprogramm und blieb auf dem Discovery Channel hängen. Nachdem er sich Dokus über das Tierreich, die Geschichte der Erde sowie Theorien über das Potential des menschlichen Gehirns ansah, schrieb er ein Drehbuch, in welchem er seine Eindrücke im Wahn mit Action-Elementen seiner größten Filme kombinierte.
              Hätte Besson sein fertiges Drehbuch an einen Regisseur weitergereicht, der nicht auf der gleichen Höhe seiner Regie-Fertigkeiten gewesen wäre, hätte dieser Film ein Debakel werden können. Durch die herausragenden handwerklichen Fähigkeiten von Besson ist "Lucy" allerdings über weite Strecken ein faszinierender, schneller, verwirrender wie anregender Action-Science-Fiction-Trip geworden, auf den man sich einlassen sollte.
              Neben der packenden, temporeichen Einführung, der fantastischen Kamera- sowie Schnittarbeit und einem elektrisierenden Score wirkt der Film oftmals unentschlossen und wirft Fragen auf. Nimmt Besson sein Konzept wirklich so dermaßen selbst ernst, wie man aufgrund der Figur von Morgan Freeman vermuten könnte? Warum schneidet er teilweise kurz Aufnahmen aus dem Tierreich in seinen Film, die mehr als offensichtliche Metaphern für die Situation der Protagonistin darstellen und verzichtet auf eine stringente Dramaturgie, um sich lieber abgefahrenen Over-the-Top-Spielereien zu widmen?
              Die Mischung aus ernstzunehmendem, philosophisch-nachdenklichem Unterbau und völlig überzogenen Gaga-Elementen erzeugen zusammen mit den stark choreographierten Action-Szenen und einem einwandfreien Flow ein irrsinniges Erlebnis.
              Scarlett Johansson landet mit ihrer Rollenwahl neben "Her" und "Under the Skin" aus der letzten Zeit erneut wieder einen Volltreffer, passt als Hauptfigur absolut perfekt und reißt den Streifen neben Bessons sicherer Regie förmlich an sich. Selbst schauspielerische Hochkaräter wie Choi Min-sik als Bösewicht fallen dadurch automatisch in die hintere Reihe und lassen ihr den Vortritt.
              "Lucy" ist ein kurioser, ultra kurzweiliger und bisweilen irritierender Action-Science-Fiction-Fiebertraum von Luc Besson, der mit seiner überladenen, unentschlossenen Erzählweise, den ungewöhnlichen Elementen, einer hervorragenden Scarlett Johansson und der fantastischen Regie von Besson zu einem Trip wird, der zwischen Quatsch und Genialität diverse Gefühlslagen abdeckt und verständlicherweise spaltet.

              16
              • 8

                Auch in seinem vorletzten Film "Le Fantôme de la liberté" gab sich Luis Buñuel noch kein bisschen altersmüde und drehte ein herrlich skurriles, äußerst surreales Werk.
                Erneut sehr episodenhaft und ohne feste Hauptfiguren reiht Buñuel eine merkwürdige, abgefahrene oder seltsame Geschichte an die andere. Zunächst mag das alles vielleicht sehr abgedreht wirken und manche Passagen erscheinen etwas ziellos oder wahllos.
                Hinter den surrealen, rätselhaften Abschnitten steckt aber wieder einmal mehr, als es zunächst den Anschein hat. Buñuel prangert die damalige Gesellschaft an, indem er gängige Normen, festgefahrene, gesellschaftliche Einstellungen oder soziale Missstände vollkommen absurd ins absolute Gegenteil dreht, wodurch vor allem in der zweiten Hälfte Szenen entstehen, die vor trockenem Humor und unfassbarer Genialität wie Kreativität nur so strotzen. Buñuel legt viele Elemente bewusst rätselhaft und interpretierfreudig an, geht dabei aber inszenatorisch wieder so leichtfüßig, humorvoll und beschwingt vor, so dass man gleichzeitig erstaunt, amüsiert und nachdenklich den verdrehten Geschehnissen folgt. Sollte man jemals an den Film erinnert werden, über ihn reden oder nachdenken wollen, haben sich einige Szenen aus "Le Fantôme de la liberté" vermutlich unweigerlich auf ewig in den Kopf des Betrachters eingebrannt.
                "Le Fantôme de la liberté" ist ein sehr surreales, abgefahrenes Glanzstück von Luis Buñuel, in welchem der Regisseur zwar an ganz wenigen Stellen etwas wahllos vorging, in vielen meisterhaften Szenen aber wiederum auf einmalig humorvolle wie skurrile Weise gesellschaftliche Normen, Wertevorstellungen oder auch Tabuthemen verdreht, überspitzt und somit geschickt hinterfragt und anprangert.

                11
                • 8

                  Mit "Le Charme discret de la bourgeoisie" wirft Luis Buñuel in seiner typisch surrealen Art einen entlarvenden wie unterhaltsamen Blick hinter die augenscheinlich feine Fassade der eitlen Oberschicht.
                  Der übergreifende Handlungsfaden besteht darin, dass sich drei Ehepaare der Bourgeoisie wiederholt zum gemeinsamen Essen verabreden. Zu diesem gemeinsamen Essen kommt es allerdings nie, denn ständig kommt irgendetwas dazwischen.
                  Aus diesem Konzept formt Buñuel eine bissige wie amüsante Satire, in welcher er die Gewohnheiten und aus seiner Sicht Macken der damaligen Oberschicht offenlegt. Zunächst sind es noch eher unscheinbarere, aber trotzdem ungewöhnliche Ereignisse, durch welche die Beteiligten bei ihrem Vorhaben gestört werden. Obwohl sie sich meist gebildet geben und geschwollen über tiefsinnige Themen schwafeln, reduziert Buñuel seine Figuren bereits früh auf simple, gewöhnliche Urtriebe, von welchen sie hauptsächlich gelenkt werden. Essen, Trinken und Sex haben oberste Priorität.
                  Nach der noch etwas gewöhnlicheren ersten Hälfte des Streifens läuft Buñuel aber dann erst so richtig zur Hochform auf und bietet in seiner episodenhaft strukturierten Satire eine grandiose Einzelszene nach der anderen.
                  Die verschiedenen Geschehnisse und Vorfälle sind meist sehr absurd und urkomisch, so dass man nicht selten ins Staunen gerät aufgrund der kreativen Einfälle. Noch faszinierender ist allerdings Buñuels Umgang mit der Wahrnehmung des Zuschauers. Im späteren Verlauf bricht der Regisseur gewohnte Erzählstrukturen drastisch auf, indem er Traum und Wirklichkeit untrennbar miteinander inszeniert. Zwar werden die Traumsequenzen oftmals durch das Erwachen der jeweiligen Person kenntlich gemacht, doch wer gerade was träumt, wer gerade wach ist und was gerade Traum, Realität oder vielleicht sogar Rückblende ist, ist keinesfalls eindeutig zu bestimmen und verleiht dem Film neben seinen absurd-amüsanten, mitunter auch faszinierend-mysteriösen Vorfällen so einen weiteren großen Reiz. Nicht einmal vor einem Traum einer Person in einem Traum einer anderen Person bewahrt Buñuel den Zuschauer hier. Interessant sind hierbei vor allem wieder die Reaktionen der Figuren. Obwohl sie von ihren Träumen merklich beeinflusst oder bewegt werden, verfallen sie schnell umgehend wieder in gewohnte, oberflächliche Verhaltensmuster, um ihre gutbürgerliche Fassade ja nicht bröckeln zu lassen.
                  Stilistisch kann man dem Film eigentlich auch nur positive Aspekte anrechnen. Neben der sehr feinen, edlen Kameraführung ist der Verzicht von musikalischer Untermalung auffällig, was Buñuel durch einige markante, intensive Geräusche ausgleicht. Man achte nur auf das Ticken der Uhren in den Szenen, in denen zwei der Figuren von vergangenen Erlebnissen oder Träumen erzählen.
                  "Le Charme discret de la bourgeoisie" ist eine wunderbar inszenierte Satire von Luis Buñuel, in welcher er mit viel Feingespür, absurdem Humor, kreativen Ideen und aufregender Surrealität die Macken der damaligen Bourgeoisie schonungslos wie amüsant offenlegt.

                  14
                  • 8

                    In ihrem Film "Night Moves" beleuchtet Regisseurin Kelly Reichardt die Gruppendynamik sowie das Innenleben von drei Umweltaktivisten, die einen gewagten Coup planen, um ein Zeichen zu setzen.
                    Die Prämisse eines Thrillers, die man aus der eigentlichen Handlung ziehen könnte, umgeht Reichardt dabei und liefert stattdessen ein reines Charakter-Stück ab, bei dem die Figuren im Fokus stehen. Sie zeigt das Handeln der Personen, das beinahe minutiös geplante und durchgeführte Vorbereiten ihrer geplanten Aktion, doch es geht vor allem darum, wie jeder einzelne Schritt direkt die Persönlichkeit der einzelnen Figuren beeinflusst.
                    Reichardt setzt dabei auf einen langsamen, ruhigen Stil, bei dem ihre Regie trotzdem jederzeit sehr dicht und fokussiert wirkt. Mit Bildern von bewundernswerter Schönheit lässt sie Dialoge eher im Hintergrund und stellt Wirkungsweise sowie Atmosphäre an erster Stelle. Durchwegs liegt eine unheilvolle, bedrohliche Stimmung über dem Geschehen, trotz der schlicht gehaltenen Handlung und des Verzichts auf gängige Spannungskonventionen.
                    Viel mehr wirft Reichardt in ihrem moralisch zwiespältigen Werk vielfältige Fragestellungen auf, mit denen sie den Zuschauer sich selbst überlässt. Was bedeutet es, sich voll und ganz dem Schutz oder der Erhaltung einer Sache zu widmen? Wie weit kann man gehen, wo liegen Grenzen oder mögliche Problematiken? Und vor allem: Kann ich mich gewissenhaft und zu 100% mit meiner Einstellung vereinbaren und auch nach eventuellen Fehlschlägen oder gesetzlich verwerflichen Handlungen voll und ganz Verantwortung übernehmen?
                    Fragen und Thematiken, die Reichardt schließlich als Last ihren Figuren aufbürdet. Der ideal gewählte Cast schultert diesen subtilen, brisanten Film mit Bravour und neben den tollen Leistungen von Dakota Fanning und Peter Sarsgaard ist "Night Moves" vor allem ein Triumph für Jesse Eisenberg, der sich hier völlig von seinen hyperaktiv-überdreht angelegten Rollen der letzten Zeit entfernt und mit seiner undurchsichtig-zurückgenommenen, vielschichtigen und kalten Darbietung seine beste Leistung seit vielen Jahren bietet.
                    "Night Moves" ist ein moralisch ambivalentes, sehr subtiles und wunderbar inszeniertes wie gespieltes Charakter-Drama rund um die Themen Konsequenzen, Schuld sowie persönliche Umgangsweisen, welches sich gängigen Erzählkonventionen verschließt. Der Film lässt sich zwar hervorragend eher über Stimmung und Atmosphäre erleben, regt den Kopf aber gleichermaßen zum Mitdenken an und lässt den Zuschauer schließlich mit interessanten Fragestellungen allein.

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                    • Trailer sieht gut aus. Bei Shailene Woodley und Eva Green in einem Film bin ich aber so oder so an Bord :D

                      1
                      • 6 .5

                        "Santa Sangre" ist, wenig überraschend, erneut anstrengendes, unkonventionelles, bildgewaltiges und surreales Kunst-Kino des eigenwilligen Alejandro Jodorowsky.
                        Im Vergleich zu seinen früheren Werken ist dieser Film zwar etwas zugänglicher und die eigentliche Handlung ist, abgesehen von der wieder zahlreich vertretenen Symbolik, schlüssig und nachvollziehbar.
                        Von seinem Stil weicht Jodorowsky aber trotzdem zu keinem Zeitpunkt ab und liefert dem Zuschauer ein sehr spezielles Thriller-Drama, welches nicht jeden Geschmack treffen dürfte. Die Geschichte rund um die Hauptfigur Fenix wird dabei zweigeteilt erzählt. Zunächst widmet sich Jodorowsky der Kindheit von Fenix und zeigt in einem recht stimmungsvollen, imposanten Abschnitt, durch welche schockierenden und einschneidenden Erlebnisse der junge Kindermagier zu dem Mann wird, um den es dann in der zweiten Hälfte geht.
                        Spätestens in dieser offenbaren sich dann, noch deutlich stärker als in der ersten Hälfte, die Merkmale, welche die Werke von Jodorowsky stets zu solch einer schwierigen und geschmacksabhängigen Angelegenheit machen. Da wären das theatralisch extrem überhöhte Schauspiel, die sehr gewöhnungsbedürftige Musikuntermalung, gewalttätige Sequenzen und langgezogene, äußerst kunstvolle Szenen, die den Film immer wieder zu einer Gratwanderung zwischen einem bombastischen Kunstwerk und provokativ-anstrengenden wie zähen Brocken machen. Der Einfluss von Produzent Claudio Argento ist ebenfalls zu erkennen, der Film enthält einige Elemente, speziell die Mordszenen, die durchaus aus einem Film von Claudio´s Bruder und Regisseur Dario Argento stammen könnten. Hinzu kommt eine Auflösung, die ganz nett, aber keinesfalls originell geraten ist.
                        "Santa Sangre" ist wie alle Werke von Regisseur Alejandro Jodorowsky ein sehr spezieller, polarisiender und visuell gewaltiger Film, zu dem man schwer Zugang findet, für Fans von unkonventionellen, surrealen und symbolischen Filmen aber trotzdem eine Sichtung wert ist.

                        12
                        • 8

                          Mit "The Room" hat sich Tommy Wiseau einen Platz in der Filmgeschichte gesichert, denn der Streifen hat längst Kultstatus und wird von vielen als schlechtester Film aller Zeiten abgefeiert.
                          Viele Szenen, Begriffe oder Dialogzeilen des Films dürften den meisten eh bereits bekannt sein, doch ist er in seiner Gesamtheit tatsächlich so mies wie von den meisten behauptet wird? Natürlich ist er das.
                          "The Room" ist ein Film, der in sämtlichen Kategorien, nach denen sich Filme allgemein beurteilen lassen, wirklich unterirdisch schlecht ist. Im Gegensatz zu Schund heutiger Zeit wie "Sharknado" oder ähnliche Konsorten war der Streifen allerdings niemals so geplant. Viel erstaunlicher ist es, dass Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller Tommy Wiseau dachte, er würde mit diesem Film ein visionäres Meisterwerk schaffen. Der Film nimmt sich die gesamte Laufzeit über selbst so extrem ernst und ist dabei so grottig schlecht, dass "The Room" bereits ab dem Beginn zu einer faszinierenden Kuriosität mutiert, die man einfach verehren muss.
                          Wiseau wollte wohl eine Art ergreifendes Beziehungsdrama mit erotischen Anleihen drehen. Herausgekommen ist ein völlig planloses Handlungsgewirr, bei dem hinten und vorne schlichtweg überhaupt nichts Sinn macht. Figuren tauchen unvermittelt auf, begrüßen sich ständig, verschwinden dann plötzlich wieder und man erfährt so gut wie nichts über die Charaktere. Hinzu kommen dutzende Logik- wie Anschlussfehler, eine miese Lichtsetzung, völlig lächerliche Greenscreen-Momente und unpassendes Gedudel als Musikuntermalung. Extrem merkwürdig sind auch die zahlreichen Sexszenen, die durch die smoothe RnB-Musik sowie eine miese Choreographie wie aus einem billigen Softporno zu stammen scheinen.
                          Die Darsteller agieren durch die Bank weg auf absolutem Amateur-Niveau, doch der wahre Star des Streifens sind die Dialoge. Die Art und Weise, wie Wiseau solch abstruse, komplett surreale Dialoge schrieb und diese dann auch noch von sämtlichen Beteiligten vorgetragen werden, ist einmalig. Zudem wiederholen sich die Gespräche inhaltlich ständig und es dreht sich immer wieder um das gleiche Thema. Der Fixpunkt des Films ist Wiseau selbst, der neben seinem sonderbaren Erscheinungsbild aufgrund seines noch sonderbareren Akzents und mimisch einer Lähmungserscheinung nahe unglaublich kurios wirkt. Dazu wurden die meisten Dialoge im Studio nachsynchronisiert und das natürlich auch dermaßen dilettantisch, so dass "The Room" für deutlich mehr Lacher sorgt als viele Hollywood-Komödien.
                          Trotzdem ist der Streifen praktisch unhassbar, denn die Mischung aus Wiseau´s gigantischer Ambition gepaart mit noch gigantischerer Talentlosigkeit ergeben einen einzigartigen, merkwürdigen und unglaublich unterhaltsamen Kultstreifen, den man gesehen haben muss, um ihn auch nur ansatzweise fassen zu können. Ein Fest.
                          "Denny, two is great, but three is a crowd... haha"

                          17
                          • 7

                            Bei "The Lego Movie" ist der Titel erwartungsgemäß Programm. Der vermutlich längste Werbespot in Spielfilmform bisher wurde von Christopher Miller und Phil Lord in ihrem gewohnt überdrehten, unterhaltsamen Stil umgesetzt.
                            Zunächst ist der Streifen durch den wirklich sehr hektisch-abgedrehten Stil durchaus fordernd, vor allem für die erwachsenen Zuschauer. Dabei ist genau dieser Stil aber eigentlich nur konsequent, denn genauso läuft es wohl im Kopf der Kids ab, wenn sie sich mit den Figuren und Bausteinen einfach so richtig austoben. Trotzdem ist diese Art sicher nicht für jeden geeignet und viele könnten durch diesen Overkill schnell übersättigt werden.
                            Durch den verspielten, liebevollen Look sind selbstverständlich keine Grenzen gesetzt und so gibt es über Raumschiffe, Western-Saloons oder Piratenschiffe noch zahlreiche andere Dinge im Film, die nur irgendwie möglich mit Lego bastelbar sind und auch fast ausschließlich damit umgesetzt wurden.
                            Bei diesem Regie-Duo ist der Streifen allerdings nicht ausschließlich kindgerecht ausgefallen und so gibt es neben einer schönen Botschaft hinter der eigentlichen Geschichte von Miller und Lord auch für die älteren Zuschauer zahlreiche Gags, popkulturelle Anspielungen oder Parodien, die für Lacher sorgen. Durch den sehr schnellen Inszenierungsstil und das allgemein hohe Tempo wird man so bei der ersten Sichtung vermutlich nicht mal alles erfassen können.
                            Klasse sind auch die zahlreichen, prominenten Sprecher, bei denen es neben u.a. Chris Pratt, Morgan Freeman, Liam Neeson oder Will Ferrell noch einige Überraschungen oder Highlights zu entdecken gibt.
                            "The Lego Movie" mag mit seiner extrem überdrehten, schnellen Inszenierungsart nicht jedem durchgängig gefallen und der Spagat zwischen kleiner und großer Zielgruppe ist nicht komplett gelungen, doch der Film wurde mit viel Herzblut und zahlreichen gelungenen Gags oder Details umgesetzt, so dass ingesamt trotzdem für Spaß bei Jung und Alt gesorgt ist.

                            10
                            • 6 .5

                              Eigenständig und ohne Kenntnis der Buchvorlage betrachtet ist "The Fault in Our Stars" von Josh Boone in erster Linie kein Film über Krebskranke und das Sterben, was man bei dem Thema eventuell vermuten könnte.
                              Es ist schlicht formuliert weitestgehend ein gewöhnlicher Liebesfilm, aber nun mal mit dem tragischen Nebeneffekt, dass die beiden entscheidenden Figuren an Krebs erkrankt sind. Dabei ist es bei solch einer Art von Film immer wichtig, wie sie erzählt werden und vor allem wie solch ein sensibles Thema angegangen wird. Das Resultat bei "The Fault in Our Stars" ist dabei erstaunlich schwierig ausgefallen, denn der Streifen ist keinesfalls frei von Schwächen.
                              Bereits zu Beginn lässt sich die Hauptfigur Hazel darüber aus, wie weichgespült und übertrieben beschönigt traurige Geschichten beispielsweise in Filmen erzählt werden und dass dies in dieser Geschichte definitiv anders sein wird. Schon allein deshalb ist es fast schon ein wenig paradox, dass der Film insgesamt ärgerlicherweise einige sehr klischeebehaftete, aufgesetzte Elemente hat, die ihn immer wieder gefährlich nah am albernen Kitsch vorbei gleiten lassen. Boone schafft es zwar, seinen Film dann doch noch gerade so aus der Kitsch-Falle zu ziehen, auffällig ist es aber schon.
                              Auf der anderen Seite wäre es aber falsch, den Film deswegen gleich niederzumachen. Er ist alles in allem sehr angenehm zu schauen, bietet als netten Gegenkontrast zu den nicht ganz so authentisch wirkenden Szenen wiederum einige extrem gefühlvolle, berührende Momente und schafft es hin und wieder, dass man über sein eigenes Leben ein wenig nachdenken kann.
                              Dabei ist es gut, dass der Film die Thematik der Krebserkrankung nie in den Mittelpunkt rückt, sondern nur ab und zu durch passende Ereignisse sanft und schwermütig zugleich in Erinnerung ruft, so dass ein überwiegend positiver und lebensbejahender Film übrig bleibt.
                              Die größte Bürde liegt hier bei den beiden Hauptdarstellern. Hierbei erweist sich Ansel Elgort als Gus gelegentlich als Problemfall, denn auch er schlittert teilweise extrem nah an einem sehr glatten, unglaubwürdigen Klischee-Traumfreund vorbei, der mit seiner übertrieben positiven Art und den ungewöhnlichen Eigenheiten (seine immer wiederkehrende Metapher mit der Zigarette ist absolut grässlich) manchmal problematisch wirkt. Glücklicherweise erhält auch er trotzdem noch einige gute, klischeefreie Momente, in denen er schauspielerisch voll und ganz überzeugt. Shailene Woodley hingegen ist wieder einmal eine kleine Offenbarung und spielt Hazel derart liebevoll, unverfälscht und sympathisch, so dass die Verantwortlichen für die vielleicht wichtigste Rolle einen wahren Glücksgriff gelandet haben.
                              "The Fault in Our Stars" hat seine Schwächen, bewegt sich gelegentlich erschreckend nah am Kitsch und ist keinesfalls die emotionale Offenbarung, zu der er oftmals hochgelobt wird. Insgesamt bleibt durch eine überragende Shailene Woodley, viele gelungene Einzelmomente und einer ausgeglichenen Erzählweise trotzdem ein sehenswerter, gefühlvoller, teilweise erheiternder Film, den man irgendwie gern haben kann.

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                              • 9

                                Von vielen wird "Le Cercle rouge" als bestes Werk von Jean-Pierre Melville angesehen und es fällt nicht schwer, zu erkennen, weshalb.
                                Die Handlung rund um ein Trio, das erst im Laufe der Geschichte nach und nach zusammenfindet, und dann einen raffinierten Raubüberfall durchführen will, ist augenscheinlich erstmal nicht so originell für Melville´s Verhältnisse.
                                Es ist die handwerkliche Finesse und inszenatorische Perfektion, die diesen Film so großartig machen. Die ausgeklügelten, eleganten Kamerafahrten, die zahlreichen, langen Einstellungen und immer wieder hochspannend eingefädelten Sequenzen verleihen dem Film eine extrem dichte Atmosphäre.
                                Dabei sticht vor allem die Reduziertheit der Dialoge hervor, Melville definiert seine Figuren durch Bilder und Handlungen, nicht durch Worte. Dabei kann er sich vor allem auf den großartigen Cast stützen, vor allem Alain Delon sticht wieder einmal durch seine eiskalte Präzision und coole Präsenz hervor.
                                Selbst im Verlauf, bei dem der groß angelegte Raubüberfall erst vorbereitet wird und die Figuren langsam in Stellung bzw. zusammengebracht werden, liegt durchwegs eine gewisse Nervosität und Anspannung über den Beteiligten. Der unbestreitbare Höhepunkt bleibt dann aber ganz klar der Raubüberfall selbst.
                                Praktisch komplett ohne gesprochene Worte und in fantastischen, ruhigen Einstellungen inszeniert Melville dieses Heist-Highlight über 25 Minuten hinweg und mithilfe eines mal mehr, mal weniger lauten Tickens im Hintergrund auch akustisch hervorragend. Allein für diesen Abschnitt muss der Film eigentlich von jedem Filmliebhaber mindestens einmal gesehen werden.
                                Fernab der eigentlichen Handlung und trotz der eher knapp gehaltenen Dialoge verleiht Melville seiner Geschichte aber trotzdem auch noch einige tiefgründige, nachdenklich stimmende Facetten, durch die er sich mit dem Bösen innerhalb jedes Menschen sowie dem unausweichlichen Schicksal beschäftigt.
                                "Le Cercle rouge" ist ein handwerklich sowie atmosphärisch herausragender, exzellent gespielter Thriller, bei dem wenig Wünsche offen bleiben und der zurecht ein absolutes Lehrstück in Sachen Spannung und Inszenierung wurde.

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                                • 7 .5

                                  Beeinflusst von persönlichen Erfahrungen schuf Jean-Pierre Melville mit "L'Armée des ombres" ein sehr pessimistisches, kaltes Werk rund um eine Truppe der Résistance im Jahr 1942.
                                  Durch seinen gewohnt distanzierten, konzentrierten Inszenierungsstil gelingt Melville eine sehr niederdrückende Atmosphäre, mit welcher der Regisseur ein authentisches sowie realistisches Bild der damaligen Verhältnisse und Zustände kreiert. Vor allem der Einstieg und das knappe erste Drittel liefern einen sehr finsteren, mitunter hochspannend aufgezogenen Einblick in das sinn- wie hoffnungslose Treiben der damaligen Mitglieder der Résistance.
                                  Trotzdem bleibt der Streifen, vermutlich von Melville auch so beabsichtigt, dem Zuschauer meist seltsam fremd und ein wenig oberflächlich durch seine zwar gut gespielten, aber gleichzeitig extrem kühlen, beinahe stoischen Figuren, die nie auch nur eine Miene verziehen. Zusammen mit dem sehr langsamen Erzähltempo und einigen etwas langatmigen Passagen macht es der Streifen dem Betrachter so nicht durchgehend einfach, gespannt oder voll involviert am Ball zu bleiben. Dies wird allerdings durch einige sehr intensive, aufrüttelnde oder spannend umgesetzte Szenen wieder etwas wett gemacht, die vor allem vom Schrecken der damaligen Ereignisse dominiert werden.
                                  "L'Armée des ombres" ist ein eher persönlicheres, authentisches Werk von Jean-Pierre Melville, das dem Zuschauer die Sinn- und Auswegslosigkeit der damaligen Kriegszeit, speziell der französischen Résistance-Bewegung, näher bringt. Durch seinen nüchtern-distanzierten Stil und die langsame Inszenierung macht es der Streifen dem Betrachter nicht leicht, eine Sichtung lohnt sich aufgrund der wichtigen Thematik trotzdem.

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                                  • 8

                                    Mit "Le Doulos" lädt Regie-Größe Jean-Pierre Melville den Zuschauer wieder einmal ein in die Welt der Gangster, Verbrechen und Spitzel.
                                    In einem geheimnisvollen Spiel rund um Vertrauen und Verrat profitiert der Streifen vor allem durch das Nichtwissen des Betrachters. Melville weiß ganz genau, wie viel er zeigen oder offenbaren muss, um die Spannung durchgehend aufrecht zu erhalten, ohne dass man jemals einen vollständigen Überblick über sämtliche Motive der handelnden Figuren erhält. Dazu baut Melville einige durchaus überraschende Handlungswendungen und Kniffe ein, durch die der Film immer wieder Haken schlägt und sich erst zum Ende hin alles sinnvoll zu einem stimmigen Gesamtbild verknüpft.
                                    In unterkühlten, langsamen Schwarz-Weiß-Aufnahmen, ausgefeilten Kameraeinstellungen und mit einem sehr lässigen Jazz-Soundtrack entsteht eine sehr entspannte, stimmungsvolle Atmosphäre.
                                    Hinzu kommen Charaktere, die fast schon stilprägend für das damalige, französische Gangster-Kino sind und von fantastischen Darstellern verkörpert werden. Exemplarisch sei hier nur mal wieder der göttliche Jean-Paul Belmondo genannt, eine absolute Stil-Ikone und förmlich geboren für solche lässigen, eiskalten, vielschichtigen Gangster-Rollen.
                                    Bei "Le Duolos" ist der Titel Programm. Das kühle, lässige aber auch tragische Noir-Thriller-Stück ist spannendes, ausgezeichnet gespieltes Spannungskino rund um die Fatalität des Verbrecherdaseins, Verrat und Täuschung.

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                                    • 7 .5

                                      Anh Hung Tran setzt sich mit seinem Film "I Come with the Rain" bewusst zwischen alle Stühle. Mit seinem düsteren, abgründigen Neo-Noir-Thriller-Drama untergräbt der Regisseur gängige Sehkonventionen und schuf ein Werk, welches verständlicherweise polarisiert.
                                      Von unbestreitbarer Qualität ist die extrem starke Performance von Josh Hartnett. Als gebrochener, traumatisierter Ex-Cop gerät der mittlerweile als Privatermittler tätige Kline bei seinem neuesten Auftrag mitten in Hongkong zwischen die Fronten von Gesetz und organisierter Kriminalität. Dabei öffnen sich alte Wunden und Dämonen der Vergangenheit kehren in ihm heim.
                                      Tran verzichtet bewusst auf eine stringente Handlung, stattdessen öffnet der Regisseur verschiedene Storyfäden, die mal mehr, mal weniger plausibel verlaufen und aufgrund der wirren, komplexen Struktur einige offene Fragen aufwerfen. Viele Dinge werden erst geklärt, nachdem sie bereits geschehen sind, manche werden nie aufgelöst. Außerdem sind die Ebenen zwischen Vergangenheit und gegenwärtigem Geschehen nicht immer eindeutig festgelegt.
                                      Das Erzähltempo ist auffällig entschleunigt und Dialoge treten in den Hintergrund zugunsten einer sehr poetischen Inszenierungsweise mit kunstvollen, teils verstörenden Bildcollagen und einer sehr schönen Musikuntermalung. Vor allem ab der zweiten Hälfte werden die Schwächen des rätselhaften Werks dann leider etwas offensichtlicher. Die zerfallene, brüchige Struktur offenbart signifikante Schwächen in Sachen Kohärenz und Charakterzeichnung. Zudem überlädt Tran seinen Film ein wenig zu stark mit esoterischer, christlicher Jesus-Christus-Erlöser-Symbolik, bei der weniger mehr gewesen wäre.
                                      Regisseur Anh Hung Tran macht es der Zuschauerschaft mit "I Come with the Rain" nicht einfach. Sein eigenwilliges, kunstvoll inszeniert wie verschachteltes, atmosphärisches und stark gespieltes Thriller-Drama scheint aufgrund fehlender Charakterzeichnung und sperriger, unvollständig wirkender Erzählweise nie sein volles Potential ausschöpfen zu können, bleibt aber vielleicht gerade hierdurch ein nachhaltiges, außergewöhnliches und ungemein sehenswertes Werk.

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                                        Unzufrieden mit dem vorschnellen Aus seiner Serie "Twin Peaks" entschied sich David Lynch, mit dem Film "Twin Peaks: Fire Walk With Me" noch einmal in den von ihm geschaffenen Mikrokosmos zurückzukehren.
                                        Mit den überwiegend negativen Reaktionen und fast schon vernichtenden Kritiken hatte er aber vermutlich nicht gerechnet, denn diese stellen sich als völlig unbegründet heraus. Der Film ist alleinstehend ohne Kenntnis der Serie sicherlich etwas schwieriger einzustufen und zu bewerten. Einige Passagen wirken womöglich etwas zu bruchstückhaft und vieles bleibt ungeklärt. Selbst Fans der Serie zeigten sich enttäuscht, denn der Humor, der sich öfters durch die Episoden zog, fehlt hier praktisch vollständig.
                                        Lynch liegt viel mehr daran, eine Art Prequel zu erzählen, in dem er sich hauptsächlich auf die Figur der Laura Palmer fokussiert. Zunächst gibt es allerdings anfangs etwas mehr Hintergrund rund um den ersten Mordfall von Teresa Banks.
                                        Die erste halbe Stunde allgemein ist atmosphärische wie ästhetische Perfektion und zeigt Lynch auf dem Höhepunkt seiner Fertigkeiten. Chris Isaak und Kiefer Sutherland sind ein fantastisches FBI-Duo und die Kombination aus trügerischer Country-Side-Idylle, düsterer Kriminalarbeit und typisch abstrakten Lynch-Elementen ist absolut genial.
                                        Danach dreht sich dann aber alles um Laura Palmer. Lynch zeigt die letzten 7 Tage aus ihrem Leben als eine Art quälendes Martyrium. Als Zuschauer wird man Zeuge, wie sich eine junge Frau immer mehr zwischen psychischem sowie physischem Zerfall verliert. Auch häuslicher Missbrauch und gesellschaftliche Abgründe wie Missstände werden thematisiert und drastisch umgesetzt. Viele Nebenfiguren aus der Serie sind kein einziges Mal zu sehen, stattdessen steht eine unglaublich bedrückende, verstörende Grundatmosphäre an der Tagesordnung. In diesem Zusammenhang kreiert Lynch einige seiner unangenehmsten Szenen. 2-3 Passagen sind sogar so bedrückend, dass sie aufgrund der Mischung aus verzweifeltem Schauspiel, verstörender Lichtsetzung, flirrender Schnitttechnik und intensiver Tongestaltung nur schwer erträglich sind und körperliches Unbehagen auslösen. Doch auch die für Lynch typischen, surrealen Traumsequenzen und mysteriösen Einlagen kommen keinesfalls zu kurz und liefern einen großen Spielraum für eigene Interpretationen.
                                        Komponist Angelo Badalamenti leistet ebenfalls wieder herausragende Arbeit und liefert neben den bekannten Stücken aus der Serie erneut eine meisterhafte Mischung aus lieblichen Melodien, düsteren Geräuschen und lässig-entspannten Slow-Jazz-Einlagen.
                                        Ein letzter Wehrmutstropfen für Fans bleibt lediglich, dass die Figur Donna Hayward nicht wie in der Serie von Lara Flynn Boyle, sondern von Moira Kelly gespielt wird. Und dass der allseits geliebte Dale Cooper insgesamt nur ungefähr 10 Minuten Screentime bekommt.
                                        Auch wenn einige der Markenzeichen und Figuren aus der Serie fehlen, ist "Twin Peaks: Fire Walk With Me" ein atmosphärisches, visuell herausragendes, zwischen Drama und Horror pendelndes Meisterstück von David Lynch, welches großartige Schauspielperformances, rätselhaft-surreale Elemente und bedrückend-tragische Passagen in sich vereint und somit hoffentlich nicht auf ewig ein zu Unrecht gescholtenes und verkanntes Werk im Schaffen des Meisters bleiben wird.

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                                          "She's dead... Wrapped in plastic."
                                          Die letzten knapp 10 Tage durfte ich wieder einmal einen cineastischen Urlaub der Extraklasse verbringen. Dank dem kürzlich veröffentlichten Blu-ray-Boxset erstrahlt Twin Peaks in neuem, farbenfrohen Glanz. Grund genug, sich wieder einmal in diese ganz besondere Kleinstadt zu begeben.
                                          "Twin Peaks" war bereits damals ein absolutes TV-Phänomen, welches die Fernsehlandschaft entscheidend prägen und verändern würde. Selbst bis heute hat die Serie immer noch nichts von ihrer einmaligen, verschrobenen sowie mystischen Faszination verloren.
                                          Mark Frost und David Lynch schufen eine ganz besondere Serie, die auf der einen Seite wie eine typische, mitunter schmalzige Soap-Opera aus den 90ern wirkt, in denen es sich viel um Familiengeschichten, Romanzen oder Figurenbeziehungen dreht. Natürlich ist da allerdings noch mehr, denn nicht ohne Grund war David Lynch an der Serie maßgeblich beteiligt. So erhält die Serie auf der anderen Seite eine mysteriöse, düstere, abgründige wie surreale Note, was in Verbindung mit den Soap-Elementen eine unvergleiche Mischung ergibt, wie man sie kein zweites mal finden wird.
                                          Allein den einzelnen Figuren könnte man aufgrund ihrer Einzigartig- sowie Vielschichtigkeit jeweils einen eigenen Eintrag hier widmen, doch in erster Linie sollte der Schauplatz selbst zunächst Erwähnung finden. Twin Peaks ist eine malerische, nahezu traumhafte Kleinstadt, die mit ihrer ländlichen Idylle, den vordergründig unglaublich sympathischen Bewohnern und den vielen ikonischen Plätzen (z.B. das Great Northern Hotel, das Double R Diner, das Roadhouse,...) immer wieder die Lust weckt, mal selbst dort Urlaub zu machen, wenn der Ort in Wirklichkeit so existieren würde.
                                          Aufhänger der Handlung ist der grausame Mord an der wunderschönen Schönheitskönigin Laura Palmer. Zur Aufklärung des Falls ermittelt nicht nur das lokale Sheriffs-Department, auch ein Special Agent des FBI reist in die Stadt, um den Mord zu untersuchen.
                                          Bereits früh kommt vor allem der Einfluss von David Lynch zu tragen. Was auch in seinen eigenen Regiearbeiten stets ein Motiv ist, ergründet der Meister des Surrealen in der Serie ebenfalls. Die schöne, strahlende Vorstadtfassade beginnt schnell zu bröckeln und Risse werden sichtbar. Niemand ist hier von der Persönlichkeit her so, wie es zunächst den Anschein hat und fast jeder beherbergt irgendein dunkles Geheimnis.
                                          So rückt der Mordfall zwar nicht vollständig aus dem Fokus, er ist aber bei weitem nicht das tragende Element der fortschreitenden Handlung. Frost und Lynch entwickeln viel mehr zahlreiche Nebenschauplätze, bei denen sämtliche Nebenfiguren zum Zug kommen und sich nach und nach ein immer weitläufigeres Bild einer Stadt entwickelt, in der nichts und niemand gewöhnlich zu sein scheint und es immer deutlicher wird, wie sehr das Wunderschöne neben dem Tiefdunkelsten existiert.
                                          Dabei kommt der Serie vor allem auch der einzigartige, atmosphärische Tonfall zu Gute, bei dem beispielsweise auf eine sehr ergreifende, tragische Szene ein Moment des puren Slapsticks folgen kann. So bleibt das Geschehen stets überraschend und unvorhersehbar.
                                          Die wenigen Episoden, bei denen Lynch persönlich Regie führte, stechen dann nochmal besonders hervor und beinhalten allesamt absolut geniale, abgedrehte oder besondere Merkmale, welche in dieser Form nur von Lynch stammen können. Elemente wie beispielweise der Red Room, die Black Lodge, ein tanzender Zwerg oder ein rätselstellender Riese bieten bis heute Zündstoff für Diskussionen und Analysen und verleihen der Serie weitere, unvergleiche Facetten.
                                          Frost und Lynch planten ursprünglich, den Mörder von Laura Palmer niemals zu enthüllen, doch der Sender machte aufgrund schwächelnder Quoten so großen Druck, dass sich die beiden gezwungen sahen, die Identität des Täters Anfang der 2. Season zu enthüllen. Viele sind der Meinung, dass die Serie besonders nach Episode 16 massiv einbricht.
                                          Es stimmt schon, die Handlung wirkt ab da zunächst etwas ziellos und die Abwesenheit von Lynch, der merklich weniger am Set anwesend war, macht sich durchaus bemerkbar. Trotzdem hat man sämtliche Figuren spätestens hier bereits fest ins Herz geschlossen, weshalb auch einige vielleicht etwas sehr alberne Nebenhandlungen kaum negativ ins Gewicht fallen und die Serie trotzdem bis zum Ende nochmal einen neuen, fesselnden Hauptplot erhält.
                                          Speziell die letzte Folge sollte auch noch besonders hervorgehoben werden. Wieder unter der Regie von Lynch persönlich wird hier nochmal ein dermaßen intensives, verstörend-bizarres Feuerwerk gezündet, dass man sogar so weit gehen kann zu sagen, dass sich die gesamte Serie nur wegen diesem Finale lohnt. Viele Fragen werden nochmal aufgeworfen, die hoffentlich niemals aufgelöst werden, damit das Mysterium "Twin Peaks" auch in Zukunft so reichhaltig wie eh und je verbleibt.
                                          Neben den zahlreichen, markanten Einstellungen und der allgemein sehr feinen, kunstvollen Kameraarbeit ist das Herzstück der Serie neben der einzigarten Atmosphäre, den fantastischen Charakteren und dem außergewöhnlichen Genre-Mix sicherlich die Musik von Angelo Badalamenti. Der Mann, der ohnehin für die meisten Soundtracks von Lynch´s Filmen verantwortlich ist, schuf hier sein persönliches Meisterwerk. Kompositionen wie beispielsweise das Twin Peaks Theme, Laura Palmer´s Theme, Audrey´s Dance oder Dance of the Dream Man sind geniale Ohrwürmer, die sich wahrscheinlich auf ewig ins Unterbewusstsein einbrennen. Hinzu kommt noch, dass besagte Songs und noch weitere nicht nur gelegentlich, sondern fast in jeder einzelnen Episode wiederholt zu hören sind. In anderen Serien würde so etwas sicherlich zu einem absoluten Overkill oder Nerv-Faktor führen, doch aufgrund der überragenden musikalischen Qualität wird hier nur noch mehr zum brillanten Gesamtbild beigetragen.
                                          Abschließend muss aber unbedingt noch eine Figur erwähnt werden. Der von Kyle MacLachlan gespielte Special Agent Dale Cooper darf zu den besten Figuren der gesamten Seriengeschichte gezählt werden. Coop ist ein absoluter Ehrenmann, der mit seiner überfreundlichen, warmherzigen und optimistischen Art perfekt in diese Kleinstadt passt. Im späteren Verlauf erhält allerdings auch er noch auffällig tiefergehende Hintergründe, die für den Endverlauf mehr als entscheidend sind. In ihm spiegelt sich außerdem mit Sicherheit auch viel von Lynch´s eigener Persönlichkeit wieder. Neben seiner Obsession mit schwarzem Kaffee (Lynch selbst konsumiert gerne ungefähr 15 Tassen am Tag) ist es vor allem sein aufgeschlossenes Wesen, mit dem er sich auf jedes noch so rätselhafte, merkwürdige Ereignis einlässt, was wohl viel von Lynch´s Vorliebe mit dem Surrealen, Abgründigen abbildet, das tief hinter dem Gewöhnlichen verborgen liegt.
                                          Und so gebührt das abschließende Zitat auch Dale Cooper, durch welches die Serie dem Zuschauer trotz des erschütternden, bedrückenden Finales stets in positivster Form in Erinnerung bleiben dürfte:
                                          "Harry, I'm going to let you in on a little secret. Every day, once a day, give yourself a present. Don't plan it. Don't wait for it. Just let it happen. It could be a new shirt at the men's store, a catnap in your office chair, or two cups of good, hot black coffee. "

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                                          • 6 .5

                                            "Random" von Regisseur Oliver Blackburn, bei uns unter dem eher plumpen Titel "Kristy - Lauf um dein Leben" veröffentlicht, entpuppt sich als durchaus ansehnliche Genre-Kost.
                                            Die Handlung ist simpel gehalten. Es geht um eine Studentin, die über Thanksgiving alleine auf dem Campus verbleibt. Dort wird sie dann von einer Gruppe psychopatischer, mörderischer Stalker gejagt.
                                            Die Stärken des Streifens liegen zunächst in der wirklich ordentlichen Inszenierung. Blackburn hält die Laufzeit mit gut 85 Minuten sehr schlank und setzt die meiste Zeit auf ein hohes Tempo, bei dem praktisch keine Längen auftreten können. Zudem ist der Streifen schick gefilmt und mit einem passenden Score unterlegt, insgesamt also kein Vergleich zu üblichem, billigen Direct-to-DVD-Geschwurbel. Als noch wichtiger erweist sich allerdings der Einstieg. Während dieser in den meisten Horrorfilmen meist langweilig oder unspektakulär daherkommt, nutzt Blackburn seinen, um die Protagonistin einzuführen.
                                            Justine, gespielt von Haley Bennett, ist eine wirklich durch und durch sympathische Hauptfigur. Noch besser ist allerdings, dass sie sich den gesamten Streifen über durchwegs nachvollziehbar, glaubwürdig sowie realistisch verhält, wodurch sie sich merklich von gängigen, platten Figuren innerhalb des Genres abgrenzt.
                                            Neben den üblichen Mängeln, über die auch dieser Film nicht hinweg sieht, wie überlaute, nervige Soundeffekte bzw. Jump-Scares oder altbekannte Momente wie flackernde Lichter und knarzende Türen sind die Psychopathen hier das größte Manko. Sie kommen über komplett klischeehafte, stumme, psychotische Stereotypen nie hinaus und gehören so leider zum enttäuschenden Part des Streifens.
                                            Dieser nimmt aber vor allem in den letzten gut 20-25 Minuten nochmal gehörig Schwung auf, lässt die staubigen Jump-Scare-Schocks mehr und mehr außen vor und konzentriert sich stärker auf ein perfides Katz- und Mausspiel zwischen Jäger und Gejagter, wobei vor allem die Umgebung ideal mit einbezogen wird und das starke Charisma bzw. der entschlossene Überlebenswille gepaart mit intelligenten, rauen Handlungen der Protagonistin eine große Rolle einnimmt.
                                            Das Konzept von "Random" ist sicherlich kein sonderlich innovatives und der Streifen krankt zudem an genreüblichen Krankheiten wie klischeehaften Gegenspielern sowie altbackenen Einlagen. Durch das flüssige Pacing, das straffe Tempo und vor allem die schicke Inszenierung in Kombination mit einer wirklich starken Hauptfigur ist der Film aber trotzdem mehr als solide, kurzweilige Genre-Unterhaltung geworden, bei dem Horror-Fans durchaus einen Blick wagen dürfen.

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                                            • 8

                                              Freunde des vertrackten Kopfkinos aufgepasst: "Coherence", das Debüt von Regisseur James Ward Byrkit, ist eine kleine Genre-Perle, in der Science-Fiction gänzlich ohne Effekte in einem interessanten, spannenden Rahmen präsentiert wird.
                                              8 Leute, teilweise lange befreundet, treffen sich zu einer ausgelassenen Dinner-Party. Die Gespräche und Diskussionen des Abends werden allerdings von einem speziellen Ereignis überschattet. Am Himmel rauscht ein Komet nah über die Erde hinweg.
                                              Byrkit formt aus dieser Prämisse einen seltsamen, auf seine Weise fesselnden Thriller, bei dem ein ganz spezielles, physikalisches Konstrukt auf die Handlung ausgeweitet wird. Dabei ist der Streifen praktisch ein No-Budget-Film, der sich fast die gesamte Laufzeit über Dialoge und theoretische Gedankenspiele entwickelt.
                                              Gedreht wurde an nur 5 Abenden, ein Großteil der Dialoge wurde von den Darstellern improvisiert. Trotzdem gelingt es dem Regisseur nicht nur, ein komplexes Science-Fiction-Szenario zu entwerfen, das zum Diskutieren und Rätseln einlädt. Auch die charakterlichen Eigenschaften und Hintergründe der Figuren spielen eine nicht unwesentliche Rolle im Verlauf der mysteriösen Geschichte, wodurch trotz der schlanken Laufzeit nicht nur Zeit für Mystery und Thrill, sondern auch für zwischenmenschliches Drama bleibt, was ebenfalls dem wirklich überzeugenden Cast anzurechnen ist.
                                              Einzig die Inszenierung muss sich ein wenig dem vermutlich kaum vorhandenen Budget des Streifens unterordnen. Die Kameraaufnahmen sind unruhig und wirken teilweise wie aus einem Amateur-Home-Video, was oftmals auch durch den sehr abrupten Schnitt bzw. das schnelle Abblenden ins Schwarze unterstrichen wird. Die zurückhaltende, aber effektiv gesetzte Musikuntermalung passt hingegen wirklich ausgezeichnet und sorgt für Stimmung.
                                              "Coherence" ist für Liebhaber etwas kopflastigerer, minimalistisch gehaltener Filme auf jeden Fall eine große Empfehlung. Regisseur James Ward Byrkit zeigt, wie viel man mit ganz wenig erreichen kann und liefert mit seinem Debüt ein wirklich interessantes, fesselndes Science-Fiction-Thriller-Drama, welches von dem guten Cast, den knackigen Dialogen sowie der komplexen Geschichte getragen wird und definitiv nachhaltig auf verschiedenen Ebenen zum Grübeln einlädt.

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                                              • 4 .5

                                                Mit seinem Low-Budget-Debüt "Almost Human" eifert Regisseur Joe Begos seinen Genre-Vorbildern nach und wollte einen Old-School-Slasher im 80er-Jahre-Gewand schaffen.
                                                Herausgekommen ist letztendlich ein Film mit Licht und Schatten. Inszenatorisch ist der Streifen recht ordentlich und für das geringe Budget ganz anständig gefilmt. Auch die Musik ist solide und liefert in einigen Momenten recht eindringliche Unterstützung zu den jeweiligen Szenen.
                                                Aus der Prämisse, die mit dem grundsätzlich recht stimmungsvollen Einstieg gesetzt wird, hat Begos aber leider viel zu wenig gemacht. Was durch die Science-Fiction-Elemente ein abgefahrener, temporeicher und spannender Trip hätte werden können, entpuppt sich über weite Strecken lediglich als uninspirierter Slasher von der Stange, in dem ein Psychopath mit eingefrorener Miene Leute recht brutal umbringt.
                                                Die Effekte sind dabei ziemlich explizit und angenehm handgemacht, doch Spannung oder gar eine intensive Atmosphäre mag so, trotz der vorhandenen, schrägen Komponente mit den außerirdischen Einschüben, fast nie aufkommen.
                                                Auch die Charaktere bleiben weitestgehend blass, was auch der sehr knappen Laufzeit von knackig-kurzen 70 Minuten ohne Abspann geschuldet ist. Lediglich im Finale, also den letzten ca. 10 Minuten, tritt Begos endlich etwas mehr aufs Gaspedal und bietet erhöhte Spannung, deftige Effekte, bizarre Einfälle und eine somit klar verbesserte Atmosphäre. Hier wird deutlich, was der Film an Potential gehabt hätte, wenn man diesen Schlussteil über den gesamten Film gezogen sowie deutlich mehr Tempo, Spannung und vielleicht schwarzen Humor eingebracht hätte.
                                                "Almost Human" ist insgesamt als Debüt leider gescheitert, was schade ist, da trotz des verschenkten Potentials einige durchaus gelungene Momente vorhanden sind. Die interessante Prämisse eines Old-School-Slashers kombiniert mit absonderlichen Science-Fiction-Elementen wurde aber kaum ausgebaut und so bekommt man hauptsächlich einen gewöhnlichen, spannungs- wie höhepunktarmen (bis auf das Finale) 08/15-Slasher.

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                                                • 7 .5

                                                  Dass Sequels meist schwächer als die Vorgänger sind, ist allgemein bekannt. Den Verantwortlichen hinter "22 Jump Street" war das auch bewusst und so machen sie auch gar keinen Hehl daraus und persiflieren in der Fortsetzung das eigene Filmimage unentwegt selbst.
                                                  Wieder sind es Jonah Hill und Channing Tatum als Cop-Duo, das so hervorragend harmoniert und für einen witzigen Moment nach dem anderen sorgt. Wie im Film selbst ebenfalls erwähnt ist die Fortsetzung praktisch einfach noch mal das gleiche Konzept des ersten Teils, nur diesmal am College.
                                                  Jonah Hill ist sowieso wie immer urkomisch, doch vor allem Channing Tatum versteht es wieder hervorragend, sein eigenes lässiges Sunnyboy-Image gekonnt auf die Schippe zu nehmen und zu zeigen, wie unverklemmt und herrlich witzig er vor allem im Zusammenspiel mit Hill sein kann.
                                                  An ganz wenigen Stellen wird es vielleicht ein wenig zu pubertär albern, doch überwiegend dominiert der wunderbar funktionierende Mix aus Wortspielen, Situationskomik und peinlichen Situationen. Dabei erhält neben der Meta-Ebene mit dem Fortsetzungswahn vor allem der homoerotische Subtext der Beziehung von Hill und Tatum einen großen Spielraum, der wiederum zu einigen Späßen führt.
                                                  Am meisten Spaß neben dem Hauptdarsteller-Duo macht erneut Ice Cube als angepisster Vorgesetzter, der hier wieder einmal in der Rolle seines Lebens zu sein scheint.
                                                  "22 Jump Street" versucht gar nicht erst den Vorgänger zu übertrumpfen und macht kein Geheimnis daraus, eigentlich dieselbe Handlung noch einmal zu erzählen. Stattdessen fügt diese Komponente dem Film eine weitere, unterhaltsame Ebene hinzu und zusammen mit den zahlreichen, lustigen Gags und den wieder fantastisch harmonierenden Darstellern ist der Streifen Pflichtprogramm für Fans des ersten Teils.

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                                                  • 8

                                                    Das Debüt von Meisterregisseur Wes Craven ist nicht nur im Terror-Bereich ein absolutes Vorzeigebeispiel der 70er, sondern auch beißende Gesellschaftskritik in knallhartem Mantel.
                                                    Craven lässt, wahrscheinlich auch von persönlichen Erfahrungen und Motiven geleitet, das erzkonservative, biedere Gutbürgertum mit der erschütternden, unerklärlichen Brutalität hinter den brav vorgefertigten Richtlinien kollidieren. Dabei geht der Regisseur gänzlich freigelegt von irgendwelchen Vorschriften oder Studiovorgaben sehr ungeschönt und hart zu Gange und inszeniert seinen Film mit einer perfiden wie kongenialen Vorgehensweise.
                                                    Wenn die beiden Teenager aus gut behütetem Elternhaus von den sadistischen, verrohten Psychopathen im Wald gefoltert werden, kreiert Craven beispiellos eindringliche Szenen von erstklassiger Terror-Güte. Vor allem der ungewöhnliche Einsatz fröhlicher, eigentlich aufheiternder Pop-Songs in Kombination mit äußerst unangenehmen, harten Szenen ist ein Stilmittel, welches bis heute immer wieder gerne in (Horror-)Filmen verwendet wird und selten so atmosphärisch passend und gleichzeitig bizarr wirkend umgesetzt wurde wie hier von Craven.
                                                    Doch erst im Schlussakt offenbart sich schließlich die gesamte Tragweite der gesellschaftskritischen Brisanz dieses Debüts. Nachdem Craven vorher den Polizeiapparat bereits mit fast schon lächerlich parodistisch wirkenden Szenen in bester Laurel & Hardy-Manier der vollständigen Unfähigkeit bloß stellt, zeigt er dann noch, wie das bisher in Anstand und Unschuld gehütete Elternhaus reagiert, wenn es mit roher Gewalt und unerklärlicher Grausamkeit konfrontiert wird. Verzweifelte Ohnmacht und blinde Wut führen schließlich zu einem Akt der nutzlosen Selbstjustiz, bei dem beide Seiten die Rollen tauschen und Gleiches mit Gleichem vergeltet werden soll.
                                                    "The Last House on the Left" ist ein äußerst intelligentes, reifes Debüt von Regisseur Wes Craven, der hier durch ausgeklügelte Gesellschaftskritik, rohe, ungefilterte Atmosphäre sowie die kongeniale Inszenierung einen wahren Klassiker des 70er-Jahre Terror-Kinos schuf, welcher einen wichtigen Grundstein für seine folgende, mit weiteren Glanzstücken gespickte Karriere darstellte.

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