Robert Sinclair - Kommentare
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Alle Kommentare von Robert Sinclair
https://www.youtube.com/watch?v=HHC33-CMXLE
Ich muss gestehen, es hat ne ganze Weile gedauert, bis mich die Sopranos wirklich packen konnten aber die wirkliche Schwere der Serie wurde mir erst im Nachhinein klar, genau wie Tonys eigene Erkenntnis zu spät kam.
Wer darauf wartet, dass irgendwann ein großer Krieg zwischen New York und Jersey ausbricht, wartet vergebens, wer darauf wartet, dass Handlungsstränge der Vergangenheit unabdingbar in die Haupthandlung hineinführen ebenso. "Die Sopranos" wirkt teilweise eher episodenhaft, als dass sie konzentriert auf den einen großen Handlungsausgang hinausläuft, und genau das macht sie am Ende aus. Hier mal n paar Episoden in kindischer Manier auf die Kacke hauen, an anderer Stelle um verstorbene Freunde trauen, um Geliebte im Krankenhaus bangen, sich vergeblich darum bemühen ein guter Vater zu sein oder seine engsten Mitmenschen betrügen, um danach wieder versuchen ein besserer Mensch zu sein.
Tony Soprano stellt als Hauptfigur die Walter Whites oder Francis Underwoods der Serienwelt um einiges in den Schatten was seine Ambivalenz der Dinge angeht. Auf der einen Seite der coole Onkel mit spitzbübischen Lächeln, der an seinem 20 Dollar Grill steht und nicht mehr als seine Kumpels und ne Zigarre braucht, um die kleinen Dinge des Lebens zu genießen. Auf der anderen Seite ein vollkommen rücksichtsloses, empathieloses Arschloch der dich für Schulden ohne Bedenken in den Selbstmord treibt, oder über Leichen geht, wenn du ihn in seinem Stolz verletzt.
Diese Serie nimmt sich für die Gegensätze und die Widersprüche des Menschsein Zeit, nicht nur für Tony, sondern für ein gutes Dutzend Figuren die über mehrere Staffeln schon beinahe tiefenpsychologisch erforscht werden.
Am Ende auch mit düsterer Aussage. Alle sind wir doch bis zu einem gewissen Grad Arschlöcher, vielleicht nicht als Schutzgelderpresser, dann eben durch Sticheleien oder Rufmord an anderen weil man nicht das Vermögen zu physischer Gewalt hat oder im schlimmsten Fall sind wir einfach mies gegenüber uns selbst.
Sopranos schenkte mir unheimlich glaubwürdige Figuren, weil HBO sich daran hielt, Figuren zu zeigen, die faszinieren sollten, anstatt sympathisch zu wirken und hat dadurch vielleicht ganz nebenbei eine der authentischte filmischen Abhandlungen über die Aufs und Abs des Lebens geschaffen, weil sich diese Figuren komplett ehrlich über 6 Staffeln lang in einer Welt ohne Moralvorstellungen austoben konnten.
Das Ende hat mich kalt erwischt, passender ging ein Ende für diese Erzählung gar nicht und obwohl man es seit der Pilotfolge hat kommen sehen, lässt es einen doch leer zurück und mich selbst an das alte Woody Allen Zitat denken:
"Life is full of misery, loneliness, and suffering - and it's all over much too soon."
1. Hast du Menschen die dir zuhören und dich so nehmen wie du bist?
- Mehr als ich wahrscheinlich verdient hätte und grade in den letzten Wochen war ich sehr angenehm überrascht, wie groß deren Anteilnahme und Aufmerksamkeit trotz persönlicher Verfehlungen gegenüber diesen Menschen in der Vergangenheit sein kann.
2. Was tust du dir selbst gutes?
- Momentan eine etwas gesündere Ernährung, weniger Fleisch, Alkohol und Zucker dafür mehr Obst und Gemüse. Ein persönlicher Trend der dringend ausgebaut werden müsste und nicht einschlafen sollte.
3. Worüber denkst du am meisten nach?
- Philosophisches, den Sinn des Lebens in einer Form zu finden, dass man Depressionen und Widrigkeiten am besten trotzen kann. Schwer das genauer zu beschreiben, aber man sieht das "Große Ganze" in den kleinen und größeren Dingen des Alltags zurzeit so stark, dass man positive und negative Empfindungen sehr intensiv wahrnimmt. Beim Anblick von älteren oder eingeschränkten Mitmenschen oder allgemeinem Leid denkt man an eigene Sterblich- und Bedeutungslosigkeit, bei einem zweisamen Moment mit gutem Freund oder Geliebten oder etwas so simplen wie einem ruhigen Moment alleine mit Kaffee in der Mittagssonne genießt man das Leben in einer tiefen Form von Dankbarkeit.
Seit Ende Mai habe ich die Serie "Die Sopranos" durchgesehen und war überrascht wie ausführlich sich diese Serie mit diesen Themen rund um geistige Gesundheit und Sinnsuche im Leben beschäftigt hat. Diese Serie hat vielen Gedanken nochmal neuen Anstoß gegeben und sich mit vielen Herausforderungen des menschlichen Seins auf einer wesentlich tieferen Ebene beschäftigt, als ich es von einer "Mafia Serie" erwartet hatte.
4. Wie beginnt für dich ein perfekter Tag?
- Das klingt wahrscheinlich wie jedes "Morning Routine" Video auf youtube und jedes Selbsthilfebuch aber tatsächlich mit einem produktiven Morgen, wo man sich nach allen Regeln der Kunst fordert: Sport, kalt duschen, gesund frühstücken und dann um 8:00 Uhr schon was "geschafft" zu haben, um dann loslegen zu können.
Ich sag nicht, dass ich das besonders oft schaffe, aber grade da ich naturgemäß eher Müßiggänger und Langschläfer bin, ist der Erfolg von einem eifrigen Tagesbeginn für mich der perfekte Tagesstart.
5. Karma oder Charisma?
- Ich glaube schon an eine gewisse Form von Karma und habe erst gestern noch daran gedacht, dass jeder Mensch in irgendeiner Form früher oder später für seine Verfehlungen zahlen muss, selbst wenn es nur in einer moralischen "Gewissensform", "Schuld und Sühne" mäßig sei. Trotzdem ist das ein eher abstraktes Konzept, dass ich mich für Charisma entscheide, welches in Form von einigen Leuten ganz konkret inspirieren kann und welches ich zum Beispiel in der Politik auch für einen wichtigen Bestandteil halte, obwohl gerade hier eine gewisse Gefahr von populistischer Ausnzutzung entsteht. Egal welche politischen Ansichten man vertritt, muss man sie eben auch verkaufen können und ich glaube, dass Charismatiker wie Kennedy in den USA oder Brandt in Deutschland ihre Programme wesentlich effektiver verkaufen könnten, als es die aktuellen Vertreter der etablierten Parteien in der westlichen Welt vermögen.
Weg von Politik und wieder in der Kunst, ist hier noch ein starkes Gedicht von Charles Bukowski, der mit dem Wort Style meine Meinung zu Charisma perfekt auf den Punkt bringt:
https://www.youtube.com/watch?v=PQZgCX0Ydbo
6. Gibt es einen Film den du toll findest, obwohl er ziemlich schlecht ist?
- Der einzige Film der objektik wirklich schlecht ist, sei es Kamera, Schauspielführung oder Story und mir trotzdem sehr gut gefällt, ist "Masked and Anonymous". Trotz der qualitativen Engpässe handelt es sich hier um einen meiner Lieblingsfilme mit 9er Wertung, was wohl nur Die Hard Bob Dylan Fans verstehen können, da dieser Film die Person Bob Dylan, seine Handlungen und Denkmuster so genial einfängt, wie es nur möglich ist und dabei einen besseren Job macht als ein "I m not There" oder das zukünftige Biopic mit Chalamet.
"Phantom Kommando" mit Schwarzenegger fällt mir noch ein, ist sicher kein schlechter Film, da er sich absolut bewusst ist, was er ist und innerhalb seines Genres alles perfekt macht, aber ingesamt ist das tatsächlich ein Streifen für den ich mich manchmal rechtfertigen muss, da er bei mir mit 8 Punkten die gleiche Wertung hat wie "Taxi Driver" "Shining" oder "Pulp Fiction", während meine subjektive Wertung bestehen bleibt, sehe ich aus filmischer Sicht natürlich schon, dass der Kommando Streifen eigentlich schlechter ist, wie diese Meisterwerke der Filmgeschichte.
7. Gibt es einen Film der dein Leben geprägt hat?
- Das kann ich wirklich nicht auf einen runterbrechen aber aus dem Kreis meiner Lieblingsfilme würden mir diese hier spontan als extrem prägend einfallen.
"American Beauty" "Star Wars: A New Hope" "Unforgiven" "Ist das Leben nicht Schön?" "Gran Torino" "Indiana Jones" "Donnie Darko"
8. Tim Burton oder Alfred Hitchcock?
- Für mich mit Abstand Tim Burton. Klar hat Hitchcock aus Regieperspektive mehr gerissen und weitaus stilprägendere und einflussreichere Filme verantwortet aber diese ganzen Spionage und Krimigeschichten von Hitchcock sind mir, wenn auch immer extrem lehrreich und spannend, nie nahe am Herzen.
Die Geschichten die Burton über verschrobene Außenseiter erzählt, ob es in "Ed Wood" oder "Nightmare Before Christmas" ist, sind mir da viel lieber, wozu ich den Look von Burton schlicht herausragend finde und mich an den Bildern von "Batman" oder "Edward Scissorhands" nicht satt sehen kann.
9. Kaufst du dir Merchandise zu bestimmten Serien/Filmen?
- Da habe ich tatsächluch ein Faible für, aus Franchises wie Star Wars haben wohl viele Filmnerds Kram bei sich und wenn mich etwas richtig reizt, dass ich in einem filmischen Universum komplett aufgehe, schlage ich bei Merchandise auch gerne zu. Im letzten Jahr zum Beispiel ne chice "R n R Diner" Tasse nach Beenden von "Twin Peaks".
10. Was gruselt dich besonders?
- In filmischer Form ist es der Horror von David Lynch in Filmen wie
"Mulholland Drive" oder Inland Empire", eine Form von Grusel die nie wirklich greifbar ist aber ein Gefühl erzeugt, als sei man tief in einem psychodelischen Fiebertraum gefagen.
In der Realität relativ wenig im herkömmlichen "Gruselsinne", so klassische Sachen wie Nachts durch n dunklen Welt zu laufen oder ähnliches finde ich persönlich zum Beispiel sehr entspannend, meditativ, denn gruselig.
Was mich schauern lässt, ist eher ein Ausblick in die Zukunft der nächsten 50 Jahre, wo man den Klimawandel als überschattende Bedrohung hat, ein kommunistisches China was mit Expansion seiner Nachbarländer irgendwann zum Pazifikkrieg mit den USA führen könnte, was eine ähnliche Kettenreaktion in einen Weltkrieg bedeuten könnte, wie Anfang des letzten Jahrhunderts und insgesamt ein Unglaube in den Zusammenhalt und Fortbestand der westlichen Welt, der auch ohne Kriegsszenario eher schlechte Aussichten hat, sieht man sich an, wie zerrissen unsere demokratischen Lager inzwischen sind .
11. Was macht dich traurig?
- Vieles macht mich traurig, und mental bin ich auch durchaus anfällig für depressive Verstimmungen ohne das an einzelnen Punkten festmachen zu können. Wie ich es eben mit "Die Sopranos" versucht habe zu beschreiben, ist es die "Gesamtheit der Dinge" die einem zu schaffen macht, was auch die allerletzte Szene im Diner gut auf den Punkt brachte. Man fühlt eine gewisse Sinnlosigkeit, kommt schwer aus schlechten Gewohnheiten oder üblen Eigenschaften heraus und die wirkich glücklichen Momente wirken sehr flüchtig, während man sich in Nichtigkeiten aufhängt und verrennt.
12. Würdest du lieber dein ganzes Leben lang ständig und wirklich ununterbrochen von Menschenmassen umzingelt sein oder dein ganzes Leben alleine in einer einsamen Hütte verbringen?
- Ist natürlich beides nicht wirklich lebenswert aber ich könnte mir nicht vorstellen länger als einen Tag lang, den man komplett von Menschen umzingelt wäre, zufrieden zu sein, vielmehr wäre man im Dauerstress und angespannt bis zum Anschlag. Da würde ich eher die Einsiedlerhütte nehmen. Vielleicht erschießt man sich dann wirklich irgendwann, weil die Einsamkeit einen das Leben nicht mehr aushalten lässt, aber kann mir gut vorstellen, vor diesem Punkt noch drei, vier halbwegs zufriedene Jahre zu haben, wo man sich auch alleine zum Beispiel mit Schreiben gut beschäftigen kann.
13. Was macht eine gute Partnerschaft aus?
- Den anderen auch mal seine Ruhe/Abstand zu gönnen. Dass man den Tag über auch eigenen Interessen, Job oder Hobby nachgehen kann, ohne dass man ununterbrochen aufeinander hängen muss und dass jeder noch auf natürliche Weise am Ende des Tages den Drang verspührt, die eigenen Erfahrungen mit dem Partner auszutauschen.
14. Auf einer Skala von 1 bis 10, wie sensibel reagierst du auf Kritik?
- Wenn 10 übersenibel und emotional ist, bin ich mindestens bei ner 6, wenn nicht schon bei ner 7. Fällt mir tatsächlich bis heute schwer Kritik nicht persönlich zu nehmen und bin manche Male schon leicht angefasst, auch wenn ich diese Einstellung gerne zu Gunsten von gesunder, kritischer Reflektion ablegen würde, dass ich irgendwann vielleicht mit 5/10 antworten kann.
15. Was war bis jetzt das peinlichste was dir passiert ist?
- Da fallen mir spontan zwei, drei Dinge ein, die man im extrem besoffenen Zustand gemacht hat, dass man diese "Hangover" mäßigen Episoden hier lieber nicht teilt.
16. Was sind deine absoluten Lieblings Videospiele?
1. Red Dead Redemption II
2. Star Wars Battlefront II (PS-2 Generation)
3. Red Dead Redemption I
4. Desperados (PC Strategie Spiel und großer Nostalgiefaktor)
5. The Witcher III
Hast du dich mal an moderne Sachen von Coppola herangetraut, also eigentlich fast alles was nach der Jahrtausendgrenze von ihm kam?
Hatte vor einiger Zeit mit einem ebenfall sehr filmafinen Freund "Twixt" gesehen und wir konnten es beide nicht fassen, was uns da geboten wurde. Da hat ein Regiegott ein Werk abgeliefert, welches in fast allen Belangen von Filmstudenten auf nem höheren Niveau entwickelt worden wäre. Das klingt von mir sicher arrogant und wie Nachtreten auf einen Regisseur, der nicht mehr an alte Hochzeiten herankommt, aber ich fände es tatsächlich spannend von anderen die Meinung zu seinen modernen Arbeiten zu hören, da ich in Bereichen der Kunst, also auch über das Medium Film hinaus, keinen Namen kenne, der zu seinen Hochzeiten unfassbare Meisterwerke ablieferte und in späteren Jahren jegliches Talent verloren zu haben scheint. Bei Coppola ist tatsächlich ein Gefälle zwischen "Meisterwerken" und (man muss es so sagen) "Müll" zu beobachten, wie bei keinem anderen, was bei "Twixt" fast schon wieder beeindruckend war, WIE schlecht der Film wirklich war.
Ansonsten wollte ich an dieser Stelle nochmal schreiben, dass du super spannende und gut "gepflegte" Listen hast, da macht das Stöbern großen Spaß und lädt zur Komplettierung etlicher Regisseur Filmographien ein.
Wow, die Kommentarspalten geben dem Begriff "Outrage Culture" ja nochmal ganz neue Dimensionen. Manche Stimmen klingen so, als wären DC- Fans eine leidende Minderheit, die seit Jahrzehnten systematisch unterdrückt werden würde...
Ich kann bei vielen Themen im kulturellen und politischen Bereich ja zumindest nachvollziehen, wieso Gemüter durch Witze die man als "offensive" bezeichnen kann, erregt werden, aber wer sich hier über einen Aprilscherz auf einer Plattform wie Moviepilot derartig abfuckt, sollte vielleicht nochmal ein paar Minuten in sich gehen.
Fondas Ghibli Werkschau 20/22
Ghibli Spätwerk 1/3
"Wie der Wind sich hebt" (2013)
Regie: Hayao Miyazaki
Nicht der letzte Beitrag der Ghibli- Werkschau aber der letzte Eintrag vom geistigem Vater und Identifikationsfigur des Studios Hayao Miyazaki, welcher sich für die Hälfte der Spielfilme dieser Werkschau verantwortlich zeichnet und mit "The Wind Rises" im Jahr 2014 seine zehnte Regiearbeit in die Kinos brachte, welche zu dieser Zeit als seine letzte Arbeit vor dem endgültigen Ruhestand betrachtet wurde.
Es wäre natürlich schön und einfach, wenn ich einem Künstler wie Miyazaki nun verdiente 8 Punkte rausgeben würde und seine vorerst letzte Arbeit der Höhepunkt seines Schaffens wäre aber tatsächlich ist die Bewertung von "The Wind Rises" mir verdammt schwer gefallen und nicht so einfach wie die meisten anderen Beiträge des Studios.
Zunächst mal ist es interessant, dass sich der historische Kontext dieses Films in den letzten Jahren schon wieder gewandelt hat. Ich erinnere mich noch an mein erstes Moviepilot- Leben und welche großen Wellen diese Arbeit bei ihrer Veröffentlichung in der Filmwelt geschlagen hat. Damals wusste ich nur wenig von Ghibli, hatte nur noch schwache Kindheitserinnerungen an Totoro von dem ich noch nicht so begeistert war wie heute, merkte an der allgemeinen Aufregung die auf MP herrschte aber schon, dass dieser "Miyazaki" ein Großer der Filmbranche sein musste, wenn User wie VisitorQ so völlig aus dem Häuschen waren, was die Veröffentlichung seines letzten Films anging.
Um mitreden zu können, sah ich "The Wind Rises" damals in schlechter Qualität in irgendeinem Internetstream und stellte fest, dass das Ganze durchaus großartige Animequalität war, kam aber nicht komplett zum Rest des Films durch und konnte den Streifen selbst auch schlecht einordnen, wo dieser wohl kaum einen passenden Einstieg in das Ghibli Universum darstellt.
Sieben Jahre und eine Gesamtsichtung der chronologischen Ghibli Arbeiten später, sieht das Bild schon etwas anders aus, auch dadurch dass dieser Film mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht Miyazakis letzter Film bleibt, sondern wir voraussichtlich im Jahr 2024 noch seine aktuelle Arbeit "How Do You Live" erleben werden, für dessen Bewertung diese Werkschau unter Umständen nochmal ausgegraben wird.
"The Wind Rises" fühlt sich stark danach an, der Abschluss einer Filmographie zu sein, die letzte Abgabe nach einer langen Reise, auf der man viel erlebt und dazu gelernt hat. Hatte selbst das Spätwerk "Ponyo" noch den Esprit und die Kinderzugänglichkeit wie die frühesten Arbeiten "Nausica" oder "Das Schloss im Himmel", haben wir hier plötzlich wirklich die Arbeit eines "alten Mannes" der mit einer historischen Geschichte sich und sein Leben reflektiert. Dass "The Wind Rises" Miyazakis bisher persönlichster Film ist, scheint über die gesamte Laufzeit hinweg ziemlich klar zu werden. Erzählte der Regisseur vorher stets in kinderfreundlichen Parabeln, ist es hier auf einmal die reale Geschichte von Jiro Horikoshi der vor dem Zweiten Weltkrieg den Zero Fighter für die japanische Luftwaffe entwickelte.
Miyazaki identifizert sich überraschend stark mit Horikoshi, was vielleicht auch für die größte Schwäche der Arbeit verantwortlich ist:
Ein Hauptcharakter der ein wenig zu perfekt scheint, während er indirekt doch für soviel Leid mit verantwortlich ist.
Jiro Horikoshi ist in “The Wind Rises” der stoische Held, immer auf das konzentriert, was ihn in seiner Arbeit voran bringt, sich nie beschwerend oder selbstmitleidig, dabei charmant und genial zugleich, geduldig gegenüber nicht so perfekten Mitmenschen oder Fehlern die um ihn herum passieren.
Horikoshi ist kein schwacher Protagonist, seine Geschichte fasziniert und sein Genie wirkt glaubwürdig, mit dem er sich zu 100% in die Entwicklung der Flugmaschinen schmeißt, aber mir fehlt ein innerer Konflikt, ein Hadern mit seinem Leben das diese Person zugänglicher machen würde.
Kiki die sich in ihrer deprimierten Phase aus dem Geschäft in die Natur zurückzieht, eine Mononoke die unbeirrt ihrem Weg folgt aber mit der Zeit lernt, dass ihre Art zu radikal, zu kompromisslos ist oder Chihiro die in ihren verzweifelsten Momenten auf die Knie geht und weint. Einen Menschen mit all seinen Zweifeln zu zeichnen, da ist Miyazaki doch eigentlich Meister drin. Bei Jiro Hrikoshi ist darüber hinaus sogar etliches Potential enthalten, um sein Leben radikal zu hinterfragen und für einen Moment inne zu halten. Die Liebe seines Lebens die zurückgezogen an Leukämie stirbt, für die er zu wenig da war, da er sich mehr um seine Flugzeuge gekümmert hat. Die Zero Maschine als sein Lebenswerk, welches vom Vaterland für brutale Angriffskriege mit bisher noch nie gekannten Verlusten eingesetzt werden wird.
Der Hauptcharakter bleibt unbeirrt, verfolgt seine Arbeit ohne inne zu halten, obwohl all die Kehrseiten seines Lebens für den Zuschauer hier mehr als deutlich gezeigt werden.
Für mich ist es Miyazaki selbst, den wir hier sehen. Der Zerofighter ist seine Filmographie. Ein Lebenswerk an dem man wie ein Besesener arbeitet, keine Zeit für den kleinen Goro oder den Rest der Familie findet, mit der einen Hand am Zeichnen, in der anderen die Hand der kranken Ehefrau.
Die Hauptfigur und auch der Erschaffer Miyazaki selbst sind sich all der Fehler und Verfehlungen bewusst, die Konsequenzen für eine sehr konsequente und einseitige Prioritätensetzung bleibt aber aus.
Eine Kontroverse des Films über die man auch nicht hinweg kommt, ist natürlich dass die Arbeit Horikoshis, man muss es so klar sagen, für einen Massenmord genutzt wurde.
Denn ein wenig pervers ist es schon, wenn wir Bilder von wunderschönen Flugmaschinen bekommen, uns in zauberhaften Traumszenen die Faszination fürs Fliegen einleuchtet und man in den letzten beiden Szenen sieht, wie die Arbeit von 30 Jahren eingesetzt wird, um Städte zu zerbomben.
Miyazaki stand, von dem was ich weiß, politisch immer auf der richtigen Seite der Geschichte und nicht nur seine Filme haben mehr als klar gemacht, was er vom Krieg hält. Umso seltsamer aber die Aufteilung der Geschichte, der Entwicklung einer Waffe einen kompletten Film zu widmen, die Konsequenzen und den Krieg danach aber beinahe schon in den Abspann zu verbannen. Da hätte ich lieber gesehen, dass man das erste Drittel der Zeroentwicklung widmet, den zweiten Weltkrieg im Mittelteil zeigt und den dritten Akt nutzt, um Horikoshi in den letzten Kriegsjahren oder nach den Atombombenabwürfen über seinen Beitrag reflektieren zu lassen.
Die jetztige Geschichte ist für uns Filmfreunde in etwa so, als hätten wir einen 120 minütigen Film in dem wir einer begeisterten, talentierten, jungen Regisseurin folgen, die es allen zeigen will und an einem der größten Filme aller Zeiten arbeitet. In wunderschönen Einstellungen sehen wir, wie sie in genialer Manier neuste Filmtechniken entwickelt und ein absolutes Meisterwerk schafft, wenn sich in den letzten zehn Minuten des Films rausstellt, dass Hitler ihre Arbeiten für seine Kriegspropaganda nutzt.
So unreflektiert ist “The Wind Rises” natürlich nicht und Miyazaki hat sein Herz ohne Zweifel am rechten Fleck, schon im Mittelteil des Films sehen wir SA Schläger der Nazis und in Horikoshis Träumen Vorahnungen der japanischen Verbrechen. Hier wird nichts beschönigt oder klein geredet, der Film hat in meinen Augen nur den falschen Fokus gesetzt, dass die Verbrechen dieser Zeit (an denen Horikoshi nunmal in gewisser Form beteiligt war) eher am Rande vorkommen, während sich dazu fast ein Drtittel des Films auf eine Liebesgeschichte konzentriert, die in recht konservativ gehaltenen und schon bekannten Mustern erzählt wird.
Das sind alles Punkte die den Streifen in meinen Augen hinter seinem Potential zurücklassen. Der reale Horikoshi schrieb in seinen Tagebüchern davon, was für ein großer Fehler der Krieg war aber anstatt diese Punkte intensiv aufzugreifen, hält sich dieser Film mit den falschen Schwerpunkten auf, die man natürlich auch wieder nachvollziehen kann, wenn man sich ansieht was Miyazaki für ein Flugzeug-Enthusiast ist.
Trotz meiner Einwände bleibt “The Wind Rises” ein toller Film, dem echte Größe inne wohnt.
Es ist schon fast unverschähmt, wie toll die Bilder dieses Streifens aussehen, dass einem in manchen Szenen der Atem stockt, was da handgezeichnet auf Film gebannt wird. Wenn man es schafft, sich auf die Geschichte des Films einzulassen, wird man hier ohne Ende belohnt. Eine süße Liebesgeschichte, atemberaubende Naturlandschaften, ein Werner Herzog Auftritt, eine Vielzahl an Settings wie man es selten bei Ghibli erlebt hat, wunderschöne Musik, Traumsequenzen und Erdbeben, kreativstes Sounddesign, dass man den Eindruck bekommt, Miyazaki habe hier nochmal alles dran gesetzt, seinem bildlichen Schaffen die Krone aufzusetzen, wofür er in Goros Worten erneut vollste Punktzahl bekommt.
Als Animefilm ein echtes Denkmal für Hayao Miyazakis Künste, als Film mir aber am Ende etwas zu brav im Erzählten, um Meisterwerk Status zu haben.
Fondas Ghibli Werkschau 19/22
Ghibli Kommerzphase 4/4
"Der Mohnblumenberg" (2011)
Regie: Goro Miyazaki
"Der Mohnblumenberg" oder "Die Ehrenrettung des Goro Miyazaki" als 19ter Film meiner Werkschau. Langsam aber sicher geht es auf das Ende des Ghibli Katalogs zu und gegen Schluss hat der so gescholtene Sohn der Regielegende noch seine Chance auf Reputation bekommen.
Ich kann mir kaum vorstellen, wie es in Goro Miyazaki vor Entstehung des Films ausgesehen haben muss. Wir alle tragen so ein paar Kindheitstraumata mit uns herum und wer sich die Interviews und Aussagen des älteren und jüngeren Miyazaki ansieht, wird feststellen, dass es da an Potential für geistige Vernarbungen aus der Kindheit nicht gerade knapp war. Wo es mich vor allem überrascht, wie offen man bei beiden Kritik heraushört;
Goro Miyazaki:
"My father gets zero marks as a father but full marks as a director of animated films".
Hayao Miyazaki (auf die Frage warum er die Premiere von Goros erster Regiearbeit mitten im Film verließ):
"Ich sah die Arbeit eines Kindes. Er ist noch kein Erwachsener."
Von dem was man aus der Welt von Promis und Künstlern hört, leiden nachvollziehbarer Weise nicht wenige darunter, wenn der Vater eine Überlegende ist, aus dessem Schatten man sich nie lösen kann(für Normalsterbliche schon schwer genug), wenn der erste Gehversuch in der Arbeitswelt dann noch universell als das schlechteste Werk gilt, welches das berühmte Ghibli Studio je hervorgebracht hat, neigt man sicherlich dazu, den ein oder anderen deprimierten Gedanken zu haben, was die Welt der Animationen angeht.
Trotz allem machte sich Goro an die zweite Regiearbeit des Hause Ghibli und siehe da; ein eigenständiger, kreativer Film ist entstanden, der eine tolle Geschichte erzählt. Bei der Produktion sah auch Hayao noch mit über die Schulter und am Ende wirkt es so, als sei nicht nur ein guter Film entstanden, sondern auch das Vater- Sohn Verhältnis über diese Produktion vertieft worden.
Die Geschichte die "Der Mohnblumenberg" erzählt, fällt mir am Anfang besonders positiv auf. Ohne übergroße Literaturvorlage traut sich Goro etwas eigenes zu erzählen und viel spannender noch, das Studio bringt nach 20 Jahren wieder einen Film der ganz in der Realität verankert ist und im Geiste von "Ocean Waves" oder "Only Yesterday" mit Animationen etwas zeigt, das man herkömmlicherweise in Form einer Real Life Produktion erwartet.
Unsere Protagonistin Umi lebt im Jahr 1964 in Japan, das Land ist zu dieser Zeit in einem radikalen Wandel und das Grundthema des Films über den Aufbruch in eine Moderne, in der man die Vergangenheit am liebsten vergisst, wird an Hand einer Schulklasse gezeigt, die das vorkriegszeitliche Clubhaus der Schule retten will, welches wie so viele andere Bilder der Stadt, abgerissen und durch einen modernen Bau ersetzt werden soll.
Dieses Grundthema war in meinen Augen extrem stark und die Umsetzung dieses ständigen Abwägens zwischen alt und neu, hätte ein wirklich großer Film werden können, wenn man sich hier getraut hätte, etwas weiter zu gehen und die Geschichte weniger auf die jüngere Zielgruppe des Publikums fokussiert hätte, aber dazu später mehr.
Die meiste Zeit ist der Film eine recht heitere Coming of Age/High School Romanze/Komödie, der historische Hintergrund Japans und die Welle der Veränderung nicht mehr als ein Hintergrundsetting, wo ich ein bisschen Potential flöten gehen sah. Schlecht ist das Gezeigte natürlich nicht, nein in den besten Momenten musste ich hier sogar immer wieder an einen meiner Wes Anderson Lieblinge "Rushmore" denken, wenn wir die verschiedensten Schüler sehen, welche alle ganz unterschiedlichen Clubs und Vereinigungen angehören und sich schließlich zusammenschließen, um ihr Clubhaus vor dem Abriss zu retten. Auch die japanische Kultur, der Alltag in einem traditionellem Heim mit Kochritualen und Schlafen auf dem Boden wird hier in einer Weise zelebriert, wie man es selten in animierter Form gesehen hat.
Das funktioniert alles ziemlich gut, das Setting ist großartig, die Charaktere bieten Identifikationspotential und die Story um die Rettung des Clubhauses wird ordentlich umgesetzt. Wenn zur Mitte des Films aber aus der Liebesgeschichte unserer beiden Protagonisten Umi und Shun plötzlich durch Plottwists und merkwürdig forcierte Hintergründe eine neue Handlungsebene aufgemacht wird, die mich ziemlich aus dem ursprünglich sehr liebenswerten Film herausriss.
Nachdem sich die Hauptfiguren durch die Arbeit im Clubhaus näher gekommen sind und sich eine Liebesbeziehung anbahnt, findet Shun heraus, dass es sich bei Umi um seine Schwester handelt. Die beiden kommen wieder auseinander, lieben sich aber doch noch, nähern sich wieder an und finden Gott sei Dank im finalen Akt heraus, dass sie doch nicht verwandt sind, weshalb sie ihre Gefühle wieder zulassen können.
Puh, vielleicht fand ich die Inszenierung hiervon einfach sehr seltsam, wenn man unterschwellig weiterhin eine Liebesbeziehung zeigt, während man die Protagonisten für Bruder und Schwester hält, aber der ganze Subplot hat mich dann doch schon ziemlich rausgebracht und funktionierte für mich nicht, dass trotz aller positiven Aspekte am Ende "nur" die 6,5er Wertung raus kam.
Vielleicht sollte das Ganze über die Verwechslung der Eltern die Spuren des Krieges zeigen und verdeutlichen, was nach dem Krieg mit Waisen passierte und mit welchem Chaos Familien zu kämpfen hatten.
Shun sagt über den Umstand, dass man in seiner potentiellen Freundin die lange verlorene Schwester widerfindet an einer Stelle, dass das Ganze ein bisschen wie eine billige Soap Opera klingt, auch wenn dieser Film den Umstand damit auf der Metaebene weglachen will, machte es das Ganze für mich nicht besser.
Genug über den eigentlichen Film gemeckert, will ich auf einen Punkt zurück kommen, den ich am Anfang schon ansprach, dass hier ein Meisterwerk hätte enstehen können, wenn man mit einer Schwerpunktverschiebung etwas mehr in die Geschichte Japans hätte gehen wollen. Natürlich ist das Gezeigte immer noch ein Kinderfilm aber wenn ich an "Grave of The Fireflies" zurück denke, hat sich Ghibli schon ganz andere Sachen getraut, als im Jahr 2010 einen kritischen Blick af Japans Kriegsvergangenheit zu werfen.
Ich will gar nicht so weit gehen, dass eine der Hauptfiguren herausfinden müsste, dass der Vater im Krieg vielleicht ein Kriegsverbrecher oder ähnliches war, aber mit dem Thema eines Landes welches sich mit aller Kraft in eine neue Zeit aufmachen will, sollte man doch die Geister der Vergangenheit zeigen, welche in Japan auch nach dem Krieg noch an alten Formen festhalten oder mit altem Mindset in der neuen Welt zu finden sind.
Vor einiger Zeit saß ich bei meiner Großtante zum Kaffee, einer rüstigen, alten Frau die bald 93 wird und die einem immer noch sehr spannende Geschichten aus früheren Zeiten erzählen kann, obwohl mir an diesem Tag tatsächlich die Spucke weg blieb.
Sie erzählte von einem Cousin welcher damals im Dorf ganz hohes Ansehen gehabt hätte, da er bereits 1933 bei der Waffen-SS dabei gewesen wäre und alle ihn um seine schicke Uniform beneidet hätten. Als der Krieg zu Ende ging, hätte der Cousin aber "Glück gehabt", hätte ziemlich schnell die Uniform und alles weitere verbrannt, bevor die Amerikaner kamen und im Dorf hätte ihn auch keiner "verraten", so dass er auch nicht verhaftet wurde. Ich war leicht erstaunt bei der Geschichte, ging ich doch sehr naiv davon aus, dass man zumindest die meisten SS-Leute, deren Hauptberuf es ja tatsächlich war Juden abzuholen, spätestens im Zuge der Nürnberger Prozesse zumindest zu einer Entnazifizierung eine gewisse Zeit weggesperrt hätte. Aber auf Nachfrage ergab sich nur, dass dieser Mann nie im Gefängnis gewesen wäre, ein langes Leben bis ins Jahr 1992 hatte, später in seiner Anwesenheit niemals über den Krieg geredet wurde und er seine Tochter in den frühen 50er Jahren noch stolz "Magda" (nach der Frau von Joseph Goebbels) taufen ließ.
Wieso ich das schreibe?
Weil selbst in einem Staat wie Deutschland, wo man vergleichsweise viel Aufarbeitungsarbeit leistete, noch so viele Nazis und Anhänger eines vergangenen Regimes lange über den Krieg hinaus hatte, dass ich es unglaublich spannend gefunden hätte, wenn dieser Konflikt einer alten Generation die unterm Kaiser noch die USA und halb Asien angriffen und dabei nicht zu wenig Kriegsverbrechen zu verantworten hatten, mit dieser neuen aufstrebenden Generation der baldigen 68er konfrontiert worden wären.
Ich schrieb eben schon von "Grave of The Fireflies" weswegen ich weiter behaupten würde, dass ein Ghibli Film der diese Konfliktpunkte behandelt, gar nicht so abwegig ist und ich gar nicht so daneben lag, diese Erwartungshaltung zu haben. Aber vielleicht ist dafür die japanische Gesellschaft auch nach wie vor nicht so bereit, wie man es in Deutschland glücklicherweise in den vergangenen Jahrzehnte sehr bewusst in Form von Aufarbeitung betreibt.
Im Film hat man da den grummeligen älteren Schulleiter von dem man kein Wort hört, die Großmutter welche sehr liebevoll und gütig gezeichnet wird und den Army Captain der ein feiner anständiger Kerl scheint. Dagegen die junge Generation, die ihre "Rebellion" gegen das alte auch eher durch viel Respekt und Gehorsam ausdrückt, als dass es zu einem richtigen "Aufstand" gegen veraltete Strukturen kommt. Zwischenzeitlich sah es so aus, als wolle man mit der gesamten Schule protestieren gehen, um den Abriss des Clubhauses zu verhindern, entscheidet sich dann aber doch für den respektvollen Weg, mit den Angehörigen der älteren Generation zu verhandeln, was man sehr gehorsam und unterwürfig tut.
Vielleicht gehe ich auch viel zu weit, in Themen rein, die der Film gar nicht haben wollte und denke mir viel mehr, was man hier hätte zeigen können, obwohl man nur den Hintergrund eines Krieges für eine zerrissene Familie haben wollte (auch handelt es sich hier ja um den Koreakrieg und nicht den Zweiten Weltkrieg).
Aber hier war unheimliches Potential vorhanden, wenn man mit dem Versprechen des Kampfes zwischen dem alten und neuen Japan hätte Ernst machen wollen, das viel größer hätte werden können, als das eher brave Endprodukt.
So viel zu meinen Gedankenspielereien, die einen guten Film schlechter aussehen lassen, als er ist. "Der Mohnblumenberg" ist ein sehr ordentlicher Eintrag in den Ghibli Katalog aber zum Ende dieser vorletzten Schaffensphase meiner Werkschau, stelle ich doch fest, dass Ghibli Ende der 00er Jahre langsam die Puste ausging. Alles schöne Filme die jeder Kritik stand halten können aber doch merklich hinter den fantastischen Werken zurück, die man in früheren Jahren lieferte, dass es vielleicht gar nicht so verkehrt war, den Output runter zu fahren, dass man in den folgenden 10 Jahren nur drei weitere Spielfilme produzierte, die ich in den nächsten Tagen als "Ghibli Spätphase" behandeln werde.
Fondas Ghibli Werkschau 18/22
Ghibli Kommerzphase 3/4
"Arrietty" (2010)
Regie: Hiromasa Yonebayashi
"Schon kultig" steht in der Moviepilot Beschreibung, auf diese kann man natürlich in der Regel wenig geben (genau wie auf die Erwartung, dass diese Internetseite hier mal wieder ordentlich gewartet wird ((Stichwort Potraits von Filmschaffenden oder ellenlange, kategorische Beschreibung von Filmen)) aber auch im direkten Vergleich mit der Community und meinen direkten MP-Kollegen stehe ich mit meiner 6,5er Wertung etwas hinter der Allgemeinheit zurück, der "Arrietty" (über den deutschen Zusatztitel lege ich mitfühlend den Mantel des Schweigens) noch ein Stück besser gefallen hat.
Unterbewusst ist bei mir unter Umständen nach wie vor auch ein wenig Frust vorhanden, dass Yoshifumi Kondō so früh verstorben ist und nach meinem Liebligsghibli "Whisper of the Heart" keinen weiteren Film mehr hervorbringen konnte, wäre er doch ohne Zweifel zum Nachfolger von Hayao Miyazaki geworden und hätte zur Zeit von "Arrietty" einen weiteren Regieslot sicher gehabt.
Aber solche Gedanken sind unfair gegenüber Regisseur Hiromasa Yonebayashi welcher hier ohne Frage ein tolles Ghiblidebut hinlegt und zum aktuellen Zeitpunkt als einer der erolgreichsten Animeregisseure mit eigenem Studio bekannt ist.
Da wir nunmal in der Timeline leben, in welcher Yonebayashi und nicht Kondo an Ghiblifilmen arbeitet, muss man sich natürlich anpassen und ich will ohne weitere Umschweife zum inzwischen 18ten Ghibli Spielfilm kommen.
"Arrietty" beginnt ganz, ganz großartig und überzeugte mich in kurzer Zeit, dass die Zukunft des Studios noch viele Meisterwerke bereit halten könnte. Ich kenne tatsächlich nur wenige Filme, das seltsame "Liebling ich habe die Kinder geschrumpft"- Franchise mal ausgenommen, die sich trauen, in die Miniaturperspektive zu gehen und uns winzigen Menschen als Protagonisten beistehen zu lassen. (Nach dem "Downsizing" Flop wird da wohl auch lange nichts mehr kommen)
Dieser Streifen hat es perfekt verstanden, wie man eine solche Ausgangslage inszenieren muss. Der komplette Handlungsort ein einziges Haus und dazugehöriger Garten, die hier glaubhaft zu einem Mikrokosmos inklusive gewaltigen Djungel werden. Hier wird gerade am Anfang so clever mit den Perspektiven unserer Protagonistin gespielt, dass man ganz in ihrer Welt aufgeht. Dazu viele coole Ideen, wie sich das Leben der Borger gestaltet, wenn man sich aus kleinen Alltagsgegenständen ein Heim bauen muss, dass sich jede Einstellung lohnt, um es bis auf die kleinsten Ecken unter die Lupe zu nehmen.
Weiterhin haben wir die Standard Zeichnungen des Studios, die ihrem Ruf wie immer gerecht werden und eine Protagonistin, welche sich ein wenig naiv aber vollem mit inspirierendem Abenteuerdrang ohne Mühen in die Galerie der vorherigen Ghibli Heldinnen einreit.
Schafft es der Film zu Beginn mir wirklich gut zu gefallen, fällt er ab der Mitte durch die Punkte Story und Nebenfiguren aber doch ein Stück in meiner Gunst, ohne dass ich die Anfangsfreude über den Rest der Lufzeit zurück erlange.
Die Geschichte zieht sich vor allem im Mittelteil ein klein wenig in die Länge, ist die Welt und ihre Figuren einmal etabliert, fehlt es danach ein bisschen an Konflikt, um nach dieser Ausgangslage eine spannende Story voranzutreiben, bis man im letzten Drittel ohne herausragende Hindernisse aufbricht, um ein neues Zuhause zu suchen.
Was für mich hier zum ersten Mal im Ghibli Katalog aber ein ernsterer Genickbruch war, waren die Nebenfiguren, welche hier zu Zeiten unheimlich überdreht und nervig auffallen. Da hat man den "Bösewicht" in Form der Haushälterin, die die Borger finden und töten will, die aber nie wirklich bedrohlich wirkt, in ihrer Überzogenheit mehr Sidekick und Comicrelief mäßig daherkommt, dass ihre Darstellung auch dazu beiträgt, den Spannungsbogen des Films ziemlich flach zu halten.
Fast noch schlimmer ist dann noch die Darstellung von Arrietties Mutter die keinen Charakterzug hat, außer über die Maßen ängstlich zu sein und bei jeder Kleinigkeit wilde Faxen zu machen oder laut in die Kamera zu schreien, wie man es von Frauenfiguren aus lange zurückliegenden Tagen kennt.
Vergleicht man die beschriebenen Kritikpunkte mit dem Vorgängerfilm, fällt mir besonders wehmütig auf, dass das eigentlich sonst immer Stärken des Studios waren.
Bei "Ponyo" brauchte es nicht einmal einen klassischen Spannungsboden oder klare Storystruktur aber immer war irgendwas im Gange, wozu das schnelle Pacing sein Übriges tat, dass man ununterbrochen im Film geblieben ist. Auch die Nebenfiguren, ob es Sosukes willensstarke Mutter oder Liam Neeson in seiner herrlich skurilen Rolle als Meeresgott waren, alle haben Spaß gemacht und durch kleine Gesten erinnerungswürdige Figuren geschaffen, während die Nebencharaktere hier doch mehr wie Klischeebildchen wirkten, während ich auch mit der Rolle des herzkranken Sho nie richtig warm wurde, der in "Arrietty" doch eine sehr passive zweite Hauptrolle darstellt.
Das klingt jetzt alles wahrscheinlich mehr als Verriss wie es von mir gemeint ist. "Arrietty" ist ohne Frage ein toller Animationsfilm, mit ganz vielversprechenden Inhalten für einen Debutfilm.
Meiner Ansicht nach dann aber einige Abzüge in der B-Note und um ganz ehrlich zu sein, auch einer der Ghibli Filme der in einem persönlichen Ranking eher weiter unten stehen würde, was beim Output dieses Studios aber noch lange nichts Schlechtes heißt.
Fondas Ghibli Werkschau 17/22
Ghibli Kommerzphase 2/4
"PONYO - Das große Abenteuer am Meer" (2008)
Regie: Hayao Miyazaki
Nachdem die drei vorangegangenen Ghibli Filme für mich eine kleine Durststrecke darstellten, schafft Hayao Miyazaki etwas, das nur wenigen Regisseuren nach 30 Jahren in der Branche gelingt und beweist mit diesem "Back To the Roots" Experiment, dass er seine frühen Geschichten noch genauso gut inszenieren kann, wie er es in den 80er Jahren vermochte und ihnen darüber hinaus noch neue Facetten abgewinnen kann.
"Ponyo" ist nach dem eher schweren Erdsee Stoff und dem etwas arg überladenem wandelndem Schloss genau das, was das Studio Mitte der 2000er brauchte.
Eine Rückbesinnung auf die Anfänge des Kultregisseurs hin zu der Magie von Filmen wie "Mein Nachbar Totoro" oder "Kikis Lieferservice".
Nach den Erfolgen von "Prinzessin Mononoke" und "Spirited Away" hatte man die Kinomärkte der ganzen Welt offen, den gigantischen Disneyvertrieb hinter sich und man brauchte einen klaren, familienfreundlichen Film der diese Situation ausspielte, dass ich diese Schaffensphase als "Kommerzphase" bezeichne, ist auch in keinster Weise dispektierlich gemeint, sondern für mich nur rein logisch, wenn man strategisch eine sicherere Schiene fahren wollte und sich mit einer Verfilmung des "Die Kleine Meerjungfrau" Stoffs einem Projekt widmete, das bereits beim westlichen Animationsgiganten ziemlich gut funktionierte.
"Ponyo" ging auch tatsächlich perfekt auf und war ein Publikumshit, der erneut bewies, dass Regisseur Miyazaki auch im fortgeschrittenem Alter nichts von seinem Talent eingebüßt hatte jung und alt durch die Kunst der Filmanimationen zu begeistern,
Dass der Film eben nicht nur bei einem Familienpublikum so gut ankam, sondern er auch mich "verzaubern" konnte, hat mich besonders gefreut, bin ich doch sicherlich einige Jahre über die eigentlichen Zielgruppe hinweg gewachsen.
Schon der Trailer des Films lässt einen an den "kindlichsten" Film des Studios glauben, viele Bilder wirken wie einem Kinderbuch entnommen, die besonders kräftigen bunten Farbmischungen wie das Ergebnis eines Malbuchs für Vorschuldkinder und doch ist es hier wieder die Kunst eine wirkliche reine Kinderseele für das Medium Film einzufangen, die mit all ihrer Fantasie und Abenteuerlust auch Erwachsene auftauen lässt.
Immer ist hier irgendetwas im Gange, etwas Komisches Neues passiert, eine Sinflut die prehistorische Unterwassertiere hervorbringt, gigantische Fische die ein Auto durch einen Sturm verfolgen, Zauberkräfte mit mal mehr mal weniger verlässlichen Fähigkeiten, Unterwassergöttern im Ehestreit und allen möglichen weiteren Ereignissen, die man nicht rational erklären kann aber immer unterhaltsam und spannend sind, dass man es kaum abwarten kann, zu sehen, was in der nächsten Szene für magische Dinge passieren. Dazu Figuren die durch ihre Eigenarten und extreme Verschrobenheiten (Also im Real Life wäre die Mutter mit ihren Autokünsten wohl ein Fall für Jugendamt UND Polizei) unsere Sympathien genießen oder noch mehr, richtig geliebt werden wollen.
Ponyo selbst ist so ein Fall und ich muss immer noch zugeben, dass ich keine Ahnung habe, was Miyazaki genau macht, dass ich seine Figuren so ins Herz schließe. In der Theorie, auf dem Papier der Entwicklugsphase ist dieser Ponyo Charakter wahrscheinlich eine nervige, super kindische Figur der man in den meisten Filmen weniger Screentime wünschen würde. Doch Miyazaki weiß einfach wie kein Zweiter Kinder zu animieren, dass Ponyo wirklich verboten niedlich ist und einem bei den noch so kleinen, simplen Abenteuern von ihr, wie wenn sie das Getränk von Milch und Honig entdeckt, das Herz aufgeht.
"Ponyo" ist auf seine eigene Art einer der weirdesten Ghibli Filme, die ganze Story folgt ihren eigenen Regeln und scheint kaum eine innere Logik zu haben, in etwas so als müsste David Lynch einen FSK 0 Film drehen.
Sind Filme wie Mononoke oder Spirited ja von Anfang an in einer "fantastischen" Welt eingeordnet, ist es hier besonders auffällig, dass dieses Abenteuer doch eigentlich in der realen Welt stattfindet, bei dem aber mit einer unfassbaren Leichtigkeit immer mehr fantastische Elemente eingebaut werden, die man in dieser Geschichte schnell annimmt.
Und wem anfangs der Verdacht gekommen sein sollte, dass Miyazaki sich"unkreativ" an eine Neuauflage von "Arielle die Meerjungfrau" begeben hat, der wird schon nach den ersten Minuten feststellen, dass der Regisseur sich ziemlich ungebunden auf seine künstlerischen Instinkte, statt einer vorgegebenen Handlung verlassen hat.
Der neunte Hayao Miyazaki Film scheint mir noch am nächsten ein geistiger Verwandter von "Mein Nachbar Totoro" zu sein (auch die Titelmusik hat so manche Ähnlichkeit) und auch wenn es sich um sehr unterschiedliche Geschichten handelt und ein Totoro bei manchen Themen etwas tiefer geht, so haben doch beide es geschafft, die Essenz des Kindseins ziemlich gut einzufangen und der Schöpfer es ganz nebenbei zwei Generationen von Kindern mit Kinomagie zu erfreuen.
Fondas Ghibli Werkschau 16/22
Ghibli Kommerzphase 1/4
"Die Chroniken von Erdsee" (2006)
Regie: Goro Miyazaki
Nach beinahe 5 Monaten wollte ich in diesem Januar unbedingt noch meine Ghibli Werkschau ausklingen lassen. Der erneute Einstieg in die Animationswelt erwies sich dieses mal allerdings als etwas schwerer, verglichen mit den früheren Werken des Animestudios.
"Die Chroniken von Erdsee" gilt vielen Fans als Totalausfall und ist in den allermeisten Bestenlisten auf dem letzten Platz der Ghibli Spielfilme zu finden, was mich an den inzwischen 16ten Film der Werkschau definitiv mit einer anderen Erwartungshaltung herangehen ließ, als an einen "Spirited Away".
Die Entstehungsgeschichte des Streifens erweist sich hier für mich fast schon spannender als der eigentliche Film, handelt es sich hierbei um eine Romanverfilmung eines ähnlich großen "unverfilmbaren" Epos wie "Herr der Ringe" oder "Dune", den Hayao Miyazaki selbst schon 20 Jahre vor der eigentlichen Entstehung verfilmen wollte, wobei er allerdings nicht die Rechte der Autorin erhalten hatte.
Manche Dinge sollen eben nicht so sein, wie man sie sich als Künstler vorstellt und als Ghibli Anfang der 2000er schließlich das "Ok" bekam, die Geschichten des Erdsee Universums zu verfilmen, schien Miyazaki zum einen nicht mehr wirklich an der Regie interessiert und steckte zum anderen schon zu tief in seinen eigenen Stoffen drin, bei denen er sich arbeitsdurstig wie jeh zwischen "Das Wandelnde Schloss" (2004) und "Ponyo" (2008) keine nennenswerte Zeit nahm, um sich mit anderen Projekten zu befassen.
Studio Ghibli entschied sich zu einem überraschendem Schritt und übertrug die Regie schließlich an den Sohn Miyazakis; Goro Miyazaki.
Im Animationsbereich kein Unbekannter und ein durchaus talentierter, junger Mann zeigte sich im Laufe der Produktion jedoch immer mehr, dass die Verfilmung eines Epos, bei welchem ein eigenes Fantasy Universum glaubhaft erschaffen werden muss, eine zu große Aufgabe für ein Regiedebut war.
Dass ein junger Regisseur bei seinem ersten Film den allgemeinen Erwartungen von Fans und Kritikern nicht Stand halten konnte, ist in meinen Augen nichts Tragisches und wenn ein erster Film als "schlecht" gilt, kann das bei späterer Betrachtung der Filmographie immer noch eine interessante Sichtung in der Frühphase des Regisseurs wert sein.
Die große Tragik an dieser Produktion lag eher an dem Verhältnis des Regisseurs Goro zu seinem übergroßen Vater Hayao.
Wer sich Dokus und Making Offs über Ghibli und insbesondere diesen Film ansieht, bekommt ein ziemlich eindeutiges Bild geboten, wie sich ein Vater- Sohn Konflikt über diesen Film entfaltete.
Ein Sohn der von Kindesbeinen an immer gegenüber der Arbeit des Vaters zurückstand, hat die Chance sich endlich zu beweisen und den einen großen Film zu drehen. Eine epische Geschichte mit gewaltigen Animationen die den Welten des Vaters Konkurrenz machen könnten, was nicht besonders versteckt auch im Grundkonflikt des Hauptcharakters Prinz Arren und seinem eigenen Erwartungsdruck widerzufinden ist.
Im Ergebnis dann ein sehr durchschnittlicher Film, welcher sich dem Vorwurf ausgesetzt sieht, der schlechteste des langen Ghibli Katalogs zu sein und der eigene Vater als Kritiker, der nicht einmal versucht, seine Enttäuschung zu verbergen und offen sagt, dass "Chroniken von Erdsee" eine Verfehlung des Studios ist.
Bei so einer Vorgeschichte und dem Anblick wie ein enttäuschter Hayao die Premiere des Streifens noch vor dem Ende des Films verlässt, bin ich mit einer großen Portion Wohlwollen an den Streifen herangegangen mit der festen Einstellung, dass der Film doch nicht so schlecht sein kann, wie er gemacht wird.
Zu Beginn bin ich mit dieser Einstellung auch recht gut gefahren, denn egal ob Goro oder Hayao, das Animationsteam welches hinter den Spielfilmen Ghiblis steckt, ist einfach nur großartig.
Die Welt von Erdsee ist mit Bildern animiert, die dem Ruf des japanischen Studios mehr als gerecht werden. Ob es Drachen, Paläste oder Landschaften sind, hier bekommt man Bilder vorgesetzt, die einen erneut die Zeit der Handdrawn Animation vermissen lassen. Auch die Story des Films beginnt recht vielversprechend. Nachdem die Drachen in die Welt von Erdsee zurückgekehrt sind, will der König den Ursachen der Rückkehr auf die Spur gehen, bevor er kurzerhand von seinem Sohn Arren getötet wird, welcher von einem bösen Dämon besessen scheint.
Der Prolog wirft also mit Drachen, Palästen, Magie und Adelshäusern so ziemlich alles in den Topf was das Fantasygenre hergibt, noch bevor die Reise unseres Protagonisten Prinz Arren wirklich losgeht. Im Gegensatz zu den Großkalibern der bekannten Fantasywelten schafft es “Die Chroniken von Erdsee” aber zu keinem Zeitpunkt eine stimmige Atmosphäre aufzubauen, die den Zuschauer in eine authentische Fantasy- Welt entführt.
Bekommen auch Laien bei einem “Herr der Ringe” oder “Star Wars” Abend schnell ein Gefühl dafür, welche Größe das Universum hat, welche Fraktionen und Völker hier um welche Sache kämpfen, funktionieren diese Grundelemente des World Buildings bei Goro Miyazaki zu keiner Zeit.
Irgendeine Königsfamilie von der man später kaum noch was hört, deren Einfluss auf das eigene Land scheinbar begrenzt ist, immer wieder Drachen die wahlloser auftauchen als die Adler bei Herr der Ringe, (obwohl deren Bedeutung am Anfang des Films ziemlich hochgepuscht wird) und ein böser Zauberer der in seiner Festung direkt gegenüber vom einzigen Bauernhof im Reich wohnt, direkt neben einer gigantischen Stadt, die wir aber größten Teils nur in einer Totale sehen, ohne deren Einzelheiten richtig erkunden zu können.
Alle Fantasyelemente werden zusammengewürfelt, ohne zu irgendeinem Zeitpunkt stimmig zusammen zu kommen. Die Figuren entwickeln sich nie über ihre archetypischen Klischeeabziehbilder hinaus. Irgendein älterer Magier, irgendein Auserwählter und irgendein Bösewicht in schwarzen Klamotten. Keiner bietet Charakteristiken die einen die Figur ins Herz schließen lassen und bis zum Schluss bleibt die eigentliche “Quest” der Helden so unklar, dass die Story sich zäh wie Kagummi zieht, ohne dass die Handlung vorangetrieben würde.
Wenn weder Figuren noch Story bei einem Film funktioniert, bleibt eigentlich wenig übrig, was den Zuschauer bei Laune halten kann und auch wenn hier die tollen Bilder noch die Ehrenrettung ausmachen und die Qualität der Handrawn Animations die Wertung vor einem Abfall in die “Schlechter Film”- Ecke gerade noch bewahren können, muss man ehrlich sagen, dass hier einige Grundelemente des Filmemachens nicht funktionieren.
Das “Show- Don’t Tell” Gebot is komplett über Bord gegangen und ich habe irgendwann die Übersicht verloren, in wie vielen Szenen die Protagonisten Expositionen herunterrattern, während man nebeneinander hereitet oder vor Naturhintergründen herum steht.
“Die Chroniken von Erdsee” funktioniert über viele Strecken hinweg wenig bis gar nicht.
Ein Paradebeispiel einer gigantischen Verfilmung an der sich ein unerfahrener Regisseur verhoben hat. Und doch kann ich mein Wohlwollen gegenüber diesem Film nicht ganz verstecken. Wer die Hintergründe kennt, weiß wieviel Arbeit in diesen ersten Gehversuch geflossen ist. Die Animationen kann ich nach wie vor genießen, auch wenn der Film sich mit schlechten Figuren und noch schlechterem Script besser als Bildschirmschoner eignen würde.
Für Ghibli Verhältnisse sicher ein schlechter Film, für mich nach der Erstsichtung eine echte “Geht so” Wertung und mit etwas Wohlwollen noch über den 4er Bereich gerettet.
Heute Nacht las ich den Kurzgeschichtsband „Kaffee und Zigaretten“ von Ferdinand von Schirach.
Neben vielen persönlichen Einblicken in sein ansonsten abgeschirmtes Leben, bietet uns die Lektüre ambivalente Weltanschauungen und überrascht immer wieder mit „Filmtipps“, wenn er in mehreren Geschichten von Regisseuren oder Filmen die ihn geprägt haben, schreibt.
Kapitel 20 ließ mich innehalten, als es um Michael Haneke ging:
„Irgendwann hat man keine Vorbilder mehr. Man weiß zu viel. Über sich selbst und zu viel über die anderen. Michael Haneke ist für mich die eine Ausnahme. Kunst ist kein demokratischer Prozess, kein sozialer Vorgang, sie ist das Gegenteil. Sie muss kompromisslos sein und ich kenne keinen anderen Künstler, der weniger Kompromisse macht. Die Präzision seiner Arbeiten, das Unsentimentale, das Fehlen aller Klischees- das alles hat mich oft aufgerichtet, wenn ich aufgegeben habe.
(…)
Der Mensch kann ja alles sein, er kann Figaros Hochzeit komponieren, die Sixtinische Kapelle erschaffen und das Penicillin erfinden. Oder er kann Kriege führen, vergewaltigen und morden. Es ist immer der gleiche Mensch, dieser strahlende, verzweifelte, geschundene Mensch.
(…) Gut und Böse (…) der Natur, dem Leben, dem All bedeuten diese Begriffe nichts. Das alles ist einfach nur da. Aber was bedeutet das? Hat das Leben tatsächlich keinen Richter über sich?
Und wenn doch? Ist es nicht möglich, dass wir uns irren? Wir wissen es nicht. Wir müssen uns also damit abfinden, dass es genauso töricht ist, zu sagen, das Leben habe einen Sinn, wie das Gegenteil.
Haneke stellt uns genau diese Fragen. Aber das ist kein kalter Nihilismus, kein zynisches Weltbild, keine Abkehr und kein Aufgeben. Es ist das Gegenteil. Verunsichert verlassen wir das Kino, wir begreifen, dass wir über uns nachdenken müssen.“
Ferdinand von Schirach, Kaffee und Zigaretten
Ich schätze Haneke sehr. „Das weiße Band“ halte ich für ein Meisterwerk und „Funny Games“ für eine der intelligentesten Gewaltstudien die es in filmischer Form gibt.
An „Liebe“ habe ich mich aber nie rangetraut. Seit mindestens drei Jahren liegt die Dvd auf dem „ungesehen“ Stapel. Schlaganfälle, Pflege und Abhängigkeit von Geliebten, wenn man selbst nicht mehr kann, waren Themen die mir immer sehr nahe waren, dass ich zu lange der Konfrontation mit mir selbst auswich. Die Zeilen von Schirach um Null Uhr morgens zu lesen, war für mich aber ein direkter Weckruf den Film endlich nachzuholen und meinen insgesamt vierten Spielfilm von Michael Haneke anzusehen.
Ich kannte meine Urgroßmutter (mütterlicherseits) nicht, sie starb 6 Jahre vor meiner Geburt. Aus den Geschichten die meine Mutter und meine Großmutter über sie erzählen, ergibt sich ein unpersönliches Bild einer strengen, konservativen Person die eine gewisse Distanziertheit hatte und auch vor engsten Familienmitgliedern nur wenig Sentimentalitäten zuließ, so wie man sich im Jahr 2020 eben Menschen vorstellt, die um die lange zurückliegende Jahrhundertwende 1899 geboren und mit preußischer Mentalität erzogen wurden.
Meine Oma sah ihre Mutter das erste Mal unbekleidet, nachdem diese im Alter von 90 Jahren einen Schlaganfall erlitt und damit zum Pflegefall wurde, der jeden einzelnen Alltagseingriff erschwerte und sie zwang sich vom Toilettengang übers Waschen „Alles und Alles machen zu lassen“.
Laut meiner Oma nahm diese Urgroßmutter die letzten 4 Jahre ihres Lebens kaum noch etwas wahr. Sie konnte sich nicht verständigen oder alleine das Bett verlassen, geschweige denn erkennen, wer die Leute um sie herum waren.
Nur alle paar Wochen hätte sie wohl mal einen kurzen, klaren Moment gehabt, dann lag sie im Bett und weinte, wenn ihr ihre Situation für einen Augenblick klar wurde.
Meine andere Großmutter (väterlicherseits) kannte ich von Kindheitstagen an und habe sie immer als eine sehr stolze und für ihre Zeit (1930 geboren) sehr moderne Frau wahrgenommen. Sie gehörte zu den Leuten die gegen Kriegsende noch „Glück gehabt“ hatten. Bei Kriegsausgang noch ein Kind und nicht mit Schuld belastet, die großen Bombennächte als Dorfbewohner gut überstanden, konnte man als Grundbesitzer eines Bauernhofs und einiger kleiner Ländereien gut durch die Hungerjahre der späten 40er Jahre kommen und in den 50er Jahren mit eigenem Krämerladen eine gute Existenz im Zuge des Wirtschaftswunders aufbauen.
Eine Frau die als eine der ersten im Dorf den Führerschein machte und bis in ihre letzten Lebensjahre immer stolz betonte, dass sie sich einfach ins Auto setzen kann und hinfährt, wohin sie will.
Ihr Stolz ging stellenweise sicher auch in Hochmut und Arroganz rüber, dass sie meiner Mutter gegenüber, die im Gegensatz zu meinem Vater aus etwas bescheideneren Verhältnissen kam, das Leben in klischeehaftester „Böse Schwiegermutter“- Manier über dreißig Jahre schwer gemacht hat.
In Solidarität mit meiner Mutter wurde das Verhältnis von mir zu dieser Großmutter mit den Jahren dann etwas distanzierter, bis diese Frau, die mit 80 Jahren immer noch voll im Leben stand, einen schweren Schlaganfall erlitt.
Genau wie Anne war sie kaum noch in der Lage sich ohne Hilfe zu bewegen und hatte Mühe sich klar zu verständigen. Stotterte sie in den ersten Wochen nach dem Anfall noch oft davon, hoffentlich bald wieder Auto fahren zu können (was in ihrem Zustand zu keinem Zeitpunkt von irgendjemandem auch nur abwägend in Frage gekommen wäre), wurde sie mit zunehmender Verschlechterung ihres Zustands immer depressiver. Nicht zuletzt ihrem Ehemann geschuldet, denn der war das genaue Gegenteil von Georges den wir hier in „Amour“ erleben. Unaufmerksam, ungeduldig und teils boshaft hatte mein Großvater kein Verständnis für die Hilfsbedürftigkeit seiner Frau, fuhr sie oft an, sie solle sich mehr anstrengen und war innerhalb der zwei Jahre ihrer Pflegebedürftigkeit auf Datingplattformen unterwegs, um sich nach über 50 Jahren Ehe vorsorgend nach „Ersatz“ umzusehen.
In diesen letzten zwei Lebensjahren kam ich meiner Großmutter wieder näher, wie ich es seit frühester Kindheit nicht mehr stand. Ging mit ihr am Rollator so gut es noch möglich war, die modernen Häuser der Wohnsiedlung entlang (in ihrer Erinnerung noch alles Felder vom alten Familienbauernhof, bevor dieser verkauft und zu Bauland wurde) und wunderte mich, wie der Geist sich entwickelte, wenn man sich an seinem Lebensende befindet.
Man hätte ihr noch zehnmal sagen können, welcher Monat oder welches Jahr es gerade war, solche nichtigen Fakten waren nach Sekunden wieder vergessen. Dafür wusste sie die wichtigen Dinge und erzählte zum Beispiel von dem jungen Mann den sie irgendwann in den 40er Jahren in einer Tanzschule getroffen hätte und so gern heiraten wollte. Was nicht zu Stande kam, da er evangelisch, sie streng katholisch war und man sich in den 40ern noch an andere Konventionen hielt als heute.
Mit 12 Jahren sah ich aus erster Hand, was ich aus den Geschichten der anderen Großmutter über ihre Mutter nur erahnen konnte.
Ein Schlaganfall kann brutaler sein, als andere Krankheiten die einen ins Grab bringen. Menschen die selbstbestimmt und stolz gelebt haben, verlieren ihre Würde und wollen oft einfach nicht mehr Leben.
Ein Bild was sich auf ewig bei mir eingebrannt hat, meine Großmutter die kurz nach dem Schlaganfall für einen unserer Spaziergänge aufstand und sich am Rollator festhielt, als ihre Hose, die sie nicht richtig zugemacht hatte, zu Boden ging. Auch mit 12 Jahren konnte ich diese Situation den Umständen entsprechend einschätzen, an diesem Vorgang nichts „lächerliches“ zu finden, es war nicht lustig und meinem Empfinden nach auch nur eine dumme Kleinigkeit, die man in wenigen Sekunden gelöst hatte, aber für meine Großmutter muss das einer der schlimmsten Momente ihres Lebens gewesen sein, der ihr sofort Tränen der Scham in die Augen trieb.
All die Jahre hat man sich seine Würde aufrechterhalten, ist seinen Weg gegangen und von einem Tag auf den anderen ist man zu blöd seine Hose anzuziehen und steht vor seinem Enkel da wie irgendein Clown, der nichts mehr auf die Reihe bekommt.
Schlaganfall und seine Folgen waren mir immer eine Horrorvorstellung:
die Urgroßmutter, die Großmutter, zwei Großonkel und später auch der patriarchalische Großvater der kein Mitleid mit seiner leidenden Frau hatte selbst, alle wurden ohne Vorwarnung aus ihrem vertrautem Leben gerissen.
Anfang diesen Jahres traf es dann auch noch völlig überraschend meinen Vater. Immer gesund und sportlich, erwischte ihn ein schwerer Anfall mit nur 61 Jahren völlig unerwartet im Schlaf, hatten seine Lebensgeister doch erst in den letzten 5 Jahren so richtig angefangen aufzublühen.
Im Krankenhaus ergab sich schnell das Bild eines kompletten Pflegefalls, sollte er durchkommen. Als Sünder und Ungläubiger wage ich es nicht ernsthaft zu einem Gott zu beten aber das war ein Moment, wo man inständig hofft, dass der eigene Vater, der doch mitten im Leben stand, hoffentlich schnell stirbt und nicht 20-30 Jahre lang das Schicksal der anderen beschriebenen Familienmitglieder teilt.
In diesem Fall hatten wir „Glück“ und mein Vater starb nach zwei Tagen auf der Intensivstation, er lässt eine Lücke offen, von der man bis heute nicht weiß, wie man sie wieder schließen soll aber hat es doch wesentlich besser getroffen als mit den Alternativen, die sich beim Überleben aufgetan hätten.
Nach seinem Tod bin ich wieder zu Hause eingezogen und helfe meiner Mutter bei der Pflege meiner immer noch lebenden Großmutter (die damals die Urgroßmutter pflegte) die inzwischen 90 Jahre alt ist und nach bisher drei Schlaganfällen körperlich sehr beeinträchtigt ist, geistig aber noch so fit, wie man mit 90 eben sein kann.
Die Momente die ich heute Nacht in „Amour“ gesehen habe, sind da einfach zu sehr aus dem echten Leben gegriffen, als dass meine Augen trocken bleiben konnten.
Keinen Lebenswillen mehr haben, sich einnässen, immer mehr ein Schatten seiner Selbst zu werden, das kennt man. Aber wenn ich ehrlich bin, ertrage ich solche Pflegeaufgaben nicht so wie Georges im Film mit aller erdenklichen Kraft, Liebe und Würde die man als Mensch aufbringen kann. Wenn ich ganz ehrlich bin, wünschte ich manchmal meine Großmutter wäre schon tot. Sie müsste nicht mehr leiden und würde das Leben grade für meine Mutter viel einfacher machen.
Ich weiß nicht wie es ist, sich von anderen Leuten waschen zu lassen aber ich kann mir vorstellen, dass in der Wahrnehmung von vielen in so einer Situation am Lebensende von der Menschenwürde, die bei uns unantastbar ist, nicht mehr viel übrig ist.
Unser Bundesverfassungsgericht hat inzwischen ein Urteil bestätigt, dass man in Deutschland ein Recht auf Sterbehilfe hat, sollte man sein Leben nicht mehr als lebenswert erachten.
Für mich eine richtige Entscheidung, da ich das Schicksal meines Vaters für würdevoller halte, als das Lebensende von Anne oder meiner Großmutter.
Heute Abend noch hab ich wieder gedacht „Würde sie nur friedlich einschlafen und nicht mehr die Augen öffnen…“, als ich meine Oma ins Bett brachte.
Allem was ich in teils zynischer oder hoffnungsloser Manier hier geschrieben habe zum Trotz, freue ich mich, wenn ich morgen dann nochmal mit ihr zusammen bin und sie immer noch da ist, nachdem ich gesehen habe, mit welch liebevoller Geduld sich Georges um seine Ehefrau kümmert.
Einer der wichtigsten Filme die ich je gesehen habe, außer Haneke gibt es wohl wirklich niemanden der einen so mit der Realität konfrontiert.
Chapeau Herr von Schirach für die Empfehlung.
1. (Wie) feierst du Weihnachten?
Die Weihnachtsfeiertage werden coronabedingt wohl etwas überschaubarer gefeiert als die letzten Jahre, Freunde der Familie werden über die Feiertage wohl nur vereinzelnt kommen können. Meine eigene Weihnachtsfeier mit engen Freunden wird wohl auch schwierig werden, wenn schon zwei davon aus anderen Krisengebieten (GB und Spanien) anreisen müssen. Der eigentliche "Heiligabend" wird wohl stattfinden, wie immer im engeren Familienkreis bleibt es unter 10 Personen mit denen wir zusammenkommen, da meine Schwägerin dann allerdings im 8ten Monat schwanger sein wird, und zwei Leute über 90 zugegen sein werden, werden wir mit Abständen und Lüften schon sehr genau sein. Wie weit die Vorsicht auf die Stimmung drückt, bleibt abzuwarten aber mulmig ist einem schon momentan bei feierlichen Zusammenkünften, wenn Risikogruppen anwesend sind.
2. Wie nimmst du die Weihnachtszeit heute wahr, im Vergleich zu deiner Kindheit?
Momentan nehm ich sie als deprimierend wahr, aber das kommt eher von der allgemeinen Weltlage als Weihnachten selbst, während ich das Fest unter normalen Umständen zwar sehr liebenswert und charmant finde aber in der öffentlichen Wahrnehmung immer nur haarscharf am Kitsch/Konsum- Terror vorbei. Als Kind ist Weihnachten natürlich ein echter Zauber. Pure Magie wenn man das mit Kindern richtig angeht, was sich in einer anderen Wahrnehmungsform hoffentlich widerholt, wenn man selber Kinder hat und denen ein "magisches" Weihnachtsfest beschert.
3. Welcher Song ist dein persönliches Weihnachtslied?
Der Witz ist zu alt und schon vor 7 Jahren als ich hier noch regelmäßig Fragen beantwortet habe, konnte ich nicht anders als immer mit Bob Dylan Songs auf Musikfragen zu antworten. Aber immer noch ist es diese coole Weihnachtsparty Kuriosität von Dylans Christmasalbum "Christmas in the Heart" plus superlustigem Musikvideo:
https://m.youtube.com/watch?v=a8qE6WQmNus
4. Ein „bisschen“ Zeit haben wir ja noch, aber: Hast du schon Geschenke gekauft? Wann und unter welcher Prämisse kaufst du Weihnachtsgeschenke?
In der Regel mach ich mir länger im Voraus darüber Gedanken, was gut zu einer Person passen könnte, um dann irgendwann im Dezember alles an einem Tag zu besorgen. Ein paar Ideen hab ich auch jetzt schon im Kopf, aber merke schon, dass man einiges doch eher online bestellen muss.
5. Mal was anderes: Wie geht es dir heute eigentlich?
Heute geht es eigentlich ganz gut, habe bei tollem Wetter eine Radtour unternommen und dabei die Herbstlandschaften des Duisburger Südens bewundert. Die Stadt hat (nicht zu Unrecht) einen sehr schlechten Ruf aber wer aus der Gegend kommt, sollte sich mal die vielen Grünflächen Duisburgs ansehen, da gibt es tolle Wälder um die 6-Seen Platte herum, die bei solchem Wetter echt traumhaft sind.(Wurde noch gestern abend geschrieben: Dienstag 10.11)
6. Bist du jemand, der prokrastiniert oder erledigst du Dinge gern sofort?
Nachdem ich in der vorherigen Antwort preisgegeben habe, die Fragen hier nicht in einer Sitzung, sondern über zwei Tage verteilt geschrieben zu haben, erübrigt sich eine Antwort eigentlich. Aber ernsthaft: prokrastinieren hat bei mir in manchen Punkten ein so gefährliches Ausmaß angenommen, dass ich mich kaum noch an die Arbeitspunkte zurück traue. - Definitiv ein Problem bei mir.
7. Du hättest JETZT die Chance, eine Sache in deinem Leben zu ändern: Welche wäre das?
Wenn nichts dagegen spricht, zunächst mal die Anzahl der Nullen hinter der Summe auf meinem Kontostand. Realistischer würde ich gern meinen aktuellen Gesundheitszustand ändern, da hat man psychisch wie auch körperlich momentan einen Tiefstand erreicht. Der Wunsch nach Gesundheit schien mir immer etwas zu sein, was sich die Leute erst so mit 40 oder 50 wünschen aber da erkenne ich schon jetzt mit 23 den Wert.
8. Schreibst du To-Do-Listen?
Ab und an ja, aber bisher haben sich viele Listen langfristig eher negativ auf die Produktivität ausgewirkt, wenn man die DOs nicht komplett abarbeitet.
9. Wenn morgen Wahl wäre, wüsstest du, welche Partei du wählst?
Ich hab großes Interesse an einer schwarz-grünen Regierung für Ende 2021 und würde je nachdem wie der Wahlkampf verläuft, wahrscheinlich taktisch wählen, um dieser Koalition in die Hände zu spielen.
Um die Probleme die wir nach Corona haben werden anzupacken, halte ich schwarz-grün für am geeignetsten und stabilsten für Deutschland, gibt aber auch Ausschlusskriterien für meine Wahl.
Linke und Afd sind 100% raus, FDP auch sehr unwahrscheinlich und die CDU wirds bei mir schwer haben, wenn ein Egomane wie Merz am Ende durchkommt.
Zu diesem Zeitpunkt kann ichs noch nicht sagen, vlt. wähle ich mit Zweitsstimme grün (wenn die mich im Wahlkampf nicht mit zu linksliberalen Themen verschrecken) und gebe die Direktstimme der CDU, wenn die wen besseres als Merz aufstellen, ansonsten wahrscheinlich SPD per Direktstimme.
Ist immer schwer "Wenn morgen Wahl wäre..." dafür sind die Parteien und potentielle Kanzlerkandidaten einfach noch zu schwammig, während sich unsere politischen Herausforderungen fast täglich ändern, dass ichs grad nicht wüsste.
10. Welcher Cocktail ist dein liebster?
1. Mojito
2. White Russian (obwohl ich die Milch nicht vertrage)
3. Tequila Sunrise ( leicht und schnell gemacht)
Insgesamt aber eher Wein und Whiskey-Trinker und sehr selten Cocktails (vlt. dreimal im Jahr- passend damit alle drei Sorten dran kommen)
11. Kannst du gut abstrakt denken?
Abstraktes Denken in herausfordernden akademischen Bereichen habe ich nicht, wenn ich mir Personen anschaue, die ernsthaft wissenschaftlich arbeiten. In einigen Bereichen, ob es politisches und philosophisches Denken ist, kann ich schon vor mir behaupten, etwas abstrakter und tiefgehender zu Denken als der Durchschnittsmensch dem ich begegne. Auch im kreativen Bereich was Geschichtenerzählen angeht, kann ich doppelbödiger und ausufernder denken, als viele andere die mir begegnen. Das sind aber nur sehr kleine Teilbereiche/Hobbies wo ich mir abstraktes Denken zumuten würde, ein objektiver, allgemeinem Test (ein IQ Test zum Beispiel) würde bei mir wohl sehr durchschnittlich ausfallen.
Leider fällt mir in letzter Zeit mehr und mehr auf, dass meine geistigen Kapazitäten im letzten halben Jahr stark zurückgegangen sind. Habe eben schon von gesundheitlichen Beschwerden gesprochen, was sich bei mir auch über kurze Aufmerksamkeitsspannen und "Brain Fog" bemerkbar macht.
12. Wenn du eine Sache nennen müsstest, die du besonders gern tust, sei es ein Hobby oder eine andere Sache: Was wäre das?
Momentan wäre es ein "Standoff" zwischen Lesen und Schreiben. Wenn ich eine Geschichte schreibe und eine Szene getippt habe, die mir schon lange durch den Kopf geistert, und sie meinen Erwartungen entsprechend wirkt, ist das eine enorm zufriedenstellende Erfüllung, selbst wenn es nur eine Seite ist, die man an einem Tag geschrieben hat. Lesen ist auch etwas, das mich zurzeit enorm erfüllt. War ich früher eines dieser Kinder, die man gemeinhin als "Leseratte" bezeichnete, ist mir das Interesse über die Jahre abhanden gekommen, nicht zuletzt da das Lesen eines Romans in direkter Konkurrenz zum Konsum eines Films stand, da "raffte ich mich eher auf" endlich mal einen Film von Bergman zu sehen, anstatt mich "aufzuraffen" mal Dostojewski zu lesen. Da waren es oft mal nur zwei oder vlt. drei Bücher die ich innerhalb eines Jahres gelesen habe. Das hab ich jetzt aufgestockt auf mindestens ein Buch pro Monat (ideal: eins pro Woche) wobei ich in Geschichten aufgehe, wie ich es seit Jahren nicht mehr getan habe. "Stoner" von John Williams und "Vom Ende der Einsamkeit" von Benedict Wells haben mich in einer Art berührt, wie es lange keine Kunst oder auch persönliche Begegnung getan hat. Das waren emotionale Bereicherungen, dass ich so pathetisch werde, diese zwei Romane als Beitrag zu meinem Seelenheil zu bezeichnen.
13. Wie würdest du folgende Sätze weiterführen: - Die Nacht war kühl und dunkel, als er starb, aber ... - Morgen gehe ich in den Supermarkt, doch ... - Plötzlich war da ein ... - Sie wollte nicht glauben, dass ... - Und der See lag klar vor ihnen, sodass ...
Von solch "kreativen" Fragen bin ich kein Fan. Vielleicht erinnern die mich unterbewusst zu sehr an Schulaufgaben. Hier halte ich mich zurück und lese lieber nach, was andere Piloten hier beitragen. :)
14. Was würdest du jetzt gerade gern essen?
Also in diesem Moment bin ich ziemlich satt, dass ich auf nichts Besonderes Hunger hätte, allgemein würde ich aber sehr gerne mal wieder n klassisches Gulasch essen, so wies ihn früher bei Omma gab.
15. Bilde einen Satz (oder mehrere, wenn du magst) mit folgenden Wörtern: Kartoffelbrei, Plüschhund, rechnen, grün, Fanta Mandarine, heben
Siehe Antwort auf Frage 13 :)
Das Ganze ist gut zu vergleichen mit dem Fall Kachelmann gegen die BILD. Mehr als um die eigentliche Schuld des Angeklagten (von den Telefonmitschnitten die man von Head und Depp gehört hat, scheint Depp genauso unschuldig wie Kachelmann zu sein) geht es um die Berichtersattung eines Hetzblattes, welches sich zu großen Teilen einen Dreck um journalistische Standards kümmert und ohne Beweise Leute in ekelhaftester Manier vorverurteilt.
Zum einen ist es schade, dass man hier wieder sieht, dass die britischen Medien mit mehr Verleumdungen durchkommen als die deutschen (wer sich mit den Skandalen der Sun wie der BILD über die vergangenen Jahrzehnte beschäftigt, kann den Hass auf diese Schundblätter leicht nachvollziehen) und noch trauriger ist es, dass ein Studio wie Warner Borthers da mitzieht. Setzen die Studios sonst bei jedem Social Media Trend (sei es Black Lives Matter oder Metoo) in heuchlerischter Manier alles daran so zu tun, als ständen sie auf der moralisch richtigen Seite, zeigt sich hier wieder mal, dass es sich um Opportunisten handelt, die Null Integrität besitzen.
Im Gegensatz zu vielen anderen war ich nach den ersten zwei Teilen wirklich gespannt, wie die Story von Phantastische Tierwesen weiter gehen würde und fand Depp als Antagonisten große Klasse. Mit seinem (erzwungenem) Ausstieg wird die Reihe auf jeden Fall boykottiert.
"Life imitates Art"
Der Film hat auf den ersten Blick das gleiche Problem wie die "South Park" Staffeln der letzten Jahre. Galten die Bush Jahre bis zu Obamas Wahlsieg 2008 als goldene Zeit der Politsatire ist jegliche Überzogenheit und Spitze auf den demokratischen Politikbetrieb der USA seit 2016 komplett sinnlos.
Ein Film von 1992 wirkt mit heutigem Blick noch mehr aus der Zeit gefallen und lässt einen an mancher Stelle schlucken, wie der aktuelle Präsident der USA und seine Anhängerschaft alles um Längen in den Schatten stellen, was bei einer Kunstfigur wie dem republikanischen Bob Roberts noch übertrieben wirkte und nur im Kino durchkam.
Der Film an sich hat schon einige kreative Einfälle, die besonders mich als Dylan Fan in Form von Albencovern und Musikvideoparodien schmunzeln lassen. Auch der Cast mit Robbins und Sarandon die bis heute treu zum linken Sandersflügel der Demokraten stehen, machen hier Spaß, wo sie rechtskonservative in aller Form durch den Kakao ziehen und dabei nie ihre eigentlichen Aussagen für echte Demokratie vergessen. Dazu noch tolle Nebenrollen wie Rickman, Hunt oder der viel zu selten gesehene Ray Wise (Twin Peaks) die mich die Sichtung nicht bereuen lassen. Aber trotzdem ändert das nichts daran, dass die Mockumentary Form bei einem dreißig Jahre alten Film schon ziemlich überholt ist, "Bob Roberts" bei einem zähen Tempo fast 20 Minuten zu lang ist und viele Gags und Witze so mit dem Vorschlaghammer eingebaut werden, dass ich mich grundsätzlich frage, ob diese Form der Comedy nicht besser bei SNL geblieben wäre, als sie auf einen kompletten Spielfilm auszudehnen.
Gut gemeinte Satire mit netten Einfällen und sehenswerten Darstellern, oft aber zu oberflächlich, langatmig und alles in allem völlig aus der Zeit gefallen, wenn man den Streifen im Wissen unseres heutigen Zeitgeschehens anschaut, dass ich "Bob Roberts" kein zweites Mal brauche.
Aus gegebenem Anlass:
In der heutigen Nacht wählen die USA ihren Präsidenten in einer Zeit wo eine Pandemie unser aller Leben einschränkt, islamistischer Terror Europa erschüttert, demokratische Einrichtungen wie die EU an Zugkraft verlieren und ein autoritärer Staat wie China dabei ist, innerhalb der nächsten zehn Jahre zur einzig verbleibenden Supermacht heranzuwachsen.
Mit all ihren viel gescholtenen Fehlern und zahlreichen Unrechten die man den USA immer wieder ankreiden muss, wäre es für die Stabilität der westlichen Ordnung das Beste, würde dieses Land seinen Status von 1992 zurückholen, doch davon ist man weit entfernt.
Ob ein Donald Trump im Amt bestätigt wird (was der Lernfähigkeit der US- Bevölkerung jegliche Restglaubwürdigkeit nehmen sollte) oder ob ein völlig überforderter Joe Biden das Rennen gewinnen wird, das System der USA ist in unfassbar vielen Punkten reformbedürftig, die Bevölkerung so zerstritten wie seit 1860 nicht mehr (bis vor zwei Jahren hätte ich noch seit 1963 gesagt, aber die Ausmaße lassen inzwischen echt an bürgerkriegsähnliche Zustände glauben)
und daran ändert kein einzelner Präsident etwas.
Ob ein Bob Roberts oder Donald Trump sich mit billigen Tricks an die Macht durchschubst, ist schlussendlich egal und lenkt vielleicht auch zu sehr von den viel tiefer liegenden Problemen der USA ab und meine Hoffnung sinkt immer mehr, dass dieses Land, was ich im Herzen eigentlich doch sehr liebe, irgendwann wieder auf einen grünen Zweig kommt.
Hoffen wir zumindest, dass die nächsten Wochen alles ruhig bleibt, auch wenn es naiv scheint, dass wir nicht (egal wie das Wahlergebnis ausgeht) sehr bald Zeuge werden wie Proud Boys und Black Lives Matter Anhänger sich auf den Straßen die Köpfe einschlagen, während ein hochgerüsteter Polizeiapparat die Lage noch weiter eskalieren lässt (In größerem Ausmaß als es vor dieser Wahl sowieso schon der Fall).
1. Hermann Hesse
2. Heinrich Böll
3. Franz Kafka
4. Michael Ende
5. Johann Wolfgang von Goethe
(Bei mir durchaus als festes Ranking zu sehen)
Tolle Reihe die du hier machst, großes Lob meinerseits für die Idee.
Wirtschaftlich verstehen kann ichs ja, der einzige "große" Film der seit Beginn der Pandemie veröffentlicht wurde ist "Tenet" und für einen Christopher Nolan Blockbuster ist das Einspielergebnis von 300 Millionen knapp zwei Monate nach Kinostart ziemlich ernüchternd. Vor allem die US-Kinoquote war schwach und unter normalen Umständen wäre "Tenet" rein von den Zahlen ein großer Flop, wenn man die Release Kosten von Warner zu seinem 200 Millionen Budget zurechnet (Faustregel ist ja, dass ein Film dieser Größe mindestens das Doppelte seiner Kosten einspielen muss, um überhaupt nennenswerten Gewinn abzuwerfen) hat sich das finanziell einfach nicht gelohnt, während Disneys Abzockestrategie tatsächlich aufgegangen ist und man mit dem Streamingangebot von "Mulan" zum Wucherpreis wirtschaftlich besser gefahren ist, als wenn man auf Kinorelease gepocht hätte.
Ich persönlich war zwar kein Fan von "Tenet" aber bin mir ziemlich sicher, dass der Streifen in einem alternativen "Corona-freien" Universum bis Ende Oktober oder Anfang November die Milliarden Dollar Marke erreicht hätte und gut beim Massenpublikum angekommen wäre. An Nolan liegt das aktuelle Einspielergebnis nicht und die Kinos haben ja auch alles versucht, mit Corona Maßnahmen für eine sichere Atmosphäre zu sorgen, die die Kunden wieder ins Kino locken.
Ohne zu pathetisch klingen zu wollen glaube ich, dass wir hier live in Rekordzeit erleben, wie Corona allgemeine Kinokultur zu Grabe getragen hat. Durch Streamingangebote war Kino eh schon lange nicht mehr so attraktiv wie im vergangenem Jahrhundert aber die Ausnahmezustände des vergangenen Jahres scheinen endgülig die Lust aufs Kinoerlebnis genommen zu haben, nachdem man sich an die Alternativen gewöhnen musste.
Vielleicht kommt ja viel wieder im nächsten Jahr zurück aber es ist schon eine heftige Ansage, dass Christopher Nolan (der über Filmfankreise hinaus den Status hat, den Spielberg in den 80ern und 90ern hatte) es nicht geschafft hat, das Kino wiederzubeleben, wo ich selbst drauf gewettet hätte, dass "Tenet" trotz Corona wieder große Massen vor die Leinwände lockt.
Kein Wunder, dass die Produzenten von den anderen großen Filmen wie Bond oder "Dune" jetzt richtig Schiss haben, wenn man sich das beschriebene Bild vor Augen hält.
Für mich als Filmfan der bei Wind und Wetter oder Pandemie ins Kino geht, ein trauriger Umstand, dass heiß erwartete Titel wie "Dune" oder "The French Dispatch" weiterhin auf sich warten lassen. Aber als Produzent dieser Filme würde ich höchstwahrscheinlich auch auf Nummer sicher gehen und zumindest warten, bis die Pandemie im Heimatland der USA halbwegs ausgestanden ist. Und das könnte tatsächlich noch bis März/April nächsten Jahres dauern, wo es manche Modelle gibt, die die US-Corona Toten von aktuell über 210.000 auf 400.000 im Januar 2021 schätzen.
Während das normale Leben weiter geht, bei uns die Wirtschaft wieder halbwegs anläuft und man unter neuen Grundvoraussetzungen seiner Arbeit nachgeht, bleibt die Unterhaltungskultur des öffentlichen Lebens, ob es Filme oder Livekonzerte sind am Boden, was in diesen Zeiten noch deprimierender stimmt.
Fondas Ghibli Werkschau 15/22
Ghibli Hochphase 5/5
"Das wandelnde Schloss" (2004)
Regie: Hayao Miyazaki
Den Titel "Hochphase" habe ich für dieses Kapitel der Ghibli Produktionen gewählt, obwohl mir Filme wie "Meine Nachbarn die Yamadas" oder "The Cat Returns" nicht so gut gefallen haben, was vor allem daran lag, dass der Meister Miyazaki selbst um die Zeit der Jahrtausendwende in seinem zweiten Frühling war und in einer vergleichsweisen kurzen Zeitspanne drei Filme geschaffen hat, die im allgemein Tenor zu seinen besten und bekanntesten gehören.
Der Abschluss dieser Schaffenstriologie von Miyazaki ist der vorliegende "Das wandelnde Schloss" nachdem er zuvor mit "Prinzessinn Mononoke" und "Spirited Away" bereits alles erreicht hat, wonach man als Animeregisseur streben kann.
Leider muss ich bei dieser Arbeit sagen, dass sie für mich persönlich gegen das allgemeine Meinungsbild doch ein ganzes Stück zu den Vorgängerfilmen abfällt, dass sie wertungstechnisch für mich sogar die schwächste Miyazakiregie ist und dass ich es mir mit der gegebenen 6,5er Wertung nicht leicht gemacht habe, da ich den Streifen gerne in einem positiveren Licht gesehen hätte.
"Das wandelnde Schloss" fair zu bewerten und zu beschreiben, wieso seine Geschichte bei mir nicht komplett afgegangen ist, fällt mir aus mehreren Gründen unheimlich schwer, aber ich will zunächst einmal mit den positiven Aspekten des Films anfangen.
Es gibt solche Künstler bei denen einem irgendwann die Superlative ausgehen. Die Meisterwerke erschaffen, welche man in den höchsten Tönen lobt und die Aspekte ihrer Kunst zur absoluten Perfektion bringen, dass man überzeugt ist, dass diese Arbeit nicht mehr übertroffen werden kann.
Trotzdem hat Miyazaki bei seinem 8ten Studio Ghibli Film wieder alles ausgetstochen was wir an Animationen in seinen früheren Filmen gesehen haben.
Schon in seinen früheren Werken wie "Mein Nachbar Totoro" und "Kikis Kleiner Lieferservice" war es manchmal unfassbar, welch wunderschöne Bilder wir geschenkt bekommen, mit zunehmendem Erfolg und größeren Budgets kamen irgendwann die noch beeindruckenderen Bilder von "Prinzessinn Mononoke" und "Spirited Away", dass ich der festen Überzeugung war, Miyazaki hätte seinen Peak erreicht.
Doch was der Meister im vorliegenden Film an bunten Charakterdesigns und vielfältigen Welten erschaffen hat, übertrifft tatsächlich nochmal seine Vorgängerfilme und war im Jahr 2004 wohl das Beste was man in animierter Form an Kinobildern bekommen konnte.
Die Städte im europäischen Stil die Miyazaki hier erschafft, wirken so einladend und lebendig, dass einem das Herz blutet, wenn der Regisseur sein eigenes Paradies durch Bombenangriffe des Kriegs in Schutt und Asche setzt.
Die Vielfältigkeit der Welten und die Mechanismen mit denen das Zwischenwandeln der Selbigen funktioniert, überraschen einen erneut, dass ein Künstler wie Miyazaki auch im Herbst seines Schaffens noch mit der kreativen Energie eines jungen Mannes gesegnet ist.
Die Charackterdesigns welche durch das Thema der inneren und äußeren Schönheit das eigentliche Herzstück von "Das wandelnde Schloss" sind , schaffen ebenfalls neue Standards, die man so noch nicht in animierten Spielfilmen gesehen hat. Manchmal nur ganz subtil mit leichten Veränderungen der Gesichter, manchmal krasse Stilbrüche wenn Howls komplette Gaderobe oder seine Haarfarbe ausgetauscht wird, habe ich selten erlebt, dass Charakterentwicklungen so gut durch die Veränderung ihres Designs getragen wird.
Das klingt alles nach einem neuen Miyazaki Meisterwerk und ich würde auch unterschreiben, dass der Regisseur diesen Film nur in die Produktion gegeben hat, nachdem er sich sicher war, sich in vielen der genannten Aspekte weiterentwickeln zu können und frühere Arbeiten noch einmal zu übertrumpfen.
Nur leider ist es bei "Das wandelnde Schloss" zum ersten Mal der für Miyazaki oft vernachlässigte Punkt der Story und ganz grundsätzlichen Plotpoints über den der 15te Studio Ghibli Film stolpert.
Dass für Miyazaki immer die Bilder im Vordergrund standen und er die Geschichten seiner Filme oft während der Animationen entwickelte, ist bisher bei fast allen seinen Filmen aufgegangen, dass eine ganz klare Struktur das Klären von Verständnisfragen teils nicht vorhanden war, passte in Filmen wie "Spirited Away" sogar verdammt gut zu den Welten die man erschaffen hat.
Bei dieser Arbeit haben wir jedoch einen so überladenene Film, so viele Ideen die nicht zu Ende gebracht wurden und so viele verwirrende unzusammenhängende Plotlines, dass der Streifen spätestens ab der zweiten Hälfte unter all den Einfällen die Miyazaki hat, zu taumeln beginnt.
Eine große epische Kriegsstory die an den Ersten Weltkrieg angelehnt ist, bleibt eine dauernde Bedrohung im Hintergrund ohne einen größeren Einfluss auf unsere Protagonisten zu haben, dass man den Eindruck hat, der Krieg sei nur für die großartigen Hintergrundbilder, Zerstörungswut in den Städten und die animierten Kriegsschiffe da, ohne die Geschichte voran zu treiben.
Der eigentliche Aufhänger des Films in Form der bösen Hexe die unseren Hauptcharakter Sofie in eine alte Frau verwandelt hat, geht ab der Mitte des Films seltsam konsequenzlos verloren. Zwar wird dieser Antagonist direkt durch die böse Königin ausgetauscht, die für ihren korrupten Sohn den Krieg anzettelt, nur hat diese bis auf die Schlussszene nichts mehr mit unseren Hauptcharakteren zu tun.
Nicht nur ein überladenes Kriegsdrama mit einer Antagonistin deren Geschichte nicht zu Ende gebracht wurde, auch mehrere kleine Geschichten, zum Beispiel um Sophies Familie ihrer Mutter und Schwester wirken merkwürdig unfertig, wenn dort Koflikte angestoßen werden, die fast nie zu Ende gebracht werden.
Auch Sophie selbst wird für mich nicht der liebste Miyazakicharakter werden. Interessant ist es auf jeden Fall wenn sie zwischen verschüchtertem Mädchen und resoluter alter Dame hin und her schwankt, doch für mich ist es doch einfacher zu Figuren wie Kiki oder Nausica die klare Motive haben eine Bindung aufzubauen, als zu dem Mädchen dessen Charakter sich teilweise von Szene zu Szene um 180 Grad wandelt.
Hayao Miyazaki hat wie bei vielen seiner Arbeiten wieder tausende von Ideen und kreative Einfälle gehabt und bei all der Kraft der epischen Bilder von Schönheit wie auch blinder Zerstörungswut, kommt man zwar zunächst aus dem Staunen nicht heraus, wird aber spätestens im letzten Drittel irgendwann übersätigt, was man hier an bunten Charakteren, Nebenplots und Schlachten vorgesetzt bekommt. Dazu noch die unausgegorene Story und Figuren die einen weniger sympathischen Eindruck hinterlassen als Miyazakis Voränger, dass "Das Wandelnde Schloss" für mich trotz meisterhafter Animationen zu den schwächeren Miyazaki Filmen zählt, was bei einer 6,5er Wertung wohl immer noch eine Ansage für den Regisseur ist.
Fondas Ghibli Werkschau 14/22
Ghibli Hochphase 4/5
"Das Königreich der Katzen" (2002)
Regie: Hiroyuki Morita
Würde ich ganz fair und objektiv bewerten, bekäme „Das Königreich der Katzen“ eine glatte 6er Wertung, er wäre ein für sich allein stehender, ganz netter, süßer Kinderfilm.
Für mich persönlich war dieser Film jedoch eine seelenlose Produktion ohne irgendeinen künstlerischen Mehrwert, dass es sich hier um den bisher einzigen Ghibli Streifen handelt, bei dem ich mir wünschte, er wäre nicht über die Planungsphase hinaus gekommen.
Der vierzehnte Film von Studio Ghibli tritt nicht nur als Nachfolgefilm von „Spirited Away“ in den direkten Vergleich, sondern auch von der Story her. Ein junges Mädchen wird in eine ihr fremde Fantasiewelt entführt, in diesem fremden Königreich der Katzen muss sie zwar nicht ihre Eltern von einem Fluch befreien aber sich selbst, nachdem sie selbst in eine Katze verwandelt wurde und mit der Hilfe von neuen Freunden wieder nach Hause zurückfinden.
Die Prämisse dieses Spielfilms ist eine sehr ähnliche „Alice im Wunderland“- Story wie bei Miyazakis Vorgängerfilm und da der direkte Vorgänger ein unbestrittenes Meisterwerk war, fällt „Das Königreich der Katzen“ zwangsläufig in vielen Punkten ziemlich tief.
-Soundtrack:
Haben wir bei „Spirited Away“ einen der beste Joe Hisaishi Soundtracks mit „One Summers Day“ als meisterhaftem Herzstück, bietet „Das Königreich der Katzen“ Hintergrundmusik, die nicht weiter auffällt und die Frage aufwirft, wieso sich Ghibli hier keinen Komponisten geleistet hat, der dem Standard der sonstigen Werke gerecht wurde.
Selbst Filme ohne Hisaishis Zutun wie „Only Yesterday“ oder „Whispers of The Heart“ haben es immer geschafft ihre Geschichten perfekt abzurunden. Schlecht sind die Kompositionen die Yuji Nomi hier anbietet sicher nicht, doch leider am Ende vergessenswert.
-Charakterdesign:
Chihiro als animierte Figur hat sogar für John Lasseter von Pixar neue Standards gesetzt, was authentische Verhaltensmuster von künstlichen Charakteren angeht. Lässt “Spirited Away” den Zuschauer fühlen, ein echtes zehnjähriges Mädchen vor sich zu haben, wirkt Harus Charakterdesign in “Das Königreich der Katzen” eher billig. Ich haue ja nur ungern auf Filme richtig drauf, doch der Protagonist dieser Arbeit wirkt wie eine Hintergrund/Statisten- Figur die wir in Ghibli- Produktionen von anderen Kalibern erwarten würden.
-Charakterentwicklung:
Können wir bei Chihiro fast schon von der klassischen Heldenreise sprechen, in der sie ihre Ängste überwindet, neue Fähigkeiten erlernt und am Ende ihre Eltern “aus der Unterwelt” rettet, ist in “Das Königreich der Katzen” leider so gut wie gar nichts an Charakterentwicklung zu bemerken.
Haru ist ein naives, verschüchtertes Schulmädchen, das von allen herumgeschubst wird. Überwindet sie während ihrer Reise ins Reich der Katzen ihre Schwächen und nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand? Tatsächlich wird in den Momenten wo es drauf ankommt, immer der Nebencharakter Baron zum Protagonisten und übernimmt die herausfordernden Arbeiten. Bei Schwertkämpfen, Verwirrungstaktiken und inspirirerenden Reden sitzt Haru eher am Rande, stets in Erwartung gerettet zu werden.
Sehr schade so eine passive Hauptfigur zu haben, hat uns Studio Ghibli doch zuvor immer inspirierende weibliche Figuren geschenkt, gibt man sich nun mit einem Charakter zufrieden der ähnlich willensstark ist, wie die Disneyprinzessinnen der 50er Jahre.
Wenn Haru am Ende des Films wie ausgewechselt wirkt und plötzlich selbstbestimmt und mit innerer Ruhe durchs Leben geht, frage ich mich was ich hier verpasst habe, gab es im eigentlichen Abenteuer doch keine Station bei der man diesen Entwicklungsprozess bemerkt hätte.
-Story
Die Geschichte des Films hat für uns zu keinem Zeitpunkt etwas Neues zu bieten, die Prämisse von “Spirited Away”, ein bisschen Highschool Drama und ein bisschen verrückter Hofstaat aus “Alice im Wunderland” ohne uns Wendungen oder Ideen anzubieten, die man extra für diesen Film entwickelt hätte. Da das Ganze auch weder sonderlich spannend inszeniert noch schön animiert ist, ist die kurze Laufzeit von 72 Minuten noch einer der besten Aspekte dieses Films der seine Handlungspunkte sehr routiniert und schnell abhakt.
-Worldbuilding
Ein Schloss, eine Wiese, ein Labyrinth und ein Büro das relativ klein gehalten ist. Das ist die Welt des Katzenkönigreichs, in der die Animationen leider nicht durch Kreativität glänzen. Was man nicht nur bei "Spirited Away", sondern bei fast allen Ghibli Filmen zu 100 Prozent bekommen hat, waren detailverliebte Fantasiewelten, Traumlandschaften denen ein wahrer Kern inne wohnte, dass man in diesen aufging.
Hier ist zum ersten mal nichts davon vorhanden, Haru sagt selbst bei ihrem Besuch "Es ist wunderschön hier", was die Frage aufwirft, ob dieses Mädchen noch nie eine große Wiese gesehen hat, da das Katzenkönigreich nicht iel mehr zu bieten hat.
Wäre das ein größeres Projekt unter Takahata oder Miyazaki geworden, wäre kaum auszumalen, was für eine Welt man unter dem Titel „Königreich der Katzen“ hätte erschaffen können.
Vielleicht ist ein direkter Vergleich mit "Spirited Away" wie ich es getan habe unfair und „Das Königreich der Katzen“ würde mir für sich alleine stehend besser gefallen und als nette Unterhaltung durchgehen aber so oder so, sehe ich anhand all der Kritikpunkte die ich aufgelistet habe, sehr wenig Herzblut in der Arbeit und kaum Aspekte die wirklich Positives zu bieten haben.
Haben mir vorangegangene Ghibli-Filme die im unteren Wertungsbereich waren, immer aus subjektiven Punkten nicht so gut gefallen, war dies der erste Streifen, bei dem das Studio eine Arbeit unterhalb seiner künstlerischen Standards in die Kinos brachte. Potential war hier als Quasiprequel zu "Whispers of The Heart" auf jeden Fall vorhanden, dass ich mich wundern muss, dass weder die Storyversatzstücke noch die großartig animierten Fantasiewelten aus Kondos Film aufgegriffen werden, mit denen man eine eigenständige, ordentliche Geschichte hätte erschaffen können.
Für mich eine Regiearbeit von Ghiblineuling Hiroyuki Morita die dem Gesamtwerk des Studios keinen Gefallen tut.
Grade mal alle 100 durchgegangen, sehr schöne Liste und toll ausgeglichen zwischen ganz persönlichem Geschmack und den großen Kritikerlieblingen, die in fast allen Top100 verteten sind. Glaube mir fehlen knapp 20 Filme von deiner Liste, größtenteils europäisches und asiatisches Kino wo ich nicht so bewandert bin,hab auch direkt n paar vorgemerkt.
Auf den vorderen Plätzen noch direkt zweimal David Lynch und Indiana Jones (für mich die ultimative Filmheld Figur) finde ich klasse. Tolle Arbeit die du dir hier gemacht hast.
Fondas Ghibli Werkschau 13/22
Ghibli Hochphase 3/5
„Spirited Away“ (2001)
Regie: Hayao Miyazaki
https://www.youtube.com/watch?v=TK1Ij_-mank
Als Hayao Miyazaki nach „Prinzessin Mononoke“ ankündigte in den Ruhestand gehen zu wollen (die erste von gefühlt ein Dutzend dieser Ankündigungen an die sich der Meister nie lange halten konnte) war wohl keinem klar, dass es mit seiner Arbeit jetzt erst richtig losegehen sollte. Der internationalen Erfolg den „Prinzessin Mononoke“ einleitete, wurde hier nicht nur in Form des erfolgreichsten Ghibli Box Office fortgesetzt, auch der Academy Award für den Besten animierten Spielfilm wurde an „Spirited Away“ vergeben und machte Hayao Miyazaki endgültig zum Inbegriff für Highquality Animefilme.
Verdient war dieser Erfolg allemal, zeigt „Spirited Away“ erneut welch große Künstler hinter Studio Ghibli stecken und wie man in einen Kinderfilm spirituelle Themen und erwachsene Subtexte einbauen kann, dass eine Arbeit entsteht, die etwas für Leute aller Altersklassen zu bieten hat.
Als Kind ist man auf der einen Seite so unbeschwert und lebensfroh wie selten im erwachsenen Alter, auf der anderen Seite aber auch so hilflos und abhängig wie man es sich bis ins Greisenalter gar nicht mehr vorstellen kann. Erinnert man sich heute zurück wie man als Kind verloren gegangen ist, sei es im Einkaufszentrum oder der näheren Umgebung gewesen, war der Gedanke man habe seine Eltern verloren und sieht diese niemals wieder eine existenzielle Bedrohung die einen in die Knie gezwungen hat, wie es Jahre später nur noch wenige Szenarien können.
Diese existenzielle Angst die Eltern zu verlieren und sich danach in einer fremden Welt zurechtfinden zu müssen, verpackt Miyazaki in diesem Spielfilm in Form der alten „Alice im Wunderland“ Geschichte und bringt sie zur Perfektion. Nicht nur was Animation angeht, vielmehr noch was Charakterentwicklung angeht, die bei „Spirited Away“ stärker und authentischer ist, als in manchem Realfilm mit Oscarpreisträger. Man soll ja nie mit Kinderdarstellern arbeiten, die besonders schwer zu leiten sind, und da mag auch was dran sein, aber Kinder animieren? Unter einem Meister wie Miyazaki haben wir dadurch den Charakter Chihiro bekommen, die wahrscheinlich das lebendigste und authentischste Mädchen der jüngeren Filmgeschichte ist.
Seien es ihre Ängste sich in der neuen Welt zurechtzufinden, die wir aus Kindheitstagen noch zu gut nachempfinden können, ihr Mitgefühl und Arbeitseifer, die uns inspirieren oder ihr mit jeder Herausforderung wachsender Mut, dass wir es dank ihr schaffen, uns in dieser mysteriösen Traumwelt zurecht zu finden.
Miyazaki sagte einmal, er interessiere sich bei seinen Filmen nicht für die Geschichte, sondern für die Animationen. Wenn er ein tolles Bild vor Augen habe, reicht ihm das, um einen guten Film zu erschaffen. Und so sehr ich mich gegen diesen Satz auch aussprechen würde, halte ich Story doch nach wie vor für den wichtigsten Punkt eines Films, hier geht Miyazakis Arbeitsweise hundertprozentig auf.
Wie schon bei manchen seiner früheren Arbeiten fällt auf, dass man hier kein klares Drehbuch in der Entwicklungsphase hatte. Chihiro wird tief „inside the rabbit hole“ geschickt und sobald die Pforten der fantastischen Traumwelten Ghiblis geöffnet sind, arbeitet Miyazaki einfach drauf los und lässt sich selbst überraschen, wo er am Ende auskommt.
Eigentlich bin ich kein Fan dieser Arbeitsweise und dieser Produktionsumstand fällt grade beim seltsamen Finale mit Yubabas Herausforderung auf oder dem ganzen Plot um ihre Zwillingsschwester aber tatsächlich tut das alles diesem Werk keinen Abbruch. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, es passt zu der ganzen Traumlogik dieser Arbeit hervorragend.
Der Film lässt dem Zuschauer viele Freiheiten, nachdem er seinen Protagonisten etabliert hat, bietet er einem seine Bilder nur an. Will man sich auf die verschiedenen Spirits dieser Welt einlassen, will man selbst die Reise mit dem mysteriösen Zug wagen und wie würde man selbst zu Noface stehen?
Manche dieser Freiheiten verwirren einen, manches wird nicht aufgelöst und wieder anderes bleibt der Eigeninterpretation des Zuschauers überlassen, genauso wie die eigenen Nebelfetzen, die man morgens nach dem Träumen noch im Kopf hat.
Ghibli Animationen auf dem absoluten Höhepunkt, Worldbuilding vom Feinsten, Charaktere zum Mitfühlen und ein Soundtrack welcher eine der schönsten Melodien zu bieten hat, die ich je in irgendeinem Film gesehen habe.
Großes Kino.
Große Kunst.
Danke Hayao Miyazaki für einen Film der das Gefühl eingefangen hat, Kind zu sein und sich in seinen eigenen Träumen zurecht zu finden.
Fondas Ghibli Werkschau 12/22
Ghibli Hochphase 2/5
„Meine Nachbarn die Yamadas“ (1999)
Regie: Isao Takahata
Beschrieb ich Takahata und Miyazaki zuvor schon als Yin und Yang in ihren Arbeiten und Bemühungen sich in thematischen Gegenschwerpunkten zu den Werken des Anderen aufzustellen, ging der Minimalismus den Isao Takahata auf den gewaltigen Epos von Hayao Miyazakis „Prinzessin Mononoke“ folgen ließ, bei mir leider nicht auf.
Waren „Die letzten Glühwürmchen“ und „Only Yesterday“ in meinen Augen absolute Meisterwerke der Animationskunst, fiel schon „Pom Poko“ leicht in meiner Gunst, wenn ich diesen Film mit anderen Ghibli- Produktionen verglich.
Doch mit der vorliegenden vierten Regiearbeit Isao Takahatas bin ich dann in leichte Sorgen geraten, dass ausgerechnet dieser Animationsmeister zum Sorgenkind meiner Werkschau wird.
Aufgrund meines Respekts vor Takahata habe ich mir wirklich Mühe gegeben „Meine Nachbarn die Yamadas“ Positives abzugewinnen, doch um ehrlich zu sein, es fiel mir verdammt schwer.
Ein Animationsstil der so simpel ist, dass mir die Bilder des Streifens „unfertig“ vorkommen, ein Episodenfilm der keine stringente Handlung zu bieten hat, Charakterdesigns die nach einem Minimalbudget aussehen, Humor und Moralvorstellungen die teils so altbacken und kindgerecht wirken, dass man glaubt einer Animationsserie für vierjährige auf KIKA beizuwohnen.
Boah, das klingt echt fies, bei einem Film von einem Regisseur der zu einem der wenig gerühmten Großen der Zeichentrickkunst zählt, aber diese Kritikpunkte meine ich so und ich hatte große Probleme dem Film meine volle Aufmerksamkeit zu widmen, wenn alle zehn Minuten ein neuer Konflikt angestoßen wird, der selten spannender wird, als die Frage ob ein Familienmitglied der Yamadas eventuell den Herd angelassen hat.
An sich ist das Grundszenario einer normalen japanischen Familie, die in spannend animierten Tagträumen die Aufgaben des Alltags meistern muss nichts Schlechtes. Mit „Only Yesterday“ hat Takahata bereits bewiesen, dass er wie kaum ein anderer die großen Fragen und Herausforderungen unseres Lebens in den kleinen, alltäglichen Konflikten finden kann. Beeinflussen uns bei „Only Yesterday“ manche Kleinigkeiten allerdings in unserer Entwicklung und prägen uns fürs Leben, wirkt „Meine Nachbarn die Yamadas“ seltsam konsequenzlos in dem was erzählt wird.
Alle paar Minuten finden wir uns in einem neuen Familienabenteuer wieder, an dessen Anfang alles wie zuvor ist, erleben Figuren die mir nie Recht ans Herz wachsen wollen, bei einem Alltag der uns in all seiner Ehrlichkeit doch nichts Neues über familiäres Miteinander zu berichten weiß.
Takahata verfilmte mit „Meine Nachbarn die Yamadas“ die in Japan relativ bekannten Comicshorts aus Zeitungen und tatsächlich scheinen mir Kurzcomics das beste Medium für die vorliegenden Geschichten zu sein.
Einen Film hat das Erzählte hier nicht getragen und ohne roten Faden fällt diese Arbeit schnell auseinander.
Natürlich gibt es die ein oder andere Episode, die uns mit interessanten Animationen beeindruckt, einige Momente in denen Takahatas Regiegenie nochmal zum Vorschein kommt (wenn der Vater sich den Bikern stellt), die Besetzung von Jim Belushi als Familienvater sorgt in der Synchronisationen noch für einige Witze, die auch bei mir aufgingen und für ein junges Publikum hat der Film sicher eine lehrreiche Botschaft zu bieten. Insgesamt aber eine Arbeit bei dem das Medium Film, in welchem man eine längere zusammenhängende Geschichte in großen Bildern erzählen will, nicht gut ausgenutzt wurde.
Am Ende eine Familiengeschichte mit dem Herz am rechten Fleck, die den ein oder anderen Lacher bietet, bei mir aber nicht ankommen wollte und den vorläufigen Tiefpunkt der Ghibli Filme darstellte.
Fondas Ghibli Werkschau 11/22
Ghibli Hochphase 1/5
„Prinzessin Mononoke“ (1997)
Regie: Hayao Miyazaki
„Prinzessin Mononoke“ ist so ein Film über den schon alles gesagt wurde, was man sagen kann und ja es handelt sich hier tatsächlich um einen Film bei dem das Wort Meisterwerk zu Recht verwendet wird.
Eine epische Geschichte, unfassbare Animationen, ein Wahnsinnssoundtrack, ambivalente Figuren die man nicht in simple Gut -Böse Schemata einteilen kann und eine Botschaft über Völkerverständigung und Kulturerhaltung die auch noch in 100 Jahren ihre Gültigkeit haben wird.
Alles was Miyazaki bei seinen vorangegangen Arbeiten erlernt hat, hat er in seinem sechsten Ghibliwerk zur Perfektion gebracht und dabei einen Film erschaffen, der so groß und wichtig war, dass auch Hollywood es sich nicht mehr leisten konnte Ghibli zu ignorieren, dass diese Arbeit die „Hochphase“ des Studios einleitete und zu international beachteten Erfolgen führte.
Viel mehr kann ich zu diesem Kunstwerk nicht sagen, außer dass es ein Streifen ist, der bei mir bedeutungsmäßig in der gleichen Liga wie „Der Herr der Ringe“ spielt und von jedem einmal gesehen werden sollte.
Denn „Prinzessin Mononoke“ ist nicht nur ein großartiger Animationsfilm, sondern ein großartiger Film allgemein.
Fondas Ghibli Werkschau 10/22
Ghibli Experimentierphase 4/4
„Whispers of The Heart“ (1995)
Regie: Yoshifumi Kondō
Vielleicht schon fast ein bisschen blasphemisch gegenüber den Meistern Takahata und Miyazaki aber der erste große Ghiblifilm bei dem sie kaum Einfluss hatten und einem „Jungspund“ die Regieaufgabe überlassen haben, ist zu meinem Lieblingsfilm des Sudios geworden.
Ob es der viel genannte Ghiblizauber war, die tollen Animationen oder einfach die Geschichte die mich so mitgerissen hat, bei keinem anderen Film, nicht einmal beim großartigen „Spirited Away“ ging mir in so vielen Szenen das Herz auf wie beim zehnten Ghibli Film „Whispers oft he Heart“.
Ich hatte hier auch kaum eine Chance zu widerstehen, beginnt schon in der ersten Filmminute der Song „Country Roads“.
Sicher, ein unfassbar klischeehafter Song, der in einer unsäglichen Abrissversion schon lange zum Partyhit geworden ist und auch kein Insidertipp oder besonderer Song mehr ist. Aber für mich ganz persönlich ein Lied welches ich auf Umwegen mit meiner ersten großen Liebe verbinde, ein Lied welches mir immer wieder ein Szenario vor Augen ruft, welches nie eintreten sollte, mich melancholisch über vergangene Zeiten schwelgen lässt und in eine teils bittere „Was wäre wenn… - Welt“ entführt.
https://www.youtube.com/watch?v=lQjGZIoy2KE
Jedenfalls waren nur zwei Minuten nötig, die großartige „Whispers oft he Heart“ Version dieses Songs zu spielen und dazu die wunderschönen Animebilder laufen zu lassen (ich denke während dieser Werkschau so oft, dass Handdrawnstil viel magischer und faszinierender wirkt, als Computeranimationen), dass ich bereits eine Träne im Auge hatte und von Anfang wusste, „Das wird mein Film“.
Es hat sich bewahrheitet.
Unsere Protagonistin Shizuku ist im Laufe dieses Films zu meinem Lieblings Ghibli Charakter herangewachsen. Ein 14- jähriges Mädchen introvertiert und ständig in ihrer Bücherwelt zurückgezogen, immer etwas verlegen aber dann doch nie zu scheu den Leuten ihre Meinung zu sagen mit dem Traum eines Tages Autorin zu werden.
Klingt sicher komisch von einem 23- Jährigen aber ich habe mich in keinem Animefilm zuvor so sehr mit einer Figur identifiziert.
Die Welt von Shizuku ist zu großen Teilen die eines Highschooldramas, und hier im Gegensatz zu „Ocean Waves“ so gut umgesetzt, dass man sich in seine eigene Teenagerzeit zurückversetzt fühlt.
Beste Freundschaften von denen man denkt sie halten ein Leben lang, erste Liebesgeständnisse, peinliche Begegnungen mit anderen Schülern und eine ganze Stufe von jungen Menschen die ein eigener Mikrokosmos scheint und sich in den besten Momenten wie eine große Familie anfühlt. Zwischen all dem normalen Highschoolwahnsinn und ihrer beengenden Familie startet Shizuku ihre Karriere als Autorin; schreibt über ferne Fantasiewelten und steckt all das Herzblut das sie hat, in ihre Geschichten, um sie zum Leben zu erwecken.
Dass ich die Figur von Shizuku so gut nachempfinden konnte, lag vielleicht auch daran, dass dieser Animationsfilm verboten viele Momente hat, die sich 1:1 aus dem echten Leben herausgenommen anfühlen. Kleine Momente wenn man sich zum ersten Mal auf eine Arbeit konzentriert, die einem wirklich sinnvoll erscheint, Streitereien mit der Familie oder Tragträumereien die einen irgendwann zu einem fremden Punkt der Stadt führen, bei dem man noch nie zuvor war.
„Whispers oft he Heart“ versteht es meisterhaft die kleinen Momente menschlichen Beisamenseins oder Zweifelns in Szene zu setzen. Ob es gemeinsames Musizieren ist, ein schweigender, ruhiger Moment mit einer geliebten Person oder die große Angst die eigene Kunst zum ersten Mal anderen Menschen zu zeigen und dafür Kritik anzunehmen.
Für mich ein unfassbar authentischer Coming of Age Film der mit allen Regeln der Animationskunst perfekt umgesetzt wurde, in dessen Welt ich liebend gern eingetaucht bin.
Fairerweise muss ich jetzt aber auch zugeben, dass der Film schon ein paar Schönheitsfehler hat und meine Wertung sehr subjektiv ist. Mir selbst ging der Film einfach so nahe, dass ich ihm die glatte 8 gebe, doch guckt man noch einmal über die Story dieses Streifens, kann man ohne Weiteres kritisieren, dass er vom Pacing her etwas lange mit seiner Hauptstory in den Startlöchern steht, bevor unsere Protagonistin endlich anfängt ihre Geschichte umzusetzen und dass man sich ab und an etwas zu sehr mit Nebenhandlungen beschäftigt, wo Schicksale von Figuren behandelt werden, die eigentlich keinen Einfluss auf die Hauptstory haben.
Hätte ich hier Regie geführt, hätte ich tatsächlich versucht Shizukus aktive Schreibphase früher anzusetzen und schon im Mittelteil losgehen zu lassen, anstatt in den letzten 30 Minuten. Grade da hier visuell beeindruckend die Traumwelten aus Shizukus Geschichten mit der Haupthandlung interagieren, bleibt doch ein bisschen Potential auf der Strecke.
Die Nebenstorys um Shizukus Schwester oder um entfernte Schulfreunde treiben zwar auch nicht die Hauptstory voran, sind aber auch in teilweise so realistischen Interaktionen und lebensnahen Momenten umgesetzt, dass sie für mich die Welt von „Whispers of The Heart“ nur lebendiger und echter gemacht haben, dass diese Kritikpunkte höchstens als Abzug in der B-Note zu verstehen sind.
Dieser Film komplettiert die „Experimentierphase“ von Ghibli, man versuchte sich an einem TV-Film, Miyazaki bewies dass Schweine fliegen können, Takahata zeigte sich zum ersten Mal für einen kindgerechten Film verantwortlich und Ghibli eröffnete sich neue Möglichkeiten für die Zukunft, indem sie einen Nachwuchsregisseur bei einem full budget Kinoprojekt Regie führen ließen.
Dieses Experiment unter der Regie von Yoshifumi Kondō war für mich ein voller Erfolg, bei dem sich der Regisseur als mehr als würdiger Nachfolger von Miyazaki und Takahata erwies.
Tausende kreative Einfälle und Ideen, ein großes Verständnis der menschlichen Natur, perfektionistische Animationen, ein inspirierender Aufruf für künstlerische Ambitionen und eine Geschichte die zum Träumen einlädt, ganz im Geiste des großartigen Ghibli Studios.
„Whispers of The Heart“ als Erstlingswerk hat schon eine so künstlerische Wucht inne, dass sich nur erahnen lässt, welche Filme Kondō noch hätte hervorbringen können.
Ich persönlich glaube, dass wir mit wachsender Erfahrung dieses Mannes einen würdigen Miyazaki- Nachfolger bekommen hätten.
Dass Kondō drei Jahre nach seinem ersten Ghibli Film mit nur 48 Jahren verstorben ist, bleibt so nicht nur eine menschliche, sondern auch große künstlerische Tragödie.
Fondas Ghibli Werkschau 9/22
Ghibli Experimentierphase 3/4
„Pom Poko“ (1994)
Regie: Isao Takahata
Ein Erzähler führt uns in die spezielle Welt von „Pom Poko“ ein, in der wir mehrere Clans der Tanuki kennen lernen. Hierbei handelt es sich um Marderhunde denen in Japan magische Fähigkeiten zugeschrieben werden, dir darin bestehen, dass sie sich in Menschen oder Alltagsgegenstände transformieren können, mit dem kleinen Problem, dass sie oft einfach zu faul sind, um diese Fähigkeiten wirklich auszunutzen und sich lieber im Verborgenen halten.
In „Pom Poko“ erleben wir, wie viele der Tanuki aus ihrer gewohnten Waldumgebung vertrieben werden, wenn die Menschen mehr und mehr Natur zerstören, um ihre Städte zu erweitern.
Diese Ausgangssituation zwingt die Tanuki sich zusammenzuraufen und ihr gemeinsames Können einzusetzen, um gegen die Menschen und deren Baumaschinen vorzugehen.
Ehrlich gesagt hatte ich nur schwache Erwartungen an den Film. Der Allgemeinheit eher weniger bekannt, findet sich „Pom Poko“ auch bei Ghibli Fans selten in den Top 10 der Bestenlisten wieder und wirkt von seinem Konzept her nach dreißig Jahren vielleicht auch ein wenig eingemottet. Klar ist der Kampf zwischen Mensch und Natur ein Thema das uns noch in 10 und auch 50 Jahren betreffen wird aber in der direkten Form von vermenschlichten Tieren die gegen Menschen und ihre Bagger kämpfen, hat man doch schon oft in „Als die Tiere den Wald verließen“ Formaten gesehen, dass es was Ökobotschaften angeht für einen echten Aufrüttler eher die cleveren Metaphern in Form einer „Prinzessin Mononoke“ braucht, als diese sehr direkte Botschaft.
Soviel nur zu meiner vorherrschenden Erwartungshaltung vor der eigentlichen Sichtung. Als ich „Pom Poko“ anfing, war ich erst einmal positiv überrascht, dass dieser Film gut funktionierte und sich der erwartete moralische Zeigefinger einigermaßen zurückhielt. Dass unsere Story von einer Erzählerstimme getragen wird, war ein Umstand an den ich mich erst einmal gewöhnen musste, doch passt das hier eigentlich ganz gut zur Erzählform. Bei den herrlichen Folkloren die uns hier über die mystischen Tanuki erzählt werden, sorgte es bei mir zumindest für einige Lacher, wenn der Erzähler das Gezeigte als Dokumentation aussehen lässt und auch einige schwerer verdauliche Tanuki-Fakten für Zuschauer die nicht so stark mit der japanischen Mythologie vertraut sind, (die aufgeblähten, „zauberhaften“ Hodensäcke der Tanuki sind tatsächlich etwas merkwürdig) werden durch den Erzähler ordentlich vermittelt.
Bis zu diesem Film hätte ich Isao Takahata gar nicht zugetraut, dass er auch eine kindgerechte Arbeit abliefern kann, die an einigen Stellen wirklich guten Humor hat. „Pom Poko“ ist durch seine tierischen Hauptdarsteller, sein ernstes Thema das mit speziellem Humor verpackt wurde und die Normalität von zauberhaften Fabelwesen auf jeden Fall ungewöhnlich. Mal denkt man, man hat aus der Tanuki Kultur alles Unterhaltsame rausgeholt, wenn auf einmal ein verwandeltes Samuraiteam zu einer Mission durch Japan aufbricht, um hunderte Jahre alte Tanukiälteste zur Hilfe zu holen. Ein andermal denkt man der Streifen könnte einen nicht mehr überraschen, wenn plötzlich überzogene Horrorszenen (Die Leute ohne Gesicht) oder ein seltsam hoher Bodycount einen ins Staunen versetzen, was bei Kinderfilmen doch immer wieder möglich ist. Diese Ungewöhnlichkeit trug für mich die erste Hälfte des Films ganz von allein, da einem so viele Kuriositäten und Nebengeschichten zugeworfen werden, dass das Ganze einfach Spaß macht. Nur in der zweiten Hälfte bricht „Pom Poko“ unter seiner Andersartigkeit irgendwann in sich zusammen.
Das lag bei mir vor allem daran, dass ich die Story nicht hundertprozentig ausgereift finde und den Film für mindestens 20 Minuten zu lang empfand, auch weil er sich immer wieder in nichtssagenden Nebensträngen verstrickt. So hätte es die ganze Paarungszeit der Tanuki in der man kindgerechten „Blümchensex“ beiwohnt, wirklich nicht gebraucht.
Das stark episodenlastige Erzählen bei welchem mir persönlich vor allem ein klarer Protagonist für den Antrieb der Story fehlte, brachte „Pom Poko“ irgendwann in einen Leerlauf, aus dem der Streifen sich erst gegen Ende wieder halbwegs rette konnte, wenn man sich wieder auf den roten Faden der Handlung konzentrierte und die Tanuki zum letzten großen Gegenangriff auf die Menschen blasen.
Dafür feuert Takahata ein Animationsfeuerwerk ab, das für mich zwar lange nicht die besten Bilder enthält, die ich bisher aus dem Hause Ghibli gesehen habe, aber ein mehr als erinnerungswürdiges Ende trägt.
Die letzten Minuten des Films stimmen noch einmal sehr melancholisch und wie schon bei „Poco Rosso“ mache ich mir Gedanken, ob man sich mit einer anderen Schwerpunktsetzung des Tons nicht doch einen Gefallen getan hätte. Gerade bei Takahata der zuvor keine Probleme hatte über animierte Kinderleichen zu gehen, wirkt der Film manchmal wie ein seltsamer Kompromiss aus brutaler Realität und witziger, bunter Kinderunterhaltung.
Aber dieser Kompromiss ist eben ein großer Teil der Ghibli Identität und „Pom Poko“ ist auf jeden Fall ein grundsolider Film, den ich eines Tages sicher noch mal mit eigenen zukünftigen Kindern sehen werde. Für die eigene Unterhaltung hat die eine Sichtung, um die Ghibli Werkschau fortzuführen aber gereicht.
Fondas Ghibli Werkschau 8/22
Ghibli Experimentierphase 2/4
„Ocean Waves“ (1993)
Regie: Tomomi Mochizuki
Der erste „Durchhänger“ meiner Werkschau, der aber eigentlich nicht wirklich gilt, muss man hier fairerweise sagen, dass es sich bei „Ocean Waves“ um einen TV-Film handelte, hinter dem nicht die gleichen Mittel und Gelder standen, wie bei den sieben Vorgängerfilmen, die ich bewertet habe.
Bei „Ocean Waves“ haben wir ein Coming of Age Drama vorliegen, welches in Tokyo der 90er Jahre spielt, keine verwandelten Schweine, Hexen, Waldgeister, Flugmaschinen oder fliegende Städte finden sich hier, dass das Projekt zunähst nach einem Takahata-Film aussieht. Doch was bei diesem Film erwähnt werden muss ist, dass Takahata und Miyazaki zum ersten Mal in der Ghibli Geschichte die Zügel ein wenig aus der Hand gegeben haben. Tomomi Mochizuki der Regisseur des Films, ist sicher nicht DER Household Name verglichen mit den beiden Mitbegründern des Animestudios, macht das Ganze aber doch zu einem interessantenProjekt, wenn die beiden etablierten Regiegiganten sich trauten, eine Arbeit den jüngeren Arbeitern des Ghibli Studios zu überlassen.
Die junge Animationsgeneration hat in diesem Fall auch einiges Richtig gemacht, als man anfing die Geschichte des Films zu entwickeln.
Zum Glück hat man nicht versucht Miyazaki zu kopieren (wobei man sich zweifelsfrei verhoben hätte) und auch wenn ein Highschoolfilm mit einer Dreiecksbeziehung zwischen dem “mysteriösen” neuen Mädchen an der Schule und zwei besten Freunden eher in die “Slice of Life” Richtung eines Takahata geht, hat man es hier geschafft einen ganz eigenen Stil zu entwickeln, bei der Mochizuki seine ganz persönliche Story animierte, ohne sich von den großen Vorbildern beirren zu lassen.
Gemein wenn ich jetzt schreibe, dass dieser Umstand schon fast das Beste an dem Film ist, dass die Künstler eigene Fehler gemacht haben, anstatt ihre Arbeiten zu kopieren.
Aber viel Positives zu sagen, habe ich über diese kleinere Ghibli- Produktion tatsächlich nicht. Dass die animierten Bilder nicht auf dem gleichen Niveau sind wie die Kinofilme des Studios, sollte selbstverständlich sein, aber ist ein Umstand, über den man beim Anschauen nie ganz hinwegkommt. Das Team hinter „Ocean Waves“ hat auch sein Bestes gegeben, um den Animationen einen persönlichen Stempel aufzudrücken, der zur erzählten Geschichte passt. Manche Bilder werden hier in einen engeren Rahmen gesetzt, sollen „Postkartenmäßig“ rüber kommen, doch vor allem durch ein andauerndes statives Bild, bei dem Kameraschwenks nur sehr spärlich eingesetzt werden, verlieren die Bilder hier relativ schnell die Aufmerksamkeit des Zuschauers, auch weil die Detailverliebtheit und satten Farben früherer Produktionen hier nicht die Personen und Hintergründe bereichern.
Haben die Animationen mich schonmal vollends überzeugt, konnte ich mir trotzdem gut vorstellen, dass die Story „Ocean Waves“ zu einem kleinen Geheimfavouriten meinerseits machen würde. Gerade die Highschool Coming of Age Filme die man aus Hollywood kennt, haben doch oft versteckte Perlen zu bieten („Perks of Being a Wallflower“) und von den Dreiecksbeziehung von zwei Freunden plus Mädchen bin ich eh ein großer Fan.
Doch auch hier hat der Streifen mich nicht positiv überraschen können. Außer einer schönen Klammerhandlung wo sich unser Protagonist bei einem Klassentreffen an seine alte Flamme Rikaku erinnert, wird einem hier wenig Neues geboten was filmische Love Triangles angeht.
Die Animationen sind sicher nicht so schlecht, wie ich sie weiter oben gemacht habe, die Geschichte hat grundsätzlich auch das Herz am rechten Fleck und der Kernkonflikt, bei dem man sich zwischen besten Freund und interessantem Mädchen entscheiden muss, ist auch immer noch spannend genug, dass bei der Laufzeit von nur 70 Minuten ein sehr ordentlicher Film hätte herauskommen können, wenn Mochizuki bei seiner Arbeit nicht zwei Kardinalsfehler mit seinen Charakteren begannen hätte.
Fällt Studio Ghibli sonst immer mit Charakteren auf, die von Haupt- bis Nebenfigur sehr ambivalent sind und tolle Hintergründe haben, fällt dieses kleine Drama mit Figuren die oft einseitig und leer wirken.
Ist Taku als Hauptcharakter noch völlig in Ordnung und in seinen Handlungen selbstbewusst und aktiv genug, dass sich das Publikum mit ihm identifizieren kann, fällt ausgerechnet das Love Interest Rikaku komplett flach. Ich will hier nicht zu böse werden, aber das ist so eine einseitig entwickelte, arrogante und verwöhnte Person, dass der zufriedenstellendste Moment des Films ist, wenn ihr Taku einmal eine kräftige Ohrfeige gibt. Vielleicht haben sich die Autoren ja wirklich Mühe gegeben Schüler in der Pubertät authentisch darzustellen (und rückblickend hätte ich selbst sicher auch die ein oder andere Ohrfeige verdient) aber das sind doch keine Charaktereigenschaften die man der Person gibt, in die sich der Hauptcharakter und sein bester Freund verlieben und darüber zerstreiten sollen?
Durch Rikakus Charakter stößt schonmal die Motivation des Hauptcharakters bei mir nur auf wenig Verständnis, doch das Hauptproblem des Films ist wohl Yutaka der beste Freund unseres Protagonisten, der sich als erstes in Rikaku verliebt hat. Man erfährt NICHTS über diesen Charakter, gefühlt kommt dieser auch nur in drei Szenen als Stichwortgeber vor, wird zwar als Teil der Dreiecksbeziehung beschrieben, fällt als Figur aber völlig flach, dass der Typ uns komplett egal bleibt. Sehr schade drum, 10 Minuten mehr Laufzeit um diesen Charakter hervorzuheben und der Film hätte tatsächlich funktionieren können. So weiß man nichts über diese Person, hat er Rikaku mehr verdient als Taku, ist er immer ein guter Freund für Taku gewesen, wäre er bereit Rikaku für seinen Freund fallen zu lassen? Fragen über Fragen auf die uns „Ocean Waves“ keine Antworten gibt, dass für mich der komplette Konflikt der Figuren nicht funktionierte.
Wofür der Film nichts kann, was mir aber immer wieder auffällt ist, dass es mir grade bei Geschichten über Personen im Teenageralter schwer fällt, mich auf die disziplinierte und strenge japanische Kultur einzulassen. Wenn hier jemand der sich weigert bei Schul-AGs teilzunehmen und sich nicht für das Ansehen und den Ruf der Klasse als Gemeinschaft interessiert, schon ein James Dean mäßiger Bad-Boy ist, bin ich wohl einfach zu westlich gedrillt, um so jemanden als rebellisch und aufmüpfig anzusehen.
Sicher ist das Ganze kein schlechter Film, ein paar schöne Ideen sind gegeben, die Grundidee und Storyklammer ist gut und man hat Animationsmäßig das Beste und Interessanteste aus den begrenzten Möglichkeiten herausgeholt. In der Umsetzung sind dann aber zu viele Schwächen vorhanden, die das Ganze nicht zu einer Glanzstunde Ghiblis machen. Kann man mal gesehen haben, muss man sich aber tatsächlich nicht nochmal geben.
Als zweiter Film der „Experimentierphase“ trotzdem äußerst passend, dass wir hier einen TV-Film haben, bei dem die jüngeren Schaffenden Ghiblis ans Ruder gelassen wurden, um zu erkunden, was das Studio außer Miyazaki und Takahata noch zu bieten hat. Bis man einem dritten Regisseur bei einer full Budget Produktion aber den Regieposten überlassen sollte, dauerte es noch bis nach dem nächsten Film von Regisseur Isao Takahata; „Pom Poko“.
Fondas Ghibli Werkschau 7/22
Ghibli Experimentierphase 1/4
„Porco Rosso“ (1992)
Regie: Hayao Miyazaki
„Porco Rosso“ ist ein seltsamer Film des Hauses Ghibli, wie auch die nächsten drei Filme dieser zweiten Schaffensphase des Animationsstudios, die ich als „Experimentierphase“ beschreiben würde.
Seltsam ist aber nicht unbedingt als etwas Schlechtes zu verstehen, vor allem wenn es sich um einen so kreativen Regisseur wie Miyazaki handelt.
Mit „Porco Rosso“ haben wir wahrscheinlich den einzigen Animationsfilm vorliegen, bei dem es um einen Veteranenpilot des Ersten Weltkriegs geht, der in ein Schwein verwandelt wurde und nun als Kopfgeldjäger seine Brötchen verdient, wenn er gegen Piraten vor der Küste Italiens kämpft und in einem Wettstreit gegen einen US-Amerikanischen Piloten seine Ehre zurückgewinnen will.
Ja sicher, seltsame Story über das eine Schwein das tatsächlich fliegen kann aber in vielerlei Hinsicht einfach ein wirklich guter und hochwertig produzierter Film.
Miyazaki hat bei der Planung dieser Produktion angeblich zunächst einen Kurzfilm vor Augen gehabt, der als Inflight Film für eine japanische Airline ausgelegt war. Bei dem Protagonisten des Films halte ich diesen Hintergrund in der frühen Entstehungsphase auch für sehr glaubwürdig, ein Schwein in Fliegerklamotten mit einem markanten roten Flugzeug hätte ohne Weiteres Potential zur Maskottchen Figur einer Airline zu werden und in lustigen Kurzfilmen kindgerechte Abenteuer zu erleben.
Durch den politisierenden Ausbruch des Jugoslawienkriegs und nicht zuletzt durch den Umstand, dass Miyazaki-Projekte in der Entstehung immer etwas größer werden, als sie geplant waren, entschied sich der Regisseur für einen etwas ernsteren Ton seiner Geschichte und für einen Streifen in Spielfilmlänge.
Dieser Hintergrund der die Geschichte Porcos im faschistisch regierten Italien ansetzt und Porco zu einem zynischen, zurückgezogenen, ehemaligen Kämpfer macht, der jetzt nichts mehr mit Politik und Krieg zu tun haben will, sorgt in den stärksten Szenen dafür dass, (Achtung lehne mich hier weit aus dem Fenster) wir hier der Atmosphäre, Qualität und Welt des Films „Casablanca“ sehr nahe sind.
„Porco Rosso“ an manchen Stellen in einem Atemzug mit dem vielleicht größten Hollywoodfilm aller Zeiten? Ja bei mir passte das an vielen Stellen.
Michael Keaton spricht hier unseren desillusionierten Protagonisten und vielleicht hat er sich Humphrey Bogart nicht als direktes Vorbild für die Rolle genommen aber Porco wird dank der Synchronstimme zu einem so coolen, zynischen Charakter, dass bei manchen Sätzen
„I'd rather be a pig than a fascist.“ echtes Rick Blaine Feeling aufkommt.
Dazu der Look des Films, der einen immer wieder an die Spionagethriller der 30er und 40er Jahre erinnert, klassische Figuren mit femme fatales und Rivalen die das Herz am Ende doch am rechten Fleck haben und für Miyazaki ungewohnt realitätsnahe Kampfszenen die mit Verfolgungsjagden zu Luft und Wasser in ihren besten Momenten schonmal einen kleinen Indiana Jones Esprit ausstrahlen.
Dass eines der Hauptthemen des Films die Luftfahrt ist, sollte vielleicht auch noch erwähnt werden, kann man sich schon denken, dass Miyazaki dieses Herzensanliegen hier zum ersten Mal richtig ausspielen kann, wie er es danach bis zu „The Wind Rises“ nicht mehr tun konnte.
Haben wir sonst die wundervollen Bildern aus der Ghibli Heimat Japan ist das Herzstück dieses Films eine große Verbeugung vor den Städten und Landschaften Italiens, diese bildschön eingefangen mit einem perfekt wirkendem Nostalgiefaktor der 30er Jahre und der Verbeugung vor Filmen aus dieser lange zurückliegenden Ära, machen den siebten Ghibli Film zu einem tollen Erlebnis.
Was die positiven Punkte noch abrundet, ist bei diesem Film wie noch bei keinem anderen zuvor die Musik von Joe Hisaishi mit dem die komplette Atmosphäre des Films steht und fällt.
Wer die Casablanca Vergleiche für zu hoch gestochen hielt, lässt sich vielleicht von der Musik überzeugen. (Gerne für den folgenden Abschnitt im Hintergrund hören)
https://www.youtube.com/watch?v=-umP_1oBNSk
Es sind die 30er Jahre in Italien, ihr tragt Trench Coat und Fedora, seid Kriegsveteran und betretet eine Bar, eure Traumfrau steht auf der Bühne und singt, ihr bestellt einen Whiskey, dazu dieser unfassbar gute Jazzsong der all das im Zusammenspiel mit den Animationen wirklich lebendig macht.
An solchen Stellen kann ich nur immer wieder meinen Hut vor Regie und Komponist ziehen.
Aber genug mit all den positiven Aspekten, die einen verwundert fragen lassen, wieso ich denn hier keine 8er Wertung für den Film gegeben haben und zu den Punkten, die das Ganze dann etwas abgeschwächt haben.
Ghibli ist mir in meiner Werkschau bisher immer als ein Studio aufgefallen, welches den perfekten Grad sucht, um Erwachsene genauso wie Kinder zu unterhalten und sein Publikum dabei jedes Mal sehr ernst nimmt.
Wirklich beachtlich war hierbei, dass das fast jedes Mal sehr stimmig gepasst hat, wenn sich Takahata für die älteren Zuschauer und Miyazaki für das etwas jüngere Publikum zuständig fühlte.
„Porco Rosso“ ist der erste Film des Studios bei dem ich den Ton der Geschichte nicht wirklich stimmig finde. Zusätzlich zu den nostalgischen und melancholischen Tönen des Films ist hier oft eine sehr ernste Grundstimmung vorhanden, das Trauma des Ersten Weltkriegs hat viele unserer Charaktere im Griff und die faschistische Regierung gibt uns mehr und mehr Hinweise auf den drohenden Zweiten Weltkrieg. Selbst eine spirituelle Traumszene als Darstellung eines Kriegstraumata bleibt hier nicht aus.
Miyazaki sagte ja selbst, dass er auf Grund des Jugoslawienkriegs eine ernstere Geschichte erzählen wollte, was auch gut zu „Porco Rosso" gepasst hätte, doch „leider“ nimmt sich der Animeregisseur hier nicht zurück immer wieder Kinderfilmelemente einzusetzen, die sich in meinen Augen nicht so Recht mit der sonstigen Atmosphäre des Films vertragen.
Da haben wir Comicrelief Piraten die in „Das Schloss im Himmel“ sehr gut eingesezt waren, hier dem Film aber einiges an Ernsthaftigkeit abnehmen. Dann gibt es Szenen, wo es um Leben und Tod geht, weil man die Faschisten Italiens als gewaltbereite Mörder fürchtet, während die nächste bedrohliche Szene durch eine comichafte Boxszene aufgelöst werden kann.
Das soll von meiner Seite auch nicht zu harsch klingen, denn auch diese sehr kinderfreundlichen Szenen sind witzig und unterhaltsam, nur wirkt mir der Film dadurch in seiner Gänze nicht wirklich konsequent erzählt.
Am Ende ist der Ton des Streifens ja Geschmackssache, dass Miyazaki auch wesentlich düsterer werden kann, als es seine ersten Filme vermuten lassen, zeigte er in seinem nächsten Spielfilm, und ich sage auch gar nicht, dass „Porco Rosso“ so ernst und erwachsen wie „Prinzessin Mononoke“ sein soll aber ich glaube, dass der vorliegende Anime mit konsequenterer, ernsthafterer Erzählweise statt einem wirklich guten Film ein starkes Ghibli Meisterwerk hätte werden können.
Zum Schluss verneige ich mich noch einmal ganz tief vor dem Komponisten Joe Hisaishi und hoffe, dass hier noch jemand die Muse hat, sich das musikalische Meisterstück des Films anzuhören, welches zu meiner liebsten Ghibli Komposition geworden ist:
https://www.youtube.com/watch?v=51x_lPmPoTI