Roco De Long - Kommentare
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Alle Kommentare von Roco De Long
Zum ersten mal liebe ich meinen Heuschnupfen. Dank ihm musste ich das sonntägliche Fußballspielen abbrechen und entschied mich spontan für die Einladung einer Freundin, die eine Karte für die Premiere von THE BROKEN CIRCLE BREAKDOWN übrig hatte. Was soll ich sagen? Es war die beste Entscheidung seit langem.
Felix Van Groeningen inszeniert hier eine Urgewalt von Film, eine tieftraurige Liebesgeschichte, gleichzeitig voller Schönheit und mit einer emotionalen Wucht, wie sie vielleicht nur das Medium Film auslösen kann. Eine wahre Glanzleistung der beiden Protagonisten. Johan Heldenbergh schrieb das Theaterstück, adaptierte es für die Leinwand und spielt auch noch die Hauptrolle. Als sei das nicht genug, singt er wie ein Gott und legt im Kino International mit der "The Broken Circle Breakdown Bluegrass Band" einen Auftritt hin, bei dem ich vor Begeisterung teilweise nur ungläubig den Kopf schütteln konnte.
Vielleicht ist der Film objektiv eine 9. Vielleicht berührt er andere auch gar nicht (was schwer nachzuvollziehen wäre). Aber was ich heute erlebt habe, lässt sich nicht objektivieren oder in Zahlen erfassen. Besonders in Kombination mit dem anschließenden Konzert war das schlicht eines der geilsten Kinoereignisse meines Lebens. Man geht nach Hause als wäre man high. Und man weiß wieder, wofür man den ganzen Scheiß macht: um irgendwann Teil eines solchen Gesamtkunstwerks zu sein, das einen ganzen Kinosaal ausnahmslos in seinen Bann zieht.
Dass ich so schnell nochmal einen Abend wie den heutigen erlebe ist unwahrscheinlich. Dass ich 2013 noch einen besseren Film sehe ist nahezu unmöglich.
"His performance was just an animated extension of his personality."
AMERICAN ist der längst überfällige Dokumentarfilm über Bill Hicks, den für mich beeindruckensten Stand-Up-Comedian überhaupt.
Allein die technische Umsetzung des Films ist schon herausragend. Bills komplettes Leben, von dem es natürlich kaum Videomaterial gibt, wird als animierter Foto-Film inszeniert, unterlegt von den Statements seiner Wegbegleiter. Statt uninspirierter Talking Heads-Machart ist man hier auch visuell mittendrin. Vom besten Freund aus Kindertagen, über psychedelische Erleuchtungen am See, bis zu den ersten großen Auftritten - optische Langweile kommt nie auf. Im Verlauf von Bills Karriere bettet sich das Video-Archivmaterial Stück für Stück nahtlos ein. Eine bemerkenswerte Fingerübung in Sachen Schnitt und After Effects, die Bills Schaffen gerecht wird und quasi einem seiner Auftritte gleicht: witzig, energiegeladen und technisch wie inhaltlich nahezu perfekt.
Matt Harlock und Paul Thomas gelingt es glücklicherweise auch, den Menschen Bill Hicks zu beleuchten, der so viel mehr war als "nur" Comedian. Ein Mann wie der Dude, der irgendwie zum richtigen Zeitpunkt der Geschichte am richtigen Ort war. Ein moderner Patriot, der seinem Land und den Menschen darin gnadenlos den Spiegel vorhielt. Nicht, weil er beides verachtete, sondern weil er beides liebte. Ein getriebener, oft selbstzerstörerischer Humanist, immer vom tiefen Wunsch beseelt, seinem Publikum die Augen zu öffnen und an die Dinge zu appellieren, die uns Menschen verbinden. Und dank AMERICAN jetzt auch einer der Großen des Showbusiness, dessen Leben eine mehr als würdige filmische Umsetzung fand.
It's just a ride. RIP Bill Hicks.
Wenn man sich die wichtigsten Kategorien ansieht und auch noch bedenkt, dass ihr die Schnitt-Nominierung für Anja Siemens vergessen habt, würde ich doch sagen: OH BOY dominiert den deutschen Filmpreis!!!
Musik 10. Film 8. Ergibt 9.
Käsekuchen ist OK. Man weiß, was man bekommt, das Rezept funktioniert, es schmeckt ganz gut. OK, man hat Käsekuchen halt schon oft gegessen und er schmeckt immer gleich. Man weiß natürlich auch, dass das Konditorei-Genre noch exquisitere Backformen zu bieten hat. Es besteht also die Gefahr, dass einen Käsekuchen langweilt.
Die Grundrezeptur in Argo stimmt irgendwie, im Wesentlichen bestehend aus Spannung, Montage, Tempo. Ab und zu ist ein überdurchschnittlicher Bissen dabei und heißt Alan Arkin. Bryan Cranston spielt seinen Stiefel so unaufgeregt runter, dass man den Eindruck hat, er gönnt sich eine gut bezahlte Pause zwischen einer richtigen Performance als Walter White.
Man genießt also den Kuchen sorgenfrei vor sich hin und freut sich darüber, was Oma Affleck mit ihrer "Die-Nachbarn-nehmen-uns-nur-als-Backgrößen-wahr-wenn-wir-politische-Brisanz-reinstreuen"-Freundin Clooney zum Kaffee gezaubert hat. Man schmunzelt sogar mal vor leichter Völlerei. Bei zuviel humoristischer Geschmacksnote sieht man aber wieder schlag(sahne)artig die Academy vor sich: "Hach, wir Hollywoodfuzzis sind schon ein ausgeflippt-selbstironisches Völkchen. Wir machen so gerne Insiderwitze über unser eigenes System - hihi!"
Das Schlimmste am Käsekuchen ist aber das Endstück, das bei unaufmerksamem Backverhalten schnell mal zur halb verbrannten, trockenen Bröselwand wird. Auch Akt 3 von Argo war entsprechend zu lange im Herzschmelzofen. Backen ist Liebe - Argo ist Auftauen.
Ohne Offenheit gegenüber neuen Backformen kommt man dann auch nicht zu herausragenden Gaumenfreuden. Und mit einseitiger Perspektive, die die Iraner großenteils wie dumme Wilde dastehen lässt, kann man keinen politischen Thriller von Bedeutung erzählen.
Die Sachertorte heißt The Master. Argo bleibt der gut gemachte Käsekuchen mit Oscar-Garnitur.
Die Berliner Sonderschule erobert den Wilden Westen, der in "Gold" ungefähr so wild und gefährlich ist wie ein Pfadfinderausflug, bei dem einer seinen Schlafsack vergessen hat. Man ahnt das Grauen bereits in der ersten Szene, wo uns ein handflächengroßer Goldklumpen (wohl ein mit Gold-Edding bemalter Stein) präsentiert wird. In den folgenden 120 Minuten wird es nicht weniger absurd.
Ließ bereits "Im Schatten" jegliche Empathie und Dialogkunst vermissen, war dort wenigstens noch ein Konzept erkennbar. Eine Idee, warum man diesen Film macht und wie man einem Genre möglicherweise eine eigene Handschrift verpassen will. Immerhin eine ausgefeilte Bildästhetik.
Nichts davon ist für mich in "Gold" erkennbar. Es ist eine zweistündige Westernparodie, die "Texas" von Helge Schneider fast den Rang abläuft. Eine Ansammlung von Klischees, gepaart mit Langweile, null Entwicklung und Szenen, die mit Sicherheit nicht freiwillig komisch sein sollen. Die ansonsten tolle Nina Hoss kann hier ebenso wenig retten wie der restliche Cast. Wie auch, bei so einem Drehbuch? Der supernervige Billigscore, die Kopie einer Kopie von Neil Youngs Klängen zu "Dead Man", geben einem den Rest.
Mir fällt da langsam nichts mehr ein, ich verstehe es einfach nicht. Ich habe auch keinen Bock mehr drauf. Wenn irgendwer eine Ahnung hat, warum man als Regisseur einen derartigen Aufwand betreibt, um so etwas abzuliefern - ich wäre sehr interessiert. Ändern wird es wohl nichts, denn die Wahrscheinlichkeit, dass ich in meinem Leben nie wieder einen Thomas Arslan Film sehen werde, ist heute exorbitant gestiegen. Jedes Festival braucht einen Tiefpunkt. Das war er dann wohl.
Da muss ich tatsächlich in der Generation 14+ vorbeischauen, um den Kinosaal der Berlinale 2013 zum ersten mal wirklich beeindruckt zu verlassen. Die Natur, der Krieg und ein Mädchen in den Bergen. Mehr braucht "Jin" nicht, um seine maximale Wirkung zu erzielen. Herausragend fotografiert und voller intensiver Atmosphäre. Dafür lohnt sich dieses Festival. Groß!
Die besten "deutschen Filme" machen nach wie vor die Ösis. Man weiß eigentlich nie, ob man über die Absurdität lachen, über das Leben der Figuren traurig oder über das Gesamtbild verstört sein soll. Alles pass(ier)t zusammen und entwirft eine ganz eigene Realität. Nie gibt einem Seidl auch nur den kleinsten Hinweis und bleibt bedingungslos wertungsfrei. Er lässt das Leben die Arbeit machen, denn das ist schon lustig, traurig und absurd genug. Die Betonkamera liefert meisterliche Bildkompositionen des Grotesken, das man mit einer Mischung aus Mitleid und Fremdscham teilweise einfach durchstehen muss. Wenn einem der Sinn danach steht. Diese Konsequenz ist anstrengend und man muss sie nicht mögen, aber in ihrer Gesamtwirkung ist sie auch irgendwie genial.
"Real pussy is fine - but not as good as porn"
Jon muss es wissen, denn er bekommt quasi jede. Und trotzdem ist der muskulöse, gut aussehende Vorzeigechecker süchtig nach Internetpornos.
Ungewohnt prollig macht Joseph Gordon-Levitt in seinem Regiedebüt auch hier eine gute Figur. Seine White Trash-Italo-Familie steht dem in nichts nach. Spätestens jedoch nach Scarlett Johanssons Auftritt als leicht bitchig angehauchte Prinzessin mit Spießerweltbild weiß man, dass man es mit sehr überzeichneten Charakteren zu tun hat. Dieser Umstand fördert vor allem die Komik, die gut getimet und mit einigen witzigen Einfällen garniert ist. Den Film vor der eigenen Belanglosigkeit rettet die wie immer tolle Julianne Moore. Ihre Figur bringt die notwendige Tiefe in die Story. Einige Szenen zwischen ihr und Joseph Gordon-Levitt sind dabei sehr intensiv und richtig gut.
Insgesamt ist "Don Jon's Addiction" kein herausragendes, aber ein sehr sehenswertes Debüt von Joseph Gordon-Levitt. Und eines kann er sich auf die Fahne schreiben: Er hat wahrscheinlich DEN Porno-Wichsfilm der Neuzeit gedreht :)
Hui, da hat sich ein Schelm als Gus Van Sant ausgegeben und einen vorhersehbaren Durchschnittsfilm gedreht. Das finde ich nicht gut.
Die Authentizität, Komplexität und Genialität dieser Serie ist kaum in Worte zu fassen und haut einen schlichtweg um. Und das Beste: Ich habe noch drei Staffeln vor mir.
http://www.imdb.com/title/tt0085210/?ref_=fn_al_tt_2
Sean Penn mit 23. Auch da schon ganz stark. Den deutschen Zusatztitel bitte ausblenden :)
Mit Tanzszenen, die aller Wahrscheinlichkeit nach in Romantik enden, kann man mich in 9 von 10 Fällen jagen. "Silver Linings Playbook" ist glücklicherweise Fall 10 von 10.
Hier passt einfach alles zusammen, kommt unaufgeregt und nicht kitschig daher und nimmt genau den Raum ein, den es braucht. Bradley Coopers Performance ist große Klasse. Jennifer Lawrence steht dem in nichts nach. Und das Einzige, was noch schärfer ist als sie selbst, sind die Dialoge.
Eine besondere Freude ist auch Robert De Niro, der trotz der vielen Flops der letzten ca. 15 Jahre immer noch (und wohl auf ewig) mein Lieblingsschauspieler ist. Hier darf er in einigen Momenten wirklich mal wieder zeigen, was er kann. Super.
Eine rundum gelungene Tragikomödie.
Es gibt filmische Mixturen, deren Zutaten sich irgendwie zu einem ganz netten Nichts neutralisieren. Die Grundidee von "Looper" ist natürlich interessant und funktioniert mit einigen entsprechenden Zeitreise-Gimmicks anfangs auch ganz OK, verpufft aber schneller als man die Wörter "Terminator 1984" sagen kann. Die Story ist konfus und bruchstückhaft. Optisch gelungen, aber auch keinesfalls besonders, kommt der Film nie richtig in Fahrt und ist zur Hälfte irgendwie ein Telekinese-Familiendrama auf ner Ranch. Die Tiefe, die die Geschichte dadurch erhalten soll, ist für mich keine. Das Ende ist sogar arg verkitscht. Gäbe es wenigstens mehr von den durchaus ansehnlichen Actionsequenzen! Auch da Fehlanzeige. Am Schluss nietet John McClane nochmal einen Haufen böser Jungs um und man fühlt sich sehnsüchtig an "Die Hard" erinnert - allerdings eher an Teil 4 als an die Teile 1-3, was jetzt auch nicht die Wahnsinnsreferenz ist... Wie ich es auch drehe und wende: Nach dem super Trailer und vor allem dem Vorgänger "Brick" eher enttäuschend. Gucken kann man ihn wohl trotzdem, wenn man einen ruhigen Abend verleben will.
Faaaar oveeeer theeee miiiiistyyyy mouuuuntaaaaiiiiiins coooold....
"Life of Pi" ist sicherlich nicht Ang Lees bester Film, aber auf jeden Fall sein aufwändigster. In tollen Bildern erzählt der Regisseur die Abenteuer-Parabel des schiffbrüchigen Jungen Pi, der gemeinsam mit einem Tiger namens Richard Parker (ja, richtig gelesen) auf einem Rettungsboot mitten auf dem Pazifik ums Überleben kämpft. Der spirituelle Aspekt wird eher dosiert eingesetzt, und wenn, dann häufig mit Humor. Hier und da kratzt es zwar an Cheesieness und Instant-Religionsthematik, aber man darf nicht vergessen, dass "Life of Pi" in erster Linie auch ein Kinder- und Jugendfilm ist. Und als solcher funktioniert er mit Sicherheit. Zudem sollte man - wie immer - zum Buch greifen, wenn man tiefer in diese Geschichte eintauchen will.
"Life of Pi" ist eigentlich zu keinem Zeitpunkt langweilig, dazu einfach gekonnt und mit der gewissen Lee'schen Magie inszeniert. Ich würde keine 10 Euro dafür bezahlen, da es bei diesen schönen Bildern 3D gar nicht gebraucht hätte. Aber man kann den Film gut gucken und sollte es nicht bereuen. Darüber hinaus ist es schon beeindruckend, was für unterschiedliche Filme Ang Lee mittlerweile in seinem Portfolio hat.
PS: Der Regisseur meisterhafter Filme wie "Crouching Tiger..." und "Brokeback Mountain" steht vor dem Premierenpublikum und betont, dass sein Leben für ihn wie eine nie endende Filmschule ist und er mit jedem Film dazulernt. Das nenne ich mal bescheiden. Mein eigentliches Highlight des Abends.
Eigentlich rate ich ja nicht viel rum und hoch und runter und rechts und links... aber der bekommt jetzt mal statt ner 9 ne 10! Und sogar n Herz. Was gehtn ab? Wegen diesem Film bin ich 900km am Stück gefahren, nur um einen Europatrip in Brügge zu starten (und klar: "it's a fuckin' fairytale town!"). Allein das ist schon ne 10. Dazu noch ist der Film für mich ziemlich nah an der optimalen Gangster-Tragikomödie. Passt.
"Acting, so wie es die meisten im Kino zu verstehen scheinen, ist Kristen Stewart offenbar sehr fremd." Das ist allerdings wahr :D
"Oh Boy" erfindet das Rad nicht neu: Lakonische Schwarz-Weiß-Bilder, Jazz, die Atmosphäre rauchiger Bars und ein ziellos umherstreunender, von der Umwelt gebeutelter Loner. Natürlich kommt einem die Nouvelle Vague in den Sinn und natürlich wird mancher das zum Anlass nehmen, den Film als uninspiriertes Plagiat abzukanzeln. Aber das wäre genauso unsinnig wie falsch. Auch Truffaut, Godard und Co haben dieses ganz bestimmte Lebensgefühl nicht erfunden. Sie haben es erkannt, gespürt, gelebt und auf einzigartige Weise verarbeitet.
Das tut auch Jan Ole Gerster, und auch wenn er an die großen Vorbilder nicht heranreicht, nicht heranreichen kann, macht er seine Sache verdammt gut. Gott sei Dank ist "Oh Boy" von so schlichter Schönheit! Gott sei Dank versucht er nicht, allzu verkrampft ein neues deutsches Arthouse-Kino zu etablieren, wie es im Rahmen der - ich zitiere aus dem Film - "Berliner Sonderschule" so oft scheitert. Der Film besinnt sich auf seine Stärken, ist authentisch, witzig und lässt uns offen genug am Innenleben seiner Figuren teilhaben. Dann funktionieren eben auch vereinzelte Momente à la "Protagonist sitzt nachdenklich mit Kippe am Fenster": Als stimmungsvolle Zutat einer lebensnahen Geschichte, nicht als 90-minütiger Stillstand, der keinen Menschen wirklich erreicht und nur durch seine verkopfte Auseinandersetzung zum Pseudo-Arthouse mutiert.
"Oh Boy" besticht durch eine tolle Kamera, die Berlin-spezifische Bilder einfängt, die gleichzeitig nicht zu abgedroschen sind und auch aus fast jeder anderen Großstadt stammen könnten. Die Leistungen der Darsteller sind großenteils richtig stark, allen voran natürlich Tom Schilling. Da verzeiht man auch die Tatsache, dass so manche Nebenfigur nicht die ganz große Tiefe besitzt - sie sind Personen in Nikos Leben, die er streift, zu denen er mal mehr und mal weniger intensive Beziehungen pflegt, die er wieder verlässt und weiterzieht. Ohne Berlin-Klischees kann der Film natürlich nicht auskommen. Aber sind sündhaft teurer Bio-Kaffee, pöbelnde Atzen, deutsche Nazifilm-Produktionen zum Fremdschämen und Kunst-Performances auf den Bühnen abbruchreifer Häuser wirklich Klischees? Wenn, dann zumindest nicht im negativen Sinn. Sie sind nunmal Berlin, und zwar jeden Tag aufs Neue.
"Oh Boy" ist einfach ein stimmiger Film, der treffend einen Zeitgeist einfängt, welcher sich eben nicht nur mit dem Schlagwort "Berlin 2012" definieren lässt. Das Lebensgefühl, das er vermittelt, ist zeitlos und universell, im Leben wie im Kino. Dazu bedarf es keines konkreten Ziels des Helden, keiner Happy Ends und keiner Karthasis. Es bedarf "nur" der präzisen Beobachtung des Lebens vieler unterschiedlicher Menschen in künstlerisch ansprechender Form. Das ist ja dann auch Arthouse. Einfaches, gutes Arthouse.
Sehr geil :D
Coole Liste, von der ich definitiv noch viiiiieeeel sehen muss! Die amerikanischen Ang Lee Filme passen aber nicht, die sind ja so asiatisch wie Hamburger.
In "My Own Private Idaho" präsentiert uns Gus Van Sant auf poetische, lakonische und skurrile Art das Portrait einer verlorenen Generation und beweist, dass er seit jeher zu den einfühlsamsten Filmemachern unserer Zeit gehört. Zwischen Shakespeare, der besten Rolle von Keanu Reeves und einem mal wieder sagenhaften (musikalischen) Auftritt von Udo Kier bleibt natürlich auch ein bißchen Restschmerz: In den Momenten, in denen man eindrucksvoll sieht, was River Phoenix für ein begnadeter Junge war.
Nichts für ungut, aber das ist der Kommentar der Woche? Die sachliche Relativierung einer Serie, die nicht nur trotz, sondern vielleicht gerade wegen ihrer Fehler so einzigartig ist? Naja.
"Renn, wenn du kannst" könnte schnell zum typischen Studenten-Laberfilm verkommen: Lebens- und Liebeswirren der Twentysomethings, Indierock, eine Prise desillusioniertes Außenseitertum. Er tut es aber nicht, und das ist seine größte Errungenschaft.
Dietrich Brüggemanns Inszenierung ist das, was man guten Gewissens als "erfrischend authentisch" bezeichnen kann. Das Drehbuch hält pointierte, witzige und schöne Momente bereit, die Darsteller überzeugen. Sicherlich fehlt es dem Film teilweise an Struktur und Drive. Die Story lässt sich manchmal vom Spaß an den eigenen Dialogen einlullen und raubt somit Platz für eine noch intensivere Ausarbeitung der Dreierbeziehung, die sich irgendwo zwischen "Jules et Jim" und "Absolute Giganten" bewegt.
Ich kann nicht sagen, dass mich "Renn, wenn du kannst" vollends mitgerissen hätte. Aber hier ist trotzdem ein junger deutscher Regisseur am Werk, der seine eigene Sprache sucht. Das ist irgendwie sehenswert.
Bei Thomalla fragt man sich wirklich die ganze Zeit "was macht die Prostituierte auf der Leinwand?" Einen Extrapunkt, weil Buddy so ein netter Kerl ist und das nur für die Kohle macht. Würde ich auch machen.