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Alle Kommentare von Roco De Long
Staffel 1 war schon ein kleiner Rohdiamant, habe ich gerne geguckt. Staffel 2 legt für mich nochmal eine Schippe drauf. Phoebe Waller-Bridges Writing und Schauspiel sind nochmal umfangreicher geworden. Was sie in 6 kurzen Folgen aus der Prämisse "Verliebt in einen Priester" macht, ist eigentlich unglaublich. In 98% aller künstlerischen Ausdrucksformen wird dieses Thema wahlweise zu religionsphilosophisch oder zu romantisch-seicht. Aber wie on point das hier ist, wie schnell es Tiefgang bekommt, dabei immer glaubhaft und auch noch witzig ist. Was für zwei geil geschriebene Charaktere da einfach aufeinandertreffen und wie die Chemie zwischen ihnen passt. Und: Was für eine Monsterperformance von Andrew Scott! In Sherlock hat er es schon gezeigt, aber diesen Priester von der ersten Sekunde an derart authentisch, intensiv, mit dieser Präsenz zu spielen... Wahnsinn. Ein absolutes Naturtalent und für mich einer der Top-Darsteller seiner Generation, die es mit jeder Faser draufhaben und dabei irgendwie immer ein Stück zu kantig, zu "real" sind, um den perfekten Hollywood-Posterboy abzugeben - selbst wenn sie dort mitunter natürlich sehr erfolgreich sind. Tom Hardy, Sam Rockwell, Cilian Murphy, Adam Driver... you name them. Pures Talent.
Sollte es das mit Fleabag gewesen sein, wäre es schade. Aber in sich auch nahezu perfekt.
PS: Waller-Bridge ist mit Martin McDonagh liiert? Ich weiß nicht, wo die beiden wohnen, aber die Residenz muss ja täglich vor Kreativität und Witz explodieren.
Ridley Scott, ausgefuchst, in seiner Villa zu Michael Fassbender: "Wir machen einfach zweimal den gleichen Film und keiner merkt's, denn ich nenne einen "Prometheus", in dem du als Roboter die Menschheit abfuckst, und den anderen "Covenant", in dem du als zwei Roboter die Menschheit abfuckst." Fassbender: "Lass machen!"
Ich bin sicherlich nicht der Einzige hier, der als Kind versucht hat, den Kranich-Kick auf irgendwelchen Holzpflöcken zu trainieren. Diese Nostalgie ist wesentlicher Teil des Spaßes von Cobra Kai und bereits super inszeniert, sei es als dezente Rückblenden zu Karate Kid oder in subtilen Einstellungen. Die Serie ist aber weit mehr als der nächste Versuch, auf den 80er-Zug aufzuspringen, den vor allem Stranger Things ins Rollen gebracht hat. Cobra Kai ist für mich die perfekte Hommage. Weil man einerseits, wie gesagt, die Liebe zum Original und zu dieser Zeit spürt, weil die Serie eine super Selbstironie und feinen Humor besitzt, und weil sie es dann auch noch schafft, an den richtigen Stellen glaubhaft in die Tiefe zu gehen. Das wirkt alles so locker-leicht, ist aber eine verdammt schwierige Gratwanderung. Entscheidend ist der Schachzug, die Perspektiven von Protagonist und Antagonist umzudrehen bzw. dann auf Augenhöhe zu gestalten. Genial einfach - einfach genial. In den Staffeln 2 und 3 häufen sich die arg übertriebenen Fights zwischen den Schüler*innen, was gegenüber den "Erwachsenenszenen" um Johnny und Daniel deutlich abfällt. Dennoch: Neben all dem Mord und Totschlag in der Streamingwelt, ist Cobra Kai für mich wie Urlaub. Ich habe tatsächlich wieder Bock, die faulen Knochen zu bewegen und den Kranich-Kick zu üben. Was kann eine Serie mehr erreichen? :)
Es ist vollbracht. 7 Staffeln à 13 Episoden à 45 Minuten. "Danke", Coroni!
Mad Men gehört zur Goldenen Generation der Seriengiganten der 2000er. Episch, zeitlos, stilbildend für alles, was danach kam. In Sachen Writing, Produktion und Detailverliebtheit durchweg auf Kinolevel und teils darüber, ein Level, das ob der größeren Menge und schnelleren Fertigung der heutigen Neuproduktionen kaum zu halten war und (für mich) nur noch selten aufblitzt.
The Wire hatte die ultimative Authentizität, die Sopranos den Kosmos Familie, Breaking Bad die totale Dekonstruktion des Helden. Mad Men ist für mich in keiner dieser Disziplinen so gut wie die Genannten, aber in jeder dieser Disziplinen fast so gut.
Don Draper, der Über-Mann, beneidet von Dudes und begehrt von Dudettes, männliche Machtdemonstration auf allen Ebenen. Gleichwohl mit Empathie von uns gesegnet, weil diametral zu all dem auch innerlich kaputt. Heute fast schon Serienfigurenzeichnungsstandard (geiles deutsches Wort), doch selten so konsequent - und so stylisch - durchgezogen. Der Anzug sitzt.
Mad Men ist ruhig und stetig erzählt, nicht besonders gut zu bingen, was jedoch eher eine Qualität ist. In den letzten beiden Staffeln wurde es mir teils zu diffus, kleiner Abzug in der B-Note. Auch, wenn man es damit erklären kann, dass Don immer mehr lost ist und die Serie genau diese Form annimmt. Das Ende ist dann wieder stimmig und setzt Vieles in Kontext. Vor allem: Es gab wohl selten eine Serie, deren Themenkomplex gegenwärtig noch drängender erscheint ist als in der dargestellten Ära der Serie selbst.
Was hat sich also geändert seit den 60ern, jenseits von Macbook statt Rolodex und Tesla statt Chevy, in Sachen Männlichkeit, (falschen) Träumen und innerer Unzufriedenheit? Vieles Kleines. Und irgendwie, erschreckenderweise, doch gar nicht so viel. Ommmmm.
Minute 1: Eine "barbarische" Protagonistin. Makellose Zähne, kosmetisch up-to-date. Germanien, anno dazumal, Mittagssonne. Das Haar sitzt.
Minute 2: "Hallo, kleiner Bruder, machst du dies und das?" - "Vater! Warum blabla." Ja, Netflix, danke, wir sind eure Binge-Zombies und haben alle kein Gehirn mehr, bitte macht uns schnellstmöglich klar, wer wer ist, auch wenn es wirkt wie auf der Freilichtbühne Bad Segeberg.
Minute 3: Es hat alles keinen Sinn. Ich sollte ein Buch lesen.
Teil 2 ist nicht so gut, weil nicht so überraschend und spontan inszeniert wie der erste. Teilweise auch wieder kalkuliert geschmacklos und natürlich alles andere als ein cineastischer Hochgenuss... und trotzdem bleibt Cohen für mich ein genialer Typ. Abgesehen von seinem schauspielerischen Talent entlarvt er einmal mehr, was für Absurditäten und Monstrositäten in diesem Land vor sich gehen, und das natürlich unmittelbar vor der Wahl. Das Highlight ist ohne Frage die Bloßstellung Rudy Giulianis, Trumps moralisch scheinbar komplett degeneriertem Kettenhund, wobei "Borat" durch seine Intervention wahrscheinlich noch das Schlimmste verhindert. Er schlägt die Fake-News-Macher dieser Welt mit ihren eigenen Waffen, bis niemand mehr weiß, was da draußen eigentlich los ist. Ist dann aber längst egal. Sie haben ihre hässlichen Fratzen mal wieder grinsend in die Kameras gehalten und offen ihre Niedertracht gezeigt. Die zu erkennen, das liegt dann am Publikum.
Dachte zunächst, das sei nur eine weitere Netflix-Teenie-Serie, die jedes Highschool-Klischee verwurstet und einen hauptsächlich dadurch bei der Stange hält, dass man wissen will whodunit. Weiß jetzt, dass das alles zutrifft.
Kunstraub-auf-Kreuzfahrtschiff-Komödie mit guten Ansätzen und durchaus zündenden, lustigen Momenten. Sandra Hüller liefert wie immer ab, der heimliche Star aber ist Christopher Schärf (Der Pass, Skylines), dessen Mimik einfach per se lustig ist. Insgesamt etwas unentschieden zwischen skurrilem Coen-Style, Klamauk und Black Comedy. Schon sehenswert für eine leichten Filmabend ohne den großen inhaltlichen Anspruch.
Damien Chazelle ist gerade mal 35, hat drei große Kinofilme gemacht und alle drei sind auf ihre Art außergewöhnlich. First Man hatte ich kaum auf dem Schirm (danke, Samurai) und habe auch nicht viel erwartet. Doch statt eindimensionaler US-Heldenkitsch ist das hier ein zu jedem Zeitpunkt stilsicheres und differenziertes Familiendrama, für mich perfekt kombiniert mit extrem mitreissenden, weil ohne Firlefanz inszenierten Weltraumsequenzen. In seiner ruhigen, vermeintlich simplen Machart ist der Film überragend. Ich würde sogar sagen, einer der wenigen "Space Filme", die das Über-Erbe von 2001 würdig angetreten sind.
„Little Fires Everywhere“ ist keine schlechte Serie. Eine Roman-Adaption mit ordentlichem Cast, in dem vor allem die Kids glänzen. Thematisch ist die Miniserie komplex und hochaktuell, geht es doch um strukturellen Rassismus in der privilegierten weißen Welt, sowie um die interessante und kaum zu beantwortenden Frage, was eine gute Mutter ausmacht und wem es überhaupt „zusteht“, eine Mutter zu sein. Vom Style her ist das verdächtig nah an „Big Little Lies“, was am Wort Little, vor allem aber an Reese Witherspoons ähnlicher Rolle liegt. Das stellt sich jedoch nicht als Problem heraus.
Das größere Problem, das mir die Serie wirklich verhagelt hat, ist Kerry Washington. Ich kannte sie bislang nur aus „Django Unchained“ und da hatte sie nicht viele Szenen, ich kann ihr sonstiges Spiel also nicht beurteilen. Aber was sie hier macht, ist mir ein Rätsel. Washington hat genau zwei Gesichtsausdrücke: Leidend und angepisst. In jeder Szene kommt einer dieser beiden Gesichtsausdrücke zum Vorschein, meistens beide. Völlig egal, um was es geht, mit wem sie spricht oder wie intensiv die Emotion in dieser Szene sein sollte.
Apropos Vorschein: Was macht sie mit ihrem Mund? Unvermittelt zieht sie die Oberlippe hoch und entblößt ihre (an sich sehr schönen) Zähne wie ein verkappter Graf Dracula. WTF? Hinzu kommt dieses ständige stoßartige Ausatmen, was vermutlich das innere Leiden noch mehr ausdrücken soll. Ich konnte da irgendwann nicht mehr hinsehen. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass mich eine Art des Schauspiels jemals so genervt hat. Für mich ist das Overacting per Definition, unfreiwillig komisch und killt jede emotionale Nuance. Nicht umsonst gibt es im Netz schon Coronamasken mit Kerry Washingtons Zähnen drauf. Dass so etwas bei der Regie und im Schnitt überhaupt durchgeht, kann ich mir nur durch die im Showrunner-System wechselnden Regisseur*innen sowie Washingtons Star-Status erklären.
Warum regt mich das so auf? Jedenfalls nicht nur, weil es eine persönliche Geschmacksfrage ist. Sondern: Weil es von der emotionalen Logik der Geschichte her keinen Sinn ergibt. Ich kenne den Roman nicht, habe aber mehrfach gelesen, dass die von Washington gespielte Mia dort ganz anders angelegt ist: Empathischer, herzlicher, freundlicher. Und wie denn bitte auch sonst, wenn sie eine der beiden Hauptfiguren ist und man sich mit ihr identifizieren soll? Die Mia der Serie ist von Anfang bis Ende unsympathisch. Sie verhält sich allen Menschen gegenüber furchtbar und ist von Beginn an extrem unfreundlich zu Elena, die natürlich in ihrer eigenen weißen Doppelmoralblase lebt und selbst nicht zur Heldin taugt, zu Mia anfangs aber zumindest einfach nett ist. Mia hintergeht – wie wir später erfahren – den Vater ihrer Tochter. Sie hat psychopathische Züge (Fotos entwickeln und verbrennen). Allen voran jedoch: Sie belügt ihre eigene Tochter deren ganzes Leben lang und verhält sich ihr gegenüber richtig dumm. Mia ist für mich ein egozentrischer, ja, ein abstoßender Charakter und machte es mir unmöglich, mit ihr zu fühlen. Natürlich erklärt ihre tragische Backstory vieles und gibt ihr emotionalen Kredit zurück, aber das kommt zu spät und kann ihr Verhalten nicht komplett auffangen. Kurzum: Es ist für mich eine völlige Fehlinterpretation dieses Charakters.
Die Entscheidungen und Verhaltensweisen vieler Figuren sind oft nicht nachvollziehbar und schlichtweg behauptet, um die Story überzudramatisieren. Dass (diese) Mia es zu ihrer Obsession macht, Bebe zu helfen, ist zwar irgendwie noch verständlich, aber dennoch weit hergeholt, konstruiert und für sie extrem riskant. Dass Lexi Pearls Namen bei der Abtreibung angibt, anstatt einfach IRGENDEINEN anderen Namen: Why? Dass Pearl damit auch noch verhältnismäßig cool ist: Why? Dass Izzys Freundin, die vor den anderen Schüler*innen nicht zu ihrer Homosexualität stehen will, deshalb Izzy auch noch fertig machen muss, anstatt einfach die Klappe zu halten: Ähm… ja, klar. Und: Warum zur Hölle zünden am Ende Lexi, Trip und Moody das Haus an? Im Roman war es Izzy, die das getan hat, und auch das macht natürlich mehr Sinn.
Stilistisch bewegen wir uns nicht im subtilen Bereich. Extreme Closeups von Gesichtern, soapige Cliffhanger, vor allem jedoch der seichte Soundtrack stehen für einen Stil, den ich nur als Mainstream, als zu glatt, manipulativ und im schlechten Sinne amerikanisch bezeichnen kann. Speziell für die cheesy Coverversion von The Cure’s „Pictures Of You“ gehören die Macher*innen geteert und gefedert ;) So muss man 2020 jedenfalls keine Dramaserie mehr erzählen.
Letztlich enttäuschend, weil zu eindimensional: Der Ausgang der ganzen Nummer. Mia war endlich einmal ehrlich zu ihrer Tochter. Und was macht Pearl? Vergibt ihr sofort und alles ist in Butter. Bebe klaut dann einfach ihre Tochter. Alles in Butter. Während Elena auf einen Schlag eine Tochter und ihr Haus verliert.
Man verstehe mich nicht falsch: Die Message, dass die privilegierten Weißen dieser Welt eine richtige Schocktherapie brauchen und Jahrhunderte lang unterdrückte Minderheiten sich holen sollen, was ihnen zusteht, unterschreibe ich zu 100 Prozent! Das ist die richtige Message zur richtigen Zeit. Paradoxerweise aber, und das ist so schade, wird diese Message dadurch konterkariert, dass die Serienmacher*innen das Ende so buchstäblich schwarz/weiß zeichnen. Mehr Differenzierung muss am Ende der Massentauglichkeit weichen, einer Holzhammer-Rassismuskritik, die der Sache nicht ganz gerecht wird.
Fazit: „Little Fires Everywhere“ hat jede Menge Holz. Zu viel Holz, das nicht optimal gehackt wurde. Das Feuer flammt immer mal wieder auf, verglüht aber zu schnell und kann kaum bleibenden Eindruck hinterlassen. Auch wenn mein Text großenteils wie ein Verriss klingt, sollte man sich die Serie vielleicht ansehen. Um weiter über Alltagsrassismus nachzudenken, über unsere Rolle in dem ganzen Spiel, auch jenseits der USA. Um Unterschiede zwischen durchschnittlichen und herausragenden Serien zu erkennen. Und wegen Kerry Washingtons Zahnpasta-Werbung.
Stellenweise ist "Der Staat gegen Fritz Bauer" etwas hölzern inszeniert. Man könnte auch sagen: Er wirkt (absichtlich?) genauso bieder wie es die miefigen, Nazi-durchsetzten 50er Jahre nun mal waren. Für mich ist das zweitrangig. Filme wie dieser sind wichtig, wenn nicht essentiell. Rückgrat, Zivilcourage, wahrer Patriotismus im eigentlichen Sinne, niemals niemals niemals aufgeben: Es sind Menschen wie Fritz Bauer, wegen denen Aufarbeitungsprozesse in Deutschland angestoßen wurden und fortlaufen - bis heute. Denn wer in Zeiten des Vergessens und Verdrängens, in Zeiten des "Jetzt hab ich mal genug davon gesehen" (auch bei einigen geistigen Tieffliegern hier wieder zu lesen), in Zeiten der NSU-Vertuschung und in Zeiten des allgemeinen Rechtsrucks glaubt, dass ein Film wie dieser ein nettes Biopic ist und nichts mit unserer Gegenwart zu tun hat... der hat leider nichts verstanden.
Zehn Episoden sind eine Menge Holz, und natürlich wiederholt sich so mancher Aspekt. Irgendwann hat man kapiert, was Jordan für ein Besessener ist, wie er alles und jeden dominieren wollte und sich immer neue "Opfer" suchte.
Und dennoch: Man kann sich MJ's Magie einfach nicht entziehen. Ich könnte "The Last Dance" ewig weitergucken, schön zwei Folgen jeden Montag als Motivation für die Woche. Was für eine Perfektion, die Jordan ausstrahlt, was für ein Wille, was für eine Mentalität. Immer und immer wieder. In Kombination mit seiner Vermarktung und dem Kulturphänomen, zu dem er geworden ist, sicherlich einzigartig in der Sportgeschichte. Und das in Zeiten, in denen nicht jeder Drittligakicker sich und seinen AMG-Benz auf Insta präsentieren konnte.
Was "The Last Dance" zusätzlich faszinierend macht, ist, dass es nicht nur um die große 23 geht. Scottie Pippen, der beste Zweitbeste ever, Phil Jackson, der professionelle Hippie-Coach mit Faible für spirituelle Rituale, Dennis Rodman, der mitten in den Finals mit Carmen Electra einen draufmacht oder mit Hulk Hogan wrestlet. Andere Größen der NBA und ihre Perspektiven auf die 90er-Bulls (Magic Johnson, Larry Bird, Isaiah Thomas, Reggie Miller,...). Es ist -- und da zahlen sich die zehn Episoden aus -- ein umfassendes Portrait des Basketballsports in den USA generell.
Hätte die Doku mehr Brücken ins Sozialpolitische geschlagen und damit weitere interessante Ebenen erschlossen, hätte ich es noch stärker gefunden. Andererseits wäre das vielleicht zu viel verlangt. Man muss auch nicht die eierlegende Wollmilchsau produzieren. "The Last Dance" ist, was es ist: die definitive Verbeugung vor dem geilsten Basketballteam aller Zeiten. Heldenhaft, aber nicht anbiedernd, mit Raum für die Schwächen der Beteiligten, ohne diese auszubeuten. Und natürlich mit jeder Menge 90er-Soundtrack, -Mode, -Kultur und -Nostalgie. Zeit, die alten Knochen zu aktivieren und ein paar Körbe zu werfen.
What time is it? GAME TIME!
Vorurteil: Nächster Netflix-Teenie-Kram, Ami-Style, flache Sexwitzchen.
Realität: Eine der besten Coming-of-Age-Storys, Brit-Style, grandioser Humor und Komik-Tragik-Balance, intelligent, deep, überragender Cast bis in die Nebenrollen, keine Sekunde langweilig.
So kann man sich täuschen.
Selten einen Film gesehen, der die Sorgen und Probleme, Stärken und Schwächen, Denk- und Handlungsmuster der Figuren so klar und nachvollziehbar macht. Nora Fingscheidt wechselt scheinbar mühelos zwischen den Perspektiven, bleibt beobachtend, angenehm neutral, und schafft es dabei trotzdem, einen intensiven und aufwühlenden Film abzuliefern. Ein schlichtes "Gut und Böse" sucht man hier mit dem Mikroskop.
Natürlich gibt es psychologische Kernthemen und damit auch dezente Kritik, die sich im Prinzip an jeden Einzelnen richtet. Frühkindliche Prägung durch die Mutter etwa oder Eltern-Kind-Beziehung im Allgemeinen. Und doch ist "Systemsprenger" eine klare und kraftvolle Systemkritik, keine Kritik an Menschen, die in einem fehlerhaften System ihr Bestes tun. Und fehlerhaft ist es. In Sachen Sozialverständnis, Empathie und Nächstenliebe (Gruß an die "Werte" des christlichen Abendlandes). Der Umgang mit den titelgebenden Systemsprengern ist dabei nur eines von vielen, wenn auch sicherlich eines der traurigsten Beispiele.
*SPOILER AHEAD* Dass die finale Lösung einer wohlhabenden Industrienation wie Deutschland darin liegen soll, das "Problemkind" nach Afrika zu schicken, dass man also Menschen, die die eigene Komfortzone bedrohen, zu den Menschen oursourcet, auf deren Leid unser Wohlstand ohnehin schon aufgebaut ist, ist dann wirklich das brillante Sahnehäubchen auf ein forderndes, unbeirrtes, authentisches, ja: herausragendes filmisches Statement.
Ich finde den Vergleich gar nicht schlecht. Wobei es ja bei beiden Genannten jeweils das Bildungsbürgertum ist, das sich an ihnen abarbeitet! Das durchschnittliche Schweiger-Publikum würde ich nicht dazuzählen, das geht einfach in "Cock-Hasen im Kopf 1.0" und findet's nett. Sozusagen ist also Lars Eidinger der Til Schweiger des Bildungsbürgertums, aber Til Schweiger ist auch der Til Schweiger des Bildungsbürgertums...
Ich mag den Lars ja, denn bei allen Eskapaden, teils nerviger Omnipräsenz und persönlichen Motiven, über die man eh nur spekulieren kann, ist er ein begnadeter Schauspieler (und ziemlich guter DJ). Den Auftritt bei der PK kaufe ich ihm ab, und das ist letztlich wichtig. All das ist aber auch nur die Perspektive von jemandem, der sich so annähernd als Bildungsbürger sieht, aber womöglich mehr Schweiger-Anteile in sich trägt, als ihm lieb ist. Hach, es ist kompliziert...
PS: Die Einschätzung von "Persian Lessons" als etwas soapig teile ich.
Ich bin für die Freiheit der Fiktion und ganz sicher für die Freiheit der Kunst im Allgemeinen - und teile trotzdem die Kritik an der Serie. Warum? Um am Beispiel besagter Schachbrett-Szene zu bleiben: Ich glaube nicht, dass der Inhalt der Szene das Problem ist, sondern der Kontext bzw. die ganze Inszenierung. Übertreibt ein Tarantino bei den "Basterds" z.B. im Detail und fast immer, um Nazis aufs Korn zu nehmen, wirkt die Schach-Szene effekthascherisch, plump und wird eben mal als Flashback eingebaut, wodurch sie gar nicht in der nötigen Ernsthaftigkeit wirken KANN. Wenn man reales Grauen noch grauenvoller machen will, schwächt man halt auch irgendwie die Realität. So ist es für mich in "Hunters" generell: Mit dem ganzen Thema wird zu oberflächlich und einfach nicht verantwortungsvoll umgegangen. Es bleibt Fassade, um eine x-beliebige Rachestory zu erzählen, wirkt wie Tarantino ohne Anspruch. Und dann bleibt eben nur eine ziemlich leere Hülle übrig.
Hier passt fast nichts.
Man kann sich dem Nazi-Horror auf viele Arten nähern. Als ernstes Drama natürlich, als Tragikomödie ("Das Leben ist schön"), als Dystopie ("The Man In The High Castle") oder wie Tarantinos in meinem Augen geniale Geschichtsfiktion, die alles vereint. Apropos: "Hunters" ist wie "Inglorious Basterds"... wenn man alle feinen Nuancen und jegliche Tiefe subtrahiert. Ein fast schon ärgerlich eindimensionaler, plakativer und reisserischer Comic-Gewalt-Porno. Ich dachte und hoffte, die erste Szene sei ein Witz oder zumindest eine Traumsequenz. War sie nicht. Im Folgenden dann lahme Figuren, vorhersehbares Writing, pseudo-coole Referenzen und billige Schockmomente.
"Hunters" hat fast schon wieder Trash-Potenzial, dann aber auch wieder nicht. Ich dachte kurz an Uwe Boll. Nicht mal Big Al kann hier was retten.
Der Meister des Archivmaterials hat wieder zugeschlagen. Nach Senna und Amy nimmt sich Asif Kapadia mit Diego Maradona der dritten gebrochenen Ikone an -- und weiß einmal mehr zu überzeugen. Sein Dokumentarfilm über den argentinischen Fußballgott fokussiert sich auf dessen erfolgreichste Zeit beim SSC Neapel und die dadurch aufkommenden Verbindungen zur Camorra. Ich kann sagen, dass sich mein Bild von Maradona durch diesen Film komplett gedreht hat. Als Kind, besonders zur Zeit der WM '90, war ich nicht der größte Diego-Fan, um es mal vorsichtig auszudrücken, habe ihn auch all die Jahre danach als koksenden fetten Proll abgestempelt. Das Turnier in Italien mal aus Maradonas Perspektive zu erleben, seine Lose-Lose-Situation im Halbfinale und die unausweichlichen Folgen, hat mich echt fasziniert. Pélé oder Maradona? Das muss jeder für sich entscheiden. Nach diesem Film ist auf jeden Fall klar, wer unter den ganz großen Fußballern die tragischste Figur ist.
Ich finde "Irreversible" genial und ich habe seit jeher einen wahnsinnigen Respekt davor, wie kompromisslos Noé seine kreativen Visionen durchzieht und besonders aus visueller Ebene dieses Soghafte hinbekommt. So auch hier! Dieser LSD Trip ist wahrlich der blanke Horror. Leider gibt es mir in diesem Fall nicht mehr viel, berührt mich kaum, schockt mich nicht mal mehr. *SPOILER* Ausnahme: Das tote Kind fand ich furchtbar. Ich weiß, das liegt daran, dass ich selbst ein Kind habe und will es daher nicht zu sehr in die Kritik einfliessen lassen. Sonst würde ich am liebsten null Punkte geben. Trotzdem halte ich das einfach für eine dumme Provokation ohne Zusammenhang zum Konzept, falls es eines gibt. Man möge mich da gerne korrigieren. *SPOILER ENDE* Fazit: Ästhetisch nach wie vor spannend, wirkt "Climax" auf mich ein bisschen wie die provokative Hülle von Noés früheren Filmen.
Lauryn Hill und Thomas Gottschalk in ein und demselben Film. Wow. Die Story ist aus heutiger Sehgewohnheit natürlich vorhersehbar und Hollywood nach Rezept. Dafür gibt es einen starken Soundtrack und mit Whoopi Goldberg eine Schauspiel-Ikone, die eine ganze Komödie alleine tragen kann. Das gibt es heutzutage leider auch kaum noch.
Edit: Der unschuldige, fröhliche Singsang ist für 38 Nutzer hier ein "Hass-Film". Was stimmt denn mit den Leuten nicht?
Kein wirklich guter Dokumentarfilm, eher eine Reportage und Chronologie der Ereignisse mitsamt schicken Visuals und etwas überdramatisch geschnittenem Archivmaterial. Netflix halt. Die wenig überraschenden aber deshalb nicht weniger schockierenden Gegebenheiten um Cambridge Analytica werden informativ aufbereitet. Die Protagonist*innen verharren dabei meist an der Oberfläche, speziell die Läuterung von Brittany Kaiser wird zwar vehement inszeniert, bleibt aber vage. Aufgrund der zeitgemäßen und höchst alarmierenden Thematik natürlich dennoch sehenswert.
Wenn nachts zu Morrissey geskatet wird, weiß man schon, dass man hier richtig ist. Mid90s ist ein ruhiges und liebevoll erzähltes Teenager-Portrait inkl. Top-Soundtrack. Knutschen zu Nirvana, Party zu Wu-Tang, alles wie immer perfekt untermalt von Trent und Atticus. Auch überzeugend gespielt von den Kids. Starkes Debüt von Jonah Hill!
Erfrischende Anarcho-Komödie mit lakonischem Witz und Berliner Hänginess. Als hätten Jarmusch, Kaurismäki und Helge Schneider zusammen gesoffen und drauf los gefilmt.
"Everybody is behindert." Das stimmt auf jeden Fall.
Es ist nicht neu, dass die Weltcommunity der Netflix-Zombies scheinbar mit jeder neu erscheinenden Produktion mehr Anspruch an Filme und Serien verliert. Ebensowenig überrascht es, dass dies auf eine Gesamtverblödung der Menschheit hindeutet.
Aber dass das obige Zitat aus der ZEIT-Kritik unreflektiert als Lob dargestellt wird, obwohl der Artikel -- und auch schon das Zitat selbst! --- offensichtlich höchst ironisch ist und "Dark" als marketinggesteuerte Mogelpackung entlarvt, das ist dann schon ein neues Steinchen im Bullshit-Kaleidoskop.
Ich hatte einen Abklatsch von "Die Brücke" erwartet, und das ist es natürlich auch, was die Prämisse angeht. Generell erfindet die Serie das Rad der Psychokillerjagd nicht neu, bekannte Genremotive werden durchexerziert und es wird sich bei Thriller-Meisterwerken von "Se7en" bis "True Detective" bedient, Erwartungen an den Good Cop/Bad Cop-Thriller werden mal erfüllt, mal gebrochen. Aber: Was hier atmosphärisch, visuell und vor allem schauspielerisch geht, ist allererste Sahne und macht "Der Pass" zu seinem ganz eigenen Schauermärchen. Julia Jentsch, die ich seit "Sophie Scholl" kaum wahrgenommen habe, ist unverändert gut. Aber wer... nein... WAS ist bitte Nicholas Ofczarek!? Diesen Mann, von dem ich noch nie etwas gehört hatte, kann ich nur als österreichische Naturgewalt bezeichnen. Ich habe lange keine derartige Präsenz gesehen, in einer deutschsprachigen Serie erst recht nicht. Wiener Burgtheater halt. Ganz groß! An dieser Stelle sei gesagt, das Österreichisch einfach die beste Sprache der Welt ist. Ur-leiwand.
"Der Pass" hat also ein hervorragendes Cop-Duo, einen intelligenten, charismatischen und absolut glaubwürdigen Killer (dessen Identität uns die Macher nur so lange vorenthalten, wie es sein muss), politische Relevanz ohne moralischen Zeigefinger, Bilder von Bergen (geht immer), einen richtig fetten Soundtrack und vor allem eine Story, die eigentlich nie signifikant abfällt und bis zum Ende spannend bleibt.
Was für eine Wohltat nach dem "Dark"-Desaster, was für Welten dazwischen in Sachen Style, Authentizität, Dialog! (das war jetzt mein offiziell letzter "Dark"-Hate). Wenn "Der Pass" jedenfalls das zukünftige Level deutscher (Co-)Produktionen ist und sich all die Hollywood-verseuchten Nichtsblicker dann noch beschweren, bleibt einem nur zu sagen: Schleich di, Oida!